eine mögliche neue Präsidentschaft Trumps treibt auch Klimaschützern mindestens Sorgenfalten ins Gesicht. Trump könnte mehr fossile Energien fördern lassen, einige IRA-Investitionen zurückdrehen und die Behörden schwächen, um den Klimaschutz zu untergraben. Welchen Masterplan der erratische Ex-Präsident in der Klimapolitik verfolgt und welche Faktoren gegen ein Durchregieren sprechen, hat Umair Irfan in Washington recherchiert.
Viel Zuspruch gab es jüngst für Joe Bidens Entscheidung, die Genehmigung von neuen LNG-Terminals auf Eis zu legen. Teile der Klimabewegung sehen darin einen ersten Schritt, um sich von “den fossilen Energien wegzubewegen”, wie es die COP28 beschlossen hatte. Doch in vielen Staaten – auch unter Klima-Vorreitern – gibt es weiterhin große Pläne zur Ausweitung der Öl- und Gasproduktion, berichtet Bernhard Pötter.
Das Klimageld beschäftigt derzeit Deutschland. Soll es noch in der laufenden Legislaturperiode ausgezahlt werden und mit welchen Mitteln? Malte Kreutzfeld ist sehr skeptisch: Selbst 2027 wird eine Finanzierung schwierig. Die Regierung setzt zwar auf neue Gelder aus dem ETS 2 – doch das wird nach den einschlägigen EU-Regularien wohl schwierig.
Viel Spaß beim Lesen und
Beste Grüße
Die Neuauflage des Duells um die US-Präsidentschaft zwischen Joe Biden und Donald Trump könnte ein knappes Kopf-an-Kopf-Rennen werden. Eine weitere Präsidentenschaft Trumps ist möglich. Und selbst, wenn er nicht gewinnt, wird seine Rhetorik besonders in Umweltfragen die Agenda der Republikaner bestimmen. Der Präsident kann selbst bei einer gespaltenen Legislative immer noch großen Einfluss auf die US-Umwelt- und Klimapolitik haben.
Trump hat eine langjährige persönliche Abneigung gegen den Klimawandel und die Instrumente zu seiner Bekämpfung. Das hat sich seit seinem Ausscheiden aus dem Amt kaum verändert. Im vergangenen Jahr behauptete er etwa fälschlicherweise, dass Windturbinen Wale töten und dass der Anstieg des Meeresspiegels nur einen winzigen Bruchteil dessen ausmachen werde, was die Prognosen tatsächlich zeigen. Und er hat entgegen der Fakten erzählt, dass das US-Militär unter Biden elektrische Panzer und energiesparende Kampfjets einsetzen wolle.
Trump würde in einer möglichen zweiten Amtszeit versuchen, die Errungenschaften seines Vorgängers rückgängig zu machen. Zum einen ist es Biden gelungen, zwei wichtige Klimagesetze zu unterzeichnen: das überparteiliche Infrastrukturgesetz (Infrastructure Bill) und das Gesetz zur Senkung der Inflation – der bekannte “Inflation Reduction Act” (IRA). Dieses Gesetz wollen die Republikaner teilweise zurückdrehen – im April 2023 brachten sie bereits ein Vorhaben durch das Abgeordnetenhaus, das Steuervorteile für erneuerbare Energien zurücknehmen und dafür sogar höhere Steuern einführen sollte.
Die Gelder aus diesen Gesetzen sind bereits zugewiesen. Es würde eine Entscheidung des Kongresses erfordern, um ihre Investitionen in saubere Energie, Elektrofahrzeuge und effiziente Geräte zu stoppen. Viele republikanische Bundesstaaten profitieren ebenfalls von diesen Investitionen, sodass Trump weniger geneigt sein dürfte, sie ganz zu blockieren.
Doch viele Maßnahmen Bidens könnte Trump zurückdrehen. Die Republikaner haben aus seiner ersten chaotischen Amtszeit gelernt. Mit einem kohärenten Plan wollen sie im Falle eines erneuten Wahlsiegs durchstarten. Die Heritage Foundation, eine rechtsgerichtete Denkfabrik, erstellte dafür zusammen mit ehemaligen Beamten der Trump-Regierung eine Agenda: das Projekt 2025.
Demnach würde eine Trump-Regierung die Befugnisse von Bundesbehörden wie der Umweltschutzbehörde EPA einschränken, um den Bundesstaaten mehr Befugnisse zu übertragen. Das Energieministerium würde sich verstärkt um die Erschließung fossiler Brennstoffe kümmern. Der Präsident kann Öl- und Gasexporte sowie Bergbau auf öffentlichem Land genehmigen. Es ist wahrscheinlich, dass Trump diese Förderung weiter vorantreiben würde.
Trump könnte auch erneut einen Ausstieg der USA aus dem Pariser Klimaabkommen erklären. Es mag eine symbolische Geste sein und Jahre dauern, bis sie offiziell vollzogen ist. Aber Trump liebt Symbole, Zeremonien und das Sprechen vor Kameras.
Doch selbst bei Bundesbehörden ist Trumps Macht nicht absolut. Eines der Probleme seiner ersten Präsidentschaft war, dass viele seiner Maßnahmen von Umweltaktivisten und von Bundesstaaten unter Führung der Demokraten angefochten wurden. Viele seiner Kürzungen von Umweltvorschriften wurden blockiert und nie umgesetzt. Und auch Trumps Opposition hat aus seiner ersten Amtszeit gelernt. Während Gruppen von Führungspersönlichkeiten auf Bundesstaats- und kommunaler Ebene wie We Are Still In ihre Aktivitäten unter Biden unterbrachen, sind Aktivistenorganisationen wie das Sunrise Movement weiterhin mobilisiert, um im Zweifel Trump entgegenzutreten.
Diesmal stünden Trump allerdings Gerichte zur Verfügung, die ihm mehr gewogen sind. Während seiner Amtszeit hatte er 174 von 677 Bundesbezirksrichtern, 54 von 179 Berufungsrichtern und drei von neun Richtern des Obersten Gerichtshofs ernannt. Diese Richter sind auf Lebenszeit ernannt worden und haben auch während Trumps Abwesenheit weiterhin politische Entscheidungen getroffen, wobei sie beispielsweise neue Umweltvorschriften für Wasser und Fahrzeugemissionen blockiert haben.
Eines der langjährigen Ziele der Konservativen ist die Aufhebung des Endangerment Finding der EPA aus dem Jahr 2009. Dies ist die wichtigste rechtliche Grundlage, die die Regierung zur Regulierung von Treibhausgasen verpflichtet. Obwohl die Gerichte die Anfechtung dieses Beschlusses bisher abgelehnt haben, haben konservative Gruppen nicht aufgegeben. Unter Trump könnten sie eines Tages mit ihrem Fall vor einen Richter kommen, der ihnen zustimmt.
Trump hat auch auf die harte Tour gelernt, was Personalpolitik bedeutet: Dass die Menschen, die er für die Leitung seiner Verwaltung auswählt, darüber entscheiden, was er erreichen kann. Trumps erste Wahl für die Leitung der EPA war Scott Pruitt, der Trump mit Lob überhäufte, der aber auch eine lange Liste von Skandalen anhäufte. Sein Nachfolger, Andrew Wheeler, hielt sich zurück, konnte aber dennoch Trumps Deregulierungsagenda vorantreiben. Wahrscheinlich würde Trump bei der Auswahl seiner Mitarbeiter vorsichtiger agieren, ohne zu viel unnötige Aufmerksamkeit zu erregen.
Eine der entscheidenden Variablen für eine zweite Amtszeit Trumps bleibt jedoch Trump selbst. Er ist berüchtigt dafür, Pläne zu verwerfen, aus einer Laune heraus zu entscheiden und nach dem zu handeln, was ihm die letzte Person, mit der er gesprochen hat, gesagt hat. Daher wird es einen heißen Wettbewerb um sein Gehör geben.
Doch in der US-Wirtschaft gibt es bereits eine Dynamik der Dekarbonisierung. Die Kohleverstromung ist nach wie vor rückläufig, Elektroautos werden immer beliebter, und erneuerbare Energien sind nach wie vor die billigste Quelle für neuen Strom, selbst in republikanisch geführten Bundesstaaten. Trump mag die Bemühungen zur Begrenzung des Klimawandels verlangsamen, aber er wird sie nicht aufhalten können.Umair Irfan, Washington D.C.
Weitere Texte der Serie “Trump 2.0 – und dann?” finden Sie hier.
Die Ankündigung der US-Regierung, Genehmigungen für neue LNG-Terminals “zeitweilig zu pausieren“, weckt Hoffnungen, dass die zentrale Entscheidung der COP28 in Dubai mit Leben gefüllt wird: das Versprechen der Staaten, sich “von den fossilen Energien wegzubewegen” (“transition away“). Für viele Beobachter ist die Entscheidung der US-Regierung ein erster Schritt zur Umsetzung dieses COP-Beschlusses.
Doch die weltweiten Expansionspläne für fossile Energien – auch von Ländern, die für ehrgeizige Klimapolitik streiten – zeigen in die Gegenrichtung: die Öl- und Gasförderung wird weiter ausgebaut.
Ende vergangener Woche hatte US-Präsident Joe Biden erklärt, sein Energieministerium werde das Zulassungsverfahren für neue LNG-Terminals an der Golfküste der USA aussetzen. Die Lizenzen sollten im Licht neuer Erkenntnisse darauf geprüft werden, welche Auswirkungen sie auf die Wirtschaft, die Energiesicherheit, die Belastung von Verbrauchern und auf die Klimapolitik haben. Die USA haben derzeit sieben operierende LNG-Terminals, fünf weitere sind in Bau, 17 neue warten auf Genehmigungen. Was als großer Erfolg für die US-Umweltbewegung gefeiert wurde, gilt vielen Beobachtern auch als Schachzug, junge und linksorientierte Wähler im beginnenden US-Wahlkampf zu binden.
Die Klimabewegung reagierte auf die Ankündigung mit Begeisterung: Es sei “einer der wichtigsten Schritte, die Präsident Biden gegen die Klimakrise unternehmen konnte”, schrieb der Umweltverband Sierra Club. Auch Bill McKibben von 350.org schrieb, Biden habe “mehr als jeder Präsident vor ihm getan, um die Expansion der dreckigen Brennstoffe in Schach zu halten”. Die deutsche Klima-Staatssekretärin Jennifer Morgan meinte, die Entscheidung “verändert die Kalkulation für den zukünftigen Energiebedarf”, schließlich hätten bei der COP28 alle beschlossen, sich von den Fossilen loszulösen.
