Table.Briefing: Climate

+++ Table.Special: Green Climate Fund +++

Liebe Leserin, lieber Leser,

das Ergebnis der heutigen Auffüllungsrunde für den UN Green Climate Fund ist enttäuschend. 25 Geberstaaten haben lediglich 9,3 Milliarden US-Dollar zur Finanzierung von Klimaschutz in Entwicklungsländern bereitgestellt. Zwar lässt sich die geringe Summe schnell erklären: Die USA konnten aufgrund des Budgetstreits noch keine Zusage machen. Auch Schweden und Italien wollen einzahlen, haben aber noch keine Summe genannt. In naher Zukunft werden die zehn Milliarden aus der letzten Auffüllungsrunde wahrscheinlich übertroffen werden.

Allerdings gibt es mit Japan und Norwegen auch große Geber, die ihre Beiträge verringert haben. Die geringe Bereitschaft und der Budgetstreit in den USA werfen kein gutes Licht auf die anstehende COP28, wie Lukas Scheid aus Bonn berichtet. Die 46 ärmsten Staaten haben heute ihre Erwartungen an ein gutes COP-Ergebnis geäußert. Mehr Klimafinanzierung gehört zu ihren Prioritäten. Eigentlich müsste die westliche Staatengruppe geschlossen vorangehen und Staaten wie China, die VAE und Saudi-Arabien unter Druck setzen, sich freiwillig zu beteiligen.

Mafalda Duarte hatte noch kurz vor dem heutigen Gipfel gemahnt: “Wir sitzen alle in einem Boot”. Die Exekutivdirektorin des Green Climate Fund will den GCF bis 2030 auf 50 Milliarden US-Dollar anwachsen lassen. Sie ist eine der wenigen weiblichen Führungskräfte im Bereich der internationalen Klimafinanzierung und hat die Folgen der Klimakrise schon aus nächster Nähe erlebt. Wir stellen sie heute im Porträt vor.

Beste Grüße

Ihr
Nico Beckert
Bild von Nico  Beckert

Analyse

Green Climate Fund: Bisher (nur) 9,3 Milliarden für Klimafinanzierung

Mit rund einer halben Milliarde US-Dollar weniger als noch vor vier Jahren wollen die Industriestaaten den Green Climate Fund (GCF) ausstatten. Wurden 2019 noch 9,8 Milliarden für Projekte in den vom Klimawandel am meisten betroffenen Staaten zugesagt, sind es für den Zeitraum 2024 bis 2027 bislang nur 9,322 Milliarden US-Dollar. Dennoch ist auf der Wiederauffüllungskonferenz für den GCF in Bonn am Donnerstag von Optimismus und Solidarität die Rede.

Viele Zusagen seien gemacht worden, weitere werden bis zur Weltklimakonferenz in Dubai im Dezember folgen, betont Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD). Deutschland gibt allein 2,1 Milliarden Dollar. Man stehe zu seiner Verantwortung und leiste seinen “fairen Anteil”, so Schulze in Bonn. Auf dieser Grundlage könne man nun auch andere auffordern, ebenfalls ihren fairen Anteil zu leisten. “Neben den anderen Industriestaaten sehe ich hier zunehmend auch Länder in der Verantwortung, die nicht zu den klassischen Gebern gehören: etwa die Golfstaaten, die mit fossilen Energien reich geworden sind; oder auch Schwellenländer wie China, die inzwischen große Anteile am weltweiten CO₂-Ausstoß haben.”

Schulze macht in Bonn deutlich, was in Dubai eines der brennendsten Themen sein wird: Wer zahlt ein und wer bekommt etwas aus den Töpfen zur internationalen Klimafinanzierung? Das gilt auch beim Fonds für Schäden und Verluste infolge des Klimawandels. Die Bundesregierung sieht ihre Position – und die der EU – nunmehr gestärkt, fortan auch China und die Öl-produzierenden Golfstaaten zu Geberländern zu machen.

Die Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch hält die niedrigere Summe im Vergleich zur letzten Auffüllungsrunde jedoch für ein schlechtes Signal für potenzielle neue Geldgeber. “Eine höhere Auffüllung hätte gezeigt, dass die Länder mit großem Engagement und nicht mit leeren Händen an den Verhandlungstisch in Dubai treten”, sagt David Eckstein, Referent für Klimafinanzierung und Investitionen bei Germanwatch.

