die COP hat begonnen! Also, die andere: Die UN-Konferenz zur Biodiversität in Cali. Die Aufmerksamkeit richtet sich auf den gefährlichen Verlust der Artenvielfalt weltweit. Wir aber schauen heute auf den Gastgeber des Treffens: Kolumbien ist für Deutschland ein wichtiger Verbündeter in der Klimapolitik. Mit welchen Schwierigkeiten die ehrgeizige Energiewende des Landes kämpft, beschreibt Alexandra Endres.
Und auch in Washington müssen die Reformer von Weltbank und IWF Gegenwind fürchten. Der Umbau der Finanzinstitutionen zu mehr Klimaschutz, Nachhaltigkeit und Hilfe für die Ärmsten ist gestartet, hat Nico Beckert recherchiert. Und gerade jetzt drohen die Reformen zu versanden. Das liegt auch an den knappen Budgets in den Industrieländern – über die BMZ-Staatssekretär Jochen Flasbarth freimütig im Interview mit Horand Knaup spricht: Deutschland investiert zu wenig in seine internationalen Verpflichtungen.
Wir blicken noch auf viele andere Themen: Den Fußabdruck der Klimakrise in der Dürre von 2022, die deutsche Förderpolitik für Wärmepumpen im EU-Vergleich oder die Frage, wie klimaschädlich welche Flüge jetzt sind. Wir hoffen, damit Ihr Interesse zu wecken
und wünschen erkenntnisreiche Lektüre!
Für die Bundesregierung ist Kolumbien, Ausrichter des derzeit stattfindenden Biodiversitätsgipfels COP16, in der internationalen Klimapolitik ein wichtiger Verbündeter. Deshalb unterstützt Deutschland das südamerikanische Land bei seinem geplanten Ausstieg aus den fossilen Rohstoffen mit vielen Millionen Euro. Ziel ist der völlige Abschied von fossilen Energien, doch der Erfolg des ehrgeizigen Projekts ist nicht gesichert. Umsetzung, Finanzierung und Akzeptanz werfen Fragen auf. Dazu kommt: Die Zeit drängt.
Zwei Jahre ist die kolumbianische Regierung noch im Amt – 2026 steht turnusmäßig die nächste Präsidentschaftswahl an. In Deutschland wird der Bundestag schon ein Jahr früher gewählt. Damit bleibt womöglich wenig Zeit, um die Klimapartnerschaft zwischen beiden Ländern weiterzuentwickeln. Der Ehrgeiz ist hoch. Aber die praktische Umsetzung gestaltet sich an manchen Stellen schwierig.
Martin Dirr, zuständig für Projekte in Stadtentwicklung, Energie, Mobilität und Kreislaufwirtschaft bei der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) in Kolumbien, sieht drei Schlüsselfaktoren für eine konkrete Umsetzung von Klimaschutzprojekten im Land:
Kapazitäten: Den Kohleausstieg über verschiedene Regierungsebenen hinweg zu steuern, zu planen und umzusetzen, sei sehr komplex, sagt Dirr. Die beteiligten Departamentos seien “ländlich und teilweise auch sehr vom Bürgerkrieg geprägt”. Die GIZ unterstütze die lokalen Akteure dabei, Strukturen und Know-how aufzubauen, “um die Transformation zu gestalten”.
Kapital: Kolumbiens Regierung wirbt intensiv um ausländische Investitionen. Das Land hat hohe Schulden – und wenn die Einnahmen aus den fossilen Energien wegbrechen, wird es erst recht privates und internationales Kapital brauchen. International setzt sich die kolumbianische Regierung für sogenannte Debt-for-Nature-Swaps ein, also Schuldenerlasse gegen Investitionen in Klima- und Naturschutz.
Akzeptanz: “Die Erkenntnis, dass man etwas gegen die Klimakrise tun muss, ist in der Bevölkerung tief verankert”, sagt Dirr. Aber zugleich gebe es “die Angst, den Job zu verlieren. Die Angst vor der wirtschaftlichen Transformation, von der man nicht weiß, wo sie hinführt. Und ein Gefühl von globaler Gerechtigkeit, das fragt: Wir sind erst am Anfang der Industrialisierung. Warum sollen ausgerechnet wir jetzt unsere Emissionen reduzieren?”
In manchen Regionen kommen mehrere Herausforderungen zusammen. Zum Beispiel im Department La Guajira, wo die GIZ zusammen mit den lokalen Akteuren an Plänen für die Klimawende arbeitet. In der Region weht viel Wind, die kolumbianische Regierung möchte die Windkraft dort entwickeln, ausländische Investoren sind interessiert.
Doch in der Gegend sind immer noch paramilitärische Gruppen aktiv, und es gibt ein großes Misstrauen gegenüber der Regierung. Zwar wurde ein wichtiges Infrastrukturprojekt für die Energiewende im Juni genehmigt: Die Leitung La Colectora soll die erneuerbare Energie aus der Guajira künftig ins nationale Netz einspeisen. Doch nicht immer verlaufen die Genehmigungsverfahren reibungslos. Es kann vorkommen, dass ein Windkraftprojektierer in der Guajira mit Dutzenden Gemeinden einzeln verhandeln muss, bevor er sein Vorhaben umsetzen kann – und nicht alle sind dabei erfolgreich: Der italienische Energiekonzern Enel beispielsweise hat seinen geplanten Windpark Windpeshi und alle weiteren Windprojekte wegen des starken Widerstands der indigenen Gemeinschaften aufgegeben.
Für Wasserstoffprojekte gelten die Schwierigkeiten erst recht. Es wird dauern, bis Kolumbien die heimische Versorgung mit erneuerbarem Strom sicherstellen kann. Um grünen Wasserstoff herzustellen und zu exportieren, müsste das Land davon Überschüsse produzieren.
Die Präsidentschaftswahlen 2026 dürften auch über die Zukunft der kolumbianischen Energiewende entscheiden. Laut Kolumbiens Umweltministerin Susana Muhamad unterstützen große Teile der Bevölkerung die strategische Ausrichtung der Regierungspolitik, sind aber unzufrieden mit den konkreten Ergebnissen. “Wir werden in den kommenden Jahren greifbare Resultate vorweisen müssen, um die Menschen davon zu überzeugen, dass wir in die richtige Richtung gehen.” Gelingt das nicht, könnten die Pläne für den fossilen Komplettausstieg bald Geschichte sein.
Die Reform von Weltbank und Internationalem Währungsfonds (IWF) hin zu mehr Klimaschutz hat in den letzten Monaten und Jahren einige Fortschritte gemacht. Zur Jahrestagung der beiden Finanzinstitutionen (21. bis 26. Oktober) bemängeln Kritiker jedoch, der Umbau gehe zu langsam und vernachlässige wichtige Lösungsansätze. Auch fürchten Beobachter, dass der Ehrgeiz für eine Reform der Institutionen bei den entscheidenden Mitgliedstaaten schwinden könnte. Dazu kommt: Ein möglicher Wahlsieg von Donald Trump als US-Präsident würde die beiden Finanzinstitutionen schwächen. Und das Bundesfinanzministerium lehnt den Einsatz von Sonderziehungsrechten für die Klimafinanzierung weiterhin ab.
Weltbank-Chef Ajay Banga hat viele Reformen angestoßen und “weitgehend geliefert”, wie Danny Scull, Senior Policy Advisor von E3G, sagt. Um dem hohen Bedarf an Klimafinanzierung gerecht zu werden, müsse die Weltbank allerdings eine “zweite Reformphase” anstoßen und dabei von den Mitgliedstaaten vor allem größere Budgets erhalten. Der IWF hingegen hinke bei den Reformen hinterher und müsse schneller werden, bemängeln Analysten.
Beobachterinnen wie Laurence Tubiana, Vorsitzende der European Climate Foundation, befürchten aber, dass “das Momentum für Reformen” schwindet. Viele Staaten zeigen ihr zufolge nicht viel Ehrgeiz bei der Auffüllung der Mittel der International Development Association (IDA) – ein Arm der Weltbank, der besonders günstige Kredite an die aktuell 75 einkommensschwächsten Länder vergibt. Auch bei den IWF-Mitgliedstaaten sieht Tubiana wenig Ehrgeiz für wichtige Reformen. Wichtige Entscheidungen müssten vor einer neuen Präsidentschaft Donald Trumps auf den Weg gebracht werden, mahnt Tubiana. Zwar sei das US-Finanzministerium sehr aktiv, aber die Zeit scheint davonzulaufen.
