in der ersten richtigen Arbeitswoche des neuen Jahres schauen wir noch einmal zurück auf 2024: Malte Kreutzfeldt zieht eine Bilanz der Klimapolitik der Bundesregierung – und überraschenderweise fällt diese besser aus, als man aufgrund von vielen Berichten vermuten könnte.
Zum ersten Januar müssen sich in Italien Unternehmer gegen Naturkatastrophen versichern. Kai Schöneberg erklärt, wie Deutschland nach der Bundestagswahl ebenfalls einen neuen Anlauf für eine Pflichtversicherung gegen Elementarschäden nehmen könnte.
In einem Standpunkt erklärt Felix Creutzig vom MCC Berlin zudem, warum die Aufweichung der CO₂-Grenzwerte nicht nur der deutschen Autoindustrie, sondern auch den Autofahrenden schadet.
Wir berichten, wie Joe Biden kurz vor Ende seiner Amtszeit US-amerikanische Gewässer vor zukünftiger Öl- und Gasförderung schützt, wir schauen auf den britischen Strommix und berichten über einen offenen Brief für konsequentere Klimaberichterstattung im Bundestagswahlkampf.
Bleiben Sie mit uns auch 2025 dran!
Steigende Schäden durch zunehmende Extremwetter verschärfen auch den Druck auf Versicherungen, Haushalte und Unternehmen. Ohne effektiven Klimaschutz erwartet die Versicherungsbranche in zehn Jahren doppelt so hohe Versicherungsprämien. Ab 1. Januar 2025 müssen deshalb in Italien alle Unternehmen gegen Naturkatastrophen versichert sein. Ähnliche Regelungen gibt es in Europa bereits in Frankreich, Großbritannien und der Schweiz. In den USA ziehen sich immer mehr Versicherer aus Gebieten wie Küstenregionen zurück, die vom Klimawandel bedroht sind.
Auch in Deutschland rückt mit einer möglichen CDU-geführten Bundesregierung eine verpflichtende Absicherung gegen “Elementarschäden” näher, denn die Union will nach der Bundestagswahl ihre Idee einer Pflichtversicherung gegen Elementarschäden für Hauseigentümer endlich umsetzen. “Wir haben unsere Überlegungen dazu nicht für die Schublade gemacht”, sagt der CDU-Abgeordnete Carsten Müller zu Table.Briefings. Der Obmann im Rechtsausschuss des Bundestags hatte im Herbst 2023 federführend einen Antrag seiner Fraktion in den Bundestag eingebracht, der von den Abgeordneten der Ampel abgelehnt wurde.
Allerdings sprachen sich im Sommer alle Bundesländer sowie auch Bundeskanzler Scholz dafür aus. Nun haben sich die politischen Vorzeichen geändert. Ob die Gegner einer Pflichtversicherung von der FDP überhaupt noch einmal ins Parlament einziehen, ist unklar. Die Union jedenfalls hat ihr Konzept in ihr Wahlprogramm übernommen. Und der mögliche Koalitionspartner SPD signalisiert Zustimmung.
Das hat einen Grund: Schlammfluten in Spanien im Oktober, sintflutartiges Hochwasser in Polen, Tschechien, Österreich und Rumänien im September, Überschwemmungen in Belgien, Ostfrankreich und Südwestdeutschland im Mai: Wegen des Klimawandels haben die Schäden durch Extremwetter in den vergangenen Jahren stark zugenommen: 38 Prozent der von Versicherern jährlich weltweit ausgeglichenen wetterbedingten Schäden in Höhe rund 30 Milliarden US-Dollar waren laut dem NGO-Netzwerk Insure Our Future klimawandelbedingt – sieben Prozentpunkte mehr als vor zehn Jahren. Laut der Europäischen Umweltagentur ist die Höhe der klimawandelbedingten Schäden in Europa von 2009 bis 2023 im Schnitt jährlich um 2,9 Prozent gestiegen.
Italien führt deshalb nun eine Pflichtversicherung für Naturgewalten für Unternehmen ein. Der Staat bildet einen mit fünf Milliarden Euro unterfütterten Rückversicherungsfonds, unversicherten Chefs drohen Strafen. Das Dekret der rechtsgerichteten Regierung vom September ist eine Folge der Überschwemmungen in der Po-Ebene. Eine ähnliche Regelung gibt es bereits seit den 1980er-Jahren in Frankreich für Eigentümer. Die Schweiz hat eine Pflichtversicherung für alle, in Großbritannien sorgt eine staatlich gestützte Rückversicherung für günstige Hochwasserversicherungen.
Die Idee der Elementarversicherung: Damit nicht Einzelne in den Bankrott getrieben oder der Staat für die immensen Kosten aufkommen muss, sollten alle Eigentümer eine Versicherung abschließen müssen. Aktuell sind nur 54 Prozent der Immobilien in Deutschland gegen Elementarschäden versichert – über 90 Prozent in Baden-Württemberg, wo es bis in die 1990er-Jahre eine Pflichtversicherung gab, aber nur gut über 30 Prozent in Niedersachsen oder Bremen.
Dabei finden sogenannte Jahrhunderthochwasser klimawandelbedingt immer häufiger statt: 2002 an der Elbe, Donau und Saale, 2013 in weiten Teilen Süd-, Mittel- und Norddeutschlands und 2021 im Ahrtal. Diese Flut war mit 40,5 Milliarden Euro Kosten das Extremwetter mit den größten Schäden in der deutschen Geschichte. Allerdings trugen Versicherungen davon nur 8,5 Milliarden Euro, Bund, Länder und Kommunen schulterten 30 Milliarden Euro.
Gegenwind kommt dagegen von den Rückversicherern: “Wir sind gegen eine Pflichtversicherung, da damit typischerweise keine risikoadäquaten Preise verbunden sind”, betont die Munich Re. Der weltgrößte Rückversicherer argumentiert so: Nur eine hohe Prämie wegen hohem Schadensrisiko bedeute einen hohen Anreiz, sich gegen Extremwetterschäden zu wappnen. Tatsächlich werden derzeit jährlich immer noch rund 1.000 neue Wohngebäude in Hochwasserrisikogebieten gebaut.
Die SPD, möglicherweise nach der Wahl Koalitionspartner der Union, spricht sich ebenfalls für eine Elementarversicherungspflicht aus. “Es muss Schluss damit sein, dass ständig der Staat einspringt“, sagt der SPD-Bundestagsabgeordnete Johannes Fechner. Ihm schwebt ein Modell à la française vor: solidarisch statt risikobasiert, plus staatlich garantiertem Rückversicherungssystem.