USA und Australien sind zurück, Frankreich reduziert

Zwar haben einige europäische Industrieländer ihre Beiträge teils deutlich erhöht, darunter Deutschland, Irland und Slowenien. Dies sei ein Schritt nach vorn, sagt Jan Kowalzig, Klimafinanzierungsexperte bei Oxfam Deutschland. Es sei auf der anderen Seite jedoch enttäuschend, dass Länder wie Frankreich, Finnland und Norwegen weniger zugesagt haben als noch für die letzte Wiederauffüllungsrunde des GCF.

Insgesamt fünf Länder haben in Bonn zudem noch keine genauen Summen für ihren Beitrag zum GCF genannt: Australien, Italien, Schweden, die Schweiz und die Vereinigten Staaten. “Diese Länder müssen nun in den kommenden Wochen ehrgeizige Zusagen für den GCF vorbereiten und sie dann auf der COP28 verkünden”, fordert Kowalzig.

Australien und die USA hatten sich nach der Einführung des GCF 2014 aus dem Fonds zurückgezogen. Daher wird es in Bonn als enorm positives Signal gewertet, dass beide inzwischen zurück an Bord sind. Allerdings gibt es auch hohe Erwartungen. “Als das Land, das fairerweise den größten Anteil zur Klimafinanzierung bereitstellen sollte, sollten die USA vor der COP28 einen substanziellen Beitrag leisten, um ihre Glaubwürdigkeit im Vorfeld der Verhandlungen zu stärken”, sagt Shuang Liu, Global-Finance-Direktorin beim World Resources Institute.

Jennifer Morgan: “Erwarte weitere Zusagen”

Die Bonner Konferenz will man daher nur als Auftakt für frisches Geld zur internationalen Klimafinanzierung sehen. GCF-Direktorin Mafalda Duarte ist sich auf Nachfrage von Table.Media sicher, mit den noch ausstehenden Beiträgen der fünf Länder werde man die letzte Auffüllungsrunde schließlich auch übertreffen.

“Ich erwarte, dass weiterhin Zusagen kommen”, sagt auch Jennifer Morgan, Sonderbeauftragte für internationale Klimapolitik im Auswärtigen Amt. Die Konferenz in Bonn sei eher eine Bestätigung für alle gewesen, dass man Teil von etwas sei. Das zeigten auch die zwar geringen, aber erstmaligen und vor allem symbolischen Beiträge von Israel und der Mongolei von 100.000 Dollar.

Der Green Climate Fund wurde 2015 mit etwa zehn Milliarden US-Dollar geschaffen. Weil der damalige US-Präsident Donald Trump die Zusagen seines Vorgängers Barack Obama jedoch nicht einhalten wollte, reduzierte sich die Summe. 2019 wurde der GCF das erste Mal aufgefüllt. Die diesjährige Konferenz war die turnusmäßige zweite Auffüllung. Das Besondere am GCF ist, dass Entwicklungsländer – also die Nehmerländer – zu gleichen Teilen im Vorstand mitbestimmen können, was mit den Geldern passiert. Zudem sollen die Ausgaben jeweils zur Hälfte in Projekte zur Emissionsreduzierung und zur Klimaanpassung fließen.

  • COP28
  • Green Climate Fund
  • Klimafinanzierung
  • Klimapolitik

News

Entwicklungsländer formulieren COP28-Forderungen

Die 46 ärmsten Staaten der Welt haben gemeinsame Ziele für die anstehende UN-Klimakonferenz (COP28) formuliert. Die Gruppe der 46 LDCs (Least Developed Countries) fordert:

  • eine rasche Reduzierung der CO₂-Emissionen: Die globalen Emissionen müssten ihren Höchststand vor dem Jahr 2025 erreichen, und bis 2030 um 43 Prozent im Vergleich zu 2019 fallen.
  • mehr Gelder für die Klimafinanzierung: die von westlichen Staaten versprochenen 100 Milliarden US-Dollar an jährlicher Klimafinanzierung müssten endlich bereitgestellt werden. “Der Rückstand bei der Zahlungen muss aufgeholt werden”, forderte Madeleine Diouf Sarr, Vorsitzende der LDC-Gruppe. Finanzzusagen für die Anpassung an den Klimawandel sollten bis 2025 verdoppelt werden. Das neue Finanzziel für die Zeit nach 2025 – New Collective Quantified Goal on Climate Finance (NCQG) – müsse viel mehr Mittel beinhalten als die aktuell im Bereich der Klimafinanzierung zugesagten 100 Milliarden US-Dollar.
  • der Loss and Damage Fund müsse operationalisiert werden: Der Fonds müsse den Entwicklungsländern leichten Zugang zu Finanzierungen ermöglichen und Geberstaaten müssten frühzeitig Finanzzusagen für den Fund abgeben.
  • ein ehrgeiziges Global Stocktake: Durch diese Bestandsaufnahme der globalen Klimapolitik müssten die Lücken und Mängel bisheriger Klimapolitik verdeutlicht werden. Für die Zeit nach 2023 brauche es einen Fahrplan, um die Empfehlungen des Global Stocktakes umzusetzen, inklusive eines klaren Monitorings. nib
  • COP28
  • Entwicklungsländer
  • NCQG

