Deutschland hat die Millionenmarke bei intelligenten Stromzählern (Smart Meter) überschritten. Was nach einer Erfolgsmeldung klingt, ist tatsächlich keine: Deutschland hinkt bei dieser zentralen Technologie sämtlichen baltischen und skandinavischen Staaten sowie Italien, Spanien und Frankreich hinterher. Aktuell müssen Verbraucher mit längeren Wartezeiten rechnen, zudem wird ihnen der Einbau auf mehreren Ebenen erschwert. Die Gründe dafür hat Malte Kreutzfeldt analysiert.
Herausfordernd ist die Energiewende auch in Norwegen. Exemplarisch für Zielkonflikte ist der Streit der indigenen Sámi mit dem Windkraftbetreiber Nordic Wind auf der Halbinsel Fosen. Zwei geplante Windkraftwerke verletzen die Menschenrechte der indigenen Gemeinschaft, die dort Rentiere züchtet. Wie es in diesem Landnutzungskonflikt weitergeht, haben Jane Tversted und Martin Zähringer recherchiert.
In den News lesen Sie heute unter anderem, wie viele Kohleschiffe ein einziges Schiff mit Solarmodulen ersetzen kann, warum die Verstromung aus Kohle dennoch steigt, und wie die Staaten der COP-Troika die Öl- und Gasproduktion ausweiten, statt davon abzukehren. Besorgniserregend sind auch die Entwicklungen nach den Unwettern in Spanien und der jüngste Lancet-Bericht. Hoffen lässt dagegen, dass eine starke Mehrheit der Beschäftigten in Deutschland weiterhin die Energiewende befürwortet.
Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre!
Es klingt nach einer Erfolgsmeldung: Beim Einbau sogenannter intelligenter Stromzähler (Smart Meter) dürfte in Deutschland mittlerweile die Millionenmarke überschritten worden sein, teilte das BMWK am Mittwoch auf Anfrage von Table.Briefings mit. Damit hat sich die Zahl dieser Geräte innerhalb der letzten zwei Jahre ungefähr vervierfacht. Faktisch zeigt der Wert aber auch, wie weit Deutschland bei dieser für die Energiewende zentralen Technologie hinterherhinkt, die einen digitalen Stromzähler mit einer Datenanbindung kombiniert: Von den etwa 50 Millionen Stromanschlüssen, die es hierzulande gibt, sind demnach erst zwei Prozent umgestellt worden. In vielen anderen europäischen Ländern, werden dagegen mittlerweile fast ausschließlich Smart Meter genutzt; neben sämtlichen skandinavischen und baltischen Staaten gehören dazu auch Italien, Spanien und Frankreich.
Auch in Zukunft dürfte der Smart-Meter-Rollout in Deutschland nur langsam vorankommen, warnten in den vergangenen Tagen viele Anbieter. Denn ein aktueller Entwurf für die Änderung des Energiewirtschaftsgesetzes sieht vor, dass der Einbau für weniger Anschlüsse verpflichtend wird und die freiwillige Nutzung erschwert und verteuert wird. Bisher war vorgesehen, dass Smart Meter vom nächsten Jahr an eingebaut werden müssen, wenn eine Solaranlage mit mehr als sieben Kilowatt Leistung betrieben oder mehr als 6.000 Kilowattstunden pro Jahr verbraucht werden; das ist bei den meisten Nutzern von Wärmepumpen und E-Autos der Fall. Diese Grenze würde auf 10.000 Kilowattstunden steigen, wenn der Gesetzentwurf unverändert umgesetzt wird.
Noch schwieriger wird es für alle, die freiwillig einen Smart Meter einbauen lassen wollen – etwa um einen dynamischen Stromtarif zu nutzen. Dabei sollen zum einen die Kosten für die Installation stark steigen: Von 30 auf bis zu 100 Euro. Zudem dürfen jährlich bis zu 30 Euro Zusatzkosten in Rechnung gestellt werden. Das dürfte in vielen Fällen die möglichen Einsparungen bei den Stromkosten übersteigen, sodass die neuen Zähler für die Kunden nicht mehr wirtschaftlich wären.
Zum anderen wird es sehr viel schwieriger, überhaupt einen solchen Zähler zu erhalten. Denn der Rechtsanspruch darauf, der vom nächsten Jahr an für alle Kunden gilt, würde durch die geplanten Änderungen stark eingeschränkt. Der Entwurf sieht vor, dass Netzbetreiber ihn nicht erfüllen müssen, wenn dadurch die Umsetzung des Einbaus in den Pflicht-Fällen gefährdet würde. Inwieweit die Netzbetreiber dies nachweisen müssen, lässt der Entwurf offen; faktisch dürfte das Recht auf einen freiwilligen Einbau damit weitgehend ausgehebelt werden.
Dabei gelten Smart Meter eigentlich als eine zentrale Voraussetzung für das Gelingen der Energiewende. Sie bestehen aus einem digitalen Stromzähler in Verbindung mit einem sogenannten Gateway, über das die Verbrauchsdaten im Viertelstundentakt an den Stromanbieter übermittelt werden können. Dadurch ist die Nutzung flexibler Stromtarife möglich, bei denen Verbraucher wenig bezahlen, wenn Strom im Überfluss vorhanden und darum an der Strombörse günstig ist, und entsprechend mehr, wenn er knapp und teuer ist. Das soll die Nachfrage besser ans Angebot anpassen – was dabei hilft, Erzeugungsspitzen besser zu nutzen und den Bedarf an Reservekraftwerken oder Speichern zu verringern.
Um das zu erreichen, sind vom nächsten Jahr an alle Stromanbieter verpflichtet, mindestens einen dynamischen Tarif anzubieten. Doch genutzt werden können diese weiterhin nur von einem winzigen Teil der Kunden. Anbieter wie Tibber oder Octopus Energy, die auf solche Modelle setzen, reagieren darum empört auf die geplante Änderung. “Wenn wir den Rollout jetzt bremsen, schließen wir einen Großteil der Menschen davon aus, wirklich an der Energiewende teilzuhaben”, sagt der Chef von Octopus Deutschland, Bastian Gierull. Kurzfristige Änderungen, wie jetzt geplant, gefährdeten die Investitionssicherheit moderner Energieanbieter, kritisiert er. Aus Sicht des deutschen Tibber-Chefs Martin Lauenburg sind die geplanten Änderungen “sozial ungerecht” und schädlich für die Akzeptanz. “In unseren skandinavischen Heimmärkten sehen wir, wie eine breite Abdeckung intelligenter Messsysteme innovative Geschäftsmodelle rund um Flexibilität befördert.”
Auch der Bundesverband Neue Energiewirtschaft, in dem viele Anbieter zusammengeschlossen sind, übt scharfe Kritik an den Regierungsplänen. “Die jetzt geplanten höheren Kosten für Anwender und Nutzer von Smart Metern werden die Digitalisierung weiter ausbremsen und erhöhen zudem die Kosten für Erneuerbare-Energien-Anlagen”, erklärt Geschäftsführer Robert Busch. Der Verband kritisiert, dass die in Deutschland vorgeschriebenen Geräte für viele Anwendungsfälle viel zu kompliziert sind. Nötig seien “Smart Meter light”, die nicht mehr können, “als alle 15 Minuten Messwerte zu übertragen”, so Busch.
Genau solche einfachen Smart Meter werden bisher auch in den meisten anderen europäischen Ländern genutzt. Deutschland setzt dagegen von Anfang an auf komplexere Technik, die auch eine Steuerung von außen ermöglicht. Diese sorgt beispielsweise dafür, dass Solaranlagen durch die Netzbetreiber aus der Ferne abgeschaltet werden können, wenn es zu viel Strom im Netz gibt. Oder dass der Strombezug für den Betrieb von Wärmepumpen oder das Laden von E-Autos zeitweise gedrosselt werden kann, wenn Strom besonders knapp ist.
Das ist für eine stabile und günstige Stromerzeugung extrem hilfreich. Doch eine Datenverbindung, über die die Stromversorgung gesteuert wird, erfordert deutlich höhere Sicherheitsanforderungen als eine, die nur Daten an den Versorger überträgt. Die Datenanbindung der Smart Meter erfolgt daher in der Regel in verschlüsselter Form über eine eigene Mobilfunkverbindung. Eine simple Internet-Übertragung über WLAN oder Powerline ist nicht zulässig. Zudem müssen alle Gateways vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik zertifiziert werden. Das führt zu einem begrenzten Angebot mit entsprechend höheren Preisen; in der Branche ist von einem “Oligopol” die Rede.
Eine grundlegende Änderung ist dabei nicht absehbar; über einzelne Punkte des Gesetzentwurfs wird aber derzeit im Rahmen der Länder- und Verbändeanhörung diskutiert. “Details aus dem laufenden Anhörungsprozess und die möglichen diskutierten Lösungen”, könne man aber nicht mitteilen, sagte ein BMWK-Sprecher auf Anfrage. Zur Begründung für die geplanten Änderungen verweist das Ministerium auf den jüngsten Digitalisierungsbericht der Regierung. Der war zum Ergebnis gekommen, dass die bisher vorgesehenen Kostenobergrenzen die realen Kosten der Netzbetreiber nicht decken würden. Zudem wird darin gefordert, den Smart-Meter-Rollout “vor allem auch systemorientiert zu gestalten” – was bedeutet, Anschlüsse mit hohem Strombezug zu priorisieren.
