die nationalen Klimaziele sind unzureichend, die realen Emissionen erreichen neue Rekordhöhen, statt zu sinken, und auch die Konzentration von Treibhausgasen in der Atmosphäre ist so hoch wie nie – kurz vor der COP29 bringen hochkarätige Berichte zur aktuellen Lage des Weltklimas ein ganzes Gewitter an schlechten Nachrichten. Bernhard Pötter analysiert, was dahinter steckt.
Weniger düster sieht der Blick nach Indien aus: Urmi Goswami berichtet von dort über Fortschritte in der Klimadiplomatie mit Deutschland und von einem neuen Fahrplan für grünen Wasserstoff. Einen kleinen Silberstreif am Horizont scheint es auch in der Debatte um grünes Wachstum zu geben: Immer mehr Regionen können ihr Wirtschaftswachstum von den Emissionen entkoppeln, wie eine aktuelle Studie zeigt.
Apropos Wetter: In unseren Must-Reads stellen wir einen Text vor, der erklärt, warum der Klimawandel Hagelkörner größer werden lässt.
Wir bleiben für Sie dran – gerade jetzt, wo die Studien- und Debattenlage vor der COP29 wieder stürmischer wird.
Zwei Wochen vor Beginn der COP29 wendet sich eine Kooperation von Forschungsinstituten mit einem Update zu den neuesten Trends in der Klimawissenschaft an die Delegationen und entscheidenden Personen der Klimapolitik und -diplomatie. In seinen diesjährigen “10 neuen Einsichten in die Klimawissenschaft” legt das Team aus Forschenden der Thinktanks FutureEarth, The Earth League und dem World Climate Research Programme zehn Trends vor, die aus ihrer Sicht stärker beachtet werden sollten und oft nicht im Fokus der Aufmerksamkeit stehen.
Viele Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben den Eindruck, dass die Entscheider bei den Klimaverhandlungen nicht alle wichtigen Fakten präsent haben. Sie seien “nicht einmal auf dem Stand der Wissenschaft des IPCC-Berichts von 2021”, sagte Johan Rockström, Co-Chef des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) und einer der Autoren. Auch der IPCC-Bericht sei aus heutiger Sicht oft “zu optimistisch”.
Die Forschenden erinnern die Verantwortlichen daher an die momentane Lage: 2023 (und wahrscheinlich auch 2024) war mit einem Schnitt von 1,45 Grad das wärmste Jahr seit Aufzeichnungen. Die Meerestemperaturen waren 14 Monate lang ungewöhnlich hoch. Diese Erwärmung habe extremen Wettereignissen teilweise sehr viel wahrscheinlicher gemacht, etwa die ungewöhnlichen Waldbrände in Kanada, die tödliche Hitzewelle in Süd- und Südostasien und die starken Niederschläge im Mittelmeerraum mit der Flutkatastrophe in Libyen. Die Beschlüsse der COP28 etwa zum Global Stocktake, der Abwendung von den Fossilen oder der Finanzierung von Klimaschäden müssten jetzt umgesetzt werden.
Der Bericht, den es seit 2020 gibt, solle keine “Top Ten”-Liste sein, sondern die Breite des Themas verdeutlichen, heißt es. Er weist in diesem Jahr auf folgende Themen hin:
Indien und Deutschland haben am Freitag mit dem Start des deutsch-indischen Fahrplans für grünen Wasserstoff einen wichtigen Schritt in ihren Bemühungen getan, die Ziele des Pariser Abkommens und der UN-Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung zu erreichen. Der Plan wurde bei den siebten Regierungskonsultationen in Neu-Delhi unter dem Vorsitz von Bundeskanzler Olaf Scholz und dem indischen Premierminister Narendra Modi fertiggestellt. Er ist Teil der deutsch-indischen Partnerschaft für grüne und nachhaltige Entwicklung, die im Mai 2022 von den beiden Staats- und Regierungschefs ins Leben gerufen wurde.
Die Klimazusammenarbeit der beiden Länder geht aber auch darüber hinaus – so fördern die beiden Länder beispielsweise mit der International Solar Alliance den Ausbau von Solarenergie.
Der Fahrplan für grünen Wasserstoff soll einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, die Abhängigkeit Indiens und Deutschlands von Importen fossiler Brennstoffe zu verringern, beide Volkswirtschaften zu dekarbonisieren und robuste nationale grüne Wasserstoffwirtschaften aufzubauen. Mithilfe des grünen Wasserstoffs wollen die beiden Länder ihre Klimaziele erreichen und bis 2070 (Indien) beziehungsweise 2045 (Deutschland) zu Netto-Null-Volkswirtschaften zu werden. Doch damit das gelingt, muss die Produktion von grünem Wasserstoff weltweit ausgeweitet werden – und auch die Nachfrage muss wachsen, denn nur durch Skaleneffekte wird die Produktion günstiger und damit wirtschaftlich sinnvoll.
Indien und Deutschland haben bereits 2022 die Indo-German Green Hydrogen Task Force gegründet. Der von ihr erstellte Fahrplan konzentriert sich auf vier Bereiche:
Darüber hinaus skizziert der Plan Strategien, um Investitionen des Privatsektors sowie den Handel mit grünem Wasserstoff und seinen Export zu fördern und den Informationsaustausch zu erleichtern, insbesondere im Hinblick auf schwer zu dekarboniserende Sektoren und Zertifizierungsstandards.
Die beiden Länder wollen den klimafreundlichen Verkehr gemeinsam fördern und bei dezentralen stationären Energieanwendungen sowie bei Wasserstofftransport- und -speichertechnologien zusammenarbeiten. Das heißt, es soll in beiden Ländern beispielsweise nachhaltige Betankungsmöglichkeiten für internationale Frachtschiffe und Flugzeuge sowie Informationsaustausch über geeignete Transportmöglichkeiten für grünen Wasserstoff auf kurzen, mittleren und langen Strecken geben.
Um fortlaufend Informationen darüber auszutauschen, wie wirksam die verschiedenen Strategien sind, wird im Rahmen des Deutsch-Indischen Energieforums ein eigener Mechanismus eingerichtet.
Durch den Fahrplan erhalten Unternehmen die Möglichkeit, Investitionen in die Produktion von grünem Wasserstoff in Indien und Deutschland fördern zu lassen. Ein Beispiel: Zu Indiens Vorstoß für grünen Wasserstoff gehört das Programm Strategic Interventions for Green Hydrogen Transition (SIGHT). Es wurde 2023 mit einem Volumen von 174,90 Milliarden Indische Rupien (rund 1,92 Milliarden Euro) gestartet und umfasst zwei finanzielle Anreizmechanismen zur Förderung der inländischen Herstellung von Elektrolyseuren und der Produktion von grünem Wasserstoff.
Mit dem Fahrplan werden deutsche Unternehmen, die in Indien eine Produktion von grünem Wasserstoff aufbauen, Zugang zu diesen finanziellen Anreizen haben. Ebenso werden Subventionen für die Errichtung von Elektrolyseuren für die Herstellung von grünem Wasserstoff in Deutschland für indische Unternehmen zugänglich sein.