Im Detail gibt es zwischen SPD und CDU noch Differenzen. CDU-Mann Müller kritisiert im Konzept der SPD die “Gleichmacherei” und weist auf die Probleme in Frankreich hin: “Die Kosten steigen hier 2025 von 26 auf 42 Euro im Monat an, außerdem sind in Frankreich ausgerechnet Hochwasser nicht abgedeckt”, sagt der Parlamentarier.
Müller will Neuverträge von Wohngebäudeversicherungen künftig verpflichtend mit einer Elementarschadenklausel ausstatten – diese könne jedoch ausgesetzt werden. Auch alle Bestandsverträge sollen automatisch zu einem bestimmten Stichtag auf eine Elementarversicherung umgestellt werden. Nach einer Aufklärung über die Konsequenzen könne diese jedoch abgewählt werden. Das entlaste den Staat, betont Müller: “Wer Opt-out ankreuzt, kann natürlich nachher keine Staatshilfen erwarten.”
Eine Versicherungspflicht könne aber nur ein Teil der Maßnahmen sein, ist allen Akteuren klar: Denn sie verhindert keine Klimaschäden. Debattiert werden auch Bauverbote in Risikozonen, Baustoffe, die Überschwemmungen widerstehen oder Gefährdungsbeurteilungen bei Baugenehmigungen. Und natürlich mehr Hochwasserschutz und -vorsorge. Der Gesamtverband der Versicherer schreibt: “Wir erwarten, dass sich ohne konsequente Prävention die Prämien allein durch den Klimawandel in den nächsten zehn Jahren verdoppeln werden.”
Die Bilanz der Bundesregierung beim Klimaschutz fällt besser aus, als viele Berichte vermuten lassen: Die CO₂-Emissionen gingen im Jahr 2024 um weitere drei Prozent auf 656 Millionen Tonnen zurück. Damit wird der Zielwert von 693 Millionen Tonnen, der sich aus dem Klimaschutzgesetz ergibt, für das Jahr 2024 deutlich unterschritten. Das geht aus der Jahresbilanz des Thinktanks Agora Energiewende hervor, die an diesem Dienstag veröffentlicht wird und die Table.Briefings vorab vorlag.
Im Jahr 2023 waren die Emissionen mit zehn Prozent zwar noch deutlich stärker gesunken, doch das lag vor allem am Produktionsrückgang in der energieintensiven Industrie. Der Rückgang im vergangenen Jahr hatte dagegen einen weniger problematischen Grund; er resultiert vor allem aus einer starken Verschiebung in der Stromproduktion. Die Kohleverstromung sank um 16 Prozent auf den historischen Tiefststand von 105 Terawattstunden. Die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien stieg dagegen um vier Prozent auf den Rekordwert von 285 Terawattstunden – und zwar obwohl der Wind 2024 unterdurchschnittlich stark war. “Hier machen sich die Stilllegung von Kohlekapazitäten und der starke Solarausbau deutlich bemerkbar”, sagte Agora-Direktor Simon Müller Table.Briefings.
Ein Teil des entfallenen Kohlestroms wurde zudem durch Stromimporte gedeckt; diese machten in der Bilanz rund fünf Prozent des Verbrauchs aus. Auf die deutsche Klimabilanz wirken sich die Importe nicht aus, weil die Emissionen stets dem Produktionsland zugewiesen werden. Aber auch europaweit gesehen führen die Importe nicht zu höheren, sondern zu niedrigeren CO₂-Emissionen. Denn der importierte Strom stammt nach Agora-Berechnungen etwa zur Hälfte aus erneuerbaren Energien und zu einem Viertel aus Atomkraft. Er hat somit einen noch niedrigeren CO₂-Fußabdruck als der deutsche Strommix; dessen CO₂-Intensität sank 2024 auf 293 Gramm pro Kilowattstunde.
Weniger erfreulich ist die Entwicklung in den anderen Sektoren:
Dass Deutschland das aus dem Klimaschutzgesetz abgeleitete Gesamtziel im Jahr 2024 erreicht hat, ist aus Sicht von Agora-Direktor Müller erfreulich, aber kein Grund zur Entwarnung. Denn die Stagnation bei Gebäuden und Verkehr führt zum einen dazu, dass Deutschland die verbindlichen Ziele der EU-Effort-Sharing-Regulation zu verfehlen droht. “Dadurch wird die Bundesregierung in den nächsten Jahren Emissionsrechte aus anderen Mitgliedstaaten zukaufen oder Strafzahlungen leisten müssen”, so Müller. “Das ist ein milliardenschweres Haushaltsrisiko.” Und auch die mittel- und langfristigen deutschen Klimaziele entsteht dadurch ein Problem, warnt Müller. “Die Lücke bei Wärmepumpen und E-Autos wird mit jedem Jahr schwerer zu schließen sein.”
Um die Ziele dennoch zu erreichen, sei von der Politik vor allem entschlossenes und verlässliches Handeln gefragt. Im Gebäudebereich bedeute das die Beibehaltung des Gebäudeenergiegesetzes mit der Vorgabe, dass neue Heizungen künftig zu mindestens 65 Prozent erneuerbare Energien nutzen müssen. “Das schafft Vertrauen und Investitionssicherheit – auch für die Heizungsindustrie, die ihre Produktionskapazitäten für Wärmepumpen bereits massiv gesteigert hat”, sagt Müller. Im Verkehrssektor müsse der Umstieg auf E-Mobilität konsequent weiterverfolgt werden. Auf klimaneutrale Kraftstoffe für Fahrzeuge und Heizungen zu setzen, sei dagegen wenig zielführend. “Das würde den Ökostrombedarf und damit die Kosten vervielfachen“, sagt der Agora-Experte.
Kurz vor Ende seiner Amtszeit setzt US-Präsident Joe Biden einen weitreichenden Schutz der US-Gewässer vor weiterer Öl- und Gasförderung durch. Mit den am Montag erlassenen Memoranden seien alle Gebiete des äußeren Kontinentalschelfs vor der Ost- und Westküste der USA, der östliche Golf von Mexiko sowie weitere Teile des nördlichen Beringmeers in Alaska von künftiger Öl- und Gasförderung ausgenommen, hieß es in Bidens Statement. Die Entscheidung gelte unbefristet.
Insgesamt habe Biden mehr als 270 Millionen Hektar an zu den USA gehörenden Land- und Wasserflächen unter Schutz gestellt – mehr als jeder andere US-Präsident, hieß es in dem Statement des Weißen Hauses. Biden hatte mit einer solchen präsidentiellen Befugnis bereits direkt nach seinem Amtsantritt im Januar 2021 den Schutz eines Teils des nördlichen Beringmeers wiederhergestellt. Auch die jetzige Entscheidung soll in sein Klimaschutz-Vermächtnis als Präsident einzahlen.
