die COP ist auch ein Gipfel der großen Zahlen. Das wurde gestern einmal mehr deutlich. Laut einer neuen Studie muss die Weltgemeinschaft jährlich bis zu 2,4 Billionen US-Dollar ausgeben, damit die Entwicklungs- und Schwellenländer die Pariser Klimaziele erreichen und sich an den Klimawandel anpassen können. Gut die Hälfte der Summe sollte aus dem globalen Norden stammen.
Auf den ersten Blick wirken diese Summen unrealistisch hoch – zumal die westlichen Staaten nicht mal ihr 100 Milliarden-Versprechen eingehalten haben. Doch das sind Investitionen in eine lebenswerte Zukunft und nicht “Kosten”, betonen die Autorinnen und Autoren rund um den Ökonomen Sir Nicolas Stern. Und im Vergleich zur Wirtschaftskraft der reichen Staaten relativieren sich die Summen wieder, wie Bernhard Pötter schreibt.
Beim Thema der Klima-Anpassung versucht die COP-Präsidentschaft ebenfalls, die Öffentlichkeit mit großen Zahlen wach zu rütteln und die Staaten zu mehr Maßnahmen zu bewegen. Mit der Sharm-El-Sheikh Adaptation Agenda sollen vier Milliarden Menschen unterstützt werden, die von Klimakatastrophen bedroht sind.
Eine erste COP-Nachtschicht hat Lukas Scheid eingelegt. Dabei ging es gar nicht direkt um die COP. Auf EU-Ebene gibt es Fortschritte beim Fit-for-55-Paket. In einer Nachtsitzung haben sich Kommission, Parlament und Rat auf Emissionsreduktionsziele für die Mitgliedsländer für Bereiche wie den Straßenverkehr und die Landwirtschaft geeinigt. Auf Deutschland kommen dabei besonders große Aufgaben zu.
Ganz ausgeschlafen präsentieren wir Ihnen dann diesen neuen Climate Table. Viele neue Erkenntnisse bei der Lektüre!
Das Pariser Abkommen hat jetzt ein Preisschild: Um dessen Ziele zu erreichen, muss nach einer neuen Berechnung bereits 2025 etwa eine Billion US-Dollar in die Energiewende, die Anpassung an den Klimawandel und in den Erhalt von Naturflächen im Globalen Süden (mit Ausnahme von China) investiert werden. Bis 2030 steigt dieser Bedarf laut der Studie “Finance for Climate Action” auf jährlich 2,4 Billionen Dollar.
Den Bericht hat die “High Level Expert Group on Climate Finance” im Auftrag der britischen und ägyptischen COP-Präsidentschaft erstellt. Unter Leitung der Ökonomen Vera Songwe und Sir Nicolas Stern raten die Autoren:
“Die reichen Länder sollten erkennen, dass es in ihrem vitalen Selbstinteresse liegt und eine Sache der Gerechtigkeit ist (…), in den Klimaschutz in Schwellen- und Entwicklungsländern zu investieren”, sagte Nicolas Stern bei der Vorstellung des Berichts. Das meiste Wachstum in Energieinfrastruktur und Konsum werde dort stattfinden. Sollten diese Länder sich abhängig von fossilen Energien machen, werde die Welt den gefährlichen Klimawandel nicht verhindern können, so Stern.
Schwellen- und Entwicklungsländer “sollten mit Investoren, entwickelten Ländern und multilateralen Institutionen zusammenarbeiten”, um das nötige Kapital zu mobilisieren, so der Bericht. Die eine Billion Investments würden die bisherigen Ausgaben für den Klimaschutz in diesen Ländern von aktuellen 500 Milliarden verdoppeln.
Zu einem solchen “Durchbruch” bei den Klima-Finanzen müssten aber auch viele andere beitragen, so die Autoren:
Neue Finanzierungswege seien nötig:
Der Bericht warnt ausdrücklich: “Die Billion ist nicht die neue 100 Milliarden”. Die Billion sei das Ergebnis einer Analyse von Investments-Bedarf und finanzieller Kapazitäten für effektiven Klimaschutz. Dagegen sei die Summe der 100 Milliarden politisch verhandelt und versprochen.
Diese 100 Milliarden Dollar im Jahr sind bisher die magische Grenze. Die Industriestaaten haben 2010 bei der COP16 im mexikanischen Cancun versprochen, ab 2020 jedes Jahr diese Summe für Klimaschutz im Globalen Süden aufzubringen. Die Summe besteht aus öffentlichen Zuschüssen, Krediten und Hilfsprogrammen, aber zu einem großen Teil auch aus privaten Investitionen, etwa in Erneuerbare Energien. Auch Zahlungen an den “Green Climate Fund” oder die Umweltfazilität GEF gehen darin auf.
Das Versprechen wurde nicht eingehalten: 2020 lagen die Zahlungen unter der Grenze, wie die Industrieländerorganisation OECD offiziell festgestellt hat. Eine entscheidende Ursache ist, dass nicht genügend privates Kapital zusammen kam. Die Verfehlung des 100-Milliarden-Finanzziels ist nicht nur eine Enttäuschung für Menschen, die auf diese Hilfe hoffen. Sondern auch immer wieder ein Argument bei den Verhandlungen, dass der globale Norden insgesamt sein Versprechen nicht hält.
Die Kurve zeigt, wie die Summe anwächst, aber nicht ausreicht. Um das Versprechen nachträglich zu halten, haben die OECD-Länder 2021 versprochen, bis 2025 über die 100 Milliarden zu gehen, um die Lücken aufzufüllen. Ob es dazu kommt, angesichts der finanzielle Belastungen der Staatshaushalte aus Covid-Krise und Ukraine-Krieg oder dem Widerstand im US-Kongress gegen Klimafinanzierung im Ausland, ist fraglich.
Neben der Höhe der Gesamtsumme waren die Finanzflüsse und ihre Berechnung schon häufig umstritten. Ein großer Teil sind Kredite, die selbst bei günstigeren Konditionen die Verschuldung der armen Länder erhöhen können. Auch war lange unklar, welche Leistungen die Industriestaaten sich anrechnen und ob etwa die bisherige Entwicklungshilfe nur ein grünes Etikett bekommt.
Außerdem gibt es bei den Zahlungen ein großes Übergewicht für “Minderung” des Klimawandels gegenüber Projekten zur Anpassung. Denn der Bau etwa von Wind- oder Solaranlagen ist ein lukratives Geschäftsmodell für europäische und US-amerikanische Investoren. Ausgaben für neue Dämme oder nachhaltige Landwirtschaft, die zur Anpassung an den Klimawandel beitragen, zahlen sich oft weniger direkt in Gewinnen aus.
Bei der COP26 in Glasgow 2021 haben die Geberländer zugesichert, ihre Zahlungen für Anpassung bis 2025 auf 40 Milliarden Dollar zu verdoppeln. Der Thinktank IIED wirft ihnen vor, diesen Kurs nicht konsequent zu verfolgen.
Die Finanzexperten der Entwicklungsorganisation Oxfam haben nach ihren eigenen Kriterien errechnet, dass von den offiziellen Ausgaben der Industrieländer bisher tatsächlich nur etwa ein Drittel effektiv dem Klimaschutz in den armen Ländern zugutekommen. Die Zahl liegt deutlich unter den offiziellen Zahlen, denn sie kalkuliert etwa nur die Zuschüsse und den Anteil an den Krediten, die zinsvergünstigt sind. Zusätzlich geht Oxfam davon aus, dass die Geberländer die Klima-Wirksamkeit ihrer Hilfen überschätzen.
Während auf der COP27 in Sharm el-Sheikh viel darüber gesprochen wird, wie Klimaziele in nationalen Gesetzgebungen implementiert werden, hat Brüssel einen entscheidenden Schritt dahingehend gemacht. In den Trilog-Verhandlungen zwischen EU-Kommission, Parlament und dem Rat kam es in der Nacht zu einer Einigung zur Lastenteilungsverordnung (Effort Sharing Regulation, ESR). Der Gesetzesvorschlag ist Teil des Fit-for-55-Pakets und ein wichtiger Baustein, um das EU-Klimaziel von 55 Prozent CO2-Reduktion bis 2030 im Vergleich zu 1990 umzusetzen.
