am Dienstag hat der Klimaschutz erneut juristischen Beistand erhalten. Laut einem Rechtsgutachten des Internationalen Seegerichtshofs stellen Treibhausgase eine Meeresverschmutzung dar. Die Staaten müssen demnach noch mehr Anstrengungen unternehmen, um das Klima zu schützen. Das Pariser Abkommen reiche nicht aus, so der Seegerichtshof. Welche Folgen das Gutachten für zukünftige Klimaklagen haben könnte und wie es sich auf die kommenden Klimakonferenzen auswirkt, hat Alexandra Endres analysiert.
In den News legen wir heute einen kleinen Schwerpunkt auf Investitionen: Das Wirtschaftsministerium will nachhaltige Investitionen über grüne Leitmärkte fördern. Der Verband Eurelectric fordert eine Verdopplung der Investitionen in das Stromnetz. Und die Analysten von BloombergNEF haben ausgerechnet, wie viel Geld in die Energie- und Verkehrswende fließen müsste, um auf Netto-Null-Emissionen zu kommen.
Beste Grüße!
Die kleinen Inselstaaten haben vor dem Internationalen Seegerichtshof (ISGH) in Hamburg einen wegweisenden Erfolg errungen: Das Gericht hat am Dienstag ihren juristischen Anspruch auf mehr Klimaschutz bestätigt. In einem Rechtsgutachten vertraten die 21 Richterinnen und Richter einstimmig die Auffassung, dass Treibhausgase eine Verschmutzung der Meere darstellen. Daraus folgen Klimaschutzverpflichtungen für alle 169 Mitgliedsstaaten des UN-Seerechtsabkommens aus dem Jahr 1982. Zu ihnen gehört auch Deutschland.
Der ISGH legt dabei strengere Maßstäbe an die Klimapolitik an, als das Pariser Abkommen es tut. Sie seien nicht der Auffassung, dass die Klimaschutzpflichten der Staaten “allein durch die Einhaltung der Verpflichtungen und Zusagen im Rahmen des Pariser Abkommens erfüllt werden”, schreiben die Richterinnen und Richter in ihrem Gutachten.
Der Anwalt Payam Akhavan, der die Inselstaaten vor dem ISGH vertrat, sagte dazu auf einer Pressekonferenz nach der Verlesung des Gutachtens: Das Gericht mache deutlich, dass die Staaten mehr tun müssten als nur regelmäßig freiwillige nationale Klimaziele (NDCs) nach den Vorgaben des Pariser Abkommens vorzulegen. “Die großen Verschmutzer müssen katastrophale Schäden für kleine Inselstaaten verhindern, und wenn sie das nicht tun, müssen sie für Verluste und Schäden aufkommen.” Das lässt sich als Hinweis auf künftig mögliche Klagen um Entschädigungen für klimabedingte Schäden und Verluste (Loss and Damage) verstehen.
Legt man die aktuellen NDCs zugrunde, befindet sich die Welt laut Berechnungen des unabhängigen Climate Action Tracker (CAT) auf dem Weg zu einer Erwärmung von 2,5 Grad bis Ende des Jahrhunderts – vorausgesetzt, die Staaten setzen den darin angekündigten Klimaschutz tatsächlich um. Der ISGH nimmt in seinem Gutachten aber die 1,5-Grad-Grenze des Pariser Abkommens als Maßstab für die rechtliche Verpflichtung der Staaten zum Klimaschutz.
Damit stärke er “die Bemühungen, global die 1,5 Grad als rote Linie anzuerkennen”, sagt John Peters, Anwalt bei der auf Umweltrecht spezialisierten Kanzlei Günther in Hamburg, zu Table.Briefings. Wie bereits der EGMR im Klimaseniorinnen-Urteil stelle der Gerichtshof fest, “dass die Wissenschaft Grundlage der Entscheidungen sein muss und bei wissenschaftlichen Unsicherheiten im Zweifel für den Klimaschutz gehandelt werden muss”.
Dem ISGH-Gutachten zufolge müssen die Staaten:
Der Gerichtshof schreibt den Staaten nicht vor, wie sie das konkret tun sollen. Das hänge von den verfügbaren “Mitteln und Möglichkeiten” ab. Er verweist aber darauf, dass Maßnahmen zur Verringerung der Treibhausgasemissionen besonders wichtig seien.
Zwar ist das neue Rechtsgutachten nicht bindend. Aber Fachleute gehen davon aus, dass es weitere Verfahren beeinflussen wird – beispielsweise, indem seine Argumente in Klimaklagen vor nationalen Gerichten genutzt werden, die dann ihrerseits zu rechtlich bindenden Urteilen führen.
Deutschland müsse das Gutachten – wie alle Vertragsstaaten des UN-Seerechtsabkommens – “wegen der Verpflichtung zur Völkerrechtsfreundlichkeit beachten”, sagt Anwalt Peters. Und falls Deutschland etwa vor dem ISGH oder IGH auf mehr Klimaschutz verklagt werde, seien die Grundsätze aus dem Gutachten “sehr wahrscheinlich auch die Maßstäbe, die das Gericht in dem Verfahren anwenden wird.”
Das ISGH-Gutachten ist das erste von dreien, die die völkerrechtliche Verpflichtung von Staaten zum Klimaschutz beurteilen. Der Interamerikanische Gerichtshof für Menschenrechte (IAGMR) und der Internationale Gerichtshof (IGH) arbeiten an ähnlichen Stellungnahmen. Die Anhörungen vor dem IAGMR laufen bereits. Der IGH könnte seine Stellungnahme im kommenden Jahr veröffentlichen und damit “das internationale Recht erheblich verändern”, erwartet die US-amerikanische NGO Center for Environmental Law (CIEL). Sie gehört zu den mehr als 50 Staaten und Organisationen, die das Verfahren vor dem ISGH mit schriftlichen und mündlichen Eingaben begleitet haben.
Die vom ISGH bestätigte völkerrechtliche Verpflichtung der Staaten, die 1,5-Grad-Grenze einzuhalten und überdies zerstörte Naturräume wiederherzustellen, werde “eine große Rolle in verschiedenen laufenden und kommenden Prozessen über eine bessere Umweltgesetzgebung spielen”, sagte auch Felix Ekardt, Professor an der Leipziger Forschungsstelle Nachhaltigkeit und Klimapolitik, zu Table.Briefings. “Andere internationale Gerichte werden sich teilweise wohl ebenfalls daran orientieren”. Das gelte unabhängig davon, ob alle Staaten das UN-Seerechtsabkommen unterzeichnet haben. Ekardt ist allerdings skeptisch, ob es durch das ISGH-Gutachten “jetzt wirklich schneller zu wirksamen Maßnahmen kommt in der Welt, in Europa und in Deutschland.”
Mit den USA gehört einer der größten Emittenten von Treibhausgasen weltweit nicht zu den Vertragsstaaten des Abkommens. Doch “über die Berücksichtigung des Gutachtens in IGH-Verfahren und der Beitrag des ISGH an der allgemeinen Entwicklung des Völkerrechts” würden auch die USA durch das aktuelle Gutachten mittelbar beeinflusst, sagte Umweltanwalt Peters zu Table.Briefings.
Die Rechtsauffassung des ISGH wird sehr wahrscheinlich auch in den kommenden UN-Klimaverhandlungen eine Rolle spielen. Das Gutachten liefere “starke Argumente” für die kommenden Klimakonferenzen, sagte COSIS-Anwalt Akhavan. “Als rechtlicher Hüter des Seerechtsabkommens hat der ISGH einen entscheidenden ersten Schritt getan, indem er anerkannt hat, dass das, wofür die kleinen Inselnationen seit Jahrzehnten bei den COP-Verhandlungen gekämpft haben, bereits Teil des internationalen Rechts ist.”
