für alle, die sich fürs Klima interessieren, war das Kanzlerduell am Sonntagabend eine einzige Enttäuschung: Obwohl wir global gerade den wärmsten Januar seit Beginn der Aufzeichnungen erleben und sich die Klimakrise an vielen Orten immer weiter zuspitzt, spielte das Thema dort praktisch keine Rolle. Abgesehen von der Frage, ob Windräder hässlich sind, sprachen die Moderatorinnen das Thema keinmal an. Und in Abwesenheit des Grünen-Mitbewerbers Robert Habeck kamen Olaf Scholz und Friedrich Merz auch von sich aus kaum darauf zu sprechen. Und wenn doch, sorgte das eher für Verwirrung denn für Klarheit, etwa als Merz eine völlig unrealistische Zahl fürs Klimageld nannte, wie Malte Kreutzfeldt berichtet.
Viel positiver sieht auch der Blick in die internationale Klimapolitik aktuell nicht aus. Gestern lief offiziell die Frist zur Einreichung für die dritte Generation nationaler Klimaziele (NDCs) ab. Aber nur 13 der knapp 200 Staaten hatten pünktlich geliefert. Auch wenn es dafür gute Gründe gibt, wie Bernhard Pötter analysiert, zeigt das auch, dass Klimapolitik aktuell nicht die Aufmerksamkeit bekommt, die sie eigentlich bräuchte.
Darüber hinaus schauen wir auf den Ausbau der Erneuerbaren in Mexiko und in einem Standpunkt erklären Ole Adolphsen und Marian Feist von der Stiftung Wissenschaft und Politik, warum die nächste Bundesregierung die Klimaaußenpolitik nach der Bundestagswahl beibehalten sollte.
Bleiben Sie dran, bei uns bleibt Klima auf jeden Fall Thema.
Neun Monate vor der COP30 im brasilianischen Belém hat das ernsthafte Ringen um das Ergebnis dieser Konferenz zu Finanzierung und nationalen Klimaplänen begonnen. Während an der UN-Frist zur Abgabe neuer nationaler Klimapläne (NDCs) am 10. Februar nur gut ein Dutzend der knapp 200 Staaten ihre Pläne eingereicht hatten, hat die zuständige Behörde UN Climate Change (UNFCCC) diese Frist informell bis September verlängert – und setzt auf offensiven Optimismus. Experten erwarten, dass wichtige Entscheidungen zu den NDCs erst im Sommer 2025 fallen werden.
Eigentlich sollten bis zum 10. Februar – neun Monate vor Beginn der COP30 – alle UN-Staaten ihre NDCs für die Zeit von 2030 bis 2035 vorlegen. Das haben laut UNO bisher 17 Staaten getan. Unter ihnen sind nur die USA und Brasilien als Schwergewichte und nur Großbritannien als vorbildliches Land für den 1,5-Grad-Pfad – und das NDC der USA ist nach dem Amtsantritt von Präsident Donald Trump für die US-Bundespolitik praktisch wertlos.
Nur für 17 Prozent aller Emissionen und acht Prozent der Weltbevölkerung gibt es damit pünktliche 2035er-Pläne. “Bisher haben die Regierungen nicht das erfüllt, was sie vor zehn Jahren [beim Abschluss des Pariser Abkommens, Anm. d. Red.] versprochen haben”, kritisiert Bill Hare vom Climate Action Tracker (CAT), “die Welt mit dem erforderlichen Tempo auf einen Pfad zu 1,5-Grad zu bringen”. Nötig sei auch eine Verschärfung der 2030er-NDCs, die aber bisher keines der Länder vorsehe.
Die Zurückhaltung der Staaten hat mit der geopolitischen Großwetterlage zu tun. Denn diese hat sich auch beim Klimaschutz deutlich eingetrübt:
Trotz dieser Unsicherheiten verbreitet Simon Stiell, Exekutivdirektor von UN Climate Change, Optimismus: Zehn Jahre nach dem Pariser Abkommen sei die erwartete Erderhitzung von fünf auf etwa drei Grad zurückgegangen, auch wenn das noch “gefährlich hoch” sei. Stiell sieht den Siegeszug der Erneuerbaren als unaufhaltsam an – und mahnt die USA, wer jetzt aussteige, riskiere ökonomische Verluste gegenüber den Konkurrenten: “Ein Land mag einen Schritt zurück machen”, sagte Stiell, “aber andere nehmen dessen Platz ein, um diese Gelegenheit zu ergreifen.” Immer mehr Länder und Unternehmen erkennen laut Stiell, dass es in ihrem Selbstinteresse ist, beim Klimaschutz zu handeln.
Wichtiger als schnelle Klimaziele sind der UNO gute NDCs. Denn die ursprüngliche Idee im Pariser Abkommen, die NDCs neun Monate vor ihrem Beschluss auf der COP30 vorzulegen, war: Dann können die Staaten sie noch einmal überarbeiten und verbessern. Das passiert aber wohl ohnehin nicht. Auch deshalb erweitert Stiell die Deadline für die NDCs praktisch um ein halbes Jahr: “Das Sekretariat braucht sie spätestens im September auf seinem Schreibtisch, um den Synthesebericht fertigzustellen.”
In diesem Bericht fasst die Behörde zusammen, welche kollektive Klimawirkung aus den nationalen NDCs folgen wird – und kam 2024 zu dem ernüchternden Ergebnis, die NDCs würden bis 2030 nur zu einem Rückgang der CO₂-Emissionen um 2,6 Prozent gegenüber 2019 führen. Dabei ist laut IPCC klar, dass die globalen Emissionen sich bis 2030 halbieren müssen, um die 1,5-Grenze einzuhalten.
Die Zurückhaltung vieler Länder bei ehrgeizigen Klimazielen hat ihre Gründe:
Wichtiger als der Zeitplan sei die Qualität der NDCs, betont auch Petter Lydén von Germanwatch. Denn die NDCs für 2035 sollen laut Beschluss der COP28 zum ersten Mal, wie im Pariser Abkommen vereinbart, als Konsequenz des “Global Stocktake” möglichst einheitlich und umfassend den Umbau der gesamten Volkswirtschaften darstellen. “Die NDCs müssen beschreiben, wie sich die wirtschaftliche Realität verändern wird. Wer keine solchen langfristigen Investitionspläne macht, der verliert den Anschluss. Wir sehen das zum Beispiel gerade bei der deutschen Autoindustrie”, sagt Lydén.
Als einer von wenigen Industriestaaten hat die Schweiz fristgerecht ihr nationales Klimaziel (NDC) für das Jahr 2035 bei den Vereinten Nationen eingereicht: Die Treibhausgasemissionen sollen um “mindestens 65 Prozent” im Vergleich zum Jahr 1990 sinken, um bis 2050 Netto-Null zu erreichen. Mehrere Experten und Umweltverbände üben allerdings Kritik am NDC, denn bis zu ein Drittel der Emissionen sollen im Ausland gemindert werden. Das könnte wiederum das Klimaschutzgesetz der Schweiz verletzen.
Das neue NDC ist zwar ambitionierter als das Ziel für 2030 und es enthält erstmals Reduktionsziele für die einzelnen Sektoren. Doch diese sind teils deutlich niedriger als das Gesamtziel angesetzt:
Daraus ergibt sich eine inländische Reduktion von lediglich 39 bis 45 Prozent – oder umgerechnet eine Lücke von 10,3 Millionen Tonnen CO₂e beziehungsweise einem Drittel des Reduktionsziels, wie eine Analyse des Climate Action Tracker (CAT) zeigt. Die Experten der unabhängigen Wissenschaftsplattform bewerten das NDC als “unzureichend” für die Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels, denn diese Lücke könne im erforderlichen Zeitraum auch kaum durch negative Emissionen in der Landnutzung (LULUCF) oder durch Reduktionstechnologien (CDR/CCS) geschlossen werden.
Das Bundesamt für Umwelt (BAFU) erklärt dazu auf Anfrage: “Zu welchem Anteil welche Technologie zur Emissionsverminderung beiträgt, lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht sagen.”
Stattdessen dürfte die Schweiz vor allem auf Emissionsminderungen im Ausland (Internationally Transferred Mitigation Outcomes, ITMOs) nach Artikel 6 des Pariser Abkommens setzen. Im NDC fehlen allerdings konkrete Angaben. “Bis zum Jahr 2030 dürfte der Inlandanteil rund zwei Drittel betragen; das verbleibende Drittel wird mit Maßnahmen im Ausland vermindert werden”, heißt es dazu aus dem Bundesamt für Umwelt. Nach 2030 solle der Auslandsanteil laut NDC sinken – der genaue Anteil werde allerdings erst in der nächsten Revision des CO₂-Gesetzes für die Zeit ab 2030 festgelegt.