Die Realität sieht ihn vielen anderen Ländern aber anders aus. Der Beschluss von Dubai, sich “von den Fossilen wegzubewegen”, hat bisher offenbar kaum zu einem Umlenken geführt. Gerade in den Wochen und Monaten rund um die Konferenz in Dubai, und insbesondere in Vorreiterstaaten für mehr Klimaschutz, fielen viele Entscheidungen für den Ausbau fossiler Infrastruktur:
Schon vor der COP hatten mehrere Berichte auf den Widerspruch zwischen internationalen Klimazielen und nationalen Energieplänen der fossilen Produzenten hingewiesen:
Der Druck für die Einführung eines Klimagelds nimmt weiter zu: Am Dienstag stiegen Aktivisten von Greenpeace, Verdi und dem Paritätischen Wohlfahrtsverband gemeinsam in die Spree, um “gegen soziale Kälte” und für ein “Klimageld jetzt!” zu protestieren. Kurz zuvor hatten 16 große Verbände in einem Brief an Finanzminister Christian Lindner die schnelle Einführung gefordert, und mehrere Wissenschaftler betonten zu Wochenbeginn die Bedeutung des Klimagelds für die Akzeptanz des steigenden CO₂-Preises.
Auch aus allen drei Ampel-Fraktionen gibt es die Forderung, möglichst schnell damit zu beginnen, die Einnahmen aus der nationalen CO₂-Bepreisung wenigstens teilweise direkt an die Bürger zurückzahlen. Doch die Chancen dafür haben sich aus mehreren Gründen zuletzt weiter verschlechtert.
Schon bisher war offen, wie das Klimageld finanziert werden soll, denn die Einnahmen aus der CO₂-Bepreisung – sowohl der europäischen als auch der nationalen – sind bereits komplett verplant. Sie fließen in den Klima- und Transformationsfonds (KTF), aus dem die meisten Klimaschutzprogramme der Bundesregierung finanziert werden. Dazu gehören unter anderem die Subventionen für klimafreundliche Heizungen und energetische Sanierungen, der Umstieg auf Elektromobilität, die Umrüstung der Stahlbranche und anderer Industrien auf klimafreundliche Produktionsweisen sowie der natürliche Klimaschutz.
Auch die EEG-Umlage, mit der der Ausbau von Ökostrom-Anlagen finanziert wird, wird seit dem letzten Jahr nicht mehr von den Stromkunden bezahlt, sondern aus dem KTF. Daneben werden aus dem Fonds auch Subventionen finanziert, die nicht direkt mit dem Klima zu tun haben, etwa die sogenannte Strompreiskompensation für energieintensive Unternehmen oder Zuschüsse für den Bau neuer Chipfabriken.
Reserven gibt es im KTF nicht mehr – im Gegenteil: Seit dort durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom November 60 Milliarden Euro aus der Rücklage gestrichen werden mussten, sind viele Programme gekürzt oder ganz gestrichen worden. Und um sie wenigstens auf diesem reduzierten Niveau fortführen zu können, werden vom nächsten Jahr an wieder Mittel aus dem normalen Haushalt in den KTF übertragen werden müssen.
Wo die rund 8,5 Milliarden Euro herkommen sollten, die beispielsweise für ein Klimageld von 100 Euro pro Kopf und Jahr benötigt würden, ist darum völlig unklar. Der Vorschlag aus der FDP-Fraktion, unter anderem die Subventionen für die Chipfabriken zu streichen, dürfte in der Koalition ebenso wenig einigungsfähig sein wie Forderungen aus der Grünen-Fraktion, zur Finanzierung des Klimagelds die Steuervergünstigungen für Dienstwagen und Diesel abzuschaffen.
Mittlerweile sind die Chancen für eine kurzfristige Auszahlung noch weiter gesunken. Denn es zeichnet sich ab, dass im KTF in diesem Jahr ein neues Finanzloch entsteht. Zum einen werden die Kosten für die Übernahme der EEG-Umlage voraussichtlich höher sein als geplant. Neben den 10,6 Milliarden, die dafür vorgesehen sind, haben die Netzbetreiber in einem Brief an das BMWK kürzlich einen zusätzlichen Bedarf von 7,8 Milliarden Euro angemeldet. Dabei geht es zum einen um einen Restanspruch aus den Jahren 2022 und 2023; zum anderen fällt der Bedarf höher aus, weil der Börsenstrompreis deutlich gesunken ist und damit die Aufschläge für die Erzeuger von erneuerbaren Energien, die aus der EEG-Umlage bezahlt werden, höher ausfallen. Die FDP-Fraktion geht sogar von einem noch höheren Bedarf aus.
Zudem zeichnet sich ab, dass die Einnahmen aus dem europäischen Emissionshandel geringer ausfallen als geplant, weil der CO₂-Preis im Vergleich zum Vorjahr zuletzt gesunken ist. Selbst wenn der Auszahlungsmechanismus wie vom Finanzministerium angekündigt zum Jahresende tatsächlich zur Verfügung steht, ist darum wenig wahrscheinlich, dass bereits im Jahr 2025 mit der Auszahlung des Klimagelds begonnen werden kann.
Um so größer sind bisher die Hoffnungen für die folgenden Jahre. Denn im Jahr 2027 soll der nationale CO₂-Preis für Heizen und Verkehr, der feste Werte vorgibt, in den neu geschaffenen EU-Emissionshandel für diese Sektoren (ETS 2) überführt werden. Dort bildet sich der Preis am Markt, und aufgrund der jährlich sinkenden Zahl an Zertifikaten rechnen Experten perspektivisch mit einem deutlichen Preisanstieg – und entsprechend mehr Einnahmen für den Staat.
Doch wofür diese verwendet werden dürfen, schreibt die EU in der entsprechenden Richtlinie detailliert vor. Neben der Förderung klimafreundlicher Technologien und der internationalen Klimafinanzierung werden darin zwar auch “nationale Klimadividendensysteme” aufgeführt – allerdings mit dem Zusatz, dass diese “nachgewiesene positive Umweltauswirkungen” haben müssen. Und diese Bedingung dürfte bei einer Pro-Kopf-Auszahlung ohne weitere Vorgaben nicht erfüllt sein, schreibt die Stiftung Umweltenergierecht in einer Mitte Januar veröffentlichten Studie. Die EU-Kommission äußerte sich zu dieser Einschätzung auf Anfrage nicht.
Als weiteres mögliches Ausgabenfeld nennt die EU-Richtlinie die “finanzielle Unterstützung, um soziale Aspekte in Haushalten mit niedrigem und mittlerem Einkommen anzugehen”. Ob ein einheitliches Pro-Kopf-Klimageld darunter fallen kann, ist der Studie zufolge aber ebenfalls zweifelhaft. “Die bisher diskutierten Klimageldmodelle aus dem EU-ETS zu finanzieren, wäre mit rechtlichen Unsicherheiten verbunden”, folgert Ronja Busch, Mitarbeiterin der Stiftung Umweltenergierecht und Co-Autorin der Studie. Und auch die Mittel aus dem neu geschaffenen Klima-Sozialfonds der EU, in den künftig ein Teil der CO₂-Einnahmen fließt, kommen für das das Klimageld in seiner derzeit geplanten Form nicht infrage. Denn Zahlungen daraus dürfen nur zeitlich befristet und nur an benachteiligte Haushalte erfolgen.
1. Februar, 16 Uhr, Augsburg / Online
Vortrag Warenketten im Kontext der Klimakrise
Soziologin Karin Fischer von der Universität Linz spricht über Waren- und Lieferketten in der Klimakrise. Der Vortrag gehört zu einer interdisziplinären Vortragsreihe des Zentrums für Klimaresilienz an der Universität Augsburg. Infos
1. Februar, 19 Uhr, Berlin
Filmvorführung und Diskussion 1 Jahr nach Lützerath – Klimabewegung, aber wie?
Die deutsche Klimabewegung ist in der Krise. Im Jahr 2023 wurde das lang besetzte Dorf Lützerath für den Kohleabbau geräumt. Im Jahr 2024 finden zahlreiche Wahlen statt. Die Bewegung will sich wieder einmal neu erfinden, um politische Kraft zu entwickeln. Auf der Veranstaltung diskutieren verschiedene Vertreterinnen und Vertreter der Klimabewegung darüber, wie das funktionieren kann. Infos
5. Februar, 9 Uhr, Potsdam
Workshop Climate Finance and Investment in Times of Crisis: Towards a New Partnership with the Global South
Ziel dieses Workshops ist es, Wissenschaftler zusammenzubringen, die sich aus der Perspektive der internationalen politischen Ökonomie mit dem Thema der Klimafinanzierung beschäftigen. Er wird vom Research Institute for Sustainability – Helmholtz Centre Potsdam (RIFS) organisiert. Infos
6. Februar, 13 Uhr, Neumünster
Konferenz PowerNet 2024
Die Landesregierung möchte Schleswig-Holstein zum ersten klimaneutralen Industrieland entwickeln. Auf der Konferenz PowerNet können sich dazu Akteure und Akteurinnen vernetzen. Infos
6. Februar, Brüssel
Präsentation EU Klimaziel für 2040
Die EU-Kommission präsentiert ihr Klimaziel für 2040 sowie das Treibhausgas-Budget für 2030 bis 2050. Infos
6. Februar, 10 Uhr, Berlin
Konferenz Exit Plastik
Diese Konferenz zum Thema “Exit-Plastik” findet in den Räumen der Heinrich-Böll-Stiftung statt. Es gibt dabei sowohl einen Runden Tisch für NGOs als auch öffentliche Diskussionen. Infos
7. Februar, 10.30 Uhr, Online
Webinar Klimaneutrale Kommunen – Eine Gemeinschaftsaufgabe
Klimaschutz fängt bei den Kommunen an. Ihr Einsatz für mehr Nachhaltigkeit ist maßgeblich für die Klimaneutralität. Wie der aussehen kann, diskutieren unter anderem Experten vom Thinktank Wuppertal Institut. Infos
7. Februar, 14.30 Uhr, Brüssel / Online
Seminar Hydrogen Bank: A Game Changer?
Die Veranstaltung des European Roundtable on Climate Change and Sustainable Transition diskutiert kritisch über die Struktur der geplanten Wasserstoffbank. Infos
7. Februar, 19 Uhr, Berlin
Buchpräsentation Bausteine für Klimagerechtigkeit
Das Konzeptwerk Neue Ökonomie hat das Buch “Bausteine für Klimagerechtigkeit” veröffentlicht. In einem interaktiven Format wird es bei dieser Buchpräsentation vorgestellt. Am 8. Februar findet dieselbe Präsentation in Leipzig statt. Infos
8. Februar
Wahlen Parlamentswahlen in Pakistan
Das Land mit rund 240 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern wählt ein neues Parlament. Im Vorfeld der Wahlen hatte es immer wieder Sorgen über die Einflussnahme des Militärs gegeben.
Das Verbrennen von Kohle für die Stromerzeugung hat 2023 weltweit seinen Höhepunkt erlebt und geht in den kommenden Jahren zurück. Das kalkuliert die Internationale Energieagentur IEA in ihrem Ausblick “Elektrizität” für 2024 bis 2026. Schon 2024 werde der Kohleanteil am weltweiten Strommix um drei Prozent sinken, heißt es. In den folgenden Jahren werde sich dieser Trend fortsetzen, allerdings beträgt der erwartete Rückgang dann nur etwa ein Prozent jährlich. Bis 2026 soll der Anteil der Fossilen an der Stromerzeugung auf 54 Prozent sinken, zum ersten Mal seit 50 Jahren unter die 60-Prozent-Marke.