Wenn der zuständige Netzanbieter den Einbau ablehnt, übernehmen den zwar in manchen Fällen auch Anbieter wie Octopus oder 1Komma5Grad selbst. Doch auch in diesem Fall geschieht das aufgrund begrenzter Kapazitäten derzeit in der Regel nur bei Kunden, die auch eine Solaranlage oder Wärmepumpe des Anbieters nutzen. Bis auch normale Stromkunden von dynamischen Tarifen profitieren können, dürfte es darum in den meisten Fällen noch viele Jahre dauern.
Europäische Unternehmen investieren gerne in Windenergieprojekte in Norwegen. Das größte Projekt mit sechs Windkraftwerken befindet sich auf der Halbinsel Fosen. Doch hier gibt es Streit. Denn bei zwei der Anlagen werden die Menschenrechte der indigenen Sámi verletzt, die dort Rentiere züchten. Während die Sámi noch auf Ersatzweidegründe warten, prüft die Nordic Wind, die im Besitz einer Schweizer Energiegesellschaft ist, schon den Bau weiterer Anlagen auf der Halbinsel Indre Fosen.
Bis 2024 wurden in Norwegen 65 Windenergieparks mit 1.392 Turbinen und einer Gesamtleistung von 16.923 Gigawattstunden realisiert. Weitere entstehen. Doch dem Ausbau kommt in manchen Gebieten der Konflikt zwischen Konzession und den Weidegebieten der Rentiere in die Quere. Exemplarisch dafür ist der Fosen Fall. Er hat den norwegischen Landnutzungskonflikt zwischen Sámi und Staat auf eine neue Ebene gehoben und könnte sich auf andere Projekte mit deutscher Beteiligung auswirken. Hier zeigt sich: Selbst in Europa ist es schwierig, die gesamtgesellschaftlichen Interessen eines Ausbaus regenerativer Energie mit den sozialen und ökonomischen Interessen der Betroffenen einer Region auszubalancieren.
Für die Halbinsel Fosen wurden 2013 zwei Windkraftwerke auf Rentierweiden der Sámi genehmigt: der Roan-Windpark mit 71 Windturbinen (255,6 Gigawatt) sowie der Storheia-Windpark (288 Gigawatt). Roan ging 2019 in Betrieb und Storheia 2021. Konzession, Expropriationserlaubnis und Vorabgenehmigung für den Bau hatte der norwegische Betreiber Fosen Vind DA.
2013 klagten die Rentierzüchter erfolglos gegen die Genehmigungen. Sie wurden enteignet. Es folgten langwierige Verfahren um die Höhe der Entschädigung. Die Sámi ließen gleichzeitig die Rechtmäßigkeit der Konzession prüfen. 2018 sprach das Bezirksgericht Inntroendelag den Rentierzüchtern 19,6 Millionen Norwegische Kronen zu, umgerechnet rund 1,7 Millionen Euro. Das Berufungsgericht erhöhte die Summe auf 90 Millionen Kronen, rund 7,6 Millionen Euro.
Doch dabei blieb es nicht. 2021 urteilte der Oberste Gerichtshof Norwegens, dass schon die Konzessionsvergabe von 2013 ungültig war. Sie verstieß gegen Artikel 27 des UN-Zivilpaktes und damit gegen die Menschenrechte der Sámi auf Ausübung ihrer Kultur. Das Urteil weckte zunächst hohe Erwartungen bei den Sámi, aber es folgte nichts.
2023 demonstrierten daher junge Sámi in Norwegen gegen die Regierung und besetzten vier Tage lang das Energieministerium. Sie verlangten vom Staat, endlich die Menschenrechtsverletzungen zu beenden. Dazu forderten sie den Rückbau der Anlagen. Im Winter 2023 und Frühjahr 2024 einigten sich die Rentierzüchter mit Fosen Vind DA und Nordic Wind auf neue Entschädigungssummen. Der Staat versprach die Zuweisung alternativer Gebiete – hat sie bislang aber noch nicht bereitgestellt.
Norwegens Regierung, die auch in Weidegebieten der Rentiere auf den weiteren Ausbau der Windenergie setzt, will Lehren aus dem Fall ziehen. Elisabeth Sӕther, Staatssekretärin im Energieministerium, sagte Table.Briefings: Der Fall sei sehr speziell und “wahrscheinlich kein Präzedenzfall, was die Höhe der finanziellen Entschädigung oder die zusätzliche Weidefläche angeht”. Gleichzeitig müsse man “als Staat aber auch aus dem Fall Fosen lernen”. Es sei wichtig, gute Lizenzen mit guten Verfahren und einer besseren Wissensbasis zu erstellen.
Mehr Wissen über internationale Normen wäre hilfreich. Schließlich hatten sich die meisten Projektentwickler, Investmentfonds und Windkraftwerkbetreiber schon vor dem Fosen-Urteil von 2021 zu UN-Menschenrechts-Richtlinien verpflichtet. Und damit auch zum Schutz indigener Gewerbe im Sinne des UN Global Compact.
So auch Vestas aus Dänemark in seiner Human Rights Policy. Geliefert wurden die Vestas Windturbinen dennoch an Fosen Vind DA, obwohl der UN-Ausschuss gegen Rassendiskriminierung (CERD) bereits 2018 einen Projektstopp für Fosen bis zur Klärung der Rechtslage gefordert hatte.
Fosen Vind DA ist ein Projektdienstleister unter dem Dach des norwegischen Staatskonzerns Statkraft. Zwar bekennt man sich dort klar zu den Menschenrechten, ignorierte aber dennoch die UN-Aufforderung von 2018 und begann mit dem Bau der beiden Windkraftwerke. Kim Larsen, CEO von Fosen Vind DA, sagte Table.Briefings zur Rechtauffassung des Norwegischen Gerichtshofes: Das Gericht habe entschieden, “die Lizenz ist ungültig, ein Verstoß gegen den Artikel 27”. Aber der Gerichtshof habe nicht gesagt, was daraus folgen soll. “Es sagte, dass der Staat, der für die Lizenz verantwortlich ist, Maßnahmen ergreifen muss, um herauszufinden, wie wir mit dieser Situation umgehen können.”
Der Fosen Case könnte sich auf ähnliche Konflikte in Norwegen auswirken, zum Beispiel im Rentierdistrikt Jillen Njaarke bei Mosjöen. Dort betreibt Øyfjellet Vind DA eine Windkraftanlage mit 72 Turbinen, deren Strom für zunächst 15 Jahre zum Festpreis an die Aluminiumfabrik Alcoa in Mosjöen geliefert wird.
Der Betreiber will indes von Überschneidungen nichts wissen. Er sieht “erhebliche Unterschiede zwischen den beiden Fällen”, beharrt auf seinen Windanlagen in Mosjöen und klagt gegen die dortigen Rentierzüchter. Sie wiederum fühlen sich in der Ausübung ihrer traditionellen Rentierzucht behindert.
Der Anwalt Pål Gude Gudesen, der Jillen Njaarke vertritt, sagt dazu: “Der Fall Fosen ist auch für den Øyfjellet Fall eine äußerst wichtige Referenz”. Die Parallelen zwischen beiden Fällen seien “offensichtlich”. Die Rentierzüchter sind bereit, auch hier bis zum Obersten Gerichtshof zu ziehen.
Denn Investor der Øyfjellet Vind DA ist die Hamburger Aquila Capital Investmentgesellschaft GmbH. Sie gehört seit 2024 mehrheitlich zur Commerzbank AG und will sich zum führendem Asset Manager für nachhaltige Anlagestrategien in Europa entwickeln.
In ihrem Code of Ethics bekennt sich Aquila Capital unter anderem zu den UN Guiding Principles on Business and Human Rights, dem UN Global Compact und den OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen.
Dass es anders geht, zeigt Norwegens zweitgrößter Kapitalverwalter Storebrand. Zwei Jahre beobachte die Gesellschaft den Øyjfellet Vindpark und setzte ihn dann auf die Ausschlussliste für eigene Investments. Zur Begründung sagt der Nachhaltigkeitsverantwortliche Vemund Olsen: “Storebrand ist der Ansicht, dass das Windkraftwerk in einer Weise errichtet wurde, die die Menschenrechte der Rentierbesitzer im Jillen-Njaarke-Rentierweidegebiet verletzt.” Jane Tversted und Martin Zähringer
31. Oktober, 15 Uhr, Online
Webinar Cities and Buildings in Transition: Systems Change for a Resilient Future
Zum Weltstädtetag veranstaltet das World Ressources Institute dieses Webinar zur Frage, wie eine nachhaltige Transition in Städten gelingen kann. Infos
4. bis 10. November, deutschlandweit
Aktionswoche Woche der Wärmepumpe
Vor Ort und online können sich Besucherinnen und Besucher in Vorträgen, einer Ausstellung und im Austausch mit regionalen Fachleuten über Wärmepumpen, deren Installation und Fördermöglichkeiten informieren. Infos
4. November, 16 Uhr, Online
Vorstellung Lancet Countdown 2024 Report Launch Deutschland
Im Webinar wird der “Lancet Countdown” zu Klimawandel und Gesundheit vorgestellt. Das Event wird von KLUG – Deutsche Allianz Klimawandel und Gesundheit e.V. zusammen mit dem Centre for Planetary Health Policy (CPHP) veranstaltet. Infos
4. November, 16 Uhr, Online
Webinar Key Outcomes of the COP16 biodiversity summit
Auf dem Webinar diskutieren Expertinnen und Experten von dem Nachrichtenportal CarbonBrief über die Ergebnisse der Biodiversität-COP in Cali, Kolumbien. Infos
5. November
Wahlen Präsidentschaftswahlen in den USA
5. November, 9 Uhr, Online
Online-Konferenz Wasserstoff in der Industrie in Deutschland und Frankreich
Das Deutsch-französische Büro für die Energiewende veranstaltet diese digitale Konferenz, auf der über die industrielle Verwendung von Wasserstoff diskutiert wird. Unter anderem werden Best Practices aus Deutschland und Frankreich präsentiert. Infos
5. November, 14 Uhr, Berlin
Vorstellung World Energy Outlook 2024 & Energy Technology Perspectives 2024
Der World Energy Outlook zählt weltweit zu den bedeutendsten Energiemarktanalysen. Gemeinsam mit Partnern organisiert der Weltenergierat Deutschland die jährliche Präsentation und Diskussion des Reports in Berlin. Infos
5. November, 14 Uhr, Online
Webinar Nach dem Weltnaturgipfel – wie retten wir die Artenvielfalt?