Die Klimapartnerschaft zwischen Indien und Deutschland hat aber nicht nur die eigene Abkehr von fossilen Brennstoffen zum Ziel, und sie beschränkt sich nicht nur auf bilaterale Bemühungen. Die beiden Länder arbeiten gemeinsam an der Unterstützung der globalen Energiewende, indem sie die erforderliche Technologie- und Marktentwicklung durch eine engere Zusammenarbeit in den Entwicklungsländern vorantreiben.
Für diese deutsch-indische Partnerschaft über nationale Grenzen hinweg ist die International Solar Alliance (ISA) ein wichtiges Beispiel. Die ISA wurde gemeinsam mit Frankreich auf dem Pariser Klimagipfel 2015 ins Leben gerufen und hat sich zum Ziel gesetzt, durch Solarenergie den Zugang zu Elektrizität in den Entwicklungsländern zu verbessern, die trotz ihres hohen Solarpotenzials energiearm sind. Indien hat die Führung der ISA inne.
Weil die Nutzung von Solarenergie aber auch in anderen Teilen der Welt immer dringender wurde, änderte die ISA ihre Rahmenvereinbarung und öffnete sich für alle UN-Staaten. Nach dem Inkrafttreten der Änderung 2021 wurde Deutschland das fünfte Land außerhalb der Tropen, das den Rahmenvertrag unterzeichnete und der Allianz im August 2021 beitrat.
Als ISA-Mitglied ist Deutschland wichtig für die Entwicklung von Kompetenzen. Es trägt dazu bei, dass die anderen Mitgliedsländer über die erforderlichen Arbeitskräfte und Kapazitäten verfügen, um den Ausbau der Solarkapazitäten und die Nutzung von Solarenergie innerhalb der Energiesysteme voranzutreiben.
Ajay Mathur, Generaldirektor der Internationalen Solar-Allianz, hebt hervor, dass Deutschland eine entscheidende Rolle innerhalb der ISA spielen könne. “Solarenergie ist ein Bereich, in dem es kaum Innovationen gibt, die in Entwicklungsländern genutzt werden können, insbesondere auf der Nutzerseite. Hier würde ich mir wünschen, dass die deutsche Technik in den Vordergrund rückt und diese Innovationen in Ländern wie Indien produziert, um die Kosten zu senken.” Der andere Bereich, in dem Mathur die besonderen Möglichkeiten Deutschlands hervorhebt, sind neue Mechanismen für die finanzielle Zusammenarbeit.
Zwei Wochen vor Beginn der COP29 zeigen drei neue UN-Berichte, wie weit die Welt von ihren Klimazielen entfernt ist und dass ein entscheidender Trend bislang nicht gebrochen wurde: Statt zu sinken, erreichte der Ausstoß von Treibhausgasen auch 2023 einen neuen Höchststand; deshalb nahm die Konzentration von CO₂, Methan und anderen Treibern der Erderwärmung in der Atmosphäre weiter zu. Und statt auf eine drastische Reduktion deuten die aktuellen nationalen Klimapläne der UN-Staaten (NDCs) nur auf einen geringen Rückgang der Emissionen hin.
“Die Pläne liegen meilenweit von dem entfernt, was gebraucht wird”: Diese Bilanz zieht der Chef des UN-Klimasekretariats Simon Stiell angesichts des aktuellen NDC-Synthesereports. Demnach führen die aktuell vorliegenden Pläne im Jahr 2030 zu Emissionen von 51,5 Gigatonnen CO₂-Äquivalenten, das liegt etwa um 2,6 Prozent unter den Werten von 2019. Für die Einhaltung der 1,5-Grad-Grenze müssten die Emissionen nach Berechnungen des IPCC allerdings bis 2030 um 43 Prozent sinken.
Bei den jetzigen NDCs wäre das Emissionsbudget für 1,5 Grad im Jahr 2030 bereits zu 86 Prozent erschöpft, rechnet das UN-Klimasekretariat. Das hieße, dass nur noch Zeit bis 2033 bliebe, ehe das Budget völlig erschöpft und die 1,5 Grad langfristig erreicht wären.
Die NDCs unterscheiden sich in ihrem Ehrgeiz darin, ob Länder mit fremder Hilfe rechnen können (konditioniert) oder ihre Aufgaben allein bewältigen müssen (unkonditioniert). Bis zum Frühjahr müssen die Staaten unter dem Pariser Abkommen neue NDCs anmelden.
Damit diese die Emissionen deutlich reduzieren, müssten sie laut Stiell den “ABC-Test” bestehen: Ambition, Broken down, Credible: Es brauche ehrgeizige neue nationale Ziele für alle Treibhausgase; heruntergebrochen auf alle Sektoren der Volkswirtschaft und glaubwürdig mit Maßnahmen und Finanzierungen unterlegt.
Bereits Ende letzter Woche hatte der “Emissions Gap Report” der UN-Umweltorganisation UNEP wieder einmal die Widersprüche zwischen offiziellen Klimazielen und Emissionsentwicklung aufgezeigt. Die Statistik mit dem flehenden Titel “No more hot air… please!” legt dar, dass die Gesamtemissionen 2023 einen neuen Rekord von 57,1 Milliarden Tonnen CO₂-Äquivalenten erreicht haben.
Das ist erneut ein Anstieg um 1,3 Prozent vom letzten Rekordhoch 2022. Zwischen den Ländern bleibt es bei drastisch unterschiedlichen pro-Kopf-Emissionen, beim momentanen und historischen Ausstoß. Die aktuellen NDCs der Länder sind demnach weit entfernt von einem Pfad, um die Klimaziele zu erreichen.
Auch die Netto-Null-Pläne der G20-Länder, die für etwa 80 Prozent der Emissionen verantwortlich sind, lösen bei der UNEP “Besorgnis” aus: Manche Länder wie China oder Indien haben ihren Emissionshöhepunkt noch nicht erreicht, bei den anderen sinken die Emissionen nicht schnell genug. Die G20 haben aber laut Bericht die hauptsächliche Verantwortung, die Lücke zwischen Ambition und Realität zu schließen, und dies schneller zu tun als die anderen Länder.
Viel Zeit wurde in der Vergangenheit verschwendet, so die UNEP, damit seien Handlungsspielräume geringer geworden. Dabei sei es wichtig, schnell zu handeln: Der Unterschied zwischen konditionierten NDCs und einem Weiter-so der bisherigen Politik mache bis zu 0,5 Grad Celsius aus, so der Bericht. Dabei gebe es große Potenziale, um die Emissionen zu senken, in vielen Sektoren und vielen Ländern.
Dafür aber müsse es eine große Anstrengung geben: durch politische Maßnahmen, technische Hilfen und finanzielle Unterstützung. Und dann durch neue NDCs im Februar, die diesen Maßstäben gerecht werden. Also genau das, worüber auf der COP29 in Baku entschieden werden soll.
Neue Höchststände von Treibhausgase vermeldet auch das aktuelle jährliche Bulletin der Weltorganisation der Meteorologie (WMO). Demnach ist die CO₂-Konzentration 2023 um 2,3 ppm auf das Niveau von 420 ppm geklettert. Damit sind die Werte von CO₂ um 151 Prozent gegenüber der vorindustriellen Zeit gestiegen, die von Methan um 265 Prozent und Stickstoffdioxid um 125 Prozent. Von den CO₂-Emissionen reichert sich etwa die Hälfte in der Atmosphäre an, ein Drittel wird von Senken an Land und ein Viertel von den Ozeanen aufgenommen.