Eine Sprecherin des Übergangsteams von Bidens Amtsnachfolger Donald Trump bezeichnete die Entscheidung laut der Washington Post als “schändlich”. Sie ziele darauf ab, Rache an den Wählern zu nehmen, die Trump das Mandat erteilt hätten, Bohrungen auszuweiten und die Gaspreise zu senken. “Seien Sie versichert, Joe Biden wird scheitern, und wir werden bohren, Baby, bohren“, sagte Karoline Leavitt und wiederholte damit Trumps Slogan aus dem Wahlkampf. Trotz Bidens Klimaschutz-Ambitionen sind die USA weiter der weltgrößte Ölproduzent und auch Ölverbraucher. dpa
Mit einem Anteil von 29 Prozent wurde im vergangenen Jahr erstmals der größte Teil des Stroms in Großbritannien aus Windenergie hergestellt. Windkraft überholte damit Gas in der britischen Stromerzeugung. Das berichtet die Nachrichtenplattform Bloomberg mit Verweis auf Daten des nationalen Energiesystembetreibers. Der Anteil von Gas bei der Stromerzeugung lag damit auf dem niedrigsten Stand seit 2013.
Außerdem wurde 2024 mehr Energie zur Stromerzeugung importiert als die britischen Atomkraftwerke lieferten. Der Anteil von Kohle an der Stromerzeugung ging weiter zurück, zum 1. Oktober schaltete das Land sein letztes Kohlekraftwerk ab. Von seinen Zielen bis 2030 ist das Land aber noch weit entfernt: Bis dahin will Großbritannien seine Offshore-Kapazitäten für Windkraft mehr als verdreifachen.
Großbritannien verkaufte im vergangenen Jahr zudem eine Rekordanzahl an elektrischen Autos: Ihr Anteil bei den Neukäufen stieg von 16,5 Prozent im Jahr 2023 auf 19,6 Prozent. kul
Im gerade begonnenen Bundestagswahlkampf gehe es “um viel mehr als Prozente und Mandate”, schreiben die Initiatorinnen und Initiatoren des Netzwerks Klimajournalismus in ihrem offenen Brief. Weit über die kommende Legislaturperiode hinaus sei “entschlossenes Handeln auf allen politischen Ebenen notwendig, um Klimaneutralität zu erreichen und unsere Lebensgrundlagen zu schützen“. Deshalb müsse das Klima im Wahlkampf eine Rolle spielen.
Die Medien stünden dafür in einer besonderen Pflicht. Konkret fordert das Netzwerk von den Kolleginnen und Kollegen, die im Wahlkampf berichten:
Mehr als 50 Medienschaffende, unter ihnen auch Teile der Climate.Table-Redaktion, haben den Brief bereits unterzeichnet. ae
Auf dem sozialen Netzwerk Reddit lässt das Engagement für Klimathemen nach. Zu dem Ergebnis kommt eine neue Studie, die in der Fachzeitschrift Nature Communications veröffentlicht wurde. Zwischen 2005 und 2021 wurden für sie 11,5 Milliarden Beiträge auf Reddit analysiert.
Während das Klima im politischen Diskurs weltweit wichtiger geworden ist und auch die Klimaberichterstattung in großen Medien im Allgemeinen zugenommen hat, zeichnet sich bei der Analyse der Reddit-Diskussionen ein etwas anderes Bild ab: Laut der Studie stieg zwar die absolute Anzahl der Posts zum Klimawandel an – zugleich ging aber der Anteil der Diskussionen, die sich auf Reddit um Klimawandel drehen, im Laufe des untersuchten Zeitpunkts zurück.
Seit 2013 wird auf Reddit auch häufiger von “Klimawandel” als von “globaler Erwärmung” gesprochen. Das könnte auf eine steigende Besorgnis des Publikums hindeuten: Die Forschenden sehen den Begriff “Klimawandel” als stärker negativ und subjektiv konnotiert als den Begriff “globale Erwärmung”. kul
RND: Seehunde ziehen in die Kälte. Im Wattenmeer verändert sich durch den Klimawandel der Artenbestand. Immer mehr Seehunde ziehen nach Norden, wo niedrigere Temperaturen herrschen. Das Ausbleiben von Eiswintern macht den meisten Arten keine Probleme. Sie würden auch noch kältere Winter überstehen. Zudem haben sich durch die gestiegenen Temperaturen neue Arten angesiedelt, ohne die alten zu verdrängen. Zum Artikel
Washington Post: Start-ups gegen Klimawandel. Säureneutralisierende Gesteine werden im Meer aufgelöst, damit das Wasser dann mehr Kohlendioxid aus der Atmosphäre aufnehmen kann: Die Methode heißt Ozean-Alkalinitätssteigerung und wird seit fünf Jahren intensiv erforscht. In den vergangenen zwei Monaten gingen Start-ups an den Start, die darin ein Geschäft sehen. Ebb Carbon beispielsweise hat sich verpflichtet, in den kommenden zehn Jahren 350.000 Tonnen Kohlendioxid für Microsoft aus der Atmosphäre zu entfernen. Zum Artikel
The Economist: Die Armen trifft der Klimawandel mit voller Härte. Die Anpassung an den Klimawandel wird für Indien schwierig. Das Land ist ärmer und heißer als der globale Durchschnitt. Die zunehmende Hitze und der Wassermangel sind die größten Probleme. Besonders betroffen wird die arme Landbevölkerung sein, denn den Reichen und den Großstädten könnte es eher gelingen, sich auf den Klimawandel einzustellen. Zum Artikel
Guardian: Öl-Häfen bekommen durch den Anstieg des Meeresspiegels Probleme. Durch den Klimawandel wird der Meeresspiegel ansteigen. Das wird auch für viele Häfen zu einem Problem. Einer Studie zufolge werden voraussichtlich Öl-Häfen, darunter in Saudi-Arabien und den USA, durch einen Anstieg des Meeresspiegels um einen Meter schwer beschädigt. Zum Artikel
BBC: Bauen aus Recyclingmaterial. Auf der Insel Trinidad werden Häuser aus recycelten Materialien errichtet, um sie klimaresistenter zu gestalten. Im Rahmen des Projekts Wa Samaki Ecosystems setzen Bauherren auf traditionelle Bauweisen, bei denen die Menschen früher vorwiegend auf lokale Ressourcen zurückgriffen. Heute kommen Abfallprodukte zum Einsatz, die andernfalls auf der Mülldeponie landen würden. Zum Artikel
Europa steht vor einem Scheideweg: Während europäische Regulation die CO₂-Grenzwerte für Neuwagen nächstes Jahr wie geplant verschärft, kämpft die deutsche Autoindustrie um ihre Wettbewerbsfähigkeit. Günstige Elektroautos aus China setzen den Markt unter Druck, während ambitionierte Vorgaben zu Emissionen die Transformation der Branche beschleunigen sollen – mit ungewissen Folgen für Arbeitsplätze und Innovationen. In dieser Lage drängen VW und Mercedes – anders als BWM oder Opel – darauf, die kommenden CO₂-Grenzwerte aufzuweichen.