Die Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), die Stiftung Gesunde Erde – Gesunde Menschen (GEGM) und das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) diskutieren auf dieser Veranstaltung über die Ergebnisse der Weltbiodiversitätskonferenz in Cali. Infos
7. November, Berlin
Konferenz Building Bridges – Gemeinsam für Klimaschutz, Wirtschaft und Demokratie
Die Konferenz ist die Jahreskonferenz der Stiftung KlimaWirtschaft. Mit Experten und Expertinnen aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft, wird dort über die Chancen und Herausforderungen der Transformation diskutiert. Infos
7. November, 10 Uhr, Berlin
Konferenz Mit Künstlicher Intelligenz zu mehr Nachhaltigkeit?
Wie kann KI für den Umwelt- und Klimaschutz wirken und selbst nachhaltiger gestaltet werden? Die AI Conference des BMUV am 7. November 2024 in Berlin diskutiert diese und weitere aktuelle Fragen aus dem Bereich Green AI. Infos
Es ist ein drastisches Beispiel dafür, um wie viel besser die Energieausbeute der Erneuerbaren gegenüber den fossilen Energien ist: Eine einzige Schiffsladung voller PV-Module könne die Mittel bereitstellen, um so viel Strom zu erzeugen wie dies mit 50 Tankern voller Gas oder 100 Schiffen voller Kohle möglich wäre. Das hat die Internationale Energieagentur (IEA) in ihrem neuen Bericht “Energy Technology Perspectives 2024” berechnet: Sie vergleicht den Strom, der aus den PV-Modulen über 40 Jahre erzeugt werden kann mit der Elektrizität aus Kohle, die zwar über die Verbrennung schnell entsteht, aber einen großen Teil ihrer Energie als Wärme abgibt.
Laut IEA-Bericht sind Herstellung und Vertrieb von PV-Anlagen, Windkraftanlagen, Batterien, E-Autos, Elektrolyseuren und Wärmepumpen ein Wachstumsmarkt, der von 700 Milliarden Dollar im Jahr 2023 auf mehr als 2 Billionen Dollar im Jahr 2035 expandieren wird. Das entspreche etwa dem jetzigen Wert des globalen Ölhandels. Diesen wird trotz IRA in den USA und trotz Net Zero Industry Act in der EU weiterhin China dominieren: Denn auch wenn ein Großteil der Investitionen in Erneuerbare in der EU, den USA und vermehrt auch in Indien getätigt werden – China werde die hauptsächliche Produktionsstätte der Erneuerbaren bleiben.
2035 werde China grüne Produkte im Wert von 340 Milliarden Dollar exportieren – so viel wie Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate zusammen mit Ölexporten erlösen. Dabei könnten von der Produktion der grünen Technologien auch andere Regionen profitieren, meint die IEA: Südostasien bei der Herstellung von Silikon und Solarzellen, Brasilien beim Bau von Windenergie-Anlagen, Afrika bei Wasserstoff.
Ein Nebenaspekt der Rechnung zu den Schiffstransporten: Würde die Welt auf Erneuerbare umsteigen, sänke auch der internationale Schiffsverkehr deutlich. Denn bisher sind etwa 40 Prozent aller großen Frachtschiffe weltweit mit Ladungen von Gas, Öl und Kohle unterwegs. Weniger Schiffsreisen hieße dann auch: weniger Emissionen. bpo
Vergangenes Jahr wuchs die weltweite Kapazität von Kohlekraftwerken um 30 Gigawatt (GW), womit die globale Verstromung von Kohle ein neues Allzeithoch erreichte. Dies geht aus der aktuellen “Global Coal Exit List” hervor, die ein NGO-Netzwerk jährlich veröffentlicht. Seit 2015 wuchs die Gesamtkapazität der installierten Kohlekraftwerke demnach um elf Prozent, auf gegenwärtig 2.126 GW. “Neun Jahre nach der Unterzeichnung des Pariser Abkommens hat die Produktion von Kraftwerkskohle einen neuen Höchststand erreicht und der weltweite Kohlekraftwerkspark wächst immer noch”, kritisierte Heffa Schücking, Geschäftsführerin der deutschen Umweltorganisation Urgewald.
In die Datensammlung fließen öffentlich zugängliche Informationen von großen Firmen ein, die sich im Kohlebereich in der Projektentwicklung, im Bergbau, bei Kraftwerken oder der Stromversorgung engagieren. Insgesamt 1.560 Unternehmen zählt das Netzwerk dazu. Darunter sind laut Urgewald nur 124 Unternehmen, die ein Datum für den eigenen Kohleausstieg genannt haben. Davon plant jedoch auch nur etwa die Hälfte den Ausstieg entsprechend der Vorgaben der Internationalen Energieagentur (IEA) für die nächsten sechs bis 16 Jahre. Nur sieben Unternehmen setzen dabei auf einen vollständigen Umstieg auf erneuerbare Energien. Der größte Zuwachs an Kohleprojekten wird laut der Organisationen in China und Indien geplant.
Unter den in Deutschland im Kohlebereich aktiven Firmen fällt der tschechische EPH-Konzern unter Führung des Konzernchefs Daniel Křetínský auf. Zu EPH gehörten Tagebaue und Kohlekraftwerke in Ostdeutschland, und eine Beteiligung an der Stahlsparte von Thyssenkrupp. Das Unternehmen gibt an, die 2030 weitgehend aus Kohle auszusteigen. Aus der Global Coal Exit List geht hervor, dass die Firma ihre Kohleproduktion seit 2023 um rund drei Viertel und den Kohleanteil an der Stromerzeugung um die Hälfte reduziert hat.
Allerdings wanderte das deutsche Kohlegeschäft anscheinend zum allergrößten Teil in das Schwesterunternehmen EP Energy Transition, dass jährlich über 41 Millionen Tonnen produziert und seinen Strom zu 98 Prozent aus der Kohleverbrennung gewinnt. Der Kohleausstieg in Ostdeutschland soll laut Gesetz spätestens 2038 abgeschlossen sein. EP Energy Transition nannte bis Redaktionsschluss kein eigenes Kohle-Ausstiegsdatum. av
Die Länder der “Troika” aus den COP-Gastgebern Vereinigte Arabische Emirate (VAE), Aserbaidschan und Brasilien planen laut einer Studie von Umweltorganisationen, ihre Produktion von Öl und Gas massiv auszuweiten. Bis 2035 soll der Abbau der fossilen Energien in diesen Ländern um insgesamt 32 Prozent zunehmen, heißt es in dem Gutachten “The COP Troika”, das von Oil Change International, 350.org, Menafem und Observatorio do Clima erarbeitet wurde. Demnach verteilt sich die Zunahme der fossilen Produktion auf:
Damit verstießen die Länder gegen den Beschluss der COP28, “einen Übergang weg von den fossilen Energien” zu vollziehen, kritisiert die Studie. “Anstatt mit gutem Beispiel voranzugehen, verfolgen die Länder der Troika einen Pfad, der mit der 1,5-Grad-Grenze unvereinbar ist.” Durch den Export von Öl und Gas hätten die drei Länder 2022 bis zu 750 Millionen Tonnen CO₂ verursacht. Nationale Klimapläne (NDCs), die diesen Export nicht einkalkulieren, “rechnen den vollen Klima-Fußabdruck nicht ein”.
Allerdings seien die Länder des Globalen Nordens – allen voran die USA – bei der Ausweitung der Öl- und Gasproduktion “die größten Schuldigen“, so der Bericht. Diese Länder müssten deshalb nicht nur möglichst schnell aus den Fossilen aussteigen, sondern auf der COP29 auch einer Klimafinanzierung von einer Billion Dollar jährlich aus Zuschüssen zustimmen. Davon sollten 300 Milliarden Dollar für eine gerechte Energiewende im Globalen Süden reserviert werden. bpo
Die Zahl der hitzebedingten Todesfälle steigt rapide und wird bei starker Erderwärmung voraussichtlich die Zahl der kältebedingten Todesfälle übersteigen. Zu diesem Ergebnis kommt der am Mittwoch veröffentliche Bericht “Lancet Countdown in Health and Climate Change“.