Die IEA nimmt dafür an, dass der Strom aus Wasserkraft, der im Dürrejahr 2023 deutlich zurückging, wieder sein normales Niveau erreichen wird. Der Anteil von Gas werde etwa um ein Prozent jährlich wachsen. Die IEA, Energiebehörde der OECD-Länder, sieht in den nächsten Jahren drei wichtige Meilensteine in der globalen Stromversorgung:
Gleichzeitig die Energiewende voranbringen und die Ukraine wirtschaftlich unterstützen: Dieses Ziel verfolgen der Thinktank Liberale Moderne (LibMod) und der Lobby-Verband Zukunft Gas mit einer gemeinsamen Initiative. Sie setzen sich dafür ein, dass Deutschland künftig in großem Stil Biomethan aus der Ukraine importiert.
In einem Policy Paper hatten sie im vergangenen Herbst die Potenziale dieser Zusammenarbeit dargestellt und zudem analysiert, woran ein solcher Import bisher scheitert. Dem Papier zufolge könnte das Land im Jahr 2030 etwa elf Terawattstunden (TWh) Biomethan erzeugen, im Jahr 2050 könnten es 50 TWh sein. Das Gesamtpotenzial wird mit 110 TWh jährlich angegeben. Die notwendige Biomasse würde dabei zu zwei Dritteln aus Ernterückständen und Abfällen bestehen und zu einem Drittel aus Maissilage.
Bei einem parlamentarischen Abend warben die Initiatoren am Dienstag um Unterstützung für ihr Konzept. Der ehemalige Grünen-Politiker und jetzige LibMod-Geschäftsführer Ralf Fücks betonte, dass die Technik und die Pipelines bereits existierten, sodass Biomethan aus der Ukraine – anders als Wasserstoff – kurzfristig genutzt werden könnte, um fossiles Erdgas zu ersetzen. Für das Projekt, “das ein Stück Hoffnung und Zuversicht stiften kann”, brauche es “mehr Geschwindigkeit”, forderte Fücks.
Zumindest bei den anwesenden Politikern stieß er damit auf Zustimmung. Nicht nur FDP-Klimaexperte und -Fraktionsvize Lukas Köhler und Grünen-Außenpolitiker Robin Wagener stellten sich hinter das Projekt. Auch aus dem Bundeswirtschaftsministerium kamen positive Signale: Der Parlamentarische Staatssekretär Michael Kellner stellte Unterstützung in Aussicht – sofern sichergestellt sei, dass man sich in der Herstellung “auf Rest- und Abfallstoffe fokussiert”, Nachhaltigkeitskriterien eingehalten werden und die lokale Nutzung von Biomethan in der Ukraine mitgedacht werde.
Bis zu einer Umsetzung ist es aber trotzdem noch ein weiter Weg. Um auch für mit im Ausland produziertem Biomethan erzeugten Strom eine EEG-Vergütung zu erhalten, muss das Gesetz geändert werden. Zudem ist eine offizielle bilaterale Kooperation zwischen Deutschland und der Ukraine notwendig, damit das ukrainische Biogas den notwendigen Herkunftsnachweis erhalten kann.
Im Umwelt- und im Landwirtschaftsministerium gibt es dem Vernehmen nach Vorbehalte, weil man dort die verstärkte Nutzung von Biogas generell skeptisch sieht. Zudem muss die Ukraine den Export von Biomethan über Pipelines noch genehmigen, und die Investitionen müssen abgesichert werden. mkr
Umwelt- und Klimaorganisationen und die Industriegewerkschaft IGBCE rufen die Bundesregierung zu einer Reform der Schuldenbremse, zur Einrichtung eines Sondervermögens für Klimaschutz und zur “Stärkung der Einnahmenseite” auf. In der aktuellen Haushaltsdebatte müssten diese Vorschläge “vorurteilsfrei geprüft werden”, so Germanwatch, der WWF, der Deutsche Naturschutzring (DNR) und die Gewerkschaft für Bergbau, Chemie, Energie (IGBCE).
Die Sparpolitik der Regierung führe dazu, dass “dringende Investitionen in die Klimaneutralität nicht getätigt” würden, so der Vorwurf der Verbände. Dadurch werden Deutschlands Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitsplätze sowie das Erreichen der Klimaziele gefährdet. Investitionen in die Klima-Transformation dürften nicht gegen den sozialen Ausgleich ausgespielt werden, mahnen die Organisationen. Christoph Bals, politischer Geschäftsführer von Germanwatch, fordert, neben der Aufnahme neuer Schulden müsste auch über den Abbau fossiler Subventionen und eine “Erweiterung der Steuerbasis, etwa auf Finanzmarkteinkommen”, debattiert werden.
Auch die sogenannten Wirtschaftsweisen (Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung – SVR) haben sich am Dienstag für eine Überarbeitung der Schuldenregeln ausgesprochen. Die Regierung solle “Spielräume schaffen, sodass man zukunftsorientierte öffentliche Ausgaben tätigen kann, ohne dabei die Tragfähigkeit der Staatsfinanzen auszuhöhlen”, sagte die Ökonomin Monika Schnitzler, die dem SVR vorsitzt.
Auch aus der Wirtschaft mehren sich die Stimmen zur Reform der Schuldenbremse. Am Wochenende hatte die Stiftung Klimawirtschaft einen Appell veröffentlicht, dem sich mehr als 50 Unternehmen angeschlossen haben. Unternehmen wie Thyssenkrupp, Salzgitter AG und die Wacker AG fordern darin eine “Weiterentwicklung der Schuldenbremse”, um “Investitionen hin zu einer klimaneutralen Wirtschaft zu ermöglichen, die wiederum Folgeinvestitionen der Privatwirtschaft auslösen”. nib
Trotz verschärfter EU-Regeln wächst laut einer neuen Studie bei den CO₂-Emissionen die Kluft zwischen Pkw-Herstellerangaben einerseits und den Werten im realen Betrieb andererseits. Demnach ist die Differenz zwischen 2018 und 2022 von acht auf 14 Prozent gewachsen. Das geht aus einer Studie der Forschungsorganisation International Council on Clean Transportation (ICCT) hervor, die Table.Media exklusiv vorliegt.
Die Ergebnisse stellen die Wirksamkeit der CO₂-Reduktionsmaßnahmen der EU infrage. Laut EU-Angaben sollten die Emissionen zwischen 2018 und 2022 eigentlich um rund 7,3 Prozent gesunken sein. Die ICCT-Studie lässt dies nun in einem anderen Licht erscheinen. Von der erzielten Reduktion um 7,3 Prozent auf dem Papier blieben dann im Realbetrieb auf der Straße mit 2,3 Prozent nur weniger als ein Drittel übrig. Demnach würden die Bemühungen der EU zur Verringerung der verkehrsbedingten CO₂-Emissionen von den Herstellern untergraben.
Um dem entgegenzuwirken, wurde 2017 in der Folge des Dieselskandals, den der ICCT mit aufgedeckt hatte, das weltweit harmonisierte Prüfverfahren WLTP für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge eingeführt. Dabei werden auch Daten aus dem realen Fahrbetrieb gesammelt. Diese Werte sollten repräsentativer sein als die des reinen Labortest-Zyklus NEFZ.
Doch auch das WLTP erscheint dem ICCT jetzt als unzureichend. “Unsere Analyse zeigt, dass die Differenz zwischen den offiziellen Angaben und den realen CO₂-Emissionen auch nach Einführung von WLTP wieder wächst“, sagt Jan Dornoff, leitender Wissenschaftler beim ICCT und Mitverfasser des Berichts. “Wird hier nicht gegengesteuert, verlieren die offiziellen CO₂-Emissionswerte zunehmend an Aussagekraft für die tatsächlichen Emissionen. So kommen dann auch die verpflichtend vorgesehenen Reduktionen der offiziellen Werte nicht in der realen Welt an.”
Erst vergangene Woche hatte der Europäische Rechnungshof in seinem Sonderbericht “Reduktion der CO₂-Emissionen von Pkw” der CO₂-Flottenregulierung der EU ein schlechtes Zeugnis ausgestellt: Bis 2020 sei “der angestrebte Nutzen der Verordnung weitgehend hinfällig” gewesen. Der Ausstoß von CO₂-Emissionen durch Neufahrzeuge sei kaum oder gar nicht zurückgegangen. Das habe vor allem daran gelegen, “dass sich die Hersteller auf die Verringerung der im Labor gemessenen Emissionen statt auf die Verringerung der tatsächlichen Emissionen konzentrierten”. löh
CDU-Energiepolitiker Jens Spahn hat sich für die Speicherung von Kohlendioxid aus der Stromproduktion ausgesprochen. Im Rahmen der Kraftwerksstrategie sollten zunächst “einfache Gaskraftwerke von der Stange” gebaut und “perspektivisch mit Technologie” für Carbon Capture and Storage (CCS) ausgerüstet werden.
“So werden die Kraftwerke CO₂-neutral und der Einstieg in CCS-Technik wird angestoßen”, sagte der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag im Gespräch mit Table.Media. Allerdings sind die Wirkungsgrade von CCS sehr gering, sodass die Kraftwerke in der Realität nicht CO₂-neutral wären. Laut Weltklimarat müssten Kraftwerke mit CCS mindestens 90 Prozent des CO₂ abscheiden und speichern. Diese Wirkungsgrade werden in der Praxis trotz größter Versprechen der Betreiber häufig weit verfehlt. Zudem gelten CCS-Anlagen nicht als Massenware und müssten auf jeden Kraftwerkstyp zugeschnitten werden.
Spahn, der die Fraktion bei den Themen Wirtschaft, Klima und Energie vertritt, sieht in seinem Vorschlag einen preisgünstigeren Ansatz als die vom BMWK favorisierten Lösungen zum Bau neuer Gaskraftwerke, die perspektivisch auf Wasserstoff umgestellt werden sollen. “Wir erwarten, dass die Ampel für beide alternative Optionen einen vergleichenden Kosten- und Zeitplan vorlegt.”
Bislang hatte sich auch die CDU/CSU-Fraktion für wasserstofffähige Kraftwerke starkgemacht, die die erneuerbare Stromproduktion aus Wind und Sonne in Zeiten von “Dunkelflauten” im Winter ersetzen sollen. In einem Positionspapier aus dem Jahr 2023 werden CO₂-Speicherungstechnologien als “komplementäre Instrumente” betrachtet, um “Restemissionen” aus der Industrie aufzufangen.
Andreas Jung, klima- und energiepolitischer Sprecher der Fraktion, hatte noch letzte Woche auf Instagram für Gaskraftwerke argumentiert, “die dann baldmöglichst auf Wasserstoff umgestellt werden”.
CCS wurde bei der COP28 als teure und energieintensive Technik kritisiert, die die Abhängigkeit der Welt von fossilen Energien weiterführen könnte. Experten aus der Energiewirtschaft halten die CO₂-Abscheidung zudem für sehr teuer. Neben einem zu bauenden Wasserstoffkernnetz müsste außerdem ein CO₂-Pipelinenetz errichtet werden, um das Klimagas zu Lagerstätten etwa in Norwegen zu transportieren.