In welchem Umfang Emissionsreduktionen im Ausland durch ITMOs bis 2035 überhaupt möglich sein werden, sei derzeit noch unklar, sagt die Analystin Judit Hecke zu Table.Briefings. Sie ist beim CAT für Auswertungen zur Schweiz zuständig. Erst auf der vergangenen COP29 seien die Rahmenbedingungen zu Artikel 6 festgelegt worden, viele Details werden noch ausgearbeitet. Einige Staaten handeln trotzdem schon mit ITMOs, darunter die Schweiz mit insgesamt 13 Partnerländern. Bilaterale Abkommen über Artikel 6.2 ließen den Staaten allerdings “einen großen Spielraum bei der Anrechnung und dem Verkauf von ITMOs, ohne dass die Auswirkungen auf die Partnerländer wirklich berücksichtigt werden“, warnt Hecke.
Besonders problematisch sei, dass oft die kostengünstigsten Minderungen zuerst verkauft werden. “Das kann dazu führen, dass die Gastländer später selbst nur noch teurere Maßnahmen zur Emissionsreduktion umsetzen können – was ihre eigene Zielerreichung verteuert“, so Hecke. Es bleibe daher abzuwarten, wie sich der Markt entwickle und wie die Verifizierung und Transparenz der CO₂-Zertifikate sichergestellt werde.
Laut dem Klimaforscher Cyril Brunner von der ETH Zürich, der vor allem zu Klimastrategien und CO₂-Reduktion forscht, nutzt die Schweiz ausländische statt inländische Emissionsreduktionen “in einem Maße wie kaum ein anderes Land”. Dahinter stecke die Annahme, dass mit demselben Geldbetrag im Ausland eine größere Emissionsreduktion erzielt werden könne. Dies stimme zwar aus heutiger Sicht – “aber nicht unbedingt, wenn ich bis 2050 alle möglichen Emissionen reduzieren möchte”, so Brunner. “Sonst müsste beispielsweise in den letzten fünf Jahren vor 2050 noch die Hälfte aller Gebäude in der Schweiz saniert werden.”
Auch Patrick Hofstetter, Klimaschutzexperte beim WWF Schweiz, verweist darauf, dass Auslandsreduktionen von kaum einem Land so aktiv vorangetrieben würden wie von der Schweiz. “Angesichts der riesigen Qualitätsprobleme der Auslandsreduktionen und dem immensen Dekarbonisierungspotenzial und -bedarf im Inland ist die Strategie der Schweiz nicht nachvollziehbar“, kritisiert Hofstetter. Nun hätten die Partnerländer der Schweiz “einen Anreiz, besonders schwache NDCs einzureichen”, um wiederum “möglichst viele Reduktionen der Schweiz zu verkaufen”, befürchtet Hofstetter.
Hofstetter ist zudem Vorstandsmitglied der Klima-Allianz. Die Dachorganisation der klimapolitischen NGOs in der Schweiz kritisiert das neue NDC in ihrer Analyse als “völlig unzureichend“. Das Land setzte etwa weiter auf ITMOs – in Artikel 6 des Pariser Abkommens hieße es aber deutlich, dass “der Marktmechanismus nur dazu genutzt werden sollte, um die globalen Ambitionen zu erhöhen, und nicht, um die nationalen Klimabemühungen der reichsten Länder zu ersetzen”.
Auch das Klimaschutzgesetz der Schweiz verlangt, dass die Ziele “so weit wie möglich durch Emissionsverminderung in der Schweiz erreicht werden”. Es ist seit Januar 2025 in Kraft und stellt einen Gegenentwurf zur “Gletscherinitiative” dar, an der der freie Journalist und Historiker Marcel Hänggi wissenschaftlich mitgearbeitet hat. Laut Hänggi verletze das NDC mit seinem hohen Anteil an ausländischen Reduktionen das Klimaschutzgesetz (Das Bundesamt für Umwelt ließ eine Anfrage dazu unbeantwortet) und schiebe den nötigen Strukturwandel auf. Außerdem sei “die Transparenz ein Witz, wenn der Annex des NDC Maßnahmen nennt, die die Regierung wieder streichen will”.
Als Beispiel verweist Hänggi auf das bestehende Gebäudeprogramm, das im NDC explizit erwähnt wird, vom Parlament für dieses Jahr aber nur mit 140 Millionen Schweizer Franken anstelle den gesetzlich vorgesehenen 200 Millionen pro Jahr budgetiert wurde. Die Regierung wolle dieses weiter kürzen. Auch Hofstetter kritisiert in einer Pressemitteilung der Klima-Allianz, dass “am Tag der Veröffentlichung des NDC, in dem der Bundesrat auf die Wirkung des Gebäudeprogramms hinweist, der Bundesrat beschließt, für genau dieses Programm die Bundesgelder zu streichen“.
Die EU-Kommission will beim Thema Bürokratieabbau liefern. Nach der Ankündigung von Klimakommissar Wopke Hoekstra, einen Großteil der Unternehmen vom CBAM auszunehmen, zeigt sich der deutsche Mittelstand zufrieden. Für viele kleine Importe sei der Aufwand beim CBAM viel zu groß, teilte eine Sprecherin der DIHK am Freitag mit.
Außerdem fehlten Produzenten häufig die Daten für den CO₂-Gehalt von Waren, trotzdem seien Importeure verantwortlich: “Dass die EU-Kommission bei beiden Aspekten Vereinfachungen plant – durch eine höhere Schwelle für die Meldepflicht und durch Standardwerte für die Meldungen – ist eine gute Nachricht.”
In der aktuellen Testphase des CBAM müssen Importeure bereits ab einem Warenwert ab 150 Euro Daten zum CO₂-Gehalt von Einfuhren melden, ab 2026 müssten sie auch Abgaben zahlen. Auf diese Weise soll der Nachteil für heimische Produzenten ausgeglichen werden, die dem europäischen Emissionshandel unterliegen und die durch Einfuhren aus Ländern bedroht sind, in denen der CO₂-Preis geringer ist oder die noch gar keinen Emissionshandel eingeführt haben.
Dass Klima- und Steuerkommissar Wopke Hoekstra die De-minimis-Schwelle für Importe und einen Schutz für Exportgüter überprüfen lässt, hatte Table.Briefings bereits Mitte Januar berichtet. Vergangenen Donnerstag machte Hoekstra erst in der “Financial Times” und dann im Unterausschuss für Steuerfragen des EU-Parlaments einen politischen Aufschlag. Ein Fünftel der Importeure müsse künftig rund 97 Prozent der Abgaben zahlen, sagte der Kommissar. “Wäre es dann nicht klug, die 80 Prozent aus der Verantwortung zu entlassen, was den Verwaltungsaufwand betrifft? Meiner Ansicht nach schon.”
Nachvollziehen kann das Argument auch die Umweltorganisation Germanwatch. “Ich gehe nicht davon aus, dass eine Ausnahme bei wenigen Prozent der importierten CBAM-Waren zu wesentlichen Problemen für Wettbewerbsfähigkeit oder Klimaschutz führt”, sagt Klimaexperte Oldag Caspar. Es komme allerdings auf die Details an und bei Handelspartnern dürfe nicht der Eindruck entstehen, dass die EU ihren Grenzausgleichsmechanismus demontiere.
Weitere Einzelheiten offenbarte die Generaldirektion Steuern laut “Contexte” kurz nach dem Auftritt Hoekstras im Parlament bei einem Treffen mit Stakeholdern. Demnach sollen die Vereinfachungen Teil des ersten Omnibusgesetzes zum Bürokratieabbau sein, das die Kommission nach bisheriger Ankündigung am 26. Februar vorstellen will. Laut einer Präsentation vom Donnerstag schlägt die DG vor, Unternehmen von der Steuer auszunehmen, die jährlich Produkte mit einer CO₂-Bilanz von weniger als 100 Tonnen importieren.
Für die Berechnung der Abgabe soll laut “Handelsblatt” nicht mehr ausschließlich der Geldwert als Maßstab herangezogen werden. Erleichterung solle es außerdem bei den derzeit erforderlichen Informationen zum Drittland geben.
Im zweiten Halbjahr soll laut “Contexte” eine größere Revision der Verordnung folgen. Einerseits will sich die Kommission noch einmal der Frage der Ausfuhren widmen. Exportstarke Branchen beklagen seit Langem, dass ihnen der Schutz vor CO₂-intensiven Importen allein wenig helfe – sie möchten am liebsten weiterhin freie Zertifikate im europäischen Emissionshandel erhalten. Die Steuerexperten der Kommission wollen aber auch prüfen, weitere Branchen in den Geltungsbereich des CBAM einzubeziehen – im Gespräch seien Raffinerien sowie die Chemie- und Papierindustrie.