Im Jahr 2023 lag die Zahl der hitzebedingten Todesfälle bei den über 65-Jährigen weltweit 167 Prozent höher als noch in den 1990er Jahren. Zu erwarten gewesen wäre ein Anstieg von 65 Prozent, wenn sich die Temperaturen nicht verändert hätten und man nur demografische Veränderungen berücksichtigt hätte. Gesundheitssysteme, die eigentlich Menschen schützen sollten, trügen mit zum Problem bei: Seit 2016 sind die Emissionen im Gesundheitswesen um 36 Prozent gestiegen.
Im Jahr 2023 waren die Menschen im Durchschnitt 50 Tage mehr gesundheitsgefährdenden Temperaturen ausgesetzt als ohne den Klimawandel. Von extremer Dürre waren 48 Prozent der Erdoberfläche betroffen – der zweithöchste verzeichnete Wert. Durch die Zunahme von Dürren und Hitzewellen waren zuletzt 151 Millionen Menschen mehr von mäßiger bis schwerer Ernährungsunsicherheit betroffen als in einem Szenario ohne die Auswirkungen des Klimawandels. Im Schnitt seien die Menschen im vergangenen Jahr 1.512 Stunden Hitzebelastung ausgesetzt gewesen. Besonders hoch ist die Gefahr dadurch für Menschen im Globalen Süden.
Außerdem betont der Bericht:
Optimistischer ist der Report mit Blick auf Todesfälle durch Luftverschmutzung: Sie sanken seit 2016 vor allem aufgrund des Kohleausstiegs leicht.
Die Autorinnen und Autoren des Berichts fordern, dass das Geld, das bisher in fossile Energien fließt, schnellstmöglich in den weltweiten Gesundheitsschutz und einen fairen Übergang zu einer dekarbonisierten Gesellschaft investiert wird. Auf der COP29 müssten dafür die richtigen Entscheidungen getroffen werden, so die Autoren. kul
Mit einer “Berliner Erklärung” haben die deutsche Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina und die Chinesische Akademie der Wissenschaften (CAS) ihre Kooperation bekräftigt und wirksame Schritte zur Dekarbonisierung gefordert. Bei der “Science for Future”-Konferenz zum Thema “On the Path to Carbon Neutrality” in Berlin am Montag und Dienstag unterzeichneten die Vorsitzenden Gerald Haug und Jianguo Hou das Papier und bekräftigten eine Stellungnahme aus dem Jahr 2019.
Die Erklärung betont, es sei “dringend erforderlich, Wege zur Kohlenstoffneutralität zu beschreiten“. Dafür müssten “wirksame Maßnahmen zur CO₂-Reduzierung aller relevanten Sektoren, einschließlich Energie, Industrie, Verkehr und Gebäude sowie Land- und Forstwirtschaft entwickelt werden”. Wichtig seien “angemessene Rahmenbedingungen”, die Förderung sauberer Technologien und “verstärkte Forschung zur Kohlenstoffneutralität”. Unter anderem fordert die Erklärung
Deutschland hat sich gesetzlich zur Klimaneutralität aller Sektoren bis 2045 verpflichtet. China strebt vor 2060 “Kohlenstoffneutralität” an, was andere Treibhausgase wie etwa Methan oder Stickoxid nicht berücksichtigt. bpo
Eine starke Mehrheit der abhängig Beschäftigten in Deutschland befürwortet die Energiewende. Das geht aus einer aktuellen Studie der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung hervor, für die bundesweit rund 2.000 Beschäftigte befragt wurden. 62 Prozent der Befragten unterstützen die Ziele zum Ausbau der erneuerbaren Energien.
Skepsis herrscht hingegen hinsichtlich der sozioökonomischen Folgen. So rechnet nicht einmal jeder Dritte mit sinkenden Energiepreisen. Weniger als die Hälfte geht davon aus, dass neue, gut bezahlte Arbeitsplätze entstehen. Gleichzeitig sprechen sich mehr als zwei Drittel der Befragten dafür aus, die Vergabe von Fördergeldern an gute Arbeitsbedingungen zu knüpfen.
“Insgesamt legen die Ergebnisse unserer Studie nahe, dass die Forderungen, die ökologische Transformation sozial zu gestalten, nicht nur eine Fußnote in der politischen Diskussion ausmachen können, sondern zentral werden müssen”, so die Studienautoren Vera Trappmann und Felix Schulz.
Bei den Anhängern von SPD, Grünen und Linken unter den befragten Beschäftigten ist die Zustimmung zu erneuerbaren Energien mit 80 bis 90 Prozent am höchsten. Die Anhänger von CDU, CSU und FDP stimmen mit rund 70 Prozent zu. Bei den Anhängern des BSW hingegen unterstützt nur knapp die Hälfte die Energiewende, von den Anhängern der AfD weniger als ein Drittel.
Die AfD- beziehungsweise BSW-Effekte bleiben bestehen, wenn Faktoren wie Alter, Geschlecht, Bildung, Einkommen, Branchen und Bundesländer gewichtet werden. Die Studienautoren gehen deshalb von einer stärker ausgeprägten Angst vor Preissteigerungen und Arbeitsplatzverlust aus. “Diese Besorgnis beruht aber nicht zwangsläufig auf einer durchschnittlich schlechteren ökonomischen Situation im Vergleich zu den Wählern der anderen Parteien”, schreiben sie. ch
Mindestens 72 Menschen sind bei Überschwemmungen nach heftigem Regen in weiten Teilen Spaniens gestorben. Allein in der Mittelmeerregion Valencia seien 63 Menschen ums Leben gekommen, teilte die Regionalregierung mit. Die Zahl der Vermissten lässt sich Stand Mittwochabend nur schwer abschätzen. Es ist in Europa die höchste Zahl an Todesopfern durch Überschwemmungen seit der Ahrtal-Flutkatastrophe von 2021.
An vielen Orten sind weiter Rettungskräfte im Einsatz. Besonders dramatisch ist die Lage in den Regionen Andalusien, Murcia und Valencia, die direkt am Mittelmeer liegen. Dort wurden vielerorts Straßen, Häuser und Felder überschwemmt sowie Autos und Bäume von den Wassermassen mitgerissen. Bis zu 200 Millimeter Niederschlag fielen etwa in Turis und Utiel. In einigen Gebieten waren Anwohner in ihren Häusern eingeschlossen. Teils hagelte es in der Größe von Golfbällen. Erst am Donnerstag werde sich die Lage in ganz Spanien wieder entspannen, teilte der Wetterdienst Aemet mit.
Das Ausmaß der Unwetter dürfte durch den Klimawandel und folglich die Erwärmung des Mittelmeers begünstigt worden sein. Die Atmosphäre kann pro Grad Erwärmung rund sieben Prozent mehr Wasser durch Verdunstung aufnehmen. Dieses regnet irgendwann wieder ab – in diesem Fall binnen weniger Stunden aufgrund eines “Gota fria” (deutsch: kalter Tropfen), der zu einer Instabilität in der Atmosphäre führte. Die Intensität der Regenfälle im Ahrtal wurde beispielsweise durch den Klimawandel um drei bis 19 Prozent erhöht. dpa/rtr/lb
ZDF: UN-Artenschutzkonferenz in der heißen Phase. In Kolumbien endet am Freitag die UN-Artenschutzkonferenz unter dem Motto “Peace with Nature”. Ziel der Konferenz ist es, einen Plan zur Eindämmung von Umweltzerstörung und weltweitem Artensterben bis 2030 zu vereinbaren. Im Mittelpunkt stehen unter anderem Fragen zur Finanzierung der nötigen Maßnahmen. Zum Artikel
Süddeutsche: Südamerika trocknet aus. Fast alle Staaten Südamerikas leiden bereits im zweiten Jahr in Folge unter einer extremen Dürre. Große Ströme verwandeln sich in kleine Flüsse. Die Hauptgründe sind das Wetterphänomen El Niño und der Klimawandel. Zum Artikel
FAZ: Deutschland fehlen Moore. Vor allem Hochmoore sind von großer Bedeutung für den Klimaschutz, da sie natürliche Kohlenstoffsenken darstellen. In Deutschland sind jedoch nur noch zwei Prozent der Moore in ihrem ursprünglichen Zustand, während entwässerte Moore erhebliche Mengen CO₂ freisetzen. Zum Artikel
New Scientist: Amazonas nähert sich Kipppunkt. Die Abholzung der Amazonaswälder hat dafür gesorgt, dass die Region zu einer Netto-CO₂-Quelle wird und den Klimawandel beschleunigen könnte. Obwohl die Amazonas-Regenwälder traditionell als Kohlenstoffsenke gelten, haben sie in den Jahren 2015-16 und 2017-18 mehr Kohlenstoff freigesetzt als aufgenommen. Zum Artikel
The Conversation: Wie Sprachbarrieren Klimawissen beeinflussen. 90 Prozent aller wissenschaftlichen Veröffentlichungen zum Thema Klima sind auf Englisch. Doch nur eine Minderheit der Menschen, vor allem im Globalen Süden, spricht die Sprache. Nun will die Open Science-Initiative der UNESCO dafür sorgen, dass mehr Texte übersetzt werden. Helfen soll dabei moderne Sprachsoftware. Zum Artikel
Deutschland hat die Millionenmarke bei intelligenten Stromzählern (Smart Meter) überschritten. Was nach einer Erfolgsmeldung klingt, ist tatsächlich keine: Deutschland hinkt bei dieser zentralen Technologie sämtlichen baltischen und skandinavischen Staaten sowie Italien, Spanien und Frankreich hinterher. Aktuell müssen Verbraucher mit längeren Wartezeiten rechnen, zudem wird ihnen der Einbau auf mehreren Ebenen erschwert. Die Gründe dafür hat Malte Kreutzfeldt analysiert.
