von Bonn nach Brüssel sind es nur rund 200 Kilometer. Bis Sonntag schielen Verhandler, Beobachter und Journalisten auf der Bonner Klimakonferenz mit mindestens einem Auge in die EU-Hauptstadt. Seit heute wählen die Europäerinnen und Europäer ein neues EU-Parlament, das dann wiederum über die nächste EU-Kommission entscheidet.
Die letzte Europawahl im Jahr 2019 wurde auch als Klima-Wahl betitelt. Kurz nach ihrer Ernennung stellte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ihren Green Deal vor – jenen Plan, der Europa zum ersten klimaneutralen Kontinent machen soll. Fünf Jahre später macht sich nach all der Euphorie über ambitionierte Klimaschutzpläne auch Ernüchterung breit. Die Kritik an disruptiven Maßnahmen wächst, genauso wie die Sorge vor den Auswirkungen der Klimapolitik auf Wettbewerbsfähigkeit und Wohlstand.
Für die einen geht es bei der Wahl darum, den Green Deal zu retten, ihn gegen Kritik zu verteidigen und weiter auszubauen. Andere lehnen wissenschaftliche Erkenntnisse zum Klimawandel und das Pariser Klimaabkommen rundheraus ab – dazu zählt die AfD. Lisa Kuner hat sich die Positionen der Rechtsextremen angeschaut und analysiert, wie die AfD die Energiewende auf kommunaler Ebene und in den Landtagen tatsächlich bereits verzögert. Blüht uns das bald auch auf EU-Ebene?
Außerdem schauen wir auf die klimapolitischen Aufgaben in der nächsten Legislatur. Wer entscheidet wann über das Klimaziel 2040, wie kommt das EU-NDC für 2035 zustande und wann gibt es eine Einigung zum nächsten Klimaschutzpaket?
Viel Vergnügen mit unserem Wahl-Special mit diesen und anderen Thema. Und falls Sie es nicht sowieso schon getan haben: Gehen Sie wählen!
Alle Texte zur Europawahl 2024 finden Sie hier. Unseren laufend aktualisierten Newsblog können Sie hier verfolgen.
Viel Zeit ist nicht, um die Ergebnisse der Europawahl am Sonntag zu verdauen. Während es für die frisch gewählten Abgeordneten des Europaparlaments zunächst noch keine großen klimapolitischen Entscheidungen zu treffen gilt, geht es für Kommission und Rat beinahe nahtlos weiter. Die Mitgliedstaaten müssen noch über liegengebliebene Gesetze aus der auslaufenden Legislatur entscheiden und die Verhandlungen über das EU-Klimaziel 2040 sowie das nächste NDC starten. Die Kommission und ihre Generaldirektion Klimaschutz arbeiten bereits am nächsten Klimaschutzpaket.
Direkt nach der Wahl werden sich die Mitgliedstaaten noch einmal mit dem strittigsten Dossier des Green Deals befassen. Die belgische Ratspräsidentschaft unternimmt einen weiteren Versuch, das Renaturierungsgesetz doch noch über die Ziellinie zu bringen. Beim Umweltrat am 17. Juni soll es zur finalen Abstimmung der Mitgliedstaaten kommen. Das Parlament hat das Trilog-Ergebnis formal schon durchgewinkt, somit fehlt nur noch die Zustimmung der Ministerinnen und Minister.
Nur wenige Tage darauf hätte Klimaschutz wieder weit oben auf der Agenda stehen sollen – beim EU-Gipfel am 27./28. Juni. Dort werden sich die Staats- und Regierungschefs auf die strategische Agenda einigen – also die Richtung und Ziele der EU-Staaten für die kommenden fünf Jahre. Doch die Mitgliedsstaaten konnten sich nicht auf ambitionierte Klima-Inhalte für die strategische Agenda einigen. Zur Debatte stand, ob sich die Staaten schon hier auf eine eigene Position zum EU-Klimaziel 2040 verständigen würden. Da es Einstimmigkeit braucht, ist eine Einigung jedoch nicht in Sicht. Die Staaten konnten sich bislang weder auf den Kommissionsvorschlag von 90 Prozent CO₂-Reduktion im Vergleich zu 1990 noch auf ein niedrigeres Ziel oder einen Zielkorridor verständigen.
Auch die Bundesregierung hat noch keine geeinte Position für das EU-Klimaziel 2040, obwohl sich Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) Ende April beim Petersberger Klimadialog in Berlin demonstrativ hinter den Kommissionsvorschlag gestellt hatte. Insider aus Brüssel berichten, dass die kommende ungarische Ratspräsidentschaft das Thema beim EU-Gipfel im Dezember aufs Tableau bringen will.
Spätestens im Frühjahr 2025 müssen die EU-Staaten dann auch ihr Klimaziel für 2035 (NDC) bei den Vereinten Nationen hinterlegen. Dafür reicht theoretisch eine qualifizierte Mehrheit im Ministerrat. In der EU-Logik muss dafür allerdings zunächst ein Ziel für 2040 feststehen, aus dem das Ziel für 2035 hervorgeht, was den Prozess zusätzlich verkompliziert. In den Wochen und Monaten nach der Europawahl wird es also mehr um die grundsätzlicheren klimapolitischen Linien gehen, anstatt um regulative Tätigkeiten.