Die ESR legt Emissionsreduktionsziele für die Mitgliedsländer fest. Darin abgedeckt sind Emissionen aus den Sektoren, die nicht im europäischen Emissionshandelssystem sind – derzeit rund 60 Prozent der EU-weiten Emissionen. Darunter: Straßenverkehr, Beheizung von Gebäuden, Landwirtschaft, kleine Industrieanlagen und Abfallwirtschaft.
Die drei Verhandlungsparteien einigten sich darauf, dass das Gesamtreduktionsziel der ESR deutlich angehoben wird. Die Mitgliedsländer müssen ihre Emissionen bis 2030 um mindestens 40 Prozent gegenüber dem Niveau von 2005 reduzieren. Das bisherige Ziel lag bei 29 Prozent. Aufgeschlüsselt wird das Gesamtziel zudem in individuelle Reduktionsziele für die Länder (siehe Grafik), bei dem Deutschland den Hauptanteil übernehmen muss.
“Nun können wir auf der COP27 ein klares Signal setzen, dass die EU es ernst meint mit ihrer Rolle als globaler Champion für eine wettbewerbsfähige und effiziente Klimaagenda”, erklärte Jessica Polfjärd (EVP), die zuständige Parlamentsberichterstatterin. Der neue tschechische Umweltminister, Marian Jurečka, der bei den Verhandlungen die Mitgliedstaaten vertrat, sagte, die EU könne mit der Einigung zeigen, dass sie ernsthaft die Emissionen im Einklang mit ihren Verpflichtungen aus dem Pariser Abkommen reduzieren möchte.
Einher mit der Erhöhung der Reduktionsziele geht auch, dass die jährlichen Emissionszuteilungen der Staaten angepasst werden und jedes Jahr linear zum Ziel für 2030 sinken. Sie kommen einem CO2-Budget gleich, das den Ländern jedes Jahr zur Verfügung steht. Zudem wurde sich im Trilog auf eine Aktualisierung dieses Emissionspfads im Jahr 2025 geeinigt, was dazu führen könnte, dass die jährlichen Emissionszuteilungen für den Zeitraum 2026 bis 2030 nach oben oder unten angepasst werden.
Um die ESR-Ziele zu erreichen, können die Länder diese Emissionszuteilungen auch untereinander handeln. Allerdings ist die Menge Emissionszuteilungen, die ver- oder gekauft werden dürfen, auf maximal zehn Prozent der gesamten Emissionszuteilung eines Jahres limitiert. Ab 2025 steigt dieses Limit auf 15 Prozent. Das Parlament konnte sich mit seinem geforderten Limit von fünf Prozent nicht durchsetzen. Deutschland hat bereits angekündigt, von diesem Recht keinen Gebrauch machen zu wollen. Stattdessen will die Bundesregierung ihre Ziele ohne Ankauf fremder Emissionsminderungen erreichen.
Außerdem können Mitgliedstaaten eine begrenzte Menge an Gutschriften aus dem Abbau von Treibhausgasen im Bereich Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft (LULUCF) verwenden, um ihre ESR-Ziele zu erreichen.
Eine vom Parlament eingebrachte Formulierung, dass die ESR-Ziele vor nationalen Gerichten durch die Zivilgesellschaft einklagbar gemacht werden (Table.Media berichtete) müssen, hat den Trilog nicht überlebt. Daher obliegt es weiterhin den nationalen Regierungen, inwieweit der Gang vor ein Gericht bei Nicht-Einhaltung der Ziele möglich ist.
Die aus Deutschland und den Niederlanden bekannten Klimaklagen durch zivilgesellschaftliche Organisationen sind nicht in der gesamten EU in nationalem Recht verankert. Einige Staaten befürchteten, dass ein EU-Gesetz, welches die Länder dazu verpflichtet hätte, dem Subsidiaritätsprinzip widersprechen würde. Sollten die Länder nun ihre CO2-Reduktionsziele, die ihnen die ESR vorschreibt, nicht einhalten, ist weiterhin einzig die Kommission in der Lage, gegen sie vorzugehen und die Einhaltung einzufordern.
Herr Strilets, was sind Ihre Prioritäten bei der COP27?
Ruslan Strilets: Die Delegation der Ukraine wird auf der COP27 insbesondere die folgenden Positionen vertreten. Erstens, dass die Position der Ukraine in den Ergebnisdokumenten der COP27 berücksichtigt wird, als ein Land, dessen Wirtschaft sich aufgrund der militärischen Aggression der Russischen Föderation derzeit im Niedergang befindet, das sich aber erholen wird und daher das Recht auf einen gewissen Anstieg der Treibhausgasemissionen hat. Zweitens: Zugang der Ukraine zu den finanziellen Mitteln des Green Climate Fund. Und drittens, indem allen Vertragsparteien des Pariser Abkommens gleicher Zugang zu den in Artikel 6 des Pariser Abkommens genannten marktwirtschaftlichen und nicht marktwirtschaftlichen Mechanismen und Ansätzen gewährt wird.
Ein sehr heikles Thema für die Ukraine sind die Tagesordnungspunkte der COP27, die sich auf die Vorlage und Überprüfung der Berichte der Vertragsparteien von Anhang I des UNFCCC beziehen. Die Ukraine hat die Prüfung aller Dokumente im Rahmen der Klimakonferenzen blockiert und wird dies auch weiterhin tun, die statistische Informationen aus der Russischen Föderation enthalten oder darauf verweisen, einschließlich Statistiken der Autonomen Republik Krim und der Stadt Sewastopol und/oder anderer vorübergehend besetzter Gebiete der Ukraine, ohne einen entsprechenden Hinweis, wie er in den Resolutionen der UN-Generalversammlung vorgesehen ist.
Werden Sie eigene Initiativen zum Klimaschutz vorstellen?
Zum ersten Mal plant die Ukraine einen nationalen Pavillon und wird eine Reihe von Veranstaltungen durchführen. Unter anderem wird die Ukraine zwei Initiativen vorstellen. Eine davon ist eine Diskussion über ein einheitliches internationales Vorgehen bei der Bewertung von Klima- und Umweltschäden, die durch militärische Aktionen verursacht werden. Hauptziel ist es, die negativen Auswirkungen des Krieges auf die Umwelt und das Klima aufzuzeigen und die von der Ukraine entwickelten Methoden zu präsentieren. Da das Thema nicht nur für die Ukraine relevant ist, wollen wir einen internationalen Dialog über die Annahme einheitlicher Ansätze zur Berechnung der Folgen und Schäden des Krieges anstoßen.
Außerdem werden wir die Initiative “Green Grain Supply Paths” ankündigen, deren Hauptziel es ist, die globale Bedrohung der weltweiten Ernährungssicherheit aufzuzeigen und Partnerschaften zur Förderung und Unterstützung klimafreundlicher Ansätze und Technologien auf jeder Stufe der Getreidelieferkette zu schaffen.
Auf der COP26 in Glasgow erklärte die Ukraine einen Kohleausstieg bis 2035, erklärte aber später, dass diese Verpflichtung nicht rechtsverbindlich sei und das Datum noch diskutiert werde. Gibt es Diskussionen über ein Datum für den Kohleausstieg?
Im Moment gibt es keine derartigen Diskussionen, und unser Hauptziel ist es, unsere Umwelt zu schützen und die Umweltschäden durch den Krieg zu bewerten. Wir haben unser NDC im Jahr 2021 verabschiedet und unsere Arbeit an der Ausarbeitung des Plans zur Erreichung der Ziele der Ukraine nicht eingestellt. Trotz des Krieges glaube ich, dass die Regierung in ein paar Monaten unseren Plan zur Erreichung des bereits angekündigten NDC annehmen wird.