“Das sollte die Alarmglocken auslösen, wir sind klar jenseits eines Pfades zum Pariser Abkommen”, sagte WMO-Generalsekretärin Celeste Saulo. “Das ist mehr als Statistik. Jedes ppm und jedes Teil von einem Grad hat eine reale Auswirkung auf unsere Leben und unseren Planeten.”
Die WMO folgert außerdem aus ihrem Bericht:
Laut einer neuen Studie des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) ist es 30 Prozent der Regionen weltweit gelungen, ihre CO₂-Emissionen zu senken, während ihre Wirtschaft wuchs. Der Trend verstärke sich, was ein “wichtiger Fortschritt” sei, teilte das PIK mit – doch um die Ziele des Pariser Klimaabkommens zu erreichen, gehe es nicht schnell genug voran. Für ihre Studie hatten die Forschenden Daten von 1.500 Regionen aus den vergangenen 30 Jahren untersucht, beispielsweise von chinesischen Provinzen, US-amerikanischen Bundesstaaten und deutschen Bundesländern. Die untersuchten Regionen waren für 85 Prozent der globalen CO₂-Emissionen verantwortlich.
Zwar spielt die nationale Klimaschutzpolitik laut der Studie eine entscheidende Rolle für die Entkopplung von Wirtschaftswachstum und Emissionen. Aber auch Maßnahmen auf regionaler Ebene können demnach viel bewirken: Vor allem Städte in der EU, die Klimaschutzpläne umgesetzt haben, und Regionen, deren Klimamaßnahmen zunehmend finanziell gefördert wurden, weisen PIK-Forscherin und Studienautorin Maria Zioga zufolge höhere Entkopplungsraten auf. Europa schneide durchweg besser ab als andere Teile der Welt. In vielen europäischen Regionen sei der Trend zur Entkopplung kontinuierlich, während die Entwicklung in Nordamerika und Asien eher schwanke. ae
In den ersten drei Quartalen 2024 sind 0,72 Prozent des deutschen Gebäudebestands energetisch saniert worden. Das ergibt eine aktuelle Erhebung der B+L Marktdaten Bonn im Auftrag des Bundesverbands energieeffiziente Gebäudehülle (BuVEG). Auf ihrer Basis geht der Verband davon aus, dass die Quote im Gesamtjahr 2024 bei 0,69 Prozent liegen wird. Damit werde “die für die Erreichung der Klimaziele 2030 notwendige Zwei-Prozent-Marke weiterhin stark verfehlt”, teilt der Verband mit. Im vergangenen Jahr habe die Sanierungsquote 0,7 Prozent betragen, im Jahr zuvor 0,88 Prozent.
Der Gebäudesektor verursacht in Deutschland rund 30 Prozent der CO₂-Emissionen. Laut BuVEG würden bei derzeitiger Sanierungsaktivität in 2024 und 2025 jeweils “rund 275.000 Wohneinheiten jährlich energetisch ertüchtigt”. Nötig seien aber 460.000 Wohneinheiten im Jahr 2025 und 730.000 in 2030, wie der Verband unter Verweis auf die Deutsche Energie-Agentur dena schreibt.
Die aktuellen BuVEG-Zahlen bestätigen frühere Daten aus anderen Erhebungen. BuVEG-Geschäftsführer Jan Peter Hinrichs nannte sie “besorgniserregend” und sagte, eine Trendwende sei nicht in Sicht. Hinrichs warnt vor hohe Heizkostenabrechnungen. Der Fachkräftemangel gilt als eine Ursache für die niedrige Sanierungsquote. Hinzu kommen steigende Kosten und Lieferengpässe bei Baumaterial. ae
Die hohen CO₂-Emissionen, für die reichsten Prozent der Menschheit verantwortlich ist, verschlimmern Hunger, Armut und führen auch zu vermehrten Todesfällen, weil sie die Klimakrise anheizen: Zu diesem Ergebnis kommt der Bericht “Carbon Inequality Kills” der Nichtregierungsorganisation Oxfam. Der Bericht analysiert die Emissionen der 50 weltweit reichsten Milliardäre. Diese verursachen demnach in 90 Minuten mehr Treibhausgase als ein Mensch im weltweiten Durchschnitt im ganzen Leben. Würde jeder so viele Emissionen verursachen, wäre das verbleibende CO₂-Budget, um innerhalb des 1,5-Grad-Ziels zu bleiben, in weniger als zwei Tagen aufgebraucht.
Auch in Deutschland verursachen Superreiche viele Emissionen. Beispielsweise besitzt Hasso Plattner gleich mehrere Privatjets, deren Emissionen Oxfam bei mehr als 500 Flügen innerhalb eines Jahres auf über 2.000 Tonnen CO₂ berechnet hat. Auch durch die Jachten des Milliardärs Klaus-Michael Kühne wurden nach der Oxfam-Analyse binnen eines Jahres knapp 9.800 Tonnen CO₂-Äquivalente ausgestoßen – dafür würde eine Person in Deutschland im Durchschnitt fast 1.000 Jahre brauchen.
“Durch ihren Luxus wie Privatjets und Superjachten, aber auch durch umweltschädliche Investitionen ihrer Vermögen beschleunigen Superreiche die Klimakrise und treiben damit Ungleichheit und Hunger voran”, sagt Serap Altinisik, CEO von Oxfam Deutschland. “Fünf der reichsten Deutschen sind durch ihre Superjachten im Durchschnitt für 1.275-mal so viele Emissionen verantwortlich wie das ärmste Prozent der Deutschen im Durchschnitt. Diese Ungleichheit ist nicht tragbar”, so Altinisik. kul
Großbritanniens nächstes nationales Klimaziel (NDC) sollte eine Emissionsreduktion von 81 Prozent bis 2035 gegenüber dem Level von 1990 anstreben. Das rät das Beratungsgremium Climate Change Committee (CCC). Es wird erwartet, dass Großbritannien sein nächstes NDC auf der COP29 in Baku bekannt gibt.
Ed Miliband, Minister für Energiesicherheit und Netto-Null des Vereinigten Königreichs, hatte zuvor um einen Vorschlag für den Zeitraum von 2033 bis 2037 gebeten. In Großbritannien werden aufgrund des Climate Change Acts Kohlenstoff-Budgets für bestimmte Zeiträume festgelegt. Für die angefragte Periode empfiehlt das CCC nun ein “6. Kohlenstoff-Budget” von 965 MtCO2e für die angefragte Periode. Außerdem sollten die Emissionen von internationaler Schifffahrt und vom Flugverkehr erstmals mit einbezogen werden.