EU: Ausstieg aus F-Gasen bis 2050

EU-Parlament und Mitgliedstaaten haben am Donnerstag eine vorläufige Einigung über den schrittweisen Ausstieg aus der Nutzung von fluorierten Treibhausgasen (F-Gase) getroffen. F-Gase sind hochgradig klimawirksam und führen zum Abbau der Ozonschicht. Sie kommen bei der Herstellung von Halbleitern vor und kommen beispielsweise in Kühlschränken, Klimaanlagen und Wärmepumpen vor. Die Trilog-Einigung muss noch formell im Plenum und im Rat bestätigt werden.

Der Einsatz von teilhalogenierten Fluorkohlenwasserstoffen (HFKW), einer Gruppe der F-Gase, soll bis 2050 vollständig eingestellt werden. Ab 2024 sollen sie über eine Quoten-Regelung für die Mitgliedstaaten bereits schrittweise heruntergefahren werden. Die Produktion von HFKW wird, gemessen an den von der Kommission zugeteilten Produktionsrechten für die Herstellung von HFKW, bis 2036 auf 15 Prozent reduziert. Die Vereinbarung sieht ein schrittweises Verbot des Verkaufs von Produkten vor, die F-Gase enthalten, wobei für die einzelnen Produkte unterschiedliche Fristen gelten; ein vollständiges F-Gas-Verbot für einige Typen von Klimaanlagen und Wärmepumpen wird beispielsweise ab 2035 gelten.

Halbleiter sind, wie von der Kommission vorgeschlagen, von der HFKW-Quotenzuteilung ausgenommen. 2040 sollen die Regeln angesichts technologischer Entwicklung und der Verfügbarkeit von Alternativen zu HFKW für die betroffenen Anwendungsbereiche überprüft werden.

Alternativen erhältlich

Peter Liese, umweltpolitischer Sprecher der EVP, bezeichnete die Einigung als starkes Ergebnis für den Klimaschutz. “Viele Alternativen für F-Gase sind schon auf dem Markt erhältlich und gerade deutsche Hersteller sind zum Beispiel bei Wärmepumpen oder elektrischen Schaltanlagen mit natürlichen Kältemitteln führend.” Das bringe Deutschland und Europa auch gegenüber klimaschädlicheren Produkten, beispielsweise aus China, in eine bessere Ausgangslage, so Liese.

Bas Eickhout, Grünen-Abgeordneter und Parlamentsberichterstatter für das Dossier, erklärte, Wärmepumpen seien für die europäische Energiewende unverzichtbar. “Dieser Deal stellt sicher, dass die Hersteller von Wärmepumpen in den kommenden Jahren auf klimafreundliche Alternativen umsteigen werden.” luk/nib

  • Europa
  • F-Gase
  • Klimaschutz

EU-Parlament bestätigt Hoekstra und Šefčovič

Das Europäische Parlament hat heute der Ernennung von Wopke Hoekstra zum neuen EU-Klimakommissar offiziell zugestimmt und damit den Weg für seine Ernennung frei gemacht. Es war allgemein erwartet worden, dass Hoekstra, der ehemalige niederländische Außenminister und Finanzminister sowie Manager von Shell, die Abstimmung im Parlament bestehen würde. Er erhielt eine große Mehrheit: 279 Ja-Stimmen standen 173 Nein-Stimmen und 33 Enthaltungen gegenüber.

Der Umweltausschuss des EU-Parlaments hatte sich bereits am Mittwoch für Hoekstra ausgesprochen. Die EU-Länder müssen seiner Ernennung noch zustimmen, bevor Hoekstra sein Amt antreten kann. Das gilt als reine Formalität. Auch Maroš Šefčovič wurde vom EU-Parlament als neuer Exekutiv-Vizepräsident für den European Green Deal bestätigt. Er erhielt 322 Ja-Stimmen, bei 158 Nein-Stimmen und 37 Enthaltungen. nib/rtr

  • Europa
  • Wopke Hoekstra

Heads

Mafalda Duarte – oberste Geldbeschafferin des Green Climate Funds

Mafalda Duarte – Exekutivdirektorin des Green Climate Fund

Mafalda Duarte ist eine der wenigen weiblichen Führungskräfte im Bereich der multilateralen Klimafinanzierung. Sie hat es sich zur Lebensaufgabe gemacht, Finanzmittel für gefährdete Länder zu mobilisieren. Ihre Ernennung zur Exekutivdirektorin des weltweit größten Klimafonds – des Green Climate Fund (GCF) der Vereinten Nationen – im Frühjahr ist vielleicht ihre bisher beste Gelegenheit, ihre Mission zu erfüllen. 