Es sei denn, die neue Kommission gibt dem Druck der EVP nach und macht die Debatte um die CO₂-Flottengrenzwerte für Pkw aus dem Fit-for-55-Paket wieder auf, um das Verbrenner-Aus rückgängig zu machen. Das gilt zwar nicht als sonderlich wahrscheinlich, solange Ursula von der Leyen im Amt bleibt. Vor allem die restlichen deutschen Christdemokraten meinen es dennoch ernst mit ihrem Wunsch, auch nach 2035 noch neue Verbrenner zulassen zu können.
Die klimapolitisch wenig versierte ungarische Ratspräsidentschaft wird sich in der zweiten Jahreshälfte stark zurückhalten. Zum einen, weil keine neuen Vorschläge aus der Kommission zu erwarten sind. Zum anderen, weil sie ihre Prioritäten nicht in der Klimapolitik setzen wird.
Ein neues Gesetzespaket zur Umsetzung des Klimaziels ist erst für 2026 geplant. Anders als das Fit-for-55-Paket zum 2030er-Klimaziel soll es weniger neue Maßnahmen beinhalten, sondern die bestehenden Maßnahmen auf die potenzielle Ambitionserhöhung ausrichten. So könnte beispielsweise das europäische Emissionshandelssystem für Energie und Industrie (ETS 1) auf weitere Industriezweige ausgeweitet werden. Im Fokus steht der Agrar- und Lebensmittelsektor. Auch für die Integration von natürlichen Kohlenstoff-Senken (Carbon Farming) sowie technischen CO₂-Entnahmen (Direct Air Capture) braucht es Lösungen, die beim Klimaziel 2040 eine Rolle spielen werden.
Einige dieser Maßnahmen dürften innerhalb der turnusmäßigen Revisionen der Gesetze umgesetzt werden, die 2026 oder 2027 fällig sind. Darunter fallen das ETS sowie der CO₂-Grenzausgleichsmechanismus CBAM, aber auch die Gemeinsame Agrarpolitik. Erste Vorschläge für die GAP nach 2027 werden für das kommende Jahr erwartet.
Für die kommenden Jahre stellt sich auch die Frage, wie Energie- und Industriewende finanziert werden können. Der Pandemie-Wiederaufbaufonds läuft Ende 2026 aus und die öffentlichen Mittel werden auch durch die neuen EU-Schuldenregeln wieder knapper gehalten. Ein zentrales Anliegen der EU-Kommission und einiger Mitgliedstaatsregierungen ist deshalb die Vertiefung der Kapitalmarktunion. Dies soll europäischen Unternehmen einen einfacheren Zugang zu Finanzmitteln sichern, um in ihr Wachstum zu investieren.
Nationale Hürden könnten diesem Ziel aber weiterhin im Weg stehen. Auch wenn die Kapitalmarktunion zustande kommt, ist nicht garantiert, dass das zusätzliche Kapital in klimafreundliche Maßnahmen fließen wird. Eine weitere Möglichkeit für mehr Finanzmittel bietet der nächste mehrjährige Finanzrahmen der EU (MFF) für die Periode von 2028 bis 2034. Der erste Vorschlag dafür ist Mitte 2025 fällig. Mit János Ammann
Alle Texte zur Europawahl 2024 finden Sie hier. Unseren Newsfeed finden Sie hier.
Nach einem möglichen Stimmenzuwachs der AfD bei den Europawahlen wird der Einfluss der Partei auch auf die Klimapolitik steigen. In Europa, aber vor allem auch bei den ostdeutschen Landtags- und Kommunalwahlen in diesem Jahr kann die in Teilen rechtsextremistische Partei vor allem die Energiewende auf der lokalen Ebene bremsen. Das ist auch das erklärte Ziel der AfD, die als einzige Partei im Bundestag die wissenschaftlichen Erkenntnisse zum Klimawandel und das Pariser Klimaabkommen rundheraus ablehnt.
Die AfD macht in ihrem Europawahlprogramm ihre Positionen zur Klima- und Energiepolitik deutlich:
Viele dieser Positionen übernimmt die Partei von dem sogenannten Europäischen Institut für Klima und Energie (EIKE). Der eingetragene Verein ist für die Leugnung des menschengemachten Klimawandels bekannt und hat Verbindungen zum US-amerikanischen Heartland Institute. Michael Limburg, Vize-Vorsitzender von EIKE, war zeitweise Mitarbeiter des AfD-Bundestagsabgeordneten Karsten Hilse.
Grundsätzlich stellt sich die Partei gegen den Ausbau von Erneuerbaren, oftmals mit dem Argument, dass sie keine Energiesicherheit bieten könnten. Windenergie ist ihr ein besonderer Dorn im Auge, aber auch Solarflächen beanspruchen aus ihrer Sicht wertvolles Ackerland. Manchmal bringt die AfD dabei auch Natur- und Umweltschutz gegen Klimaschutz auf: Biodiversität oder Schutz von einzelnen Vögeln sind ihr besonders dann wichtig, wenn sie den Ausbau von Windparks verhindern können.