Herausfordernd ist die Energiewende auch in Norwegen. Exemplarisch für Zielkonflikte ist der Streit der indigenen Sámi mit dem Windkraftbetreiber Nordic Wind auf der Halbinsel Fosen. Zwei geplante Windkraftwerke verletzen die Menschenrechte der indigenen Gemeinschaft, die dort Rentiere züchtet. Wie es in diesem Landnutzungskonflikt weitergeht, haben Jane Tversted und Martin Zähringer recherchiert.
In den News lesen Sie heute unter anderem, wie viele Kohleschiffe ein einziges Schiff mit Solarmodulen ersetzen kann, warum die Verstromung aus Kohle dennoch steigt, und wie die Staaten der COP-Troika die Öl- und Gasproduktion ausweiten, statt davon abzukehren. Besorgniserregend sind auch die Entwicklungen nach den Unwettern in Spanien und der jüngste Lancet-Bericht. Hoffen lässt dagegen, dass eine starke Mehrheit der Beschäftigten in Deutschland weiterhin die Energiewende befürwortet.
Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre!
Es klingt nach einer Erfolgsmeldung: Beim Einbau sogenannter intelligenter Stromzähler (Smart Meter) dürfte in Deutschland mittlerweile die Millionenmarke überschritten worden sein, teilte das BMWK am Mittwoch auf Anfrage von Table.Briefings mit. Damit hat sich die Zahl dieser Geräte innerhalb der letzten zwei Jahre ungefähr vervierfacht. Faktisch zeigt der Wert aber auch, wie weit Deutschland bei dieser für die Energiewende zentralen Technologie hinterherhinkt, die einen digitalen Stromzähler mit einer Datenanbindung kombiniert: Von den etwa 50 Millionen Stromanschlüssen, die es hierzulande gibt, sind demnach erst zwei Prozent umgestellt worden. In vielen anderen europäischen Ländern, werden dagegen mittlerweile fast ausschließlich Smart Meter genutzt; neben sämtlichen skandinavischen und baltischen Staaten gehören dazu auch Italien, Spanien und Frankreich.
Auch in Zukunft dürfte der Smart-Meter-Rollout in Deutschland nur langsam vorankommen, warnten in den vergangenen Tagen viele Anbieter. Denn ein aktueller Entwurf für die Änderung des Energiewirtschaftsgesetzes sieht vor, dass der Einbau für weniger Anschlüsse verpflichtend wird und die freiwillige Nutzung erschwert und verteuert wird. Bisher war vorgesehen, dass Smart Meter vom nächsten Jahr an eingebaut werden müssen, wenn eine Solaranlage mit mehr als sieben Kilowatt Leistung betrieben oder mehr als 6.000 Kilowattstunden pro Jahr verbraucht werden; das ist bei den meisten Nutzern von Wärmepumpen und E-Autos der Fall. Diese Grenze würde auf 10.000 Kilowattstunden steigen, wenn der Gesetzentwurf unverändert umgesetzt wird.
Noch schwieriger wird es für alle, die freiwillig einen Smart Meter einbauen lassen wollen – etwa um einen dynamischen Stromtarif zu nutzen. Dabei sollen zum einen die Kosten für die Installation stark steigen: Von 30 auf bis zu 100 Euro. Zudem dürfen jährlich bis zu 30 Euro Zusatzkosten in Rechnung gestellt werden. Das dürfte in vielen Fällen die möglichen Einsparungen bei den Stromkosten übersteigen, sodass die neuen Zähler für die Kunden nicht mehr wirtschaftlich wären.
Zum anderen wird es sehr viel schwieriger, überhaupt einen solchen Zähler zu erhalten. Denn der Rechtsanspruch darauf, der vom nächsten Jahr an für alle Kunden gilt, würde durch die geplanten Änderungen stark eingeschränkt. Der Entwurf sieht vor, dass Netzbetreiber ihn nicht erfüllen müssen, wenn dadurch die Umsetzung des Einbaus in den Pflicht-Fällen gefährdet würde. Inwieweit die Netzbetreiber dies nachweisen müssen, lässt der Entwurf offen; faktisch dürfte das Recht auf einen freiwilligen Einbau damit weitgehend ausgehebelt werden.
Dabei gelten Smart Meter eigentlich als eine zentrale Voraussetzung für das Gelingen der Energiewende. Sie bestehen aus einem digitalen Stromzähler in Verbindung mit einem sogenannten Gateway, über das die Verbrauchsdaten im Viertelstundentakt an den Stromanbieter übermittelt werden können. Dadurch ist die Nutzung flexibler Stromtarife möglich, bei denen Verbraucher wenig bezahlen, wenn Strom im Überfluss vorhanden und darum an der Strombörse günstig ist, und entsprechend mehr, wenn er knapp und teuer ist. Das soll die Nachfrage besser ans Angebot anpassen – was dabei hilft, Erzeugungsspitzen besser zu nutzen und den Bedarf an Reservekraftwerken oder Speichern zu verringern.
Um das zu erreichen, sind vom nächsten Jahr an alle Stromanbieter verpflichtet, mindestens einen dynamischen Tarif anzubieten. Doch genutzt werden können diese weiterhin nur von einem winzigen Teil der Kunden. Anbieter wie Tibber oder Octopus Energy, die auf solche Modelle setzen, reagieren darum empört auf die geplante Änderung. “Wenn wir den Rollout jetzt bremsen, schließen wir einen Großteil der Menschen davon aus, wirklich an der Energiewende teilzuhaben”, sagt der Chef von Octopus Deutschland, Bastian Gierull. Kurzfristige Änderungen, wie jetzt geplant, gefährdeten die Investitionssicherheit moderner Energieanbieter, kritisiert er. Aus Sicht des deutschen Tibber-Chefs Martin Lauenburg sind die geplanten Änderungen “sozial ungerecht” und schädlich für die Akzeptanz. “In unseren skandinavischen Heimmärkten sehen wir, wie eine breite Abdeckung intelligenter Messsysteme innovative Geschäftsmodelle rund um Flexibilität befördert.”
Auch der Bundesverband Neue Energiewirtschaft, in dem viele Anbieter zusammengeschlossen sind, übt scharfe Kritik an den Regierungsplänen. “Die jetzt geplanten höheren Kosten für Anwender und Nutzer von Smart Metern werden die Digitalisierung weiter ausbremsen und erhöhen zudem die Kosten für Erneuerbare-Energien-Anlagen”, erklärt Geschäftsführer Robert Busch. Der Verband kritisiert, dass die in Deutschland vorgeschriebenen Geräte für viele Anwendungsfälle viel zu kompliziert sind. Nötig seien “Smart Meter light”, die nicht mehr können, “als alle 15 Minuten Messwerte zu übertragen”, so Busch.
Genau solche einfachen Smart Meter werden bisher auch in den meisten anderen europäischen Ländern genutzt. Deutschland setzt dagegen von Anfang an auf komplexere Technik, die auch eine Steuerung von außen ermöglicht. Diese sorgt beispielsweise dafür, dass Solaranlagen durch die Netzbetreiber aus der Ferne abgeschaltet werden können, wenn es zu viel Strom im Netz gibt. Oder dass der Strombezug für den Betrieb von Wärmepumpen oder das Laden von E-Autos zeitweise gedrosselt werden kann, wenn Strom besonders knapp ist.
Das ist für eine stabile und günstige Stromerzeugung extrem hilfreich. Doch eine Datenverbindung, über die die Stromversorgung gesteuert wird, erfordert deutlich höhere Sicherheitsanforderungen als eine, die nur Daten an den Versorger überträgt. Die Datenanbindung der Smart Meter erfolgt daher in der Regel in verschlüsselter Form über eine eigene Mobilfunkverbindung. Eine simple Internet-Übertragung über WLAN oder Powerline ist nicht zulässig. Zudem müssen alle Gateways vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik zertifiziert werden. Das führt zu einem begrenzten Angebot mit entsprechend höheren Preisen; in der Branche ist von einem “Oligopol” die Rede.
Eine grundlegende Änderung ist dabei nicht absehbar; über einzelne Punkte des Gesetzentwurfs wird aber derzeit im Rahmen der Länder- und Verbändeanhörung diskutiert. “Details aus dem laufenden Anhörungsprozess und die möglichen diskutierten Lösungen”, könne man aber nicht mitteilen, sagte ein BMWK-Sprecher auf Anfrage. Zur Begründung für die geplanten Änderungen verweist das Ministerium auf den jüngsten Digitalisierungsbericht der Regierung. Der war zum Ergebnis gekommen, dass die bisher vorgesehenen Kostenobergrenzen die realen Kosten der Netzbetreiber nicht decken würden. Zudem wird darin gefordert, den Smart-Meter-Rollout “vor allem auch systemorientiert zu gestalten” – was bedeutet, Anschlüsse mit hohem Strombezug zu priorisieren.