In der vom BMWK mehrfach verschobenen, nun aber laut Minister Habeck “entscheidungsreifen” Kraftwerksstrategie wird CCS wohl keine Rolle spielen. Allerdings gibt es in der FDP und SPD einzelne Stimmen, die sich ebenfalls für die Speicherung von Kohlendioxidemissionen aus der Stromproduktion aussprechen. Auch die EU-Kommission, die CCS bislang nur für besondere Industrieprozesse vorgesehen hatte, signalisierte zuletzt ein Umsteuern. av/nib
Die volkswirtschaftlichen Gewinne einer Transformation der globalen Agrar- und Ernährungssysteme hin zu mehr Klima- und Biodiversitätsschutz könnten bis 2050 zwischen fünf und zehn Billionen US-Dollar jährlich betragen. Die Kosten hingegen lägen bei nur 200 bis 500 Milliarden US-Dollar pro Jahr. Das ist das Ergebnis einer Studie der Food System Economics Commission (FSEC). Der Kommission gehören Institutionen wie das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, die Weltbank und die Weltgesundheitsorganisation an. Die Forschungsarbeit dauerte vier Jahre.
Die hohen Gewinne ergeben sich daraus, dass die Agrar- und Ernährungssysteme laut Studie derzeit 15 Billionen US-Dollar pro Jahr an nicht-berücksichtigten Kosten verursachen. Allein rund elf Billionen US-Dollar davon entfielen auf die ökonomischen Kosten geringerer Produktivität, die eine Folge von Übergewicht und Unterernährung sind. Für das Klima und die Umwelt verursachen aktuelle Ernährungssysteme Kosten von rund drei Billionen Dollar im Jahr. Emissionen daraus tragen auch zu rund einem Drittel der globalen CO₂-Emissionen bei.
Konkret bedeutet eine solche Transformation laut Johan Rockström, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK), den Anteil von tierischen Lebensmitteln besonders in Industrienationen zu reduzieren. Außerdem sei eine Abkehr von Monokulturen notwendig und der Einsatz von Düngemitteln müsste reformiert werden.
Für die Transformation von Agrar- und Ernährungssystemen gebe es fünf Prioritäten, schreiben die Forschenden:
Anfang Januar erlebte Nordeuropa eine ungewöhnliche Kälteperiode, verursacht durch kalte Luft aus der Arktis. Im schwedischen Vittangi fiel die Temperatur am 5. Januar auf -44,6 Grad. Das war der tiefste Wert, der seit Beginn des laufenden Jahrhunderts in Finnland, Schweden und Norwegen gemessen wurde. Nordamerika verzeichnete im Januar ebenfalls ungewöhnlich niedrige Temperaturen. Besteht ein Zusammenhang zur Erderwärmung? Das hat jetzt ein internationales Team aus 19 Klimawissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern für Finnland, Schweden und Norwegen in einer ersten Analyse untersucht.
Ihr Ergebnis: Der vom Menschen verursachte Klimawandel macht extrem tiefe Temperaturen in den drei Ländern deutlich unwahrscheinlicher. Die Forschenden warnen dennoch davor, die Gefahr von Kältewellen zu unterschätzen, die beispielsweise für Obdachlose tödlich sein könnten: “Extreme Kälte wird in Nordeuropa weiterhin auftreten, wenn auch weniger häufig”, schreiben sie in der Zusammenfassung ihrer Ergebnisse. Darin liege das Risiko, dass Vorsorge vernachlässigt werde. Doch der Bedarf an verlässlichen Vorhersagen, Frühwarnung und Prävention bleibe anhaltend hoch.
Für ihre Analyse verglichen die Forschenden die tatsächlichen Temperaturen mit Klimamodellen, die eine Welt ohne die menschengemachte Erderwärmung simulierten. Dabei untersuchten sie zwei verschiedene Kälteereignisse: die kälteste Fünf-Tage-Periode in einem Gebiet, das bestimmte Regionen in Norwegen, Schweden und Finnland umfasst, und die kälteste Tagestemperatur an einer Wetterstation in Oslo. Beide Temperaturwerte wären, so die Studie, ohne den Klimawandel noch vier Grad niedriger ausgefallen. Die Wahrscheinlichkeit, dass es zu einer extremen Fünf-Tage-Kälteperiode wie in diesem Januar kommt, wäre ohne den Klimawandel demnach fünfmal höher gewesen, die Wahrscheinlichkeit für die eintägige extreme Kälte sogar zwölfmal höher. ae
Die EU-Wasserstoffstrategie sieht einen ehrgeizigen Wachstumsplan vor: Die Kapazitäten für die Produktion grünen Wasserstoffs sollen von für dieses Jahr geplanten sechs Gigawatt (GW) bis 2030 auf 40 GW gesteigert werden. Das Ziel bis 2050 sind 500 GW. Allerdings betrugen bis Ende 2023 die installierten Kapazitäten nur rund 0,2 GW. Die Gründe: Große Unsicherheiten bei der Regulierung von sauberem Wasserstoff und seinen Derivaten sowie fehlende Abnehmer aufgrund der deutlich höheren Preise gegenüber den fossilen Alternativen.
Die dritte Novelle der Renewable Energy Directive (RED III) hat die Unsicherheiten zum Beispiel durch eine klare Definition der Anforderungen an erneuerbaren Wasserstoff zwar zum großen Teil beseitigt, definiert aber auch ambitionierte Ziele: Schon 2030 soll der gesamte von der Industrie genutzte Wasserstoff zu 42 Prozent erneuerbar sein.
Konkret bedeutet das: Innerhalb der nächsten sechs Jahre muss es möglich werden, allein für Raffinerien, Düngemittel- und Chemieunternehmen zwei bis 3,5 Millionen Tonnen grünen Wasserstoff bereitzustellen – aktuell stehen aber nur circa 50.000 Tonnen sauberer Wasserstoff zur Verfügung.
Schon diese Zahlen zeigen: Der Wasserstoffausbau kann nicht gelingen, wenn niemand voranschreiten möchte. Was wir unter Unternehmen gerade beobachten, ist eine Kultivierung des First-Mover-Nachteils: Wer zuerst in eine neue Technologie investiert, muss auch mit deren “Kinderkrankheiten” umgehen und entsprechende Lösungen erarbeiten. Viele Unternehmen scheuen das Risiko, und Projekte verzögern sich auf unbestimmte Zeit.
Dieses Zögern ist nur menschlich, aber angesichts des notwendigen massiven Umbaus unserer Energiewirtschaft brauchen wir als Gesellschaft und als Ökonomie Unternehmerinnen und Unternehmer, die den Wandel aktiv mitgestalten. Und solche Beispiele gibt es durchaus: Erste Stahlhersteller stehen in den Startlöchern, um die ersten Direktreduktionsanlagen zur Herstellung von grünem Eisen zu betreiben. Einige Energieunternehmen planen wiederum erste Großanlagen zur Erzeugung grünen Wasserstoffs, und viele Raffinerien entwickeln lokale Elektrolyseur-Projekte.
Die Zeiten dafür sind gut, trotz der aktuellen Wirtschaftslage. Das Ziel der EU steht unumstößlich fest, jetzt braucht es das Zusammenspiel von öffentlichen und privaten Stakeholdern. Dafür stehen sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene zahlreiche Förderinstrumente für den Aufbau der Wasserstoffwirtschaft und der notwendigen Infrastruktur bereit, zum Beispiel aus der Aufbau- und Resilienzfazilität (ARF) für die Europäische Wasserstoffbank oder Gelder des Europäischen Innovationsfonds.
Sie sind wesentliche Mittel für Unternehmen, um Risiken zu minimieren und die Kosten für die notwendigen Investitionen zu stemmen. Mindestens fünf Milliarden Euro wurden Unternehmen aus der Stahlindustrie bereits zugesagt.
Die anvisierten Ausbauziele in einem relativ kurzen Zeitraum zu erreichen, ist kein leichtes Unterfangen. Fest steht: Die Kapazitäten der erneuerbaren Stromerzeugung und der Elektrolyseure müssen massiv ausgebaut werden. Das Ziel von sechs GW im Jahr 2024 könnte trotz zahlreicher Projektankündigungen massiv verfehlt werden und müsste entsprechend in den Folgejahren kompensiert werden.
So haben laut dem Global Hydrogen Review 2023 der Internationalen Energieagentur erst vier Prozent der globalen Wasserstoffprojekte einen finalen Investitionsbescheid (FID). Ähnlich gestaltet sich die Situation in Europa. Gleichzeitig fehlt eine hohe Stückzahl an Elektrolyseuren und aktuell sogar die entsprechenden Produktionskapazitäten.
Dazu kommt eine fehlende Infrastruktur. Der politische Wille, das deutsche Wasserstoffkernnetz ab 2028 fertigzustellen, ist zwar ein wesentlicher Schritt. Doch mit Blick auf die Dauer von Planungsverfahren und den Bau von Infrastruktur wird der zeitliche Handlungsdruck noch deutlicher. Ein weiterer Zeitfaktor sind langfristige Kundenstrukturen, die zunächst aufgebaut werden müssen.
Dabei sind vor allem die ersten Produktionskapazitäten auf verlässliche Abnehmer angewiesen, denn vor allem zu Beginn wird grüner Wasserstoff teurer sein als die fossile Alternative. Zusätzlich wird der Transport von Wasserstoff über große Distanzen in Zukunft auch über die Umwandlung von Wasserstoff in Ammoniak erfolgen, da dieser leichter zu transportieren ist. Auch hierfür werden skalierbare technische Lösungen benötigt, die die jeweilige Umwandlung in großen Mengen ermöglichen.
Trotz offener Fragen können Unternehmen von den enormen Potenzialen durch den Aufbau der Wasserstoffwirtschaft profitieren. Sie müssen einen Weg durch die derzeitigen Herausforderungen finden. Vor allem energieintensive Unternehmen sollten jetzt eine Strategie und Roadmap erstellen, um ihren Bezug grünen Wasserstoffs langfristig zu sichern.
Auch hierbei ist es essenziell, bestehende Fördermechanismen zu nutzen sowie mögliche Technologien und Geschäftsmodelle zu analysieren. Gleichzeitig können langfristige Kooperation zwischen Produzenten und Abnehmern die zukünftig benötigten Mengen grünen Wasserstoffs sicherstellen und Planungssicherheit für die ersten Projekte garantieren.
Sind die Ziele der europäischen Regulierung also erreichbar? Nur, wenn Wirtschaft, Politik und Gesellschaft in den nächsten sechs Jahren eng zusammenarbeiten und aktiv den Wandel vorantreiben. Die Ziele der RED III für Wasserstoff sollten dabei als Motivator dienen. Wer sich aktiv einbringt und die Innovation umsetzt, profitiert von wirtschaftlichen Gewinnen – und leistet einen wichtigen Beitrag auf dem Weg zur Energiewende.
eine mögliche neue Präsidentschaft Trumps treibt auch Klimaschützern mindestens Sorgenfalten ins Gesicht. Trump könnte mehr fossile Energien fördern lassen, einige IRA-Investitionen zurückdrehen und die Behörden schwächen, um den Klimaschutz zu untergraben. Welchen Masterplan der erratische Ex-Präsident in der Klimapolitik verfolgt und welche Faktoren gegen ein Durchregieren sprechen, hat Umair Irfan in Washington recherchiert.