Die aus Covilhã in Portugal stammende Duarte trat ihren neuen Posten beim GCF in Südkorea am 1. August an – in einem kritischen Jahr für den Fonds, der neue Beiträge von Geberländern für seine Wiederauffüllung benötigt. 

Als erste Bewährungsprobe für ihre Führungsrolle veranstaltete Duarte am Donnerstag eine Geberkonferenz. Der Betrag, den sie vor den COP28-Klimagesprächen in Dubai aufbringen kann, wird als Vertrauensbeweis für ihre Fähigkeiten gewertet, sagen Analysten.

Fast 20 Jahre Erfahrung im Bereich Klimafinanzierung

Duarte ist nicht neu in der Rolle der obersten Geldbeschafferin. Neun Jahre lang war sie Geschäftsführerin des Climate Investment Funds, der sich für die Mobilisierung von Finanzmitteln zur Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen in Entwicklungsländern einsetzt. Dort gelang es ihr, die G7-Staaten davon zu überzeugen, ihre Finanzierungszusagen zu erhöhen. Viele hoffen, dass sie diesen Erfolg beim GCF wiederholen kann.

Nach ihrem Studium mit den Schwerpunkten Internationale Entwicklung und Wirtschaft in Portugal und dem Vereinigten Königreich verbrachte Duarte einige Zeit in Mosambik, wo sie die Regierung in Wirtschaftsfragen beriet und die Auswirkungen von Überschwemmungen und Dürren erlebte. Ihre Erfahrungen in afrikanischen Ländern und ein Kurs zum Thema Klimawandel an der Columbia University lenkten ihre Aufmerksamkeit auf das Thema Klimaschutz. In ihrer fast 20-jährigen Karriere im Bereich der Klimafinanzierung arbeitete Duarte dort, wo sie etwas bewirken konnte, und bekleidete leitende Positionen bei der Afrikanischen Entwicklungsbank und der Weltbank.

Als Mutter von drei Mädchen ist sie fest davon überzeugt, dass die Stärkung der Rolle der Frauen ein notwendiger Hebel für den Klimaschutz ist. “Wir sollten Frauen in Führungsrollen bringen, als ob unsere Zukunft davon abhängt, denn das tut sie tatsächlich”, sagte sie kürzlich. Im Jahr 2019 bewarb sie sich zum ersten Mal für die Leitung des GCF, verlor aber gegen drei weiße Männer in der engeren Auswahl. Anfang dieses Jahres wurde sie als mögliche Kandidatin für das Amt der Weltbankpräsidentin genannt.

Ziele: Mehr Geld, schnellere Auszahlungen

Sie hat nie aufgegeben und bekleidet nun als Exekutivdirektorin des GCF eine der wichtigsten Positionen im Bereich der Klimafinanzierung. Der 2010 gegründete GCF ist eine wichtige Säule der großen Vereinbarung zwischen reichen und ärmeren Ländern, die dem Pariser Abkommen zugrunde liegt: Die Entwicklungsländer haben sich verpflichtet, ihre Emissionen im Gegenzug für finanzielle Unterstützung zu senken. Duarte hat versprochen, sich mit der Kultur des GCF zu befassen – es gab beispielsweise Vorwürfe sexueller Belästigung.

Auf dem UN-Klimagipfel im September stellte sie ihre Pläne zur Reform des Fonds und zur Verdreifachung seiner Kapitalausstattung auf 50 Milliarden Dollar bis zum Jahr 2030 vor. Zu ihren Prioritäten gehören die Vereinfachung des Zugangs zu Finanzmitteln, die schnellere Prüfung und Genehmigung von Projekten und die Mobilisierung von mehr privatem Kapital. 