Doch eine Aufweichung der CO₂-Flottengrenzwerte in der EU ab 2025 wäre ein schwerwiegender strategischer Fehler, der der deutschen Autoindustrie langfristig schaden würde. Statt sich auf die Zukunftsmärkte der Elektromobilität zu fokussieren, würde eine solche Entscheidung die Industrie an die Vergangenheit ketten – auf einem schrumpfenden Markt für Verbrennungsmotoren.
Der Zukunftsmarkt ist klar: Elektroautos. Sie sind bereits auf dem Weg, bei den Produktionskosten wettbewerbsfähig zu werden. Durch fallende Batteriekosten werden sie bis spätestens Ende dieses Jahrzehnts günstiger sein als Verbrenner. Diese Entwicklung beschleunigen technologische Fortschritte, Skaleneffekte und massive Investitionen in die Ladeinfrastruktur. Zugleich wachsen die Betriebskosten von Verbrennern durch steigende Energiepreise, CO₂-Abgaben und höhere Wartungskosten.
Der Übergang zur Elektromobilität ist nicht nur unausweichlich, sondern auch wirtschaftlich unverzichtbar für eine Industrie, die global wettbewerbsfähig bleiben möchte. Eine Strategie, die weiterhin auf Verbrennungsmotoren setzt, ignoriert diese Dynamik und bindet Ressourcen an ein veraltetes Konzept.
Derzeit dürfen neu zugelassene Autos im EU-Schnitt nicht mehr als 115,1 Gramm CO₂ pro Kilometer emittieren. 2025 würde dieser Grenzwert auf 93,6 Gramm fallen. Die CO-Grenzwerte aufzuweichen, würde bedeuten, die Kosten auf die Verbraucher abzuwälzen. Wie das?
Niedrigere CO₂-Flottengrenzwerte würden den Verkauf von Elektroautos bremsen, da der Druck auf Hersteller, emissionsfreie Fahrzeuge anzubieten, nachließe. Dies hätte unmittelbare Folgen: In drei Jahren wären mehr Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor auf den Straßen, was den CO₂-Ausstoß erhöhen würde. Dieser zusätzliche Ausstoß würde im Emissionshandelssystem ETS-II abgebildet, das künftig auch den Verkehrssektor umfasst. Höhere Emissionen führen zu einer Verknappung der Zertifikate und damit zu steigenden Preisen. Diese Mehrkosten gehen direkt an die Verbraucher weiter, indem Benzin- und Dieselpreise an der Tankstelle steigen. Die Strategie der Brüsseler Lobbyisten läuft also darauf hinaus, die Kosten der Transformation von der Automobilindustrie auf die Bürger zu verlagern, während gleichzeitig die dringend notwendige Reduktion der Emissionen verzögert wird.
Eine Flexibilitätsoption, die ein Überschreiten der Flottengrenzwerte in 2025 ermöglicht und im Gegenzug die Flottengrenzwerte für 2026 überkompensiert, hätte auf die CO₂-Preise des ETS-II in den darauffolgenden Jahren allerdings so gut wie keinen Einfluss. In diesen Jahren würden mit oder ohne Flexibilitätsoption genauso viele CO₂-Emissionen im Verkehrsbereich entstehen. In dieser Hinsicht wäre eine auf 2025 und 2026 begrenzte Flexibilitätsoption tragbar.
Die Vermutung, dass bei bestehenden CO₂-Grenzwerten für 2025 per se Milliardenzahlungen auf die deutsche Autoindustrie zukämen, ist mit Vorsicht zu behandeln. Vielmehr entstehen durch die Grenzwerte Anreize, mehr E-Autos vergünstigt auf den Markt zu drücken, Verbrenner dagegen ohne Rabatt anzubieten: ein gewünschter Effekt, um die Flottengrenzwerte zu erreichen, die Strafzahlungen zu vermeiden, und einen wichtigen Schritt in Richtung Klimaziele zu machen.
Auch das Argument, die Aufweichung der Flottengrenzwerte sei nötig, um “Technologieoffenheit” zu gewährleisten, entpuppt sich bei genauerer Betrachtung als Nebelkerze. Hinter dem Schlagwort verbirgt sich oft das Ziel, den Verbrennungsmotor künstlich am Leben zu halten. Während Wasserstoff- und E-Fuels als Alternativen für den Antrieb propagiert werden, sind diese Technologien weder in ausreichendem Maß verfügbar noch wirtschaftlich für den breiten Einsatz in Pkw geeignet.
Die Kosten für die Herstellung von E-Fuels sind unverhältnismäßig hoch, und der Energieverlust bei ihrer Produktion und Nutzung ist gewaltig. Biotreibstoffe wiederum sind in großer Menge kaum nachhaltig zu haben. Tatsächlich sind diese “alternativen Technologien” oft nur ein Vorwand, um den Übergang zur Elektromobilität zu verzögern und fossile Geschäftsmodelle zu schützen.
Die deutsche Autoindustrie hat die Chance, ihre globale Führungsposition zu sichern, indem sie konsequent auf Elektromobilität setzt. Die Wettbewerber aus China und den USA investieren massiv in Elektrofahrzeuge und dominieren bereits zentrale Märkte. Wer jetzt auf einen stagnierenden Vergangenheitsmarkt setzt, riskiert, im globalen Wettbewerb abgehängt zu werden. Statt die Grenzwerte aufzuweichen, sollte die EU ihre Flottengrenzwerte stringent beibehalten und damit die Weichen für eine nachhaltige, zukunftsfähige Mobilität stellen. Das ist nicht nur gut für das Klima, sondern entscheidend für die langfristige Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Automobilindustrie.