Dass die 1,5-Grenze überhaupt ins Pariser Abkommen aufgenommen wurde, geht maßgeblich auf den Einsatz der kleinen Inselstaaten zurück. In Paris und auf den seitherigen COPs haben sie immer wieder ehrgeizigere Beschlüsse für den weltweiten Klimaschutz gefordert, etwa als Allianz der kleinen Inselstaaten (AOSIS) oder als Teil der High Ambition Coalition, der auch Deutschland angehört.
Gaston Browne, der Premierminister von Antigua und Barbuda, nannte das ISGH-Gutachten einen “historischen Meilenstein”. Laut der Nachrichtenagentur Reuters sagte Browne, es werde “unsere künftige juristische und diplomatische Arbeit beeinflussen, um der Untätigkeit ein Ende zu setzen, die uns an den Rand einer unumkehrbaren Katastrophe gebracht hat”.
Antigua und Barbuda ist Gründungsmitglied der Kommission der kleinen Inselstaaten für Klimawandel und internationales Recht (COSIS), die den ISGH um das Rechtsgutachten gebeten hat. Zu der im Vorfeld der COP26 in Glasgow (2021) gegründeten Kommission gehören außerdem Tuvalu, Palau, Niue, Vanuatu, St. Lucia, St. Vincent und die Grenadinen sowie St. Kitts und Nevis. Die Mitgliedschaft steht allen AOSIS-Staaten offen.
23. bis 25. Mai, Stresa
Ministertreffen G7 Finance Ministerial
Die Finanzminister der G7-Staaten treffen sich, um unter anderem über globale Klimafinanzierung und die Unterstützung von Entwicklungsländern zu diskutieren. Infos
25. und 26. Mai, Leipzig
Protest Klimafest gegen Ausbau des Frachtflughafens Leipzig/Halle
Mit einem Protestfest wird in Leipzig gegen den Ausbau des Flughafens wegen der “klimaschädlichen Emissionen” protestiert. Infos
28. Mai, 9 Uhr, Online
Schulung KlimA-Lok – Kommunale Resilienz gegenüber Starkregen und Hitze
Das Projekt Extrass veranstaltet eine Online-Schulung zu KlimA-Lok. Das ist ein Online-Tool für Kommunen zur Planung und Unterstützung kommunaler Resilienz gegenüber Starkregen und Hitze. Infos
28. Mai, 18 Uhr, Online
Webinar Just Renewables: Wie gelingt ein global gerechter Ausbau erneuerbarer Energien
Auch in einem fossilfreien Energiesystem drohen Ausbeutung, Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörung, wenn es entlang der alten Strukturen des fossilen Wirtschaftssystems aufgebaut wird. Die NGOs GegenStrömung und PowerShift e.V. organisieren eine Veranstaltungsreihe dazu, am 28. Mai findet die Auftaktveranstaltung statt. Infos
28. Mai, Berlin
Konferenz Aurora Renewables & Battery Summit Berlin
Der Aurora Renewables & Battery Summit Berlin 2024 bringt Energieversorger, politische Entscheidungsträger, Projektentwickler, Investoren und andere wichtige Akteure aus dem Bereich der sauberen Energien in Deutschland zusammen. Sie diskutieren über den Status quo und die Zukunft der erneuerbaren Energien und Batteriespeicher. Infos
29. Mai, Brüssel
Diskussion EU’s Climate Action – What’s the way forward?
Herz der europäischen Klimapolitik ist der Green Deal. Wie geht es mit ihm nach den Europawahlen weiter? Darüber wird auf diesem Event von Euractiv diskutiert. Infos
29. Mai, 14 Uhr, Online
Vortrag Experimentalist Governance in Energy: Insights from the EU
Bernardo Rangoni stellt seine Forschungsergebnisse zu Experimental Governance im Energiesektor vor. Die Veranstaltung ist Teil der Veranstaltungsreihe “Developments in European Energy and Climate Policy” von der Florence School of Regulation. Infos
29. Mai, Singapur
Konferenz International Hydogen Conference
Die International Renewable Energy Agency (IRENA) organisiert diese Konferenz, bei der es um den weltweiten Stand bei der Wasserstoffproduktion und seine Rolle beim Erreichen von Klimazielen geht. Infos
30. Mai, 16 Uhr, Online
Webinar Discover Updated GHG Emissions Data and Methodology with Climate Watch
Das World Resources Institute stellt zusammen mit Climate Watch neue Emissionsdaten vor. Infos
Die jährlichen weltweiten Investitionen in die Energie- und Verkehrswende müssen bis 2030 um über 200 Prozent zunehmen, um den Temperaturanstieg auf 1,75 Grad zu begrenzen. Das zeigt ein neuer Bericht des Informationsdienstes BloombergNEF. 2023 lagen die weltweiten Investitionen demnach bei 1,8 Billionen US-Dollar. Um bis 2050 auf einen Pfad von Netto-Null-Emissionen zu gelangen, müssten die jährlichen Investitionen zwischen 2024 und 2030 auf knapp 5,4 Billionen US-Dollar steigen. Der größte Teil dieser öffentlichen und privaten Investitionen müsse demnach in die Elektrifizierung des Transportsektors, die erneuerbaren Energien und die Stromnetze fließen.
Allerdings sind ein Großteil der Investitionen keine zusätzlichen Ausgaben für den Klimaschutz, so die BNEF-Analysten. Die Regierungen und Unternehmen müssten 34 Billionen zusätzlich investieren, um bis 2050 Netto-Null-Emissionen zu erreichen. Denn laut den BNEF-Prognosen werden bis 2050 ohnehin 181 Billionen US-Dollar in die Energie- und Verkehrswende investiert. Diese Investitionen in schon wettbewerbsfähige Technologien würden aber nicht ausreichen und zu einer Erwärmung von 2,6 Grad führen. Um die 34 Billionen an zusätzlichen Investitionen zu erreichen, müsste es “ein langfristig stabiles politisches Umfeld mit deutlichen Signalen geben”, um “Investitionen weg von fossilen Brennstoffen und hin zu kohlenstoffarmen Lösungen zu lenken”.
Laut BNEF-Analyse sollen bisher noch nicht ausreichend entwickelte Technologien rund 25 Prozent der derzeitigen Emissionen senken:
Die BNEF-Analysten haben zwölf Staaten und ihre Klimapläne (NDCs) genauer untersucht:
Wohlhabende Länder haben im Bereich der Klimafinanzierung mindestens 18 Milliarden US-Dollar (16,6 Milliarden Euro) an Krediten zu marktüblichen Zinsen an Entwicklungsländer vergeben. Das zeigt ein neuer Bericht von Reuters und Big Local News, einem Journalismusprogramm der Stanford University. Dies sei nicht die Norm in der Klimafinanzierung, in der üblicherweise niedrige oder gar keine Zinsen vorgesehen sind.
10,2 Milliarden US-Dollar an Krediten mit marktüblicher Verzinsung kamen aus Japan, 3,6 Milliarden aus Frankreich, 1,9 Milliarden aus Deutschland und 1,5 Milliarden aus den USA. Mindestens weitere elf Milliarden US-Dollar an Beihilfen – fast alle aus Japan – erforderten, dass die Empfängerländer Materialien von Unternehmen in den kreditgebenden Ländern anmieten oder kaufen. Hinzu kommen mindestens 10,6 Milliarden US-Dollar an Zuschüssen aus 24 Ländern und der Europäischen Union, die verlangten, Materialien oder Dienstleistungen von Unternehmen, NGOs und Behörden aus den Geberländern zu beziehen.
Zwischen 2015 und 2020 floss demnach ein Großteil der Klimafinanzierung an Länder mit mittlerem Einkommen: rund 186 Milliarden US-Dollar, meist als Kredite. Länder mit niedrigem Einkommen erhielten zwölf Milliarden, größtenteils als Beihilfen. Insgesamt wurde mehr als die Hälfte der Gelder als verzinste Kredite statt als Beihilfen bereitgestellt. Doch die hohe Verschuldung armer Länder erschwert den Klimaschutz. Sie müssen um ein Vielfaches mehr an Geld in den Schuldendienst investieren als in Maßnahmen zur Klimaresilienz.