Beobachter der Klimafinanzierung haben ihren Ehrgeiz begrüßt. Die gefährdeten Länder werden gespannt sein, was sie erreichen wird. Chloé Farand

  • Green Climate Fund
  • Klimafinanzierung

Climate.Table Redaktion

REDAKTION CLIMATE.TABLE

Licenses:
    Liebe Leserin, lieber Leser,

    das Ergebnis der heutigen Auffüllungsrunde für den UN Green Climate Fund ist enttäuschend. 25 Geberstaaten haben lediglich 9,3 Milliarden US-Dollar zur Finanzierung von Klimaschutz in Entwicklungsländern bereitgestellt. Zwar lässt sich die geringe Summe schnell erklären: Die USA konnten aufgrund des Budgetstreits noch keine Zusage machen. Auch Schweden und Italien wollen einzahlen, haben aber noch keine Summe genannt. In naher Zukunft werden die zehn Milliarden aus der letzten Auffüllungsrunde wahrscheinlich übertroffen werden.

    Allerdings gibt es mit Japan und Norwegen auch große Geber, die ihre Beiträge verringert haben. Die geringe Bereitschaft und der Budgetstreit in den USA werfen kein gutes Licht auf die anstehende COP28, wie Lukas Scheid aus Bonn berichtet. Die 46 ärmsten Staaten haben heute ihre Erwartungen an ein gutes COP-Ergebnis geäußert. Mehr Klimafinanzierung gehört zu ihren Prioritäten. Eigentlich müsste die westliche Staatengruppe geschlossen vorangehen und Staaten wie China, die VAE und Saudi-Arabien unter Druck setzen, sich freiwillig zu beteiligen.

    Mafalda Duarte hatte noch kurz vor dem heutigen Gipfel gemahnt: “Wir sitzen alle in einem Boot”. Die Exekutivdirektorin des Green Climate Fund will den GCF bis 2030 auf 50 Milliarden US-Dollar anwachsen lassen. Sie ist eine der wenigen weiblichen Führungskräfte im Bereich der internationalen Klimafinanzierung und hat die Folgen der Klimakrise schon aus nächster Nähe erlebt. Wir stellen sie heute im Porträt vor.

    Beste Grüße

    Ihr
    Nico Beckert
    Bild von Nico  Beckert

    Analyse

    Green Climate Fund: Bisher (nur) 9,3 Milliarden für Klimafinanzierung

    Mit rund einer halben Milliarde US-Dollar weniger als noch vor vier Jahren wollen die Industriestaaten den Green Climate Fund (GCF) ausstatten. Wurden 2019 noch 9,8 Milliarden für Projekte in den vom Klimawandel am meisten betroffenen Staaten zugesagt, sind es für den Zeitraum 2024 bis 2027 bislang nur 9,322 Milliarden US-Dollar. Dennoch ist auf der Wiederauffüllungskonferenz für den GCF in Bonn am Donnerstag von Optimismus und Solidarität die Rede.

    Viele Zusagen seien gemacht worden, weitere werden bis zur Weltklimakonferenz in Dubai im Dezember folgen, betont Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD). Deutschland gibt allein 2,1 Milliarden Dollar. Man stehe zu seiner Verantwortung und leiste seinen “fairen Anteil”, so Schulze in Bonn. Auf dieser Grundlage könne man nun auch andere auffordern, ebenfalls ihren fairen Anteil zu leisten. “Neben den anderen Industriestaaten sehe ich hier zunehmend auch Länder in der Verantwortung, die nicht zu den klassischen Gebern gehören: etwa die Golfstaaten, die mit fossilen Energien reich geworden sind; oder auch Schwellenländer wie China, die inzwischen große Anteile am weltweiten CO₂-Ausstoß haben.”

    Schulze macht in Bonn deutlich, was in Dubai eines der brennendsten Themen sein wird: Wer zahlt ein und wer bekommt etwas aus den Töpfen zur internationalen Klimafinanzierung? Das gilt auch beim Fonds für Schäden und Verluste infolge des Klimawandels. Die Bundesregierung sieht ihre Position – und die der EU – nunmehr gestärkt, fortan auch China und die Öl-produzierenden Golfstaaten zu Geberländern zu machen.

    Die Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch hält die niedrigere Summe im Vergleich zur letzten Auffüllungsrunde jedoch für ein schlechtes Signal für potenzielle neue Geldgeber. “Eine höhere Auffüllung hätte gezeigt, dass die Länder mit großem Engagement und nicht mit leeren Händen an den Verhandlungstisch in Dubai treten”, sagt David Eckstein, Referent für Klimafinanzierung und Investitionen bei Germanwatch.