Prof. Dr. Felix Creutzig leitet die Arbeitsgruppe Landnutzung, Infrastruktur und Transport am Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC Berlin). Er ist Bennett Chair for Innovation and Policy Innovation an der University of Sussex und ist Mitglied des Expertenbeirats Klimaschutz in der Mobilität.
in der ersten richtigen Arbeitswoche des neuen Jahres schauen wir noch einmal zurück auf 2024: Malte Kreutzfeldt zieht eine Bilanz der Klimapolitik der Bundesregierung – und überraschenderweise fällt diese besser aus, als man aufgrund von vielen Berichten vermuten könnte.
Zum ersten Januar müssen sich in Italien Unternehmer gegen Naturkatastrophen versichern. Kai Schöneberg erklärt, wie Deutschland nach der Bundestagswahl ebenfalls einen neuen Anlauf für eine Pflichtversicherung gegen Elementarschäden nehmen könnte.
In einem Standpunkt erklärt Felix Creutzig vom MCC Berlin zudem, warum die Aufweichung der CO₂-Grenzwerte nicht nur der deutschen Autoindustrie, sondern auch den Autofahrenden schadet.
Wir berichten, wie Joe Biden kurz vor Ende seiner Amtszeit US-amerikanische Gewässer vor zukünftiger Öl- und Gasförderung schützt, wir schauen auf den britischen Strommix und berichten über einen offenen Brief für konsequentere Klimaberichterstattung im Bundestagswahlkampf.
Bleiben Sie mit uns auch 2025 dran!
Steigende Schäden durch zunehmende Extremwetter verschärfen auch den Druck auf Versicherungen, Haushalte und Unternehmen. Ohne effektiven Klimaschutz erwartet die Versicherungsbranche in zehn Jahren doppelt so hohe Versicherungsprämien. Ab 1. Januar 2025 müssen deshalb in Italien alle Unternehmen gegen Naturkatastrophen versichert sein. Ähnliche Regelungen gibt es in Europa bereits in Frankreich, Großbritannien und der Schweiz. In den USA ziehen sich immer mehr Versicherer aus Gebieten wie Küstenregionen zurück, die vom Klimawandel bedroht sind.
Auch in Deutschland rückt mit einer möglichen CDU-geführten Bundesregierung eine verpflichtende Absicherung gegen “Elementarschäden” näher, denn die Union will nach der Bundestagswahl ihre Idee einer Pflichtversicherung gegen Elementarschäden für Hauseigentümer endlich umsetzen. “Wir haben unsere Überlegungen dazu nicht für die Schublade gemacht”, sagt der CDU-Abgeordnete Carsten Müller zu Table.Briefings. Der Obmann im Rechtsausschuss des Bundestags hatte im Herbst 2023 federführend einen Antrag seiner Fraktion in den Bundestag eingebracht, der von den Abgeordneten der Ampel abgelehnt wurde.
Allerdings sprachen sich im Sommer alle Bundesländer sowie auch Bundeskanzler Scholz dafür aus. Nun haben sich die politischen Vorzeichen geändert. Ob die Gegner einer Pflichtversicherung von der FDP überhaupt noch einmal ins Parlament einziehen, ist unklar. Die Union jedenfalls hat ihr Konzept in ihr Wahlprogramm übernommen. Und der mögliche Koalitionspartner SPD signalisiert Zustimmung.
Das hat einen Grund: Schlammfluten in Spanien im Oktober, sintflutartiges Hochwasser in Polen, Tschechien, Österreich und Rumänien im September, Überschwemmungen in Belgien, Ostfrankreich und Südwestdeutschland im Mai: Wegen des Klimawandels haben die Schäden durch Extremwetter in den vergangenen Jahren stark zugenommen: 38 Prozent der von Versicherern jährlich weltweit ausgeglichenen wetterbedingten Schäden in Höhe rund 30 Milliarden US-Dollar waren laut dem NGO-Netzwerk Insure Our Future klimawandelbedingt – sieben Prozentpunkte mehr als vor zehn Jahren. Laut der Europäischen Umweltagentur ist die Höhe der klimawandelbedingten Schäden in Europa von 2009 bis 2023 im Schnitt jährlich um 2,9 Prozent gestiegen.
Italien führt deshalb nun eine Pflichtversicherung für Naturgewalten für Unternehmen ein. Der Staat bildet einen mit fünf Milliarden Euro unterfütterten Rückversicherungsfonds, unversicherten Chefs drohen Strafen. Das Dekret der rechtsgerichteten Regierung vom September ist eine Folge der Überschwemmungen in der Po-Ebene. Eine ähnliche Regelung gibt es bereits seit den 1980er-Jahren in Frankreich für Eigentümer. Die Schweiz hat eine Pflichtversicherung für alle, in Großbritannien sorgt eine staatlich gestützte Rückversicherung für günstige Hochwasserversicherungen.
Die Idee der Elementarversicherung: Damit nicht Einzelne in den Bankrott getrieben oder der Staat für die immensen Kosten aufkommen muss, sollten alle Eigentümer eine Versicherung abschließen müssen. Aktuell sind nur 54 Prozent der Immobilien in Deutschland gegen Elementarschäden versichert – über 90 Prozent in Baden-Württemberg, wo es bis in die 1990er-Jahre eine Pflichtversicherung gab, aber nur gut über 30 Prozent in Niedersachsen oder Bremen.
Dabei finden sogenannte Jahrhunderthochwasser klimawandelbedingt immer häufiger statt: 2002 an der Elbe, Donau und Saale, 2013 in weiten Teilen Süd-, Mittel- und Norddeutschlands und 2021 im Ahrtal. Diese Flut war mit 40,5 Milliarden Euro Kosten das Extremwetter mit den größten Schäden in der deutschen Geschichte. Allerdings trugen Versicherungen davon nur 8,5 Milliarden Euro, Bund, Länder und Kommunen schulterten 30 Milliarden Euro.
Gegenwind kommt dagegen von den Rückversicherern: “Wir sind gegen eine Pflichtversicherung, da damit typischerweise keine risikoadäquaten Preise verbunden sind”, betont die Munich Re. Der weltgrößte Rückversicherer argumentiert so: Nur eine hohe Prämie wegen hohem Schadensrisiko bedeute einen hohen Anreiz, sich gegen Extremwetterschäden zu wappnen. Tatsächlich werden derzeit jährlich immer noch rund 1.000 neue Wohngebäude in Hochwasserrisikogebieten gebaut.
Die SPD, möglicherweise nach der Wahl Koalitionspartner der Union, spricht sich ebenfalls für eine Elementarversicherungspflicht aus. “Es muss Schluss damit sein, dass ständig der Staat einspringt“, sagt der SPD-Bundestagsabgeordnete Johannes Fechner. Ihm schwebt ein Modell à la française vor: solidarisch statt risikobasiert, plus staatlich garantiertem Rückversicherungssystem.