Wenn der zuständige Netzanbieter den Einbau ablehnt, übernehmen den zwar in manchen Fällen auch Anbieter wie Octopus oder 1Komma5Grad selbst. Doch auch in diesem Fall geschieht das aufgrund begrenzter Kapazitäten derzeit in der Regel nur bei Kunden, die auch eine Solaranlage oder Wärmepumpe des Anbieters nutzen. Bis auch normale Stromkunden von dynamischen Tarifen profitieren können, dürfte es darum in den meisten Fällen noch viele Jahre dauern.
Europäische Unternehmen investieren gerne in Windenergieprojekte in Norwegen. Das größte Projekt mit sechs Windkraftwerken befindet sich auf der Halbinsel Fosen. Doch hier gibt es Streit. Denn bei zwei der Anlagen werden die Menschenrechte der indigenen Sámi verletzt, die dort Rentiere züchten. Während die Sámi noch auf Ersatzweidegründe warten, prüft die Nordic Wind, die im Besitz einer Schweizer Energiegesellschaft ist, schon den Bau weiterer Anlagen auf der Halbinsel Indre Fosen.
Bis 2024 wurden in Norwegen 65 Windenergieparks mit 1.392 Turbinen und einer Gesamtleistung von 16.923 Gigawattstunden realisiert. Weitere entstehen. Doch dem Ausbau kommt in manchen Gebieten der Konflikt zwischen Konzession und den Weidegebieten der Rentiere in die Quere. Exemplarisch dafür ist der Fosen Fall. Er hat den norwegischen Landnutzungskonflikt zwischen Sámi und Staat auf eine neue Ebene gehoben und könnte sich auf andere Projekte mit deutscher Beteiligung auswirken. Hier zeigt sich: Selbst in Europa ist es schwierig, die gesamtgesellschaftlichen Interessen eines Ausbaus regenerativer Energie mit den sozialen und ökonomischen Interessen der Betroffenen einer Region auszubalancieren.
Für die Halbinsel Fosen wurden 2013 zwei Windkraftwerke auf Rentierweiden der Sámi genehmigt: der Roan-Windpark mit 71 Windturbinen (255,6 Gigawatt) sowie der Storheia-Windpark (288 Gigawatt). Roan ging 2019 in Betrieb und Storheia 2021. Konzession, Expropriationserlaubnis und Vorabgenehmigung für den Bau hatte der norwegische Betreiber Fosen Vind DA.
2013 klagten die Rentierzüchter erfolglos gegen die Genehmigungen. Sie wurden enteignet. Es folgten langwierige Verfahren um die Höhe der Entschädigung. Die Sámi ließen gleichzeitig die Rechtmäßigkeit der Konzession prüfen. 2018 sprach das Bezirksgericht Inntroendelag den Rentierzüchtern 19,6 Millionen Norwegische Kronen zu, umgerechnet rund 1,7 Millionen Euro. Das Berufungsgericht erhöhte die Summe auf 90 Millionen Kronen, rund 7,6 Millionen Euro.
Doch dabei blieb es nicht. 2021 urteilte der Oberste Gerichtshof Norwegens, dass schon die Konzessionsvergabe von 2013 ungültig war. Sie verstieß gegen Artikel 27 des UN-Zivilpaktes und damit gegen die Menschenrechte der Sámi auf Ausübung ihrer Kultur. Das Urteil weckte zunächst hohe Erwartungen bei den Sámi, aber es folgte nichts.
2023 demonstrierten daher junge Sámi in Norwegen gegen die Regierung und besetzten vier Tage lang das Energieministerium. Sie verlangten vom Staat, endlich die Menschenrechtsverletzungen zu beenden. Dazu forderten sie den Rückbau der Anlagen. Im Winter 2023 und Frühjahr 2024 einigten sich die Rentierzüchter mit Fosen Vind DA und Nordic Wind auf neue Entschädigungssummen. Der Staat versprach die Zuweisung alternativer Gebiete – hat sie bislang aber noch nicht bereitgestellt.
Norwegens Regierung, die auch in Weidegebieten der Rentiere auf den weiteren Ausbau der Windenergie setzt, will Lehren aus dem Fall ziehen. Elisabeth Sӕther, Staatssekretärin im Energieministerium, sagte Table.Briefings: Der Fall sei sehr speziell und “wahrscheinlich kein Präzedenzfall, was die Höhe der finanziellen Entschädigung oder die zusätzliche Weidefläche angeht”. Gleichzeitig müsse man “als Staat aber auch aus dem Fall Fosen lernen”. Es sei wichtig, gute Lizenzen mit guten Verfahren und einer besseren Wissensbasis zu erstellen.
Mehr Wissen über internationale Normen wäre hilfreich. Schließlich hatten sich die meisten Projektentwickler, Investmentfonds und Windkraftwerkbetreiber schon vor dem Fosen-Urteil von 2021 zu UN-Menschenrechts-Richtlinien verpflichtet. Und damit auch zum Schutz indigener Gewerbe im Sinne des UN Global Compact.
So auch Vestas aus Dänemark in seiner Human Rights Policy. Geliefert wurden die Vestas Windturbinen dennoch an Fosen Vind DA, obwohl der UN-Ausschuss gegen Rassendiskriminierung (CERD) bereits 2018 einen Projektstopp für Fosen bis zur Klärung der Rechtslage gefordert hatte.
Fosen Vind DA ist ein Projektdienstleister unter dem Dach des norwegischen Staatskonzerns Statkraft. Zwar bekennt man sich dort klar zu den Menschenrechten, ignorierte aber dennoch die UN-Aufforderung von 2018 und begann mit dem Bau der beiden Windkraftwerke. Kim Larsen, CEO von Fosen Vind DA, sagte Table.Briefings zur Rechtauffassung des Norwegischen Gerichtshofes: Das Gericht habe entschieden, “die Lizenz ist ungültig, ein Verstoß gegen den Artikel 27”. Aber der Gerichtshof habe nicht gesagt, was daraus folgen soll. “Es sagte, dass der Staat, der für die Lizenz verantwortlich ist, Maßnahmen ergreifen muss, um herauszufinden, wie wir mit dieser Situation umgehen können.”
Der Fosen Case könnte sich auf ähnliche Konflikte in Norwegen auswirken, zum Beispiel im Rentierdistrikt Jillen Njaarke bei Mosjöen. Dort betreibt Øyfjellet Vind DA eine Windkraftanlage mit 72 Turbinen, deren Strom für zunächst 15 Jahre zum Festpreis an die Aluminiumfabrik Alcoa in Mosjöen geliefert wird.
Der Betreiber will indes von Überschneidungen nichts wissen. Er sieht “erhebliche Unterschiede zwischen den beiden Fällen”, beharrt auf seinen Windanlagen in Mosjöen und klagt gegen die dortigen Rentierzüchter. Sie wiederum fühlen sich in der Ausübung ihrer traditionellen Rentierzucht behindert.
Der Anwalt Pål Gude Gudesen, der Jillen Njaarke vertritt, sagt dazu: “Der Fall Fosen ist auch für den Øyfjellet Fall eine äußerst wichtige Referenz”. Die Parallelen zwischen beiden Fällen seien “offensichtlich”. Die Rentierzüchter sind bereit, auch hier bis zum Obersten Gerichtshof zu ziehen.
Denn Investor der Øyfjellet Vind DA ist die Hamburger Aquila Capital Investmentgesellschaft GmbH. Sie gehört seit 2024 mehrheitlich zur Commerzbank AG und will sich zum führendem Asset Manager für nachhaltige Anlagestrategien in Europa entwickeln.
In ihrem Code of Ethics bekennt sich Aquila Capital unter anderem zu den UN Guiding Principles on Business and Human Rights, dem UN Global Compact und den OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen.
Dass es anders geht, zeigt Norwegens zweitgrößter Kapitalverwalter Storebrand. Zwei Jahre beobachte die Gesellschaft den Øyjfellet Vindpark und setzte ihn dann auf die Ausschlussliste für eigene Investments. Zur Begründung sagt der Nachhaltigkeitsverantwortliche Vemund Olsen: “Storebrand ist der Ansicht, dass das Windkraftwerk in einer Weise errichtet wurde, die die Menschenrechte der Rentierbesitzer im Jillen-Njaarke-Rentierweidegebiet verletzt.” Jane Tversted und Martin Zähringer
31. Oktober, 15 Uhr, Online
Webinar Cities and Buildings in Transition: Systems Change for a Resilient Future
Zum Weltstädtetag veranstaltet das World Ressources Institute dieses Webinar zur Frage, wie eine nachhaltige Transition in Städten gelingen kann. Infos
4. bis 10. November, deutschlandweit
Aktionswoche Woche der Wärmepumpe
Vor Ort und online können sich Besucherinnen und Besucher in Vorträgen, einer Ausstellung und im Austausch mit regionalen Fachleuten über Wärmepumpen, deren Installation und Fördermöglichkeiten informieren. Infos
4. November, 16 Uhr, Online
Vorstellung Lancet Countdown 2024 Report Launch Deutschland
Im Webinar wird der “Lancet Countdown” zu Klimawandel und Gesundheit vorgestellt. Das Event wird von KLUG – Deutsche Allianz Klimawandel und Gesundheit e.V. zusammen mit dem Centre for Planetary Health Policy (CPHP) veranstaltet. Infos
4. November, 16 Uhr, Online
Webinar Key Outcomes of the COP16 biodiversity summit
Auf dem Webinar diskutieren Expertinnen und Experten von dem Nachrichtenportal CarbonBrief über die Ergebnisse der Biodiversität-COP in Cali, Kolumbien. Infos
5. November
Wahlen Präsidentschaftswahlen in den USA
5. November, 9 Uhr, Online
Online-Konferenz Wasserstoff in der Industrie in Deutschland und Frankreich
Das Deutsch-französische Büro für die Energiewende veranstaltet diese digitale Konferenz, auf der über die industrielle Verwendung von Wasserstoff diskutiert wird. Unter anderem werden Best Practices aus Deutschland und Frankreich präsentiert. Infos
5. November, 14 Uhr, Berlin
Vorstellung World Energy Outlook 2024 & Energy Technology Perspectives 2024
Der World Energy Outlook zählt weltweit zu den bedeutendsten Energiemarktanalysen. Gemeinsam mit Partnern organisiert der Weltenergierat Deutschland die jährliche Präsentation und Diskussion des Reports in Berlin. Infos
5. November, 14 Uhr, Online
Webinar Nach dem Weltnaturgipfel – wie retten wir die Artenvielfalt?