    USA und Australien sind zurück, Frankreich reduziert

    Zwar haben einige europäische Industrieländer ihre Beiträge teils deutlich erhöht, darunter Deutschland, Irland und Slowenien. Dies sei ein Schritt nach vorn, sagt Jan Kowalzig, Klimafinanzierungsexperte bei Oxfam Deutschland. Es sei auf der anderen Seite jedoch enttäuschend, dass Länder wie Frankreich, Finnland und Norwegen weniger zugesagt haben als noch für die letzte Wiederauffüllungsrunde des GCF.

    Insgesamt fünf Länder haben in Bonn zudem noch keine genauen Summen für ihren Beitrag zum GCF genannt: Australien, Italien, Schweden, die Schweiz und die Vereinigten Staaten. “Diese Länder müssen nun in den kommenden Wochen ehrgeizige Zusagen für den GCF vorbereiten und sie dann auf der COP28 verkünden”, fordert Kowalzig.

    Australien und die USA hatten sich nach der Einführung des GCF 2014 aus dem Fonds zurückgezogen. Daher wird es in Bonn als enorm positives Signal gewertet, dass beide inzwischen zurück an Bord sind. Allerdings gibt es auch hohe Erwartungen. “Als das Land, das fairerweise den größten Anteil zur Klimafinanzierung bereitstellen sollte, sollten die USA vor der COP28 einen substanziellen Beitrag leisten, um ihre Glaubwürdigkeit im Vorfeld der Verhandlungen zu stärken”, sagt Shuang Liu, Global-Finance-Direktorin beim World Resources Institute.

    Jennifer Morgan: “Erwarte weitere Zusagen”

    Die Bonner Konferenz will man daher nur als Auftakt für frisches Geld zur internationalen Klimafinanzierung sehen. GCF-Direktorin Mafalda Duarte ist sich auf Nachfrage von Table.Media sicher, mit den noch ausstehenden Beiträgen der fünf Länder werde man die letzte Auffüllungsrunde schließlich auch übertreffen.

    “Ich erwarte, dass weiterhin Zusagen kommen”, sagt auch Jennifer Morgan, Sonderbeauftragte für internationale Klimapolitik im Auswärtigen Amt. Die Konferenz in Bonn sei eher eine Bestätigung für alle gewesen, dass man Teil von etwas sei. Das zeigten auch die zwar geringen, aber erstmaligen und vor allem symbolischen Beiträge von Israel und der Mongolei von 100.000 Dollar.

    Der Green Climate Fund wurde 2015 mit etwa zehn Milliarden US-Dollar geschaffen. Weil der damalige US-Präsident Donald Trump die Zusagen seines Vorgängers Barack Obama jedoch nicht einhalten wollte, reduzierte sich die Summe. 2019 wurde der GCF das erste Mal aufgefüllt. Die diesjährige Konferenz war die turnusmäßige zweite Auffüllung. Das Besondere am GCF ist, dass Entwicklungsländer – also die Nehmerländer – zu gleichen Teilen im Vorstand mitbestimmen können, was mit den Geldern passiert. Zudem sollen die Ausgaben jeweils zur Hälfte in Projekte zur Emissionsreduzierung und zur Klimaanpassung fließen.

    • COP28
    • Green Climate Fund
    • Klimafinanzierung
    • Klimapolitik

    News

    Entwicklungsländer formulieren COP28-Forderungen

    Die 46 ärmsten Staaten der Welt haben gemeinsame Ziele für die anstehende UN-Klimakonferenz (COP28) formuliert. Die Gruppe der 46 LDCs (Least Developed Countries) fordert:

    • eine rasche Reduzierung der CO₂-Emissionen: Die globalen Emissionen müssten ihren Höchststand vor dem Jahr 2025 erreichen, und bis 2030 um 43 Prozent im Vergleich zu 2019 fallen.
    • mehr Gelder für die Klimafinanzierung: die von westlichen Staaten versprochenen 100 Milliarden US-Dollar an jährlicher Klimafinanzierung müssten endlich bereitgestellt werden. “Der Rückstand bei der Zahlungen muss aufgeholt werden”, forderte Madeleine Diouf Sarr, Vorsitzende der LDC-Gruppe. Finanzzusagen für die Anpassung an den Klimawandel sollten bis 2025 verdoppelt werden. Das neue Finanzziel für die Zeit nach 2025 – New Collective Quantified Goal on Climate Finance (NCQG) – müsse viel mehr Mittel beinhalten als die aktuell im Bereich der Klimafinanzierung zugesagten 100 Milliarden US-Dollar.
    • der Loss and Damage Fund müsse operationalisiert werden: Der Fonds müsse den Entwicklungsländern leichten Zugang zu Finanzierungen ermöglichen und Geberstaaten müssten frühzeitig Finanzzusagen für den Fund abgeben.
    • ein ehrgeiziges Global Stocktake: Durch diese Bestandsaufnahme der globalen Klimapolitik müssten die Lücken und Mängel bisheriger Klimapolitik verdeutlicht werden. Für die Zeit nach 2023 brauche es einen Fahrplan, um die Empfehlungen des Global Stocktakes umzusetzen, inklusive eines klaren Monitorings. nib
    • COP28
    • Entwicklungsländer
    • NCQG