Wird es aufgrund der Auswirkungen des russischen Krieges Änderungen am ukrainischen NDC geben?
Wir haben nicht vor, die Indikatoren zu ändern, die vor dem Krieg festgelegt wurden. Das NDC bleibt unverändert, aber wir werden definitiv die Art und Weise ändern, wie wir auf diese Ziele zusteuern. Wir brauchen die Indikatoren nicht zu ändern, aber es ist sehr wichtig zu verstehen, wie diese Ziele entsprechend der Situation nach dem Krieg erreicht werden können. Wenn der Wiederaufbau der Ukraine im Einklang mit dem grünen Kurs, dem Green Deal der EU und der modernen europäischen Gesetzgebung erfolgt, ist dies der Weg, um unsere Erholung schneller und grüner zu gestalten.
Wie wirkt sich der russische Krieg auf Ihre Arbeit und die Arbeit des Umweltministeriums aus? Mit welchen Schwierigkeiten müssen Sie jeden Tag fertig werden?
Der Krieg wirkt sich sehr auf unser tägliches Leben und unsere Arbeit aus. Wir sind psychologisch, sozial und aus humanitärer Sicht betroffen. Es wurde zu unserer täglichen Routine, in den Luftschutzkeller zu gehen, während das Luftradar eingeschaltet ist, und ohne Strom und Internet weiterzuarbeiten. Trotz alledem setzen wir unsere Arbeit fort, um die EU-Integration, die Umsetzung von Umweltreformen und die Bewertung der durch den Krieg verursachten Umweltschäden zu gewährleisten.
Wie hoch werden derzeit die Schäden und Kosten des russischen Krieges für die Umwelt geschätzt?
Die Gesamtschätzung der Umweltschäden hat bereits 37 Milliarden Euro überschritten. Der größte Teil, mehr als 60 Prozent der Schäden, wird durch die Luftverschmutzung verursacht. Wir schätzen, dass in den acht Monaten des Krieges durch Waldbrände, militärische Angriffe auf Öldepots und Industrieanlagen bereits mehr als 67 Millionen Tonnen Emissionen in die Atmosphäre gelangt sind.
Nach Angaben des Wirtschaftsministeriums arbeitet die ukrainische Wirtschaft nur mit 30 Prozent ihrer Kapazität. Obwohl die Wirtschaft nicht funktioniert, sind die Emissionen aufgrund von Waldbränden in unseren Wäldern und russischen Angriffen auf unsere Infrastruktur, Anlagen und Öldepots drastisch gestiegen. Wir setzen die Bewertung der durch den Krieg verursachten Schäden fort.
Am 25. Oktober fand in Deutschland eine internationale Konferenz zum Wiederaufbau der Ukraine statt, die jedoch nach Ansicht von Experten keine Klarheit über die langfristigen Wiederaufbaupläne brachte. Gibt es bereits konkrete Pläne für den grünen Wiederaufbau und wie er finanziert werden soll? Was ist Ihre Vision für den grünen Wiederaufbau?
Derzeit sind noch nicht alle Umweltgesetze auf dem neuesten Stand der europäischen Normen. Eines der Hauptziele unseres Ministeriums ist die Angleichung unserer Gesetzgebung an die europäische. Wir haben ein Assoziierungsabkommen zwischen der EU und der Ukraine. Nach unseren Schätzungen haben wir diese Angleichung zu 66 Prozent abgeschlossen. Wenn wir mit der Umsetzung der europäischen Umweltreformen fortfahren, werden wir in zwei Jahren 72 bis 75 Prozent der Umsetzung des EU-Assoziierungsabkommens erreichen. Der Aufschwung im Umweltbereich wird also davon abhängen, wie schnell wir die europäischen Reformen in unserer Gesetzgebung umsetzen werden.
Ich bin sicher, dass die Ukraine mit transparenten und modernen Umweltvorschriften eine attraktive Plattform für internationale Investitionen bieten wird, auch im Bereich des Umweltschutzes.
Die COP-Präsidentschaft hat am Dienstag eine Agenda zur Anpassung an den Klimawandel vorgestellt. Dieser “erste globale Plan” in dem Bereich soll staatliche und nicht-staatliche Akteure zusammenbringen, die sich während und nach der COP der Agenda anschließen sollen.
Der Plan enthält 30 Anpassungs-Ziele, mit denen bis zum Jahr 2030 vier Milliarden Menschen in den verwundbarsten Ländern geholfen werden soll. Insgesamt wollen die Initiatoren jährlich bis zu 300 Milliarden US-Dollar aus privaten und öffentlichen Quellen für die Klima-Anpassung mobilisieren. Das ist sehr ambitioniert. Die größten Entwicklungsbanken haben im vergangenen Jahr gemeinsam 17 Milliarden bereitstellt, wie Reuters berichtet.
Die vorgeschlagenen Maßnahmen liegen in folgenden Bereichen:
“Wie die wachsende Zahl von Klimanotfällen in der ganzen Welt deutlich zeigt, ist die Konzentration auf die Anpassung eine entscheidende, dringende Notwendigkeit”, sagte der Chef des UN-Klimasekretariats, Simon Stiell (Portrait).
Die sogenannte Sharm-El-Sheikh Adaptation Agenda wird von der COP27-Präsidentschaft, den “UN Climate Change High-Level Champions” und der Marrakesch-Partnerschaft mit Unterstützung des UN-Klimasekretariats vorangetrieben. nib
Versprechen von Unternehmen, Banken und Städten, ihre Emissionen auf Netto-Null zu senken, seien häufig voller Greenwashing. Das geht aus einem Bericht einer UN-Expertengruppe hervor, der am Dienstag auf der COP27 veröffentlicht wurde. Schätzungsweise 80 Prozent der weltweiten Emissionen seien demnach durch Zusagen abgedeckt, die Emissionen stark zu senken. Doch “viele dieser Netto-Null-Zusagen sind kaum mehr als leere Slogans“, sagte die Leiterin der Expertengruppe, Catherine McKenna.
Der UN-Generalsekretär António Guterres wählte drastische Worte. Falsche Versprechen zur Klimaneutralität seien verabscheuungswürdig. “Das ist reinster Betrug“, sagte Guterres. Solche Schummeleien könnten die Welt über die “Klima-Klippe stoßen”.
Der Bericht enthält eine Liste von Empfehlungen, die Unternehmen und andere nicht staatliche Akteure befolgen sollten, um sicherzustellen, dass ihre Angaben glaubwürdig sind:
Die 17-köpfige UN-Expertengruppe (High-Level Expert Group on the Net-Zero Emissions Commitments of Non-State Entities) wurde im März 2022 vom UN-Generalsekretär gegründet, weil er “ein Defizit an Glaubwürdigkeit” im Zusammenhang mit den Netto-Null-Versprechen von Unternehmen befürchtete. nib/rtr
Eine Vielzahl von Politikern hat bei der Weltklimakonferenz mehr finanzielle und unternehmerische Anstrengungen eingefordert, um die Folgen des globalen Temperaturanstieges einzudämmen. So müssten laut EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen “die Bedürftigsten in den Entwicklungsländern bei der Anpassung an ein raueres Klima unterstützt werden”.
Grundsätzlich forderte von der Leyen dazu auf, den Klimawandel besser und schneller zu bekämpfen und die aktuelle Energiekrise als “Game-Changer” zu nutzen. “Lasst uns nicht die Straße in die Hölle nehmen”, rief sie den anderen Teilnehmern zu. Wenn man die Anstrengungen weiter beschleunige, könnten in der EU im kommenden Jahr bei den erneuerbaren Energien zusätzliche Kapazitäten von mehr als 100 Gigawatt geschaffen werden, was einen absoluten Rekord darstellen würde.