Climate Action Tracker bewertet das bisherige NDC von Großbritannien mit einer Reduktion von 69 Prozent bis 2030 als “fast ausreichend”. Die britische Regierung ist zwar nicht verpflichtet, den Vorschlägen des CCC zu folgen, hat es aber in der Vergangenheit fast immer getan. kul
New York Times: Unternehmen sollen für CO₂-Verbrauch zahlen. Jay Inslee ist Gouverneur des Staates Washington und gilt als einer der grünsten Politiker der USA. Bevor er aus dem Amt scheidet, kämpft er für ein Gesetz, das Unternehmen dazu zwingt, für den CO₂-Verbrauch zu zahlen. Das Geld soll in Klimaschutzmaßnahmen fließen. Zum Artikel
The Times: Weiter bohren trotz Verbots. Trotz eines gerichtlichen Verbots hat das Unternehmen UK Oil and Gas sechs Ölbohrstellen in Großbritannien weiterbetrieben. Insgesamt hat das Urteil des High Court jedoch viele Projekte gestoppt. Zum Artikel
Guardian: Gefühle wichtig für Klimaforschung. Klimawissenschaftlerinnen, die verspottet wurden, nachdem sie ihre Sorgen angesichts der Erderhitzung geäußert hatten, sagen: Für gute Wissenschaft sei es notwendig, auch Emotionen zuzulassen. Zum Artikel
Reuters: Seegrenzen sollen sich nicht verändern. Zur Unterstützung pazifischer Inseln wie Tuvalu, die vom steigenden Meeresspiegel bedroht sind, einigten sich die Commonwealth-Staaten darauf, dass die Seegrenzen eines Landes auch dann unverändert bleiben sollen, wenn der Klimawandel dazu führt, dass kleine Inselstaaten unter Wasser geraten. Zum Artikel
Zeit: Methanaustritte an Energieanlagen. Bei Inspektionen hat die Deutsche Umwelthilfe an mehreren Energieanlagen einen unkontrollierten Austritt des klimaschädlichen Gases Methan festgestellt. Die DUH fordert nun von der Bundesregierung umfassende Kontrollen und Sofortmaßnahmen, um den stetigen Methanaustritt an den Anlagen schnellstens zu stoppen. Zum Artikel
Spektrum: Hagelkörner werden größer. Durch den menschengemachten Klimawandel steigt die Temperatur der Atmosphäre, was zu stärkeren Aufwinden und labileren Wolkenschichten führt. Dies lässt Hagelkörner größer werden. Gleichzeitig schmelzen kleinere Hagelkörner aufgrund der wärmeren Luft. Zum Artikel
Thomas Speidel ist so etwas wie der schwäbische Daniel Düsentrieb der Batterie- und Ladetechnik. Mehr als 60 deutsche und internationale Patentanmeldungen gehen auf das Konto des 57-jährigen Diplomingenieurs der Elektrotechnik, vor allem in den Bereichen Batterietechnik, Speicherlösungen und Schnellladestationen für Elektroautos. Seit 2016 ist der Erfinder und Unternehmer auch Präsident des Bundesverbands Energiespeicher Systeme (BVES).
Den Grundstein dafür haben sein Vater Hans-Hermann Speidel und dessen Geschäftspartner Herrmann Fritz vor über 40 Jahren in einer Garage in Ostfildern-Ruit bei Stuttgart gelegt. Das Markenzeichen ihrer Firma Fritz Electronic war der Schaltschrankbau, innovative Steuerungstechnik und Datensysteme für die Produktion, später ganze Anlagen. Hauptkunden waren die Automobilhersteller der Region.
Speidel steigt nach seinem Studium ins Familienunternehmen ein. Da hieß es bereits ADS-TEC, die Kurzform für “Advanced System Technology”. Später übernimmt er gemeinsam mit seinem Bruder die Leitung.
Als “richtig harten Cut” beschreibt er die um das Jahr 2010 herum getroffene Entscheidung, das Unternehmen grundlegend neu auszurichten. In dieser Phase habe er gelernt, das Alte loszulassen, sagt Speidel. “Sonst zerreißt es einen.” Dabei geholfen habe ihm sein Credo “Go for it!”.
Die ADS-TEC wird zur Holding, die Datentechnik zur eigenständigen Tochterfirma ADS-TEC Industrial IT. Der Bereich Verbrennertechnik wird hingegen aufgegeben. Stattdessen wird die ADS-TEC Energy aus der Taufe gehoben. Die Entwicklung von Speicher- und Ladesystemen für die Elektromobilität wird zum zentralen Geschäftsfeld – und Speidel zum Pionier der Mobilitätswende.
Für zwei seiner Entwicklungen, die Schnellladesäulen Charge Box und Charge Post, erhält Speidel am Sonntag den Deutschen Umweltpreis 2024 der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU). Zugleich werde damit die erfolgreiche Transformation des Familienunternehmens “von einer Zulieferfirma für Verbrennermotoren zu einem Innovationstreiber für Energiewende und Elektromobilität” gewürdigt, so BDU-Generalsekretär Alexander Bonde.
Die beiden von der DBU ausgezeichneten Schnellladesäulen funktionieren nicht nur etwas anders als marktübliche Modelle, sie können auch mehr. “Die batteriegepufferten Hochleistungssysteme sind Multitools der Energiewende, sie fungieren wie ein Schweizer Taschenmesser“, sagt Speidel.
Da ist zum einen die Lithium-Ionen-Batterie mit einer Kapazität von 140 beziehungsweise 201 Kilowattstunden, die in den Ladesäulen verbaut ist. Während leistungsstarke Ladestationen in der Regel direkt aus dem Mittelspannungsnetz mit 10.000 oder 20.000 Volt gespeist werden, lässt sich die Batterie aus dem flächendeckend vorhandenen Niederspannungsnetz mit 230 und 400 Volt laden.
So können Charge Box und Charge Post langsam Strom aus dem Niederspannungsnetz ziehen, ohne das Netz zu überlasten. Den Strom speichern sie in der Batterie und können dann in Minutenschnelle ein Fahrzeug betanken. “Wie beim WC-Spülkasten – langsam Wasser füllen, rasch abgeben”, erklärt Speidel. Für den Hochlauf der Elektromobilität ist die Technologie ein großer Vorteil. Denn so lässt sich die Ladeinfrastruktur ausbauen, auch wenn der Netzausbau auf sich warten lässt.
Doch seine Ladesäulen können nicht nur Elektroautos betanken, sagt Speidel. “Mit einer einzigen Investition kann ressourcenschonend mehr für das Energiesystem der Zukunft erreicht werden.” Dazu zählt er die Vermeidung von Netzausbau, die Stabilisierung überlasteter Netze durch Rückspeisung aus den Batteriespeichern und die Integration lokaler Photovoltaik-Erzeugung. Selbst der Einsatz als digitale Litfaßsäule sei möglich. “Wir haben große Werbepanels beim Charge Post eingebaut, 75 Zoll [ca. 2 m] groß, richtige Billboards”, sagt er.
Beim Blick in die Zukunft ist für Speidel die Sektorenkopplung das Zauberwort, also die Verbindung der Sektoren Strom, Wärme und Mobilität in integrierten Systemen. “Elektrische Energie ist die Währung der Zukunft – für Gas, Licht, Mobilität, Wärme, Wasserstoff.” Speichersysteme könnten dafür ein Türöffner sein. Das klappe “allerdings nur bei zügigerer Genehmigung von Ladesäulen und weniger formaler Hürden bei der Sektorenkopplung”, sagt er in Richtung Politik und Verwaltung.
Speidels Herangehen hat offensichtlich auch die Jury überzeugt, die ihn ausdrücklich “für seinen strategischen Weitblick und die dafür notwendige unternehmerische Risikobereitschaft” ausgezeichnet hat. “Für mehr Elektromobilität, Klimaschutz und eine umfassende Energiewende sind Innovationen wie von ADS-TEC Energy sprichwörtlich echte Wegbereiter”, konstatiert BDU-Generalsekretär Bonde. Carsten Hübner
die nationalen Klimaziele sind unzureichend, die realen Emissionen erreichen neue Rekordhöhen, statt zu sinken, und auch die Konzentration von Treibhausgasen in der Atmosphäre ist so hoch wie nie – kurz vor der COP29 bringen hochkarätige Berichte zur aktuellen Lage des Weltklimas ein ganzes Gewitter an schlechten Nachrichten. Bernhard Pötter analysiert, was dahinter steckt.