Ein Großteil der untersuchten Klimahilfen sind Teil des 100-Milliarden-US-Dollar-Versprechens, das Industriestaaten 2009 auf der COP15 in Kopenhagen für das Jahr 2020 gegeben hatten. Erst 2022 wurde die versprochene Summe erstmals bereitgestellt. Auf der COP29 in Baku im November steht eine Entscheidung über das neue langfristige Ziel für die Klimafinanzierung an. rtr/lb
104 Milliarden US-Dollar oder umgerechnet 96 Milliarden Euro – so viel haben CO₂-Steuern und der Emissionshandel den Staaten weltweit im Jahr 2023 eingebracht. Das zeigte ein Bericht der Weltbank von Dienstag. Demnach blieb die größte einzelne Einnahmequelle das europäische Emissionshandelssystem (EU-ETS), das demnächst durch ein Agrar-ETS erweitert werden könnte.
Weltweit gibt es 75 Instrumente zur Bepreisung von Treibhausgasen, zwei mehr als vor einem Jahr. Sie decken rund 24 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen ab. Im Jahr 2022 wurden 95 Milliarden US-Dollar eingenommen – 2023 gab es somit ein Einnahmenplus von knapp zehn Prozent.
Allerdings werde weniger als ein Prozent der globalen Treibhausgasemissionen durch einen direkten CO₂-Preis abgedeckt, der laut “High Level Commission on Carbon Prices” hoch genug wäre, um deutlich unter zwei Grad Celsius Erderwärmung zu bleiben. Anreize für Unternehmen blieben gering. Es bräuchte aktuell einen Preis zwischen 58 und 117 Euro pro Tonne CO₂. In diesem Korridor bewegt sich das EU-ETS mit aktuell 74 Euro, Tendenz nun wieder steigend. Einer Empfehlung des Umweltbundesamtes zufolge müsste der CO₂-Preis in Deutschland allerdings bei 237 bis 809 Euro liegen, um die tatsächlichen Schäden einzupreisen. rtr/lb
Mit neuen Vorgaben will Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck dafür sorgen, dass die Nachfrage nach klimafreundlichen Grundstoffen aus der Stahl-, Zement- und Chemieindustrie vorangetrieben wird. Am Mittwoch stellte er ein entsprechendes Konzeptpapier seines Hauses vor. Bislang sei vor allem auf der Angebotsseite Unterstützung angeboten worden, etwa mit Klimaschutzverträgen und Beihilfen für den Umbau der Stahlindustrie. “Mit den grünen Leitmärkten nehmen wir jetzt auch die Nachfrageseite in den Blick”, sagte Habeck. “Denn ohne Käufer nutzt das beste Produkt nichts.”
Als erster Schritt wird im Konzept die Entwicklung von Labels angekündigt, mit denen Grundstoffe gekennzeichnet werden sollen, die bei der Produktion vergleichsweise wenig CO₂-Emissionen verursachen. Als Vorbild gilt der kürzlich von der Stahlindustrie vorgestellte “Low Emission Steel Standard”. Auf Grundlage dieser Label sollen zum einen auf EU-Ebene im Rahmen des neuen EU-Ökodesigns verbindliche Vorgaben für steigende Anteile klimafreundlicher Grundstoffe gemacht werden, die alle Hersteller und Importeure zwingend einhalten müssen. Das dürfte aber noch mehrere Jahre dauern; für Stahl ist eine entsprechende Verordnung nach Informationen aus dem BMWK für 2026/27 vorgesehen.
Kurzfristiger umsetzbar, aber dafür unverbindlich, ist eine zweite Anwendungsmöglichkeit für die neuen Labels: Voraussichtlich im nächsten Jahr soll das deutsche Vergaberecht so geändert werden, dass öffentliche Auftraggeber bei Ausschreibungen künftig einen bestimmten Anteil etwa beim verwendetem Stahl oder Zement vorgeben können. Allein im Bausektor seien die Aufträge der öffentlichen Hand für etwa 28 Prozent der Treibhausgasemissionen verantwortlich. Vorgeschrieben werden sollen entsprechende Quoten aber nicht; inwieweit Bund, Länder und Kommunen angesichts knapper Kassen von der neuen Möglichkeit Gebrauch machen werden, ist darum unklar.
Tilman von Berlepsch, Referent für klimaneutrale Industrie bei der NGO Germanwatch, hält diesen Ansatz für nicht ausreichend. Gegenüber Table.Briefings forderte er, dass die Bundesregierung grüne Vergabekriterien auch für Länder und Kommunen vorschreiben solle. Dabei sei aber entscheidend, dass der Bund sie dabei unterstütze, “und nicht eine weitere Klimaschutz-Aufgabe ohne zusätzliche Finanzierung an die Kommunen weitergibt”. Martin Theuringer, Geschäftsführer der Wirtschaftsvereinigung Stahl, lobte das Konzept dagegen. Nun gelte es, das öffentliche Beschaffungswesen auf CO₂-reduzierte Produkte und Prozesse auszurichten und Anreize für den Kauf von emissionsarmen Produkten zu schaffen, erklärte er. av/mkr
Die schweren Regenfälle im vergangenen Herbst und Winter in Großbritannien seien durch den Klimawandel um 20 Prozent nasser und um das Zehnfache wahrscheinlicher geworden. Das zeigt eine Studie der World Weather Attribution, die am Mittwoch veröffentlicht wurde.
Dutzende Stürme, verstärkt durch einen stärkeren Jetstream und bereits nasser Böden, führten zu Überflutungen, Ernteausfällen und Stromausfällen. Zumindest 20 Menschen starben dabei. Ohne den Klimawandel wären solche Regenmengen nur einmal alle 50 Jahren aufgetreten, heute werden sie alle fünf Jahre erwartet und bei 2 Grad Celsius Erderwärmung alle drei Jahre.
Während die Regenmenge im Klimawandel zunimmt, sei eine Sturmperiode wie 2023/24 allerdings um einen Faktor von 1,4 weniger wahrscheinlich geworden. Die Studienautoren raten zu mehr Forschung, wie sich Stürme im Klimawandel verändern. Ungewiss sei vor allem die Veränderung des Jetstreams – eine der größten Herausforderungen in Klimamodellen. lb
Angesichts sich verschärfender Engpässe im Stromnetz ruft der wichtigste europäische Energieverband dazu auf, nicht mehr alle Anschlusswünsche gleichberechtigt abzuarbeiten. Die EU solle es den Mitgliedstaaten ermöglichen, “Prioritäten für den Anschluss festzulegen, die sich am gesellschaftlichen Nutzen orientieren“, forderte Eurelectric am Mittwoch in einem neuen Bericht. Die europäischen Gesetzgeber sollten dazu die Strommarkt-Verordnung ändern, die bisher die Nicht-Diskriminierung von Kunden vorschreibt.
Als Vorbild nennt Eurelectric eine neue Regelung in den Niederlanden. Ab Oktober sollen Netzbetreiber dort einer staatlich festgelegten Reihenfolge der Regulierungsbehörde ACM folgen. Als Erstes sollen dann Batterien und andere Anlagen einen Netzzugang bekommen, die Engpässe lindern. In die zweite Kategorie fallen Sicherheitsbehörden und in die dritte Kategorie kritische Infrastruktur wie Trinkwasserversorgung und Schulen – ebenso wie neue Wohngebäude, wie ein Sprecher auf Anfrage erklärte.
Für den Einbau von Wärmepumpen und Lademöglichkeiten in bestehende Gebäude hatte ACM bereits 2023 Regeln erlassen. Die Behörde sah sich genötigt, den Netzbetreibern eine Wartezeit von höchstens einem Jahr für Haushalte vorzuschreiben, die nachträglich solche Anlagen einbauen möchten.