Bundeskanzler Olaf Scholz warb am Dienstag für seine Idee eines globalen Klimaclubs. Dazu eingeladen seien alle Staaten weltweit, sagte der SPD-Politiker. Viele Industriezweige müssten dringend klimafreundlich umgebaut werden, etwa die Zement- und Stahlproduktion. Die Idee sei, gemeinsam Regeln und Standards zu verabreden, damit es angesichts der hohen Investitionen nicht zu Verzerrungen des Wettbewerbs komme.
Die Zeit sei knapp angesichts der weiter steigenden Treibhausgasemissionen, betonte der Kanzler. Nötig sei jetzt eine “nächste industrielle Revolution”. Grundlagen für den Klimaclub wolle er noch in diesem Jahr legen. Die Zusammenarbeit werde den Wohlstand der Teilnehmerstaaten mehren und nachhaltige Jobs schaffen.
Das aktuelle Ziel von 100 Milliarden Dollar Unterstützung pro Jahr für alle Entwicklungsländer weltweit bezeichnete Macky Sall als eine “unzureichende Mindestverpflichtung”. Allein Afrika benötige jährlich etwa 86 Milliarden Dollar, um seine Anpassungsziele zu erreichen, so der senegalesische Präsident und Vorsitzende der Afrikanischen Union. Man könne nicht erwarten, dass die Länder des Kontinents die Mechanismen zur Klimaanpassung und zur Senkung ihrer Emissionen selbst durch die Aufnahme hoher Schulden finanzierten, betonte er.
Der südafrikanische Präsident Cyril Ramaphosa forderte die multilateralen Entwicklungsbanken auf, ihre Herangehensweise an die Klimafinanzierung zu ändern, da die Unterstützung für den Großteil der Weltbevölkerung unerreichbar sei. Die Institutionen seien “risikoscheu” und ihre Finanzierungsangebote “mit hohen Kosten verbunden”, sagte er. Die bemerkenswertesten Abwesenden auf der Konferenz sind Chinas Xi Jinping und Indiens Narendra Modi, die Führer der größten und drittgrößten Emittenten der Welt. mw/dpa
Die Welthandelsorganisation (WTO) will die Verhandlungen über ein globales Umwelt-Handelsabkommen wiederbeleben. “Wir brauchen Handelsregeln, die günstig sind für erneuerbare Energien und andere umweltfreundliche Produkte“, sagte WTO-Generaldirektorin Ngozi Okonjo-Iweala am Rande der Klimakonferenz in Sharm el Sheikh der Nachrichtenagentur Reuters.
Die Beweggründe der WTO:
Der Welthandel verursacht zwar Emissionen, etwa durch den Transport. Doch er kann laut dem WTO-Bericht eben auch zur Reduktion von Treibhausgas-Emissionen beitragen und Staaten bei der Anpassung an die Folgen des Klimawandels helfen:
Verhandlungen in der WTO über Zollsenkungen für Klimatechnologie waren 2016 gescheitert. Grund waren Meinungsverschiedenheiten zwischen China und westlichen Ländern darüber, welche Produkte auf die Umweltliste gesetzt werden sollten. Inzwischen wurden Sondierungsgespräche über eine mögliche Wiederbelebung eines grünen Handelsabkommens aufgenommen. Okonjo-Iweala räumte jedoch ein, dass einige Länder Bedenken geäußert hätten. Welche Länder das sind, sagte sie nicht. Sie schlug aber vor, zunächst mit einer vorläufigen Liste aus 50 oder 60 Produkten zu beginnen, die mit der Zeit vergrößert werden könne. ck/rtr
Nur eine kleine Anzahl an Ländern hat bisher politische Maßnahmen zur Reduktion der Methan-Emissionen eingeführt. Große Industrieverbände machen wirksam Lobbyarbeit gegen solche Maßnahmen. Das ist das Ergebnis einer Analyse des Londoner Think-Tanks Influence Map; ein Jahr, nachdem sich über 100 Länder dem Global Methane Pledge angeschlossen haben. Die teilnehmenden Staaten haben sich dazu verpflichtet, die Methan-Emissionen bis 2030 im Vergleich zu 2020 um mindestens 30 Prozent zu senken.
Laut Influence Map haben Industrieverbände die Methan-Politik in den USA und der EU maßgeblich ausgebremst:
Angesichts dieses starken Widerstands gegen Methanvorschriften “ist es nicht besonders überraschend, dass andere Länder mit ihren eigenen politischen Vorschlägen bisher nur langsam nachgezogen haben”, sagt Vivek Parekh, Analyst von Influence Map. Die Organisation hat eine Internetseite erstellt, auf der sie die unterschiedlichen Regulierungen und den Lobby-Einfluss vorstellen wird.
Die Organisation beklagt zudem, dass es vor allem für den landwirtschaftlichen Sektor kaum Maßnahmen gäbe, um die Methan-Emissionen zu reduzieren. Methan ist ein Treibhausgas, das auf kurze Frist stärker wirkt als CO₂. Etwa 30 Prozent des Temperaturanstiegs seit der industriellen Revolution geht auf Methan zurück. nib
Er ist einer der drei wichtigsten Beamten, die für die EU auf der COP27 verhandeln: Jacob Werksman ist als Berater für internationales Klimarecht mit Kommissions-Vizepräsident Frans Timmermans nach Sharm El-Sheikh gereist. In der EU-Kommission ist er der Hauptberater für die internationalen Aspekte der europäischen Klimapolitik.
“Als ich in den späten 1980er-Jahren Jura studiert habe, gab es keinen Kurs in internationalem Umweltrecht”, sagt der US-Amerikaner. Nach dem Studium stößt er auf das “Center for International Environmental Law” (CIEL). Die Organisation berät damals Entwicklungsländer, die sich auf den Earth Summit 1992 in Rio de Janeiro vorbereiten. Werksman beginnt als Praktikant beim CIEL, anschließend bleibt er für zehn Jahre. “Meine Kollegen und ich gehörten zu den ersten Anwälten, die internationales Umweltrecht als eigene Disziplin ausführten”, sagt Werksman.
Er macht Station beim Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen, bei der Rockefeller Foundation und dem World Resources Institute. Dann holt ihn Connie Hedegaard nach Dänemark, um die Klimakonferenz 2009 in Kopenhagen vorzubereiten. Als Hedegaard EU-Kommissarin wird, wechselt Werksman mit ihr nach Brüssel.
Inzwischen arbeitet er für Timmermans. Auf der Klimakonferenz in Ägypten ist Werksman einer von drei Chef-Unterhändlern der EU. Das heißt: Was in den technischen Ausschüssen nicht entschieden wird, landet auf seinem Tisch, bevor Timmermans auf der Ministerebene verhandelt. Für die Minister blieben meist nicht mehr viele Entscheidungen übrig, sagt Werksman. Wie viele bei ihm selbst landen? “Zu viele.”
In Ägypten erwartet Werksman keine bahnbrechenden, völlig neuen Ergebnisse. Anders als in Glasgow gebe es weniger konkrete Entscheidungen zu verhandeln. Es werde um Klimaanpassung gehen, um Schäden und Verluste und Finanzierung für besonders betroffene, ärmere Staaten. “Wir werden keine dieser Fragen vollständig lösen, aber es wird einen formalen Raum geben, um Lösungen zu finden und zu beschleunigen”, sagt Werksman.
Es ist die dritte EU-Kommission, für die Werksman arbeitet. Seine Arbeit hat sich geändert, seit es den Green Deal gibt: “Zum ersten Mal mussten wir nicht mehr bei den anderen Teilen der Kommission für Klimaschutz lobbyieren. Auf einmal wurden wir ständig um Rat gefragt”, sagt Werksman. Denn seitdem müsse sich die gesamte Kommission am Klimaschutz orientieren.