Weniger düster sieht der Blick nach Indien aus: Urmi Goswami berichtet von dort über Fortschritte in der Klimadiplomatie mit Deutschland und von einem neuen Fahrplan für grünen Wasserstoff. Einen kleinen Silberstreif am Horizont scheint es auch in der Debatte um grünes Wachstum zu geben: Immer mehr Regionen können ihr Wirtschaftswachstum von den Emissionen entkoppeln, wie eine aktuelle Studie zeigt.
Apropos Wetter: In unseren Must-Reads stellen wir einen Text vor, der erklärt, warum der Klimawandel Hagelkörner größer werden lässt.
Wir bleiben für Sie dran – gerade jetzt, wo die Studien- und Debattenlage vor der COP29 wieder stürmischer wird.
Zwei Wochen vor Beginn der COP29 wendet sich eine Kooperation von Forschungsinstituten mit einem Update zu den neuesten Trends in der Klimawissenschaft an die Delegationen und entscheidenden Personen der Klimapolitik und -diplomatie. In seinen diesjährigen “10 neuen Einsichten in die Klimawissenschaft” legt das Team aus Forschenden der Thinktanks FutureEarth, The Earth League und dem World Climate Research Programme zehn Trends vor, die aus ihrer Sicht stärker beachtet werden sollten und oft nicht im Fokus der Aufmerksamkeit stehen.
Viele Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben den Eindruck, dass die Entscheider bei den Klimaverhandlungen nicht alle wichtigen Fakten präsent haben. Sie seien “nicht einmal auf dem Stand der Wissenschaft des IPCC-Berichts von 2021”, sagte Johan Rockström, Co-Chef des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) und einer der Autoren. Auch der IPCC-Bericht sei aus heutiger Sicht oft “zu optimistisch”.
Die Forschenden erinnern die Verantwortlichen daher an die momentane Lage: 2023 (und wahrscheinlich auch 2024) war mit einem Schnitt von 1,45 Grad das wärmste Jahr seit Aufzeichnungen. Die Meerestemperaturen waren 14 Monate lang ungewöhnlich hoch. Diese Erwärmung habe extremen Wettereignissen teilweise sehr viel wahrscheinlicher gemacht, etwa die ungewöhnlichen Waldbrände in Kanada, die tödliche Hitzewelle in Süd- und Südostasien und die starken Niederschläge im Mittelmeerraum mit der Flutkatastrophe in Libyen. Die Beschlüsse der COP28 etwa zum Global Stocktake, der Abwendung von den Fossilen oder der Finanzierung von Klimaschäden müssten jetzt umgesetzt werden.
Der Bericht, den es seit 2020 gibt, solle keine “Top Ten”-Liste sein, sondern die Breite des Themas verdeutlichen, heißt es. Er weist in diesem Jahr auf folgende Themen hin:
Indien und Deutschland haben am Freitag mit dem Start des deutsch-indischen Fahrplans für grünen Wasserstoff einen wichtigen Schritt in ihren Bemühungen getan, die Ziele des Pariser Abkommens und der UN-Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung zu erreichen. Der Plan wurde bei den siebten Regierungskonsultationen in Neu-Delhi unter dem Vorsitz von Bundeskanzler Olaf Scholz und dem indischen Premierminister Narendra Modi fertiggestellt. Er ist Teil der deutsch-indischen Partnerschaft für grüne und nachhaltige Entwicklung, die im Mai 2022 von den beiden Staats- und Regierungschefs ins Leben gerufen wurde.
Die Klimazusammenarbeit der beiden Länder geht aber auch darüber hinaus – so fördern die beiden Länder beispielsweise mit der International Solar Alliance den Ausbau von Solarenergie.
Der Fahrplan für grünen Wasserstoff soll einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, die Abhängigkeit Indiens und Deutschlands von Importen fossiler Brennstoffe zu verringern, beide Volkswirtschaften zu dekarbonisieren und robuste nationale grüne Wasserstoffwirtschaften aufzubauen. Mithilfe des grünen Wasserstoffs wollen die beiden Länder ihre Klimaziele erreichen und bis 2070 (Indien) beziehungsweise 2045 (Deutschland) zu Netto-Null-Volkswirtschaften zu werden. Doch damit das gelingt, muss die Produktion von grünem Wasserstoff weltweit ausgeweitet werden – und auch die Nachfrage muss wachsen, denn nur durch Skaleneffekte wird die Produktion günstiger und damit wirtschaftlich sinnvoll.
Indien und Deutschland haben bereits 2022 die Indo-German Green Hydrogen Task Force gegründet. Der von ihr erstellte Fahrplan konzentriert sich auf vier Bereiche:
Darüber hinaus skizziert der Plan Strategien, um Investitionen des Privatsektors sowie den Handel mit grünem Wasserstoff und seinen Export zu fördern und den Informationsaustausch zu erleichtern, insbesondere im Hinblick auf schwer zu dekarboniserende Sektoren und Zertifizierungsstandards.
Die beiden Länder wollen den klimafreundlichen Verkehr gemeinsam fördern und bei dezentralen stationären Energieanwendungen sowie bei Wasserstofftransport- und -speichertechnologien zusammenarbeiten. Das heißt, es soll in beiden Ländern beispielsweise nachhaltige Betankungsmöglichkeiten für internationale Frachtschiffe und Flugzeuge sowie Informationsaustausch über geeignete Transportmöglichkeiten für grünen Wasserstoff auf kurzen, mittleren und langen Strecken geben.
Um fortlaufend Informationen darüber auszutauschen, wie wirksam die verschiedenen Strategien sind, wird im Rahmen des Deutsch-Indischen Energieforums ein eigener Mechanismus eingerichtet.
Durch den Fahrplan erhalten Unternehmen die Möglichkeit, Investitionen in die Produktion von grünem Wasserstoff in Indien und Deutschland fördern zu lassen. Ein Beispiel: Zu Indiens Vorstoß für grünen Wasserstoff gehört das Programm Strategic Interventions for Green Hydrogen Transition (SIGHT). Es wurde 2023 mit einem Volumen von 174,90 Milliarden Indische Rupien (rund 1,92 Milliarden Euro) gestartet und umfasst zwei finanzielle Anreizmechanismen zur Förderung der inländischen Herstellung von Elektrolyseuren und der Produktion von grünem Wasserstoff.
Mit dem Fahrplan werden deutsche Unternehmen, die in Indien eine Produktion von grünem Wasserstoff aufbauen, Zugang zu diesen finanziellen Anreizen haben. Ebenso werden Subventionen für die Errichtung von Elektrolyseuren für die Herstellung von grünem Wasserstoff in Deutschland für indische Unternehmen zugänglich sein.
