und wir dachten schon, das wäre es jetzt gewesen mit den Faktenchecks zu Klimafragen. Aber nein: Kaum im Amt, hat der neue US-Energieminister Chris Wright heftig die deutsche Energiewende kritisiert – mit lauter zweifelhaften Argumenten. Malte Kreutzfeldt hat sich seine Behauptungen genauer angeschaut. Und siehe da: Kaum eine Zahl, die Wright nutzt, hält einem Realitätscheck stand. Das kümmert Donald Trump nicht, uns aber schon.
Ähnlich fern von der Wirklichkeit erscheint auch das neue NDC von Japan, das Keisuke Katori für uns seziert hat. Und mit viel Fake News, Verdrehungen und schlichter Ignoranz ist das Klima- und Energiethema auch im Wahlkampf behandelt worden. Lisa Kuner hat unterdessen untersucht, wie sich die Klimabewegung in den letzten Monaten aufgestellt hat: politischer als je zuvor.
Am Sonntag jedenfalls fällt die Entscheidung, wer im deutschen Parlament in Zukunft die Klima- und Energiepolitik bestimmen wird. Wir sind genauso gespannt wie Sie auf eine neue Regierung mit neuen Ideen zur Lösung alter Probleme. Und wir hoffen, dass die Debatte sich nach dem Wahlkampf wieder mehr an den Fakten und der Wissenschaft orientiert. Wir jedenfalls werden weiter ganz genau hinschauen, was da entschieden wird. Und was nicht.
Also: Gehen Sie wählen. Und wählen Sie das Richtige.
Rund vier Minuten seiner gut 30-minütigen Antrittsrede als neuer US-Energieminister hat Chris Wright am 5. Februar der deutschen Energiewende gewidmet. Während sie sonst international oft als Vorbild angeführt wird, hat Wright die Energiewende als abschreckendes Beispiel für die USA dargestellt. Die Zahlen und Fakten, die der frühere Manager von Unternehmen aus der Fracking-Branche dabei genannt hat, sind aber überwiegend falsch oder irreführend. Weil damit zu rechnen ist, dass Wrights Aussagen auch die deutsche Debatte über die Energiewende beeinflussen, bietet Climate.Table eine Richtigstellung und Einordnung.
Eine zentrale Aussage von Wright ist, dass sich der Strompreis in Deutschland innerhalb der letzten 15 Jahre verdreifacht habe; der Kontext legt dabei nahe, dass er sich auf den Preis für private Haushaltskunden bezieht. Diese Behauptung ist unzutreffend. Tatsächlich ist der Strompreis in diesem Zeitraum um etwa 60 Prozent gestiegen (Quelle); die allgemeine Inflationsrate lag in diesem Zeitraum bei 34 Prozent.
Auch falls sich die Aussage auf den Börsenstrompreis bezogen haben sollte, ist sie nicht korrekt. Dieser lag im Jahr 2024 knapp doppelt so hoch wie 2009 (Quelle). Und dieser Anstieg liegt nicht an der Energiewende, sondern vor allem an den Gaspreisen, die aufgrund des Wegfalls der russischen Pipeline-Lieferungen stark angestiegen sind. Sichtbar ist das zum einen daran, dass der Börsenstrompreis bis zum Jahr 2020 auf einen Tiefststand gefallen ist und erst nach dem russischen Angriff auf die Ukraine angestiegen ist. Zum anderen gab es einen vergleichbaren Anstieg auch in Ländern wie Frankreich oder Polen, die eine andere Energiepolitik verfolgen als Deutschland.
Eine weitere zentrale Behauptung von Wright ist, dass die Industrieproduktion in Deutschland parallel zur Energiewende innerhalb von 15 Jahren um 20 Prozent zurückgegangen sei. Das Gegenteil ist richtig: Nach Angaben des Statistischen Bundesamts ist die Produktion der deutschen Industrie von 2009 bis 2024 nicht gesunken, sondern deutlich gestiegen, und zwar um 10,6 Prozent. Verglichen werden dabei inflations- und kalenderbereinigte Werte (Quelle). Auch der von Wright vermittelte Eindruck, dass die deutsche Wirtschaft international nicht mehr konkurrenzfähig ist, entspricht nicht der Realität: Der deutsche Exportüberschuss lag mit 239 Milliarden Euro im Jahr 2024 nominal um 73 Prozent höher als 15 Jahre zuvor. Allein im Handel mit den USA erzielt Deutschland einen Überschuss von 70 Milliarden Euro (Quelle).
Unzutreffend ist auch Wrights nicht näher spezifizierte Aussage, dass die Stromversorgung durch die Energiewende unzuverlässig geworden sei. Tatsächlich war sie 2023 mit einer durchschnittlichen Ausfallzeit von unter 13 Minuten pro Jahr zuverlässiger als 2009 (Quelle) – und um den Faktor 10 bis 30 verlässlicher als in den USA, wo die Ausfallzeiten 2023 je nach Berechnungsmethode zwischen 118 und 366 Minuten pro Jahr betrugen (Quelle).
Zudem legt Wright nahe, dass die Energiewende dem Klima kaum etwas nutze, indem er berichtet, dass der Anteil fossiler Energien am Primärenergieverbrauch in Deutschland seit 2010 nur von 80 auf 74 Prozent gesunken ist. Tatsächlich war der Rückgang bei diesem Wert sogar noch etwas geringer (Quelle). Die Zusammensetzung des Primärenergieverbrauchs ist aber kein geeigneter Indikator, um die Klimabilanz zu ermitteln. Denn weil fossile Kraftwerke mehr als die Hälfte der eingesetzten Primärenergie als Abwärme abgeben, sinkt der Primärenergiebedarf beim Umstieg auf erneuerbare Energien deutlich. Das führt dazu, dass der Anteil der verbliebenen Fossilen vergleichsweise hoch bleibt, auch wenn ihr Einsatz in absoluten Zahlen deutlich sinkt.
Um den tatsächlichen Effekt der Energiewende für den Klimaschutz zu beurteilen, ist darum sinnvoller, die absoluten Zahlen zu betrachten. Und diese zeigen, dass die Energieproduktion durch fossile Brennstoffe in Deutschland seit 2010 um 27 Prozent gesunken ist. Die deutschen Treibhausgasemissionen gingen dadurch im gleichen Zeitraum um knapp 30 Prozent zurück (Quelle 1/Quelle 2). Zum Vergleich: Die USA schafften in diesem Zeitraum nur eine Reduktion um 14 Prozent.
Zutreffend – aber für die Argumentation nicht wirklich relevant – ist Wrights Angabe, dass die Stromproduktion in Deutschland heute 20 Prozent niedriger ist als vor 20 Jahren. Dies ist aber kein Zeichen für eine geringere Leistungsfähigkeit, sondern eine Folge der gesunkenen Nachfrage. Etwa die Hälfte des Rückgangs entfällt auf einen geringeren Stromverbrauch im Inland (der zum Teil durch höhere Effizienz und zum Teil durch einen Produktionsrückgang bei der energieintensiven Industrie begründet ist). Die andere Hälfte des Rückgangs liegt daran, dass Deutschland weniger Strom in seine Nachbarländer exportiert hat.
Die Aussage, dass die installierte Leistung in Deutschland in den letzten 15 Jahren von 100 auf 240 Gigawatt gestiegen ist, stimmt zumindest von der Tendenz; tatsächlich stieg sie von 144 auf 263 Gigawatt. Dieser Anstieg ist aber kein Problem, sondern eine logische Konsequenz daraus, dass Wind- und Sonnenkraftwerke deutlich weniger Volllaststunden haben als fossile Kraftwerke in der Vergangenheit und darum insgesamt eine höhere installierte Leistung erforderlich ist.
Mit der Bemerkung, dass es in Nordeuropa im Winter kalt und bewölkt sei, legt Wright zudem nahe, dass der Einsatz von Solarkraft in Deutschland wenig Sinn ergebe. Abgesehen davon, dass Deutschland geografisch nicht zu Nordeuropa gehört und dass Solarzellen bei niedrigen Temperaturen effizienter arbeiten als bei hohen, ist es aufgrund der kürzeren Tage und des tieferen Sonnenstands durchaus zutreffend, dass Solaranlagen hierzulande in den Wintermonaten deutlich weniger Energie produzieren als im Sommer. Das ist aber unproblematisch, weil die Solaranlagen sich gut mit Windrädern ergänzen, die im Winter deutlich mehr Strom produzieren als im Sommer (Quelle). Insgesamt wurde im vergangenen Jahr knapp 13 Prozent des deutschen Stroms mit Solarzellen erzeugt.
Die bisherigen Kosten der Energiewende bezifferte Wright mit 500 Milliarden Dollar. Absolut gesehen ist diese Zahl zutreffend; je nachdem, was man einberechnet, gibt es sogar noch höhere Schätzungen. Allerdings ist diese Zahl wenig aussagekräftig. Zum einen ist die Summe über einen Zeitraum von 20 Jahren angefallen, sodass es tatsächlich um 25 Milliarden Dollar pro Jahr geht. Zum anderen müsste gegengerechnet werden, welche Investitionen ins Energiesystem und welche Mehrausgaben für fossile Importe beim Verzicht auf die Energiewende erforderlich gewesen wären. Zudem müsste berücksichtigt werden, dass der erneuerbare Strom zwar Kosten durch die garantierten Vergütungen erzeugt, aber im Gegenzug durch seine niedrigen Grenzkosten die Börsenstrompreise senkt.
Mit einem Kleid mit der Aufschrift “Donald & Elon & Alice & Friedrich?” sorgte die Klimaaktivistin Luisa Neubauer bei der Eröffnung der Berlinale am vergangenen Donnerstag für Aufsehen. Sie protestierte damit gegen die aktuelle Politik der CDU. Auf Tiktok wurde ein Video ihres Berlinale-Auftritts, in dem sie fordert, die Demokratie “mit aller Kraft” zu verteidigen, mehr als 200.000-mal aufgerufen. Einen Tag später, am Freitag, war dann deutschlandweit Klimastreik – anders als noch vor ein paar Jahren gingen aber nicht Millionen, sondern nur noch einige 10.000 auf die Straße.