Um große Summen für den Klimaschutz in ärmeren Staaten zu mobilisieren, müssten die Weltbank und der IWF laut Beobachtern folgende Reformen anschieben:
Bei der Weiterleitung von Sonderziehungsrechten (SDR) sieht Tubiana vor allem die Europäische Zentralbank und Deutschland in der Pflicht. Die EZB verweist darauf, dass die Weiterleitung von Sonderziehungsrechten an Entwicklungsbanken nicht mit dem EZB-Vertrag vereinbar sei, da sie eine “monetäre Finanzierung” darstelle. In Deutschland würde das Verfassungsgericht eine Weiterleitung blockieren, sagt Tubiana. Sie schlägt deshalb vor, dass Deutschland gestützt auf das gute Rating durch die eigenen SDR grüne Anleihen am Kapitalmarkt aufnimmt und sie in Form von vergünstigten Krediten an ärmere Staaten weiterreicht.
Das Bundesfinanzministerium zeigt sich beim Einsatz von SDR für die Klimafinanzierung weiterhin ablehnend. Die SDR “eignen sich generell nicht zum Einsatz zur Klimafinanzierung”, schreibt ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums auf Anfrage von Table.Briefings. “Die originäre Funktion von Sonderziehungsrechten (SDR) ist die Schaffung neuer Währungsreserven. Bestrebungen, diese über die ihre eigentliche Funktion hinaus auszuweiten, sind mit Skepsis zu betrachten” – was auch Finanzminister Lindner so sagt. Die Klimafinanzierung müsse “aus Haushaltsmitteln angegangen werden”, so das Finanzministerium.
Allerdings gibt es auch Stimmen, die eine Weiterleitung von SDR in einigen Fällen als mit den EZB-Verträgen kompatibel ansehen: Eine Weiterleitung von SDR an IWF-Fonds oder Entwicklungsbanken widerspräche nicht zwangsläufig dem EZB-Vertrag und sei nicht zwangsläufig eine “monetäre Finanzierung”. Spanien hat schon SDR an den IMF Resilience and Sustainability Trust weitergeleitet. Und auch Frankreich gehöre zu den europäischen Vorreitern, lobt Tubiana. Das Land hat zwar keine SDR weitergeleitet, aber mit seinen SDR Garantien für die Klimafinanzierung abgesichert.
Lobende Worte finden Beobachter für die bisherigen Reformergebnisse der Weltbank:
Der IWF hat den Reformprozess erst in diesem Jahr stärker angeschoben. “Bisher ist beim IWF wenig geschehen”, so die Einschätzung von Germanwatch. Eine jüngst verabschiedete Reform bei Strafzinsen schaffe zwar Spielraum für Klimainvestitionen. Ganz abgeschafft wurden diese Strafzinsen jedoch noch nicht, bemängelt Christian Groeber, Referent für die Reform der Internationalen Finanzarchitektur von Germanwatch. Der IWF müsse ein “Sicherheitsnetz aufbauen, das besser vor globalen systemischen Krisen” wie dem Klimawandel schützt, fordert David Ryfisch von Germanwatch.
Herr Flasbarth, der Etat Ihres Ministeriums steht vor deutlichen Kürzungen. Was heißt das für 2025?
Dass wir von allem weniger haben, als wir brauchen. Natürlich verschärft das die Konkurrenz um die Mittel. Zum Beispiel im Gesundheitsbereich: Da steht demnächst die Auffüllung großer Fonds an wie der Impffonds GAVI oder der Fonds gegen Tuberkulose, Malaria und Aids. Deutschland hat immer in vorderer Reihe gestanden. Das wird auch weiterhin so sein, auch wenn wir jetzt etwas unter Plan und wohl auch unter den Erwartungen an uns bleiben. Aber richtig ist auch, dass man vieles neu denken muss, was nicht nur mit Geld zu tun hat.
Erst einmal ist Fakt, dass wir unsere Zusagen nicht einhalten.
Nein, das kann man jetzt noch sagen. Wir geben beim Klima 5,7 Milliarden Euro statt sechs Milliarden, die Differenz ist nicht viel. Und da reden wir über 2023. Angekündigt waren die sechs Milliarden für 2025.
Der Gesamtetat schrumpft – das dürfte kaum zu schaffen sein.
Wir tun alles, um unsere Programme so auszurichten, dass wir unseren Beitrag trotzdem steigern. Aber ja, das ist bei Klima und Biodiversität verdammt schwer. Das Ziel ist noch erreichbar, und alle Ressorts müssen sich ordentlich anstrengen, nicht nur wir. Aber Sie haben recht: Die Richtung der Mittelausstattung ist insgesamt ungut.
Was erwarten Sie von der COP29, die Mitte November in Baku beginnt?
Das ist eine Finanzierungs-COP. In Kopenhagen 2009 haben die Industrieländer versprochen, ab 2020 100 Milliarden Dollar jährlich für Klimaschutz und Klimaanpassung an die Entwicklungsländer zu zahlen. Das haben wir nicht ganz geschafft. Wir waren im Jahr 2020 bei etwa 80 Milliarden: Nicht wenig, aber es war nicht das, was wir versprochen und worauf die Länder im Globalen Süden vertraut hatten. Und die wichtigste Währung im internationalen Kontext sind nun mal nicht Dollar oder Euro, sondern es ist Vertrauen.
2022 waren es dann aber 100 Milliarden.
Ja, aber schon in Kopenhagen 2009 hatte der Globale Süden die Erwartung, dass es nicht bei 100 Milliarden bleibt, sondern weiter aufwächst. Und klar war mit dem Abkommen von Paris 2015 auch, dass das globale Ziel 2025 neu formuliert wird. Da gibt es jetzt kein Ausweichen mehr. Nun findet diese Diskussion in Zeiten statt, in denen die Geopolitik von Kriegen und Krisen geprägt ist und in der die Budgets überall unter Druck sind. Deshalb wird das eine anstrengende Diskussion.
Der Kanzler hat sechs Milliarden Euro für die internationale Klimafinanzierung versprochen, das BMZ aber soll sparen. Wo werden wir 2025 landen?
Alle Ressorts müssen sich anstrengen und das BMZ ganz besonders.
Die erhoffte Hebelwirkung bei der Klimafinanzierung ist noch nicht wirklich erkennbar. Oder haben wir etwas übersehen?
Stimmt, der Hebelfaktor – also das Verhältnis von eingesetzten Bundesmitteln zu dem damit zusätzlich gewonnenen Privatkapital – ist vor Jahren deutlich höher veranschlagt worden. Deshalb müssen wir jetzt umso mehr darauf achten, wie wir zusätzliche private Mittel mobilisieren können. Da ist viel mehr möglich. Die Finanzindustrie kann sehr viel. Wir werden im nächsten Jahr eine Plattform aufsetzen, die wir gerade bei der ersten Hamburg Sustainability Conference mit vielen Partnern vereinbart haben.
Was heißt das?
Große Anleger wie Versicherungen oder Staatsfonds investieren immer noch in fossile Energien. Das ist schlecht. Wir brauchen Investitionen in eine klimaverträgliche Wirtschaft. Dazu wollen wir im Bereich Nachhaltigkeitsfinanzierung vieles standardisieren, ein Thema, das ich lange unterschätzt und dessen Bedeutung ich ehrlich gesagt jetzt erst verstanden habe. Die Finanzindustrie braucht solche Standards. Gerade die Versicherungswirtschaft ist viel mehr an stabilen und langfristigen Erträgen interessiert als an Renditemaximierung.
Hat das Thema Entwicklung in Politik und Gesellschaft an Rückhalt verloren?
Wir sind jedenfalls in die Defensive geraten. Wir müssen deshalb unsere Arbeit stärker begründen und legitimieren. Dagegen ist auch gar nichts zu sagen. Denn wir können vieles gut nachweisen. Wir haben ein eigenes Institut dafür, das DEVAL. Es gibt kein anderes Ressort, das seine Ausgaben so gründlich evaluieren lässt.
Nur weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit.
Das stimmt so nicht. Es ist alles veröffentlicht. Das eigentlich Toxische der Debatte ist aber, dass sich der Gedanke “America first”, übertragen auf Deutschland, ausbreitet. Angetrieben von den extremen Rechten.
Auch Ihr Koalitionspartner hinterfragt Ihre Arbeit.
Ja, die nationale Nabelschau hat auch bei einigen in der politischen Mitte angefangen. Bei der Ampel mache ich mir weniger Sorgen – da gab es ein paar Einzelstimmen, mit relativ wenig Substanz. Bei der Union brach das im Frühjahr auch mal auf, ist aber wieder abgeebbt, auch weil dort einige an die Tradition der Union für die internationale Entwicklungspolitik erinnert haben. Dass wir in Deutschland auch Eigeninteressen formulieren, ist im übrigen absolut legitim. Aber wir sind ein rohstoffarmes Land, wir sind auf funktionierende Lieferketten angewiesen. Und die Interessen werden nicht nur durch die Außenwirtschaft des Wirtschaftsministeriums abgebildet, sondern sind auch Teil unserer Entwicklungspolitik.