Im Detail gibt es zwischen SPD und CDU noch Differenzen. CDU-Mann Müller kritisiert im Konzept der SPD die “Gleichmacherei” und weist auf die Probleme in Frankreich hin: “Die Kosten steigen hier 2025 von 26 auf 42 Euro im Monat an, außerdem sind in Frankreich ausgerechnet Hochwasser nicht abgedeckt”, sagt der Parlamentarier.
Müller will Neuverträge von Wohngebäudeversicherungen künftig verpflichtend mit einer Elementarschadenklausel ausstatten – diese könne jedoch ausgesetzt werden. Auch alle Bestandsverträge sollen automatisch zu einem bestimmten Stichtag auf eine Elementarversicherung umgestellt werden. Nach einer Aufklärung über die Konsequenzen könne diese jedoch abgewählt werden. Das entlaste den Staat, betont Müller: “Wer Opt-out ankreuzt, kann natürlich nachher keine Staatshilfen erwarten.”
Eine Versicherungspflicht könne aber nur ein Teil der Maßnahmen sein, ist allen Akteuren klar: Denn sie verhindert keine Klimaschäden. Debattiert werden auch Bauverbote in Risikozonen, Baustoffe, die Überschwemmungen widerstehen oder Gefährdungsbeurteilungen bei Baugenehmigungen. Und natürlich mehr Hochwasserschutz und -vorsorge. Der Gesamtverband der Versicherer schreibt: “Wir erwarten, dass sich ohne konsequente Prävention die Prämien allein durch den Klimawandel in den nächsten zehn Jahren verdoppeln werden.”
Die Bilanz der Bundesregierung beim Klimaschutz fällt besser aus, als viele Berichte vermuten lassen: Die CO₂-Emissionen gingen im Jahr 2024 um weitere drei Prozent auf 656 Millionen Tonnen zurück. Damit wird der Zielwert von 693 Millionen Tonnen, der sich aus dem Klimaschutzgesetz ergibt, für das Jahr 2024 deutlich unterschritten. Das geht aus der Jahresbilanz des Thinktanks Agora Energiewende hervor, die an diesem Dienstag veröffentlicht wird und die Table.Briefings vorab vorlag.
Im Jahr 2023 waren die Emissionen mit zehn Prozent zwar noch deutlich stärker gesunken, doch das lag vor allem am Produktionsrückgang in der energieintensiven Industrie. Der Rückgang im vergangenen Jahr hatte dagegen einen weniger problematischen Grund; er resultiert vor allem aus einer starken Verschiebung in der Stromproduktion. Die Kohleverstromung sank um 16 Prozent auf den historischen Tiefststand von 105 Terawattstunden. Die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien stieg dagegen um vier Prozent auf den Rekordwert von 285 Terawattstunden – und zwar obwohl der Wind 2024 unterdurchschnittlich stark war. “Hier machen sich die Stilllegung von Kohlekapazitäten und der starke Solarausbau deutlich bemerkbar”, sagte Agora-Direktor Simon Müller Table.Briefings.
Ein Teil des entfallenen Kohlestroms wurde zudem durch Stromimporte gedeckt; diese machten in der Bilanz rund fünf Prozent des Verbrauchs aus. Auf die deutsche Klimabilanz wirken sich die Importe nicht aus, weil die Emissionen stets dem Produktionsland zugewiesen werden. Aber auch europaweit gesehen führen die Importe nicht zu höheren, sondern zu niedrigeren CO₂-Emissionen. Denn der importierte Strom stammt nach Agora-Berechnungen etwa zur Hälfte aus erneuerbaren Energien und zu einem Viertel aus Atomkraft. Er hat somit einen noch niedrigeren CO₂-Fußabdruck als der deutsche Strommix; dessen CO₂-Intensität sank 2024 auf 293 Gramm pro Kilowattstunde.
Weniger erfreulich ist die Entwicklung in den anderen Sektoren:
Dass Deutschland das aus dem Klimaschutzgesetz abgeleitete Gesamtziel im Jahr 2024 erreicht hat, ist aus Sicht von Agora-Direktor Müller erfreulich, aber kein Grund zur Entwarnung. Denn die Stagnation bei Gebäuden und Verkehr führt zum einen dazu, dass Deutschland die verbindlichen Ziele der EU-Effort-Sharing-Regulation zu verfehlen droht. “Dadurch wird die Bundesregierung in den nächsten Jahren Emissionsrechte aus anderen Mitgliedstaaten zukaufen oder Strafzahlungen leisten müssen”, so Müller. “Das ist ein milliardenschweres Haushaltsrisiko.” Und auch die mittel- und langfristigen deutschen Klimaziele entsteht dadurch ein Problem, warnt Müller. “Die Lücke bei Wärmepumpen und E-Autos wird mit jedem Jahr schwerer zu schließen sein.”
Um die Ziele dennoch zu erreichen, sei von der Politik vor allem entschlossenes und verlässliches Handeln gefragt. Im Gebäudebereich bedeute das die Beibehaltung des Gebäudeenergiegesetzes mit der Vorgabe, dass neue Heizungen künftig zu mindestens 65 Prozent erneuerbare Energien nutzen müssen. “Das schafft Vertrauen und Investitionssicherheit – auch für die Heizungsindustrie, die ihre Produktionskapazitäten für Wärmepumpen bereits massiv gesteigert hat”, sagt Müller. Im Verkehrssektor müsse der Umstieg auf E-Mobilität konsequent weiterverfolgt werden. Auf klimaneutrale Kraftstoffe für Fahrzeuge und Heizungen zu setzen, sei dagegen wenig zielführend. “Das würde den Ökostrombedarf und damit die Kosten vervielfachen“, sagt der Agora-Experte.
Kurz vor Ende seiner Amtszeit setzt US-Präsident Joe Biden einen weitreichenden Schutz der US-Gewässer vor weiterer Öl- und Gasförderung durch. Mit den am Montag erlassenen Memoranden seien alle Gebiete des äußeren Kontinentalschelfs vor der Ost- und Westküste der USA, der östliche Golf von Mexiko sowie weitere Teile des nördlichen Beringmeers in Alaska von künftiger Öl- und Gasförderung ausgenommen, hieß es in Bidens Statement. Die Entscheidung gelte unbefristet.
Insgesamt habe Biden mehr als 270 Millionen Hektar an zu den USA gehörenden Land- und Wasserflächen unter Schutz gestellt – mehr als jeder andere US-Präsident, hieß es in dem Statement des Weißen Hauses. Biden hatte mit einer solchen präsidentiellen Befugnis bereits direkt nach seinem Amtsantritt im Januar 2021 den Schutz eines Teils des nördlichen Beringmeers wiederhergestellt. Auch die jetzige Entscheidung soll in sein Klimaschutz-Vermächtnis als Präsident einzahlen.