Die Klimapartnerschaft zwischen Indien und Deutschland hat aber nicht nur die eigene Abkehr von fossilen Brennstoffen zum Ziel, und sie beschränkt sich nicht nur auf bilaterale Bemühungen. Die beiden Länder arbeiten gemeinsam an der Unterstützung der globalen Energiewende, indem sie die erforderliche Technologie- und Marktentwicklung durch eine engere Zusammenarbeit in den Entwicklungsländern vorantreiben.
Für diese deutsch-indische Partnerschaft über nationale Grenzen hinweg ist die International Solar Alliance (ISA) ein wichtiges Beispiel. Die ISA wurde gemeinsam mit Frankreich auf dem Pariser Klimagipfel 2015 ins Leben gerufen und hat sich zum Ziel gesetzt, durch Solarenergie den Zugang zu Elektrizität in den Entwicklungsländern zu verbessern, die trotz ihres hohen Solarpotenzials energiearm sind. Indien hat die Führung der ISA inne.
Weil die Nutzung von Solarenergie aber auch in anderen Teilen der Welt immer dringender wurde, änderte die ISA ihre Rahmenvereinbarung und öffnete sich für alle UN-Staaten. Nach dem Inkrafttreten der Änderung 2021 wurde Deutschland das fünfte Land außerhalb der Tropen, das den Rahmenvertrag unterzeichnete und der Allianz im August 2021 beitrat.
Als ISA-Mitglied ist Deutschland wichtig für die Entwicklung von Kompetenzen. Es trägt dazu bei, dass die anderen Mitgliedsländer über die erforderlichen Arbeitskräfte und Kapazitäten verfügen, um den Ausbau der Solarkapazitäten und die Nutzung von Solarenergie innerhalb der Energiesysteme voranzutreiben.
Ajay Mathur, Generaldirektor der Internationalen Solar-Allianz, hebt hervor, dass Deutschland eine entscheidende Rolle innerhalb der ISA spielen könne. “Solarenergie ist ein Bereich, in dem es kaum Innovationen gibt, die in Entwicklungsländern genutzt werden können, insbesondere auf der Nutzerseite. Hier würde ich mir wünschen, dass die deutsche Technik in den Vordergrund rückt und diese Innovationen in Ländern wie Indien produziert, um die Kosten zu senken.” Der andere Bereich, in dem Mathur die besonderen Möglichkeiten Deutschlands hervorhebt, sind neue Mechanismen für die finanzielle Zusammenarbeit.
Zwei Wochen vor Beginn der COP29 zeigen drei neue UN-Berichte, wie weit die Welt von ihren Klimazielen entfernt ist und dass ein entscheidender Trend bislang nicht gebrochen wurde: Statt zu sinken, erreichte der Ausstoß von Treibhausgasen auch 2023 einen neuen Höchststand; deshalb nahm die Konzentration von CO₂, Methan und anderen Treibern der Erderwärmung in der Atmosphäre weiter zu. Und statt auf eine drastische Reduktion deuten die aktuellen nationalen Klimapläne der UN-Staaten (NDCs) nur auf einen geringen Rückgang der Emissionen hin.
“Die Pläne liegen meilenweit von dem entfernt, was gebraucht wird”: Diese Bilanz zieht der Chef des UN-Klimasekretariats Simon Stiell angesichts des aktuellen NDC-Synthesereports. Demnach führen die aktuell vorliegenden Pläne im Jahr 2030 zu Emissionen von 51,5 Gigatonnen CO₂-Äquivalenten, das liegt etwa um 2,6 Prozent unter den Werten von 2019. Für die Einhaltung der 1,5-Grad-Grenze müssten die Emissionen nach Berechnungen des IPCC allerdings bis 2030 um 43 Prozent sinken.
Bei den jetzigen NDCs wäre das Emissionsbudget für 1,5 Grad im Jahr 2030 bereits zu 86 Prozent erschöpft, rechnet das UN-Klimasekretariat. Das hieße, dass nur noch Zeit bis 2033 bliebe, ehe das Budget völlig erschöpft und die 1,5 Grad langfristig erreicht wären.
Die NDCs unterscheiden sich in ihrem Ehrgeiz darin, ob Länder mit fremder Hilfe rechnen können (konditioniert) oder ihre Aufgaben allein bewältigen müssen (unkonditioniert). Bis zum Frühjahr müssen die Staaten unter dem Pariser Abkommen neue NDCs anmelden.
Damit diese die Emissionen deutlich reduzieren, müssten sie laut Stiell den “ABC-Test” bestehen: Ambition, Broken down, Credible: Es brauche ehrgeizige neue nationale Ziele für alle Treibhausgase; heruntergebrochen auf alle Sektoren der Volkswirtschaft und glaubwürdig mit Maßnahmen und Finanzierungen unterlegt.
Bereits Ende letzter Woche hatte der “Emissions Gap Report” der UN-Umweltorganisation UNEP wieder einmal die Widersprüche zwischen offiziellen Klimazielen und Emissionsentwicklung aufgezeigt. Die Statistik mit dem flehenden Titel “No more hot air… please!” legt dar, dass die Gesamtemissionen 2023 einen neuen Rekord von 57,1 Milliarden Tonnen CO₂-Äquivalenten erreicht haben.
Das ist erneut ein Anstieg um 1,3 Prozent vom letzten Rekordhoch 2022. Zwischen den Ländern bleibt es bei drastisch unterschiedlichen pro-Kopf-Emissionen, beim momentanen und historischen Ausstoß. Die aktuellen NDCs der Länder sind demnach weit entfernt von einem Pfad, um die Klimaziele zu erreichen.
Auch die Netto-Null-Pläne der G20-Länder, die für etwa 80 Prozent der Emissionen verantwortlich sind, lösen bei der UNEP “Besorgnis” aus: Manche Länder wie China oder Indien haben ihren Emissionshöhepunkt noch nicht erreicht, bei den anderen sinken die Emissionen nicht schnell genug. Die G20 haben aber laut Bericht die hauptsächliche Verantwortung, die Lücke zwischen Ambition und Realität zu schließen, und dies schneller zu tun als die anderen Länder.
Viel Zeit wurde in der Vergangenheit verschwendet, so die UNEP, damit seien Handlungsspielräume geringer geworden. Dabei sei es wichtig, schnell zu handeln: Der Unterschied zwischen konditionierten NDCs und einem Weiter-so der bisherigen Politik mache bis zu 0,5 Grad Celsius aus, so der Bericht. Dabei gebe es große Potenziale, um die Emissionen zu senken, in vielen Sektoren und vielen Ländern.
Dafür aber müsse es eine große Anstrengung geben: durch politische Maßnahmen, technische Hilfen und finanzielle Unterstützung. Und dann durch neue NDCs im Februar, die diesen Maßstäben gerecht werden. Also genau das, worüber auf der COP29 in Baku entschieden werden soll.
Neue Höchststände von Treibhausgase vermeldet auch das aktuelle jährliche Bulletin der Weltorganisation der Meteorologie (WMO). Demnach ist die CO₂-Konzentration 2023 um 2,3 ppm auf das Niveau von 420 ppm geklettert. Damit sind die Werte von CO₂ um 151 Prozent gegenüber der vorindustriellen Zeit gestiegen, die von Methan um 265 Prozent und Stickstoffdioxid um 125 Prozent. Von den CO₂-Emissionen reichert sich etwa die Hälfte in der Atmosphäre an, ein Drittel wird von Senken an Land und ein Viertel von den Ozeanen aufgenommen.