Viel Zuspruch gab es jüngst für Joe Bidens Entscheidung, die Genehmigung von neuen LNG-Terminals auf Eis zu legen. Teile der Klimabewegung sehen darin einen ersten Schritt, um sich von “den fossilen Energien wegzubewegen”, wie es die COP28 beschlossen hatte. Doch in vielen Staaten – auch unter Klima-Vorreitern – gibt es weiterhin große Pläne zur Ausweitung der Öl- und Gasproduktion, berichtet Bernhard Pötter.
Das Klimageld beschäftigt derzeit Deutschland. Soll es noch in der laufenden Legislaturperiode ausgezahlt werden und mit welchen Mitteln? Malte Kreutzfeld ist sehr skeptisch: Selbst 2027 wird eine Finanzierung schwierig. Die Regierung setzt zwar auf neue Gelder aus dem ETS 2 – doch das wird nach den einschlägigen EU-Regularien wohl schwierig.
Viel Spaß beim Lesen und
Beste Grüße
Die Neuauflage des Duells um die US-Präsidentschaft zwischen Joe Biden und Donald Trump könnte ein knappes Kopf-an-Kopf-Rennen werden. Eine weitere Präsidentenschaft Trumps ist möglich. Und selbst, wenn er nicht gewinnt, wird seine Rhetorik besonders in Umweltfragen die Agenda der Republikaner bestimmen. Der Präsident kann selbst bei einer gespaltenen Legislative immer noch großen Einfluss auf die US-Umwelt- und Klimapolitik haben.
Trump hat eine langjährige persönliche Abneigung gegen den Klimawandel und die Instrumente zu seiner Bekämpfung. Das hat sich seit seinem Ausscheiden aus dem Amt kaum verändert. Im vergangenen Jahr behauptete er etwa fälschlicherweise, dass Windturbinen Wale töten und dass der Anstieg des Meeresspiegels nur einen winzigen Bruchteil dessen ausmachen werde, was die Prognosen tatsächlich zeigen. Und er hat entgegen der Fakten erzählt, dass das US-Militär unter Biden elektrische Panzer und energiesparende Kampfjets einsetzen wolle.
Trump würde in einer möglichen zweiten Amtszeit versuchen, die Errungenschaften seines Vorgängers rückgängig zu machen. Zum einen ist es Biden gelungen, zwei wichtige Klimagesetze zu unterzeichnen: das überparteiliche Infrastrukturgesetz (Infrastructure Bill) und das Gesetz zur Senkung der Inflation – der bekannte “Inflation Reduction Act” (IRA). Dieses Gesetz wollen die Republikaner teilweise zurückdrehen – im April 2023 brachten sie bereits ein Vorhaben durch das Abgeordnetenhaus, das Steuervorteile für erneuerbare Energien zurücknehmen und dafür sogar höhere Steuern einführen sollte.
Die Gelder aus diesen Gesetzen sind bereits zugewiesen. Es würde eine Entscheidung des Kongresses erfordern, um ihre Investitionen in saubere Energie, Elektrofahrzeuge und effiziente Geräte zu stoppen. Viele republikanische Bundesstaaten profitieren ebenfalls von diesen Investitionen, sodass Trump weniger geneigt sein dürfte, sie ganz zu blockieren.
Doch viele Maßnahmen Bidens könnte Trump zurückdrehen. Die Republikaner haben aus seiner ersten chaotischen Amtszeit gelernt. Mit einem kohärenten Plan wollen sie im Falle eines erneuten Wahlsiegs durchstarten. Die Heritage Foundation, eine rechtsgerichtete Denkfabrik, erstellte dafür zusammen mit ehemaligen Beamten der Trump-Regierung eine Agenda: das Projekt 2025.
Demnach würde eine Trump-Regierung die Befugnisse von Bundesbehörden wie der Umweltschutzbehörde EPA einschränken, um den Bundesstaaten mehr Befugnisse zu übertragen. Das Energieministerium würde sich verstärkt um die Erschließung fossiler Brennstoffe kümmern. Der Präsident kann Öl- und Gasexporte sowie Bergbau auf öffentlichem Land genehmigen. Es ist wahrscheinlich, dass Trump diese Förderung weiter vorantreiben würde.
Trump könnte auch erneut einen Ausstieg der USA aus dem Pariser Klimaabkommen erklären. Es mag eine symbolische Geste sein und Jahre dauern, bis sie offiziell vollzogen ist. Aber Trump liebt Symbole, Zeremonien und das Sprechen vor Kameras.
Doch selbst bei Bundesbehörden ist Trumps Macht nicht absolut. Eines der Probleme seiner ersten Präsidentschaft war, dass viele seiner Maßnahmen von Umweltaktivisten und von Bundesstaaten unter Führung der Demokraten angefochten wurden. Viele seiner Kürzungen von Umweltvorschriften wurden blockiert und nie umgesetzt. Und auch Trumps Opposition hat aus seiner ersten Amtszeit gelernt. Während Gruppen von Führungspersönlichkeiten auf Bundesstaats- und kommunaler Ebene wie We Are Still In ihre Aktivitäten unter Biden unterbrachen, sind Aktivistenorganisationen wie das Sunrise Movement weiterhin mobilisiert, um im Zweifel Trump entgegenzutreten.
Diesmal stünden Trump allerdings Gerichte zur Verfügung, die ihm mehr gewogen sind. Während seiner Amtszeit hatte er 174 von 677 Bundesbezirksrichtern, 54 von 179 Berufungsrichtern und drei von neun Richtern des Obersten Gerichtshofs ernannt. Diese Richter sind auf Lebenszeit ernannt worden und haben auch während Trumps Abwesenheit weiterhin politische Entscheidungen getroffen, wobei sie beispielsweise neue Umweltvorschriften für Wasser und Fahrzeugemissionen blockiert haben.
Eines der langjährigen Ziele der Konservativen ist die Aufhebung des Endangerment Finding der EPA aus dem Jahr 2009. Dies ist die wichtigste rechtliche Grundlage, die die Regierung zur Regulierung von Treibhausgasen verpflichtet. Obwohl die Gerichte die Anfechtung dieses Beschlusses bisher abgelehnt haben, haben konservative Gruppen nicht aufgegeben. Unter Trump könnten sie eines Tages mit ihrem Fall vor einen Richter kommen, der ihnen zustimmt.
Trump hat auch auf die harte Tour gelernt, was Personalpolitik bedeutet: Dass die Menschen, die er für die Leitung seiner Verwaltung auswählt, darüber entscheiden, was er erreichen kann. Trumps erste Wahl für die Leitung der EPA war Scott Pruitt, der Trump mit Lob überhäufte, der aber auch eine lange Liste von Skandalen anhäufte. Sein Nachfolger, Andrew Wheeler, hielt sich zurück, konnte aber dennoch Trumps Deregulierungsagenda vorantreiben. Wahrscheinlich würde Trump bei der Auswahl seiner Mitarbeiter vorsichtiger agieren, ohne zu viel unnötige Aufmerksamkeit zu erregen.
Eine der entscheidenden Variablen für eine zweite Amtszeit Trumps bleibt jedoch Trump selbst. Er ist berüchtigt dafür, Pläne zu verwerfen, aus einer Laune heraus zu entscheiden und nach dem zu handeln, was ihm die letzte Person, mit der er gesprochen hat, gesagt hat. Daher wird es einen heißen Wettbewerb um sein Gehör geben.
Doch in der US-Wirtschaft gibt es bereits eine Dynamik der Dekarbonisierung. Die Kohleverstromung ist nach wie vor rückläufig, Elektroautos werden immer beliebter, und erneuerbare Energien sind nach wie vor die billigste Quelle für neuen Strom, selbst in republikanisch geführten Bundesstaaten. Trump mag die Bemühungen zur Begrenzung des Klimawandels verlangsamen, aber er wird sie nicht aufhalten können.Umair Irfan, Washington D.C.
Weitere Texte der Serie “Trump 2.0 – und dann?” finden Sie hier.
Die Ankündigung der US-Regierung, Genehmigungen für neue LNG-Terminals “zeitweilig zu pausieren“, weckt Hoffnungen, dass die zentrale Entscheidung der COP28 in Dubai mit Leben gefüllt wird: das Versprechen der Staaten, sich “von den fossilen Energien wegzubewegen” (“transition away“). Für viele Beobachter ist die Entscheidung der US-Regierung ein erster Schritt zur Umsetzung dieses COP-Beschlusses.
Doch die weltweiten Expansionspläne für fossile Energien – auch von Ländern, die für ehrgeizige Klimapolitik streiten – zeigen in die Gegenrichtung: die Öl- und Gasförderung wird weiter ausgebaut.
Ende vergangener Woche hatte US-Präsident Joe Biden erklärt, sein Energieministerium werde das Zulassungsverfahren für neue LNG-Terminals an der Golfküste der USA aussetzen. Die Lizenzen sollten im Licht neuer Erkenntnisse darauf geprüft werden, welche Auswirkungen sie auf die Wirtschaft, die Energiesicherheit, die Belastung von Verbrauchern und auf die Klimapolitik haben. Die USA haben derzeit sieben operierende LNG-Terminals, fünf weitere sind in Bau, 17 neue warten auf Genehmigungen. Was als großer Erfolg für die US-Umweltbewegung gefeiert wurde, gilt vielen Beobachtern auch als Schachzug, junge und linksorientierte Wähler im beginnenden US-Wahlkampf zu binden.
Die Klimabewegung reagierte auf die Ankündigung mit Begeisterung: Es sei “einer der wichtigsten Schritte, die Präsident Biden gegen die Klimakrise unternehmen konnte”, schrieb der Umweltverband Sierra Club. Auch Bill McKibben von 350.org schrieb, Biden habe “mehr als jeder Präsident vor ihm getan, um die Expansion der dreckigen Brennstoffe in Schach zu halten”. Die deutsche Klima-Staatssekretärin Jennifer Morgan meinte, die Entscheidung “verändert die Kalkulation für den zukünftigen Energiebedarf”, schließlich hätten bei der COP28 alle beschlossen, sich von den Fossilen loszulösen.