Das kommt angesichts der verbreiteten Kritik an der deutschen Heizungspolitik durchaus überraschend: In einem Vergleich der Wärmepumpen-Förderung von zehn großen EU-Ländern, den das polnische Reform-Institut am Montag veröffentlicht hat, ist Deutschland hinter Frankreich und Tschechien auf dem dritten Platz gelandet. Deutschland erreichte dabei 61 Prozent der maximal möglichen Punkte; Spitzenreiter Frankreich kam auf 69 Prozent, Schlusslicht Rumänien auf 21 Prozent.
Positiv hervorgehoben wurde in Bezug auf Deutschland die Höhe der Förderung, die bis zu 21.000 Euro pro Wärmepumpe beträgt, die Tatsache, dass Haushalte mit geringem Einkommen besonders stark gefördert werden, und das Angebot günstiger Kredite. Kritisch sehen die Autoren vor allem, dass die Förderung erst mit Verzögerung ausgezahlt wird, sodass Hausbesitzer zunächst die komplette Summe vorstrecken müssen. Auch das Verhältnis vom Strom- zum Gaspreis und die nur teilweise verfügbaren Sondertarife für Wärmepumpen-Strom werden als nachteilig bemängelt. mkr
Falschinformationen über Windkraft sind weit verbreitet. Ob man ihnen zustimmt, hängt weniger vom eigenen Wissen über die Technologie ab als von der persönlichen Weltanschauung. Das erschwert eine faktenbasierte Diskussion und untergräbt die Akzeptanz der Energiewende. Zu dem Ergebnis kommt eine Forschungsgruppe in einer kürzlich in der Fachzeitschrift “nature communications” erschienenen Untersuchung. Für sie wurden in mehreren Erhebungen insgesamt mehr als 6.000 Menschen in den USA, Großbritannien und Australien befragt.
Insgesamt stimmten über ein Viertel der Befragten “einer Vielzahl von Falschinformationen zu”, und zwar unabhängig von ihrem Bildungsgrad, schreibt die an der Studie beteiligte Universität Hohenheim in einer Mitteilung. Dabei glauben Menschen, die zu Verschwörungserzählungen neigen, eher den Falschinformationen über Windkraft als andere. Sie lehnen den Bau von Windparks auch eher ab und sind eher bereit, dagegen zu protestieren. Menschen mit einer pro-ökologisch geprägten Weltanschauung glauben eher nicht an die Falschinformationen.
“Es dürfte schwierig sein, Falschinformationen allein durch das Bereitstellen von Fakten zu begegnen, solange diese nicht ins Weltbild der Menschen passen”, schlussfolgert Leitautor Kevin Winter, Umwelt- und Sozialpsychologe an der Universität Hohenheim. Um Menschen mit einer ablehnenden Haltung doch von der Windkraft zu überzeugen, könnte es aussichtsreicher sein, mögliche persönliche Vorteile wie etwa finanzielle Beteiligungsmöglichkeiten aufzuzeigen, so die Universität. ae
Die außergewöhnliche Intensität und das räumliche Ausmaß der Dürre im Sommer 2022 in Europa kann zu mehr als 30 Prozent dem menschengemachten Klimawandel zugeschrieben werden. Das ist das Ergebnis einer Attributionsstudie, die ein vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) koordiniertes Forschungsteam durchgeführt hat. Sie wurde im Fachmagazin Nature Geoscience veröffentlicht.
Mit Beobachtungsdaten und einem hydrologischen Modell zur Simulation von Niederschlags- und Temperaturmessdaten wurde das Defizit der Bodenfeuchte berechnet: rund 280 Kubikkilometer. Umgerechnet fehlten somit 120 Millionen Schwimmbäder an Wasser. Ein Drittel der Landfläche Mittel- und Südeuropas war von dieser Dürre betroffen – eine Fläche so groß wie zuletzt 1960. Dadurch gingen die Ernten bei Körnermais, Sonnenblumen und Sojabohnen europaweit um 15 Prozent zurück, wegen Niedrigwasser wurde die Schifffahrt auf dem Po und Rhein eingeschränkt, und Wasserkraftwerke produzierten weniger Strom.
“Während die Niederschlagsdefizite für das Auftreten der Dürre ausschlaggebend waren, verstärkten die hohen Temperaturen den Rückgang der Bodenfeuchte und der Abflussmengen“, erklärt Emanuele Bevacqua, Erstautor der Studie und Leiter der UFZ-Arbeitsgruppe “Compound Climate Extremes”. Die neue Auswertung trägt dazu bei, den Einfluss des Klimawandels auf Wetterextreme wie Dürren, die von mehreren Faktoren abhängig sind, besser zu verstehen. Beim Defizit der Bodenfeuchte, den fehlenden 280 Kubikkilometern, ist der Klimawandel für 31 Prozent verantwortlich. Ohne den Klimawandel wären demnach 87 Kubikkilometer mehr Wasser vorhanden gewesen. Ein Teil der Folgen seien verzögerte Auswirkungen, die sich schon in den Jahren zuvor eingeschlichen hätten, in denen die Bodenfeuchte sank. lb
Langstreckenflüge über 3.000 Kilometer verursachen anteilsmäßig deutlich mehr CO₂-Emissionen als Kurzstreckenflüge. Sie machen neun Prozent aller Flüge aus, verbrennen aber 47 Prozent des Kerosins. Zudem sind in den letzten Jahrzehnten die auf Langstrecke pro Person zurückgelegten Kilometer deutlich stärker angestiegen als auf Kurzstrecke und dürften weiter steigen – doch Maßnahmen fokussierten sich eher auf die Kurzstrecke. Eine aktuelle Studie rät deshalb, verstärkt auf die Vermeidung von Langstreckenflügen zu setzen.
Diesen “Elefanten im Raum” zu regulieren sei zielführender, als auf eine Verbesserung der Technologien oder eine Verlagerung auf emissionsärmere Verkehrsmittel zu setzen. Denn Klimafreundliche Treibstoffe sind beispielsweise kaum ausgereift und verfügbar, und Züge können Transatlantikflüge nicht ersetzen. Giulio Mattioli, Verkehrswissenschaftler an der TU Dortmund und Mitautor der Studie, rechnet zwar mit Widerständen vonseiten der Fluglinien, da Langstreckenflüge deutlich lukrativer seien. Aus der Bevölkerung dürfte der Widerstand aber geringer sein, denn “nur sehr wenige Menschen fliegen regelmäßig Langstrecke“. lb
Der Verkehrsdachverband Transport and Environment (T&E) fordert von der Bundesregierung eine Reform der Dienstwagenbesteuerung. Statt “auslaufende Technologien” mit Milliarden zu fördern, müsse der heimische Markt für Elektroautos angekurbelt werden, so die Organisation. Laut einer von T&E in Auftrag gegebenen Studie werden fossil betriebe Dienstwagen in Deutschland jährlich mit 13,7 Milliarden Euro subventioniert. Die Untersuchung zeigt auch, dass die Steuervorteile steigen, je größer der Firmenwagen ist.
“Unser Steuersystem bietet keinen echten Anreiz, auf E-Dienstwagen umzusteigen“, beklagt Susanne Goetz, Referentin für E-Mobilität bei T&E Deutschland. Jedes Jahr würden fossile Dienstwagen mit Milliardenbeträgen gefördert, während deutsche Hersteller wie zuletzt VW über einen schwachen Heimatmarkt für E-Autos klagten. In der Studie wurden die Auswirkungen der wichtigsten Steuervergünstigungen für Dienstwägen untersucht: der Vorsteuerabzug, die Abschreibung, die Pauschalbesteuerung des geldwerten Vorteils und Tankkarten. Die Studie von T&E umfasst die sechs größten europäischen Automärkte und alle zugelassenen Automodelle.