Auf aktuellen Wahlplakaten kann man so auch lesen “Naturschutz ist Heimatschutz” und Hilse meint: “Klimaschutz und Naturschutz stehen sich diametral gegenüber”, für den Naturschutz müssten Anlagen der Erneuerbaren zurückgebaut werden.
Karsten Hilse, klimapolitischer Sprecher der AfD, erklärte Ende des vergangenen Jahres in einer Rede im Bundestag, dass der Einfluss von “menschengemachten CO₂-Emissionen” auf das Klima eine unbelegte Hypothese sei. Emissionsreduktion habe keinen Effekt auf das Klima, führe aber zu Wohlstandsverlust. In einer anderen Rede sprach er in Bezug auf das Gebäudeenergiegesetz von “Klimaideologie”.
Auf Anfrage von Table.Briefings teilte Hilse mit, dass Daten “weltweit weder eine Steigerung von Extremwettern wie Starkregen noch Dürren” zeigten. Extreme “Wettererscheinungen” habe es immer gegeben. Er behauptet, in wärmeren Phasen “ging es Flora und Fauna gut und die menschliche Entwicklung war positiv”. Für ihn ist klar: Das Klima könne man nicht schützen, sondern sich nur daran anpassen. Eine AfD- geführte Regierung wolle außerdem aus dem Pariser Klimaabkommen aussteigen.
Wie die AfD auch ohne Regierungsbeteiligung die Klimapolitik gestaltet und die Energiewende bremst, zeigte sich in Thüringen im Dezember 2023: Mit FDP und CDU stimmt die AfD für die Veränderung des Waldgesetzes und damit auch gegen einen raschen Ausbau von Windenergie. Experten gehen nämlich davon aus, dass eine Passage im Gesetz den Bau von Windparks erschwert: “Die Ausgleichsaufforstung soll nicht auf für den landwirtschaftlichen Betrieb bestimmten Flächen vorgenommen werden”, heißt es. Damit könnten Windparks in Waldgebieten erschwert, wenn nicht sogar unmöglich gemacht wird.
Mit ihrer extremen, wissenschaftsfeindlichen Position in Sachen Klima und Energie unterscheide sich die AfD auch von anderen rechtspopulistischen Parteien in Europa, erklärt Axel Salheiser. Er ist wissenschaftlicher Leiter des Instituts für Demokratie und Zivilgesellschaft in Jena und forscht dort zu Rechtspopulismus im Kontext globaler ökologischer Krisen. “Das ist eine rein ideologische Position”, meint der Wissenschaftler. Wahrscheinlich würden viele AfD-Politiker diese Thesen selbst nicht glauben.
Die Partei baut ihre Argumentation strategisch auf, gegen eine angebliche “Gängelungspolitik von oben”. Auch Verschwörungserzählungen tauchen dabei auf – Klimapolitik, so heißt es, wolle den “Great Reset”, den Austausch der Bevölkerung, vorantreiben. Eine andere Erzählung lautet: Klimapolitik zerstöre völlig sinnlos den Wohlstand. Die “sogenannte Energiewende” führe “zu den höchsten Energiepreisen der Welt führt, welches das Leben der Menschen teurer macht und die Industrie entweder aufgeben oder ins Ausland abwandern lässt” behauptete etwa Karsten Hilse.
Seine Partei formuliert in der Klimapolitik vor allem Protest: gegen das Gebäudeenergiegesetz, die Klimadiplomatie auf Konferenzen oder den Green Deal der EU. “Die AfD springt auf jeden Prostest gegen Windräder auf”, sagt auch Anika Taschke von der Rosa-Luxemburg-Stiftung. Damit heize sie die Stimmung bei einem ohnehin umstrittenen Thema weiter auf und polarisiere die Gesellschaft.
Die demokratischen Parteien berufen sich im Umgang mit der AfD auf eine “Brandmauer”, die jegliche Art von Kooperation und Zusammenarbeit mit der Partei ausschließt. Eine Auswertung der Rosa-Luxemburg-Stiftung zählte allerdings auf kommunaler Ebene bereits Anfang des Jahres 121 Fälle von Kooperation mit der Partei in Ostdeutschland. Die häufigste Form davon waren gemeinsame Abstimmungen mit der Partei. Die CDU kooperierte demnach am häufigsten mit den Rechtspopulisten, aber auch für alle andere Parteien konnte die Studie Kooperationen nachweisen.
Klima- und Energiepolitik sind nicht der Fokus der Partei, aber dennoch gibt es einige Fälle, bei denen sie auch dort agiert. Einige Beispiele:
Alle bisher erschienenen Texte der Serie “Zwischen Provokation und Protest – Die Strategien der AfD” finden Sie hier.