“Das sollte die Alarmglocken auslösen, wir sind klar jenseits eines Pfades zum Pariser Abkommen”, sagte WMO-Generalsekretärin Celeste Saulo. “Das ist mehr als Statistik. Jedes ppm und jedes Teil von einem Grad hat eine reale Auswirkung auf unsere Leben und unseren Planeten.”
Die WMO folgert außerdem aus ihrem Bericht:
Laut einer neuen Studie des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) ist es 30 Prozent der Regionen weltweit gelungen, ihre CO₂-Emissionen zu senken, während ihre Wirtschaft wuchs. Der Trend verstärke sich, was ein “wichtiger Fortschritt” sei, teilte das PIK mit – doch um die Ziele des Pariser Klimaabkommens zu erreichen, gehe es nicht schnell genug voran. Für ihre Studie hatten die Forschenden Daten von 1.500 Regionen aus den vergangenen 30 Jahren untersucht, beispielsweise von chinesischen Provinzen, US-amerikanischen Bundesstaaten und deutschen Bundesländern. Die untersuchten Regionen waren für 85 Prozent der globalen CO₂-Emissionen verantwortlich.
Zwar spielt die nationale Klimaschutzpolitik laut der Studie eine entscheidende Rolle für die Entkopplung von Wirtschaftswachstum und Emissionen. Aber auch Maßnahmen auf regionaler Ebene können demnach viel bewirken: Vor allem Städte in der EU, die Klimaschutzpläne umgesetzt haben, und Regionen, deren Klimamaßnahmen zunehmend finanziell gefördert wurden, weisen PIK-Forscherin und Studienautorin Maria Zioga zufolge höhere Entkopplungsraten auf. Europa schneide durchweg besser ab als andere Teile der Welt. In vielen europäischen Regionen sei der Trend zur Entkopplung kontinuierlich, während die Entwicklung in Nordamerika und Asien eher schwanke. ae
In den ersten drei Quartalen 2024 sind 0,72 Prozent des deutschen Gebäudebestands energetisch saniert worden. Das ergibt eine aktuelle Erhebung der B+L Marktdaten Bonn im Auftrag des Bundesverbands energieeffiziente Gebäudehülle (BuVEG). Auf ihrer Basis geht der Verband davon aus, dass die Quote im Gesamtjahr 2024 bei 0,69 Prozent liegen wird. Damit werde “die für die Erreichung der Klimaziele 2030 notwendige Zwei-Prozent-Marke weiterhin stark verfehlt”, teilt der Verband mit. Im vergangenen Jahr habe die Sanierungsquote 0,7 Prozent betragen, im Jahr zuvor 0,88 Prozent.
Der Gebäudesektor verursacht in Deutschland rund 30 Prozent der CO₂-Emissionen. Laut BuVEG würden bei derzeitiger Sanierungsaktivität in 2024 und 2025 jeweils “rund 275.000 Wohneinheiten jährlich energetisch ertüchtigt”. Nötig seien aber 460.000 Wohneinheiten im Jahr 2025 und 730.000 in 2030, wie der Verband unter Verweis auf die Deutsche Energie-Agentur dena schreibt.
Die aktuellen BuVEG-Zahlen bestätigen frühere Daten aus anderen Erhebungen. BuVEG-Geschäftsführer Jan Peter Hinrichs nannte sie “besorgniserregend” und sagte, eine Trendwende sei nicht in Sicht. Hinrichs warnt vor hohe Heizkostenabrechnungen. Der Fachkräftemangel gilt als eine Ursache für die niedrige Sanierungsquote. Hinzu kommen steigende Kosten und Lieferengpässe bei Baumaterial. ae
Die hohen CO₂-Emissionen, für die reichsten Prozent der Menschheit verantwortlich ist, verschlimmern Hunger, Armut und führen auch zu vermehrten Todesfällen, weil sie die Klimakrise anheizen: Zu diesem Ergebnis kommt der Bericht “Carbon Inequality Kills” der Nichtregierungsorganisation Oxfam. Der Bericht analysiert die Emissionen der 50 weltweit reichsten Milliardäre. Diese verursachen demnach in 90 Minuten mehr Treibhausgase als ein Mensch im weltweiten Durchschnitt im ganzen Leben. Würde jeder so viele Emissionen verursachen, wäre das verbleibende CO₂-Budget, um innerhalb des 1,5-Grad-Ziels zu bleiben, in weniger als zwei Tagen aufgebraucht.
Auch in Deutschland verursachen Superreiche viele Emissionen. Beispielsweise besitzt Hasso Plattner gleich mehrere Privatjets, deren Emissionen Oxfam bei mehr als 500 Flügen innerhalb eines Jahres auf über 2.000 Tonnen CO₂ berechnet hat. Auch durch die Jachten des Milliardärs Klaus-Michael Kühne wurden nach der Oxfam-Analyse binnen eines Jahres knapp 9.800 Tonnen CO₂-Äquivalente ausgestoßen – dafür würde eine Person in Deutschland im Durchschnitt fast 1.000 Jahre brauchen.
“Durch ihren Luxus wie Privatjets und Superjachten, aber auch durch umweltschädliche Investitionen ihrer Vermögen beschleunigen Superreiche die Klimakrise und treiben damit Ungleichheit und Hunger voran”, sagt Serap Altinisik, CEO von Oxfam Deutschland. “Fünf der reichsten Deutschen sind durch ihre Superjachten im Durchschnitt für 1.275-mal so viele Emissionen verantwortlich wie das ärmste Prozent der Deutschen im Durchschnitt. Diese Ungleichheit ist nicht tragbar”, so Altinisik. kul
Großbritanniens nächstes nationales Klimaziel (NDC) sollte eine Emissionsreduktion von 81 Prozent bis 2035 gegenüber dem Level von 1990 anstreben. Das rät das Beratungsgremium Climate Change Committee (CCC). Es wird erwartet, dass Großbritannien sein nächstes NDC auf der COP29 in Baku bekannt gibt.
Ed Miliband, Minister für Energiesicherheit und Netto-Null des Vereinigten Königreichs, hatte zuvor um einen Vorschlag für den Zeitraum von 2033 bis 2037 gebeten. In Großbritannien werden aufgrund des Climate Change Acts Kohlenstoff-Budgets für bestimmte Zeiträume festgelegt. Für die angefragte Periode empfiehlt das CCC nun ein “6. Kohlenstoff-Budget” von 965 MtCO2e für die angefragte Periode. Außerdem sollten die Emissionen von internationaler Schifffahrt und vom Flugverkehr erstmals mit einbezogen werden.