Eine Sprecherin des Übergangsteams von Bidens Amtsnachfolger Donald Trump bezeichnete die Entscheidung laut der Washington Post als “schändlich”. Sie ziele darauf ab, Rache an den Wählern zu nehmen, die Trump das Mandat erteilt hätten, Bohrungen auszuweiten und die Gaspreise zu senken. “Seien Sie versichert, Joe Biden wird scheitern, und wir werden bohren, Baby, bohren“, sagte Karoline Leavitt und wiederholte damit Trumps Slogan aus dem Wahlkampf. Trotz Bidens Klimaschutz-Ambitionen sind die USA weiter der weltgrößte Ölproduzent und auch Ölverbraucher. dpa
Mit einem Anteil von 29 Prozent wurde im vergangenen Jahr erstmals der größte Teil des Stroms in Großbritannien aus Windenergie hergestellt. Windkraft überholte damit Gas in der britischen Stromerzeugung. Das berichtet die Nachrichtenplattform Bloomberg mit Verweis auf Daten des nationalen Energiesystembetreibers. Der Anteil von Gas bei der Stromerzeugung lag damit auf dem niedrigsten Stand seit 2013.
Außerdem wurde 2024 mehr Energie zur Stromerzeugung importiert als die britischen Atomkraftwerke lieferten. Der Anteil von Kohle an der Stromerzeugung ging weiter zurück, zum 1. Oktober schaltete das Land sein letztes Kohlekraftwerk ab. Von seinen Zielen bis 2030 ist das Land aber noch weit entfernt: Bis dahin will Großbritannien seine Offshore-Kapazitäten für Windkraft mehr als verdreifachen.
Großbritannien verkaufte im vergangenen Jahr zudem eine Rekordanzahl an elektrischen Autos: Ihr Anteil bei den Neukäufen stieg von 16,5 Prozent im Jahr 2023 auf 19,6 Prozent. kul
Im gerade begonnenen Bundestagswahlkampf gehe es “um viel mehr als Prozente und Mandate”, schreiben die Initiatorinnen und Initiatoren des Netzwerks Klimajournalismus in ihrem offenen Brief. Weit über die kommende Legislaturperiode hinaus sei “entschlossenes Handeln auf allen politischen Ebenen notwendig, um Klimaneutralität zu erreichen und unsere Lebensgrundlagen zu schützen“. Deshalb müsse das Klima im Wahlkampf eine Rolle spielen.
Die Medien stünden dafür in einer besonderen Pflicht. Konkret fordert das Netzwerk von den Kolleginnen und Kollegen, die im Wahlkampf berichten:
Mehr als 50 Medienschaffende, unter ihnen auch Teile der Climate.Table-Redaktion, haben den Brief bereits unterzeichnet. ae
Auf dem sozialen Netzwerk Reddit lässt das Engagement für Klimathemen nach. Zu dem Ergebnis kommt eine neue Studie, die in der Fachzeitschrift Nature Communications veröffentlicht wurde. Zwischen 2005 und 2021 wurden für sie 11,5 Milliarden Beiträge auf Reddit analysiert.
Während das Klima im politischen Diskurs weltweit wichtiger geworden ist und auch die Klimaberichterstattung in großen Medien im Allgemeinen zugenommen hat, zeichnet sich bei der Analyse der Reddit-Diskussionen ein etwas anderes Bild ab: Laut der Studie stieg zwar die absolute Anzahl der Posts zum Klimawandel an – zugleich ging aber der Anteil der Diskussionen, die sich auf Reddit um Klimawandel drehen, im Laufe des untersuchten Zeitpunkts zurück.
Seit 2013 wird auf Reddit auch häufiger von “Klimawandel” als von “globaler Erwärmung” gesprochen. Das könnte auf eine steigende Besorgnis des Publikums hindeuten: Die Forschenden sehen den Begriff “Klimawandel” als stärker negativ und subjektiv konnotiert als den Begriff “globale Erwärmung”. kul
RND: Seehunde ziehen in die Kälte. Im Wattenmeer verändert sich durch den Klimawandel der Artenbestand. Immer mehr Seehunde ziehen nach Norden, wo niedrigere Temperaturen herrschen. Das Ausbleiben von Eiswintern macht den meisten Arten keine Probleme. Sie würden auch noch kältere Winter überstehen. Zudem haben sich durch die gestiegenen Temperaturen neue Arten angesiedelt, ohne die alten zu verdrängen. Zum Artikel
Washington Post: Start-ups gegen Klimawandel. Säureneutralisierende Gesteine werden im Meer aufgelöst, damit das Wasser dann mehr Kohlendioxid aus der Atmosphäre aufnehmen kann: Die Methode heißt Ozean-Alkalinitätssteigerung und wird seit fünf Jahren intensiv erforscht. In den vergangenen zwei Monaten gingen Start-ups an den Start, die darin ein Geschäft sehen. Ebb Carbon beispielsweise hat sich verpflichtet, in den kommenden zehn Jahren 350.000 Tonnen Kohlendioxid für Microsoft aus der Atmosphäre zu entfernen. Zum Artikel
The Economist: Die Armen trifft der Klimawandel mit voller Härte. Die Anpassung an den Klimawandel wird für Indien schwierig. Das Land ist ärmer und heißer als der globale Durchschnitt. Die zunehmende Hitze und der Wassermangel sind die größten Probleme. Besonders betroffen wird die arme Landbevölkerung sein, denn den Reichen und den Großstädten könnte es eher gelingen, sich auf den Klimawandel einzustellen. Zum Artikel
Guardian: Öl-Häfen bekommen durch den Anstieg des Meeresspiegels Probleme. Durch den Klimawandel wird der Meeresspiegel ansteigen. Das wird auch für viele Häfen zu einem Problem. Einer Studie zufolge werden voraussichtlich Öl-Häfen, darunter in Saudi-Arabien und den USA, durch einen Anstieg des Meeresspiegels um einen Meter schwer beschädigt. Zum Artikel
BBC: Bauen aus Recyclingmaterial. Auf der Insel Trinidad werden Häuser aus recycelten Materialien errichtet, um sie klimaresistenter zu gestalten. Im Rahmen des Projekts Wa Samaki Ecosystems setzen Bauherren auf traditionelle Bauweisen, bei denen die Menschen früher vorwiegend auf lokale Ressourcen zurückgriffen. Heute kommen Abfallprodukte zum Einsatz, die andernfalls auf der Mülldeponie landen würden. Zum Artikel
Europa steht vor einem Scheideweg: Während europäische Regulation die CO₂-Grenzwerte für Neuwagen nächstes Jahr wie geplant verschärft, kämpft die deutsche Autoindustrie um ihre Wettbewerbsfähigkeit. Günstige Elektroautos aus China setzen den Markt unter Druck, während ambitionierte Vorgaben zu Emissionen die Transformation der Branche beschleunigen sollen – mit ungewissen Folgen für Arbeitsplätze und Innovationen. In dieser Lage drängen VW und Mercedes – anders als BWM oder Opel – darauf, die kommenden CO₂-Grenzwerte aufzuweichen.