Spitzenreiter bei der Subventionierung fossiler Dienstwagen ist demnach Italien mit 16 Milliarden Euro, gefolgt von Deutschland, Frankreich, Polen und Spanien. EU-weit beliefen sich die Steuerausfälle auf 42 Milliarden Euro. Anders sehe es hingegen in Großbritannien aus. Hier würden Verbrenner deutlich höher besteuert als E-Dienstwagen. “Die Bundesregierung hat mit der Wachstumsinitiative den ersten Schritt getan, um das enorme industriepolitische Potenzial der Firmen- und Dienstwagenbesteuerung zu nutzen, indem sie gewerbliche E-Autos attraktiver gemacht hat”, betonte Goetz. Das reiche aber längst nicht. “Was fehlt, ist der Mut zum effizienteren Schritt: Verbrenner unattraktiver zu machen.” ch
FAZ: Überschwemmungen in Norditalien. Bei den schweren Überschwemmungen in der Emilia-Romagna kam mindestens ein Mensch ums Leben. Über 2.100 Menschen mussten evakuiert werden, zeitweise waren bis zu 15.000 Haushalte ohne Strom. Zum Artikel
Deutschlandfunk Kultur: Dammrückbau in Kalifornien. Das größte Dammrückbauprojekt der USA findet derzeit am Klamath River statt. In Oregon und Nordkalifornien werden vier Dämme entfernt, um den Fluss wieder frei fließen zu lassen. Zum Artikel
Zeit: Wassermangel macht arm. Bis 2050 ist die Hälfte der globalen Lebensmittelproduktion durch Wassermangel gefährdet. Das Bruttosozialprodukt könnte im Mittel um acht Prozent sinken, in einkommensschwachen Staaten sogar bis zu 15 Prozent. Zum Artikel
Business Daily: Mehr Agrarökologie für Afrika. Die Teilnehmer des ersten afrikanischen Jugendgipfels haben sich für mehr Agrarökologie ausgesprochen. Das jetzige System der Nahrungsmittelproduktion würde sowohl ihrer Generation als auch dem Kontinent schaden. Zum Artikel
Guardian: Labor-Regierung ernennt Umweltbeauftragte. Die britische Regierung hat mit Ruth Davis die erste Umweltbeauftragte Großbritanniens ernannt. Davis’ Aufgabe ist es, ein globales Abkommen zur Eindämmung des rapiden Artensterbens auszuarbeiten. Zum Artikel
In den kommenden rund 80 Jahren wird sich unsere Erde um zweieinhalb bis drei Grad Celsius erwärmen – mit nicht absehbaren Folgen für das Leben. Das zeigen neueste Berechnungen der Weltbank. Dennoch beharren viele Länder und Unternehmen weiterhin auf fossilen Brennstoffen. In einigen Regionen ist der Kohleverbrauch sogar gestiegen.
Während zehn Länder, unter ihnen Deutschland, zwei Drittel der globalen CO₂-Emissionen verursachen, leiden die am wenigsten entwickelten Länder, beispielsweise in Ostafrika und der Sahelregion, aber auch die kleinen Inselstaaten im Pazifik und der Karibik, am stärksten unter den Auswirkungen des Klimawandels. Dabei haben sie selbst praktisch nichts zur Klimakrise beigetragen. Sie haben kaum Mittel, sich zu wappnen.
Wie finanzieren wir also den längst überfälligen Wandel zu einer klimaneutralen Gesellschaft? Wie kommen wir für die Schäden auf und für die erforderlichen Anpassungen an den Klimawandel?
Wir brauchen einen Paradigmenwechsel in der Klimafinanzierung: stärkere Partnerschaften, mehr private Investitionen, und Banken, die Klimarisiken und prognostizierte Schäden systematisch in ihre Entscheidungen einbeziehen. Die zentrale, weil steuernde Funktion haben die Regierungen. Es ist unerlässlich, dass sie ihre Finanzen umwelt- und klimafreundlich ausrichten. Das bedeutet: Sie müssen umweltschädliche Subventionen – aktuell jährlich 2,6 Billionen Euro weltweit – abbauen und klimafreundliches Wirtschaften und Verhalten fördern, etwa mit CO₂-Preisen oder Umweltsteuern. Frei werdende Mittel können eingesetzt werden, um gute Rahmenbedingungen für eine zukunftsfähige grüne Wirtschaft zu schaffen. Solche Reformen müssen sozialverträglich gestaltet sein und zum Beispiel einkommensschwache Haushalte entlasten. Nur dann werden Menschen sie akzeptieren.
Die multilateralen Entwicklungsbanken wie die Weltbank können die Regierungen in diesen Bemühungen bestärken, indem sie beispielsweise Kredite nicht nur auf Basis von wirtschaftlichen Kriterien vergeben, sondern auch Sozial- und Umweltaspekte zugrunde legen. Ohne ihre Finanzkraft werden wir gegen den Klimawandel nicht ankommen.
Allerdings stoßen sie oft an Grenzen, wenn es darum geht, auf lokale Bedarfe einzugehen, Betroffene bei Planung und Umsetzung einzubeziehen und alle notwendigen Akteure zu erreichen. Als GIZ können wir genau diese Lücke füllen. Wir arbeiten weltweit mit allen öffentlichen Ebenen – von Staatsregierung bis Gemeinden – sowie mit der Bevölkerung zusammen.
Nehmen wir als Beispiel die Städte. Sie produzieren fast drei Viertel der weltweiten CO₂-Emissionen. 800 Millionen der Menschen, die in Städten leben, sind vom ansteigenden Meeresspiegel bedroht, doppelt so viele werden regelmäßig unter extremer Hitze leiden. Doch Stadtverwaltungen fehlt es an Zeit, Geld und fachlicher Expertise, um passende und wirtschaftliche Geschäfts- und Finanzierungsmodelle zu entwickeln.
Gemeinsam mit dem Städtenetzwerk C40 sorgt die GIZ hier für Abhilfe: Mit der Cities Finance Facility (CFF) bereiten wir Stadtentwicklungsprojekte so vor, dass Finanziers – seien sie öffentlich, multilateral oder privat – einsteigen können. Deutschland, Frankreich, Großbritannien und die USA haben für die Beratung von 30 Metropolen 45 Millionen Euro bereitgestellt. Damit hat CFF insgesamt Investitionen in Höhe von einer Milliarde Euro für Treibhausgasminderung und Anpassung an den Klimawandel mobilisiert. Das entspricht dem 23-Fachen der ursprünglichen öffentlichen Förderung.
Der Schlüssel für diesen Erfolg ist, dass wir Regierungen und nationale Entwicklungsbanken als Brücken zu internationalem Klimageld nutzen und mit Unternehmen und Betreibergesellschaften kooperieren. Die Arbeit beginnt mit Bedarfsanalysen und Machbarkeitsstudien und führt über lokal angepasste und konkret ausgearbeitete Lösungen bis zum Finanzierungsantrag. So wurde zum Beispiel in Jakarta aus der Idee eines E-Bus-Systems ein finanzierter Versuchsbetrieb mit 100 E-Bussen, Haltestellen, Ladestationen und optimierten Tarifen. Darauf aufbauend sollen nun bis 2030 vier von fünf Bussen der Gesamtflotte elektrisch rollen.
Auf ähnliche Weise berät die europäische Initiative GET.invest Energieunternehmen in Entwicklungsländern, sodass sie private Investoren gewinnen können und so die Voraussetzungen für Finanzierung und Bankkredite erfüllen. In mehr als 200 Fällen war das bereits erfolgreich: Insgesamt haben Investoren rund 3,1 Milliarden Euro zugesagt für Maßnahmen, mit denen knapp 20 Millionen Menschen Zugang zu sauberer Energie bekommen und jedes Jahr mehr als fünfeinhalb Millionen Tonnen CO₂ eingespart werden können.
Die beiden Beispiele zeigen: Klug investiert, hebeln öffentliche Mittel ein Vielfaches an Investitionen, die nachhaltig soziale und ökologische Fortschritte entfalten. Damit wir die Klimakrise noch begrenzen können, reichen Investitionen in etablierte Technologien allerdings nicht aus. Es gilt, nationale und internationale Finanzströme auch in Innovationen zu lenken. Denn für etwa die Hälfte der Treibhausgasmengen, die wir bis 2050 einsparen müssen, benötigen wir Lösungen, die noch nicht existieren oder sich in frühen Entwicklungsstadien befinden.
Mit der CATAL1.5°T-Initiative fördern wir daher Start-ups und ihre neuartigen Ansätze. Mit Mitteln von Bundesentwicklungsministerium und Green Climate Fund entstehen tragfähige Geschäftsmodelle und marktreife Prototypen, die für private Wagniskapitalinvestoren interessant sind. Auch Entwicklungsbanken sind ein notwendiger Bestandteil dieser neuen Finanzierungslinien, sie scheuen aber vielfach noch das Risiko. Letztlich müssen die Anstrengungen aller ineinandergreifen. Für Regierungen, Entwicklungsbanken und Privatwirtschaft gilt daher: Die grüne Zukunft muss noch stärker auf die Agenda!