Deutschland will einen anderen Weg gehen. Die Bundesnetzagentur hatte im vergangenen November festgelegt, dass Netzbetreiber Anschlüsse auch mit Verweis auf mögliche Engpässe nicht mehr verweigern dürfen. Im Gegenzug müssen Nutzer vorübergehend Leistungseinschränkungen etwa beim Laden von E-Autos in Kauf nehmen. Voraussetzung für die Umsetzbarkeit ist laut BNetzA allerdings die Digitalisierung der Netze.
Eurelectric fordert nun auch Anreize, damit Netznutzer nicht mehr überdimensionierte Anschlüsse nachfragen, deren Kapazität sie gar nicht ausschöpfen. Zentrale Forderung des Verbandes ist allerdings die Verdopplung der jährlichen Investitionen in die Verteilnetze durch die EU-Staaten von 33 auf 67 Milliarden Euro bis 2050. ber
90 Prozent der Befragten einer repräsentativen Bevölkerungsumfrage der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) meinen, die Politik sollte sich viel stärker um eine sozial gerechte Ausgestaltung des Wandels unserer Wirtschafts- und Lebensweise kümmern. Rund ein Drittel der Befragten gab an, dass Umwelt-, Natur- und Klimaschutz das derzeit wichtigste Thema sei. Das Gesundheitswesen und die Pflege (56 Prozent) und Sorgen um die Inflation und sinkende Kaufkraft wurden von den Befragten als wichtiger erachtet.
Die Studie würde laut Claudia Detsch, Leiterin der Abteilung Just Climate bei der FES, zeigen, dass Menschen mehrheitlich für konsequente Klimaschutzmaßnahmen seien, es jedoch ablehnen, bevormundet zu werden. Die Zustimmung für Klimaschutzmaßnahmen sei in den Ländern am höchsten, in denen es staatliche Förderung dafür gibt oder keine Nachteile dadurch erwartet werden.
Zum Beispiel seien in Portugal überdurchschnittlich viele Menschen für den Bau von Windrädern (96 Prozent), während die Menschen in Frankreich im Ländervergleich den Bau am meisten ablehnen (36 Prozent). Die Studie kommt auch zu dem Schluss, dass es zwischen den Milieus relevante Unterschiede gibt. So sind viele Menschen mit einem hohen sozialen Status für den Bau von Windrädern, während Menschen mit einem niedrigen sozialen Status eher dagegen sind.
Untersucht wurden 19 Länder, darunter Deutschland, Frankreich, die Türkei und die USA. Die Befragten waren zwischen 18 und 69 Jahre alt. Die repräsentative Studie wurde zwischen April und Juli 2023 durchgeführt. seh
Die Zeiten, in denen man von Geber- und Nehmerländern im Kontext internationaler Zusammenarbeit sprach, sind vorbei. Effektive Klima- und Transformationspartnerschaften mit Entwicklungs- und Schwellenländern sind für die Einhaltung globaler Klimaschutzziele von entscheidender Bedeutung. Sie tragen auch dazu bei, Europas eigene Sicherheit und Wettbewerbsfähigkeit zu stärken, ihre Lieferketten zu diversifizieren und den Zugang zu Energie und Rohstoffen zu sichern.
Angesichts der aktuellen geopolitischen Lage müssen die EU und ihre Mitgliedsstaaten ihr Angebot an internationale Partner, besonders in Entwicklungs- und Schwellenländern, neu ausrichten und besser kommunizieren. Insbesondere vor dem Hintergrund konkurrierender Angebote anderer aufstrebender Wirtschaftsmächte, die ihren globalen Einfluss ausweiten wollen.
Die EU und ihre Mitgliedsstaaten haben sich im Rahmen des “Team Europe”-Ansatzes vorgenommen, dass “ihr gemeinsames Handeln im Ausland mehr bewirken soll als die Summe ihrer Einzelteile“, indem Ressourcen gebündelt und Engagement effektiv aufeinander abgestimmt werden sollen. Eine aktuelle Studie des New Climate Institute zeigt jedoch, dass das Partnerschaftsangebot der EU und ihrer Mitgliedsstaaten wenig fokussiert und unzureichend koordiniert ist – ganz nach dem Motto “everything, everywhere, all at once”.
Während China Angebote macht, die Partnerländer kaum ablehnen können, ist das Partnerschaftsangebot der EU oft komplex, fragmentiert und schwer zu verstehen. In den letzten Jahren hat die EU verschiedene Arten von Partnerschaften ins Leben gerufen, die man im weiteren Sinne als Klimapartnerschaften bezeichnen kann.
Global Gateway, Europas geopolitisches Rahmenwerk zur Unterstützung der Infrastrukturentwicklung in Schwellen- und Entwicklungsländern, legt dabei einen Schwerpunkt auf die grüne und digitale Transformation. Global Gateway wird von einer Reihe von weiteren Initiativen wie Green Partnerships, Green Alliances, Strategische Partnerschaften für Critical Raw Materials sowie plurilaterale Programme wie Just Energy Transition Partnerships (JETPs) ergänzt.
Neben diesen von der EU geführten Partnerschaften unterhalten die EU-Mitgliedstaaten auch eine breite Palette bilateraler Klima- und Entwicklungspartnerschaften mit Drittländern. Dazu kommen einige Klimapartnerschaften mit Industrieländern.
Angesichts dieser Flut an Partnerschaftskonzepten ist es schwer, einen klaren Fokus zu erkennen. Eine fehlende geografische Schwerpunktsetzung erschwert zudem das Setzen klarer Prioritäten und die Entwicklung kohärenter Strategien. In mehr als 60 Ländern gibt es Global-Gateway-Projekte im Bereich Klima und Energie, wobei sich die Projekte hinsichtlich ihres Umfangs und ihrer Investitionen stark unterscheiden. Angesichts begrenzter Ressourcen in wichtigen EU-Institutionen, sowohl in Brüssel als auch vor Ort in den Partnerländern, ist eine effektive Umsetzung dieser Partnerschaften in so vielen Ländern eine gewaltige Herausforderung.
Team Europe – bestehend aus EU-Institutionen, ihren Mitgliedsländern, diplomatischen Diensten und Finanzinstitutionen – sollte daher sein Handeln im Ausland auf eine klare, gemeinsame und regional spezifische Strategie ausrichten, um Synergien zu nutzen und Doppelungen zu vermeiden. Deutschland und andere Mitgliedstaaten sollten dabei ihre bilateralen Bemühungen noch strategischer auf ein gemeinsames Vorgehen im Rahmen von Team Europe ausrichten.
Deutschland sollte daher die strategische Zusammenarbeit mit der EU im Rahmen von Partnerschaften als wichtigen Baustein bei der Umsetzung seiner Klimaaußenpolitik-Strategie definieren. Dies ist nicht nur für die effiziente Nutzung begrenzter öffentlicher Ressourcen wichtig, sondern auch, um ein einheitliches Bild nach außen zu vermitteln und Europas Rolle bei der notwendigen globalen Transformation zu stärken.
Die bevorstehenden Europawahlen bieten die Chance, neue politische Impulse zu setzen und den “Team Europe”-Ansatz konsequenter in die Praxis umzusetzen, indem Partnerschaften aufgebaut werden, die für alle Beteiligten vorteilhaft, effizient und ambitioniert sind. Dies ist nicht nur für die globalen Bemühungen zur Dekarbonisierung von Bedeutung, sondern auch, um Europas Wettbewerbsfähigkeit langfristig zu sichern und zu stärken. Nur ein koordiniertes und fokussiertes Vorgehen wird sicherstellen, dass Europa im globalen Wettbewerb nicht zurückfällt, den Beitrag zum weltweiten Klimaschutz maximiert und die Bestrebungen der Partnerländer im Bereich der nachhaltigen Entwicklung wirksam unterstützt.
am Dienstag hat der Klimaschutz erneut juristischen Beistand erhalten. Laut einem Rechtsgutachten des Internationalen Seegerichtshofs stellen Treibhausgase eine Meeresverschmutzung dar. Die Staaten müssen demnach noch mehr Anstrengungen unternehmen, um das Klima zu schützen. Das Pariser Abkommen reiche nicht aus, so der Seegerichtshof. Welche Folgen das Gutachten für zukünftige Klimaklagen haben könnte und wie es sich auf die kommenden Klimakonferenzen auswirkt, hat Alexandra Endres analysiert.