Die Realität sieht ihn vielen anderen Ländern aber anders aus. Der Beschluss von Dubai, sich “von den Fossilen wegzubewegen”, hat bisher offenbar kaum zu einem Umlenken geführt. Gerade in den Wochen und Monaten rund um die Konferenz in Dubai, und insbesondere in Vorreiterstaaten für mehr Klimaschutz, fielen viele Entscheidungen für den Ausbau fossiler Infrastruktur:
Schon vor der COP hatten mehrere Berichte auf den Widerspruch zwischen internationalen Klimazielen und nationalen Energieplänen der fossilen Produzenten hingewiesen:
Der Druck für die Einführung eines Klimagelds nimmt weiter zu: Am Dienstag stiegen Aktivisten von Greenpeace, Verdi und dem Paritätischen Wohlfahrtsverband gemeinsam in die Spree, um “gegen soziale Kälte” und für ein “Klimageld jetzt!” zu protestieren. Kurz zuvor hatten 16 große Verbände in einem Brief an Finanzminister Christian Lindner die schnelle Einführung gefordert, und mehrere Wissenschaftler betonten zu Wochenbeginn die Bedeutung des Klimagelds für die Akzeptanz des steigenden CO₂-Preises.
Auch aus allen drei Ampel-Fraktionen gibt es die Forderung, möglichst schnell damit zu beginnen, die Einnahmen aus der nationalen CO₂-Bepreisung wenigstens teilweise direkt an die Bürger zurückzahlen. Doch die Chancen dafür haben sich aus mehreren Gründen zuletzt weiter verschlechtert.
Schon bisher war offen, wie das Klimageld finanziert werden soll, denn die Einnahmen aus der CO₂-Bepreisung – sowohl der europäischen als auch der nationalen – sind bereits komplett verplant. Sie fließen in den Klima- und Transformationsfonds (KTF), aus dem die meisten Klimaschutzprogramme der Bundesregierung finanziert werden. Dazu gehören unter anderem die Subventionen für klimafreundliche Heizungen und energetische Sanierungen, der Umstieg auf Elektromobilität, die Umrüstung der Stahlbranche und anderer Industrien auf klimafreundliche Produktionsweisen sowie der natürliche Klimaschutz.
Auch die EEG-Umlage, mit der der Ausbau von Ökostrom-Anlagen finanziert wird, wird seit dem letzten Jahr nicht mehr von den Stromkunden bezahlt, sondern aus dem KTF. Daneben werden aus dem Fonds auch Subventionen finanziert, die nicht direkt mit dem Klima zu tun haben, etwa die sogenannte Strompreiskompensation für energieintensive Unternehmen oder Zuschüsse für den Bau neuer Chipfabriken.
Reserven gibt es im KTF nicht mehr – im Gegenteil: Seit dort durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom November 60 Milliarden Euro aus der Rücklage gestrichen werden mussten, sind viele Programme gekürzt oder ganz gestrichen worden. Und um sie wenigstens auf diesem reduzierten Niveau fortführen zu können, werden vom nächsten Jahr an wieder Mittel aus dem normalen Haushalt in den KTF übertragen werden müssen.
Wo die rund 8,5 Milliarden Euro herkommen sollten, die beispielsweise für ein Klimageld von 100 Euro pro Kopf und Jahr benötigt würden, ist darum völlig unklar. Der Vorschlag aus der FDP-Fraktion, unter anderem die Subventionen für die Chipfabriken zu streichen, dürfte in der Koalition ebenso wenig einigungsfähig sein wie Forderungen aus der Grünen-Fraktion, zur Finanzierung des Klimagelds die Steuervergünstigungen für Dienstwagen und Diesel abzuschaffen.
Mittlerweile sind die Chancen für eine kurzfristige Auszahlung noch weiter gesunken. Denn es zeichnet sich ab, dass im KTF in diesem Jahr ein neues Finanzloch entsteht. Zum einen werden die Kosten für die Übernahme der EEG-Umlage voraussichtlich höher sein als geplant. Neben den 10,6 Milliarden, die dafür vorgesehen sind, haben die Netzbetreiber in einem Brief an das BMWK kürzlich einen zusätzlichen Bedarf von 7,8 Milliarden Euro angemeldet. Dabei geht es zum einen um einen Restanspruch aus den Jahren 2022 und 2023; zum anderen fällt der Bedarf höher aus, weil der Börsenstrompreis deutlich gesunken ist und damit die Aufschläge für die Erzeuger von erneuerbaren Energien, die aus der EEG-Umlage bezahlt werden, höher ausfallen. Die FDP-Fraktion geht sogar von einem noch höheren Bedarf aus.
Zudem zeichnet sich ab, dass die Einnahmen aus dem europäischen Emissionshandel geringer ausfallen als geplant, weil der CO₂-Preis im Vergleich zum Vorjahr zuletzt gesunken ist. Selbst wenn der Auszahlungsmechanismus wie vom Finanzministerium angekündigt zum Jahresende tatsächlich zur Verfügung steht, ist darum wenig wahrscheinlich, dass bereits im Jahr 2025 mit der Auszahlung des Klimagelds begonnen werden kann.
Um so größer sind bisher die Hoffnungen für die folgenden Jahre. Denn im Jahr 2027 soll der nationale CO₂-Preis für Heizen und Verkehr, der feste Werte vorgibt, in den neu geschaffenen EU-Emissionshandel für diese Sektoren (ETS 2) überführt werden. Dort bildet sich der Preis am Markt, und aufgrund der jährlich sinkenden Zahl an Zertifikaten rechnen Experten perspektivisch mit einem deutlichen Preisanstieg – und entsprechend mehr Einnahmen für den Staat.
Doch wofür diese verwendet werden dürfen, schreibt die EU in der entsprechenden Richtlinie detailliert vor. Neben der Förderung klimafreundlicher Technologien und der internationalen Klimafinanzierung werden darin zwar auch “nationale Klimadividendensysteme” aufgeführt – allerdings mit dem Zusatz, dass diese “nachgewiesene positive Umweltauswirkungen” haben müssen. Und diese Bedingung dürfte bei einer Pro-Kopf-Auszahlung ohne weitere Vorgaben nicht erfüllt sein, schreibt die Stiftung Umweltenergierecht in einer Mitte Januar veröffentlichten Studie. Die EU-Kommission äußerte sich zu dieser Einschätzung auf Anfrage nicht.
Als weiteres mögliches Ausgabenfeld nennt die EU-Richtlinie die “finanzielle Unterstützung, um soziale Aspekte in Haushalten mit niedrigem und mittlerem Einkommen anzugehen”. Ob ein einheitliches Pro-Kopf-Klimageld darunter fallen kann, ist der Studie zufolge aber ebenfalls zweifelhaft. “Die bisher diskutierten Klimageldmodelle aus dem EU-ETS zu finanzieren, wäre mit rechtlichen Unsicherheiten verbunden”, folgert Ronja Busch, Mitarbeiterin der Stiftung Umweltenergierecht und Co-Autorin der Studie. Und auch die Mittel aus dem neu geschaffenen Klima-Sozialfonds der EU, in den künftig ein Teil der CO₂-Einnahmen fließt, kommen für das das Klimageld in seiner derzeit geplanten Form nicht infrage. Denn Zahlungen daraus dürfen nur zeitlich befristet und nur an benachteiligte Haushalte erfolgen.
1. Februar, 16 Uhr, Augsburg / Online
Vortrag Warenketten im Kontext der Klimakrise
Soziologin Karin Fischer von der Universität Linz spricht über Waren- und Lieferketten in der Klimakrise. Der Vortrag gehört zu einer interdisziplinären Vortragsreihe des Zentrums für Klimaresilienz an der Universität Augsburg. Infos
1. Februar, 19 Uhr, Berlin
Filmvorführung und Diskussion 1 Jahr nach Lützerath – Klimabewegung, aber wie?
Die deutsche Klimabewegung ist in der Krise. Im Jahr 2023 wurde das lang besetzte Dorf Lützerath für den Kohleabbau geräumt. Im Jahr 2024 finden zahlreiche Wahlen statt. Die Bewegung will sich wieder einmal neu erfinden, um politische Kraft zu entwickeln. Auf der Veranstaltung diskutieren verschiedene Vertreterinnen und Vertreter der Klimabewegung darüber, wie das funktionieren kann. Infos
5. Februar, 9 Uhr, Potsdam
Workshop Climate Finance and Investment in Times of Crisis: Towards a New Partnership with the Global South
Ziel dieses Workshops ist es, Wissenschaftler zusammenzubringen, die sich aus der Perspektive der internationalen politischen Ökonomie mit dem Thema der Klimafinanzierung beschäftigen. Er wird vom Research Institute for Sustainability – Helmholtz Centre Potsdam (RIFS) organisiert. Infos
6. Februar, 13 Uhr, Neumünster
Konferenz PowerNet 2024
Die Landesregierung möchte Schleswig-Holstein zum ersten klimaneutralen Industrieland entwickeln. Auf der Konferenz PowerNet können sich dazu Akteure und Akteurinnen vernetzen. Infos
6. Februar, Brüssel
Präsentation EU Klimaziel für 2040
Die EU-Kommission präsentiert ihr Klimaziel für 2040 sowie das Treibhausgas-Budget für 2030 bis 2050. Infos
6. Februar, 10 Uhr, Berlin
Konferenz Exit Plastik
Diese Konferenz zum Thema “Exit-Plastik” findet in den Räumen der Heinrich-Böll-Stiftung statt. Es gibt dabei sowohl einen Runden Tisch für NGOs als auch öffentliche Diskussionen. Infos
7. Februar, 10.30 Uhr, Online
Webinar Klimaneutrale Kommunen – Eine Gemeinschaftsaufgabe
Klimaschutz fängt bei den Kommunen an. Ihr Einsatz für mehr Nachhaltigkeit ist maßgeblich für die Klimaneutralität. Wie der aussehen kann, diskutieren unter anderem Experten vom Thinktank Wuppertal Institut. Infos
7. Februar, 14.30 Uhr, Brüssel / Online
Seminar Hydrogen Bank: A Game Changer?
Die Veranstaltung des European Roundtable on Climate Change and Sustainable Transition diskutiert kritisch über die Struktur der geplanten Wasserstoffbank. Infos
7. Februar, 19 Uhr, Berlin
Buchpräsentation Bausteine für Klimagerechtigkeit
Das Konzeptwerk Neue Ökonomie hat das Buch “Bausteine für Klimagerechtigkeit” veröffentlicht. In einem interaktiven Format wird es bei dieser Buchpräsentation vorgestellt. Am 8. Februar findet dieselbe Präsentation in Leipzig statt. Infos
8. Februar
Wahlen Parlamentswahlen in Pakistan
Das Land mit rund 240 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern wählt ein neues Parlament. Im Vorfeld der Wahlen hatte es immer wieder Sorgen über die Einflussnahme des Militärs gegeben.
Das Verbrennen von Kohle für die Stromerzeugung hat 2023 weltweit seinen Höhepunkt erlebt und geht in den kommenden Jahren zurück. Das kalkuliert die Internationale Energieagentur IEA in ihrem Ausblick “Elektrizität” für 2024 bis 2026. Schon 2024 werde der Kohleanteil am weltweiten Strommix um drei Prozent sinken, heißt es. In den folgenden Jahren werde sich dieser Trend fortsetzen, allerdings beträgt der erwartete Rückgang dann nur etwa ein Prozent jährlich. Bis 2026 soll der Anteil der Fossilen an der Stromerzeugung auf 54 Prozent sinken, zum ersten Mal seit 50 Jahren unter die 60-Prozent-Marke.