Ingrid-Gabriela Hoven ist stellvertretende Vorstandssprecherin der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH.
die COP hat begonnen! Also, die andere: Die UN-Konferenz zur Biodiversität in Cali. Die Aufmerksamkeit richtet sich auf den gefährlichen Verlust der Artenvielfalt weltweit. Wir aber schauen heute auf den Gastgeber des Treffens: Kolumbien ist für Deutschland ein wichtiger Verbündeter in der Klimapolitik. Mit welchen Schwierigkeiten die ehrgeizige Energiewende des Landes kämpft, beschreibt Alexandra Endres.
Und auch in Washington müssen die Reformer von Weltbank und IWF Gegenwind fürchten. Der Umbau der Finanzinstitutionen zu mehr Klimaschutz, Nachhaltigkeit und Hilfe für die Ärmsten ist gestartet, hat Nico Beckert recherchiert. Und gerade jetzt drohen die Reformen zu versanden. Das liegt auch an den knappen Budgets in den Industrieländern – über die BMZ-Staatssekretär Jochen Flasbarth freimütig im Interview mit Horand Knaup spricht: Deutschland investiert zu wenig in seine internationalen Verpflichtungen.
Wir blicken noch auf viele andere Themen: Den Fußabdruck der Klimakrise in der Dürre von 2022, die deutsche Förderpolitik für Wärmepumpen im EU-Vergleich oder die Frage, wie klimaschädlich welche Flüge jetzt sind. Wir hoffen, damit Ihr Interesse zu wecken
und wünschen erkenntnisreiche Lektüre!
Für die Bundesregierung ist Kolumbien, Ausrichter des derzeit stattfindenden Biodiversitätsgipfels COP16, in der internationalen Klimapolitik ein wichtiger Verbündeter. Deshalb unterstützt Deutschland das südamerikanische Land bei seinem geplanten Ausstieg aus den fossilen Rohstoffen mit vielen Millionen Euro. Ziel ist der völlige Abschied von fossilen Energien, doch der Erfolg des ehrgeizigen Projekts ist nicht gesichert. Umsetzung, Finanzierung und Akzeptanz werfen Fragen auf. Dazu kommt: Die Zeit drängt.
Zwei Jahre ist die kolumbianische Regierung noch im Amt – 2026 steht turnusmäßig die nächste Präsidentschaftswahl an. In Deutschland wird der Bundestag schon ein Jahr früher gewählt. Damit bleibt womöglich wenig Zeit, um die Klimapartnerschaft zwischen beiden Ländern weiterzuentwickeln. Der Ehrgeiz ist hoch. Aber die praktische Umsetzung gestaltet sich an manchen Stellen schwierig.
Martin Dirr, zuständig für Projekte in Stadtentwicklung, Energie, Mobilität und Kreislaufwirtschaft bei der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) in Kolumbien, sieht drei Schlüsselfaktoren für eine konkrete Umsetzung von Klimaschutzprojekten im Land:
Kapazitäten: Den Kohleausstieg über verschiedene Regierungsebenen hinweg zu steuern, zu planen und umzusetzen, sei sehr komplex, sagt Dirr. Die beteiligten Departamentos seien “ländlich und teilweise auch sehr vom Bürgerkrieg geprägt”. Die GIZ unterstütze die lokalen Akteure dabei, Strukturen und Know-how aufzubauen, “um die Transformation zu gestalten”.
Kapital: Kolumbiens Regierung wirbt intensiv um ausländische Investitionen. Das Land hat hohe Schulden – und wenn die Einnahmen aus den fossilen Energien wegbrechen, wird es erst recht privates und internationales Kapital brauchen. International setzt sich die kolumbianische Regierung für sogenannte Debt-for-Nature-Swaps ein, also Schuldenerlasse gegen Investitionen in Klima- und Naturschutz.
Akzeptanz: “Die Erkenntnis, dass man etwas gegen die Klimakrise tun muss, ist in der Bevölkerung tief verankert”, sagt Dirr. Aber zugleich gebe es “die Angst, den Job zu verlieren. Die Angst vor der wirtschaftlichen Transformation, von der man nicht weiß, wo sie hinführt. Und ein Gefühl von globaler Gerechtigkeit, das fragt: Wir sind erst am Anfang der Industrialisierung. Warum sollen ausgerechnet wir jetzt unsere Emissionen reduzieren?”
In manchen Regionen kommen mehrere Herausforderungen zusammen. Zum Beispiel im Department La Guajira, wo die GIZ zusammen mit den lokalen Akteuren an Plänen für die Klimawende arbeitet. In der Region weht viel Wind, die kolumbianische Regierung möchte die Windkraft dort entwickeln, ausländische Investoren sind interessiert.
Doch in der Gegend sind immer noch paramilitärische Gruppen aktiv, und es gibt ein großes Misstrauen gegenüber der Regierung. Zwar wurde ein wichtiges Infrastrukturprojekt für die Energiewende im Juni genehmigt: Die Leitung La Colectora soll die erneuerbare Energie aus der Guajira künftig ins nationale Netz einspeisen. Doch nicht immer verlaufen die Genehmigungsverfahren reibungslos. Es kann vorkommen, dass ein Windkraftprojektierer in der Guajira mit Dutzenden Gemeinden einzeln verhandeln muss, bevor er sein Vorhaben umsetzen kann – und nicht alle sind dabei erfolgreich: Der italienische Energiekonzern Enel beispielsweise hat seinen geplanten Windpark Windpeshi und alle weiteren Windprojekte wegen des starken Widerstands der indigenen Gemeinschaften aufgegeben.
Für Wasserstoffprojekte gelten die Schwierigkeiten erst recht. Es wird dauern, bis Kolumbien die heimische Versorgung mit erneuerbarem Strom sicherstellen kann. Um grünen Wasserstoff herzustellen und zu exportieren, müsste das Land davon Überschüsse produzieren.
Die Präsidentschaftswahlen 2026 dürften auch über die Zukunft der kolumbianischen Energiewende entscheiden. Laut Kolumbiens Umweltministerin Susana Muhamad unterstützen große Teile der Bevölkerung die strategische Ausrichtung der Regierungspolitik, sind aber unzufrieden mit den konkreten Ergebnissen. “Wir werden in den kommenden Jahren greifbare Resultate vorweisen müssen, um die Menschen davon zu überzeugen, dass wir in die richtige Richtung gehen.” Gelingt das nicht, könnten die Pläne für den fossilen Komplettausstieg bald Geschichte sein.
Die Reform von Weltbank und Internationalem Währungsfonds (IWF) hin zu mehr Klimaschutz hat in den letzten Monaten und Jahren einige Fortschritte gemacht. Zur Jahrestagung der beiden Finanzinstitutionen (21. bis 26. Oktober) bemängeln Kritiker jedoch, der Umbau gehe zu langsam und vernachlässige wichtige Lösungsansätze. Auch fürchten Beobachter, dass der Ehrgeiz für eine Reform der Institutionen bei den entscheidenden Mitgliedstaaten schwinden könnte. Dazu kommt: Ein möglicher Wahlsieg von Donald Trump als US-Präsident würde die beiden Finanzinstitutionen schwächen. Und das Bundesfinanzministerium lehnt den Einsatz von Sonderziehungsrechten für die Klimafinanzierung weiterhin ab.
Weltbank-Chef Ajay Banga hat viele Reformen angestoßen und “weitgehend geliefert”, wie Danny Scull, Senior Policy Advisor von E3G, sagt. Um dem hohen Bedarf an Klimafinanzierung gerecht zu werden, müsse die Weltbank allerdings eine “zweite Reformphase” anstoßen und dabei von den Mitgliedstaaten vor allem größere Budgets erhalten. Der IWF hingegen hinke bei den Reformen hinterher und müsse schneller werden, bemängeln Analysten.
Beobachterinnen wie Laurence Tubiana, Vorsitzende der European Climate Foundation, befürchten aber, dass “das Momentum für Reformen” schwindet. Viele Staaten zeigen ihr zufolge nicht viel Ehrgeiz bei der Auffüllung der Mittel der International Development Association (IDA) – ein Arm der Weltbank, der besonders günstige Kredite an die aktuell 75 einkommensschwächsten Länder vergibt. Auch bei den IWF-Mitgliedstaaten sieht Tubiana wenig Ehrgeiz für wichtige Reformen. Wichtige Entscheidungen müssten vor einer neuen Präsidentschaft Donald Trumps auf den Weg gebracht werden, mahnt Tubiana. Zwar sei das US-Finanzministerium sehr aktiv, aber die Zeit scheint davonzulaufen.