In den News legen wir heute einen kleinen Schwerpunkt auf Investitionen: Das Wirtschaftsministerium will nachhaltige Investitionen über grüne Leitmärkte fördern. Der Verband Eurelectric fordert eine Verdopplung der Investitionen in das Stromnetz. Und die Analysten von BloombergNEF haben ausgerechnet, wie viel Geld in die Energie- und Verkehrswende fließen müsste, um auf Netto-Null-Emissionen zu kommen.
Beste Grüße!
Die kleinen Inselstaaten haben vor dem Internationalen Seegerichtshof (ISGH) in Hamburg einen wegweisenden Erfolg errungen: Das Gericht hat am Dienstag ihren juristischen Anspruch auf mehr Klimaschutz bestätigt. In einem Rechtsgutachten vertraten die 21 Richterinnen und Richter einstimmig die Auffassung, dass Treibhausgase eine Verschmutzung der Meere darstellen. Daraus folgen Klimaschutzverpflichtungen für alle 169 Mitgliedsstaaten des UN-Seerechtsabkommens aus dem Jahr 1982. Zu ihnen gehört auch Deutschland.
Der ISGH legt dabei strengere Maßstäbe an die Klimapolitik an, als das Pariser Abkommen es tut. Sie seien nicht der Auffassung, dass die Klimaschutzpflichten der Staaten “allein durch die Einhaltung der Verpflichtungen und Zusagen im Rahmen des Pariser Abkommens erfüllt werden”, schreiben die Richterinnen und Richter in ihrem Gutachten.
Der Anwalt Payam Akhavan, der die Inselstaaten vor dem ISGH vertrat, sagte dazu auf einer Pressekonferenz nach der Verlesung des Gutachtens: Das Gericht mache deutlich, dass die Staaten mehr tun müssten als nur regelmäßig freiwillige nationale Klimaziele (NDCs) nach den Vorgaben des Pariser Abkommens vorzulegen. “Die großen Verschmutzer müssen katastrophale Schäden für kleine Inselstaaten verhindern, und wenn sie das nicht tun, müssen sie für Verluste und Schäden aufkommen.” Das lässt sich als Hinweis auf künftig mögliche Klagen um Entschädigungen für klimabedingte Schäden und Verluste (Loss and Damage) verstehen.
Legt man die aktuellen NDCs zugrunde, befindet sich die Welt laut Berechnungen des unabhängigen Climate Action Tracker (CAT) auf dem Weg zu einer Erwärmung von 2,5 Grad bis Ende des Jahrhunderts – vorausgesetzt, die Staaten setzen den darin angekündigten Klimaschutz tatsächlich um. Der ISGH nimmt in seinem Gutachten aber die 1,5-Grad-Grenze des Pariser Abkommens als Maßstab für die rechtliche Verpflichtung der Staaten zum Klimaschutz.
Damit stärke er “die Bemühungen, global die 1,5 Grad als rote Linie anzuerkennen”, sagt John Peters, Anwalt bei der auf Umweltrecht spezialisierten Kanzlei Günther in Hamburg, zu Table.Briefings. Wie bereits der EGMR im Klimaseniorinnen-Urteil stelle der Gerichtshof fest, “dass die Wissenschaft Grundlage der Entscheidungen sein muss und bei wissenschaftlichen Unsicherheiten im Zweifel für den Klimaschutz gehandelt werden muss”.
Dem ISGH-Gutachten zufolge müssen die Staaten:
Der Gerichtshof schreibt den Staaten nicht vor, wie sie das konkret tun sollen. Das hänge von den verfügbaren “Mitteln und Möglichkeiten” ab. Er verweist aber darauf, dass Maßnahmen zur Verringerung der Treibhausgasemissionen besonders wichtig seien.
Zwar ist das neue Rechtsgutachten nicht bindend. Aber Fachleute gehen davon aus, dass es weitere Verfahren beeinflussen wird – beispielsweise, indem seine Argumente in Klimaklagen vor nationalen Gerichten genutzt werden, die dann ihrerseits zu rechtlich bindenden Urteilen führen.
Deutschland müsse das Gutachten – wie alle Vertragsstaaten des UN-Seerechtsabkommens – “wegen der Verpflichtung zur Völkerrechtsfreundlichkeit beachten”, sagt Anwalt Peters. Und falls Deutschland etwa vor dem ISGH oder IGH auf mehr Klimaschutz verklagt werde, seien die Grundsätze aus dem Gutachten “sehr wahrscheinlich auch die Maßstäbe, die das Gericht in dem Verfahren anwenden wird.”
Das ISGH-Gutachten ist das erste von dreien, die die völkerrechtliche Verpflichtung von Staaten zum Klimaschutz beurteilen. Der Interamerikanische Gerichtshof für Menschenrechte (IAGMR) und der Internationale Gerichtshof (IGH) arbeiten an ähnlichen Stellungnahmen. Die Anhörungen vor dem IAGMR laufen bereits. Der IGH könnte seine Stellungnahme im kommenden Jahr veröffentlichen und damit “das internationale Recht erheblich verändern”, erwartet die US-amerikanische NGO Center for Environmental Law (CIEL). Sie gehört zu den mehr als 50 Staaten und Organisationen, die das Verfahren vor dem ISGH mit schriftlichen und mündlichen Eingaben begleitet haben.
Die vom ISGH bestätigte völkerrechtliche Verpflichtung der Staaten, die 1,5-Grad-Grenze einzuhalten und überdies zerstörte Naturräume wiederherzustellen, werde “eine große Rolle in verschiedenen laufenden und kommenden Prozessen über eine bessere Umweltgesetzgebung spielen”, sagte auch Felix Ekardt, Professor an der Leipziger Forschungsstelle Nachhaltigkeit und Klimapolitik, zu Table.Briefings. “Andere internationale Gerichte werden sich teilweise wohl ebenfalls daran orientieren”. Das gelte unabhängig davon, ob alle Staaten das UN-Seerechtsabkommen unterzeichnet haben. Ekardt ist allerdings skeptisch, ob es durch das ISGH-Gutachten “jetzt wirklich schneller zu wirksamen Maßnahmen kommt in der Welt, in Europa und in Deutschland.”
Mit den USA gehört einer der größten Emittenten von Treibhausgasen weltweit nicht zu den Vertragsstaaten des Abkommens. Doch “über die Berücksichtigung des Gutachtens in IGH-Verfahren und der Beitrag des ISGH an der allgemeinen Entwicklung des Völkerrechts” würden auch die USA durch das aktuelle Gutachten mittelbar beeinflusst, sagte Umweltanwalt Peters zu Table.Briefings.
Die Rechtsauffassung des ISGH wird sehr wahrscheinlich auch in den kommenden UN-Klimaverhandlungen eine Rolle spielen. Das Gutachten liefere “starke Argumente” für die kommenden Klimakonferenzen, sagte COSIS-Anwalt Akhavan. “Als rechtlicher Hüter des Seerechtsabkommens hat der ISGH einen entscheidenden ersten Schritt getan, indem er anerkannt hat, dass das, wofür die kleinen Inselnationen seit Jahrzehnten bei den COP-Verhandlungen gekämpft haben, bereits Teil des internationalen Rechts ist.”