Für Werksman ist es auch eines der wichtigsten Beispiele dafür, wie sich international verhandelte Ziele auf regionaler und nationaler Ebene durchsetzen – so hat es der Experte für internationales Recht noch nie erlebt: “Ich glaube, von außen wurde nie richtig wertgeschätzt, wie revolutionär das war.” Jana Hemmersmeier
die COP ist auch ein Gipfel der großen Zahlen. Das wurde gestern einmal mehr deutlich. Laut einer neuen Studie muss die Weltgemeinschaft jährlich bis zu 2,4 Billionen US-Dollar ausgeben, damit die Entwicklungs- und Schwellenländer die Pariser Klimaziele erreichen und sich an den Klimawandel anpassen können. Gut die Hälfte der Summe sollte aus dem globalen Norden stammen.
Auf den ersten Blick wirken diese Summen unrealistisch hoch – zumal die westlichen Staaten nicht mal ihr 100 Milliarden-Versprechen eingehalten haben. Doch das sind Investitionen in eine lebenswerte Zukunft und nicht “Kosten”, betonen die Autorinnen und Autoren rund um den Ökonomen Sir Nicolas Stern. Und im Vergleich zur Wirtschaftskraft der reichen Staaten relativieren sich die Summen wieder, wie Bernhard Pötter schreibt.
Beim Thema der Klima-Anpassung versucht die COP-Präsidentschaft ebenfalls, die Öffentlichkeit mit großen Zahlen wach zu rütteln und die Staaten zu mehr Maßnahmen zu bewegen. Mit der Sharm-El-Sheikh Adaptation Agenda sollen vier Milliarden Menschen unterstützt werden, die von Klimakatastrophen bedroht sind.
Eine erste COP-Nachtschicht hat Lukas Scheid eingelegt. Dabei ging es gar nicht direkt um die COP. Auf EU-Ebene gibt es Fortschritte beim Fit-for-55-Paket. In einer Nachtsitzung haben sich Kommission, Parlament und Rat auf Emissionsreduktionsziele für die Mitgliedsländer für Bereiche wie den Straßenverkehr und die Landwirtschaft geeinigt. Auf Deutschland kommen dabei besonders große Aufgaben zu.
Ganz ausgeschlafen präsentieren wir Ihnen dann diesen neuen Climate Table. Viele neue Erkenntnisse bei der Lektüre!
Das Pariser Abkommen hat jetzt ein Preisschild: Um dessen Ziele zu erreichen, muss nach einer neuen Berechnung bereits 2025 etwa eine Billion US-Dollar in die Energiewende, die Anpassung an den Klimawandel und in den Erhalt von Naturflächen im Globalen Süden (mit Ausnahme von China) investiert werden. Bis 2030 steigt dieser Bedarf laut der Studie “Finance for Climate Action” auf jährlich 2,4 Billionen Dollar.
Den Bericht hat die “High Level Expert Group on Climate Finance” im Auftrag der britischen und ägyptischen COP-Präsidentschaft erstellt. Unter Leitung der Ökonomen Vera Songwe und Sir Nicolas Stern raten die Autoren:
“Die reichen Länder sollten erkennen, dass es in ihrem vitalen Selbstinteresse liegt und eine Sache der Gerechtigkeit ist (…), in den Klimaschutz in Schwellen- und Entwicklungsländern zu investieren”, sagte Nicolas Stern bei der Vorstellung des Berichts. Das meiste Wachstum in Energieinfrastruktur und Konsum werde dort stattfinden. Sollten diese Länder sich abhängig von fossilen Energien machen, werde die Welt den gefährlichen Klimawandel nicht verhindern können, so Stern.
Schwellen- und Entwicklungsländer “sollten mit Investoren, entwickelten Ländern und multilateralen Institutionen zusammenarbeiten”, um das nötige Kapital zu mobilisieren, so der Bericht. Die eine Billion Investments würden die bisherigen Ausgaben für den Klimaschutz in diesen Ländern von aktuellen 500 Milliarden verdoppeln.
Zu einem solchen “Durchbruch” bei den Klima-Finanzen müssten aber auch viele andere beitragen, so die Autoren:
Neue Finanzierungswege seien nötig:
Der Bericht warnt ausdrücklich: “Die Billion ist nicht die neue 100 Milliarden”. Die Billion sei das Ergebnis einer Analyse von Investments-Bedarf und finanzieller Kapazitäten für effektiven Klimaschutz. Dagegen sei die Summe der 100 Milliarden politisch verhandelt und versprochen.
Diese 100 Milliarden Dollar im Jahr sind bisher die magische Grenze. Die Industriestaaten haben 2010 bei der COP16 im mexikanischen Cancun versprochen, ab 2020 jedes Jahr diese Summe für Klimaschutz im Globalen Süden aufzubringen. Die Summe besteht aus öffentlichen Zuschüssen, Krediten und Hilfsprogrammen, aber zu einem großen Teil auch aus privaten Investitionen, etwa in Erneuerbare Energien. Auch Zahlungen an den “Green Climate Fund” oder die Umweltfazilität GEF gehen darin auf.
Das Versprechen wurde nicht eingehalten: 2020 lagen die Zahlungen unter der Grenze, wie die Industrieländerorganisation OECD offiziell festgestellt hat. Eine entscheidende Ursache ist, dass nicht genügend privates Kapital zusammen kam. Die Verfehlung des 100-Milliarden-Finanzziels ist nicht nur eine Enttäuschung für Menschen, die auf diese Hilfe hoffen. Sondern auch immer wieder ein Argument bei den Verhandlungen, dass der globale Norden insgesamt sein Versprechen nicht hält.
Die Kurve zeigt, wie die Summe anwächst, aber nicht ausreicht. Um das Versprechen nachträglich zu halten, haben die OECD-Länder 2021 versprochen, bis 2025 über die 100 Milliarden zu gehen, um die Lücken aufzufüllen. Ob es dazu kommt, angesichts der finanzielle Belastungen der Staatshaushalte aus Covid-Krise und Ukraine-Krieg oder dem Widerstand im US-Kongress gegen Klimafinanzierung im Ausland, ist fraglich.
Neben der Höhe der Gesamtsumme waren die Finanzflüsse und ihre Berechnung schon häufig umstritten. Ein großer Teil sind Kredite, die selbst bei günstigeren Konditionen die Verschuldung der armen Länder erhöhen können. Auch war lange unklar, welche Leistungen die Industriestaaten sich anrechnen und ob etwa die bisherige Entwicklungshilfe nur ein grünes Etikett bekommt.
Außerdem gibt es bei den Zahlungen ein großes Übergewicht für “Minderung” des Klimawandels gegenüber Projekten zur Anpassung. Denn der Bau etwa von Wind- oder Solaranlagen ist ein lukratives Geschäftsmodell für europäische und US-amerikanische Investoren. Ausgaben für neue Dämme oder nachhaltige Landwirtschaft, die zur Anpassung an den Klimawandel beitragen, zahlen sich oft weniger direkt in Gewinnen aus.
Bei der COP26 in Glasgow 2021 haben die Geberländer zugesichert, ihre Zahlungen für Anpassung bis 2025 auf 40 Milliarden Dollar zu verdoppeln. Der Thinktank IIED wirft ihnen vor, diesen Kurs nicht konsequent zu verfolgen.
Die Finanzexperten der Entwicklungsorganisation Oxfam haben nach ihren eigenen Kriterien errechnet, dass von den offiziellen Ausgaben der Industrieländer bisher tatsächlich nur etwa ein Drittel effektiv dem Klimaschutz in den armen Ländern zugutekommen. Die Zahl liegt deutlich unter den offiziellen Zahlen, denn sie kalkuliert etwa nur die Zuschüsse und den Anteil an den Krediten, die zinsvergünstigt sind. Zusätzlich geht Oxfam davon aus, dass die Geberländer die Klima-Wirksamkeit ihrer Hilfen überschätzen.
Während auf der COP27 in Sharm el-Sheikh viel darüber gesprochen wird, wie Klimaziele in nationalen Gesetzgebungen implementiert werden, hat Brüssel einen entscheidenden Schritt dahingehend gemacht. In den Trilog-Verhandlungen zwischen EU-Kommission, Parlament und dem Rat kam es in der Nacht zu einer Einigung zur Lastenteilungsverordnung (Effort Sharing Regulation, ESR). Der Gesetzesvorschlag ist Teil des Fit-for-55-Pakets und ein wichtiger Baustein, um das EU-Klimaziel von 55 Prozent CO2-Reduktion bis 2030 im Vergleich zu 1990 umzusetzen.