Bisher gilt der CBAM für Einfuhren von Zement, Eisen, Stahl, Aluminium, Düngemittel, Strom und Wasserstoff. Prüfen wolle die Kommission nun auch, den Mechanismus auf Produkte auszuweiten, die diesen Produkten in der Wertschöpfungskette nachgelagert sind. Außerdem könnten indirekte Emissionen stärker einbezogen werden. Auch gegen die Umgehung des CBAM durch Drittstaaten wolle die Kommission Maßnahmen ergreifen.
Eine weitere mögliche Vereinfachung für die Abgaben auf Importe regte am Freitag der CDU-Abgeordnete Peter Liese an. Sei der CO₂-Fußabdruck einer Ladung Rohstahl für 150 Euro vielleicht relevant, so sehe es bei einem Paket Spezialschrauben für 150 Euro schon anders aus. “Daher sollten wir auch Schwellenwerte für das Gewicht und nicht nur für den Warenwert haben”, teilte der Umweltpolitiker mit.
Im TV-Duell am Sonntagabend hat CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz ein Klimageld von 200 Euro pro Monat angekündigt. “Es wird eine entsprechende Kompensation für alle Haushalte geben mit dem sogenannten Klimageld”, sagte er als Antwort auf eine Frage nach dem steigenden CO₂-Preis. Und er wurde sehr konkret: “Es sollten 200 Euro im Monat sein, die ausgezahlt werden an diejenigen, die die CO₂-Bepreisung zu bezahlen haben. Das muss gemacht werden.” Beobachter vermuteten sofort, dass es sich bei der Aussage um ein Versehen gehandelt haben dürfte. “200 Euro Klimageld pro Kopf und Monat würde rund 200 Milliarden Euro pro Jahr bedeuten”, schrieb etwa Prognos-Energieexperte Marco Wünsch auf Bluesky. “Die Einnahmen aus CO₂ betragen aktuell nur rund 18 Milliarden Euro pro Jahr.” Wahrscheinlich sollte die von Merz genannte Zahl demnach nicht pro Monat, sondern pro Jahr ausgezahlt werden.
Selbst in diesem Fall wäre die Ankündigung aber eine grundlegende Änderung gegenüber dem CDU-Programm. Denn um 200 Euro pro Kopf und Jahr als Klimageld auszahlen zu können, würden fast die gesamten aktuellen Einnahmen aus dem nationalen und europäischen CO₂-Preis benötigt. In ihrem Wahlprogramm verplant die Union diese aber anders: “Wir reduzieren mit den CO₂-Einnahmen zuerst die Stromsteuer und Netzentgelte”, heißt es dort. Schon heute wird ein Teil der CO₂-Einnahmen zudem zur Senkung des Strompreises für die energieintensive Industrie im Rahmen der sogenannten Strompreiskompensation verwendet. Darüber hinaus fließt das Geld in diverse Förderprogramme, etwa zum Aufbau der Wasserstoffwirtschaft und für den Einbau klimafreundlicher Heizungen. Was aus diesen Programmen würde, wenn die Gelder stattdessen in ein Klimageld fließen, ist unklar.
Eine Anfrage bei der CDU-Pressestelle brachte nur wenig Aufklärung. Von einem Fehler wollte ein Sprecher bezüglich der Aussage von Merz nicht sprechen, auch der Widerspruch zwischen dem Wahlprogramm und den Aussagen im Duell wurde nicht aufgeklärt. Der Sprecher erklärte einerseits, die Union werde “den Klimabonus einführen”, bestätigte aber andererseits: “Die Einnahmen aus der CO₂-Bepreisung für Gebäude und Verkehr setzen wir in einem ersten Schritt dafür ein, dass die Stromsteuer gesenkt und die Netzentgelte reduziert werden.” Damit werde ein Vier-Personen-Haushalt um “circa 200 Euro pro Jahr” entlastet. Ob, wann und in welcher Höhe in Zukunft tatsächlich ein Klimageld ausgezahlt werden soll, blieb dabei offen. “Wenn der CO₂-Preis steigt, muss auch die Entlastung steigen”, hieß es lediglich. “Hier sind wir auch für weitere Wege der Rückgabe offen.” mkr
Der diesjährige “Petersberger Klimadialog” zur Vorbereitung auf die COP30 im brasilianischen Belém wird am 25. und 26. März im Auswärtigen Amt in Berlin stattfinden. Das wurde Table.Briefings aus Regierungskreisen bestätigt. Trotz der Unsicherheit darüber, wer nach der Bundestagswahl die deutsche Klimapolitik definieren wird, soll die Konferenz wie üblich gemeinsam mit der kommenden COP-Präsidentschaft, also Brasilien, veranstaltet werden. Etwa 40 Ministerinnen und Minister aus den wichtigsten Staaten und Staatengruppen sind nach Berlin eingeladen, hieß es.
Der Petersberger Klimadialog findet zum 16. Mal auf Einladung der Bundesregierung statt und soll – wie auch in den Vorjahren – dazu dienen, zentrale Fragen der kommenden COP anzusprechen und mögliche Kompromisse auszuloten. Die wichtigsten Themen sind in diesem Jahr die nationalen Klimapläne (NDCs) der einzelnen Länder, die als Investmentplanungen den grünen Umbau der Volkswirtschaften und die Abkehr von den fossilen Energien strukturieren sollen. Dazu kommt die Debatte über die Details der Klimafinanzierung, die in Belém konkrete Schritte zur Umsetzung des Klimaziels NCQG von Baku von 300 Milliarden bzw. 1,3 Billionen Dollar ab 2035 erbringen soll. bpo
Mexiko will bis 2030 neue Photovoltaik-Projekte mit insgesamt 4,67 Gigawatt Kapazität und neue Windkraft-Projekte mit einer Kapazität von 2,46 Gigawatt bauen. Das geht aus dem “National Electric System Expansion Plan” vor, den Präsidentin Claudia Sheinbaum in der vergangenen Woche vorgestellt hat. Der Plan enthält neben den erneuerbaren auch fossile Vorhaben – zusammengerechnet mehr als 13 Gigawatt an zusätzlichen Kapazitäten zur Stromerzeugung.
Zudem sollen einige Wasserkraftprojekte der vorigen Regierung fertiggestellt werden. Insgesamt will Mexiko mehr als 23 Milliarden US-Dollar in die Elektrizitätsprojekte stecken. Aktuell kommt in dem Land rund drei Viertel des Stroms aus fossilen Quellen. Bisher sind erst rund vier Gigawatt Solar- und etwas mehr als sieben Gigawatt an Windkapazitäten installiert. kul
China treibt die Reform des Strommarkts weiter voran und will die Subventionen für erneuerbare Energien reduzieren. Das geht aus einer neuen Policy hervor, die am Sonntag veröffentlicht wurde. In Zukunft soll der Strompreis für erneuerbare Energien stärker durch Marktkräfte bestimmt werden. Durch die Reform soll die Nachfrage nach Erneuerbaren gestärkt werden, sagt Yan Qin, Expertin für Chinas Strommarkt und CO₂-Handel beim Beratungsunternehmen ClearBlue Markets. Die neue Regulierung könnte Qin zufolge mehr Kohlestrom aus dem Netz drängen, da Erneuerbare “kostenmäßig wettbewerbsfähiger sind und durch eine marktorientierte Preisgestaltung begünstigt werden”. Die Reform könne demnach auch zu sinkenden Strompreisen führen. Allerdings gaben die Behörden an, dass es im ersten Jahr kaum zu sinkenden Preisen kommen werde.
Statt direkter Subventionen in Form einer festen Vergütung für die Stromproduzenten sieht die neue Politik Ausgleichszahlungen ähnlich den Stromdifferenzverträgen (Contracts for Difference) in Großbritannien vor. Wenn der Strompreis unter ein bestimmtes Level fällt, sollen die chinesischen Stromerzeuger eine Ausgleichszahlung erhalten. Wenn der Preis das definierte Level oder Preisband übersteigt, sollen die Erzeuger die Ausgleichszahlung zurückzahlen, so Bloomberg.