Dass die 1,5-Grenze überhaupt ins Pariser Abkommen aufgenommen wurde, geht maßgeblich auf den Einsatz der kleinen Inselstaaten zurück. In Paris und auf den seitherigen COPs haben sie immer wieder ehrgeizigere Beschlüsse für den weltweiten Klimaschutz gefordert, etwa als Allianz der kleinen Inselstaaten (AOSIS) oder als Teil der High Ambition Coalition, der auch Deutschland angehört.
Gaston Browne, der Premierminister von Antigua und Barbuda, nannte das ISGH-Gutachten einen “historischen Meilenstein”. Laut der Nachrichtenagentur Reuters sagte Browne, es werde “unsere künftige juristische und diplomatische Arbeit beeinflussen, um der Untätigkeit ein Ende zu setzen, die uns an den Rand einer unumkehrbaren Katastrophe gebracht hat”.
Antigua und Barbuda ist Gründungsmitglied der Kommission der kleinen Inselstaaten für Klimawandel und internationales Recht (COSIS), die den ISGH um das Rechtsgutachten gebeten hat. Zu der im Vorfeld der COP26 in Glasgow (2021) gegründeten Kommission gehören außerdem Tuvalu, Palau, Niue, Vanuatu, St. Lucia, St. Vincent und die Grenadinen sowie St. Kitts und Nevis. Die Mitgliedschaft steht allen AOSIS-Staaten offen.
23. bis 25. Mai, Stresa
Ministertreffen G7 Finance Ministerial
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25. und 26. Mai, Leipzig
Protest Klimafest gegen Ausbau des Frachtflughafens Leipzig/Halle
Mit einem Protestfest wird in Leipzig gegen den Ausbau des Flughafens wegen der “klimaschädlichen Emissionen” protestiert. Infos
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Schulung KlimA-Lok – Kommunale Resilienz gegenüber Starkregen und Hitze
Das Projekt Extrass veranstaltet eine Online-Schulung zu KlimA-Lok. Das ist ein Online-Tool für Kommunen zur Planung und Unterstützung kommunaler Resilienz gegenüber Starkregen und Hitze. Infos
28. Mai, 18 Uhr, Online
Webinar Just Renewables: Wie gelingt ein global gerechter Ausbau erneuerbarer Energien
Auch in einem fossilfreien Energiesystem drohen Ausbeutung, Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörung, wenn es entlang der alten Strukturen des fossilen Wirtschaftssystems aufgebaut wird. Die NGOs GegenStrömung und PowerShift e.V. organisieren eine Veranstaltungsreihe dazu, am 28. Mai findet die Auftaktveranstaltung statt. Infos
28. Mai, Berlin
Konferenz Aurora Renewables & Battery Summit Berlin
Der Aurora Renewables & Battery Summit Berlin 2024 bringt Energieversorger, politische Entscheidungsträger, Projektentwickler, Investoren und andere wichtige Akteure aus dem Bereich der sauberen Energien in Deutschland zusammen. Sie diskutieren über den Status quo und die Zukunft der erneuerbaren Energien und Batteriespeicher. Infos
29. Mai, Brüssel
Diskussion EU’s Climate Action – What’s the way forward?
Herz der europäischen Klimapolitik ist der Green Deal. Wie geht es mit ihm nach den Europawahlen weiter? Darüber wird auf diesem Event von Euractiv diskutiert. Infos
29. Mai, 14 Uhr, Online
Vortrag Experimentalist Governance in Energy: Insights from the EU
Bernardo Rangoni stellt seine Forschungsergebnisse zu Experimental Governance im Energiesektor vor. Die Veranstaltung ist Teil der Veranstaltungsreihe “Developments in European Energy and Climate Policy” von der Florence School of Regulation. Infos
29. Mai, Singapur
Konferenz International Hydogen Conference
Die International Renewable Energy Agency (IRENA) organisiert diese Konferenz, bei der es um den weltweiten Stand bei der Wasserstoffproduktion und seine Rolle beim Erreichen von Klimazielen geht. Infos
30. Mai, 16 Uhr, Online
Webinar Discover Updated GHG Emissions Data and Methodology with Climate Watch
Das World Resources Institute stellt zusammen mit Climate Watch neue Emissionsdaten vor. Infos
Die jährlichen weltweiten Investitionen in die Energie- und Verkehrswende müssen bis 2030 um über 200 Prozent zunehmen, um den Temperaturanstieg auf 1,75 Grad zu begrenzen. Das zeigt ein neuer Bericht des Informationsdienstes BloombergNEF. 2023 lagen die weltweiten Investitionen demnach bei 1,8 Billionen US-Dollar. Um bis 2050 auf einen Pfad von Netto-Null-Emissionen zu gelangen, müssten die jährlichen Investitionen zwischen 2024 und 2030 auf knapp 5,4 Billionen US-Dollar steigen. Der größte Teil dieser öffentlichen und privaten Investitionen müsse demnach in die Elektrifizierung des Transportsektors, die erneuerbaren Energien und die Stromnetze fließen.
Allerdings sind ein Großteil der Investitionen keine zusätzlichen Ausgaben für den Klimaschutz, so die BNEF-Analysten. Die Regierungen und Unternehmen müssten 34 Billionen zusätzlich investieren, um bis 2050 Netto-Null-Emissionen zu erreichen. Denn laut den BNEF-Prognosen werden bis 2050 ohnehin 181 Billionen US-Dollar in die Energie- und Verkehrswende investiert. Diese Investitionen in schon wettbewerbsfähige Technologien würden aber nicht ausreichen und zu einer Erwärmung von 2,6 Grad führen. Um die 34 Billionen an zusätzlichen Investitionen zu erreichen, müsste es “ein langfristig stabiles politisches Umfeld mit deutlichen Signalen geben”, um “Investitionen weg von fossilen Brennstoffen und hin zu kohlenstoffarmen Lösungen zu lenken”.
Laut BNEF-Analyse sollen bisher noch nicht ausreichend entwickelte Technologien rund 25 Prozent der derzeitigen Emissionen senken:
Die BNEF-Analysten haben zwölf Staaten und ihre Klimapläne (NDCs) genauer untersucht:
Wohlhabende Länder haben im Bereich der Klimafinanzierung mindestens 18 Milliarden US-Dollar (16,6 Milliarden Euro) an Krediten zu marktüblichen Zinsen an Entwicklungsländer vergeben. Das zeigt ein neuer Bericht von Reuters und Big Local News, einem Journalismusprogramm der Stanford University. Dies sei nicht die Norm in der Klimafinanzierung, in der üblicherweise niedrige oder gar keine Zinsen vorgesehen sind.
10,2 Milliarden US-Dollar an Krediten mit marktüblicher Verzinsung kamen aus Japan, 3,6 Milliarden aus Frankreich, 1,9 Milliarden aus Deutschland und 1,5 Milliarden aus den USA. Mindestens weitere elf Milliarden US-Dollar an Beihilfen – fast alle aus Japan – erforderten, dass die Empfängerländer Materialien von Unternehmen in den kreditgebenden Ländern anmieten oder kaufen. Hinzu kommen mindestens 10,6 Milliarden US-Dollar an Zuschüssen aus 24 Ländern und der Europäischen Union, die verlangten, Materialien oder Dienstleistungen von Unternehmen, NGOs und Behörden aus den Geberländern zu beziehen.
Zwischen 2015 und 2020 floss demnach ein Großteil der Klimafinanzierung an Länder mit mittlerem Einkommen: rund 186 Milliarden US-Dollar, meist als Kredite. Länder mit niedrigem Einkommen erhielten zwölf Milliarden, größtenteils als Beihilfen. Insgesamt wurde mehr als die Hälfte der Gelder als verzinste Kredite statt als Beihilfen bereitgestellt. Doch die hohe Verschuldung armer Länder erschwert den Klimaschutz. Sie müssen um ein Vielfaches mehr an Geld in den Schuldendienst investieren als in Maßnahmen zur Klimaresilienz.