Die EU-Staaten, die EU-Kommission und die Europäische Investitionsbank (EIB) haben im Jahr 2022 insgesamt 28,8 Milliarden Euro für die globale Klimafinanzierung bereitgestellt. Ein Anstieg von 6,5 Milliarden im Vergleich zu 2021. Das geht aus einer neuen Analyse des Climate Action Networks (CAN) hervor, die am Donnerstag vorgestellt wurde. Den größten Anteil (fast 22 Milliarden Euro) trugen die Staaten bei. Deutschland (knapp 9,5 Milliarden) und Frankreich (7,6 Milliarden) sind die größten Geber. Allerdings gibt Frankreich einen sehr großen Teil über Kredite (84 Prozent), was die Studienautoren kritisieren, da es die Schuldenlast in den Empfängerstaaten vergrößern kann.
Auch die Europäische Investitionsbank gibt nach diesen Informationen immer weniger Geld zu vergünstigten Konditionen. Konzessionäre Kredite machten 2022 nur noch zwei Prozent der Klimafinanzierung aus. 2017 waren es noch 19 Prozent. Zudem stiegen die Zinsen der Kredite, die die EIB zu Marktkonditionen vergeben hat, in den letzten Jahren an, so die Autoren. Nur 37 Prozent der Klimafinanzierung aus Europa floss in den Bereich der Klimaanpassung. Die am wenigstens entwickelten Staaten erhielten lediglich 18 Prozent der Klimafinanzierung. nib
Aufmerksamkeit für die “vergessene Lösung” Moore als Klimaschützer zu erregen – das war eines der Ziele beim “Global Landscape Forum” (GLF), das am Donnerstag kurz vor der EU-Wahl am Rand der Bonner Zwischenkonferenz SB60 stattfand. Wenige Tage vor der EU-Wahl forderten die Wissenschaftler von der internationalen Politik, den Schutz der Moore zu priorisieren und mehr Finanzmittel für Moorschutz-Projekte bereitzustellen.
Dabei ist das auf europäischer Ebene höchst umstrittene EU-Renaturierungsgesetz für die Moorschützer ein großer Schritt in die richtige Richtung. Im Februar hatte das EU-Parlament mit knapper Mehrheit für das Gesetz gestimmt. Bis 2030 müssen die Länder demnach 20 Prozent der geschädigten Lebensräume wieder herstellen. Das Gesetz muss jetzt noch vom Rat verabschiedet werden.
Das GLF betitelt sich selbst als weltweit größte wissensgestützte Plattform für nachhaltige und integrative Landschaften. In diesem Jahr stand die Konferenz unter dem Motto “Moore: die vergessene Klima-Lösung”. Rund 50 Politiker und Wissenschaftlerinnen aus der ganzen Welt haben sich in Bonn getroffen, um über internationale Projekte im Moorschutz zu sprechen und sich auszutauschen. Online nahmen rund 150 Menschen teil.
Der Hintergrund: Die EU hat viele Moore, oft kleine Flächen, die in ganz Europa verteilt sind. Würden alle Moore in der EU wieder vernässt werden, könnten fünf Prozent der europäischen Treibhausgasemissionen eingespart werden. Dazu kommen die Nutzen für das Ökosystem: Kühlung der Umgebung, Hochwasserschutz und Grundwasserspeicherung.
Trotzdem wurden Moore lange zum Beispiel für landwirtschaftliche Nutzung still gelegt und entwässert. Damit treten nicht nur die gespeicherten CO₂-Emissionen wieder aus, sondern das Potenzial der Moore, CO₂ zu speichern, wird deutlich geschwächt. “Die Aufmerksamkeit auf Moore als Klimaschützer ist zum Glück gestiegen”, sagt Jochen Flasbarth, Staatssekretär im Entwicklungsministerium, beim GLF in einer Videobotschaft. Er betonte, wie wichtig es sei, in Deutschland und Europa Moore so schnell wie möglich zu renaturieren.
Denn die Hälfte der Moore innerhalb der EU gelten als beschädigt. “Wir haben in der EU einen sehr schlechten Zustand der Moore”, sagt Franziska Tanneberger, Leiterin des Greifswald Moor Zentrum, gegenüber Table.Briefings. Die Flächenziele für Renaturierung, die politisch schon gelten oder diskutiert werden, seien noch nicht kompatibel mit dem Pariser 1,5-Grad-Ziel. “Es wurde in den letzten Jahrhunderten sehr viel Geld und Kraft darauf verwendet, Moore zu entwässern, diese Kraft brauchen wir jetzt wieder, um Moore zu revitalisieren“, sagt sie. Moorschutz müsse priorisiert werden.
Das GLF betonte, man müsse mit den Menschen und Landwirten, denen die Moorflächen gehören, zusammenarbeiten. “Oft haben die Menschen eine emotionale Bindung an die Flächen, die Generationen vor ihnen mit harter Arbeit entwässert haben”, sagt Tanneberger. Es sei wichtig, ihnen zu zeigen, dass Moorschutz auch eine nachhaltige Nutzung ermöglichen kann. Tanneberger forscht zum Beispiel gerade zu Produkten aus Landwirtschaft auf nassen Mooren. Nötig seien auch weltweit bessere Daten über Moore. seh
von Bonn nach Brüssel sind es nur rund 200 Kilometer. Bis Sonntag schielen Verhandler, Beobachter und Journalisten auf der Bonner Klimakonferenz mit mindestens einem Auge in die EU-Hauptstadt. Seit heute wählen die Europäerinnen und Europäer ein neues EU-Parlament, das dann wiederum über die nächste EU-Kommission entscheidet.