Laut der neuen Regulierung müssen die Entwickler von neuen Wind- und Solaranlagen nun auch nicht mehr zwangsläufig Stromspeicher an die Anlagen bauen. Bisher gab es die Vorschrift, dass ein gewisser Anteil an Speichern gebaut werden muss, um die Netze zu stabilisieren. Das führte zu einem Boom bei Energiespeichern. Allerdings fehlte ein Geschäftsmodell, um die Speicher profitabel zu betreiben, wodurch sie häufig ungenutzt bleiben. nib
Auf nationaler Ebene wird Gesundheit zwar immer häufiger mit Klimaschutz verknüpft, in den internationalen Versprechen (NDCs) gibt es bei dem Thema aber noch große Lücken. Zu diesem Ergebnis kommt ein Bericht der Global Climate and Health Alliance (GCHA), der am Montag anlässlich der Einreichungsfrist für die NDCs veröffentlicht wurde. Internationale Klimapolitik stärker auf Gesundheit auszurichten, könnte demnach zum einen vielen Menschen direkt zugutekommen und gleichzeitig zukünftige Kosten im Gesundheitssektor einsparen. Es gebe zwar schon Fortschritte darin, Gesundheit in die Klimapolitik zu integrieren, aber in vielen NDCs fehlten noch viele Aspekte – beispielsweise gibt es oft keine Angaben zu Ernährungssicherheit oder durch die Klimakrise verursachten Krankenhauseinweisungen.
Während beispielsweise Botswana verschiedene Aspekte von Gesundheit in sein Klimaziel mit einbezogen habe, fehlten im NDC der USA klare Indikatoren zu Gesundheit und Klima. Im neuen NDC von Kanada fehlten die Zusammenhänge zwischen Klima, Gesundheit und den spezifischen Bedürfnissen der indigenen Bevölkerung.
Der Lancet Countdown betonte außerdem im vergangenen Jahr auch die Verantwortung des Gesundheitswesens: Seit 2016 waren die Emissionen dort um 36 Prozent gestiegen. Auf der COP28 in Dubai hatten sich mehr als 120 Länder mit der Declaration on Climate and Health dazu verpflichtet, Gesundheit in ihre NDCs aufzunehmen. Die GCHA will im kommenden Jahr, wenn die meisten Länder ihre Ziele eingereicht haben, erneut eine Analyse zu dem Thema veröffentlichen. kul
New York Times: Mehr Klimaflüchtlinge. Unter Donald Trump haben die USA Programme eingestellt, die Menschen in Mittelamerika helfen sollten, sich vor den Folgen des Klimawandels zu schützen. Experten gehen nun davon aus, dass das Ende dieser Programme viele dazu bringen wird, in die USA auszuwandern – was Trump eigentlich unbedingt verhindern will. Zum Artikel
New York Times: Private Wetterdienste. Meteorologen befürchten, dass Donald Trump auch massiv beim US-Wetterdienst sparen könnte. Die Heritage Foundation hat in ihrem “Projekt 2025” vorgeschlagen, der Wetterdienst solle sich auf die reine Datenerfassung konzentrieren und die Prognose privaten Dienstleistern überlassen. Zum Artikel
FAZ: Steuern auf Einwegverpackungen. Bundesumweltministerin Steffi Lemke unterstützt die Einführung von Steuern auf Einwegverpackungen in mehreren deutschen Städten. Konstanz hat bereits eine Verpackungssteuer eingeführt, während Freiburg, Bremen und andere Städte in Vorbereitung sind. Tübingen erhebt seit Anfang 2022 eine Steuer auf Einwegverpackungen: 50 Cent für Kaffeebecher und Einweggeschirr sowie 20 Cent für Einwegbesteck. Zum Artikel
Süddeutsche: Gefährliche Ölförderung. Donald Trump will die Gas- und Ölförderung ausbauen. Um den Klimawandel zu stoppen, müsste allerdings Öl und Gas im Boden bleiben. Dazu kommt, dass die meisten Regionen, in denen nach Öl gebohrt werden kann, entweder ökologisch wertvoll oder dicht bewohnt sind. Zum Artikel
Tagesschau: Chance Gentechnik. Der Klimawandel gefährdet die weltweite Ernährungssicherheit. Viele Nutzpflanzen haben Schwierigkeiten mit den veränderten Umweltbedingungen. Gentechnik könnte eine Lösung bieten, indem sie spezifische Gene in das Erbgut der Pflanzen einbringt und sie so widerstandsfähiger gegen ungünstige Umstände macht. Zum Artikel
Wie zuletzt bei den Verhandlungen zum neuen Klimafinanzierungsziel in Baku zu sehen war, ist internationale Klimakooperation zunehmend von Misstrauen und widrigen Umständen gekennzeichnet. Vor dem Angriff Russlands auf die Ukraine schien der Moment für eine konstruktive Zusammenarbeit im Klimaschutz relativ günstig – doch seit Kriegsausbruch ist Klimapolitik noch enger mit wirtschafts- und sicherheitspolitischen Interessen verwoben. Das zeigt etwa der neue Fokus des Green Deals der EU auf Wettbewerbsfähigkeit.
Umso beachtenswerter ist es, dass ungeachtet der bleibenden Defizite konkrete Umsetzungen wie der Klimaclub oder der neue Fonds für Schäden und Verluste gelungen sind. Deutschland hat eine zentrale Rolle dabei gespielt, diese Erfolge zu erreichen. Sie wurden nicht zuletzt auch durch die internen Veränderungen im Ministerialapparat ermöglicht, die Teil der Klimaaußenpolitik sind.
Dazu gehören:
Diese Umstrukturierung kostete Zeit und Ressourcen, und nicht immer gelang es, nach innen wie außen geschlossen als “Team Deutschland” aufzutreten.
In der Zusammenschau überwiegen jedoch die Pluspunkte. So zeugt die Reform von dringend notwendigem Problembewusstsein. War Deutschlands Handeln vormals noch stärker zwischen den Ressorts fragmentiert und hat ad-hoc auf Entwicklungen reagiert, sollte der Ansatz mit der Klimaaußenpolitik explizit kohärenter und strategischer werden. Das Ziel war Klimadiplomatie aus einem Guss, die der Bedeutung des Klimawandels für alle Bereiche der Außenpolitik gerecht wird.
Die Erfolge des neuen Ansatzes zeigten sich aber nicht nur unmittelbar in der internationalen Klimakooperation: Dem Auswärtigen Amt gelang es nach anfänglichem Fremdeln, das Thema mit bestehenden außenpolitischen Aktivitäten zu verbinden. Ein Beispiel: Kontakte zu kleinen Inselstaaten konnten genutzt werden, um für Unterstützung für Deutschlands ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat zu werben. Auch im Umgang mit strategisch wichtigen Mittelmächten spielt Klimakooperation eine tragende Rolle, etwa in der neuen Transformationspartnerschaft mit Brasilien.
Klimadiplomatie kann also auch verwandten außenpolitischen Zielen dienen und etwa Handelsbeziehungen verbessern oder Dekarbonisierung und Energieversorgungssicherheit effektiv verbinden.
Dabei hängt – das hat die Erfahrung gezeigt – viel an den richtigen Persönlichkeiten auf der ministerialen Führungsebene. Auch dank deren Erfahrung und Standing auf dem diplomatischen Parkett konnte die Bundesregierung unter der Leitung des Auswärtigen Amts bestimmter auftreten und hat so signalisiert, dass Klimakooperation für Deutschland ein prioritäres Politikfeld ist.
Angesichts der drängenden Herausforderungen, denen sich Deutschland und Europa gegenübersehen, wäre es ein Fehler, die Gewinne der Klimaaußenpolitik parteipolitischer Optik zu opfern. Stattdessen sollten verbleibende Reibungspunkte in der interministeriellen Koordination weiter abgebaut und die strategische Ausrichtung von Deutschlands Klimadiplomatie geschärft werden.
Die Konsolidierung von Kompetenzen für internationale Partnerschaften im Auswärtigen Amt sind dazu ein möglicher Weg. Nationale und internationale Klimapolitik wären so organisatorisch deutlicher getrennt, was Abstimmungsprozesse verschlanken würde. Die Fortführung der bereits angestoßenen Evaluation von Deutschlands Aktivitäten in internationalen Allianzen und Partnerschaften würde helfen, die richtige Balance zwischen Tiefe und Breite des Engagements Deutschlands zu finden und Ressourcen gezielter einzusetzen.
Statt sie aufzugeben, sollte die nächste Bundesregierung Klimaaußenpolitik strategisch nutzen. Ausgerichtet an klima-, industrie- und sicherheitspolitischen Leitlinien kann internationale Klimakooperation so in die breitere Zeitenwende eingebettet werden.