Ein Großteil der untersuchten Klimahilfen sind Teil des 100-Milliarden-US-Dollar-Versprechens, das Industriestaaten 2009 auf der COP15 in Kopenhagen für das Jahr 2020 gegeben hatten. Erst 2022 wurde die versprochene Summe erstmals bereitgestellt. Auf der COP29 in Baku im November steht eine Entscheidung über das neue langfristige Ziel für die Klimafinanzierung an. rtr/lb
104 Milliarden US-Dollar oder umgerechnet 96 Milliarden Euro – so viel haben CO₂-Steuern und der Emissionshandel den Staaten weltweit im Jahr 2023 eingebracht. Das zeigte ein Bericht der Weltbank von Dienstag. Demnach blieb die größte einzelne Einnahmequelle das europäische Emissionshandelssystem (EU-ETS), das demnächst durch ein Agrar-ETS erweitert werden könnte.
Weltweit gibt es 75 Instrumente zur Bepreisung von Treibhausgasen, zwei mehr als vor einem Jahr. Sie decken rund 24 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen ab. Im Jahr 2022 wurden 95 Milliarden US-Dollar eingenommen – 2023 gab es somit ein Einnahmenplus von knapp zehn Prozent.
Allerdings werde weniger als ein Prozent der globalen Treibhausgasemissionen durch einen direkten CO₂-Preis abgedeckt, der laut “High Level Commission on Carbon Prices” hoch genug wäre, um deutlich unter zwei Grad Celsius Erderwärmung zu bleiben. Anreize für Unternehmen blieben gering. Es bräuchte aktuell einen Preis zwischen 58 und 117 Euro pro Tonne CO₂. In diesem Korridor bewegt sich das EU-ETS mit aktuell 74 Euro, Tendenz nun wieder steigend. Einer Empfehlung des Umweltbundesamtes zufolge müsste der CO₂-Preis in Deutschland allerdings bei 237 bis 809 Euro liegen, um die tatsächlichen Schäden einzupreisen. rtr/lb
Mit neuen Vorgaben will Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck dafür sorgen, dass die Nachfrage nach klimafreundlichen Grundstoffen aus der Stahl-, Zement- und Chemieindustrie vorangetrieben wird. Am Mittwoch stellte er ein entsprechendes Konzeptpapier seines Hauses vor. Bislang sei vor allem auf der Angebotsseite Unterstützung angeboten worden, etwa mit Klimaschutzverträgen und Beihilfen für den Umbau der Stahlindustrie. “Mit den grünen Leitmärkten nehmen wir jetzt auch die Nachfrageseite in den Blick”, sagte Habeck. “Denn ohne Käufer nutzt das beste Produkt nichts.”
Als erster Schritt wird im Konzept die Entwicklung von Labels angekündigt, mit denen Grundstoffe gekennzeichnet werden sollen, die bei der Produktion vergleichsweise wenig CO₂-Emissionen verursachen. Als Vorbild gilt der kürzlich von der Stahlindustrie vorgestellte “Low Emission Steel Standard”. Auf Grundlage dieser Label sollen zum einen auf EU-Ebene im Rahmen des neuen EU-Ökodesigns verbindliche Vorgaben für steigende Anteile klimafreundlicher Grundstoffe gemacht werden, die alle Hersteller und Importeure zwingend einhalten müssen. Das dürfte aber noch mehrere Jahre dauern; für Stahl ist eine entsprechende Verordnung nach Informationen aus dem BMWK für 2026/27 vorgesehen.
Kurzfristiger umsetzbar, aber dafür unverbindlich, ist eine zweite Anwendungsmöglichkeit für die neuen Labels: Voraussichtlich im nächsten Jahr soll das deutsche Vergaberecht so geändert werden, dass öffentliche Auftraggeber bei Ausschreibungen künftig einen bestimmten Anteil etwa beim verwendetem Stahl oder Zement vorgeben können. Allein im Bausektor seien die Aufträge der öffentlichen Hand für etwa 28 Prozent der Treibhausgasemissionen verantwortlich. Vorgeschrieben werden sollen entsprechende Quoten aber nicht; inwieweit Bund, Länder und Kommunen angesichts knapper Kassen von der neuen Möglichkeit Gebrauch machen werden, ist darum unklar.
Tilman von Berlepsch, Referent für klimaneutrale Industrie bei der NGO Germanwatch, hält diesen Ansatz für nicht ausreichend. Gegenüber Table.Briefings forderte er, dass die Bundesregierung grüne Vergabekriterien auch für Länder und Kommunen vorschreiben solle. Dabei sei aber entscheidend, dass der Bund sie dabei unterstütze, “und nicht eine weitere Klimaschutz-Aufgabe ohne zusätzliche Finanzierung an die Kommunen weitergibt”. Martin Theuringer, Geschäftsführer der Wirtschaftsvereinigung Stahl, lobte das Konzept dagegen. Nun gelte es, das öffentliche Beschaffungswesen auf CO₂-reduzierte Produkte und Prozesse auszurichten und Anreize für den Kauf von emissionsarmen Produkten zu schaffen, erklärte er. av/mkr
Die schweren Regenfälle im vergangenen Herbst und Winter in Großbritannien seien durch den Klimawandel um 20 Prozent nasser und um das Zehnfache wahrscheinlicher geworden. Das zeigt eine Studie der World Weather Attribution, die am Mittwoch veröffentlicht wurde.
Dutzende Stürme, verstärkt durch einen stärkeren Jetstream und bereits nasser Böden, führten zu Überflutungen, Ernteausfällen und Stromausfällen. Zumindest 20 Menschen starben dabei. Ohne den Klimawandel wären solche Regenmengen nur einmal alle 50 Jahren aufgetreten, heute werden sie alle fünf Jahre erwartet und bei 2 Grad Celsius Erderwärmung alle drei Jahre.
Während die Regenmenge im Klimawandel zunimmt, sei eine Sturmperiode wie 2023/24 allerdings um einen Faktor von 1,4 weniger wahrscheinlich geworden. Die Studienautoren raten zu mehr Forschung, wie sich Stürme im Klimawandel verändern. Ungewiss sei vor allem die Veränderung des Jetstreams – eine der größten Herausforderungen in Klimamodellen. lb
Angesichts sich verschärfender Engpässe im Stromnetz ruft der wichtigste europäische Energieverband dazu auf, nicht mehr alle Anschlusswünsche gleichberechtigt abzuarbeiten. Die EU solle es den Mitgliedstaaten ermöglichen, “Prioritäten für den Anschluss festzulegen, die sich am gesellschaftlichen Nutzen orientieren“, forderte Eurelectric am Mittwoch in einem neuen Bericht. Die europäischen Gesetzgeber sollten dazu die Strommarkt-Verordnung ändern, die bisher die Nicht-Diskriminierung von Kunden vorschreibt.
Als Vorbild nennt Eurelectric eine neue Regelung in den Niederlanden. Ab Oktober sollen Netzbetreiber dort einer staatlich festgelegten Reihenfolge der Regulierungsbehörde ACM folgen. Als Erstes sollen dann Batterien und andere Anlagen einen Netzzugang bekommen, die Engpässe lindern. In die zweite Kategorie fallen Sicherheitsbehörden und in die dritte Kategorie kritische Infrastruktur wie Trinkwasserversorgung und Schulen – ebenso wie neue Wohngebäude, wie ein Sprecher auf Anfrage erklärte.
Für den Einbau von Wärmepumpen und Lademöglichkeiten in bestehende Gebäude hatte ACM bereits 2023 Regeln erlassen. Die Behörde sah sich genötigt, den Netzbetreibern eine Wartezeit von höchstens einem Jahr für Haushalte vorzuschreiben, die nachträglich solche Anlagen einbauen möchten.
Deutschland will einen anderen Weg gehen. Die Bundesnetzagentur hatte im vergangenen November festgelegt, dass Netzbetreiber Anschlüsse auch mit Verweis auf mögliche Engpässe nicht mehr verweigern dürfen. Im Gegenzug müssen Nutzer vorübergehend Leistungseinschränkungen etwa beim Laden von E-Autos in Kauf nehmen. Voraussetzung für die Umsetzbarkeit ist laut BNetzA allerdings die Digitalisierung der Netze.
Eurelectric fordert nun auch Anreize, damit Netznutzer nicht mehr überdimensionierte Anschlüsse nachfragen, deren Kapazität sie gar nicht ausschöpfen. Zentrale Forderung des Verbandes ist allerdings die Verdopplung der jährlichen Investitionen in die Verteilnetze durch die EU-Staaten von 33 auf 67 Milliarden Euro bis 2050. ber
90 Prozent der Befragten einer repräsentativen Bevölkerungsumfrage der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) meinen, die Politik sollte sich viel stärker um eine sozial gerechte Ausgestaltung des Wandels unserer Wirtschafts- und Lebensweise kümmern. Rund ein Drittel der Befragten gab an, dass Umwelt-, Natur- und Klimaschutz das derzeit wichtigste Thema sei. Das Gesundheitswesen und die Pflege (56 Prozent) und Sorgen um die Inflation und sinkende Kaufkraft wurden von den Befragten als wichtiger erachtet.
Die Studie würde laut Claudia Detsch, Leiterin der Abteilung Just Climate bei der FES, zeigen, dass Menschen mehrheitlich für konsequente Klimaschutzmaßnahmen seien, es jedoch ablehnen, bevormundet zu werden. Die Zustimmung für Klimaschutzmaßnahmen sei in den Ländern am höchsten, in denen es staatliche Förderung dafür gibt oder keine Nachteile dadurch erwartet werden.
Zum Beispiel seien in Portugal überdurchschnittlich viele Menschen für den Bau von Windrädern (96 Prozent), während die Menschen in Frankreich im Ländervergleich den Bau am meisten ablehnen (36 Prozent). Die Studie kommt auch zu dem Schluss, dass es zwischen den Milieus relevante Unterschiede gibt. So sind viele Menschen mit einem hohen sozialen Status für den Bau von Windrädern, während Menschen mit einem niedrigen sozialen Status eher dagegen sind.
Untersucht wurden 19 Länder, darunter Deutschland, Frankreich, die Türkei und die USA. Die Befragten waren zwischen 18 und 69 Jahre alt. Die repräsentative Studie wurde zwischen April und Juli 2023 durchgeführt. seh
Die Zeiten, in denen man von Geber- und Nehmerländern im Kontext internationaler Zusammenarbeit sprach, sind vorbei. Effektive Klima- und Transformationspartnerschaften mit Entwicklungs- und Schwellenländern sind für die Einhaltung globaler Klimaschutzziele von entscheidender Bedeutung. Sie tragen auch dazu bei, Europas eigene Sicherheit und Wettbewerbsfähigkeit zu stärken, ihre Lieferketten zu diversifizieren und den Zugang zu Energie und Rohstoffen zu sichern.
Angesichts der aktuellen geopolitischen Lage müssen die EU und ihre Mitgliedsstaaten ihr Angebot an internationale Partner, besonders in Entwicklungs- und Schwellenländern, neu ausrichten und besser kommunizieren. Insbesondere vor dem Hintergrund konkurrierender Angebote anderer aufstrebender Wirtschaftsmächte, die ihren globalen Einfluss ausweiten wollen.
Die EU und ihre Mitgliedsstaaten haben sich im Rahmen des “Team Europe”-Ansatzes vorgenommen, dass “ihr gemeinsames Handeln im Ausland mehr bewirken soll als die Summe ihrer Einzelteile“, indem Ressourcen gebündelt und Engagement effektiv aufeinander abgestimmt werden sollen. Eine aktuelle Studie des New Climate Institute zeigt jedoch, dass das Partnerschaftsangebot der EU und ihrer Mitgliedsstaaten wenig fokussiert und unzureichend koordiniert ist – ganz nach dem Motto “everything, everywhere, all at once”.
Während China Angebote macht, die Partnerländer kaum ablehnen können, ist das Partnerschaftsangebot der EU oft komplex, fragmentiert und schwer zu verstehen. In den letzten Jahren hat die EU verschiedene Arten von Partnerschaften ins Leben gerufen, die man im weiteren Sinne als Klimapartnerschaften bezeichnen kann.
Global Gateway, Europas geopolitisches Rahmenwerk zur Unterstützung der Infrastrukturentwicklung in Schwellen- und Entwicklungsländern, legt dabei einen Schwerpunkt auf die grüne und digitale Transformation. Global Gateway wird von einer Reihe von weiteren Initiativen wie Green Partnerships, Green Alliances, Strategische Partnerschaften für Critical Raw Materials sowie plurilaterale Programme wie Just Energy Transition Partnerships (JETPs) ergänzt.
Neben diesen von der EU geführten Partnerschaften unterhalten die EU-Mitgliedstaaten auch eine breite Palette bilateraler Klima- und Entwicklungspartnerschaften mit Drittländern. Dazu kommen einige Klimapartnerschaften mit Industrieländern.
Angesichts dieser Flut an Partnerschaftskonzepten ist es schwer, einen klaren Fokus zu erkennen. Eine fehlende geografische Schwerpunktsetzung erschwert zudem das Setzen klarer Prioritäten und die Entwicklung kohärenter Strategien. In mehr als 60 Ländern gibt es Global-Gateway-Projekte im Bereich Klima und Energie, wobei sich die Projekte hinsichtlich ihres Umfangs und ihrer Investitionen stark unterscheiden. Angesichts begrenzter Ressourcen in wichtigen EU-Institutionen, sowohl in Brüssel als auch vor Ort in den Partnerländern, ist eine effektive Umsetzung dieser Partnerschaften in so vielen Ländern eine gewaltige Herausforderung.
Team Europe – bestehend aus EU-Institutionen, ihren Mitgliedsländern, diplomatischen Diensten und Finanzinstitutionen – sollte daher sein Handeln im Ausland auf eine klare, gemeinsame und regional spezifische Strategie ausrichten, um Synergien zu nutzen und Doppelungen zu vermeiden. Deutschland und andere Mitgliedstaaten sollten dabei ihre bilateralen Bemühungen noch strategischer auf ein gemeinsames Vorgehen im Rahmen von Team Europe ausrichten.
Deutschland sollte daher die strategische Zusammenarbeit mit der EU im Rahmen von Partnerschaften als wichtigen Baustein bei der Umsetzung seiner Klimaaußenpolitik-Strategie definieren. Dies ist nicht nur für die effiziente Nutzung begrenzter öffentlicher Ressourcen wichtig, sondern auch, um ein einheitliches Bild nach außen zu vermitteln und Europas Rolle bei der notwendigen globalen Transformation zu stärken.
Die bevorstehenden Europawahlen bieten die Chance, neue politische Impulse zu setzen und den “Team Europe”-Ansatz konsequenter in die Praxis umzusetzen, indem Partnerschaften aufgebaut werden, die für alle Beteiligten vorteilhaft, effizient und ambitioniert sind. Dies ist nicht nur für die globalen Bemühungen zur Dekarbonisierung von Bedeutung, sondern auch, um Europas Wettbewerbsfähigkeit langfristig zu sichern und zu stärken. Nur ein koordiniertes und fokussiertes Vorgehen wird sicherstellen, dass Europa im globalen Wettbewerb nicht zurückfällt, den Beitrag zum weltweiten Klimaschutz maximiert und die Bestrebungen der Partnerländer im Bereich der nachhaltigen Entwicklung wirksam unterstützt.