Doch eine Aufweichung der CO₂-Flottengrenzwerte in der EU ab 2025 wäre ein schwerwiegender strategischer Fehler, der der deutschen Autoindustrie langfristig schaden würde. Statt sich auf die Zukunftsmärkte der Elektromobilität zu fokussieren, würde eine solche Entscheidung die Industrie an die Vergangenheit ketten – auf einem schrumpfenden Markt für Verbrennungsmotoren.
Der Zukunftsmarkt ist klar: Elektroautos. Sie sind bereits auf dem Weg, bei den Produktionskosten wettbewerbsfähig zu werden. Durch fallende Batteriekosten werden sie bis spätestens Ende dieses Jahrzehnts günstiger sein als Verbrenner. Diese Entwicklung beschleunigen technologische Fortschritte, Skaleneffekte und massive Investitionen in die Ladeinfrastruktur. Zugleich wachsen die Betriebskosten von Verbrennern durch steigende Energiepreise, CO₂-Abgaben und höhere Wartungskosten.
Der Übergang zur Elektromobilität ist nicht nur unausweichlich, sondern auch wirtschaftlich unverzichtbar für eine Industrie, die global wettbewerbsfähig bleiben möchte. Eine Strategie, die weiterhin auf Verbrennungsmotoren setzt, ignoriert diese Dynamik und bindet Ressourcen an ein veraltetes Konzept.
Derzeit dürfen neu zugelassene Autos im EU-Schnitt nicht mehr als 115,1 Gramm CO₂ pro Kilometer emittieren. 2025 würde dieser Grenzwert auf 93,6 Gramm fallen. Die CO-Grenzwerte aufzuweichen, würde bedeuten, die Kosten auf die Verbraucher abzuwälzen. Wie das?
Niedrigere CO₂-Flottengrenzwerte würden den Verkauf von Elektroautos bremsen, da der Druck auf Hersteller, emissionsfreie Fahrzeuge anzubieten, nachließe. Dies hätte unmittelbare Folgen: In drei Jahren wären mehr Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor auf den Straßen, was den CO₂-Ausstoß erhöhen würde. Dieser zusätzliche Ausstoß würde im Emissionshandelssystem ETS-II abgebildet, das künftig auch den Verkehrssektor umfasst. Höhere Emissionen führen zu einer Verknappung der Zertifikate und damit zu steigenden Preisen. Diese Mehrkosten gehen direkt an die Verbraucher weiter, indem Benzin- und Dieselpreise an der Tankstelle steigen. Die Strategie der Brüsseler Lobbyisten läuft also darauf hinaus, die Kosten der Transformation von der Automobilindustrie auf die Bürger zu verlagern, während gleichzeitig die dringend notwendige Reduktion der Emissionen verzögert wird.
Eine Flexibilitätsoption, die ein Überschreiten der Flottengrenzwerte in 2025 ermöglicht und im Gegenzug die Flottengrenzwerte für 2026 überkompensiert, hätte auf die CO₂-Preise des ETS-II in den darauffolgenden Jahren allerdings so gut wie keinen Einfluss. In diesen Jahren würden mit oder ohne Flexibilitätsoption genauso viele CO₂-Emissionen im Verkehrsbereich entstehen. In dieser Hinsicht wäre eine auf 2025 und 2026 begrenzte Flexibilitätsoption tragbar.
Die Vermutung, dass bei bestehenden CO₂-Grenzwerten für 2025 per se Milliardenzahlungen auf die deutsche Autoindustrie zukämen, ist mit Vorsicht zu behandeln. Vielmehr entstehen durch die Grenzwerte Anreize, mehr E-Autos vergünstigt auf den Markt zu drücken, Verbrenner dagegen ohne Rabatt anzubieten: ein gewünschter Effekt, um die Flottengrenzwerte zu erreichen, die Strafzahlungen zu vermeiden, und einen wichtigen Schritt in Richtung Klimaziele zu machen.
Auch das Argument, die Aufweichung der Flottengrenzwerte sei nötig, um “Technologieoffenheit” zu gewährleisten, entpuppt sich bei genauerer Betrachtung als Nebelkerze. Hinter dem Schlagwort verbirgt sich oft das Ziel, den Verbrennungsmotor künstlich am Leben zu halten. Während Wasserstoff- und E-Fuels als Alternativen für den Antrieb propagiert werden, sind diese Technologien weder in ausreichendem Maß verfügbar noch wirtschaftlich für den breiten Einsatz in Pkw geeignet.
Die Kosten für die Herstellung von E-Fuels sind unverhältnismäßig hoch, und der Energieverlust bei ihrer Produktion und Nutzung ist gewaltig. Biotreibstoffe wiederum sind in großer Menge kaum nachhaltig zu haben. Tatsächlich sind diese “alternativen Technologien” oft nur ein Vorwand, um den Übergang zur Elektromobilität zu verzögern und fossile Geschäftsmodelle zu schützen.
Die deutsche Autoindustrie hat die Chance, ihre globale Führungsposition zu sichern, indem sie konsequent auf Elektromobilität setzt. Die Wettbewerber aus China und den USA investieren massiv in Elektrofahrzeuge und dominieren bereits zentrale Märkte. Wer jetzt auf einen stagnierenden Vergangenheitsmarkt setzt, riskiert, im globalen Wettbewerb abgehängt zu werden. Statt die Grenzwerte aufzuweichen, sollte die EU ihre Flottengrenzwerte stringent beibehalten und damit die Weichen für eine nachhaltige, zukunftsfähige Mobilität stellen. Das ist nicht nur gut für das Klima, sondern entscheidend für die langfristige Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Automobilindustrie.
Prof. Dr. Felix Creutzig leitet die Arbeitsgruppe Landnutzung, Infrastruktur und Transport am Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC Berlin). Er ist Bennett Chair for Innovation and Policy Innovation an der University of Sussex und ist Mitglied des Expertenbeirats Klimaschutz in der Mobilität.