Die ESR legt Emissionsreduktionsziele für die Mitgliedsländer fest. Darin abgedeckt sind Emissionen aus den Sektoren, die nicht im europäischen Emissionshandelssystem sind – derzeit rund 60 Prozent der EU-weiten Emissionen. Darunter: Straßenverkehr, Beheizung von Gebäuden, Landwirtschaft, kleine Industrieanlagen und Abfallwirtschaft.
Die drei Verhandlungsparteien einigten sich darauf, dass das Gesamtreduktionsziel der ESR deutlich angehoben wird. Die Mitgliedsländer müssen ihre Emissionen bis 2030 um mindestens 40 Prozent gegenüber dem Niveau von 2005 reduzieren. Das bisherige Ziel lag bei 29 Prozent. Aufgeschlüsselt wird das Gesamtziel zudem in individuelle Reduktionsziele für die Länder (siehe Grafik), bei dem Deutschland den Hauptanteil übernehmen muss.
“Nun können wir auf der COP27 ein klares Signal setzen, dass die EU es ernst meint mit ihrer Rolle als globaler Champion für eine wettbewerbsfähige und effiziente Klimaagenda”, erklärte Jessica Polfjärd (EVP), die zuständige Parlamentsberichterstatterin. Der neue tschechische Umweltminister, Marian Jurečka, der bei den Verhandlungen die Mitgliedstaaten vertrat, sagte, die EU könne mit der Einigung zeigen, dass sie ernsthaft die Emissionen im Einklang mit ihren Verpflichtungen aus dem Pariser Abkommen reduzieren möchte.
Einher mit der Erhöhung der Reduktionsziele geht auch, dass die jährlichen Emissionszuteilungen der Staaten angepasst werden und jedes Jahr linear zum Ziel für 2030 sinken. Sie kommen einem CO2-Budget gleich, das den Ländern jedes Jahr zur Verfügung steht. Zudem wurde sich im Trilog auf eine Aktualisierung dieses Emissionspfads im Jahr 2025 geeinigt, was dazu führen könnte, dass die jährlichen Emissionszuteilungen für den Zeitraum 2026 bis 2030 nach oben oder unten angepasst werden.
Um die ESR-Ziele zu erreichen, können die Länder diese Emissionszuteilungen auch untereinander handeln. Allerdings ist die Menge Emissionszuteilungen, die ver- oder gekauft werden dürfen, auf maximal zehn Prozent der gesamten Emissionszuteilung eines Jahres limitiert. Ab 2025 steigt dieses Limit auf 15 Prozent. Das Parlament konnte sich mit seinem geforderten Limit von fünf Prozent nicht durchsetzen. Deutschland hat bereits angekündigt, von diesem Recht keinen Gebrauch machen zu wollen. Stattdessen will die Bundesregierung ihre Ziele ohne Ankauf fremder Emissionsminderungen erreichen.
Außerdem können Mitgliedstaaten eine begrenzte Menge an Gutschriften aus dem Abbau von Treibhausgasen im Bereich Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft (LULUCF) verwenden, um ihre ESR-Ziele zu erreichen.
Eine vom Parlament eingebrachte Formulierung, dass die ESR-Ziele vor nationalen Gerichten durch die Zivilgesellschaft einklagbar gemacht werden (Table.Media berichtete) müssen, hat den Trilog nicht überlebt. Daher obliegt es weiterhin den nationalen Regierungen, inwieweit der Gang vor ein Gericht bei Nicht-Einhaltung der Ziele möglich ist.
Die aus Deutschland und den Niederlanden bekannten Klimaklagen durch zivilgesellschaftliche Organisationen sind nicht in der gesamten EU in nationalem Recht verankert. Einige Staaten befürchteten, dass ein EU-Gesetz, welches die Länder dazu verpflichtet hätte, dem Subsidiaritätsprinzip widersprechen würde. Sollten die Länder nun ihre CO2-Reduktionsziele, die ihnen die ESR vorschreibt, nicht einhalten, ist weiterhin einzig die Kommission in der Lage, gegen sie vorzugehen und die Einhaltung einzufordern.
Herr Strilets, was sind Ihre Prioritäten bei der COP27?
Ruslan Strilets: Die Delegation der Ukraine wird auf der COP27 insbesondere die folgenden Positionen vertreten. Erstens, dass die Position der Ukraine in den Ergebnisdokumenten der COP27 berücksichtigt wird, als ein Land, dessen Wirtschaft sich aufgrund der militärischen Aggression der Russischen Föderation derzeit im Niedergang befindet, das sich aber erholen wird und daher das Recht auf einen gewissen Anstieg der Treibhausgasemissionen hat. Zweitens: Zugang der Ukraine zu den finanziellen Mitteln des Green Climate Fund. Und drittens, indem allen Vertragsparteien des Pariser Abkommens gleicher Zugang zu den in Artikel 6 des Pariser Abkommens genannten marktwirtschaftlichen und nicht marktwirtschaftlichen Mechanismen und Ansätzen gewährt wird.
Ein sehr heikles Thema für die Ukraine sind die Tagesordnungspunkte der COP27, die sich auf die Vorlage und Überprüfung der Berichte der Vertragsparteien von Anhang I des UNFCCC beziehen. Die Ukraine hat die Prüfung aller Dokumente im Rahmen der Klimakonferenzen blockiert und wird dies auch weiterhin tun, die statistische Informationen aus der Russischen Föderation enthalten oder darauf verweisen, einschließlich Statistiken der Autonomen Republik Krim und der Stadt Sewastopol und/oder anderer vorübergehend besetzter Gebiete der Ukraine, ohne einen entsprechenden Hinweis, wie er in den Resolutionen der UN-Generalversammlung vorgesehen ist.
Werden Sie eigene Initiativen zum Klimaschutz vorstellen?
Zum ersten Mal plant die Ukraine einen nationalen Pavillon und wird eine Reihe von Veranstaltungen durchführen. Unter anderem wird die Ukraine zwei Initiativen vorstellen. Eine davon ist eine Diskussion über ein einheitliches internationales Vorgehen bei der Bewertung von Klima- und Umweltschäden, die durch militärische Aktionen verursacht werden. Hauptziel ist es, die negativen Auswirkungen des Krieges auf die Umwelt und das Klima aufzuzeigen und die von der Ukraine entwickelten Methoden zu präsentieren. Da das Thema nicht nur für die Ukraine relevant ist, wollen wir einen internationalen Dialog über die Annahme einheitlicher Ansätze zur Berechnung der Folgen und Schäden des Krieges anstoßen.
Außerdem werden wir die Initiative “Green Grain Supply Paths” ankündigen, deren Hauptziel es ist, die globale Bedrohung der weltweiten Ernährungssicherheit aufzuzeigen und Partnerschaften zur Förderung und Unterstützung klimafreundlicher Ansätze und Technologien auf jeder Stufe der Getreidelieferkette zu schaffen.
Auf der COP26 in Glasgow erklärte die Ukraine einen Kohleausstieg bis 2035, erklärte aber später, dass diese Verpflichtung nicht rechtsverbindlich sei und das Datum noch diskutiert werde. Gibt es Diskussionen über ein Datum für den Kohleausstieg?
Im Moment gibt es keine derartigen Diskussionen, und unser Hauptziel ist es, unsere Umwelt zu schützen und die Umweltschäden durch den Krieg zu bewerten. Wir haben unser NDC im Jahr 2021 verabschiedet und unsere Arbeit an der Ausarbeitung des Plans zur Erreichung der Ziele der Ukraine nicht eingestellt. Trotz des Krieges glaube ich, dass die Regierung in ein paar Monaten unseren Plan zur Erreichung des bereits angekündigten NDC annehmen wird.