Um große Summen für den Klimaschutz in ärmeren Staaten zu mobilisieren, müssten die Weltbank und der IWF laut Beobachtern folgende Reformen anschieben:
Bei der Weiterleitung von Sonderziehungsrechten (SDR) sieht Tubiana vor allem die Europäische Zentralbank und Deutschland in der Pflicht. Die EZB verweist darauf, dass die Weiterleitung von Sonderziehungsrechten an Entwicklungsbanken nicht mit dem EZB-Vertrag vereinbar sei, da sie eine “monetäre Finanzierung” darstelle. In Deutschland würde das Verfassungsgericht eine Weiterleitung blockieren, sagt Tubiana. Sie schlägt deshalb vor, dass Deutschland gestützt auf das gute Rating durch die eigenen SDR grüne Anleihen am Kapitalmarkt aufnimmt und sie in Form von vergünstigten Krediten an ärmere Staaten weiterreicht.
Das Bundesfinanzministerium zeigt sich beim Einsatz von SDR für die Klimafinanzierung weiterhin ablehnend. Die SDR “eignen sich generell nicht zum Einsatz zur Klimafinanzierung”, schreibt ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums auf Anfrage von Table.Briefings. “Die originäre Funktion von Sonderziehungsrechten (SDR) ist die Schaffung neuer Währungsreserven. Bestrebungen, diese über die ihre eigentliche Funktion hinaus auszuweiten, sind mit Skepsis zu betrachten” – was auch Finanzminister Lindner so sagt. Die Klimafinanzierung müsse “aus Haushaltsmitteln angegangen werden”, so das Finanzministerium.
Allerdings gibt es auch Stimmen, die eine Weiterleitung von SDR in einigen Fällen als mit den EZB-Verträgen kompatibel ansehen: Eine Weiterleitung von SDR an IWF-Fonds oder Entwicklungsbanken widerspräche nicht zwangsläufig dem EZB-Vertrag und sei nicht zwangsläufig eine “monetäre Finanzierung”. Spanien hat schon SDR an den IMF Resilience and Sustainability Trust weitergeleitet. Und auch Frankreich gehöre zu den europäischen Vorreitern, lobt Tubiana. Das Land hat zwar keine SDR weitergeleitet, aber mit seinen SDR Garantien für die Klimafinanzierung abgesichert.
Lobende Worte finden Beobachter für die bisherigen Reformergebnisse der Weltbank:
Der IWF hat den Reformprozess erst in diesem Jahr stärker angeschoben. “Bisher ist beim IWF wenig geschehen”, so die Einschätzung von Germanwatch. Eine jüngst verabschiedete Reform bei Strafzinsen schaffe zwar Spielraum für Klimainvestitionen. Ganz abgeschafft wurden diese Strafzinsen jedoch noch nicht, bemängelt Christian Groeber, Referent für die Reform der Internationalen Finanzarchitektur von Germanwatch. Der IWF müsse ein “Sicherheitsnetz aufbauen, das besser vor globalen systemischen Krisen” wie dem Klimawandel schützt, fordert David Ryfisch von Germanwatch.
Herr Flasbarth, der Etat Ihres Ministeriums steht vor deutlichen Kürzungen. Was heißt das für 2025?
Dass wir von allem weniger haben, als wir brauchen. Natürlich verschärft das die Konkurrenz um die Mittel. Zum Beispiel im Gesundheitsbereich: Da steht demnächst die Auffüllung großer Fonds an wie der Impffonds GAVI oder der Fonds gegen Tuberkulose, Malaria und Aids. Deutschland hat immer in vorderer Reihe gestanden. Das wird auch weiterhin so sein, auch wenn wir jetzt etwas unter Plan und wohl auch unter den Erwartungen an uns bleiben. Aber richtig ist auch, dass man vieles neu denken muss, was nicht nur mit Geld zu tun hat.
Erst einmal ist Fakt, dass wir unsere Zusagen nicht einhalten.
Nein, das kann man jetzt noch sagen. Wir geben beim Klima 5,7 Milliarden Euro statt sechs Milliarden, die Differenz ist nicht viel. Und da reden wir über 2023. Angekündigt waren die sechs Milliarden für 2025.
Der Gesamtetat schrumpft – das dürfte kaum zu schaffen sein.
Wir tun alles, um unsere Programme so auszurichten, dass wir unseren Beitrag trotzdem steigern. Aber ja, das ist bei Klima und Biodiversität verdammt schwer. Das Ziel ist noch erreichbar, und alle Ressorts müssen sich ordentlich anstrengen, nicht nur wir. Aber Sie haben recht: Die Richtung der Mittelausstattung ist insgesamt ungut.
Was erwarten Sie von der COP29, die Mitte November in Baku beginnt?
Das ist eine Finanzierungs-COP. In Kopenhagen 2009 haben die Industrieländer versprochen, ab 2020 100 Milliarden Dollar jährlich für Klimaschutz und Klimaanpassung an die Entwicklungsländer zu zahlen. Das haben wir nicht ganz geschafft. Wir waren im Jahr 2020 bei etwa 80 Milliarden: Nicht wenig, aber es war nicht das, was wir versprochen und worauf die Länder im Globalen Süden vertraut hatten. Und die wichtigste Währung im internationalen Kontext sind nun mal nicht Dollar oder Euro, sondern es ist Vertrauen.
2022 waren es dann aber 100 Milliarden.
Ja, aber schon in Kopenhagen 2009 hatte der Globale Süden die Erwartung, dass es nicht bei 100 Milliarden bleibt, sondern weiter aufwächst. Und klar war mit dem Abkommen von Paris 2015 auch, dass das globale Ziel 2025 neu formuliert wird. Da gibt es jetzt kein Ausweichen mehr. Nun findet diese Diskussion in Zeiten statt, in denen die Geopolitik von Kriegen und Krisen geprägt ist und in der die Budgets überall unter Druck sind. Deshalb wird das eine anstrengende Diskussion.
Der Kanzler hat sechs Milliarden Euro für die internationale Klimafinanzierung versprochen, das BMZ aber soll sparen. Wo werden wir 2025 landen?
Alle Ressorts müssen sich anstrengen und das BMZ ganz besonders.
Die erhoffte Hebelwirkung bei der Klimafinanzierung ist noch nicht wirklich erkennbar. Oder haben wir etwas übersehen?
Stimmt, der Hebelfaktor – also das Verhältnis von eingesetzten Bundesmitteln zu dem damit zusätzlich gewonnenen Privatkapital – ist vor Jahren deutlich höher veranschlagt worden. Deshalb müssen wir jetzt umso mehr darauf achten, wie wir zusätzliche private Mittel mobilisieren können. Da ist viel mehr möglich. Die Finanzindustrie kann sehr viel. Wir werden im nächsten Jahr eine Plattform aufsetzen, die wir gerade bei der ersten Hamburg Sustainability Conference mit vielen Partnern vereinbart haben.
Was heißt das?
Große Anleger wie Versicherungen oder Staatsfonds investieren immer noch in fossile Energien. Das ist schlecht. Wir brauchen Investitionen in eine klimaverträgliche Wirtschaft. Dazu wollen wir im Bereich Nachhaltigkeitsfinanzierung vieles standardisieren, ein Thema, das ich lange unterschätzt und dessen Bedeutung ich ehrlich gesagt jetzt erst verstanden habe. Die Finanzindustrie braucht solche Standards. Gerade die Versicherungswirtschaft ist viel mehr an stabilen und langfristigen Erträgen interessiert als an Renditemaximierung.
Hat das Thema Entwicklung in Politik und Gesellschaft an Rückhalt verloren?
Wir sind jedenfalls in die Defensive geraten. Wir müssen deshalb unsere Arbeit stärker begründen und legitimieren. Dagegen ist auch gar nichts zu sagen. Denn wir können vieles gut nachweisen. Wir haben ein eigenes Institut dafür, das DEVAL. Es gibt kein anderes Ressort, das seine Ausgaben so gründlich evaluieren lässt.
Nur weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit.
Das stimmt so nicht. Es ist alles veröffentlicht. Das eigentlich Toxische der Debatte ist aber, dass sich der Gedanke “America first”, übertragen auf Deutschland, ausbreitet. Angetrieben von den extremen Rechten.
Auch Ihr Koalitionspartner hinterfragt Ihre Arbeit.
Ja, die nationale Nabelschau hat auch bei einigen in der politischen Mitte angefangen. Bei der Ampel mache ich mir weniger Sorgen – da gab es ein paar Einzelstimmen, mit relativ wenig Substanz. Bei der Union brach das im Frühjahr auch mal auf, ist aber wieder abgeebbt, auch weil dort einige an die Tradition der Union für die internationale Entwicklungspolitik erinnert haben. Dass wir in Deutschland auch Eigeninteressen formulieren, ist im übrigen absolut legitim. Aber wir sind ein rohstoffarmes Land, wir sind auf funktionierende Lieferketten angewiesen. Und die Interessen werden nicht nur durch die Außenwirtschaft des Wirtschaftsministeriums abgebildet, sondern sind auch Teil unserer Entwicklungspolitik.