Ole Adolphsen ist Wissenschaftler an der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) und arbeitet zu internationaler Klimapolitik. Marian Feist ist Senior Research Fellow an der Hertie School und befasst sich mit globaler Umweltpolitik, insbesondere Klimaverhandlungen, -diplomatie und -finanzierung. Dieser Text basiert auf einer Ariadne-Analyse zur Klimaaußenpolitik, die sie gemeinsam mit weiteren Wissenschaftlern verfasst haben.
für alle, die sich fürs Klima interessieren, war das Kanzlerduell am Sonntagabend eine einzige Enttäuschung: Obwohl wir global gerade den wärmsten Januar seit Beginn der Aufzeichnungen erleben und sich die Klimakrise an vielen Orten immer weiter zuspitzt, spielte das Thema dort praktisch keine Rolle. Abgesehen von der Frage, ob Windräder hässlich sind, sprachen die Moderatorinnen das Thema keinmal an. Und in Abwesenheit des Grünen-Mitbewerbers Robert Habeck kamen Olaf Scholz und Friedrich Merz auch von sich aus kaum darauf zu sprechen. Und wenn doch, sorgte das eher für Verwirrung denn für Klarheit, etwa als Merz eine völlig unrealistische Zahl fürs Klimageld nannte, wie Malte Kreutzfeldt berichtet.
Viel positiver sieht auch der Blick in die internationale Klimapolitik aktuell nicht aus. Gestern lief offiziell die Frist zur Einreichung für die dritte Generation nationaler Klimaziele (NDCs) ab. Aber nur 13 der knapp 200 Staaten hatten pünktlich geliefert. Auch wenn es dafür gute Gründe gibt, wie Bernhard Pötter analysiert, zeigt das auch, dass Klimapolitik aktuell nicht die Aufmerksamkeit bekommt, die sie eigentlich bräuchte.
Darüber hinaus schauen wir auf den Ausbau der Erneuerbaren in Mexiko und in einem Standpunkt erklären Ole Adolphsen und Marian Feist von der Stiftung Wissenschaft und Politik, warum die nächste Bundesregierung die Klimaaußenpolitik nach der Bundestagswahl beibehalten sollte.
Bleiben Sie dran, bei uns bleibt Klima auf jeden Fall Thema.
Neun Monate vor der COP30 im brasilianischen Belém hat das ernsthafte Ringen um das Ergebnis dieser Konferenz zu Finanzierung und nationalen Klimaplänen begonnen. Während an der UN-Frist zur Abgabe neuer nationaler Klimapläne (NDCs) am 10. Februar nur gut ein Dutzend der knapp 200 Staaten ihre Pläne eingereicht hatten, hat die zuständige Behörde UN Climate Change (UNFCCC) diese Frist informell bis September verlängert – und setzt auf offensiven Optimismus. Experten erwarten, dass wichtige Entscheidungen zu den NDCs erst im Sommer 2025 fallen werden.
Eigentlich sollten bis zum 10. Februar – neun Monate vor Beginn der COP30 – alle UN-Staaten ihre NDCs für die Zeit von 2030 bis 2035 vorlegen. Das haben laut UNO bisher 17 Staaten getan. Unter ihnen sind nur die USA und Brasilien als Schwergewichte und nur Großbritannien als vorbildliches Land für den 1,5-Grad-Pfad – und das NDC der USA ist nach dem Amtsantritt von Präsident Donald Trump für die US-Bundespolitik praktisch wertlos.
Nur für 17 Prozent aller Emissionen und acht Prozent der Weltbevölkerung gibt es damit pünktliche 2035er-Pläne. “Bisher haben die Regierungen nicht das erfüllt, was sie vor zehn Jahren [beim Abschluss des Pariser Abkommens, Anm. d. Red.] versprochen haben”, kritisiert Bill Hare vom Climate Action Tracker (CAT), “die Welt mit dem erforderlichen Tempo auf einen Pfad zu 1,5-Grad zu bringen”. Nötig sei auch eine Verschärfung der 2030er-NDCs, die aber bisher keines der Länder vorsehe.
Die Zurückhaltung der Staaten hat mit der geopolitischen Großwetterlage zu tun. Denn diese hat sich auch beim Klimaschutz deutlich eingetrübt:
Trotz dieser Unsicherheiten verbreitet Simon Stiell, Exekutivdirektor von UN Climate Change, Optimismus: Zehn Jahre nach dem Pariser Abkommen sei die erwartete Erderhitzung von fünf auf etwa drei Grad zurückgegangen, auch wenn das noch “gefährlich hoch” sei. Stiell sieht den Siegeszug der Erneuerbaren als unaufhaltsam an – und mahnt die USA, wer jetzt aussteige, riskiere ökonomische Verluste gegenüber den Konkurrenten: “Ein Land mag einen Schritt zurück machen”, sagte Stiell, “aber andere nehmen dessen Platz ein, um diese Gelegenheit zu ergreifen.” Immer mehr Länder und Unternehmen erkennen laut Stiell, dass es in ihrem Selbstinteresse ist, beim Klimaschutz zu handeln.
Wichtiger als schnelle Klimaziele sind der UNO gute NDCs. Denn die ursprüngliche Idee im Pariser Abkommen, die NDCs neun Monate vor ihrem Beschluss auf der COP30 vorzulegen, war: Dann können die Staaten sie noch einmal überarbeiten und verbessern. Das passiert aber wohl ohnehin nicht. Auch deshalb erweitert Stiell die Deadline für die NDCs praktisch um ein halbes Jahr: “Das Sekretariat braucht sie spätestens im September auf seinem Schreibtisch, um den Synthesebericht fertigzustellen.”
In diesem Bericht fasst die Behörde zusammen, welche kollektive Klimawirkung aus den nationalen NDCs folgen wird – und kam 2024 zu dem ernüchternden Ergebnis, die NDCs würden bis 2030 nur zu einem Rückgang der CO₂-Emissionen um 2,6 Prozent gegenüber 2019 führen. Dabei ist laut IPCC klar, dass die globalen Emissionen sich bis 2030 halbieren müssen, um die 1,5-Grenze einzuhalten.
Die Zurückhaltung vieler Länder bei ehrgeizigen Klimazielen hat ihre Gründe:
Wichtiger als der Zeitplan sei die Qualität der NDCs, betont auch Petter Lydén von Germanwatch. Denn die NDCs für 2035 sollen laut Beschluss der COP28 zum ersten Mal, wie im Pariser Abkommen vereinbart, als Konsequenz des “Global Stocktake” möglichst einheitlich und umfassend den Umbau der gesamten Volkswirtschaften darstellen. “Die NDCs müssen beschreiben, wie sich die wirtschaftliche Realität verändern wird. Wer keine solchen langfristigen Investitionspläne macht, der verliert den Anschluss. Wir sehen das zum Beispiel gerade bei der deutschen Autoindustrie”, sagt Lydén.
Als einer von wenigen Industriestaaten hat die Schweiz fristgerecht ihr nationales Klimaziel (NDC) für das Jahr 2035 bei den Vereinten Nationen eingereicht: Die Treibhausgasemissionen sollen um “mindestens 65 Prozent” im Vergleich zum Jahr 1990 sinken, um bis 2050 Netto-Null zu erreichen. Mehrere Experten und Umweltverbände üben allerdings Kritik am NDC, denn bis zu ein Drittel der Emissionen sollen im Ausland gemindert werden. Das könnte wiederum das Klimaschutzgesetz der Schweiz verletzen.
Das neue NDC ist zwar ambitionierter als das Ziel für 2030 und es enthält erstmals Reduktionsziele für die einzelnen Sektoren. Doch diese sind teils deutlich niedriger als das Gesamtziel angesetzt:
Daraus ergibt sich eine inländische Reduktion von lediglich 39 bis 45 Prozent – oder umgerechnet eine Lücke von 10,3 Millionen Tonnen CO₂e beziehungsweise einem Drittel des Reduktionsziels, wie eine Analyse des Climate Action Tracker (CAT) zeigt. Die Experten der unabhängigen Wissenschaftsplattform bewerten das NDC als “unzureichend” für die Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels, denn diese Lücke könne im erforderlichen Zeitraum auch kaum durch negative Emissionen in der Landnutzung (LULUCF) oder durch Reduktionstechnologien (CDR/CCS) geschlossen werden.
Das Bundesamt für Umwelt (BAFU) erklärt dazu auf Anfrage: “Zu welchem Anteil welche Technologie zur Emissionsverminderung beiträgt, lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht sagen.”
Stattdessen dürfte die Schweiz vor allem auf Emissionsminderungen im Ausland (Internationally Transferred Mitigation Outcomes, ITMOs) nach Artikel 6 des Pariser Abkommens setzen. Im NDC fehlen allerdings konkrete Angaben. “Bis zum Jahr 2030 dürfte der Inlandanteil rund zwei Drittel betragen; das verbleibende Drittel wird mit Maßnahmen im Ausland vermindert werden”, heißt es dazu aus dem Bundesamt für Umwelt. Nach 2030 solle der Auslandsanteil laut NDC sinken – der genaue Anteil werde allerdings erst in der nächsten Revision des CO₂-Gesetzes für die Zeit ab 2030 festgelegt.