Die letzte Europawahl im Jahr 2019 wurde auch als Klima-Wahl betitelt. Kurz nach ihrer Ernennung stellte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ihren Green Deal vor – jenen Plan, der Europa zum ersten klimaneutralen Kontinent machen soll. Fünf Jahre später macht sich nach all der Euphorie über ambitionierte Klimaschutzpläne auch Ernüchterung breit. Die Kritik an disruptiven Maßnahmen wächst, genauso wie die Sorge vor den Auswirkungen der Klimapolitik auf Wettbewerbsfähigkeit und Wohlstand.
Für die einen geht es bei der Wahl darum, den Green Deal zu retten, ihn gegen Kritik zu verteidigen und weiter auszubauen. Andere lehnen wissenschaftliche Erkenntnisse zum Klimawandel und das Pariser Klimaabkommen rundheraus ab – dazu zählt die AfD. Lisa Kuner hat sich die Positionen der Rechtsextremen angeschaut und analysiert, wie die AfD die Energiewende auf kommunaler Ebene und in den Landtagen tatsächlich bereits verzögert. Blüht uns das bald auch auf EU-Ebene?
Außerdem schauen wir auf die klimapolitischen Aufgaben in der nächsten Legislatur. Wer entscheidet wann über das Klimaziel 2040, wie kommt das EU-NDC für 2035 zustande und wann gibt es eine Einigung zum nächsten Klimaschutzpaket?
Viel Vergnügen mit unserem Wahl-Special mit diesen und anderen Thema. Und falls Sie es nicht sowieso schon getan haben: Gehen Sie wählen!
Alle Texte zur Europawahl 2024 finden Sie hier. Unseren laufend aktualisierten Newsblog können Sie hier verfolgen.
Viel Zeit ist nicht, um die Ergebnisse der Europawahl am Sonntag zu verdauen. Während es für die frisch gewählten Abgeordneten des Europaparlaments zunächst noch keine großen klimapolitischen Entscheidungen zu treffen gilt, geht es für Kommission und Rat beinahe nahtlos weiter. Die Mitgliedstaaten müssen noch über liegengebliebene Gesetze aus der auslaufenden Legislatur entscheiden und die Verhandlungen über das EU-Klimaziel 2040 sowie das nächste NDC starten. Die Kommission und ihre Generaldirektion Klimaschutz arbeiten bereits am nächsten Klimaschutzpaket.
Direkt nach der Wahl werden sich die Mitgliedstaaten noch einmal mit dem strittigsten Dossier des Green Deals befassen. Die belgische Ratspräsidentschaft unternimmt einen weiteren Versuch, das Renaturierungsgesetz doch noch über die Ziellinie zu bringen. Beim Umweltrat am 17. Juni soll es zur finalen Abstimmung der Mitgliedstaaten kommen. Das Parlament hat das Trilog-Ergebnis formal schon durchgewinkt, somit fehlt nur noch die Zustimmung der Ministerinnen und Minister.
Nur wenige Tage darauf hätte Klimaschutz wieder weit oben auf der Agenda stehen sollen – beim EU-Gipfel am 27./28. Juni. Dort werden sich die Staats- und Regierungschefs auf die strategische Agenda einigen – also die Richtung und Ziele der EU-Staaten für die kommenden fünf Jahre. Doch die Mitgliedsstaaten konnten sich nicht auf ambitionierte Klima-Inhalte für die strategische Agenda einigen. Zur Debatte stand, ob sich die Staaten schon hier auf eine eigene Position zum EU-Klimaziel 2040 verständigen würden. Da es Einstimmigkeit braucht, ist eine Einigung jedoch nicht in Sicht. Die Staaten konnten sich bislang weder auf den Kommissionsvorschlag von 90 Prozent CO₂-Reduktion im Vergleich zu 1990 noch auf ein niedrigeres Ziel oder einen Zielkorridor verständigen.
Auch die Bundesregierung hat noch keine geeinte Position für das EU-Klimaziel 2040, obwohl sich Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) Ende April beim Petersberger Klimadialog in Berlin demonstrativ hinter den Kommissionsvorschlag gestellt hatte. Insider aus Brüssel berichten, dass die kommende ungarische Ratspräsidentschaft das Thema beim EU-Gipfel im Dezember aufs Tableau bringen will.
Spätestens im Frühjahr 2025 müssen die EU-Staaten dann auch ihr Klimaziel für 2035 (NDC) bei den Vereinten Nationen hinterlegen. Dafür reicht theoretisch eine qualifizierte Mehrheit im Ministerrat. In der EU-Logik muss dafür allerdings zunächst ein Ziel für 2040 feststehen, aus dem das Ziel für 2035 hervorgeht, was den Prozess zusätzlich verkompliziert. In den Wochen und Monaten nach der Europawahl wird es also mehr um die grundsätzlicheren klimapolitischen Linien gehen, anstatt um regulative Tätigkeiten.