Climate Action Tracker bewertet das bisherige NDC von Großbritannien mit einer Reduktion von 69 Prozent bis 2030 als “fast ausreichend”. Die britische Regierung ist zwar nicht verpflichtet, den Vorschlägen des CCC zu folgen, hat es aber in der Vergangenheit fast immer getan. kul
New York Times: Unternehmen sollen für CO₂-Verbrauch zahlen. Jay Inslee ist Gouverneur des Staates Washington und gilt als einer der grünsten Politiker der USA. Bevor er aus dem Amt scheidet, kämpft er für ein Gesetz, das Unternehmen dazu zwingt, für den CO₂-Verbrauch zu zahlen. Das Geld soll in Klimaschutzmaßnahmen fließen. Zum Artikel
The Times: Weiter bohren trotz Verbots. Trotz eines gerichtlichen Verbots hat das Unternehmen UK Oil and Gas sechs Ölbohrstellen in Großbritannien weiterbetrieben. Insgesamt hat das Urteil des High Court jedoch viele Projekte gestoppt. Zum Artikel
Guardian: Gefühle wichtig für Klimaforschung. Klimawissenschaftlerinnen, die verspottet wurden, nachdem sie ihre Sorgen angesichts der Erderhitzung geäußert hatten, sagen: Für gute Wissenschaft sei es notwendig, auch Emotionen zuzulassen. Zum Artikel
Reuters: Seegrenzen sollen sich nicht verändern. Zur Unterstützung pazifischer Inseln wie Tuvalu, die vom steigenden Meeresspiegel bedroht sind, einigten sich die Commonwealth-Staaten darauf, dass die Seegrenzen eines Landes auch dann unverändert bleiben sollen, wenn der Klimawandel dazu führt, dass kleine Inselstaaten unter Wasser geraten. Zum Artikel
Zeit: Methanaustritte an Energieanlagen. Bei Inspektionen hat die Deutsche Umwelthilfe an mehreren Energieanlagen einen unkontrollierten Austritt des klimaschädlichen Gases Methan festgestellt. Die DUH fordert nun von der Bundesregierung umfassende Kontrollen und Sofortmaßnahmen, um den stetigen Methanaustritt an den Anlagen schnellstens zu stoppen. Zum Artikel
Spektrum: Hagelkörner werden größer. Durch den menschengemachten Klimawandel steigt die Temperatur der Atmosphäre, was zu stärkeren Aufwinden und labileren Wolkenschichten führt. Dies lässt Hagelkörner größer werden. Gleichzeitig schmelzen kleinere Hagelkörner aufgrund der wärmeren Luft. Zum Artikel
Thomas Speidel ist so etwas wie der schwäbische Daniel Düsentrieb der Batterie- und Ladetechnik. Mehr als 60 deutsche und internationale Patentanmeldungen gehen auf das Konto des 57-jährigen Diplomingenieurs der Elektrotechnik, vor allem in den Bereichen Batterietechnik, Speicherlösungen und Schnellladestationen für Elektroautos. Seit 2016 ist der Erfinder und Unternehmer auch Präsident des Bundesverbands Energiespeicher Systeme (BVES).
Den Grundstein dafür haben sein Vater Hans-Hermann Speidel und dessen Geschäftspartner Herrmann Fritz vor über 40 Jahren in einer Garage in Ostfildern-Ruit bei Stuttgart gelegt. Das Markenzeichen ihrer Firma Fritz Electronic war der Schaltschrankbau, innovative Steuerungstechnik und Datensysteme für die Produktion, später ganze Anlagen. Hauptkunden waren die Automobilhersteller der Region.
Speidel steigt nach seinem Studium ins Familienunternehmen ein. Da hieß es bereits ADS-TEC, die Kurzform für “Advanced System Technology”. Später übernimmt er gemeinsam mit seinem Bruder die Leitung.
Als “richtig harten Cut” beschreibt er die um das Jahr 2010 herum getroffene Entscheidung, das Unternehmen grundlegend neu auszurichten. In dieser Phase habe er gelernt, das Alte loszulassen, sagt Speidel. “Sonst zerreißt es einen.” Dabei geholfen habe ihm sein Credo “Go for it!”.
Die ADS-TEC wird zur Holding, die Datentechnik zur eigenständigen Tochterfirma ADS-TEC Industrial IT. Der Bereich Verbrennertechnik wird hingegen aufgegeben. Stattdessen wird die ADS-TEC Energy aus der Taufe gehoben. Die Entwicklung von Speicher- und Ladesystemen für die Elektromobilität wird zum zentralen Geschäftsfeld – und Speidel zum Pionier der Mobilitätswende.
Für zwei seiner Entwicklungen, die Schnellladesäulen Charge Box und Charge Post, erhält Speidel am Sonntag den Deutschen Umweltpreis 2024 der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU). Zugleich werde damit die erfolgreiche Transformation des Familienunternehmens “von einer Zulieferfirma für Verbrennermotoren zu einem Innovationstreiber für Energiewende und Elektromobilität” gewürdigt, so BDU-Generalsekretär Alexander Bonde.
Die beiden von der DBU ausgezeichneten Schnellladesäulen funktionieren nicht nur etwas anders als marktübliche Modelle, sie können auch mehr. “Die batteriegepufferten Hochleistungssysteme sind Multitools der Energiewende, sie fungieren wie ein Schweizer Taschenmesser“, sagt Speidel.
Da ist zum einen die Lithium-Ionen-Batterie mit einer Kapazität von 140 beziehungsweise 201 Kilowattstunden, die in den Ladesäulen verbaut ist. Während leistungsstarke Ladestationen in der Regel direkt aus dem Mittelspannungsnetz mit 10.000 oder 20.000 Volt gespeist werden, lässt sich die Batterie aus dem flächendeckend vorhandenen Niederspannungsnetz mit 230 und 400 Volt laden.
So können Charge Box und Charge Post langsam Strom aus dem Niederspannungsnetz ziehen, ohne das Netz zu überlasten. Den Strom speichern sie in der Batterie und können dann in Minutenschnelle ein Fahrzeug betanken. “Wie beim WC-Spülkasten – langsam Wasser füllen, rasch abgeben”, erklärt Speidel. Für den Hochlauf der Elektromobilität ist die Technologie ein großer Vorteil. Denn so lässt sich die Ladeinfrastruktur ausbauen, auch wenn der Netzausbau auf sich warten lässt.
Doch seine Ladesäulen können nicht nur Elektroautos betanken, sagt Speidel. “Mit einer einzigen Investition kann ressourcenschonend mehr für das Energiesystem der Zukunft erreicht werden.” Dazu zählt er die Vermeidung von Netzausbau, die Stabilisierung überlasteter Netze durch Rückspeisung aus den Batteriespeichern und die Integration lokaler Photovoltaik-Erzeugung. Selbst der Einsatz als digitale Litfaßsäule sei möglich. “Wir haben große Werbepanels beim Charge Post eingebaut, 75 Zoll [ca. 2 m] groß, richtige Billboards”, sagt er.
Beim Blick in die Zukunft ist für Speidel die Sektorenkopplung das Zauberwort, also die Verbindung der Sektoren Strom, Wärme und Mobilität in integrierten Systemen. “Elektrische Energie ist die Währung der Zukunft – für Gas, Licht, Mobilität, Wärme, Wasserstoff.” Speichersysteme könnten dafür ein Türöffner sein. Das klappe “allerdings nur bei zügigerer Genehmigung von Ladesäulen und weniger formaler Hürden bei der Sektorenkopplung”, sagt er in Richtung Politik und Verwaltung.
Speidels Herangehen hat offensichtlich auch die Jury überzeugt, die ihn ausdrücklich “für seinen strategischen Weitblick und die dafür notwendige unternehmerische Risikobereitschaft” ausgezeichnet hat. “Für mehr Elektromobilität, Klimaschutz und eine umfassende Energiewende sind Innovationen wie von ADS-TEC Energy sprichwörtlich echte Wegbereiter”, konstatiert BDU-Generalsekretär Bonde. Carsten Hübner