In welchem Umfang Emissionsreduktionen im Ausland durch ITMOs bis 2035 überhaupt möglich sein werden, sei derzeit noch unklar, sagt die Analystin Judit Hecke zu Table.Briefings. Sie ist beim CAT für Auswertungen zur Schweiz zuständig. Erst auf der vergangenen COP29 seien die Rahmenbedingungen zu Artikel 6 festgelegt worden, viele Details werden noch ausgearbeitet. Einige Staaten handeln trotzdem schon mit ITMOs, darunter die Schweiz mit insgesamt 13 Partnerländern. Bilaterale Abkommen über Artikel 6.2 ließen den Staaten allerdings “einen großen Spielraum bei der Anrechnung und dem Verkauf von ITMOs, ohne dass die Auswirkungen auf die Partnerländer wirklich berücksichtigt werden“, warnt Hecke.
Besonders problematisch sei, dass oft die kostengünstigsten Minderungen zuerst verkauft werden. “Das kann dazu führen, dass die Gastländer später selbst nur noch teurere Maßnahmen zur Emissionsreduktion umsetzen können – was ihre eigene Zielerreichung verteuert“, so Hecke. Es bleibe daher abzuwarten, wie sich der Markt entwickle und wie die Verifizierung und Transparenz der CO₂-Zertifikate sichergestellt werde.
Laut dem Klimaforscher Cyril Brunner von der ETH Zürich, der vor allem zu Klimastrategien und CO₂-Reduktion forscht, nutzt die Schweiz ausländische statt inländische Emissionsreduktionen “in einem Maße wie kaum ein anderes Land”. Dahinter stecke die Annahme, dass mit demselben Geldbetrag im Ausland eine größere Emissionsreduktion erzielt werden könne. Dies stimme zwar aus heutiger Sicht – “aber nicht unbedingt, wenn ich bis 2050 alle möglichen Emissionen reduzieren möchte”, so Brunner. “Sonst müsste beispielsweise in den letzten fünf Jahren vor 2050 noch die Hälfte aller Gebäude in der Schweiz saniert werden.”
Auch Patrick Hofstetter, Klimaschutzexperte beim WWF Schweiz, verweist darauf, dass Auslandsreduktionen von kaum einem Land so aktiv vorangetrieben würden wie von der Schweiz. “Angesichts der riesigen Qualitätsprobleme der Auslandsreduktionen und dem immensen Dekarbonisierungspotenzial und -bedarf im Inland ist die Strategie der Schweiz nicht nachvollziehbar“, kritisiert Hofstetter. Nun hätten die Partnerländer der Schweiz “einen Anreiz, besonders schwache NDCs einzureichen”, um wiederum “möglichst viele Reduktionen der Schweiz zu verkaufen”, befürchtet Hofstetter.
Hofstetter ist zudem Vorstandsmitglied der Klima-Allianz. Die Dachorganisation der klimapolitischen NGOs in der Schweiz kritisiert das neue NDC in ihrer Analyse als “völlig unzureichend“. Das Land setzte etwa weiter auf ITMOs – in Artikel 6 des Pariser Abkommens hieße es aber deutlich, dass “der Marktmechanismus nur dazu genutzt werden sollte, um die globalen Ambitionen zu erhöhen, und nicht, um die nationalen Klimabemühungen der reichsten Länder zu ersetzen”.
Auch das Klimaschutzgesetz der Schweiz verlangt, dass die Ziele “so weit wie möglich durch Emissionsverminderung in der Schweiz erreicht werden”. Es ist seit Januar 2025 in Kraft und stellt einen Gegenentwurf zur “Gletscherinitiative” dar, an der der freie Journalist und Historiker Marcel Hänggi wissenschaftlich mitgearbeitet hat. Laut Hänggi verletze das NDC mit seinem hohen Anteil an ausländischen Reduktionen das Klimaschutzgesetz (Das Bundesamt für Umwelt ließ eine Anfrage dazu unbeantwortet) und schiebe den nötigen Strukturwandel auf. Außerdem sei “die Transparenz ein Witz, wenn der Annex des NDC Maßnahmen nennt, die die Regierung wieder streichen will”.
Als Beispiel verweist Hänggi auf das bestehende Gebäudeprogramm, das im NDC explizit erwähnt wird, vom Parlament für dieses Jahr aber nur mit 140 Millionen Schweizer Franken anstelle den gesetzlich vorgesehenen 200 Millionen pro Jahr budgetiert wurde. Die Regierung wolle dieses weiter kürzen. Auch Hofstetter kritisiert in einer Pressemitteilung der Klima-Allianz, dass “am Tag der Veröffentlichung des NDC, in dem der Bundesrat auf die Wirkung des Gebäudeprogramms hinweist, der Bundesrat beschließt, für genau dieses Programm die Bundesgelder zu streichen“.
Die EU-Kommission will beim Thema Bürokratieabbau liefern. Nach der Ankündigung von Klimakommissar Wopke Hoekstra, einen Großteil der Unternehmen vom CBAM auszunehmen, zeigt sich der deutsche Mittelstand zufrieden. Für viele kleine Importe sei der Aufwand beim CBAM viel zu groß, teilte eine Sprecherin der DIHK am Freitag mit.
Außerdem fehlten Produzenten häufig die Daten für den CO₂-Gehalt von Waren, trotzdem seien Importeure verantwortlich: “Dass die EU-Kommission bei beiden Aspekten Vereinfachungen plant – durch eine höhere Schwelle für die Meldepflicht und durch Standardwerte für die Meldungen – ist eine gute Nachricht.”
In der aktuellen Testphase des CBAM müssen Importeure bereits ab einem Warenwert ab 150 Euro Daten zum CO₂-Gehalt von Einfuhren melden, ab 2026 müssten sie auch Abgaben zahlen. Auf diese Weise soll der Nachteil für heimische Produzenten ausgeglichen werden, die dem europäischen Emissionshandel unterliegen und die durch Einfuhren aus Ländern bedroht sind, in denen der CO₂-Preis geringer ist oder die noch gar keinen Emissionshandel eingeführt haben.
Dass Klima- und Steuerkommissar Wopke Hoekstra die De-minimis-Schwelle für Importe und einen Schutz für Exportgüter überprüfen lässt, hatte Table.Briefings bereits Mitte Januar berichtet. Vergangenen Donnerstag machte Hoekstra erst in der “Financial Times” und dann im Unterausschuss für Steuerfragen des EU-Parlaments einen politischen Aufschlag. Ein Fünftel der Importeure müsse künftig rund 97 Prozent der Abgaben zahlen, sagte der Kommissar. “Wäre es dann nicht klug, die 80 Prozent aus der Verantwortung zu entlassen, was den Verwaltungsaufwand betrifft? Meiner Ansicht nach schon.”
Nachvollziehen kann das Argument auch die Umweltorganisation Germanwatch. “Ich gehe nicht davon aus, dass eine Ausnahme bei wenigen Prozent der importierten CBAM-Waren zu wesentlichen Problemen für Wettbewerbsfähigkeit oder Klimaschutz führt”, sagt Klimaexperte Oldag Caspar. Es komme allerdings auf die Details an und bei Handelspartnern dürfe nicht der Eindruck entstehen, dass die EU ihren Grenzausgleichsmechanismus demontiere.
Weitere Einzelheiten offenbarte die Generaldirektion Steuern laut “Contexte” kurz nach dem Auftritt Hoekstras im Parlament bei einem Treffen mit Stakeholdern. Demnach sollen die Vereinfachungen Teil des ersten Omnibusgesetzes zum Bürokratieabbau sein, das die Kommission nach bisheriger Ankündigung am 26. Februar vorstellen will. Laut einer Präsentation vom Donnerstag schlägt die DG vor, Unternehmen von der Steuer auszunehmen, die jährlich Produkte mit einer CO₂-Bilanz von weniger als 100 Tonnen importieren.
Für die Berechnung der Abgabe soll laut “Handelsblatt” nicht mehr ausschließlich der Geldwert als Maßstab herangezogen werden. Erleichterung solle es außerdem bei den derzeit erforderlichen Informationen zum Drittland geben.
Im zweiten Halbjahr soll laut “Contexte” eine größere Revision der Verordnung folgen. Einerseits will sich die Kommission noch einmal der Frage der Ausfuhren widmen. Exportstarke Branchen beklagen seit Langem, dass ihnen der Schutz vor CO₂-intensiven Importen allein wenig helfe – sie möchten am liebsten weiterhin freie Zertifikate im europäischen Emissionshandel erhalten. Die Steuerexperten der Kommission wollen aber auch prüfen, weitere Branchen in den Geltungsbereich des CBAM einzubeziehen – im Gespräch seien Raffinerien sowie die Chemie- und Papierindustrie.