Es sei denn, die neue Kommission gibt dem Druck der EVP nach und macht die Debatte um die CO₂-Flottengrenzwerte für Pkw aus dem Fit-for-55-Paket wieder auf, um das Verbrenner-Aus rückgängig zu machen. Das gilt zwar nicht als sonderlich wahrscheinlich, solange Ursula von der Leyen im Amt bleibt. Vor allem die restlichen deutschen Christdemokraten meinen es dennoch ernst mit ihrem Wunsch, auch nach 2035 noch neue Verbrenner zulassen zu können.
Die klimapolitisch wenig versierte ungarische Ratspräsidentschaft wird sich in der zweiten Jahreshälfte stark zurückhalten. Zum einen, weil keine neuen Vorschläge aus der Kommission zu erwarten sind. Zum anderen, weil sie ihre Prioritäten nicht in der Klimapolitik setzen wird.
Ein neues Gesetzespaket zur Umsetzung des Klimaziels ist erst für 2026 geplant. Anders als das Fit-for-55-Paket zum 2030er-Klimaziel soll es weniger neue Maßnahmen beinhalten, sondern die bestehenden Maßnahmen auf die potenzielle Ambitionserhöhung ausrichten. So könnte beispielsweise das europäische Emissionshandelssystem für Energie und Industrie (ETS 1) auf weitere Industriezweige ausgeweitet werden. Im Fokus steht der Agrar- und Lebensmittelsektor. Auch für die Integration von natürlichen Kohlenstoff-Senken (Carbon Farming) sowie technischen CO₂-Entnahmen (Direct Air Capture) braucht es Lösungen, die beim Klimaziel 2040 eine Rolle spielen werden.
Einige dieser Maßnahmen dürften innerhalb der turnusmäßigen Revisionen der Gesetze umgesetzt werden, die 2026 oder 2027 fällig sind. Darunter fallen das ETS sowie der CO₂-Grenzausgleichsmechanismus CBAM, aber auch die Gemeinsame Agrarpolitik. Erste Vorschläge für die GAP nach 2027 werden für das kommende Jahr erwartet.
Für die kommenden Jahre stellt sich auch die Frage, wie Energie- und Industriewende finanziert werden können. Der Pandemie-Wiederaufbaufonds läuft Ende 2026 aus und die öffentlichen Mittel werden auch durch die neuen EU-Schuldenregeln wieder knapper gehalten. Ein zentrales Anliegen der EU-Kommission und einiger Mitgliedstaatsregierungen ist deshalb die Vertiefung der Kapitalmarktunion. Dies soll europäischen Unternehmen einen einfacheren Zugang zu Finanzmitteln sichern, um in ihr Wachstum zu investieren.
Nationale Hürden könnten diesem Ziel aber weiterhin im Weg stehen. Auch wenn die Kapitalmarktunion zustande kommt, ist nicht garantiert, dass das zusätzliche Kapital in klimafreundliche Maßnahmen fließen wird. Eine weitere Möglichkeit für mehr Finanzmittel bietet der nächste mehrjährige Finanzrahmen der EU (MFF) für die Periode von 2028 bis 2034. Der erste Vorschlag dafür ist Mitte 2025 fällig. Mit János Ammann
Alle Texte zur Europawahl 2024 finden Sie hier. Unseren Newsfeed finden Sie hier.
Nach einem möglichen Stimmenzuwachs der AfD bei den Europawahlen wird der Einfluss der Partei auch auf die Klimapolitik steigen. In Europa, aber vor allem auch bei den ostdeutschen Landtags- und Kommunalwahlen in diesem Jahr kann die in Teilen rechtsextremistische Partei vor allem die Energiewende auf der lokalen Ebene bremsen. Das ist auch das erklärte Ziel der AfD, die als einzige Partei im Bundestag die wissenschaftlichen Erkenntnisse zum Klimawandel und das Pariser Klimaabkommen rundheraus ablehnt.
Die AfD macht in ihrem Europawahlprogramm ihre Positionen zur Klima- und Energiepolitik deutlich:
Viele dieser Positionen übernimmt die Partei von dem sogenannten Europäischen Institut für Klima und Energie (EIKE). Der eingetragene Verein ist für die Leugnung des menschengemachten Klimawandels bekannt und hat Verbindungen zum US-amerikanischen Heartland Institute. Michael Limburg, Vize-Vorsitzender von EIKE, war zeitweise Mitarbeiter des AfD-Bundestagsabgeordneten Karsten Hilse.
Grundsätzlich stellt sich die Partei gegen den Ausbau von Erneuerbaren, oftmals mit dem Argument, dass sie keine Energiesicherheit bieten könnten. Windenergie ist ihr ein besonderer Dorn im Auge, aber auch Solarflächen beanspruchen aus ihrer Sicht wertvolles Ackerland. Manchmal bringt die AfD dabei auch Natur- und Umweltschutz gegen Klimaschutz auf: Biodiversität oder Schutz von einzelnen Vögeln sind ihr besonders dann wichtig, wenn sie den Ausbau von Windparks verhindern können.