Die Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), die Stiftung Gesunde Erde – Gesunde Menschen (GEGM) und das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) diskutieren auf dieser Veranstaltung über die Ergebnisse der Weltbiodiversitätskonferenz in Cali. Infos
7. November, Berlin
Konferenz Building Bridges – Gemeinsam für Klimaschutz, Wirtschaft und Demokratie
Die Konferenz ist die Jahreskonferenz der Stiftung KlimaWirtschaft. Mit Experten und Expertinnen aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft, wird dort über die Chancen und Herausforderungen der Transformation diskutiert. Infos
7. November, 10 Uhr, Berlin
Konferenz Mit Künstlicher Intelligenz zu mehr Nachhaltigkeit?
Wie kann KI für den Umwelt- und Klimaschutz wirken und selbst nachhaltiger gestaltet werden? Die AI Conference des BMUV am 7. November 2024 in Berlin diskutiert diese und weitere aktuelle Fragen aus dem Bereich Green AI. Infos
Es ist ein drastisches Beispiel dafür, um wie viel besser die Energieausbeute der Erneuerbaren gegenüber den fossilen Energien ist: Eine einzige Schiffsladung voller PV-Module könne die Mittel bereitstellen, um so viel Strom zu erzeugen wie dies mit 50 Tankern voller Gas oder 100 Schiffen voller Kohle möglich wäre. Das hat die Internationale Energieagentur (IEA) in ihrem neuen Bericht “Energy Technology Perspectives 2024” berechnet: Sie vergleicht den Strom, der aus den PV-Modulen über 40 Jahre erzeugt werden kann mit der Elektrizität aus Kohle, die zwar über die Verbrennung schnell entsteht, aber einen großen Teil ihrer Energie als Wärme abgibt.
Laut IEA-Bericht sind Herstellung und Vertrieb von PV-Anlagen, Windkraftanlagen, Batterien, E-Autos, Elektrolyseuren und Wärmepumpen ein Wachstumsmarkt, der von 700 Milliarden Dollar im Jahr 2023 auf mehr als 2 Billionen Dollar im Jahr 2035 expandieren wird. Das entspreche etwa dem jetzigen Wert des globalen Ölhandels. Diesen wird trotz IRA in den USA und trotz Net Zero Industry Act in der EU weiterhin China dominieren: Denn auch wenn ein Großteil der Investitionen in Erneuerbare in der EU, den USA und vermehrt auch in Indien getätigt werden – China werde die hauptsächliche Produktionsstätte der Erneuerbaren bleiben.
2035 werde China grüne Produkte im Wert von 340 Milliarden Dollar exportieren – so viel wie Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate zusammen mit Ölexporten erlösen. Dabei könnten von der Produktion der grünen Technologien auch andere Regionen profitieren, meint die IEA: Südostasien bei der Herstellung von Silikon und Solarzellen, Brasilien beim Bau von Windenergie-Anlagen, Afrika bei Wasserstoff.
Ein Nebenaspekt der Rechnung zu den Schiffstransporten: Würde die Welt auf Erneuerbare umsteigen, sänke auch der internationale Schiffsverkehr deutlich. Denn bisher sind etwa 40 Prozent aller großen Frachtschiffe weltweit mit Ladungen von Gas, Öl und Kohle unterwegs. Weniger Schiffsreisen hieße dann auch: weniger Emissionen. bpo
Vergangenes Jahr wuchs die weltweite Kapazität von Kohlekraftwerken um 30 Gigawatt (GW), womit die globale Verstromung von Kohle ein neues Allzeithoch erreichte. Dies geht aus der aktuellen “Global Coal Exit List” hervor, die ein NGO-Netzwerk jährlich veröffentlicht. Seit 2015 wuchs die Gesamtkapazität der installierten Kohlekraftwerke demnach um elf Prozent, auf gegenwärtig 2.126 GW. “Neun Jahre nach der Unterzeichnung des Pariser Abkommens hat die Produktion von Kraftwerkskohle einen neuen Höchststand erreicht und der weltweite Kohlekraftwerkspark wächst immer noch”, kritisierte Heffa Schücking, Geschäftsführerin der deutschen Umweltorganisation Urgewald.
In die Datensammlung fließen öffentlich zugängliche Informationen von großen Firmen ein, die sich im Kohlebereich in der Projektentwicklung, im Bergbau, bei Kraftwerken oder der Stromversorgung engagieren. Insgesamt 1.560 Unternehmen zählt das Netzwerk dazu. Darunter sind laut Urgewald nur 124 Unternehmen, die ein Datum für den eigenen Kohleausstieg genannt haben. Davon plant jedoch auch nur etwa die Hälfte den Ausstieg entsprechend der Vorgaben der Internationalen Energieagentur (IEA) für die nächsten sechs bis 16 Jahre. Nur sieben Unternehmen setzen dabei auf einen vollständigen Umstieg auf erneuerbare Energien. Der größte Zuwachs an Kohleprojekten wird laut der Organisationen in China und Indien geplant.
Unter den in Deutschland im Kohlebereich aktiven Firmen fällt der tschechische EPH-Konzern unter Führung des Konzernchefs Daniel Křetínský auf. Zu EPH gehörten Tagebaue und Kohlekraftwerke in Ostdeutschland, und eine Beteiligung an der Stahlsparte von Thyssenkrupp. Das Unternehmen gibt an, die 2030 weitgehend aus Kohle auszusteigen. Aus der Global Coal Exit List geht hervor, dass die Firma ihre Kohleproduktion seit 2023 um rund drei Viertel und den Kohleanteil an der Stromerzeugung um die Hälfte reduziert hat.
Allerdings wanderte das deutsche Kohlegeschäft anscheinend zum allergrößten Teil in das Schwesterunternehmen EP Energy Transition, dass jährlich über 41 Millionen Tonnen produziert und seinen Strom zu 98 Prozent aus der Kohleverbrennung gewinnt. Der Kohleausstieg in Ostdeutschland soll laut Gesetz spätestens 2038 abgeschlossen sein. EP Energy Transition nannte bis Redaktionsschluss kein eigenes Kohle-Ausstiegsdatum. av
Die Länder der “Troika” aus den COP-Gastgebern Vereinigte Arabische Emirate (VAE), Aserbaidschan und Brasilien planen laut einer Studie von Umweltorganisationen, ihre Produktion von Öl und Gas massiv auszuweiten. Bis 2035 soll der Abbau der fossilen Energien in diesen Ländern um insgesamt 32 Prozent zunehmen, heißt es in dem Gutachten “The COP Troika”, das von Oil Change International, 350.org, Menafem und Observatorio do Clima erarbeitet wurde. Demnach verteilt sich die Zunahme der fossilen Produktion auf:
Damit verstießen die Länder gegen den Beschluss der COP28, “einen Übergang weg von den fossilen Energien” zu vollziehen, kritisiert die Studie. “Anstatt mit gutem Beispiel voranzugehen, verfolgen die Länder der Troika einen Pfad, der mit der 1,5-Grad-Grenze unvereinbar ist.” Durch den Export von Öl und Gas hätten die drei Länder 2022 bis zu 750 Millionen Tonnen CO₂ verursacht. Nationale Klimapläne (NDCs), die diesen Export nicht einkalkulieren, “rechnen den vollen Klima-Fußabdruck nicht ein”.
Allerdings seien die Länder des Globalen Nordens – allen voran die USA – bei der Ausweitung der Öl- und Gasproduktion “die größten Schuldigen“, so der Bericht. Diese Länder müssten deshalb nicht nur möglichst schnell aus den Fossilen aussteigen, sondern auf der COP29 auch einer Klimafinanzierung von einer Billion Dollar jährlich aus Zuschüssen zustimmen. Davon sollten 300 Milliarden Dollar für eine gerechte Energiewende im Globalen Süden reserviert werden. bpo
Die Zahl der hitzebedingten Todesfälle steigt rapide und wird bei starker Erderwärmung voraussichtlich die Zahl der kältebedingten Todesfälle übersteigen. Zu diesem Ergebnis kommt der am Mittwoch veröffentliche Bericht “Lancet Countdown in Health and Climate Change“.