    EU: Ausstieg aus F-Gasen bis 2050

    EU-Parlament und Mitgliedstaaten haben am Donnerstag eine vorläufige Einigung über den schrittweisen Ausstieg aus der Nutzung von fluorierten Treibhausgasen (F-Gase) getroffen. F-Gase sind hochgradig klimawirksam und führen zum Abbau der Ozonschicht. Sie kommen bei der Herstellung von Halbleitern vor und kommen beispielsweise in Kühlschränken, Klimaanlagen und Wärmepumpen vor. Die Trilog-Einigung muss noch formell im Plenum und im Rat bestätigt werden.

    Der Einsatz von teilhalogenierten Fluorkohlenwasserstoffen (HFKW), einer Gruppe der F-Gase, soll bis 2050 vollständig eingestellt werden. Ab 2024 sollen sie über eine Quoten-Regelung für die Mitgliedstaaten bereits schrittweise heruntergefahren werden. Die Produktion von HFKW wird, gemessen an den von der Kommission zugeteilten Produktionsrechten für die Herstellung von HFKW, bis 2036 auf 15 Prozent reduziert. Die Vereinbarung sieht ein schrittweises Verbot des Verkaufs von Produkten vor, die F-Gase enthalten, wobei für die einzelnen Produkte unterschiedliche Fristen gelten; ein vollständiges F-Gas-Verbot für einige Typen von Klimaanlagen und Wärmepumpen wird beispielsweise ab 2035 gelten.

    Halbleiter sind, wie von der Kommission vorgeschlagen, von der HFKW-Quotenzuteilung ausgenommen. 2040 sollen die Regeln angesichts technologischer Entwicklung und der Verfügbarkeit von Alternativen zu HFKW für die betroffenen Anwendungsbereiche überprüft werden.

    Alternativen erhältlich

    Peter Liese, umweltpolitischer Sprecher der EVP, bezeichnete die Einigung als starkes Ergebnis für den Klimaschutz. “Viele Alternativen für F-Gase sind schon auf dem Markt erhältlich und gerade deutsche Hersteller sind zum Beispiel bei Wärmepumpen oder elektrischen Schaltanlagen mit natürlichen Kältemitteln führend.” Das bringe Deutschland und Europa auch gegenüber klimaschädlicheren Produkten, beispielsweise aus China, in eine bessere Ausgangslage, so Liese.

    Bas Eickhout, Grünen-Abgeordneter und Parlamentsberichterstatter für das Dossier, erklärte, Wärmepumpen seien für die europäische Energiewende unverzichtbar. “Dieser Deal stellt sicher, dass die Hersteller von Wärmepumpen in den kommenden Jahren auf klimafreundliche Alternativen umsteigen werden.” luk/nib

    • Europa
    • F-Gase
    • Klimaschutz

    EU-Parlament bestätigt Hoekstra und Šefčovič

    Das Europäische Parlament hat heute der Ernennung von Wopke Hoekstra zum neuen EU-Klimakommissar offiziell zugestimmt und damit den Weg für seine Ernennung frei gemacht. Es war allgemein erwartet worden, dass Hoekstra, der ehemalige niederländische Außenminister und Finanzminister sowie Manager von Shell, die Abstimmung im Parlament bestehen würde. Er erhielt eine große Mehrheit: 279 Ja-Stimmen standen 173 Nein-Stimmen und 33 Enthaltungen gegenüber.