Auf aktuellen Wahlplakaten kann man so auch lesen “Naturschutz ist Heimatschutz” und Hilse meint: “Klimaschutz und Naturschutz stehen sich diametral gegenüber”, für den Naturschutz müssten Anlagen der Erneuerbaren zurückgebaut werden.
Karsten Hilse, klimapolitischer Sprecher der AfD, erklärte Ende des vergangenen Jahres in einer Rede im Bundestag, dass der Einfluss von “menschengemachten CO₂-Emissionen” auf das Klima eine unbelegte Hypothese sei. Emissionsreduktion habe keinen Effekt auf das Klima, führe aber zu Wohlstandsverlust. In einer anderen Rede sprach er in Bezug auf das Gebäudeenergiegesetz von “Klimaideologie”.
Auf Anfrage von Table.Briefings teilte Hilse mit, dass Daten “weltweit weder eine Steigerung von Extremwettern wie Starkregen noch Dürren” zeigten. Extreme “Wettererscheinungen” habe es immer gegeben. Er behauptet, in wärmeren Phasen “ging es Flora und Fauna gut und die menschliche Entwicklung war positiv”. Für ihn ist klar: Das Klima könne man nicht schützen, sondern sich nur daran anpassen. Eine AfD- geführte Regierung wolle außerdem aus dem Pariser Klimaabkommen aussteigen.
Wie die AfD auch ohne Regierungsbeteiligung die Klimapolitik gestaltet und die Energiewende bremst, zeigte sich in Thüringen im Dezember 2023: Mit FDP und CDU stimmt die AfD für die Veränderung des Waldgesetzes und damit auch gegen einen raschen Ausbau von Windenergie. Experten gehen nämlich davon aus, dass eine Passage im Gesetz den Bau von Windparks erschwert: “Die Ausgleichsaufforstung soll nicht auf für den landwirtschaftlichen Betrieb bestimmten Flächen vorgenommen werden”, heißt es. Damit könnten Windparks in Waldgebieten erschwert, wenn nicht sogar unmöglich gemacht wird.
Mit ihrer extremen, wissenschaftsfeindlichen Position in Sachen Klima und Energie unterscheide sich die AfD auch von anderen rechtspopulistischen Parteien in Europa, erklärt Axel Salheiser. Er ist wissenschaftlicher Leiter des Instituts für Demokratie und Zivilgesellschaft in Jena und forscht dort zu Rechtspopulismus im Kontext globaler ökologischer Krisen. “Das ist eine rein ideologische Position”, meint der Wissenschaftler. Wahrscheinlich würden viele AfD-Politiker diese Thesen selbst nicht glauben.
Die Partei baut ihre Argumentation strategisch auf, gegen eine angebliche “Gängelungspolitik von oben”. Auch Verschwörungserzählungen tauchen dabei auf – Klimapolitik, so heißt es, wolle den “Great Reset”, den Austausch der Bevölkerung, vorantreiben. Eine andere Erzählung lautet: Klimapolitik zerstöre völlig sinnlos den Wohlstand. Die “sogenannte Energiewende” führe “zu den höchsten Energiepreisen der Welt führt, welches das Leben der Menschen teurer macht und die Industrie entweder aufgeben oder ins Ausland abwandern lässt” behauptete etwa Karsten Hilse.
Seine Partei formuliert in der Klimapolitik vor allem Protest: gegen das Gebäudeenergiegesetz, die Klimadiplomatie auf Konferenzen oder den Green Deal der EU. “Die AfD springt auf jeden Prostest gegen Windräder auf”, sagt auch Anika Taschke von der Rosa-Luxemburg-Stiftung. Damit heize sie die Stimmung bei einem ohnehin umstrittenen Thema weiter auf und polarisiere die Gesellschaft.
Die demokratischen Parteien berufen sich im Umgang mit der AfD auf eine “Brandmauer”, die jegliche Art von Kooperation und Zusammenarbeit mit der Partei ausschließt. Eine Auswertung der Rosa-Luxemburg-Stiftung zählte allerdings auf kommunaler Ebene bereits Anfang des Jahres 121 Fälle von Kooperation mit der Partei in Ostdeutschland. Die häufigste Form davon waren gemeinsame Abstimmungen mit der Partei. Die CDU kooperierte demnach am häufigsten mit den Rechtspopulisten, aber auch für alle andere Parteien konnte die Studie Kooperationen nachweisen.
Klima- und Energiepolitik sind nicht der Fokus der Partei, aber dennoch gibt es einige Fälle, bei denen sie auch dort agiert. Einige Beispiele:
Alle bisher erschienenen Texte der Serie “Zwischen Provokation und Protest – Die Strategien der AfD” finden Sie hier.