Im Jahr 2023 lag die Zahl der hitzebedingten Todesfälle bei den über 65-Jährigen weltweit 167 Prozent höher als noch in den 1990er Jahren. Zu erwarten gewesen wäre ein Anstieg von 65 Prozent, wenn sich die Temperaturen nicht verändert hätten und man nur demografische Veränderungen berücksichtigt hätte. Gesundheitssysteme, die eigentlich Menschen schützen sollten, trügen mit zum Problem bei: Seit 2016 sind die Emissionen im Gesundheitswesen um 36 Prozent gestiegen.
Im Jahr 2023 waren die Menschen im Durchschnitt 50 Tage mehr gesundheitsgefährdenden Temperaturen ausgesetzt als ohne den Klimawandel. Von extremer Dürre waren 48 Prozent der Erdoberfläche betroffen – der zweithöchste verzeichnete Wert. Durch die Zunahme von Dürren und Hitzewellen waren zuletzt 151 Millionen Menschen mehr von mäßiger bis schwerer Ernährungsunsicherheit betroffen als in einem Szenario ohne die Auswirkungen des Klimawandels. Im Schnitt seien die Menschen im vergangenen Jahr 1.512 Stunden Hitzebelastung ausgesetzt gewesen. Besonders hoch ist die Gefahr dadurch für Menschen im Globalen Süden.
Außerdem betont der Bericht:
Optimistischer ist der Report mit Blick auf Todesfälle durch Luftverschmutzung: Sie sanken seit 2016 vor allem aufgrund des Kohleausstiegs leicht.
Die Autorinnen und Autoren des Berichts fordern, dass das Geld, das bisher in fossile Energien fließt, schnellstmöglich in den weltweiten Gesundheitsschutz und einen fairen Übergang zu einer dekarbonisierten Gesellschaft investiert wird. Auf der COP29 müssten dafür die richtigen Entscheidungen getroffen werden, so die Autoren. kul
Mit einer “Berliner Erklärung” haben die deutsche Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina und die Chinesische Akademie der Wissenschaften (CAS) ihre Kooperation bekräftigt und wirksame Schritte zur Dekarbonisierung gefordert. Bei der “Science for Future”-Konferenz zum Thema “On the Path to Carbon Neutrality” in Berlin am Montag und Dienstag unterzeichneten die Vorsitzenden Gerald Haug und Jianguo Hou das Papier und bekräftigten eine Stellungnahme aus dem Jahr 2019.
Die Erklärung betont, es sei “dringend erforderlich, Wege zur Kohlenstoffneutralität zu beschreiten“. Dafür müssten “wirksame Maßnahmen zur CO₂-Reduzierung aller relevanten Sektoren, einschließlich Energie, Industrie, Verkehr und Gebäude sowie Land- und Forstwirtschaft entwickelt werden”. Wichtig seien “angemessene Rahmenbedingungen”, die Förderung sauberer Technologien und “verstärkte Forschung zur Kohlenstoffneutralität”. Unter anderem fordert die Erklärung
Deutschland hat sich gesetzlich zur Klimaneutralität aller Sektoren bis 2045 verpflichtet. China strebt vor 2060 “Kohlenstoffneutralität” an, was andere Treibhausgase wie etwa Methan oder Stickoxid nicht berücksichtigt. bpo
Eine starke Mehrheit der abhängig Beschäftigten in Deutschland befürwortet die Energiewende. Das geht aus einer aktuellen Studie der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung hervor, für die bundesweit rund 2.000 Beschäftigte befragt wurden. 62 Prozent der Befragten unterstützen die Ziele zum Ausbau der erneuerbaren Energien.
Skepsis herrscht hingegen hinsichtlich der sozioökonomischen Folgen. So rechnet nicht einmal jeder Dritte mit sinkenden Energiepreisen. Weniger als die Hälfte geht davon aus, dass neue, gut bezahlte Arbeitsplätze entstehen. Gleichzeitig sprechen sich mehr als zwei Drittel der Befragten dafür aus, die Vergabe von Fördergeldern an gute Arbeitsbedingungen zu knüpfen.
“Insgesamt legen die Ergebnisse unserer Studie nahe, dass die Forderungen, die ökologische Transformation sozial zu gestalten, nicht nur eine Fußnote in der politischen Diskussion ausmachen können, sondern zentral werden müssen”, so die Studienautoren Vera Trappmann und Felix Schulz.
Bei den Anhängern von SPD, Grünen und Linken unter den befragten Beschäftigten ist die Zustimmung zu erneuerbaren Energien mit 80 bis 90 Prozent am höchsten. Die Anhänger von CDU, CSU und FDP stimmen mit rund 70 Prozent zu. Bei den Anhängern des BSW hingegen unterstützt nur knapp die Hälfte die Energiewende, von den Anhängern der AfD weniger als ein Drittel.
Die AfD- beziehungsweise BSW-Effekte bleiben bestehen, wenn Faktoren wie Alter, Geschlecht, Bildung, Einkommen, Branchen und Bundesländer gewichtet werden. Die Studienautoren gehen deshalb von einer stärker ausgeprägten Angst vor Preissteigerungen und Arbeitsplatzverlust aus. “Diese Besorgnis beruht aber nicht zwangsläufig auf einer durchschnittlich schlechteren ökonomischen Situation im Vergleich zu den Wählern der anderen Parteien”, schreiben sie. ch
Mindestens 72 Menschen sind bei Überschwemmungen nach heftigem Regen in weiten Teilen Spaniens gestorben. Allein in der Mittelmeerregion Valencia seien 63 Menschen ums Leben gekommen, teilte die Regionalregierung mit. Die Zahl der Vermissten lässt sich Stand Mittwochabend nur schwer abschätzen. Es ist in Europa die höchste Zahl an Todesopfern durch Überschwemmungen seit der Ahrtal-Flutkatastrophe von 2021.
An vielen Orten sind weiter Rettungskräfte im Einsatz. Besonders dramatisch ist die Lage in den Regionen Andalusien, Murcia und Valencia, die direkt am Mittelmeer liegen. Dort wurden vielerorts Straßen, Häuser und Felder überschwemmt sowie Autos und Bäume von den Wassermassen mitgerissen. Bis zu 200 Millimeter Niederschlag fielen etwa in Turis und Utiel. In einigen Gebieten waren Anwohner in ihren Häusern eingeschlossen. Teils hagelte es in der Größe von Golfbällen. Erst am Donnerstag werde sich die Lage in ganz Spanien wieder entspannen, teilte der Wetterdienst Aemet mit.
Das Ausmaß der Unwetter dürfte durch den Klimawandel und folglich die Erwärmung des Mittelmeers begünstigt worden sein. Die Atmosphäre kann pro Grad Erwärmung rund sieben Prozent mehr Wasser durch Verdunstung aufnehmen. Dieses regnet irgendwann wieder ab – in diesem Fall binnen weniger Stunden aufgrund eines “Gota fria” (deutsch: kalter Tropfen), der zu einer Instabilität in der Atmosphäre führte. Die Intensität der Regenfälle im Ahrtal wurde beispielsweise durch den Klimawandel um drei bis 19 Prozent erhöht. dpa/rtr/lb
ZDF: UN-Artenschutzkonferenz in der heißen Phase. In Kolumbien endet am Freitag die UN-Artenschutzkonferenz unter dem Motto “Peace with Nature”. Ziel der Konferenz ist es, einen Plan zur Eindämmung von Umweltzerstörung und weltweitem Artensterben bis 2030 zu vereinbaren. Im Mittelpunkt stehen unter anderem Fragen zur Finanzierung der nötigen Maßnahmen. Zum Artikel
Süddeutsche: Südamerika trocknet aus. Fast alle Staaten Südamerikas leiden bereits im zweiten Jahr in Folge unter einer extremen Dürre. Große Ströme verwandeln sich in kleine Flüsse. Die Hauptgründe sind das Wetterphänomen El Niño und der Klimawandel. Zum Artikel
FAZ: Deutschland fehlen Moore. Vor allem Hochmoore sind von großer Bedeutung für den Klimaschutz, da sie natürliche Kohlenstoffsenken darstellen. In Deutschland sind jedoch nur noch zwei Prozent der Moore in ihrem ursprünglichen Zustand, während entwässerte Moore erhebliche Mengen CO₂ freisetzen. Zum Artikel
New Scientist: Amazonas nähert sich Kipppunkt. Die Abholzung der Amazonaswälder hat dafür gesorgt, dass die Region zu einer Netto-CO₂-Quelle wird und den Klimawandel beschleunigen könnte. Obwohl die Amazonas-Regenwälder traditionell als Kohlenstoffsenke gelten, haben sie in den Jahren 2015-16 und 2017-18 mehr Kohlenstoff freigesetzt als aufgenommen. Zum Artikel
The Conversation: Wie Sprachbarrieren Klimawissen beeinflussen. 90 Prozent aller wissenschaftlichen Veröffentlichungen zum Thema Klima sind auf Englisch. Doch nur eine Minderheit der Menschen, vor allem im Globalen Süden, spricht die Sprache. Nun will die Open Science-Initiative der UNESCO dafür sorgen, dass mehr Texte übersetzt werden. Helfen soll dabei moderne Sprachsoftware. Zum Artikel