Die IEA nimmt dafür an, dass der Strom aus Wasserkraft, der im Dürrejahr 2023 deutlich zurückging, wieder sein normales Niveau erreichen wird. Der Anteil von Gas werde etwa um ein Prozent jährlich wachsen. Die IEA, Energiebehörde der OECD-Länder, sieht in den nächsten Jahren drei wichtige Meilensteine in der globalen Stromversorgung:
Gleichzeitig die Energiewende voranbringen und die Ukraine wirtschaftlich unterstützen: Dieses Ziel verfolgen der Thinktank Liberale Moderne (LibMod) und der Lobby-Verband Zukunft Gas mit einer gemeinsamen Initiative. Sie setzen sich dafür ein, dass Deutschland künftig in großem Stil Biomethan aus der Ukraine importiert.
In einem Policy Paper hatten sie im vergangenen Herbst die Potenziale dieser Zusammenarbeit dargestellt und zudem analysiert, woran ein solcher Import bisher scheitert. Dem Papier zufolge könnte das Land im Jahr 2030 etwa elf Terawattstunden (TWh) Biomethan erzeugen, im Jahr 2050 könnten es 50 TWh sein. Das Gesamtpotenzial wird mit 110 TWh jährlich angegeben. Die notwendige Biomasse würde dabei zu zwei Dritteln aus Ernterückständen und Abfällen bestehen und zu einem Drittel aus Maissilage.
Bei einem parlamentarischen Abend warben die Initiatoren am Dienstag um Unterstützung für ihr Konzept. Der ehemalige Grünen-Politiker und jetzige LibMod-Geschäftsführer Ralf Fücks betonte, dass die Technik und die Pipelines bereits existierten, sodass Biomethan aus der Ukraine – anders als Wasserstoff – kurzfristig genutzt werden könnte, um fossiles Erdgas zu ersetzen. Für das Projekt, “das ein Stück Hoffnung und Zuversicht stiften kann”, brauche es “mehr Geschwindigkeit”, forderte Fücks.
Zumindest bei den anwesenden Politikern stieß er damit auf Zustimmung. Nicht nur FDP-Klimaexperte und -Fraktionsvize Lukas Köhler und Grünen-Außenpolitiker Robin Wagener stellten sich hinter das Projekt. Auch aus dem Bundeswirtschaftsministerium kamen positive Signale: Der Parlamentarische Staatssekretär Michael Kellner stellte Unterstützung in Aussicht – sofern sichergestellt sei, dass man sich in der Herstellung “auf Rest- und Abfallstoffe fokussiert”, Nachhaltigkeitskriterien eingehalten werden und die lokale Nutzung von Biomethan in der Ukraine mitgedacht werde.
Bis zu einer Umsetzung ist es aber trotzdem noch ein weiter Weg. Um auch für mit im Ausland produziertem Biomethan erzeugten Strom eine EEG-Vergütung zu erhalten, muss das Gesetz geändert werden. Zudem ist eine offizielle bilaterale Kooperation zwischen Deutschland und der Ukraine notwendig, damit das ukrainische Biogas den notwendigen Herkunftsnachweis erhalten kann.
Im Umwelt- und im Landwirtschaftsministerium gibt es dem Vernehmen nach Vorbehalte, weil man dort die verstärkte Nutzung von Biogas generell skeptisch sieht. Zudem muss die Ukraine den Export von Biomethan über Pipelines noch genehmigen, und die Investitionen müssen abgesichert werden. mkr
Umwelt- und Klimaorganisationen und die Industriegewerkschaft IGBCE rufen die Bundesregierung zu einer Reform der Schuldenbremse, zur Einrichtung eines Sondervermögens für Klimaschutz und zur “Stärkung der Einnahmenseite” auf. In der aktuellen Haushaltsdebatte müssten diese Vorschläge “vorurteilsfrei geprüft werden”, so Germanwatch, der WWF, der Deutsche Naturschutzring (DNR) und die Gewerkschaft für Bergbau, Chemie, Energie (IGBCE).
Die Sparpolitik der Regierung führe dazu, dass “dringende Investitionen in die Klimaneutralität nicht getätigt” würden, so der Vorwurf der Verbände. Dadurch werden Deutschlands Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitsplätze sowie das Erreichen der Klimaziele gefährdet. Investitionen in die Klima-Transformation dürften nicht gegen den sozialen Ausgleich ausgespielt werden, mahnen die Organisationen. Christoph Bals, politischer Geschäftsführer von Germanwatch, fordert, neben der Aufnahme neuer Schulden müsste auch über den Abbau fossiler Subventionen und eine “Erweiterung der Steuerbasis, etwa auf Finanzmarkteinkommen”, debattiert werden.
Auch die sogenannten Wirtschaftsweisen (Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung – SVR) haben sich am Dienstag für eine Überarbeitung der Schuldenregeln ausgesprochen. Die Regierung solle “Spielräume schaffen, sodass man zukunftsorientierte öffentliche Ausgaben tätigen kann, ohne dabei die Tragfähigkeit der Staatsfinanzen auszuhöhlen”, sagte die Ökonomin Monika Schnitzler, die dem SVR vorsitzt.
Auch aus der Wirtschaft mehren sich die Stimmen zur Reform der Schuldenbremse. Am Wochenende hatte die Stiftung Klimawirtschaft einen Appell veröffentlicht, dem sich mehr als 50 Unternehmen angeschlossen haben. Unternehmen wie Thyssenkrupp, Salzgitter AG und die Wacker AG fordern darin eine “Weiterentwicklung der Schuldenbremse”, um “Investitionen hin zu einer klimaneutralen Wirtschaft zu ermöglichen, die wiederum Folgeinvestitionen der Privatwirtschaft auslösen”. nib
Trotz verschärfter EU-Regeln wächst laut einer neuen Studie bei den CO₂-Emissionen die Kluft zwischen Pkw-Herstellerangaben einerseits und den Werten im realen Betrieb andererseits. Demnach ist die Differenz zwischen 2018 und 2022 von acht auf 14 Prozent gewachsen. Das geht aus einer Studie der Forschungsorganisation International Council on Clean Transportation (ICCT) hervor, die Table.Media exklusiv vorliegt.
Die Ergebnisse stellen die Wirksamkeit der CO₂-Reduktionsmaßnahmen der EU infrage. Laut EU-Angaben sollten die Emissionen zwischen 2018 und 2022 eigentlich um rund 7,3 Prozent gesunken sein. Die ICCT-Studie lässt dies nun in einem anderen Licht erscheinen. Von der erzielten Reduktion um 7,3 Prozent auf dem Papier blieben dann im Realbetrieb auf der Straße mit 2,3 Prozent nur weniger als ein Drittel übrig. Demnach würden die Bemühungen der EU zur Verringerung der verkehrsbedingten CO₂-Emissionen von den Herstellern untergraben.
Um dem entgegenzuwirken, wurde 2017 in der Folge des Dieselskandals, den der ICCT mit aufgedeckt hatte, das weltweit harmonisierte Prüfverfahren WLTP für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge eingeführt. Dabei werden auch Daten aus dem realen Fahrbetrieb gesammelt. Diese Werte sollten repräsentativer sein als die des reinen Labortest-Zyklus NEFZ.
Doch auch das WLTP erscheint dem ICCT jetzt als unzureichend. “Unsere Analyse zeigt, dass die Differenz zwischen den offiziellen Angaben und den realen CO₂-Emissionen auch nach Einführung von WLTP wieder wächst“, sagt Jan Dornoff, leitender Wissenschaftler beim ICCT und Mitverfasser des Berichts. “Wird hier nicht gegengesteuert, verlieren die offiziellen CO₂-Emissionswerte zunehmend an Aussagekraft für die tatsächlichen Emissionen. So kommen dann auch die verpflichtend vorgesehenen Reduktionen der offiziellen Werte nicht in der realen Welt an.”
Erst vergangene Woche hatte der Europäische Rechnungshof in seinem Sonderbericht “Reduktion der CO₂-Emissionen von Pkw” der CO₂-Flottenregulierung der EU ein schlechtes Zeugnis ausgestellt: Bis 2020 sei “der angestrebte Nutzen der Verordnung weitgehend hinfällig” gewesen. Der Ausstoß von CO₂-Emissionen durch Neufahrzeuge sei kaum oder gar nicht zurückgegangen. Das habe vor allem daran gelegen, “dass sich die Hersteller auf die Verringerung der im Labor gemessenen Emissionen statt auf die Verringerung der tatsächlichen Emissionen konzentrierten”. löh
CDU-Energiepolitiker Jens Spahn hat sich für die Speicherung von Kohlendioxid aus der Stromproduktion ausgesprochen. Im Rahmen der Kraftwerksstrategie sollten zunächst “einfache Gaskraftwerke von der Stange” gebaut und “perspektivisch mit Technologie” für Carbon Capture and Storage (CCS) ausgerüstet werden.
“So werden die Kraftwerke CO₂-neutral und der Einstieg in CCS-Technik wird angestoßen”, sagte der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag im Gespräch mit Table.Media. Allerdings sind die Wirkungsgrade von CCS sehr gering, sodass die Kraftwerke in der Realität nicht CO₂-neutral wären. Laut Weltklimarat müssten Kraftwerke mit CCS mindestens 90 Prozent des CO₂ abscheiden und speichern. Diese Wirkungsgrade werden in der Praxis trotz größter Versprechen der Betreiber häufig weit verfehlt. Zudem gelten CCS-Anlagen nicht als Massenware und müssten auf jeden Kraftwerkstyp zugeschnitten werden.
Spahn, der die Fraktion bei den Themen Wirtschaft, Klima und Energie vertritt, sieht in seinem Vorschlag einen preisgünstigeren Ansatz als die vom BMWK favorisierten Lösungen zum Bau neuer Gaskraftwerke, die perspektivisch auf Wasserstoff umgestellt werden sollen. “Wir erwarten, dass die Ampel für beide alternative Optionen einen vergleichenden Kosten- und Zeitplan vorlegt.”
Bislang hatte sich auch die CDU/CSU-Fraktion für wasserstofffähige Kraftwerke starkgemacht, die die erneuerbare Stromproduktion aus Wind und Sonne in Zeiten von “Dunkelflauten” im Winter ersetzen sollen. In einem Positionspapier aus dem Jahr 2023 werden CO₂-Speicherungstechnologien als “komplementäre Instrumente” betrachtet, um “Restemissionen” aus der Industrie aufzufangen.
Andreas Jung, klima- und energiepolitischer Sprecher der Fraktion, hatte noch letzte Woche auf Instagram für Gaskraftwerke argumentiert, “die dann baldmöglichst auf Wasserstoff umgestellt werden”.
CCS wurde bei der COP28 als teure und energieintensive Technik kritisiert, die die Abhängigkeit der Welt von fossilen Energien weiterführen könnte. Experten aus der Energiewirtschaft halten die CO₂-Abscheidung zudem für sehr teuer. Neben einem zu bauenden Wasserstoffkernnetz müsste außerdem ein CO₂-Pipelinenetz errichtet werden, um das Klimagas zu Lagerstätten etwa in Norwegen zu transportieren.