Die EU-Staaten, die EU-Kommission und die Europäische Investitionsbank (EIB) haben im Jahr 2022 insgesamt 28,8 Milliarden Euro für die globale Klimafinanzierung bereitgestellt. Ein Anstieg von 6,5 Milliarden im Vergleich zu 2021. Das geht aus einer neuen Analyse des Climate Action Networks (CAN) hervor, die am Donnerstag vorgestellt wurde. Den größten Anteil (fast 22 Milliarden Euro) trugen die Staaten bei. Deutschland (knapp 9,5 Milliarden) und Frankreich (7,6 Milliarden) sind die größten Geber. Allerdings gibt Frankreich einen sehr großen Teil über Kredite (84 Prozent), was die Studienautoren kritisieren, da es die Schuldenlast in den Empfängerstaaten vergrößern kann.
Auch die Europäische Investitionsbank gibt nach diesen Informationen immer weniger Geld zu vergünstigten Konditionen. Konzessionäre Kredite machten 2022 nur noch zwei Prozent der Klimafinanzierung aus. 2017 waren es noch 19 Prozent. Zudem stiegen die Zinsen der Kredite, die die EIB zu Marktkonditionen vergeben hat, in den letzten Jahren an, so die Autoren. Nur 37 Prozent der Klimafinanzierung aus Europa floss in den Bereich der Klimaanpassung. Die am wenigstens entwickelten Staaten erhielten lediglich 18 Prozent der Klimafinanzierung. nib
Aufmerksamkeit für die “vergessene Lösung” Moore als Klimaschützer zu erregen – das war eines der Ziele beim “Global Landscape Forum” (GLF), das am Donnerstag kurz vor der EU-Wahl am Rand der Bonner Zwischenkonferenz SB60 stattfand. Wenige Tage vor der EU-Wahl forderten die Wissenschaftler von der internationalen Politik, den Schutz der Moore zu priorisieren und mehr Finanzmittel für Moorschutz-Projekte bereitzustellen.
Dabei ist das auf europäischer Ebene höchst umstrittene EU-Renaturierungsgesetz für die Moorschützer ein großer Schritt in die richtige Richtung. Im Februar hatte das EU-Parlament mit knapper Mehrheit für das Gesetz gestimmt. Bis 2030 müssen die Länder demnach 20 Prozent der geschädigten Lebensräume wieder herstellen. Das Gesetz muss jetzt noch vom Rat verabschiedet werden.
Das GLF betitelt sich selbst als weltweit größte wissensgestützte Plattform für nachhaltige und integrative Landschaften. In diesem Jahr stand die Konferenz unter dem Motto “Moore: die vergessene Klima-Lösung”. Rund 50 Politiker und Wissenschaftlerinnen aus der ganzen Welt haben sich in Bonn getroffen, um über internationale Projekte im Moorschutz zu sprechen und sich auszutauschen. Online nahmen rund 150 Menschen teil.
Der Hintergrund: Die EU hat viele Moore, oft kleine Flächen, die in ganz Europa verteilt sind. Würden alle Moore in der EU wieder vernässt werden, könnten fünf Prozent der europäischen Treibhausgasemissionen eingespart werden. Dazu kommen die Nutzen für das Ökosystem: Kühlung der Umgebung, Hochwasserschutz und Grundwasserspeicherung.
Trotzdem wurden Moore lange zum Beispiel für landwirtschaftliche Nutzung still gelegt und entwässert. Damit treten nicht nur die gespeicherten CO₂-Emissionen wieder aus, sondern das Potenzial der Moore, CO₂ zu speichern, wird deutlich geschwächt. “Die Aufmerksamkeit auf Moore als Klimaschützer ist zum Glück gestiegen”, sagt Jochen Flasbarth, Staatssekretär im Entwicklungsministerium, beim GLF in einer Videobotschaft. Er betonte, wie wichtig es sei, in Deutschland und Europa Moore so schnell wie möglich zu renaturieren.
Denn die Hälfte der Moore innerhalb der EU gelten als beschädigt. “Wir haben in der EU einen sehr schlechten Zustand der Moore”, sagt Franziska Tanneberger, Leiterin des Greifswald Moor Zentrum, gegenüber Table.Briefings. Die Flächenziele für Renaturierung, die politisch schon gelten oder diskutiert werden, seien noch nicht kompatibel mit dem Pariser 1,5-Grad-Ziel. “Es wurde in den letzten Jahrhunderten sehr viel Geld und Kraft darauf verwendet, Moore zu entwässern, diese Kraft brauchen wir jetzt wieder, um Moore zu revitalisieren“, sagt sie. Moorschutz müsse priorisiert werden.
Das GLF betonte, man müsse mit den Menschen und Landwirten, denen die Moorflächen gehören, zusammenarbeiten. “Oft haben die Menschen eine emotionale Bindung an die Flächen, die Generationen vor ihnen mit harter Arbeit entwässert haben”, sagt Tanneberger. Es sei wichtig, ihnen zu zeigen, dass Moorschutz auch eine nachhaltige Nutzung ermöglichen kann. Tanneberger forscht zum Beispiel gerade zu Produkten aus Landwirtschaft auf nassen Mooren. Nötig seien auch weltweit bessere Daten über Moore. seh