Wird es aufgrund der Auswirkungen des russischen Krieges Änderungen am ukrainischen NDC geben?
Wir haben nicht vor, die Indikatoren zu ändern, die vor dem Krieg festgelegt wurden. Das NDC bleibt unverändert, aber wir werden definitiv die Art und Weise ändern, wie wir auf diese Ziele zusteuern. Wir brauchen die Indikatoren nicht zu ändern, aber es ist sehr wichtig zu verstehen, wie diese Ziele entsprechend der Situation nach dem Krieg erreicht werden können. Wenn der Wiederaufbau der Ukraine im Einklang mit dem grünen Kurs, dem Green Deal der EU und der modernen europäischen Gesetzgebung erfolgt, ist dies der Weg, um unsere Erholung schneller und grüner zu gestalten.
Wie wirkt sich der russische Krieg auf Ihre Arbeit und die Arbeit des Umweltministeriums aus? Mit welchen Schwierigkeiten müssen Sie jeden Tag fertig werden?
Der Krieg wirkt sich sehr auf unser tägliches Leben und unsere Arbeit aus. Wir sind psychologisch, sozial und aus humanitärer Sicht betroffen. Es wurde zu unserer täglichen Routine, in den Luftschutzkeller zu gehen, während das Luftradar eingeschaltet ist, und ohne Strom und Internet weiterzuarbeiten. Trotz alledem setzen wir unsere Arbeit fort, um die EU-Integration, die Umsetzung von Umweltreformen und die Bewertung der durch den Krieg verursachten Umweltschäden zu gewährleisten.
Wie hoch werden derzeit die Schäden und Kosten des russischen Krieges für die Umwelt geschätzt?
Die Gesamtschätzung der Umweltschäden hat bereits 37 Milliarden Euro überschritten. Der größte Teil, mehr als 60 Prozent der Schäden, wird durch die Luftverschmutzung verursacht. Wir schätzen, dass in den acht Monaten des Krieges durch Waldbrände, militärische Angriffe auf Öldepots und Industrieanlagen bereits mehr als 67 Millionen Tonnen Emissionen in die Atmosphäre gelangt sind.
Nach Angaben des Wirtschaftsministeriums arbeitet die ukrainische Wirtschaft nur mit 30 Prozent ihrer Kapazität. Obwohl die Wirtschaft nicht funktioniert, sind die Emissionen aufgrund von Waldbränden in unseren Wäldern und russischen Angriffen auf unsere Infrastruktur, Anlagen und Öldepots drastisch gestiegen. Wir setzen die Bewertung der durch den Krieg verursachten Schäden fort.
Am 25. Oktober fand in Deutschland eine internationale Konferenz zum Wiederaufbau der Ukraine statt, die jedoch nach Ansicht von Experten keine Klarheit über die langfristigen Wiederaufbaupläne brachte. Gibt es bereits konkrete Pläne für den grünen Wiederaufbau und wie er finanziert werden soll? Was ist Ihre Vision für den grünen Wiederaufbau?
Derzeit sind noch nicht alle Umweltgesetze auf dem neuesten Stand der europäischen Normen. Eines der Hauptziele unseres Ministeriums ist die Angleichung unserer Gesetzgebung an die europäische. Wir haben ein Assoziierungsabkommen zwischen der EU und der Ukraine. Nach unseren Schätzungen haben wir diese Angleichung zu 66 Prozent abgeschlossen. Wenn wir mit der Umsetzung der europäischen Umweltreformen fortfahren, werden wir in zwei Jahren 72 bis 75 Prozent der Umsetzung des EU-Assoziierungsabkommens erreichen. Der Aufschwung im Umweltbereich wird also davon abhängen, wie schnell wir die europäischen Reformen in unserer Gesetzgebung umsetzen werden.
Ich bin sicher, dass die Ukraine mit transparenten und modernen Umweltvorschriften eine attraktive Plattform für internationale Investitionen bieten wird, auch im Bereich des Umweltschutzes.
Die COP-Präsidentschaft hat am Dienstag eine Agenda zur Anpassung an den Klimawandel vorgestellt. Dieser “erste globale Plan” in dem Bereich soll staatliche und nicht-staatliche Akteure zusammenbringen, die sich während und nach der COP der Agenda anschließen sollen.
Der Plan enthält 30 Anpassungs-Ziele, mit denen bis zum Jahr 2030 vier Milliarden Menschen in den verwundbarsten Ländern geholfen werden soll. Insgesamt wollen die Initiatoren jährlich bis zu 300 Milliarden US-Dollar aus privaten und öffentlichen Quellen für die Klima-Anpassung mobilisieren. Das ist sehr ambitioniert. Die größten Entwicklungsbanken haben im vergangenen Jahr gemeinsam 17 Milliarden bereitstellt, wie Reuters berichtet.
Die vorgeschlagenen Maßnahmen liegen in folgenden Bereichen:
“Wie die wachsende Zahl von Klimanotfällen in der ganzen Welt deutlich zeigt, ist die Konzentration auf die Anpassung eine entscheidende, dringende Notwendigkeit”, sagte der Chef des UN-Klimasekretariats, Simon Stiell (Portrait).
Die sogenannte Sharm-El-Sheikh Adaptation Agenda wird von der COP27-Präsidentschaft, den “UN Climate Change High-Level Champions” und der Marrakesch-Partnerschaft mit Unterstützung des UN-Klimasekretariats vorangetrieben. nib
Versprechen von Unternehmen, Banken und Städten, ihre Emissionen auf Netto-Null zu senken, seien häufig voller Greenwashing. Das geht aus einem Bericht einer UN-Expertengruppe hervor, der am Dienstag auf der COP27 veröffentlicht wurde. Schätzungsweise 80 Prozent der weltweiten Emissionen seien demnach durch Zusagen abgedeckt, die Emissionen stark zu senken. Doch “viele dieser Netto-Null-Zusagen sind kaum mehr als leere Slogans“, sagte die Leiterin der Expertengruppe, Catherine McKenna.
Der UN-Generalsekretär António Guterres wählte drastische Worte. Falsche Versprechen zur Klimaneutralität seien verabscheuungswürdig. “Das ist reinster Betrug“, sagte Guterres. Solche Schummeleien könnten die Welt über die “Klima-Klippe stoßen”.
Der Bericht enthält eine Liste von Empfehlungen, die Unternehmen und andere nicht staatliche Akteure befolgen sollten, um sicherzustellen, dass ihre Angaben glaubwürdig sind:
Die 17-köpfige UN-Expertengruppe (High-Level Expert Group on the Net-Zero Emissions Commitments of Non-State Entities) wurde im März 2022 vom UN-Generalsekretär gegründet, weil er “ein Defizit an Glaubwürdigkeit” im Zusammenhang mit den Netto-Null-Versprechen von Unternehmen befürchtete. nib/rtr
Eine Vielzahl von Politikern hat bei der Weltklimakonferenz mehr finanzielle und unternehmerische Anstrengungen eingefordert, um die Folgen des globalen Temperaturanstieges einzudämmen. So müssten laut EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen “die Bedürftigsten in den Entwicklungsländern bei der Anpassung an ein raueres Klima unterstützt werden”.
Grundsätzlich forderte von der Leyen dazu auf, den Klimawandel besser und schneller zu bekämpfen und die aktuelle Energiekrise als “Game-Changer” zu nutzen. “Lasst uns nicht die Straße in die Hölle nehmen”, rief sie den anderen Teilnehmern zu. Wenn man die Anstrengungen weiter beschleunige, könnten in der EU im kommenden Jahr bei den erneuerbaren Energien zusätzliche Kapazitäten von mehr als 100 Gigawatt geschaffen werden, was einen absoluten Rekord darstellen würde.