Bisher gilt der CBAM für Einfuhren von Zement, Eisen, Stahl, Aluminium, Düngemittel, Strom und Wasserstoff. Prüfen wolle die Kommission nun auch, den Mechanismus auf Produkte auszuweiten, die diesen Produkten in der Wertschöpfungskette nachgelagert sind. Außerdem könnten indirekte Emissionen stärker einbezogen werden. Auch gegen die Umgehung des CBAM durch Drittstaaten wolle die Kommission Maßnahmen ergreifen.
Eine weitere mögliche Vereinfachung für die Abgaben auf Importe regte am Freitag der CDU-Abgeordnete Peter Liese an. Sei der CO₂-Fußabdruck einer Ladung Rohstahl für 150 Euro vielleicht relevant, so sehe es bei einem Paket Spezialschrauben für 150 Euro schon anders aus. “Daher sollten wir auch Schwellenwerte für das Gewicht und nicht nur für den Warenwert haben”, teilte der Umweltpolitiker mit.
Im TV-Duell am Sonntagabend hat CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz ein Klimageld von 200 Euro pro Monat angekündigt. “Es wird eine entsprechende Kompensation für alle Haushalte geben mit dem sogenannten Klimageld”, sagte er als Antwort auf eine Frage nach dem steigenden CO₂-Preis. Und er wurde sehr konkret: “Es sollten 200 Euro im Monat sein, die ausgezahlt werden an diejenigen, die die CO₂-Bepreisung zu bezahlen haben. Das muss gemacht werden.” Beobachter vermuteten sofort, dass es sich bei der Aussage um ein Versehen gehandelt haben dürfte. “200 Euro Klimageld pro Kopf und Monat würde rund 200 Milliarden Euro pro Jahr bedeuten”, schrieb etwa Prognos-Energieexperte Marco Wünsch auf Bluesky. “Die Einnahmen aus CO₂ betragen aktuell nur rund 18 Milliarden Euro pro Jahr.” Wahrscheinlich sollte die von Merz genannte Zahl demnach nicht pro Monat, sondern pro Jahr ausgezahlt werden.
Selbst in diesem Fall wäre die Ankündigung aber eine grundlegende Änderung gegenüber dem CDU-Programm. Denn um 200 Euro pro Kopf und Jahr als Klimageld auszahlen zu können, würden fast die gesamten aktuellen Einnahmen aus dem nationalen und europäischen CO₂-Preis benötigt. In ihrem Wahlprogramm verplant die Union diese aber anders: “Wir reduzieren mit den CO₂-Einnahmen zuerst die Stromsteuer und Netzentgelte”, heißt es dort. Schon heute wird ein Teil der CO₂-Einnahmen zudem zur Senkung des Strompreises für die energieintensive Industrie im Rahmen der sogenannten Strompreiskompensation verwendet. Darüber hinaus fließt das Geld in diverse Förderprogramme, etwa zum Aufbau der Wasserstoffwirtschaft und für den Einbau klimafreundlicher Heizungen. Was aus diesen Programmen würde, wenn die Gelder stattdessen in ein Klimageld fließen, ist unklar.
Eine Anfrage bei der CDU-Pressestelle brachte nur wenig Aufklärung. Von einem Fehler wollte ein Sprecher bezüglich der Aussage von Merz nicht sprechen, auch der Widerspruch zwischen dem Wahlprogramm und den Aussagen im Duell wurde nicht aufgeklärt. Der Sprecher erklärte einerseits, die Union werde “den Klimabonus einführen”, bestätigte aber andererseits: “Die Einnahmen aus der CO₂-Bepreisung für Gebäude und Verkehr setzen wir in einem ersten Schritt dafür ein, dass die Stromsteuer gesenkt und die Netzentgelte reduziert werden.” Damit werde ein Vier-Personen-Haushalt um “circa 200 Euro pro Jahr” entlastet. Ob, wann und in welcher Höhe in Zukunft tatsächlich ein Klimageld ausgezahlt werden soll, blieb dabei offen. “Wenn der CO₂-Preis steigt, muss auch die Entlastung steigen”, hieß es lediglich. “Hier sind wir auch für weitere Wege der Rückgabe offen.” mkr
Der diesjährige “Petersberger Klimadialog” zur Vorbereitung auf die COP30 im brasilianischen Belém wird am 25. und 26. März im Auswärtigen Amt in Berlin stattfinden. Das wurde Table.Briefings aus Regierungskreisen bestätigt. Trotz der Unsicherheit darüber, wer nach der Bundestagswahl die deutsche Klimapolitik definieren wird, soll die Konferenz wie üblich gemeinsam mit der kommenden COP-Präsidentschaft, also Brasilien, veranstaltet werden. Etwa 40 Ministerinnen und Minister aus den wichtigsten Staaten und Staatengruppen sind nach Berlin eingeladen, hieß es.
Der Petersberger Klimadialog findet zum 16. Mal auf Einladung der Bundesregierung statt und soll – wie auch in den Vorjahren – dazu dienen, zentrale Fragen der kommenden COP anzusprechen und mögliche Kompromisse auszuloten. Die wichtigsten Themen sind in diesem Jahr die nationalen Klimapläne (NDCs) der einzelnen Länder, die als Investmentplanungen den grünen Umbau der Volkswirtschaften und die Abkehr von den fossilen Energien strukturieren sollen. Dazu kommt die Debatte über die Details der Klimafinanzierung, die in Belém konkrete Schritte zur Umsetzung des Klimaziels NCQG von Baku von 300 Milliarden bzw. 1,3 Billionen Dollar ab 2035 erbringen soll. bpo
Mexiko will bis 2030 neue Photovoltaik-Projekte mit insgesamt 4,67 Gigawatt Kapazität und neue Windkraft-Projekte mit einer Kapazität von 2,46 Gigawatt bauen. Das geht aus dem “National Electric System Expansion Plan” vor, den Präsidentin Claudia Sheinbaum in der vergangenen Woche vorgestellt hat. Der Plan enthält neben den erneuerbaren auch fossile Vorhaben – zusammengerechnet mehr als 13 Gigawatt an zusätzlichen Kapazitäten zur Stromerzeugung.
Zudem sollen einige Wasserkraftprojekte der vorigen Regierung fertiggestellt werden. Insgesamt will Mexiko mehr als 23 Milliarden US-Dollar in die Elektrizitätsprojekte stecken. Aktuell kommt in dem Land rund drei Viertel des Stroms aus fossilen Quellen. Bisher sind erst rund vier Gigawatt Solar- und etwas mehr als sieben Gigawatt an Windkapazitäten installiert. kul
China treibt die Reform des Strommarkts weiter voran und will die Subventionen für erneuerbare Energien reduzieren. Das geht aus einer neuen Policy hervor, die am Sonntag veröffentlicht wurde. In Zukunft soll der Strompreis für erneuerbare Energien stärker durch Marktkräfte bestimmt werden. Durch die Reform soll die Nachfrage nach Erneuerbaren gestärkt werden, sagt Yan Qin, Expertin für Chinas Strommarkt und CO₂-Handel beim Beratungsunternehmen ClearBlue Markets. Die neue Regulierung könnte Qin zufolge mehr Kohlestrom aus dem Netz drängen, da Erneuerbare “kostenmäßig wettbewerbsfähiger sind und durch eine marktorientierte Preisgestaltung begünstigt werden”. Die Reform könne demnach auch zu sinkenden Strompreisen führen. Allerdings gaben die Behörden an, dass es im ersten Jahr kaum zu sinkenden Preisen kommen werde.
Statt direkter Subventionen in Form einer festen Vergütung für die Stromproduzenten sieht die neue Politik Ausgleichszahlungen ähnlich den Stromdifferenzverträgen (Contracts for Difference) in Großbritannien vor. Wenn der Strompreis unter ein bestimmtes Level fällt, sollen die chinesischen Stromerzeuger eine Ausgleichszahlung erhalten. Wenn der Preis das definierte Level oder Preisband übersteigt, sollen die Erzeuger die Ausgleichszahlung zurückzahlen, so Bloomberg.
Laut der neuen Regulierung müssen die Entwickler von neuen Wind- und Solaranlagen nun auch nicht mehr zwangsläufig Stromspeicher an die Anlagen bauen. Bisher gab es die Vorschrift, dass ein gewisser Anteil an Speichern gebaut werden muss, um die Netze zu stabilisieren. Das führte zu einem Boom bei Energiespeichern. Allerdings fehlte ein Geschäftsmodell, um die Speicher profitabel zu betreiben, wodurch sie häufig ungenutzt bleiben. nib
Auf nationaler Ebene wird Gesundheit zwar immer häufiger mit Klimaschutz verknüpft, in den internationalen Versprechen (NDCs) gibt es bei dem Thema aber noch große Lücken. Zu diesem Ergebnis kommt ein Bericht der Global Climate and Health Alliance (GCHA), der am Montag anlässlich der Einreichungsfrist für die NDCs veröffentlicht wurde. Internationale Klimapolitik stärker auf Gesundheit auszurichten, könnte demnach zum einen vielen Menschen direkt zugutekommen und gleichzeitig zukünftige Kosten im Gesundheitssektor einsparen. Es gebe zwar schon Fortschritte darin, Gesundheit in die Klimapolitik zu integrieren, aber in vielen NDCs fehlten noch viele Aspekte – beispielsweise gibt es oft keine Angaben zu Ernährungssicherheit oder durch die Klimakrise verursachten Krankenhauseinweisungen.
Während beispielsweise Botswana verschiedene Aspekte von Gesundheit in sein Klimaziel mit einbezogen habe, fehlten im NDC der USA klare Indikatoren zu Gesundheit und Klima. Im neuen NDC von Kanada fehlten die Zusammenhänge zwischen Klima, Gesundheit und den spezifischen Bedürfnissen der indigenen Bevölkerung.
Der Lancet Countdown betonte außerdem im vergangenen Jahr auch die Verantwortung des Gesundheitswesens: Seit 2016 waren die Emissionen dort um 36 Prozent gestiegen. Auf der COP28 in Dubai hatten sich mehr als 120 Länder mit der Declaration on Climate and Health dazu verpflichtet, Gesundheit in ihre NDCs aufzunehmen. Die GCHA will im kommenden Jahr, wenn die meisten Länder ihre Ziele eingereicht haben, erneut eine Analyse zu dem Thema veröffentlichen. kul
New York Times: Mehr Klimaflüchtlinge. Unter Donald Trump haben die USA Programme eingestellt, die Menschen in Mittelamerika helfen sollten, sich vor den Folgen des Klimawandels zu schützen. Experten gehen nun davon aus, dass das Ende dieser Programme viele dazu bringen wird, in die USA auszuwandern – was Trump eigentlich unbedingt verhindern will. Zum Artikel
New York Times: Private Wetterdienste. Meteorologen befürchten, dass Donald Trump auch massiv beim US-Wetterdienst sparen könnte. Die Heritage Foundation hat in ihrem “Projekt 2025” vorgeschlagen, der Wetterdienst solle sich auf die reine Datenerfassung konzentrieren und die Prognose privaten Dienstleistern überlassen. Zum Artikel
FAZ: Steuern auf Einwegverpackungen. Bundesumweltministerin Steffi Lemke unterstützt die Einführung von Steuern auf Einwegverpackungen in mehreren deutschen Städten. Konstanz hat bereits eine Verpackungssteuer eingeführt, während Freiburg, Bremen und andere Städte in Vorbereitung sind. Tübingen erhebt seit Anfang 2022 eine Steuer auf Einwegverpackungen: 50 Cent für Kaffeebecher und Einweggeschirr sowie 20 Cent für Einwegbesteck. Zum Artikel
Süddeutsche: Gefährliche Ölförderung. Donald Trump will die Gas- und Ölförderung ausbauen. Um den Klimawandel zu stoppen, müsste allerdings Öl und Gas im Boden bleiben. Dazu kommt, dass die meisten Regionen, in denen nach Öl gebohrt werden kann, entweder ökologisch wertvoll oder dicht bewohnt sind. Zum Artikel
Tagesschau: Chance Gentechnik. Der Klimawandel gefährdet die weltweite Ernährungssicherheit. Viele Nutzpflanzen haben Schwierigkeiten mit den veränderten Umweltbedingungen. Gentechnik könnte eine Lösung bieten, indem sie spezifische Gene in das Erbgut der Pflanzen einbringt und sie so widerstandsfähiger gegen ungünstige Umstände macht. Zum Artikel
Wie zuletzt bei den Verhandlungen zum neuen Klimafinanzierungsziel in Baku zu sehen war, ist internationale Klimakooperation zunehmend von Misstrauen und widrigen Umständen gekennzeichnet. Vor dem Angriff Russlands auf die Ukraine schien der Moment für eine konstruktive Zusammenarbeit im Klimaschutz relativ günstig – doch seit Kriegsausbruch ist Klimapolitik noch enger mit wirtschafts- und sicherheitspolitischen Interessen verwoben. Das zeigt etwa der neue Fokus des Green Deals der EU auf Wettbewerbsfähigkeit.
Umso beachtenswerter ist es, dass ungeachtet der bleibenden Defizite konkrete Umsetzungen wie der Klimaclub oder der neue Fonds für Schäden und Verluste gelungen sind. Deutschland hat eine zentrale Rolle dabei gespielt, diese Erfolge zu erreichen. Sie wurden nicht zuletzt auch durch die internen Veränderungen im Ministerialapparat ermöglicht, die Teil der Klimaaußenpolitik sind.
Dazu gehören:
Diese Umstrukturierung kostete Zeit und Ressourcen, und nicht immer gelang es, nach innen wie außen geschlossen als “Team Deutschland” aufzutreten.
In der Zusammenschau überwiegen jedoch die Pluspunkte. So zeugt die Reform von dringend notwendigem Problembewusstsein. War Deutschlands Handeln vormals noch stärker zwischen den Ressorts fragmentiert und hat ad-hoc auf Entwicklungen reagiert, sollte der Ansatz mit der Klimaaußenpolitik explizit kohärenter und strategischer werden. Das Ziel war Klimadiplomatie aus einem Guss, die der Bedeutung des Klimawandels für alle Bereiche der Außenpolitik gerecht wird.
Die Erfolge des neuen Ansatzes zeigten sich aber nicht nur unmittelbar in der internationalen Klimakooperation: Dem Auswärtigen Amt gelang es nach anfänglichem Fremdeln, das Thema mit bestehenden außenpolitischen Aktivitäten zu verbinden. Ein Beispiel: Kontakte zu kleinen Inselstaaten konnten genutzt werden, um für Unterstützung für Deutschlands ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat zu werben. Auch im Umgang mit strategisch wichtigen Mittelmächten spielt Klimakooperation eine tragende Rolle, etwa in der neuen Transformationspartnerschaft mit Brasilien.
Klimadiplomatie kann also auch verwandten außenpolitischen Zielen dienen und etwa Handelsbeziehungen verbessern oder Dekarbonisierung und Energieversorgungssicherheit effektiv verbinden.
Dabei hängt – das hat die Erfahrung gezeigt – viel an den richtigen Persönlichkeiten auf der ministerialen Führungsebene. Auch dank deren Erfahrung und Standing auf dem diplomatischen Parkett konnte die Bundesregierung unter der Leitung des Auswärtigen Amts bestimmter auftreten und hat so signalisiert, dass Klimakooperation für Deutschland ein prioritäres Politikfeld ist.
Angesichts der drängenden Herausforderungen, denen sich Deutschland und Europa gegenübersehen, wäre es ein Fehler, die Gewinne der Klimaaußenpolitik parteipolitischer Optik zu opfern. Stattdessen sollten verbleibende Reibungspunkte in der interministeriellen Koordination weiter abgebaut und die strategische Ausrichtung von Deutschlands Klimadiplomatie geschärft werden.
Die Konsolidierung von Kompetenzen für internationale Partnerschaften im Auswärtigen Amt sind dazu ein möglicher Weg. Nationale und internationale Klimapolitik wären so organisatorisch deutlicher getrennt, was Abstimmungsprozesse verschlanken würde. Die Fortführung der bereits angestoßenen Evaluation von Deutschlands Aktivitäten in internationalen Allianzen und Partnerschaften würde helfen, die richtige Balance zwischen Tiefe und Breite des Engagements Deutschlands zu finden und Ressourcen gezielter einzusetzen.
Statt sie aufzugeben, sollte die nächste Bundesregierung Klimaaußenpolitik strategisch nutzen. Ausgerichtet an klima-, industrie- und sicherheitspolitischen Leitlinien kann internationale Klimakooperation so in die breitere Zeitenwende eingebettet werden.
Ole Adolphsen ist Wissenschaftler an der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) und arbeitet zu internationaler Klimapolitik. Marian Feist ist Senior Research Fellow an der Hertie School und befasst sich mit globaler Umweltpolitik, insbesondere Klimaverhandlungen, -diplomatie und -finanzierung. Dieser Text basiert auf einer Ariadne-Analyse zur Klimaaußenpolitik, die sie gemeinsam mit weiteren Wissenschaftlern verfasst haben.