In der vom BMWK mehrfach verschobenen, nun aber laut Minister Habeck “entscheidungsreifen” Kraftwerksstrategie wird CCS wohl keine Rolle spielen. Allerdings gibt es in der FDP und SPD einzelne Stimmen, die sich ebenfalls für die Speicherung von Kohlendioxidemissionen aus der Stromproduktion aussprechen. Auch die EU-Kommission, die CCS bislang nur für besondere Industrieprozesse vorgesehen hatte, signalisierte zuletzt ein Umsteuern. av/nib
Die volkswirtschaftlichen Gewinne einer Transformation der globalen Agrar- und Ernährungssysteme hin zu mehr Klima- und Biodiversitätsschutz könnten bis 2050 zwischen fünf und zehn Billionen US-Dollar jährlich betragen. Die Kosten hingegen lägen bei nur 200 bis 500 Milliarden US-Dollar pro Jahr. Das ist das Ergebnis einer Studie der Food System Economics Commission (FSEC). Der Kommission gehören Institutionen wie das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, die Weltbank und die Weltgesundheitsorganisation an. Die Forschungsarbeit dauerte vier Jahre.
Die hohen Gewinne ergeben sich daraus, dass die Agrar- und Ernährungssysteme laut Studie derzeit 15 Billionen US-Dollar pro Jahr an nicht-berücksichtigten Kosten verursachen. Allein rund elf Billionen US-Dollar davon entfielen auf die ökonomischen Kosten geringerer Produktivität, die eine Folge von Übergewicht und Unterernährung sind. Für das Klima und die Umwelt verursachen aktuelle Ernährungssysteme Kosten von rund drei Billionen Dollar im Jahr. Emissionen daraus tragen auch zu rund einem Drittel der globalen CO₂-Emissionen bei.
Konkret bedeutet eine solche Transformation laut Johan Rockström, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK), den Anteil von tierischen Lebensmitteln besonders in Industrienationen zu reduzieren. Außerdem sei eine Abkehr von Monokulturen notwendig und der Einsatz von Düngemitteln müsste reformiert werden.
Für die Transformation von Agrar- und Ernährungssystemen gebe es fünf Prioritäten, schreiben die Forschenden:
Anfang Januar erlebte Nordeuropa eine ungewöhnliche Kälteperiode, verursacht durch kalte Luft aus der Arktis. Im schwedischen Vittangi fiel die Temperatur am 5. Januar auf -44,6 Grad. Das war der tiefste Wert, der seit Beginn des laufenden Jahrhunderts in Finnland, Schweden und Norwegen gemessen wurde. Nordamerika verzeichnete im Januar ebenfalls ungewöhnlich niedrige Temperaturen. Besteht ein Zusammenhang zur Erderwärmung? Das hat jetzt ein internationales Team aus 19 Klimawissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern für Finnland, Schweden und Norwegen in einer ersten Analyse untersucht.
Ihr Ergebnis: Der vom Menschen verursachte Klimawandel macht extrem tiefe Temperaturen in den drei Ländern deutlich unwahrscheinlicher. Die Forschenden warnen dennoch davor, die Gefahr von Kältewellen zu unterschätzen, die beispielsweise für Obdachlose tödlich sein könnten: “Extreme Kälte wird in Nordeuropa weiterhin auftreten, wenn auch weniger häufig”, schreiben sie in der Zusammenfassung ihrer Ergebnisse. Darin liege das Risiko, dass Vorsorge vernachlässigt werde. Doch der Bedarf an verlässlichen Vorhersagen, Frühwarnung und Prävention bleibe anhaltend hoch.
Für ihre Analyse verglichen die Forschenden die tatsächlichen Temperaturen mit Klimamodellen, die eine Welt ohne die menschengemachte Erderwärmung simulierten. Dabei untersuchten sie zwei verschiedene Kälteereignisse: die kälteste Fünf-Tage-Periode in einem Gebiet, das bestimmte Regionen in Norwegen, Schweden und Finnland umfasst, und die kälteste Tagestemperatur an einer Wetterstation in Oslo. Beide Temperaturwerte wären, so die Studie, ohne den Klimawandel noch vier Grad niedriger ausgefallen. Die Wahrscheinlichkeit, dass es zu einer extremen Fünf-Tage-Kälteperiode wie in diesem Januar kommt, wäre ohne den Klimawandel demnach fünfmal höher gewesen, die Wahrscheinlichkeit für die eintägige extreme Kälte sogar zwölfmal höher. ae
Die EU-Wasserstoffstrategie sieht einen ehrgeizigen Wachstumsplan vor: Die Kapazitäten für die Produktion grünen Wasserstoffs sollen von für dieses Jahr geplanten sechs Gigawatt (GW) bis 2030 auf 40 GW gesteigert werden. Das Ziel bis 2050 sind 500 GW. Allerdings betrugen bis Ende 2023 die installierten Kapazitäten nur rund 0,2 GW. Die Gründe: Große Unsicherheiten bei der Regulierung von sauberem Wasserstoff und seinen Derivaten sowie fehlende Abnehmer aufgrund der deutlich höheren Preise gegenüber den fossilen Alternativen.
Die dritte Novelle der Renewable Energy Directive (RED III) hat die Unsicherheiten zum Beispiel durch eine klare Definition der Anforderungen an erneuerbaren Wasserstoff zwar zum großen Teil beseitigt, definiert aber auch ambitionierte Ziele: Schon 2030 soll der gesamte von der Industrie genutzte Wasserstoff zu 42 Prozent erneuerbar sein.
Konkret bedeutet das: Innerhalb der nächsten sechs Jahre muss es möglich werden, allein für Raffinerien, Düngemittel- und Chemieunternehmen zwei bis 3,5 Millionen Tonnen grünen Wasserstoff bereitzustellen – aktuell stehen aber nur circa 50.000 Tonnen sauberer Wasserstoff zur Verfügung.
Schon diese Zahlen zeigen: Der Wasserstoffausbau kann nicht gelingen, wenn niemand voranschreiten möchte. Was wir unter Unternehmen gerade beobachten, ist eine Kultivierung des First-Mover-Nachteils: Wer zuerst in eine neue Technologie investiert, muss auch mit deren “Kinderkrankheiten” umgehen und entsprechende Lösungen erarbeiten. Viele Unternehmen scheuen das Risiko, und Projekte verzögern sich auf unbestimmte Zeit.
Dieses Zögern ist nur menschlich, aber angesichts des notwendigen massiven Umbaus unserer Energiewirtschaft brauchen wir als Gesellschaft und als Ökonomie Unternehmerinnen und Unternehmer, die den Wandel aktiv mitgestalten. Und solche Beispiele gibt es durchaus: Erste Stahlhersteller stehen in den Startlöchern, um die ersten Direktreduktionsanlagen zur Herstellung von grünem Eisen zu betreiben. Einige Energieunternehmen planen wiederum erste Großanlagen zur Erzeugung grünen Wasserstoffs, und viele Raffinerien entwickeln lokale Elektrolyseur-Projekte.
Die Zeiten dafür sind gut, trotz der aktuellen Wirtschaftslage. Das Ziel der EU steht unumstößlich fest, jetzt braucht es das Zusammenspiel von öffentlichen und privaten Stakeholdern. Dafür stehen sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene zahlreiche Förderinstrumente für den Aufbau der Wasserstoffwirtschaft und der notwendigen Infrastruktur bereit, zum Beispiel aus der Aufbau- und Resilienzfazilität (ARF) für die Europäische Wasserstoffbank oder Gelder des Europäischen Innovationsfonds.
Sie sind wesentliche Mittel für Unternehmen, um Risiken zu minimieren und die Kosten für die notwendigen Investitionen zu stemmen. Mindestens fünf Milliarden Euro wurden Unternehmen aus der Stahlindustrie bereits zugesagt.
Die anvisierten Ausbauziele in einem relativ kurzen Zeitraum zu erreichen, ist kein leichtes Unterfangen. Fest steht: Die Kapazitäten der erneuerbaren Stromerzeugung und der Elektrolyseure müssen massiv ausgebaut werden. Das Ziel von sechs GW im Jahr 2024 könnte trotz zahlreicher Projektankündigungen massiv verfehlt werden und müsste entsprechend in den Folgejahren kompensiert werden.
So haben laut dem Global Hydrogen Review 2023 der Internationalen Energieagentur erst vier Prozent der globalen Wasserstoffprojekte einen finalen Investitionsbescheid (FID). Ähnlich gestaltet sich die Situation in Europa. Gleichzeitig fehlt eine hohe Stückzahl an Elektrolyseuren und aktuell sogar die entsprechenden Produktionskapazitäten.
Dazu kommt eine fehlende Infrastruktur. Der politische Wille, das deutsche Wasserstoffkernnetz ab 2028 fertigzustellen, ist zwar ein wesentlicher Schritt. Doch mit Blick auf die Dauer von Planungsverfahren und den Bau von Infrastruktur wird der zeitliche Handlungsdruck noch deutlicher. Ein weiterer Zeitfaktor sind langfristige Kundenstrukturen, die zunächst aufgebaut werden müssen.
Dabei sind vor allem die ersten Produktionskapazitäten auf verlässliche Abnehmer angewiesen, denn vor allem zu Beginn wird grüner Wasserstoff teurer sein als die fossile Alternative. Zusätzlich wird der Transport von Wasserstoff über große Distanzen in Zukunft auch über die Umwandlung von Wasserstoff in Ammoniak erfolgen, da dieser leichter zu transportieren ist. Auch hierfür werden skalierbare technische Lösungen benötigt, die die jeweilige Umwandlung in großen Mengen ermöglichen.
Trotz offener Fragen können Unternehmen von den enormen Potenzialen durch den Aufbau der Wasserstoffwirtschaft profitieren. Sie müssen einen Weg durch die derzeitigen Herausforderungen finden. Vor allem energieintensive Unternehmen sollten jetzt eine Strategie und Roadmap erstellen, um ihren Bezug grünen Wasserstoffs langfristig zu sichern.
Auch hierbei ist es essenziell, bestehende Fördermechanismen zu nutzen sowie mögliche Technologien und Geschäftsmodelle zu analysieren. Gleichzeitig können langfristige Kooperation zwischen Produzenten und Abnehmern die zukünftig benötigten Mengen grünen Wasserstoffs sicherstellen und Planungssicherheit für die ersten Projekte garantieren.
Sind die Ziele der europäischen Regulierung also erreichbar? Nur, wenn Wirtschaft, Politik und Gesellschaft in den nächsten sechs Jahren eng zusammenarbeiten und aktiv den Wandel vorantreiben. Die Ziele der RED III für Wasserstoff sollten dabei als Motivator dienen. Wer sich aktiv einbringt und die Innovation umsetzt, profitiert von wirtschaftlichen Gewinnen – und leistet einen wichtigen Beitrag auf dem Weg zur Energiewende.