    Der Umweltausschuss des EU-Parlaments hatte sich bereits am Mittwoch für Hoekstra ausgesprochen. Die EU-Länder müssen seiner Ernennung noch zustimmen, bevor Hoekstra sein Amt antreten kann. Das gilt als reine Formalität. Auch Maroš Šefčovič wurde vom EU-Parlament als neuer Exekutiv-Vizepräsident für den European Green Deal bestätigt. Er erhielt 322 Ja-Stimmen, bei 158 Nein-Stimmen und 37 Enthaltungen. nib/rtr

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    Heads

    Mafalda Duarte – oberste Geldbeschafferin des Green Climate Funds

    Mafalda Duarte – Exekutivdirektorin des Green Climate Fund

    Mafalda Duarte ist eine der wenigen weiblichen Führungskräfte im Bereich der multilateralen Klimafinanzierung. Sie hat es sich zur Lebensaufgabe gemacht, Finanzmittel für gefährdete Länder zu mobilisieren. Ihre Ernennung zur Exekutivdirektorin des weltweit größten Klimafonds – des Green Climate Fund (GCF) der Vereinten Nationen – im Frühjahr ist vielleicht ihre bisher beste Gelegenheit, ihre Mission zu erfüllen. 

    Die aus Covilhã in Portugal stammende Duarte trat ihren neuen Posten beim GCF in Südkorea am 1. August an – in einem kritischen Jahr für den Fonds, der neue Beiträge von Geberländern für seine Wiederauffüllung benötigt. 

    Als erste Bewährungsprobe für ihre Führungsrolle veranstaltete Duarte am Donnerstag eine Geberkonferenz. Der Betrag, den sie vor den COP28-Klimagesprächen in Dubai aufbringen kann, wird als Vertrauensbeweis für ihre Fähigkeiten gewertet, sagen Analysten.

    Fast 20 Jahre Erfahrung im Bereich Klimafinanzierung

    Duarte ist nicht neu in der Rolle der obersten Geldbeschafferin. Neun Jahre lang war sie Geschäftsführerin des Climate Investment Funds, der sich für die Mobilisierung von Finanzmitteln zur Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen in Entwicklungsländern einsetzt. Dort gelang es ihr, die G7-Staaten davon zu überzeugen, ihre Finanzierungszusagen zu erhöhen. Viele hoffen, dass sie diesen Erfolg beim GCF wiederholen kann.

    Nach ihrem Studium mit den Schwerpunkten Internationale Entwicklung und Wirtschaft in Portugal und dem Vereinigten Königreich verbrachte Duarte einige Zeit in Mosambik, wo sie die Regierung in Wirtschaftsfragen beriet und die Auswirkungen von Überschwemmungen und Dürren erlebte. Ihre Erfahrungen in afrikanischen Ländern und ein Kurs zum Thema Klimawandel an der Columbia University lenkten ihre Aufmerksamkeit auf das Thema Klimaschutz. In ihrer fast 20-jährigen Karriere im Bereich der Klimafinanzierung arbeitete Duarte dort, wo sie etwas bewirken konnte, und bekleidete leitende Positionen bei der Afrikanischen Entwicklungsbank und der Weltbank.

    Als Mutter von drei Mädchen ist sie fest davon überzeugt, dass die Stärkung der Rolle der Frauen ein notwendiger Hebel für den Klimaschutz ist. “Wir sollten Frauen in Führungsrollen bringen, als ob unsere Zukunft davon abhängt, denn das tut sie tatsächlich”, sagte sie kürzlich. Im Jahr 2019 bewarb sie sich zum ersten Mal für die Leitung des GCF, verlor aber gegen drei weiße Männer in der engeren Auswahl. Anfang dieses Jahres wurde sie als mögliche Kandidatin für das Amt der Weltbankpräsidentin genannt.

    Ziele: Mehr Geld, schnellere Auszahlungen

    Sie hat nie aufgegeben und bekleidet nun als Exekutivdirektorin des GCF eine der wichtigsten Positionen im Bereich der Klimafinanzierung. Der 2010 gegründete GCF ist eine wichtige Säule der großen Vereinbarung zwischen reichen und ärmeren Ländern, die dem Pariser Abkommen zugrunde liegt: Die Entwicklungsländer haben sich verpflichtet, ihre Emissionen im Gegenzug für finanzielle Unterstützung zu senken. Duarte hat versprochen, sich mit der Kultur des GCF zu befassen – es gab beispielsweise Vorwürfe sexueller Belästigung.

    Auf dem UN-Klimagipfel im September stellte sie ihre Pläne zur Reform des Fonds und zur Verdreifachung seiner Kapitalausstattung auf 50 Milliarden Dollar bis zum Jahr 2030 vor. Zu ihren Prioritäten gehören die Vereinfachung des Zugangs zu Finanzmitteln, die schnellere Prüfung und Genehmigung von Projekten und die Mobilisierung von mehr privatem Kapital. 

    Beobachter der Klimafinanzierung haben ihren Ehrgeiz begrüßt. Die gefährdeten Länder werden gespannt sein, was sie erreichen wird. Chloé Farand

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