Das kommt angesichts der verbreiteten Kritik an der deutschen Heizungspolitik durchaus überraschend: In einem Vergleich der Wärmepumpen-Förderung von zehn großen EU-Ländern, den das polnische Reform-Institut am Montag veröffentlicht hat, ist Deutschland hinter Frankreich und Tschechien auf dem dritten Platz gelandet. Deutschland erreichte dabei 61 Prozent der maximal möglichen Punkte; Spitzenreiter Frankreich kam auf 69 Prozent, Schlusslicht Rumänien auf 21 Prozent.
Positiv hervorgehoben wurde in Bezug auf Deutschland die Höhe der Förderung, die bis zu 21.000 Euro pro Wärmepumpe beträgt, die Tatsache, dass Haushalte mit geringem Einkommen besonders stark gefördert werden, und das Angebot günstiger Kredite. Kritisch sehen die Autoren vor allem, dass die Förderung erst mit Verzögerung ausgezahlt wird, sodass Hausbesitzer zunächst die komplette Summe vorstrecken müssen. Auch das Verhältnis vom Strom- zum Gaspreis und die nur teilweise verfügbaren Sondertarife für Wärmepumpen-Strom werden als nachteilig bemängelt. mkr
Falschinformationen über Windkraft sind weit verbreitet. Ob man ihnen zustimmt, hängt weniger vom eigenen Wissen über die Technologie ab als von der persönlichen Weltanschauung. Das erschwert eine faktenbasierte Diskussion und untergräbt die Akzeptanz der Energiewende. Zu dem Ergebnis kommt eine Forschungsgruppe in einer kürzlich in der Fachzeitschrift “nature communications” erschienenen Untersuchung. Für sie wurden in mehreren Erhebungen insgesamt mehr als 6.000 Menschen in den USA, Großbritannien und Australien befragt.
Insgesamt stimmten über ein Viertel der Befragten “einer Vielzahl von Falschinformationen zu”, und zwar unabhängig von ihrem Bildungsgrad, schreibt die an der Studie beteiligte Universität Hohenheim in einer Mitteilung. Dabei glauben Menschen, die zu Verschwörungserzählungen neigen, eher den Falschinformationen über Windkraft als andere. Sie lehnen den Bau von Windparks auch eher ab und sind eher bereit, dagegen zu protestieren. Menschen mit einer pro-ökologisch geprägten Weltanschauung glauben eher nicht an die Falschinformationen.
“Es dürfte schwierig sein, Falschinformationen allein durch das Bereitstellen von Fakten zu begegnen, solange diese nicht ins Weltbild der Menschen passen”, schlussfolgert Leitautor Kevin Winter, Umwelt- und Sozialpsychologe an der Universität Hohenheim. Um Menschen mit einer ablehnenden Haltung doch von der Windkraft zu überzeugen, könnte es aussichtsreicher sein, mögliche persönliche Vorteile wie etwa finanzielle Beteiligungsmöglichkeiten aufzuzeigen, so die Universität. ae
Die außergewöhnliche Intensität und das räumliche Ausmaß der Dürre im Sommer 2022 in Europa kann zu mehr als 30 Prozent dem menschengemachten Klimawandel zugeschrieben werden. Das ist das Ergebnis einer Attributionsstudie, die ein vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) koordiniertes Forschungsteam durchgeführt hat. Sie wurde im Fachmagazin Nature Geoscience veröffentlicht.
Mit Beobachtungsdaten und einem hydrologischen Modell zur Simulation von Niederschlags- und Temperaturmessdaten wurde das Defizit der Bodenfeuchte berechnet: rund 280 Kubikkilometer. Umgerechnet fehlten somit 120 Millionen Schwimmbäder an Wasser. Ein Drittel der Landfläche Mittel- und Südeuropas war von dieser Dürre betroffen – eine Fläche so groß wie zuletzt 1960. Dadurch gingen die Ernten bei Körnermais, Sonnenblumen und Sojabohnen europaweit um 15 Prozent zurück, wegen Niedrigwasser wurde die Schifffahrt auf dem Po und Rhein eingeschränkt, und Wasserkraftwerke produzierten weniger Strom.
“Während die Niederschlagsdefizite für das Auftreten der Dürre ausschlaggebend waren, verstärkten die hohen Temperaturen den Rückgang der Bodenfeuchte und der Abflussmengen“, erklärt Emanuele Bevacqua, Erstautor der Studie und Leiter der UFZ-Arbeitsgruppe “Compound Climate Extremes”. Die neue Auswertung trägt dazu bei, den Einfluss des Klimawandels auf Wetterextreme wie Dürren, die von mehreren Faktoren abhängig sind, besser zu verstehen. Beim Defizit der Bodenfeuchte, den fehlenden 280 Kubikkilometern, ist der Klimawandel für 31 Prozent verantwortlich. Ohne den Klimawandel wären demnach 87 Kubikkilometer mehr Wasser vorhanden gewesen. Ein Teil der Folgen seien verzögerte Auswirkungen, die sich schon in den Jahren zuvor eingeschlichen hätten, in denen die Bodenfeuchte sank. lb
Langstreckenflüge über 3.000 Kilometer verursachen anteilsmäßig deutlich mehr CO₂-Emissionen als Kurzstreckenflüge. Sie machen neun Prozent aller Flüge aus, verbrennen aber 47 Prozent des Kerosins. Zudem sind in den letzten Jahrzehnten die auf Langstrecke pro Person zurückgelegten Kilometer deutlich stärker angestiegen als auf Kurzstrecke und dürften weiter steigen – doch Maßnahmen fokussierten sich eher auf die Kurzstrecke. Eine aktuelle Studie rät deshalb, verstärkt auf die Vermeidung von Langstreckenflügen zu setzen.
Diesen “Elefanten im Raum” zu regulieren sei zielführender, als auf eine Verbesserung der Technologien oder eine Verlagerung auf emissionsärmere Verkehrsmittel zu setzen. Denn Klimafreundliche Treibstoffe sind beispielsweise kaum ausgereift und verfügbar, und Züge können Transatlantikflüge nicht ersetzen. Giulio Mattioli, Verkehrswissenschaftler an der TU Dortmund und Mitautor der Studie, rechnet zwar mit Widerständen vonseiten der Fluglinien, da Langstreckenflüge deutlich lukrativer seien. Aus der Bevölkerung dürfte der Widerstand aber geringer sein, denn “nur sehr wenige Menschen fliegen regelmäßig Langstrecke“. lb
Der Verkehrsdachverband Transport and Environment (T&E) fordert von der Bundesregierung eine Reform der Dienstwagenbesteuerung. Statt “auslaufende Technologien” mit Milliarden zu fördern, müsse der heimische Markt für Elektroautos angekurbelt werden, so die Organisation. Laut einer von T&E in Auftrag gegebenen Studie werden fossil betriebe Dienstwagen in Deutschland jährlich mit 13,7 Milliarden Euro subventioniert. Die Untersuchung zeigt auch, dass die Steuervorteile steigen, je größer der Firmenwagen ist.
“Unser Steuersystem bietet keinen echten Anreiz, auf E-Dienstwagen umzusteigen“, beklagt Susanne Goetz, Referentin für E-Mobilität bei T&E Deutschland. Jedes Jahr würden fossile Dienstwagen mit Milliardenbeträgen gefördert, während deutsche Hersteller wie zuletzt VW über einen schwachen Heimatmarkt für E-Autos klagten. In der Studie wurden die Auswirkungen der wichtigsten Steuervergünstigungen für Dienstwägen untersucht: der Vorsteuerabzug, die Abschreibung, die Pauschalbesteuerung des geldwerten Vorteils und Tankkarten. Die Studie von T&E umfasst die sechs größten europäischen Automärkte und alle zugelassenen Automodelle.