Fridays for Future (FFF) positioniert sich vor der Bundestagswahl politisch klarer als in früheren Jahren – “Klimagerechtigkeit heißt Antifaschismus”, heißt es in einem Blogartikel, in dem die Aktivisten und Aktivistinnen erklären, warum Klimaschutz und der Kampf gegen rechts aus ihrer Sicht zusammengehören. Für die Demonstrationen gegen rechts in den vergangenen Wochen mobilisierten in vielen Städten auch Ortsgruppen von FFF – und auch hier richtet sich die Kritik oftmals nicht mehr nur an die AfD, sondern auch an die CDU. “So wie sich die Union gerade positioniert, ist sie eine Gefahr für den Klimaschutz”, sagt Pauline Brünger, Sprecherin von FFF. Das hieße aber nicht, dass es grundsätzlich keine überzeugende konservative Klimapolitik geben könne. Noch klarer hat sich im vergangenen Jahr die Klimaaktivistin und Kapitalismuskritikerin Lisa Poettinger ausgedrückt- zu einer Demonstration lud sie CSU-Politiker explizit aus, indem sie auf X verkündete, dass sie “keinen Bock auf Rechte jeglicher Couleur habe”.
Diese klarere politische Positionierung über Klimathemen hinaus wird aktuell häufiger: Franziska Martini vom Institut für Demokratie und Zivilgesellschaft in Jena sagt, dass sich die Klimabewegung noch expliziter für Demokratie und Menschenrechte und gegen das Erstarken des Rechtsextremismus einsetze als früher. Schon bei der Europawahl habe es Anzeichen dafür gegeben. Klimaaktivistin Brünger von FFF begründet das damit, dass sich die Lage im Vergleich zu der vergangenen Bundestagswahl 2021 verändert hat – aktuell gebe es in Sachen Klimaschutz, aber auch Menschenrechte eine “ernsthafte Gefahr von Rückschritten und wenig Möglichkeiten für Fortschritt”. Während bei der letzten Bundestagswahl noch alle demokratischen Parteien Klimaschutz auf der Agenda hatten, sei das Thema bei vielen in Vergessenheit geraten.
Andere Teile der Klima- und Umweltbewegung äußern sich weniger drastisch als FFF und konzentrieren sich vor allem darauf, das Klimathema auf der Agenda des Wahlkampfs zu halten. Die Klima-Allianz, ein Bündnis aus rund 150 zivilgesellschaftlichen Organisationen, präsentierte im Januar ein Forderungspapier, in dem sie Klimaschutz für ein “modernes Land” forderte, um “Wohlstand nachhaltig zu sichern”. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) fordert, dass Klima-, Umwelt- und Naturschutz keine Randthemen werden dürften – keine Partei lege aktuell eine “ehrgeizige und sozial gerechte Klimaschutzagenda vor”. Patrick Rohde, verantwortlich für politische Strategie beim BUND, findet, Aufgabe von Umweltverbänden sei es, eine “Stimme der Vernunft in Zeiten von Fake News” zu sein und auf fehlenden Klimaschutz und das Artensterben aufmerksam zu machen. Klima- und Umweltkrise seien strukturelle Krisen, die nicht weggingen, wenn sie politisch ignoriert würden. Dabei lege der BUND “parteiübergreifend den Finger in die Wunde”, sagt Rohde im Gespräch mit Table.Briefings.
Auch Sascha Müller-Kraenner, Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH), will keine Wahlempfehlung aussprechen. Er betont aber im Gespräch mit Table.Briefings, dass er von allen Parteien erwarte, dass sie ihrer im Grundgesetz verankerten Pflicht zu Umwelt- und Klimaschutz nachkämen und dementsprechend tragfähige Vorschläge machten. Es sei ein “Versagen der Parteien”, dass Klimaschutz im aktuellen Wahlkampf kaum eine Rolle spielt. Wachsende Mitgliederzahlen der DUH, aber auch von anderen Umweltverbänden, sind für Müller-Kraenner ein Zeichen dafür, dass die Klimabewegung viel Rückhalt in der Gesellschaft hat und sich für Themen einsetzt, die vielen Menschen wichtig sind.
Während sich die Klimabewegung inzwischen (partei-)politisch lauter äußert, gehen verschiedene Parteien restriktiver mit Klimaaktivisten und Nichtregierungsorganisationen um. Die AfD erkundigte sich beispielsweise im vergangenen Jahr in einer kleinen Anfrage danach, wie sich die Zahl der Straftaten durch Klimaaktivisten und -aktivistinnen verändert hätten, im niedersächsischen Landtag stellte sie sogar einen Antrag, die “Letzte Generation” und “Extinction Rebellion” zu verbieten. Janine Patz, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Demokratie und Zivilgesellschaft (IDZ), sagt, dass die Klimabewegung zunehmend kriminalisiert und ihre Forderungen delegitimiert werden. Im Wahlkampf würden “Klimaschutzproteste insgesamt problematisiert und aus dem konservativen Spektrum zunehmend als linksextrem gelabelt”.
Eine Studie der NGOs Amnesty International und Green Legal Impact bestätigt diesen Eindruck und kam im Januar zu dem Ergebnis, dass Handlungsspielräume von Aktivisten und Aktivistinnen in Deutschland zunehmend eingeschränkt werden. Demnach:
Insgesamt würden so die Beteiligung an der Klimabewegung und ihre Wirksamkeit behindert, so die Studie.
Die Kommission will noch in diesem Jahr das vergünstigte Leasing von Elektroautos, Wärmepumpen und weiteren sauberen Technologien erleichtern. Das sieht der Clean Industrial Deal vor, den die Behörde in einer Woche vorstellen will und der Table.Briefings im Entwurf vorliegt. So sollen EU-Bürgerinnen und Bürger finanzielle Unterstützung aus dem Klimasozialfonds erhalten können, wenn sie auf klimafreundliche Produkte umsteigen. Die Kommission will den Mitgliedstaaten dafür Leitlinien geben.
Der Vorstoß ist Teil des Plans, mit dem Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen Europa als Standort für klimafreundliche Industrien etablieren will. Daneben listet die Mitteilung unter anderem Maßnahmen für sinkende Energiepreise und Local-Content-Kriterien für die Abnehmer von “grünen” Produkten auf. Das Konzept solle helfen, “Europas Industrie ein stärkeres Geschäftsmodell für große Investitionen in die Klimaneutralität energieintensiver Industrien und Clean Tech zu geben”, heißt es darin.
Dafür will die Kommission auch kurzfristig neue Gelder mobilisieren. Der Entwurf enthält aber noch keine konkreten Zahlen. Bis zur geplanten Veröffentlichung am 26. Februar könnten sich auch die Inhalte noch deutlich ändern – die Verhandlungen seien noch in vollem Gange, heißt es in der Kommission.
Der Plan setzt auf sechs Bausteine:
Im Energiebereich dürften von den Vorhaben keine schnellen Effekte auf die Preise zu erwarten sein. Einem Entwurf des Aktionsplans zu erschwinglichen Energiepreisen zufolge ermuntert die Kommission die Mitgliedstaaten, Netzentgelte zu subventionieren. Bis Mitte des Jahres will sie außerdem einen Vorschlag machen, wie die Netzentgelte einen flexibleren Stromverbrauch anreizen können. Die große Frage aber, wer am Ende für die Investitionen ins Energiesystem aufkommt, bleibe unbeantwortet, sagt Greg Van Elsen von CAN Europe.
Schon am 26. Februar will die Kommission zusammen mit der EIB ein Garantieprogramm für Direktabnahmeverträge (PPA) zwischen Stromproduzenten einerseits und der Industrie sowie Betreibern von Elektrolyseuren für die Wasserstoffherstellung andererseits verkünden. Später soll ein ähnliches Programm für Investitionen in Energieeffizienz folgen. Die Industrie soll leichter Strom direkt aus dem EU-Ausland beziehen können.
Im Bereich Genehmigungsvereinfachungen will die Kommission “gezielte Aktualisierungen des Rechtsrahmens für Umweltprüfungen” vorlegen und kürzere Fristen prüfen. Zudem sollen europäische Energieunternehmen auch dabei unterstützt werden, mehr Langfristverträge für LNG-Importe abzuschließen. Sie prüft unter anderem ein Modell in Japan, wo Investitionen in Exportländern finanziell gefördert werden.
Die EU-Kommission will Kriterien für lokale Komponenten (local content) schaffen, also für den an einem Standort erbrachten Anteil an der gesamten Wertschöpfungskette eines Unternehmens. So soll die Nachfrage für EU-produzierte Clean-Tech-Produkte gestärkt werden. Aus der Kommission ist zu hören, dass die genaue Definition dieser Kriterien noch offen sei. Ziemlich sicher ist aber, dass sie weiter gehen werden als die Resilienzkriterien, die im Net Zero Industry Act festgeschrieben worden waren.
Auch die private Nachfrage wird adressiert. Die EU-Kommission denkt darüber nach, wie sie Bedingungen und nicht-preisliche Kriterien in Produktregulierungen einfließen lassen kann, beispielsweise für nachhaltigen Stahl und nachhaltige Batterien.
Um auf den Leitmärkten zu einer beschleunigten Produktion zu kommen, braucht es möglicherweise Ausnahmen von EU-Regulierungen. In der Industrie geht man davon aus, dass dies etwa bei der Produktion von grünem Stahl sein kann, dessen Einsatz etwa in der Autoindustrie in die CO₂-Bilanz eingerechnet wird und so Einfluss auf die CO₂-Grenzwerte haben kann. Dazu müsste die bestehende Regulierung angepasst werden.
Den enormen Finanzbedarf von rund 480 Milliarden Euro zusätzlich pro Jahr will die Kommission mittelfristig unter anderem aus dem geplanten Wettbewerbsfähigkeitsfonds bedienen. Doch die Industrie brauche auch sofortigen Zugang zu Kapital.
Unter anderem will die Brüsseler Behörde noch 2025 die Einnahmen aus dem Europäischen Emissionshandel (ETS) anzapfen für eine neue Dekarbonisierungsfazilität. Der Entwurf lässt aber offen, ob die Kommission die Zertifikate aus der Marktstabilitätsreserve holen will, um zusätzliches Geld zu generieren, oder ob sie nur die herkömmlichen Einnahmen für den Zweck reservieren will.
Die Grünen in Brüssel geht das nicht weit genug, sie fordern einen “European Green Competitiveness Fund“. ETS-Einnahmen würden nicht ausreichen, erklärte Grünen-Chef im EU-Parlament Bas Eickhout auf Table.Briefings-Nachfrage. Er begrüßt daher den Plan der Kommission, auch mehr private Investitionen anzustoßen.
Dafür soll etwa die InvestEU-Verordnung angepasst werden, um die Hebelwirkung zu vergrößern. Die Europäische Investitionsbank soll überdies ein neues Milliardenprogramm auflegen, um Start-ups im Clean-Tech-Sektor zu finanzieren. Ein neuer Clean-Industry-Beihilferahmen soll überdies den Mitgliedstaaten helfen, Investoren anzulocken.
Um sich den Zugriff auf wichtige Rohstoffe für Energiewende und Digitalisierung zu sichern, will die Kommission die Umsetzung des Critical Raw Materials Act priorisieren. Sie plane, die ersten strategischen Projekte für Bergbau-, Verarbeitungs- und Recyclingkapazitäten im März bekannt zugeben. Eine Initiative, den Einkauf von kritischen Rohstoffen gemeinschaftlich zu organisieren, soll bis Ende 2026 geschaffen werden.
Der ebenfalls für das letzte Quartal 2026 angekündigte Circular Economy Act soll überdies den Markt für Sekundärrohstoffe stärken. Um das Recycling zu fördern, will die Kommission den Export von gebrauchten kritischen Rohstoffen begrenzen. Auch Maßnahmen für eine effizientere Sammlung der Materialen werden in Aussicht gestellt.
Noch in diesem Jahr will die Kommission den CO₂-Grenzausgleichsmechanismus (CBAM) überprüfen und in der zweiten Jahreshälfte darüber berichten. Es gehe um Umgehungsrisiken der CBAM-Regeln, die Erweiterung auf andere Sektoren und Produkte sowie indirekte Emissionen, schreibt die Kommission. Ein entsprechender Gesetzesvorschlag soll schließlich im ersten Halbjahr 2026 folgen. Lukas Knigge, Till Hoppe, Manuel Berkel, János Allenbach-Ammann, Nicolas Heronymus und Markus Grabitz.
Japan, der fünftgrößte Treibhausgasemittent der Welt, hat am 18. Februar offiziell einen neuen Energiestrategieplan und seine Klimaziele (NDC) verabschiedet. Die Regierung plant:
Mit diesen Plänen bleibt das Land bei seiner bisherigen Politik. Es erfüllt damit weder die internationalen Verpflichtungen zur Dekarbonisierung seiner Energieversorgung, noch zum Ausstieg aus der Kohleverstromung oder zur Verdreifachung der erneuerbaren Energien – und verpasst die Chance, bei Energiewende und Klimaschutz eine Spitzenposition einzunehmen.
Japan ist die weltweit viertgrößte Volkswirtschaft und der fünftgrößte Emittent von CO₂. Im Jahr 2020 erklärte der damalige Premierminister Yoshihide Suga, Japan wolle bis 2050 kohlenstoffneutral sein. Japans NDC bis 2030 sieht eine Reduzierung der Treibhausgasemissionen um 46 Prozent bis 2030 im Vergleich zu 2013 vor.
Im Jahr 2023 bezog Japan:
Japan muss die meiste Energie importieren. 2023 floss ein Großteil der Einnahmen aus dem Export von Autos, Halbleitern und anderen Produkten in den Import von Öl und Gas – insgesamt etwa 26 Billionen Yen, etwa 160 Milliarden Euro.
Die japanische Energiepolitik wird im Energiestrategieplan festgelegt, der alle drei bis vier Jahre überprüft wird, und parallel dazu wird das NDC diskutiert. Dafür wird der 6. IPCC-Bericht als Richtwert herangezogen. Laut Climate Action Tracker, der das bisherige NDC des Landes mit “unzureichend” bewertet, müsste Japan als Industrieland bis 2035 ein Reduktionsziel von 81 Prozent (einschließlich der CO₂-Absorption durch die Wälder) gegenüber dem Basisjahr 2013 anstreben – und nicht nur 60 Prozent, wie im neuen NDC geplant.
Japan hat sich international zu effektivem Klimaschutz und Finanzhilfen verpflichtet. Beim G7-Treffen in Deutschland hat es 2022 zugesagt, bis 2035 die meisten seiner Energiequellen zu dekarbonisieren. Auf dem G7-Gipfel in Italien 2024 einigte man sich darauf, bis 2035 aus der Kohleverstromung auszusteigen. Und auf der COP28 in Dubai stimmte die japanische Delegation der Verdreifachung der erneuerbaren Kapazitäten bis 2030 zu.
Japan ist auch eines der weltweit führenden Geberländer für Klimafinanzierung. Auf der COP29 in Baku im vergangenen Jahr erklärte Umweltminister Keiichirō Asao, dass “Japan in den fünf Jahren bis 2025 bis zu 70 Milliarden Dollar an öffentlicher und privater Hilfe zugesagt hat, um die Entwicklungsländer bei der Bekämpfung des Klimawandels zu unterstützen”.
Shigeru Ishiba, seit 1. Oktober neuer Premierminister Japans, hat sich im Wahlkampf positiv über erneuerbare Energien geäußert. Doch wie bei der vorherigen Regierung Kishida liegt sein Schwerpunkt eindeutig auf der Energiesicherheit. Es gibt keine Anzeichen dafür, dass er die Klimapolitik vorantreiben will. Von offizieller Seite heißt es: “Der Premierminister ist nicht sehr an einer Dekarbonisierung interessiert.” Ishiba reiste im Februar in die USA, um sich mit Präsident Donald Trump zu treffen und über den Import von Flüssiggas aus Alaska zu sprechen, ohne sich negativ zum Ausstieg der USA aus dem Pariser Klimaabkommen zu äußern.
Sein Vorgänger Takeo Kishida hatte bis zu seinem Rücktritt im September 2024 zwar offiziell die Dekarbonisierung befürwortet. Aber nach der Covid19-Pandemie und der Energiekrise durch den Krieg in der Ukraine hatte er vor allem gegen die Inflation gekämpft und Strom und Gas subventioniert, um die Preise niedrig zu halten. Auch erklärte er die “maximale Nutzung der Kernenergie”, die seit dem Atomunfall in Fukushima im Jahr 2011 von niemandem mehr erwähnt wurde.
Der strategische Energieplan und das NDC wurden in einer Arbeitsgruppe von Experten diskutiert. Das Ministerium für Wirtschaft, Handel und Industrie (METI) und das Umweltministerium (MOE) entwickelten das Szenario. Es basiert auf der Prämisse, dass Japan “auf dem richtigen Weg ist, seine Treibhausgasemissionen zu reduzieren, um sein NDC und bis 2050 Netto-Null-Emissionen zu erreichen”, wie Umweltminister Keiichiro Asao in Baku sagte. Im Gegensatz dazu “haben sich viele Länder in Europa und den USA ehrgeizige Ziele für die Dekarbonisierung gesetzt, aber einige sind auch dabei, einen realistischen Weg einzuschlagen, der ein Gleichgewicht zwischen wirtschaftlicher Effizienz und stabiler Versorgung schafft, und die Kluft zwischen Zielen und Realität wird immer größer”, heißt es in dem Plan. “Japan hat bereits Schritte in Richtung Netto-Null-Emissionen unternommen”. Mit anderen Worten: Japan habe bereits ausreichende Maßnahmen ergriffen.
Der Bericht ist eine Umkehr zu früheren Planungen, was die Nachfrage nach Strom angeht: Der Bau neuer Rechenzentren und Halbleiterfabriken werde den Bedarf bis 2040 um das 1,2-fache auf etwa 1,2 Billionen Kilowattstunden erhöhen. Bisher war angenommen worden, dass die Stromnachfrage wegen des Bevölkerungsrückgangs und zunehmender Energieeffizienz zurückgehen würde. Darüber hinaus wurde die Formulierung aus früheren Plänen gestrichen, “die Abhängigkeit von der Kernenergie so weit wie möglich zu reduzieren”. Im Plan heißt es nun, dass “sowohl erneuerbare Energien als auch die Kernenergie so weit wie möglich genutzt werden”.
Ein Regierungsvertreter sagte, das NDC sei “ein Weg, der mit dem Ziel von Netto-Null-Emissionen im Jahr 2050 übereinstimmt” und der “die Vorhersagbarkeit für die gleichzeitige Erreichung von Emissionsreduzierungen und Wirtschaftswachstum verbessern wird”. Diese Zahlen entsprechen den Vorschlägen der Liberaldemokratischen Partei und von Keidanren, Japans größter Wirtschaftsorganisation.
Seit Beginn der Debatte unterzeichnen Umwelt-NGOs und junge Menschen Petitionen, die den Ausbau der erneuerbaren Energien und die Erhöhung der Ambitionen der NDCs fordern. Auch die Wirtschaft, die gezwungen ist, erneuerbare Energie zu beschaffen, fordert weitere Maßnahmen. Die Japan Climate Leaders Partnership (JCLP), eine Organisation von Unternehmen, die im Bereich des Klimawandels tätig sind, rief dazu auf, “die internationale Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten”, und forderte einen Anteil erneuerbarer Energien von 60 Prozent oder mehr im Jahr 2035. 250 Unternehmen, darunter Ricoh, Toda Corporation und AEON, sind Mitglieder der JCLP.
20. Februar, 18 Uhr, Online
Webinar Klimaschutzgesetz und Klimaschutzbeschluss des BVerfG
Seit dem Klimabeschluss des Bundesverfassungsgerichts ist geklärt, dass sich Einzelpersonen auch auf Fragen des Klimaschutzes vor Gericht berufen können. In diesem Seminar des BUND werden bisherige Klimaklagen diskutiert. Infos
20. und 21. Februar 2025
Workshop Collab Challenge: Innovative Lösungen für Klimaanpassung
Das Projekt Poseidon, die Süddänische Universität (SDU) und die Christian-Albrechts-Universität zu Kiel laden Unternehmen und Studierende aus Dänemark und Deutschland zu einer Challenge ein, bei der neue Ideen für die Klimaanpassung entwickelt werden. Infos
21. Februar, 11 Uhr, Online
Webinar Verkehrswende – wie geht das? Gemeinsam!
In dem Webinar der Heinrich-Böll-Stiftung sollen künstlerische und wissenschaftliche Perspektiven auf die Verkehrswende zusammengeführt werden. Infos
22. Februar, 11 Uhr, Berlin
Seminar Tiny Forests: Lokale Biodiversität und Klimaanpassung
Tiny Forests, auch bekannt als Mikrowälder, sind kleine, dicht gepflanzte Wälder, die in urbanen Räumen als Klimapuffer, Kohlenstoffspeicher und grüne Oasen dienen. In diesem Seminar der Heinrich-Böll-Stiftung wird das Konzept näher vorgestellt. Infos
23. Februar 2025
Wahlen Bundestagswahlen
24. Februar, 10 Uhr, Berlin
Workshop Lösungen für Dürre-, Hitze- und Waldbrandrisiken
Bei dem Workshop werden aktuelle Forschungsergebnisse des Clim4Cast-Projekts vorgestellt und diskutiert. Infos
24. bis 28. Februar
Versammlung IPCC Plenum
Der Zwischenstaatliche Ausschuss für Klimaänderungen (IPCC) trifft sich zum Plenum in Hangzhou, China. Dabei soll die zentrale Entscheidung fallen, wie der Zeitplan für den nächsten Sachstandsbericht AR7 aussehen soll. Infos
25. bis 26. Februar, Online
Kongress Jahreskongress Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen
Der Kongress will aktuelle Entwicklungen um nachhaltiges Bauen beleuchten. Infos
25. Februar, 11 Uhr, Online
Webinar Industrial energy costs in Germany and France
Die Energiekosten für die Industrie sind eine zentrale Herausforderung der Energiewende in Deutschland und Frankreich. Beide Länder stehen vor der Herausforderung, die industrielle Wettbewerbsfähigkeit mit ehrgeizigen Klimazielen in Einklang zu bringen. Bei der Veranstaltung des Deutsch-französischen Büros für die Energiewende wird über mögliche Auswege diskutiert. Infos
25. bis 27. Februar, Rom
UN-Konferenz COP16
Die Vereinten Nationen treffen sich in Rom erneut, weil auf der Biodiversitätskonferenz COP16 im vergangenen Jahr in Kolumbien keine Abschlusserklärung ausgehandelt werden konnte. Es gibt zahlreiche Überschneidungen zwischen globalem Klima- und Artenschutz – nicht zuletzt die Tatsache, dass es für beide Bereiche chronisch an Geld fehlt. Infos
Während in Deutschland viele Menschen bei ungewohnten Minusgraden bibbern, war der Januar weltweit der wärmste seit Beginn der Aufzeichnungen. Derzeit spüren das vor allem die nordpolaren Regionen. Dort liegen die Temperaturen bis zu sechs Grad über dem langfristigen Mittelwert. Und das arktische Eis bedeckt im Januar 2025 laut Daten des “Meereisportals” vom Alfred-Wegener-Institut im Schnitt nur noch 13,19 Millionen Quadratkilometer Meer. Noch weniger war das bislang nur in den Wintern 2017 und 2018. Besonders betroffen vom Schwinden des Eises sind die kanadische Hudson-Bucht, die nördliche Barentssee und das Ochotskische Meer bei Kamtschatka. Der langfristige Trend ist klar: Pro Jahrzehnt schwindet das Meereis derzeit um 2,6 Prozent.
Im Jahr 2100 wird nach einer neuen Studie der Nordpol im Sommer eisfrei sein – auch wenn die Staaten ihre Versprechen zum Klimaschutz aus dem Pariser Abkommen einhalten und die Erderhitzung auf 2,7 Grad begrenzen können. Die Arktis, in der die Erwärmung viermal so schnell voranschreitet wie im globalen Mittel, werde dann “nicht mehr wiederzuerkennen” sein, schreiben die Autoren. “Die Veränderungen werden die Infrastruktur, Ökosysteme, lokale Gemeinschaften und die Tierwelt verwüsten”, hieß es. Neben dem Eisverlust auf dem Meer werde sich die Fläche Grönlands, auf der Eis taut, vervierfachen. Das lässt wiederum den Meeresspiegel ansteigen. Die Hälfte aller Permafrost-Gebiete in den arktischen Gebieten würden laut der Studie bis 2100 getaut sein. bpo
Kaum eine Stadt werde in diesem Jahr einen “echten ausgeglichenen Haushalt vorlegen können”, warnt der Deutsche Städtetag mit Verweis auf eine Blitzumfrage, an der 100 Großstädte teilgenommen haben. Jede zweite Stadt schätze demnach die Haushaltslage als sehr schlecht ein – und dies gefährde auch die kommunale Energie- und Verkehrswende, erklärten Vertreter des Städtetags auf der Bundespressekonferenz am Montag.
“Wie diese massiven Investitionen finanziert werden sollen, ist kaum geklärt“, sagte Burkhard Jung, Vizepräsident des Deutschen Städtetags und Oberbürgermeister von Leipzig. Markus Lewe, Präsident des Deutschen Städtetages, sieht die steigenden Sozialausgaben als einen der Hauptgründe neben der allgemein schwachen Konjunktur. Bund und Länder würden den Städten zudem immer mehr Aufgaben zuweisen, die nicht ausfinanziert seien. Der Städtetag fordert daher eine “Trendwende” in der Kommunalfinanzierung nach den Bundestagswahlen, darunter:
Das fehlende Kapital verschleppe nötige Investitionen in die Wärmewende, warnt auch Benjamin Köhler, Senior Researcher beim Öko-Institut. Köhler arbeitet unter anderem zur kommunalen Wärmeplanung und schlägt vor, die Gemeindefinanzierung neu aufzustellen. “Teil dieser Neuordnung könnte ein höherer Anteil der Kommunen am Steueraufkommen sein, wie er auch vom Deutschen Städtetag vorgeschlagen wird”, so Köhler. Darüber hinaus brauche es für neue Aufgaben auch zusätzliche Finanzmittel vom Bund. Doch dies sei aktuell gar nicht möglich, da der Bund den Kommunen keine neuen Aufgaben “direkt übertragen” könne und er den Kommunen für deren Aufgaben “keine Mittel bereitstellen” dürfe. lb
Der Oberste Gerichtshof in Stockholm hat am Mittwoch eine Sammelklage von hunderten junger Schwedinnen und Schweden abgewiesen – unter ihnen die Klimaaktivistin Greta Thunberg. Begründet wird die Entscheidung damit, dass ein Gericht dem schwedischen Reichstag oder der Regierung keine spezifischen Klimaschutz-Maßnahmen vorgeben könne. Vielmehr entschieden diese politischen Organe selbstständig über solche Maßnahmen. Es sei aber nicht ausgeschlossen, dass man eine Klimaklage auf andere Weise formulieren könne, wenn Rechte des Einzelnen gemäß der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) verletzt würden, teilte der Oberste Gerichtshof mit.
Im November 2022 hatte eine Einzelperson die Sammelklage der Jugendorganisation Aurora bei einem Bezirksgericht eingereicht. Die Jugendlichen argumentierten, der Staat Schweden verstoße gegen in der EMRK festgeschriebene Rechte, weil er nicht genug gegen den Klimawandel unternehme. Das Bezirksgericht ließ die Klage zunächst zu, wandte sich aber 2023 mit der Frage an den Obersten Gerichtshof, ob diese geprüft werden solle. Dieser erklärte die Klage für unzulässig in ihrer jetzigen Form, schließt eine andere Formulierung aber nicht aus. dpa/lb
Climate Home News: Flucht in die Sklaverei. Migranten aus Bangladesch, die aufgrund sich verschärfender Klimaauswirkungen wie Wirbelstürmen oder Überschwemmungen ihr Zuhause oder ihre Lebensgrundlage verloren haben, wandern aus, um zu überleben. Dabei werden sie oft Opfer von Ausbeutung und geraten in einen Teufelskreis, warnte das Internationale Institut für Umwelt und Entwicklung (IIED). Moderne Sklaverei sei jedoch keine direkte Folge des Klimawandels, sondern ein Preis der Untätigkeit. Zum Artikel
Mongabay: Amazonas-Becken wird trockener. In Brasilien hat der Regenwald zwischen 1985 und 2023 rund zwei Millionen Hektar natürliche Wasserflächen eingebüßt – ein Rückgang um 16 Prozent. Dieser besorgniserregende Trend setzte im Jahr 1995 ein und stellt eine ernsthafte Bedrohung für die indigene Bevölkerung dar, die stark auf diese Wasserressourcen angewiesen ist. Durch das Austrocknen von Flüssen und Bächen sind viele Dörfer über die Wasserwege, die wichtigste Verkehrsverbindung der Region, nicht mehr erreichbar. Zwei Kinder verloren ihr Leben aufgrund von Krankheiten, die auf die verschlechterte Wasserqualität zurückzuführen sind. Zum Artikel
Euractiv: EU entbürokratisiert. Die EU-Kommission hat vorgeschlagen, die geplanten Vorschriften zur Berichterstattung über Mikroplastik noch vor ihrem Inkrafttreten zu kürzen. Obwohl sie sich für eine “Vereinfachung” der bestehenden EU-Regelungen für Unternehmen eingesetzt hat, ist es ungewöhnlich, dass ein erst kürzlich vorgeschlagener Text bereits abgeschwächt wird, bevor die Verhandlungen abgeschlossen sind. Dieser Schritt lässt vermuten, dass der Bürokratieabbau der Kommission auch Bereiche erfassen könnte, die bisher als unangreifbar galten. Zum Artikel
Klimareporter: Leerstelle Klima. Die Klimakrise spielt in der Debatte zur Bundestagswahl kaum eine Rolle. Zwar enthalten alle Wahlprogramme vereinzelt Hinweise auf Klimaanpassungsmaßnahmen in verschiedenen Bereichen, doch bleibt die Anpassung meist Stückwerk. Sie wird zwar ansatzweise als Querschnittsthema erkannt, jedoch selten in eine umfassende Strategie eingebunden. Zum Artikel
Financial Times: BlackRock stoppt Gespräche. BlackRock hat Gespräche mit bestimmten Portfoliounternehmen pausiert, um die Folgen neuer SEC-Berichtspflichten zu prüfen. Die kürzlich eingeführten SEC-Richtlinien verlangen von Investmentfirmen detailliertere Offenlegungen, wenn sie Einfluss auf Unternehmen in Bezug auf Umwelt-, Sozial- oder Governance-Themen (ESG) ausüben. Mit über elf Billionen US-Dollar verwaltetem Vermögen steht BlackRock unter starkem Druck durch konservative US-Politiker. Zum Artikel
und wir dachten schon, das wäre es jetzt gewesen mit den Faktenchecks zu Klimafragen. Aber nein: Kaum im Amt, hat der neue US-Energieminister Chris Wright heftig die deutsche Energiewende kritisiert – mit lauter zweifelhaften Argumenten. Malte Kreutzfeldt hat sich seine Behauptungen genauer angeschaut. Und siehe da: Kaum eine Zahl, die Wright nutzt, hält einem Realitätscheck stand. Das kümmert Donald Trump nicht, uns aber schon.
Ähnlich fern von der Wirklichkeit erscheint auch das neue NDC von Japan, das Keisuke Katori für uns seziert hat. Und mit viel Fake News, Verdrehungen und schlichter Ignoranz ist das Klima- und Energiethema auch im Wahlkampf behandelt worden. Lisa Kuner hat unterdessen untersucht, wie sich die Klimabewegung in den letzten Monaten aufgestellt hat: politischer als je zuvor.
Am Sonntag jedenfalls fällt die Entscheidung, wer im deutschen Parlament in Zukunft die Klima- und Energiepolitik bestimmen wird. Wir sind genauso gespannt wie Sie auf eine neue Regierung mit neuen Ideen zur Lösung alter Probleme. Und wir hoffen, dass die Debatte sich nach dem Wahlkampf wieder mehr an den Fakten und der Wissenschaft orientiert. Wir jedenfalls werden weiter ganz genau hinschauen, was da entschieden wird. Und was nicht.
Also: Gehen Sie wählen. Und wählen Sie das Richtige.
Rund vier Minuten seiner gut 30-minütigen Antrittsrede als neuer US-Energieminister hat Chris Wright am 5. Februar der deutschen Energiewende gewidmet. Während sie sonst international oft als Vorbild angeführt wird, hat Wright die Energiewende als abschreckendes Beispiel für die USA dargestellt. Die Zahlen und Fakten, die der frühere Manager von Unternehmen aus der Fracking-Branche dabei genannt hat, sind aber überwiegend falsch oder irreführend. Weil damit zu rechnen ist, dass Wrights Aussagen auch die deutsche Debatte über die Energiewende beeinflussen, bietet Climate.Table eine Richtigstellung und Einordnung.
Eine zentrale Aussage von Wright ist, dass sich der Strompreis in Deutschland innerhalb der letzten 15 Jahre verdreifacht habe; der Kontext legt dabei nahe, dass er sich auf den Preis für private Haushaltskunden bezieht. Diese Behauptung ist unzutreffend. Tatsächlich ist der Strompreis in diesem Zeitraum um etwa 60 Prozent gestiegen (Quelle); die allgemeine Inflationsrate lag in diesem Zeitraum bei 34 Prozent.
Auch falls sich die Aussage auf den Börsenstrompreis bezogen haben sollte, ist sie nicht korrekt. Dieser lag im Jahr 2024 knapp doppelt so hoch wie 2009 (Quelle). Und dieser Anstieg liegt nicht an der Energiewende, sondern vor allem an den Gaspreisen, die aufgrund des Wegfalls der russischen Pipeline-Lieferungen stark angestiegen sind. Sichtbar ist das zum einen daran, dass der Börsenstrompreis bis zum Jahr 2020 auf einen Tiefststand gefallen ist und erst nach dem russischen Angriff auf die Ukraine angestiegen ist. Zum anderen gab es einen vergleichbaren Anstieg auch in Ländern wie Frankreich oder Polen, die eine andere Energiepolitik verfolgen als Deutschland.
Eine weitere zentrale Behauptung von Wright ist, dass die Industrieproduktion in Deutschland parallel zur Energiewende innerhalb von 15 Jahren um 20 Prozent zurückgegangen sei. Das Gegenteil ist richtig: Nach Angaben des Statistischen Bundesamts ist die Produktion der deutschen Industrie von 2009 bis 2024 nicht gesunken, sondern deutlich gestiegen, und zwar um 10,6 Prozent. Verglichen werden dabei inflations- und kalenderbereinigte Werte (Quelle). Auch der von Wright vermittelte Eindruck, dass die deutsche Wirtschaft international nicht mehr konkurrenzfähig ist, entspricht nicht der Realität: Der deutsche Exportüberschuss lag mit 239 Milliarden Euro im Jahr 2024 nominal um 73 Prozent höher als 15 Jahre zuvor. Allein im Handel mit den USA erzielt Deutschland einen Überschuss von 70 Milliarden Euro (Quelle).
Unzutreffend ist auch Wrights nicht näher spezifizierte Aussage, dass die Stromversorgung durch die Energiewende unzuverlässig geworden sei. Tatsächlich war sie 2023 mit einer durchschnittlichen Ausfallzeit von unter 13 Minuten pro Jahr zuverlässiger als 2009 (Quelle) – und um den Faktor 10 bis 30 verlässlicher als in den USA, wo die Ausfallzeiten 2023 je nach Berechnungsmethode zwischen 118 und 366 Minuten pro Jahr betrugen (Quelle).
Zudem legt Wright nahe, dass die Energiewende dem Klima kaum etwas nutze, indem er berichtet, dass der Anteil fossiler Energien am Primärenergieverbrauch in Deutschland seit 2010 nur von 80 auf 74 Prozent gesunken ist. Tatsächlich war der Rückgang bei diesem Wert sogar noch etwas geringer (Quelle). Die Zusammensetzung des Primärenergieverbrauchs ist aber kein geeigneter Indikator, um die Klimabilanz zu ermitteln. Denn weil fossile Kraftwerke mehr als die Hälfte der eingesetzten Primärenergie als Abwärme abgeben, sinkt der Primärenergiebedarf beim Umstieg auf erneuerbare Energien deutlich. Das führt dazu, dass der Anteil der verbliebenen Fossilen vergleichsweise hoch bleibt, auch wenn ihr Einsatz in absoluten Zahlen deutlich sinkt.
Um den tatsächlichen Effekt der Energiewende für den Klimaschutz zu beurteilen, ist darum sinnvoller, die absoluten Zahlen zu betrachten. Und diese zeigen, dass die Energieproduktion durch fossile Brennstoffe in Deutschland seit 2010 um 27 Prozent gesunken ist. Die deutschen Treibhausgasemissionen gingen dadurch im gleichen Zeitraum um knapp 30 Prozent zurück (Quelle 1/Quelle 2). Zum Vergleich: Die USA schafften in diesem Zeitraum nur eine Reduktion um 14 Prozent.
Zutreffend – aber für die Argumentation nicht wirklich relevant – ist Wrights Angabe, dass die Stromproduktion in Deutschland heute 20 Prozent niedriger ist als vor 20 Jahren. Dies ist aber kein Zeichen für eine geringere Leistungsfähigkeit, sondern eine Folge der gesunkenen Nachfrage. Etwa die Hälfte des Rückgangs entfällt auf einen geringeren Stromverbrauch im Inland (der zum Teil durch höhere Effizienz und zum Teil durch einen Produktionsrückgang bei der energieintensiven Industrie begründet ist). Die andere Hälfte des Rückgangs liegt daran, dass Deutschland weniger Strom in seine Nachbarländer exportiert hat.
Die Aussage, dass die installierte Leistung in Deutschland in den letzten 15 Jahren von 100 auf 240 Gigawatt gestiegen ist, stimmt zumindest von der Tendenz; tatsächlich stieg sie von 144 auf 263 Gigawatt. Dieser Anstieg ist aber kein Problem, sondern eine logische Konsequenz daraus, dass Wind- und Sonnenkraftwerke deutlich weniger Volllaststunden haben als fossile Kraftwerke in der Vergangenheit und darum insgesamt eine höhere installierte Leistung erforderlich ist.
Mit der Bemerkung, dass es in Nordeuropa im Winter kalt und bewölkt sei, legt Wright zudem nahe, dass der Einsatz von Solarkraft in Deutschland wenig Sinn ergebe. Abgesehen davon, dass Deutschland geografisch nicht zu Nordeuropa gehört und dass Solarzellen bei niedrigen Temperaturen effizienter arbeiten als bei hohen, ist es aufgrund der kürzeren Tage und des tieferen Sonnenstands durchaus zutreffend, dass Solaranlagen hierzulande in den Wintermonaten deutlich weniger Energie produzieren als im Sommer. Das ist aber unproblematisch, weil die Solaranlagen sich gut mit Windrädern ergänzen, die im Winter deutlich mehr Strom produzieren als im Sommer (Quelle). Insgesamt wurde im vergangenen Jahr knapp 13 Prozent des deutschen Stroms mit Solarzellen erzeugt.
Die bisherigen Kosten der Energiewende bezifferte Wright mit 500 Milliarden Dollar. Absolut gesehen ist diese Zahl zutreffend; je nachdem, was man einberechnet, gibt es sogar noch höhere Schätzungen. Allerdings ist diese Zahl wenig aussagekräftig. Zum einen ist die Summe über einen Zeitraum von 20 Jahren angefallen, sodass es tatsächlich um 25 Milliarden Dollar pro Jahr geht. Zum anderen müsste gegengerechnet werden, welche Investitionen ins Energiesystem und welche Mehrausgaben für fossile Importe beim Verzicht auf die Energiewende erforderlich gewesen wären. Zudem müsste berücksichtigt werden, dass der erneuerbare Strom zwar Kosten durch die garantierten Vergütungen erzeugt, aber im Gegenzug durch seine niedrigen Grenzkosten die Börsenstrompreise senkt.
Mit einem Kleid mit der Aufschrift “Donald & Elon & Alice & Friedrich?” sorgte die Klimaaktivistin Luisa Neubauer bei der Eröffnung der Berlinale am vergangenen Donnerstag für Aufsehen. Sie protestierte damit gegen die aktuelle Politik der CDU. Auf Tiktok wurde ein Video ihres Berlinale-Auftritts, in dem sie fordert, die Demokratie “mit aller Kraft” zu verteidigen, mehr als 200.000-mal aufgerufen. Einen Tag später, am Freitag, war dann deutschlandweit Klimastreik – anders als noch vor ein paar Jahren gingen aber nicht Millionen, sondern nur noch einige 10.000 auf die Straße.
Fridays for Future (FFF) positioniert sich vor der Bundestagswahl politisch klarer als in früheren Jahren – “Klimagerechtigkeit heißt Antifaschismus”, heißt es in einem Blogartikel, in dem die Aktivisten und Aktivistinnen erklären, warum Klimaschutz und der Kampf gegen rechts aus ihrer Sicht zusammengehören. Für die Demonstrationen gegen rechts in den vergangenen Wochen mobilisierten in vielen Städten auch Ortsgruppen von FFF – und auch hier richtet sich die Kritik oftmals nicht mehr nur an die AfD, sondern auch an die CDU. “So wie sich die Union gerade positioniert, ist sie eine Gefahr für den Klimaschutz”, sagt Pauline Brünger, Sprecherin von FFF. Das hieße aber nicht, dass es grundsätzlich keine überzeugende konservative Klimapolitik geben könne. Noch klarer hat sich im vergangenen Jahr die Klimaaktivistin und Kapitalismuskritikerin Lisa Poettinger ausgedrückt- zu einer Demonstration lud sie CSU-Politiker explizit aus, indem sie auf X verkündete, dass sie “keinen Bock auf Rechte jeglicher Couleur habe”.
Diese klarere politische Positionierung über Klimathemen hinaus wird aktuell häufiger: Franziska Martini vom Institut für Demokratie und Zivilgesellschaft in Jena sagt, dass sich die Klimabewegung noch expliziter für Demokratie und Menschenrechte und gegen das Erstarken des Rechtsextremismus einsetze als früher. Schon bei der Europawahl habe es Anzeichen dafür gegeben. Klimaaktivistin Brünger von FFF begründet das damit, dass sich die Lage im Vergleich zu der vergangenen Bundestagswahl 2021 verändert hat – aktuell gebe es in Sachen Klimaschutz, aber auch Menschenrechte eine “ernsthafte Gefahr von Rückschritten und wenig Möglichkeiten für Fortschritt”. Während bei der letzten Bundestagswahl noch alle demokratischen Parteien Klimaschutz auf der Agenda hatten, sei das Thema bei vielen in Vergessenheit geraten.
Andere Teile der Klima- und Umweltbewegung äußern sich weniger drastisch als FFF und konzentrieren sich vor allem darauf, das Klimathema auf der Agenda des Wahlkampfs zu halten. Die Klima-Allianz, ein Bündnis aus rund 150 zivilgesellschaftlichen Organisationen, präsentierte im Januar ein Forderungspapier, in dem sie Klimaschutz für ein “modernes Land” forderte, um “Wohlstand nachhaltig zu sichern”. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) fordert, dass Klima-, Umwelt- und Naturschutz keine Randthemen werden dürften – keine Partei lege aktuell eine “ehrgeizige und sozial gerechte Klimaschutzagenda vor”. Patrick Rohde, verantwortlich für politische Strategie beim BUND, findet, Aufgabe von Umweltverbänden sei es, eine “Stimme der Vernunft in Zeiten von Fake News” zu sein und auf fehlenden Klimaschutz und das Artensterben aufmerksam zu machen. Klima- und Umweltkrise seien strukturelle Krisen, die nicht weggingen, wenn sie politisch ignoriert würden. Dabei lege der BUND “parteiübergreifend den Finger in die Wunde”, sagt Rohde im Gespräch mit Table.Briefings.
Auch Sascha Müller-Kraenner, Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH), will keine Wahlempfehlung aussprechen. Er betont aber im Gespräch mit Table.Briefings, dass er von allen Parteien erwarte, dass sie ihrer im Grundgesetz verankerten Pflicht zu Umwelt- und Klimaschutz nachkämen und dementsprechend tragfähige Vorschläge machten. Es sei ein “Versagen der Parteien”, dass Klimaschutz im aktuellen Wahlkampf kaum eine Rolle spielt. Wachsende Mitgliederzahlen der DUH, aber auch von anderen Umweltverbänden, sind für Müller-Kraenner ein Zeichen dafür, dass die Klimabewegung viel Rückhalt in der Gesellschaft hat und sich für Themen einsetzt, die vielen Menschen wichtig sind.
Während sich die Klimabewegung inzwischen (partei-)politisch lauter äußert, gehen verschiedene Parteien restriktiver mit Klimaaktivisten und Nichtregierungsorganisationen um. Die AfD erkundigte sich beispielsweise im vergangenen Jahr in einer kleinen Anfrage danach, wie sich die Zahl der Straftaten durch Klimaaktivisten und -aktivistinnen verändert hätten, im niedersächsischen Landtag stellte sie sogar einen Antrag, die “Letzte Generation” und “Extinction Rebellion” zu verbieten. Janine Patz, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Demokratie und Zivilgesellschaft (IDZ), sagt, dass die Klimabewegung zunehmend kriminalisiert und ihre Forderungen delegitimiert werden. Im Wahlkampf würden “Klimaschutzproteste insgesamt problematisiert und aus dem konservativen Spektrum zunehmend als linksextrem gelabelt”.
Eine Studie der NGOs Amnesty International und Green Legal Impact bestätigt diesen Eindruck und kam im Januar zu dem Ergebnis, dass Handlungsspielräume von Aktivisten und Aktivistinnen in Deutschland zunehmend eingeschränkt werden. Demnach:
Insgesamt würden so die Beteiligung an der Klimabewegung und ihre Wirksamkeit behindert, so die Studie.
Die Kommission will noch in diesem Jahr das vergünstigte Leasing von Elektroautos, Wärmepumpen und weiteren sauberen Technologien erleichtern. Das sieht der Clean Industrial Deal vor, den die Behörde in einer Woche vorstellen will und der Table.Briefings im Entwurf vorliegt. So sollen EU-Bürgerinnen und Bürger finanzielle Unterstützung aus dem Klimasozialfonds erhalten können, wenn sie auf klimafreundliche Produkte umsteigen. Die Kommission will den Mitgliedstaaten dafür Leitlinien geben.
Der Vorstoß ist Teil des Plans, mit dem Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen Europa als Standort für klimafreundliche Industrien etablieren will. Daneben listet die Mitteilung unter anderem Maßnahmen für sinkende Energiepreise und Local-Content-Kriterien für die Abnehmer von “grünen” Produkten auf. Das Konzept solle helfen, “Europas Industrie ein stärkeres Geschäftsmodell für große Investitionen in die Klimaneutralität energieintensiver Industrien und Clean Tech zu geben”, heißt es darin.
Dafür will die Kommission auch kurzfristig neue Gelder mobilisieren. Der Entwurf enthält aber noch keine konkreten Zahlen. Bis zur geplanten Veröffentlichung am 26. Februar könnten sich auch die Inhalte noch deutlich ändern – die Verhandlungen seien noch in vollem Gange, heißt es in der Kommission.
Der Plan setzt auf sechs Bausteine:
Im Energiebereich dürften von den Vorhaben keine schnellen Effekte auf die Preise zu erwarten sein. Einem Entwurf des Aktionsplans zu erschwinglichen Energiepreisen zufolge ermuntert die Kommission die Mitgliedstaaten, Netzentgelte zu subventionieren. Bis Mitte des Jahres will sie außerdem einen Vorschlag machen, wie die Netzentgelte einen flexibleren Stromverbrauch anreizen können. Die große Frage aber, wer am Ende für die Investitionen ins Energiesystem aufkommt, bleibe unbeantwortet, sagt Greg Van Elsen von CAN Europe.
Schon am 26. Februar will die Kommission zusammen mit der EIB ein Garantieprogramm für Direktabnahmeverträge (PPA) zwischen Stromproduzenten einerseits und der Industrie sowie Betreibern von Elektrolyseuren für die Wasserstoffherstellung andererseits verkünden. Später soll ein ähnliches Programm für Investitionen in Energieeffizienz folgen. Die Industrie soll leichter Strom direkt aus dem EU-Ausland beziehen können.
Im Bereich Genehmigungsvereinfachungen will die Kommission “gezielte Aktualisierungen des Rechtsrahmens für Umweltprüfungen” vorlegen und kürzere Fristen prüfen. Zudem sollen europäische Energieunternehmen auch dabei unterstützt werden, mehr Langfristverträge für LNG-Importe abzuschließen. Sie prüft unter anderem ein Modell in Japan, wo Investitionen in Exportländern finanziell gefördert werden.
Die EU-Kommission will Kriterien für lokale Komponenten (local content) schaffen, also für den an einem Standort erbrachten Anteil an der gesamten Wertschöpfungskette eines Unternehmens. So soll die Nachfrage für EU-produzierte Clean-Tech-Produkte gestärkt werden. Aus der Kommission ist zu hören, dass die genaue Definition dieser Kriterien noch offen sei. Ziemlich sicher ist aber, dass sie weiter gehen werden als die Resilienzkriterien, die im Net Zero Industry Act festgeschrieben worden waren.
Auch die private Nachfrage wird adressiert. Die EU-Kommission denkt darüber nach, wie sie Bedingungen und nicht-preisliche Kriterien in Produktregulierungen einfließen lassen kann, beispielsweise für nachhaltigen Stahl und nachhaltige Batterien.
Um auf den Leitmärkten zu einer beschleunigten Produktion zu kommen, braucht es möglicherweise Ausnahmen von EU-Regulierungen. In der Industrie geht man davon aus, dass dies etwa bei der Produktion von grünem Stahl sein kann, dessen Einsatz etwa in der Autoindustrie in die CO₂-Bilanz eingerechnet wird und so Einfluss auf die CO₂-Grenzwerte haben kann. Dazu müsste die bestehende Regulierung angepasst werden.
Den enormen Finanzbedarf von rund 480 Milliarden Euro zusätzlich pro Jahr will die Kommission mittelfristig unter anderem aus dem geplanten Wettbewerbsfähigkeitsfonds bedienen. Doch die Industrie brauche auch sofortigen Zugang zu Kapital.
Unter anderem will die Brüsseler Behörde noch 2025 die Einnahmen aus dem Europäischen Emissionshandel (ETS) anzapfen für eine neue Dekarbonisierungsfazilität. Der Entwurf lässt aber offen, ob die Kommission die Zertifikate aus der Marktstabilitätsreserve holen will, um zusätzliches Geld zu generieren, oder ob sie nur die herkömmlichen Einnahmen für den Zweck reservieren will.
Die Grünen in Brüssel geht das nicht weit genug, sie fordern einen “European Green Competitiveness Fund“. ETS-Einnahmen würden nicht ausreichen, erklärte Grünen-Chef im EU-Parlament Bas Eickhout auf Table.Briefings-Nachfrage. Er begrüßt daher den Plan der Kommission, auch mehr private Investitionen anzustoßen.
Dafür soll etwa die InvestEU-Verordnung angepasst werden, um die Hebelwirkung zu vergrößern. Die Europäische Investitionsbank soll überdies ein neues Milliardenprogramm auflegen, um Start-ups im Clean-Tech-Sektor zu finanzieren. Ein neuer Clean-Industry-Beihilferahmen soll überdies den Mitgliedstaaten helfen, Investoren anzulocken.
Um sich den Zugriff auf wichtige Rohstoffe für Energiewende und Digitalisierung zu sichern, will die Kommission die Umsetzung des Critical Raw Materials Act priorisieren. Sie plane, die ersten strategischen Projekte für Bergbau-, Verarbeitungs- und Recyclingkapazitäten im März bekannt zugeben. Eine Initiative, den Einkauf von kritischen Rohstoffen gemeinschaftlich zu organisieren, soll bis Ende 2026 geschaffen werden.
Der ebenfalls für das letzte Quartal 2026 angekündigte Circular Economy Act soll überdies den Markt für Sekundärrohstoffe stärken. Um das Recycling zu fördern, will die Kommission den Export von gebrauchten kritischen Rohstoffen begrenzen. Auch Maßnahmen für eine effizientere Sammlung der Materialen werden in Aussicht gestellt.
Noch in diesem Jahr will die Kommission den CO₂-Grenzausgleichsmechanismus (CBAM) überprüfen und in der zweiten Jahreshälfte darüber berichten. Es gehe um Umgehungsrisiken der CBAM-Regeln, die Erweiterung auf andere Sektoren und Produkte sowie indirekte Emissionen, schreibt die Kommission. Ein entsprechender Gesetzesvorschlag soll schließlich im ersten Halbjahr 2026 folgen. Lukas Knigge, Till Hoppe, Manuel Berkel, János Allenbach-Ammann, Nicolas Heronymus und Markus Grabitz.
Japan, der fünftgrößte Treibhausgasemittent der Welt, hat am 18. Februar offiziell einen neuen Energiestrategieplan und seine Klimaziele (NDC) verabschiedet. Die Regierung plant:
Mit diesen Plänen bleibt das Land bei seiner bisherigen Politik. Es erfüllt damit weder die internationalen Verpflichtungen zur Dekarbonisierung seiner Energieversorgung, noch zum Ausstieg aus der Kohleverstromung oder zur Verdreifachung der erneuerbaren Energien – und verpasst die Chance, bei Energiewende und Klimaschutz eine Spitzenposition einzunehmen.
Japan ist die weltweit viertgrößte Volkswirtschaft und der fünftgrößte Emittent von CO₂. Im Jahr 2020 erklärte der damalige Premierminister Yoshihide Suga, Japan wolle bis 2050 kohlenstoffneutral sein. Japans NDC bis 2030 sieht eine Reduzierung der Treibhausgasemissionen um 46 Prozent bis 2030 im Vergleich zu 2013 vor.
Im Jahr 2023 bezog Japan:
Japan muss die meiste Energie importieren. 2023 floss ein Großteil der Einnahmen aus dem Export von Autos, Halbleitern und anderen Produkten in den Import von Öl und Gas – insgesamt etwa 26 Billionen Yen, etwa 160 Milliarden Euro.
Die japanische Energiepolitik wird im Energiestrategieplan festgelegt, der alle drei bis vier Jahre überprüft wird, und parallel dazu wird das NDC diskutiert. Dafür wird der 6. IPCC-Bericht als Richtwert herangezogen. Laut Climate Action Tracker, der das bisherige NDC des Landes mit “unzureichend” bewertet, müsste Japan als Industrieland bis 2035 ein Reduktionsziel von 81 Prozent (einschließlich der CO₂-Absorption durch die Wälder) gegenüber dem Basisjahr 2013 anstreben – und nicht nur 60 Prozent, wie im neuen NDC geplant.
Japan hat sich international zu effektivem Klimaschutz und Finanzhilfen verpflichtet. Beim G7-Treffen in Deutschland hat es 2022 zugesagt, bis 2035 die meisten seiner Energiequellen zu dekarbonisieren. Auf dem G7-Gipfel in Italien 2024 einigte man sich darauf, bis 2035 aus der Kohleverstromung auszusteigen. Und auf der COP28 in Dubai stimmte die japanische Delegation der Verdreifachung der erneuerbaren Kapazitäten bis 2030 zu.
Japan ist auch eines der weltweit führenden Geberländer für Klimafinanzierung. Auf der COP29 in Baku im vergangenen Jahr erklärte Umweltminister Keiichirō Asao, dass “Japan in den fünf Jahren bis 2025 bis zu 70 Milliarden Dollar an öffentlicher und privater Hilfe zugesagt hat, um die Entwicklungsländer bei der Bekämpfung des Klimawandels zu unterstützen”.
Shigeru Ishiba, seit 1. Oktober neuer Premierminister Japans, hat sich im Wahlkampf positiv über erneuerbare Energien geäußert. Doch wie bei der vorherigen Regierung Kishida liegt sein Schwerpunkt eindeutig auf der Energiesicherheit. Es gibt keine Anzeichen dafür, dass er die Klimapolitik vorantreiben will. Von offizieller Seite heißt es: “Der Premierminister ist nicht sehr an einer Dekarbonisierung interessiert.” Ishiba reiste im Februar in die USA, um sich mit Präsident Donald Trump zu treffen und über den Import von Flüssiggas aus Alaska zu sprechen, ohne sich negativ zum Ausstieg der USA aus dem Pariser Klimaabkommen zu äußern.
Sein Vorgänger Takeo Kishida hatte bis zu seinem Rücktritt im September 2024 zwar offiziell die Dekarbonisierung befürwortet. Aber nach der Covid19-Pandemie und der Energiekrise durch den Krieg in der Ukraine hatte er vor allem gegen die Inflation gekämpft und Strom und Gas subventioniert, um die Preise niedrig zu halten. Auch erklärte er die “maximale Nutzung der Kernenergie”, die seit dem Atomunfall in Fukushima im Jahr 2011 von niemandem mehr erwähnt wurde.
Der strategische Energieplan und das NDC wurden in einer Arbeitsgruppe von Experten diskutiert. Das Ministerium für Wirtschaft, Handel und Industrie (METI) und das Umweltministerium (MOE) entwickelten das Szenario. Es basiert auf der Prämisse, dass Japan “auf dem richtigen Weg ist, seine Treibhausgasemissionen zu reduzieren, um sein NDC und bis 2050 Netto-Null-Emissionen zu erreichen”, wie Umweltminister Keiichiro Asao in Baku sagte. Im Gegensatz dazu “haben sich viele Länder in Europa und den USA ehrgeizige Ziele für die Dekarbonisierung gesetzt, aber einige sind auch dabei, einen realistischen Weg einzuschlagen, der ein Gleichgewicht zwischen wirtschaftlicher Effizienz und stabiler Versorgung schafft, und die Kluft zwischen Zielen und Realität wird immer größer”, heißt es in dem Plan. “Japan hat bereits Schritte in Richtung Netto-Null-Emissionen unternommen”. Mit anderen Worten: Japan habe bereits ausreichende Maßnahmen ergriffen.
Der Bericht ist eine Umkehr zu früheren Planungen, was die Nachfrage nach Strom angeht: Der Bau neuer Rechenzentren und Halbleiterfabriken werde den Bedarf bis 2040 um das 1,2-fache auf etwa 1,2 Billionen Kilowattstunden erhöhen. Bisher war angenommen worden, dass die Stromnachfrage wegen des Bevölkerungsrückgangs und zunehmender Energieeffizienz zurückgehen würde. Darüber hinaus wurde die Formulierung aus früheren Plänen gestrichen, “die Abhängigkeit von der Kernenergie so weit wie möglich zu reduzieren”. Im Plan heißt es nun, dass “sowohl erneuerbare Energien als auch die Kernenergie so weit wie möglich genutzt werden”.
Ein Regierungsvertreter sagte, das NDC sei “ein Weg, der mit dem Ziel von Netto-Null-Emissionen im Jahr 2050 übereinstimmt” und der “die Vorhersagbarkeit für die gleichzeitige Erreichung von Emissionsreduzierungen und Wirtschaftswachstum verbessern wird”. Diese Zahlen entsprechen den Vorschlägen der Liberaldemokratischen Partei und von Keidanren, Japans größter Wirtschaftsorganisation.
Seit Beginn der Debatte unterzeichnen Umwelt-NGOs und junge Menschen Petitionen, die den Ausbau der erneuerbaren Energien und die Erhöhung der Ambitionen der NDCs fordern. Auch die Wirtschaft, die gezwungen ist, erneuerbare Energie zu beschaffen, fordert weitere Maßnahmen. Die Japan Climate Leaders Partnership (JCLP), eine Organisation von Unternehmen, die im Bereich des Klimawandels tätig sind, rief dazu auf, “die internationale Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten”, und forderte einen Anteil erneuerbarer Energien von 60 Prozent oder mehr im Jahr 2035. 250 Unternehmen, darunter Ricoh, Toda Corporation und AEON, sind Mitglieder der JCLP.
20. Februar, 18 Uhr, Online
Webinar Klimaschutzgesetz und Klimaschutzbeschluss des BVerfG
Seit dem Klimabeschluss des Bundesverfassungsgerichts ist geklärt, dass sich Einzelpersonen auch auf Fragen des Klimaschutzes vor Gericht berufen können. In diesem Seminar des BUND werden bisherige Klimaklagen diskutiert. Infos
20. und 21. Februar 2025
Workshop Collab Challenge: Innovative Lösungen für Klimaanpassung
Das Projekt Poseidon, die Süddänische Universität (SDU) und die Christian-Albrechts-Universität zu Kiel laden Unternehmen und Studierende aus Dänemark und Deutschland zu einer Challenge ein, bei der neue Ideen für die Klimaanpassung entwickelt werden. Infos
21. Februar, 11 Uhr, Online
Webinar Verkehrswende – wie geht das? Gemeinsam!
In dem Webinar der Heinrich-Böll-Stiftung sollen künstlerische und wissenschaftliche Perspektiven auf die Verkehrswende zusammengeführt werden. Infos
22. Februar, 11 Uhr, Berlin
Seminar Tiny Forests: Lokale Biodiversität und Klimaanpassung
Tiny Forests, auch bekannt als Mikrowälder, sind kleine, dicht gepflanzte Wälder, die in urbanen Räumen als Klimapuffer, Kohlenstoffspeicher und grüne Oasen dienen. In diesem Seminar der Heinrich-Böll-Stiftung wird das Konzept näher vorgestellt. Infos
23. Februar 2025
Wahlen Bundestagswahlen
24. Februar, 10 Uhr, Berlin
Workshop Lösungen für Dürre-, Hitze- und Waldbrandrisiken
Bei dem Workshop werden aktuelle Forschungsergebnisse des Clim4Cast-Projekts vorgestellt und diskutiert. Infos
24. bis 28. Februar
Versammlung IPCC Plenum
Der Zwischenstaatliche Ausschuss für Klimaänderungen (IPCC) trifft sich zum Plenum in Hangzhou, China. Dabei soll die zentrale Entscheidung fallen, wie der Zeitplan für den nächsten Sachstandsbericht AR7 aussehen soll. Infos
25. bis 26. Februar, Online
Kongress Jahreskongress Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen
Der Kongress will aktuelle Entwicklungen um nachhaltiges Bauen beleuchten. Infos
25. Februar, 11 Uhr, Online
Webinar Industrial energy costs in Germany and France
Die Energiekosten für die Industrie sind eine zentrale Herausforderung der Energiewende in Deutschland und Frankreich. Beide Länder stehen vor der Herausforderung, die industrielle Wettbewerbsfähigkeit mit ehrgeizigen Klimazielen in Einklang zu bringen. Bei der Veranstaltung des Deutsch-französischen Büros für die Energiewende wird über mögliche Auswege diskutiert. Infos
25. bis 27. Februar, Rom
UN-Konferenz COP16
Die Vereinten Nationen treffen sich in Rom erneut, weil auf der Biodiversitätskonferenz COP16 im vergangenen Jahr in Kolumbien keine Abschlusserklärung ausgehandelt werden konnte. Es gibt zahlreiche Überschneidungen zwischen globalem Klima- und Artenschutz – nicht zuletzt die Tatsache, dass es für beide Bereiche chronisch an Geld fehlt. Infos
Während in Deutschland viele Menschen bei ungewohnten Minusgraden bibbern, war der Januar weltweit der wärmste seit Beginn der Aufzeichnungen. Derzeit spüren das vor allem die nordpolaren Regionen. Dort liegen die Temperaturen bis zu sechs Grad über dem langfristigen Mittelwert. Und das arktische Eis bedeckt im Januar 2025 laut Daten des “Meereisportals” vom Alfred-Wegener-Institut im Schnitt nur noch 13,19 Millionen Quadratkilometer Meer. Noch weniger war das bislang nur in den Wintern 2017 und 2018. Besonders betroffen vom Schwinden des Eises sind die kanadische Hudson-Bucht, die nördliche Barentssee und das Ochotskische Meer bei Kamtschatka. Der langfristige Trend ist klar: Pro Jahrzehnt schwindet das Meereis derzeit um 2,6 Prozent.
Im Jahr 2100 wird nach einer neuen Studie der Nordpol im Sommer eisfrei sein – auch wenn die Staaten ihre Versprechen zum Klimaschutz aus dem Pariser Abkommen einhalten und die Erderhitzung auf 2,7 Grad begrenzen können. Die Arktis, in der die Erwärmung viermal so schnell voranschreitet wie im globalen Mittel, werde dann “nicht mehr wiederzuerkennen” sein, schreiben die Autoren. “Die Veränderungen werden die Infrastruktur, Ökosysteme, lokale Gemeinschaften und die Tierwelt verwüsten”, hieß es. Neben dem Eisverlust auf dem Meer werde sich die Fläche Grönlands, auf der Eis taut, vervierfachen. Das lässt wiederum den Meeresspiegel ansteigen. Die Hälfte aller Permafrost-Gebiete in den arktischen Gebieten würden laut der Studie bis 2100 getaut sein. bpo
Kaum eine Stadt werde in diesem Jahr einen “echten ausgeglichenen Haushalt vorlegen können”, warnt der Deutsche Städtetag mit Verweis auf eine Blitzumfrage, an der 100 Großstädte teilgenommen haben. Jede zweite Stadt schätze demnach die Haushaltslage als sehr schlecht ein – und dies gefährde auch die kommunale Energie- und Verkehrswende, erklärten Vertreter des Städtetags auf der Bundespressekonferenz am Montag.
“Wie diese massiven Investitionen finanziert werden sollen, ist kaum geklärt“, sagte Burkhard Jung, Vizepräsident des Deutschen Städtetags und Oberbürgermeister von Leipzig. Markus Lewe, Präsident des Deutschen Städtetages, sieht die steigenden Sozialausgaben als einen der Hauptgründe neben der allgemein schwachen Konjunktur. Bund und Länder würden den Städten zudem immer mehr Aufgaben zuweisen, die nicht ausfinanziert seien. Der Städtetag fordert daher eine “Trendwende” in der Kommunalfinanzierung nach den Bundestagswahlen, darunter:
Das fehlende Kapital verschleppe nötige Investitionen in die Wärmewende, warnt auch Benjamin Köhler, Senior Researcher beim Öko-Institut. Köhler arbeitet unter anderem zur kommunalen Wärmeplanung und schlägt vor, die Gemeindefinanzierung neu aufzustellen. “Teil dieser Neuordnung könnte ein höherer Anteil der Kommunen am Steueraufkommen sein, wie er auch vom Deutschen Städtetag vorgeschlagen wird”, so Köhler. Darüber hinaus brauche es für neue Aufgaben auch zusätzliche Finanzmittel vom Bund. Doch dies sei aktuell gar nicht möglich, da der Bund den Kommunen keine neuen Aufgaben “direkt übertragen” könne und er den Kommunen für deren Aufgaben “keine Mittel bereitstellen” dürfe. lb
Der Oberste Gerichtshof in Stockholm hat am Mittwoch eine Sammelklage von hunderten junger Schwedinnen und Schweden abgewiesen – unter ihnen die Klimaaktivistin Greta Thunberg. Begründet wird die Entscheidung damit, dass ein Gericht dem schwedischen Reichstag oder der Regierung keine spezifischen Klimaschutz-Maßnahmen vorgeben könne. Vielmehr entschieden diese politischen Organe selbstständig über solche Maßnahmen. Es sei aber nicht ausgeschlossen, dass man eine Klimaklage auf andere Weise formulieren könne, wenn Rechte des Einzelnen gemäß der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) verletzt würden, teilte der Oberste Gerichtshof mit.
Im November 2022 hatte eine Einzelperson die Sammelklage der Jugendorganisation Aurora bei einem Bezirksgericht eingereicht. Die Jugendlichen argumentierten, der Staat Schweden verstoße gegen in der EMRK festgeschriebene Rechte, weil er nicht genug gegen den Klimawandel unternehme. Das Bezirksgericht ließ die Klage zunächst zu, wandte sich aber 2023 mit der Frage an den Obersten Gerichtshof, ob diese geprüft werden solle. Dieser erklärte die Klage für unzulässig in ihrer jetzigen Form, schließt eine andere Formulierung aber nicht aus. dpa/lb
Climate Home News: Flucht in die Sklaverei. Migranten aus Bangladesch, die aufgrund sich verschärfender Klimaauswirkungen wie Wirbelstürmen oder Überschwemmungen ihr Zuhause oder ihre Lebensgrundlage verloren haben, wandern aus, um zu überleben. Dabei werden sie oft Opfer von Ausbeutung und geraten in einen Teufelskreis, warnte das Internationale Institut für Umwelt und Entwicklung (IIED). Moderne Sklaverei sei jedoch keine direkte Folge des Klimawandels, sondern ein Preis der Untätigkeit. Zum Artikel
Mongabay: Amazonas-Becken wird trockener. In Brasilien hat der Regenwald zwischen 1985 und 2023 rund zwei Millionen Hektar natürliche Wasserflächen eingebüßt – ein Rückgang um 16 Prozent. Dieser besorgniserregende Trend setzte im Jahr 1995 ein und stellt eine ernsthafte Bedrohung für die indigene Bevölkerung dar, die stark auf diese Wasserressourcen angewiesen ist. Durch das Austrocknen von Flüssen und Bächen sind viele Dörfer über die Wasserwege, die wichtigste Verkehrsverbindung der Region, nicht mehr erreichbar. Zwei Kinder verloren ihr Leben aufgrund von Krankheiten, die auf die verschlechterte Wasserqualität zurückzuführen sind. Zum Artikel
Euractiv: EU entbürokratisiert. Die EU-Kommission hat vorgeschlagen, die geplanten Vorschriften zur Berichterstattung über Mikroplastik noch vor ihrem Inkrafttreten zu kürzen. Obwohl sie sich für eine “Vereinfachung” der bestehenden EU-Regelungen für Unternehmen eingesetzt hat, ist es ungewöhnlich, dass ein erst kürzlich vorgeschlagener Text bereits abgeschwächt wird, bevor die Verhandlungen abgeschlossen sind. Dieser Schritt lässt vermuten, dass der Bürokratieabbau der Kommission auch Bereiche erfassen könnte, die bisher als unangreifbar galten. Zum Artikel
Klimareporter: Leerstelle Klima. Die Klimakrise spielt in der Debatte zur Bundestagswahl kaum eine Rolle. Zwar enthalten alle Wahlprogramme vereinzelt Hinweise auf Klimaanpassungsmaßnahmen in verschiedenen Bereichen, doch bleibt die Anpassung meist Stückwerk. Sie wird zwar ansatzweise als Querschnittsthema erkannt, jedoch selten in eine umfassende Strategie eingebunden. Zum Artikel
Financial Times: BlackRock stoppt Gespräche. BlackRock hat Gespräche mit bestimmten Portfoliounternehmen pausiert, um die Folgen neuer SEC-Berichtspflichten zu prüfen. Die kürzlich eingeführten SEC-Richtlinien verlangen von Investmentfirmen detailliertere Offenlegungen, wenn sie Einfluss auf Unternehmen in Bezug auf Umwelt-, Sozial- oder Governance-Themen (ESG) ausüben. Mit über elf Billionen US-Dollar verwaltetem Vermögen steht BlackRock unter starkem Druck durch konservative US-Politiker. Zum Artikel