Bundeskanzler Olaf Scholz warb am Dienstag für seine Idee eines globalen Klimaclubs. Dazu eingeladen seien alle Staaten weltweit, sagte der SPD-Politiker. Viele Industriezweige müssten dringend klimafreundlich umgebaut werden, etwa die Zement- und Stahlproduktion. Die Idee sei, gemeinsam Regeln und Standards zu verabreden, damit es angesichts der hohen Investitionen nicht zu Verzerrungen des Wettbewerbs komme.
Die Zeit sei knapp angesichts der weiter steigenden Treibhausgasemissionen, betonte der Kanzler. Nötig sei jetzt eine “nächste industrielle Revolution”. Grundlagen für den Klimaclub wolle er noch in diesem Jahr legen. Die Zusammenarbeit werde den Wohlstand der Teilnehmerstaaten mehren und nachhaltige Jobs schaffen.
Das aktuelle Ziel von 100 Milliarden Dollar Unterstützung pro Jahr für alle Entwicklungsländer weltweit bezeichnete Macky Sall als eine “unzureichende Mindestverpflichtung”. Allein Afrika benötige jährlich etwa 86 Milliarden Dollar, um seine Anpassungsziele zu erreichen, so der senegalesische Präsident und Vorsitzende der Afrikanischen Union. Man könne nicht erwarten, dass die Länder des Kontinents die Mechanismen zur Klimaanpassung und zur Senkung ihrer Emissionen selbst durch die Aufnahme hoher Schulden finanzierten, betonte er.
Der südafrikanische Präsident Cyril Ramaphosa forderte die multilateralen Entwicklungsbanken auf, ihre Herangehensweise an die Klimafinanzierung zu ändern, da die Unterstützung für den Großteil der Weltbevölkerung unerreichbar sei. Die Institutionen seien “risikoscheu” und ihre Finanzierungsangebote “mit hohen Kosten verbunden”, sagte er. Die bemerkenswertesten Abwesenden auf der Konferenz sind Chinas Xi Jinping und Indiens Narendra Modi, die Führer der größten und drittgrößten Emittenten der Welt. mw/dpa
Die Welthandelsorganisation (WTO) will die Verhandlungen über ein globales Umwelt-Handelsabkommen wiederbeleben. “Wir brauchen Handelsregeln, die günstig sind für erneuerbare Energien und andere umweltfreundliche Produkte“, sagte WTO-Generaldirektorin Ngozi Okonjo-Iweala am Rande der Klimakonferenz in Sharm el Sheikh der Nachrichtenagentur Reuters.
Die Beweggründe der WTO:
Der Welthandel verursacht zwar Emissionen, etwa durch den Transport. Doch er kann laut dem WTO-Bericht eben auch zur Reduktion von Treibhausgas-Emissionen beitragen und Staaten bei der Anpassung an die Folgen des Klimawandels helfen:
Verhandlungen in der WTO über Zollsenkungen für Klimatechnologie waren 2016 gescheitert. Grund waren Meinungsverschiedenheiten zwischen China und westlichen Ländern darüber, welche Produkte auf die Umweltliste gesetzt werden sollten. Inzwischen wurden Sondierungsgespräche über eine mögliche Wiederbelebung eines grünen Handelsabkommens aufgenommen. Okonjo-Iweala räumte jedoch ein, dass einige Länder Bedenken geäußert hätten. Welche Länder das sind, sagte sie nicht. Sie schlug aber vor, zunächst mit einer vorläufigen Liste aus 50 oder 60 Produkten zu beginnen, die mit der Zeit vergrößert werden könne. ck/rtr
Nur eine kleine Anzahl an Ländern hat bisher politische Maßnahmen zur Reduktion der Methan-Emissionen eingeführt. Große Industrieverbände machen wirksam Lobbyarbeit gegen solche Maßnahmen. Das ist das Ergebnis einer Analyse des Londoner Think-Tanks Influence Map; ein Jahr, nachdem sich über 100 Länder dem Global Methane Pledge angeschlossen haben. Die teilnehmenden Staaten haben sich dazu verpflichtet, die Methan-Emissionen bis 2030 im Vergleich zu 2020 um mindestens 30 Prozent zu senken.
Laut Influence Map haben Industrieverbände die Methan-Politik in den USA und der EU maßgeblich ausgebremst:
Angesichts dieses starken Widerstands gegen Methanvorschriften “ist es nicht besonders überraschend, dass andere Länder mit ihren eigenen politischen Vorschlägen bisher nur langsam nachgezogen haben”, sagt Vivek Parekh, Analyst von Influence Map. Die Organisation hat eine Internetseite erstellt, auf der sie die unterschiedlichen Regulierungen und den Lobby-Einfluss vorstellen wird.
Die Organisation beklagt zudem, dass es vor allem für den landwirtschaftlichen Sektor kaum Maßnahmen gäbe, um die Methan-Emissionen zu reduzieren. Methan ist ein Treibhausgas, das auf kurze Frist stärker wirkt als CO₂. Etwa 30 Prozent des Temperaturanstiegs seit der industriellen Revolution geht auf Methan zurück. nib
Er ist einer der drei wichtigsten Beamten, die für die EU auf der COP27 verhandeln: Jacob Werksman ist als Berater für internationales Klimarecht mit Kommissions-Vizepräsident Frans Timmermans nach Sharm El-Sheikh gereist. In der EU-Kommission ist er der Hauptberater für die internationalen Aspekte der europäischen Klimapolitik.
“Als ich in den späten 1980er-Jahren Jura studiert habe, gab es keinen Kurs in internationalem Umweltrecht”, sagt der US-Amerikaner. Nach dem Studium stößt er auf das “Center for International Environmental Law” (CIEL). Die Organisation berät damals Entwicklungsländer, die sich auf den Earth Summit 1992 in Rio de Janeiro vorbereiten. Werksman beginnt als Praktikant beim CIEL, anschließend bleibt er für zehn Jahre. “Meine Kollegen und ich gehörten zu den ersten Anwälten, die internationales Umweltrecht als eigene Disziplin ausführten”, sagt Werksman.
Er macht Station beim Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen, bei der Rockefeller Foundation und dem World Resources Institute. Dann holt ihn Connie Hedegaard nach Dänemark, um die Klimakonferenz 2009 in Kopenhagen vorzubereiten. Als Hedegaard EU-Kommissarin wird, wechselt Werksman mit ihr nach Brüssel.
Inzwischen arbeitet er für Timmermans. Auf der Klimakonferenz in Ägypten ist Werksman einer von drei Chef-Unterhändlern der EU. Das heißt: Was in den technischen Ausschüssen nicht entschieden wird, landet auf seinem Tisch, bevor Timmermans auf der Ministerebene verhandelt. Für die Minister blieben meist nicht mehr viele Entscheidungen übrig, sagt Werksman. Wie viele bei ihm selbst landen? “Zu viele.”
In Ägypten erwartet Werksman keine bahnbrechenden, völlig neuen Ergebnisse. Anders als in Glasgow gebe es weniger konkrete Entscheidungen zu verhandeln. Es werde um Klimaanpassung gehen, um Schäden und Verluste und Finanzierung für besonders betroffene, ärmere Staaten. “Wir werden keine dieser Fragen vollständig lösen, aber es wird einen formalen Raum geben, um Lösungen zu finden und zu beschleunigen”, sagt Werksman.
Es ist die dritte EU-Kommission, für die Werksman arbeitet. Seine Arbeit hat sich geändert, seit es den Green Deal gibt: “Zum ersten Mal mussten wir nicht mehr bei den anderen Teilen der Kommission für Klimaschutz lobbyieren. Auf einmal wurden wir ständig um Rat gefragt”, sagt Werksman. Denn seitdem müsse sich die gesamte Kommission am Klimaschutz orientieren.
Für Werksman ist es auch eines der wichtigsten Beispiele dafür, wie sich international verhandelte Ziele auf regionaler und nationaler Ebene durchsetzen – so hat es der Experte für internationales Recht noch nie erlebt: “Ich glaube, von außen wurde nie richtig wertgeschätzt, wie revolutionär das war.” Jana Hemmersmeier