Spitzenreiter bei der Subventionierung fossiler Dienstwagen ist demnach Italien mit 16 Milliarden Euro, gefolgt von Deutschland, Frankreich, Polen und Spanien. EU-weit beliefen sich die Steuerausfälle auf 42 Milliarden Euro. Anders sehe es hingegen in Großbritannien aus. Hier würden Verbrenner deutlich höher besteuert als E-Dienstwagen. “Die Bundesregierung hat mit der Wachstumsinitiative den ersten Schritt getan, um das enorme industriepolitische Potenzial der Firmen- und Dienstwagenbesteuerung zu nutzen, indem sie gewerbliche E-Autos attraktiver gemacht hat”, betonte Goetz. Das reiche aber längst nicht. “Was fehlt, ist der Mut zum effizienteren Schritt: Verbrenner unattraktiver zu machen.” ch
FAZ: Überschwemmungen in Norditalien. Bei den schweren Überschwemmungen in der Emilia-Romagna kam mindestens ein Mensch ums Leben. Über 2.100 Menschen mussten evakuiert werden, zeitweise waren bis zu 15.000 Haushalte ohne Strom. Zum Artikel
Deutschlandfunk Kultur: Dammrückbau in Kalifornien. Das größte Dammrückbauprojekt der USA findet derzeit am Klamath River statt. In Oregon und Nordkalifornien werden vier Dämme entfernt, um den Fluss wieder frei fließen zu lassen. Zum Artikel
Zeit: Wassermangel macht arm. Bis 2050 ist die Hälfte der globalen Lebensmittelproduktion durch Wassermangel gefährdet. Das Bruttosozialprodukt könnte im Mittel um acht Prozent sinken, in einkommensschwachen Staaten sogar bis zu 15 Prozent. Zum Artikel
Business Daily: Mehr Agrarökologie für Afrika. Die Teilnehmer des ersten afrikanischen Jugendgipfels haben sich für mehr Agrarökologie ausgesprochen. Das jetzige System der Nahrungsmittelproduktion würde sowohl ihrer Generation als auch dem Kontinent schaden. Zum Artikel
Guardian: Labor-Regierung ernennt Umweltbeauftragte. Die britische Regierung hat mit Ruth Davis die erste Umweltbeauftragte Großbritanniens ernannt. Davis’ Aufgabe ist es, ein globales Abkommen zur Eindämmung des rapiden Artensterbens auszuarbeiten. Zum Artikel
In den kommenden rund 80 Jahren wird sich unsere Erde um zweieinhalb bis drei Grad Celsius erwärmen – mit nicht absehbaren Folgen für das Leben. Das zeigen neueste Berechnungen der Weltbank. Dennoch beharren viele Länder und Unternehmen weiterhin auf fossilen Brennstoffen. In einigen Regionen ist der Kohleverbrauch sogar gestiegen.
Während zehn Länder, unter ihnen Deutschland, zwei Drittel der globalen CO₂-Emissionen verursachen, leiden die am wenigsten entwickelten Länder, beispielsweise in Ostafrika und der Sahelregion, aber auch die kleinen Inselstaaten im Pazifik und der Karibik, am stärksten unter den Auswirkungen des Klimawandels. Dabei haben sie selbst praktisch nichts zur Klimakrise beigetragen. Sie haben kaum Mittel, sich zu wappnen.
Wie finanzieren wir also den längst überfälligen Wandel zu einer klimaneutralen Gesellschaft? Wie kommen wir für die Schäden auf und für die erforderlichen Anpassungen an den Klimawandel?
Wir brauchen einen Paradigmenwechsel in der Klimafinanzierung: stärkere Partnerschaften, mehr private Investitionen, und Banken, die Klimarisiken und prognostizierte Schäden systematisch in ihre Entscheidungen einbeziehen. Die zentrale, weil steuernde Funktion haben die Regierungen. Es ist unerlässlich, dass sie ihre Finanzen umwelt- und klimafreundlich ausrichten. Das bedeutet: Sie müssen umweltschädliche Subventionen – aktuell jährlich 2,6 Billionen Euro weltweit – abbauen und klimafreundliches Wirtschaften und Verhalten fördern, etwa mit CO₂-Preisen oder Umweltsteuern. Frei werdende Mittel können eingesetzt werden, um gute Rahmenbedingungen für eine zukunftsfähige grüne Wirtschaft zu schaffen. Solche Reformen müssen sozialverträglich gestaltet sein und zum Beispiel einkommensschwache Haushalte entlasten. Nur dann werden Menschen sie akzeptieren.
Die multilateralen Entwicklungsbanken wie die Weltbank können die Regierungen in diesen Bemühungen bestärken, indem sie beispielsweise Kredite nicht nur auf Basis von wirtschaftlichen Kriterien vergeben, sondern auch Sozial- und Umweltaspekte zugrunde legen. Ohne ihre Finanzkraft werden wir gegen den Klimawandel nicht ankommen.
Allerdings stoßen sie oft an Grenzen, wenn es darum geht, auf lokale Bedarfe einzugehen, Betroffene bei Planung und Umsetzung einzubeziehen und alle notwendigen Akteure zu erreichen. Als GIZ können wir genau diese Lücke füllen. Wir arbeiten weltweit mit allen öffentlichen Ebenen – von Staatsregierung bis Gemeinden – sowie mit der Bevölkerung zusammen.
Nehmen wir als Beispiel die Städte. Sie produzieren fast drei Viertel der weltweiten CO₂-Emissionen. 800 Millionen der Menschen, die in Städten leben, sind vom ansteigenden Meeresspiegel bedroht, doppelt so viele werden regelmäßig unter extremer Hitze leiden. Doch Stadtverwaltungen fehlt es an Zeit, Geld und fachlicher Expertise, um passende und wirtschaftliche Geschäfts- und Finanzierungsmodelle zu entwickeln.
Gemeinsam mit dem Städtenetzwerk C40 sorgt die GIZ hier für Abhilfe: Mit der Cities Finance Facility (CFF) bereiten wir Stadtentwicklungsprojekte so vor, dass Finanziers – seien sie öffentlich, multilateral oder privat – einsteigen können. Deutschland, Frankreich, Großbritannien und die USA haben für die Beratung von 30 Metropolen 45 Millionen Euro bereitgestellt. Damit hat CFF insgesamt Investitionen in Höhe von einer Milliarde Euro für Treibhausgasminderung und Anpassung an den Klimawandel mobilisiert. Das entspricht dem 23-Fachen der ursprünglichen öffentlichen Förderung.
Der Schlüssel für diesen Erfolg ist, dass wir Regierungen und nationale Entwicklungsbanken als Brücken zu internationalem Klimageld nutzen und mit Unternehmen und Betreibergesellschaften kooperieren. Die Arbeit beginnt mit Bedarfsanalysen und Machbarkeitsstudien und führt über lokal angepasste und konkret ausgearbeitete Lösungen bis zum Finanzierungsantrag. So wurde zum Beispiel in Jakarta aus der Idee eines E-Bus-Systems ein finanzierter Versuchsbetrieb mit 100 E-Bussen, Haltestellen, Ladestationen und optimierten Tarifen. Darauf aufbauend sollen nun bis 2030 vier von fünf Bussen der Gesamtflotte elektrisch rollen.
Auf ähnliche Weise berät die europäische Initiative GET.invest Energieunternehmen in Entwicklungsländern, sodass sie private Investoren gewinnen können und so die Voraussetzungen für Finanzierung und Bankkredite erfüllen. In mehr als 200 Fällen war das bereits erfolgreich: Insgesamt haben Investoren rund 3,1 Milliarden Euro zugesagt für Maßnahmen, mit denen knapp 20 Millionen Menschen Zugang zu sauberer Energie bekommen und jedes Jahr mehr als fünfeinhalb Millionen Tonnen CO₂ eingespart werden können.
Die beiden Beispiele zeigen: Klug investiert, hebeln öffentliche Mittel ein Vielfaches an Investitionen, die nachhaltig soziale und ökologische Fortschritte entfalten. Damit wir die Klimakrise noch begrenzen können, reichen Investitionen in etablierte Technologien allerdings nicht aus. Es gilt, nationale und internationale Finanzströme auch in Innovationen zu lenken. Denn für etwa die Hälfte der Treibhausgasmengen, die wir bis 2050 einsparen müssen, benötigen wir Lösungen, die noch nicht existieren oder sich in frühen Entwicklungsstadien befinden.
Mit der CATAL1.5°T-Initiative fördern wir daher Start-ups und ihre neuartigen Ansätze. Mit Mitteln von Bundesentwicklungsministerium und Green Climate Fund entstehen tragfähige Geschäftsmodelle und marktreife Prototypen, die für private Wagniskapitalinvestoren interessant sind. Auch Entwicklungsbanken sind ein notwendiger Bestandteil dieser neuen Finanzierungslinien, sie scheuen aber vielfach noch das Risiko. Letztlich müssen die Anstrengungen aller ineinandergreifen. Für Regierungen, Entwicklungsbanken und Privatwirtschaft gilt daher: Die grüne Zukunft muss noch stärker auf die Agenda!
Ingrid-Gabriela Hoven ist stellvertretende Vorstandssprecherin der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH.