fünf Jahre ist es her, da wollten alle das Klima schützen. Fridays for Future waren auf ihrem Höhepunkt, kein Wahlprogramm kam ohne Klimaplan aus, Städte und Gemeinden riefen den “Klimanotstand” aus. Jetzt steht die nächste Bundestagswahl an, und das Thema ist in der öffentlichen Wahrnehmung in den Hintergrund gerutscht. Aber was ist in den Kommunen passiert? Was der “Notstand” verändert hat und was nicht, darauf blicken wir heute.
Allerdings: Die Klimakrise macht keine Pause, nur weil sie diesmal im Wahlkampf von vielen ignoriert wird. Deshalb kümmern wir uns weiter darum, was zur Wahl steht, auch wenn nicht viel darüber geredet wird: um die Verkehrspolitik, bei der die Ampel-Koalition überraschende kleine Erfolge erzielte; um das dänische Konzept, die Landwirtschaft in den Emissionshandel einzubeziehen; um die Frage, ob wir mit Erneuerbaren noch Grundlast im Stromsystem brauchen; und um die Warnung, wie die EU ihre Klimaziele verfehlt, wenn sie nicht deutlich mehr macht als bisher.
Auch das könnte im Wahlkampf wichtig werden. Schließlich fordern manche, wir sollten gerade in der EU weniger Ehrgeiz an den Tag legen. Wir wünschen jedenfalls interessante und interessierte Lektüre!
Mit einem offenen Brief haben Ende November über 500 kommunale Angestellte das Thema Klimaschutz in Gemeinden und Städten wieder auf die Tagesordnung geholt: Sie fordern mit ihrem “Bundesverband Klimaschutz” – ähnlich wie bereits der Deutsche Städtetag -, Klimaschutz als Gemeinschaftsaufgabe von Bund und Ländern ähnlich dem Küstenschutz im Grundgesetz zu verankern und finanziell abzusichern.
Denn obwohl vor fünf Jahren viele Städte und Gemeinden den “Klimanotstand” ausgerufen haben, sind auf diesem Gebiet die hohen Erwartungen bislang kaum erfüllt worden. Von einzelnen Fortschritten abgesehen ist der kommunale Klimaschutz auf der politischen Agenda nach hinten gerutscht. Dabei beeinflussen die Kommunen etwa ein Siebtel der deutschen Emissionen, etwa 100 Millionen Tonnen CO₂ im Jahr.
Konstanz war die erste Stadt in Deutschland, die am 2. Mai 2019 einen “Klimanotstand” ausrief. Mehrere Dutzend Städte und Gemeinden in ganz Deutschland folgten. Das sei Ausdruck einer “neuen Dringlichkeit” und auch der “Demokratisierung von Klimaschutz” gewesen, meint Thomas Brose, Geschäftsführer des Städtenetzwerks Klima-Bündnis. Fridays for Future brachte damals Millionen Menschen auf die Straße, Klimaschutz stand für viele ganz oben auf der politischen Agenda. Auch Isa Reher, Gründungsmitglied des Bundesverbands Klimaschutz und Klimaschutzmanagerin des Kreises Stormann, blickt positiv zurück: “Es war wichtig, dass dieser Anstoß aus der Zivilgesellschaft kam, in der Verwaltung hätten wir das nie geschafft.”
Zuletzt allerdings haben Kommunen kaum noch zu diesem Mittel gegriffen. Und in Diskussionen kommt der Begriff auch immer weniger vor.”Jetzt gibt es andere politische Themen, die den Klimanotstand überlagert haben”, meint Markus Groth, Wissenschaftler vom Climate Service Center Germany (GERICS) des Helmholtz-Zentrums Hereon. Erst die Corona-Pandemie, dann Krieg in der Ukraine – die Klimakrise wirkt plötzlich nicht mehr wie der dringendste Notstand, den es anzugehen gilt.
Ist der Klimanotstand aus dem Blick geraten? “Unsere Mitgliedskommunen sind weiterhin dabei, Maßnahmen umzusetzen”, meint Brose. Aber nach den sehr hohen Erwartungen sieht er jetzt an einigen Stellen etwas Ermüdung und Enttäuschung. Die Dringlichkeit von Klimaschutz habe zugenommen, das Thema sei, auch durch die vielen Überschwemmungen und Dürren, präsenter denn je – auch wenn aktuell nicht mehr ganz so viel darüber gesprochen wird. Es würden auch viele Maßnahmen umgesetzt, aber “zu wenig und zu langsam”.
Das Konzept “Klimanotstand” wurde von Beginn an kritisch diskutiert. Zum einen, weil es einen Anklang an die Notstandsgesetze der NS-Zeit hat. Die Stadt Kiel entschied darum beispielsweise, den englischen Begriff Climate Emergency zu nutzen. Zum anderen hielten viele Kritiker Beschlüsse dazu für reines Marketing. Rechtlich bindend sind Beschlüsse zum Klimanotstand nicht, sie seien viel mehr eine “politische Selbstverpflichtung”, meint Groth.
Der Wissenschaftler zieht nach fünf Jahren eine negative Bilanz: “Wenn wir auf die Reduktion von Treibhausgasen schauen, dann sind Städte und Gemeinden insgesamt nicht so weit gekommen, wie es klimapolitisch notwendig wäre“, meint er. Bundesweit belastbare Zahlen dazu gibt es nicht. Konstanz beispielsweise hat seine Emissionen bis Ende 2022 um rund zehn Prozent gesenkt und liegt damit hinter dem eigenen Zeitplan zurück. Manche Städte überfordert auch die Erfassung der Emissionen: Landau, das ebenfalls 2019 einen Beschluss zum Klimanotstand gefasst hatte, konnte diesen Sommer keine Bilanz zu Emissionsminderungen ziehen, und auch viele andere Städte haben bisher keine aktualisierten Zahlen veröffentlicht.
Es gebe zwar viele Beschlüsse, so Groth, aber die Umsetzung sei eine andere Sache. Bei der Energieversorgung gehe es noch gut voran. Die Emissionen aus dem Gebäudesektor seien hingegen eine große Baustelle. “Mit den Finanzmitteln und dem Personal, das es aktuell in Kommunen gibt, kann aber auch nicht so viel erreicht werden“, sagt Groth. Klimaschutzmanager seien in Städten oft auf sich allein gestellt, müssten alle Bereiche gleichzeitig im Blick haben. Nach einer Umfrage des Umweltbundesamts hatten Ende 2022 nur 54 Prozent der Kommunen überhaupt Personal für Klimaschutz. Hinzu kommt: Oftmals sind die Stellen laut Groth nur für einen bestimmten Projektzeitraum finanziert; für effizienten Klimaschutz brauche es sie aber dauerhaft.
Isa Reher vom Bundesverband Klimaschutz hat nicht den Eindruck, dass das Thema aus dem Fokus verschwunden ist. Im Gegenteil hätten viele Städte und Gemeinden inzwischen Sofortprogramme für Klimaschutz aufgestellt – oft mit dem Ziel, 2035 oder gar 2030 auf kommunaler Ebene Klimaneutralität zu erreichen. Maßnahmen wurden erarbeitet und die Umsetzung hat begonnen. Diese Ziele sind aus der Sicht von Reher “sehr ambitioniert”. Sie gibt aber auch zu: Oftmals sei nicht klar, ob Net-Zero tatsächlich so schnell erreicht werden könne wie geplant.
Sie nennt auch echte Fortschritte. Es sei nun in vielen Städten und Gemeinden gängige Praxis, dass kommunale Beschlüsse auf ihre Klimawirkung geprüft werden (Klimarelevanzprüfung). Allerdings ist diese Prüfung je nach Kommune sehr unterschiedlich – manchmal gibt es dafür komplexe Fragebögen, manchmal müssen Verwaltungsangestellte nur ankreuzen, ob sie ein Vorhaben für klimarelevant halten. Die tatsächliche Wirkung solcher “Klimachecks” fürs Klima lässt sich also kaum erfassen. Laut Reher haben einige Gemeinden die Prüfungen auch schon wieder abgeschafft, weil sie “zu bürokratisch” gewesen seien und die Verwaltung überforderten.
Für einen effizienteren Klimaschutz fehlt es laut Brose in vielen Kommunen an der Ausstattung: also an Geld und auch an Personal. Leere Kassen verschärfen das Problem. Das Bündnis setzt sich darum für Klimaschutz als kommunale Pflichtaufgabe ein. Klimaschutzmanagerin Reher sieht das kritisch: Mit den Fördermitteln wurden auch schon Strukturen bis in kleine Kommunen geschaffen. Bei einer Pflichtaufgabe könnten viele Fördermittel wegfallen und Kommunen noch schlechter dastehen. Unter Umständen müssten Aufgaben, die bisher von Fördermitteln gestützt werden, dann aus den klammen kommunalen Haushalten bezahlt werden.
Mit dem Klimaanpassungsgesetz, das am 1. Juli in Kraft getreten ist, sind die Kommunen inzwischen zur Anpassung verpflichtet. Wer dafür zahlen wird, ist oft noch unklar. Eine Gemeinschaftsaufgabe für die Anpassung, die Umweltministerin Steffi Lemke vorgeschlagen hatte, scheiterte am Widerstand der CDU/CSU. Eine solche Gemeinschaftsaufgabe von Bund, Ländern und Gemeinden für den kommunalen Klimaschutz “hätte den Vorteil, dass Mittel besser an Kommunen durchgegeben werden könnten”, meint Groth. Aktuell gebe es zwar eine Vielzahl an Förderprogrammen, gerade für kleine Kommunen sei es aber auf kaum leistbar, diese zu beantragen. Statt den Umweg über Förderprogramme zu gehen, solle der Bund direkt Geld zur Verfügung stellen – Kommunen wüssten sowieso am besten, welche Maßnahmen vor Ort nötig sind.
Obwohl der neue EU-Agrarkommissar Christophe Hansen einer Bepreisung von Agraremissionen zuletzt eine Absage erteilt hat, geht Dänemark voran. Eine breite Parlamentsmehrheit billigte vergangene Woche ein Abkommen, das unter anderem eine Steuer auf Treibhausgasemissionen der Tierhaltung vorsieht – die erste ihrer Art weltweit. Die Einnahmen sollen über Förderprogramme zurück in den Sektor fließen. Bauernverbände und Umweltschützer waren in die Gespräche eingebunden und tragen die Einigung mit, die auch Maßnahmen etwa gegen Nitratbelastung und zur Wiedervernässung von Mooren beinhaltet.
Dass das in Dänemark politisch möglich wurde – trotz teils heftiger vorausgegangener Diskussionen –, führt Jørgen Eivind Olesen, Leiter der Abteilung Agrarökologe an der Universität Aarhus, auf mehrere Faktoren zurück:
Ab 2030 gilt für Tierhalter eine Steuer von zunächst 300 Dänischen Kronen (40 Euro) pro Tonne ausgestoßener CO₂-Äquivalente, bis 2035 steigt der Satz auf 750 Kronen (101 Euro). Über Steuererleichterungen bekommen sie aber einen Grundbetrag wieder zurück – laut Regierungsschätzungen im Schnitt etwa 60 Prozent der Mehrkosten. “Die Idee ist, Emissionen über einem gewissen Schwellenwert zu besteuern – jene Emissionen also, die die Tierhalter durch klimafreundliche Praktiken vermeiden können“, erläutert Olesen. Zum Beispiel durch Futterzusätze, die den Methanausstoß minimieren, oder eine klimaschonende Gülleverarbeitung.
Tierbestände zu reduzieren, sei dagegen bewusst nicht das Ziel. Denn sonst könnte sich die Produktion einfach ins Ausland verlagern, so der Wissenschaftler. Aus Sicht von Mathieu Mal vom Europäischen Umweltbüro (EEB) geht das Modell deshalb nicht weit genug. Denn genau die drastische Reduktion von Tierzahlen sei die “einzige wahre Lösung”, um die Emissionen des Sektors zu senken. Die Steuer sei “zu niedrig, setzt zu spät ein und mehr als die Hälfte der Emissionen sind davon befreit”, kritisiert der Umweltschützer.
Dass die Steuer erst einmal einen recht begrenzten Teil der Emissionensquellen abdeckt, räumt auch Olesen ein, argumentiert aber: Es gehe zunächst darum, ein funktionierendes Umsetzungsmodell zu entwickeln, bevor man das neue Instrument in Zukunft hoffentlich breiter anwende. Auch viele Fragen zur Umsetzung des nun beschlossenen Schritts müssen erst noch geklärt werden. Etwa, wie die Menge an CO₂-Äquivalenten berechnet wird, für die ein Betrieb die Steuer zahlen muss, denn direkt gemessen werden kann der Ausstoß nicht.
Plausibel ist aus Sicht des Forschers ein Modell, bei dem eine bestimmte Menge an Emissionen pro Tier berechnet wird. Setzt ein Betrieb nachweislich Maßnahmen zur Emissionsminderung um, würde dieser Wert um einen bestimmten Faktor reduziert. Das sei ohne übermäßigen Aufwand umsetzbar, weil die Zahl der Optionen, bei der Tierhaltung Emissionen zu mindern, begrenzt sei.
Aus praktischer Sicht wäre das Modell nach Olesens Einschätzung ohne größere Schwierigkeiten auf die EU-Ebene übertragbar. Politisch scheint es allerdings eher unwahrscheinlich, dass Deutschland oder die EU dem Beispiel in näherer Zukunft folgen. In Brüssel stellt sich nicht nur der Agrarkommissar gegen eine CO₂-Bepreisung. Auch die Beamten der Generaldirektion Klima, die eigentlich als offener hierfür galt, zeigten sich zuletzt zurückhaltend. Und der mögliche nächste Bundesagrarminister Günther Felßner ließ jüngst im Interview mit Agrifood.Table verlauten, Tiere zu halten, schade nicht dem Klima.
In Kopenhagen hofft man trotzdem, mit der neuen Steuer zum Vorbild zu werden. “Ich hoffe, dass dies der Welt zeigt, dass es möglich ist, eine CO₂-Steuer für den Agrarsektor einzuführen”, sagte der dänische Klimaminister Lars Aagaard vergangene Woche. Für die Debatte um die Zukunft der EU-Agrarpolitik solle der Vorstoß als “Inspiration” dienen. Auch Umweltschützer Mal setzt darauf, dass das Momentum aus Dänemark die Debatte in Brüssel voranbringen könnte: “Das dänische Abkommen ist bei weitem nicht perfekt, aber trotz seiner Schwächen zeigt es, dass mehr Ehrgeiz und Engagement für Klima- und Umweltschutzmaßnahmen im Agrar- und Ernährungssektor möglich sind.”
5. Dezember, 11 Uhr, Berlin
Konferenz Finanzierungskonferenz: Kapital für die Energiewende
Die Energiewirtschaft benötigt für die Energiewende Investitionen in nahezu beispiellosem Umfang. Der notwendige Wandel ist für Deutschland eine Herausforderung – aber er ist vor allem auch eine große Chance. Die deutsche Energiewirtschaft rechnet mit Investitionen in Höhe von 721 Milliarden Euro bis 2030 und 1,2 Billionen Euro bis 2035. Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), der Verband Kommunaler Unternehmen und Deloitte richten diese Konferenz aus. Infos
5. Dezember, 18.30 Uhr, Berlin
Dialog How to Stay Sane in Times of Climate Crisis
Unter dem Titel “How to Stay Sane in Times of Climate Crisis” bietet die Veranstaltung Raum, um die klimatischen Herausforderungen des Jahres zu reflektieren und Strategien für mehr Resilienz und Handlungsfähigkeit zu entwickeln. Die Podiumsdiskussion wird von der Europäischen Akademie Berlin veranstaltet. Infos
7. Dezember, 10 Uhr, Berlin
Workshop Schlemmen fürs Klima? Ernährung, Nahrungsmittelproduktion und das Klimaproblem
Die Heinrich-Böll-Stiftung veranstaltet diesen Workshop, bei dem auf der einen Seite diskutiert werden soll, wie man das eigene Ernährungsverhalten verändern kann und auf der anderen Seite analysiert, welche politischen Maßnahmen nötig sind. Infos
8. bis 9. September, Berlin
Gipfel Gegen-Gas-Gipfel
Als Gegenveranstaltung zum World LNG Summit organisiert die Rosa-Luxemburg-Stiftung diesen “Gegen-Gas-Gipfel”. Mit vielfältigen Programmpunkten soll LNG kritisch betrachtet werden. Infos
9. bis 12. Dezember, Berlin
Konferenz World LNG Summit & World Renewables Conference
Unter dem Motto “Achieving the balance between energy security and decarbonisation” findet die Konferenz statt, bei der sich vor allem Akteure aus der LNG-Branche treffen. Infos
9. bis 11. Dezember, Brüssel, Belgien
Dialog Gestaltung der EU-Klima- und Energiepolitik – Einsichten aus und Fragen an das ARIADNE-Projekt
Das ARIADNE-Projekt veranstaltet diese Dialogveranstaltung. Es soll unter anderem um Kohlenstoffmärkte, Architektur der EU-Klimapolitik und Finanzierung der Energiewende gehen. Infos
11. Dezember, 10 Uhr, Berlin
Workshop Umsetzung der Vision einer klimaresilienten Schwammstadt
Der Workshop “Umsetzung der Vision einer klimaresilienten Schwammstadt” zielt darauf ab, anhand narrativer Szenarien die möglichen Ziele und Zielrichtungen für die Umsetzung der Schwammstadt zu reflektieren. Das Institut für ökologische Wirtschaftsforschung veranstaltet den Workshop. Infos
12. Dezember, 11 Uhr, Brüssel
Veröffentlichtung Future of Emissions Trading System in the EU: Role of Emissions Trading in EU Climate Policy
Der European Roundtable on Climate Change and Sustainable Transition (ERCST) veranstaltet dieses Event zur Veröffentlichung seines Berichts “Role of Emissions Trading in EU Climate Policy”. Infos
12. Dezember, 15 Uhr, Online
Diskussion Entspannt Energie handeln mit innovativen Wettermodellen
Mit dem Siegeszug der erneuerbaren Energien werden gute Wetterdaten aus hochaufgelösten Wettermodellen zu einer immer wichtigeren Währung. Dies gilt nicht nur für Betreiber von Ökostrom-Anlagen, sondern insbesondere auch für den Energiehandel. Doch wie weit lassen sich Wetterdaten granulieren? Darüber wird auf diesem Event von Energate diskutiert. Infos
13. Dezember, 11.45 Uhr, Online
Diskussion Was tun gegen Klima-Desinformation und fossilen Lobbyismus?
Die Heinrich-Böll-Stiftung veranstaltet diesen Talk mit dem Spiegel-Kolumnisten und Autor Christian Stöcker sowie der freien Journalistin und Autorin Louisa Schneider. Infos
Laut einer Analyse von BloombergNEF könnte Europa seine energiebezogenen CO₂-Emissionsobergrenze für 2030 um neun Prozent überschreiten. Berücksichtigt man weitere Treibhausgasemissionen aus anderen Sektoren, könnte die Überschreitung sogar 29 Prozent betragen (702 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalent) – anstatt den angestrebten minus 55 Prozent bis 2030 nur 42 Prozent niedrigere Emissionen.
Gründe für die Zielverfehlungen sind:
Die EU bleibt laut den Bloomberg-Analysten somit auch weit hinter den Anforderungen eines Net-Zero-Pfads bis 2050 zurück. Energiebedingte Emissionen müssten bis 2040 um 84 Prozent auf nur noch eine halbe Gigatonne CO₂ sinken, damit die EU auf dem Zielpfad für die Klimaneutralität 2050 bleibt.
Nach Bloombergs Net-Zero-Szenario, in dem die Energiewirtschaft bis 2050 vollständig dekarbonisiert ist, müssen die Investitionen in erneuerbare Energien gegenüber 2023 zudem um 23 Prozent steigen, während sich die Ausgaben für den Verkauf von Elektrofahrzeugen und die Ladeinfrastruktur verdreifachen müssen. luk
Die Bundesregierung ist in der Verkehrspolitik weit hinter den Ankündigungen aus dem Koalitionsvertrag zurückgeblieben – und noch weiter hinter den klimapolitischen Notwendigkeiten im Verkehrssektor. Zu diesem Ergebnis kommt eine Analyse des Thinktanks Agora Verkehrswende, die an diesem Donnerstag veröffentlicht wird und die Table.Briefings vorab vorlag. Die kommende Regierung steht deshalb vor großen Herausforderungen – auch weil die Klimaziele im Verkehrssektor auf EU-Ebene verbindlich sind und Deutschland diese deutlich zu verfehlen droht.
Positiv hervorgehoben werden in der Analyse die Reformen des Straßenverkehrsgesetzes und der Straßenverkehrsordnung, die Kommunen mehr Möglichkeiten zur Förderung des Bus- und Radverkehrs geben. Ebenfalls gelobt wird die Einführung der CO₂-Komponente in der Lkw-Maut. Diese dürften in Kombination mit dem begonnenen Aufbau einer Ladeinfrastruktur für Lkw den Umstieg auf elektrische Antriebe im Schwerlastverkehr deutlich beschleunigen, sagte Agora-Verkehrswende-Direktor Christian Hochfeld.
Fortschritte gebe es auch bei der Finanzierung der Grundsanierung des Schienennetzes. Gemischt fällt die Agora-Bilanz zum 9-Euro-Ticket und seinem Nachfolger, dem Deutschlandticket aus: Diese hätten die Nutzung des öffentlichen Verkehrs durch die bundesweite Gültigkeit und den niedrigeren Preis zwar attraktiver gemacht; weil es nicht ausreichend und dauerhaft finanziert sei, könnten dadurch aber notwendige Investition in den Ausbau der ÖPNV-Infrastruktur gefährdet werden. Weitgehend versagt habe die Regierung beim angekündigten Abbau klimaschädlicher Subventionen. Der E-Auto-Hochlauf sei durch den Wegfall der Kaufprämie und den Verzicht auf eine Umgestaltung der Kfz-Steuer eingebrochen. Zudem habe die Debatte über E-Fuels und eine Abkehr vom Verbrenner-Aus viele Kunden verunsichert.
Die nächste Regierung stehe deshalb vor großen Herausforderungen, sagte Hochfeld. Dringend erforderlich sei eine große Investitionsoffensive für den Erhalt der bestehenden Straßen- und Schieneninfrastruktur sowie den Ausbau von Schienennetz und öffentlichem Verkehr sowie der Ladeinfrastruktur. Finanziert werden könne dies zumindest teilweise über den Abbau fossiler Subventionen. Zudem sei es entscheidend, der Automobilindustrie Planungssicherheit zu geben, indem langfristige, notwendige Ziele nicht ständig wieder infrage gestellt würden.
Aus Sicht von Hochfeld ist es wichtig, die Verkehrswende nicht als grünes Projekt zu verstehen, sondern als “ein Projekt für alle Parteien”. Die Position von Union und FDP, die EU-Flottengrenzwerte abzuschwächen, sieht er darum mit Sorge. “Das würde die Probleme der deutschen Hersteller verstärken”, sagte der Agora-Direktor. Denn diese sei nur zukunftsfähig, wenn der Umstieg auf Elektromobilität schnell gelinge. Er setzt darauf, dass die Union ihre Positionen aus dem Wahlkampf später noch überdenkt. Denn auch mit Blick auf drohende Strafzahlungen beim Verfehlen der EU-Klimaziele gelte: “Je später wir beginnen, desto teurer wird es.” mkr
Am Dienstag legte die EU-Kommission die Startmenge für Emissionszertifikate im neuen Emissionshandel für Gebäude und Verkehr (ETS II) fest: Rund eine Milliarde Tonnen an CO₂-Zertifikaten werden im Jahr 2027 ausgestellt. Zusätzlich werden 300 Millionen Tonnen vorgeschossen (“frontloading”), um einen liquiden Markt zu garantieren. Diese werden aber von den Mengen der Folgejahre abgezogen, erhöhen die Gesamtmenge also nicht.
Diese orientiert sich an einem linearen Pfad für die Emissionsziele im Jahr 2030; entsprechend wird die jährliche Menge an Zertifikaten verringert. Unter Umständen kann eine Reserve von 600 Millionen Zertifikaten zusätzlich in den Markt gegeben werden, um den CO₂-Preis zu stabilisieren. Besonders zu Beginn der Handelsphase könnte es zu stärkeren Fluktuationen kommen. “Die initialen tatsächlichen CO₂-Preise hängen vor allem davon ab, wie die Unternehmen diesen Markt einschätzen, welche Preiserwartungen sie haben und in welchem Maße sie sich mit Zertifikaten für die Zukunft eindecken”, erklärt Wilfried Rickels, Leiter des Forschungszentrums Global Commons und Klimapolitik am Institut für Weltwirtschaft (IfW) in Kiel.
Bisherige Studien rechneten für das Jahr 2030 mit einem Preis bis zu 200 bis 300 Euro pro Tonne CO₂ – allerdings gebe es eine “erheblichen Streuung in den Preisen”, so Rickels, da sich die Studien auf Vermeidungskosten der CO₂-Emissionen beziehen und die Startmenge der Zertifikate bislang nicht bekannt war. lb
Die Europäische Union soll für 2055 ein Klimaziel vorlegen, das negative Emissionen aufweist. Das fordern Klimaforscher sowie Emissionshandelsexperten in einem gemeinsamen Positionspapier unter der Leitung von Carbon Market Watch. Zwar beinhaltet das derzeitige EU-Klimaziel bereits das Vorhaben, 2050 klimaneutral und anschließend nettonegativ zu sein. Doch bislang ist dies nicht mit einer konkreten Zahl hinterlegt, um einen Rahmen für die Zeit nach 2050 vorzugeben.
Die Forscherinnen und Politikexperten wollen, dass die EU dieses Ziel bis 2030 vorlegt und dies auch im europäischen Klimagesetz festschreibt. Es geht darum, den Weg zu Negativemissionen durch CO₂-Entnahmen zu ebnen, um unvermeidliche Restemissionen in schwer dekarbonisierbaren Bereichen auszugleichen. CO₂-Entnahmen sind sowohl technologische (Direct Air Capture) als auch natürliche (Biomasse) Maßnahmen, mit denen der Atmosphäre Kohlenstoff entzogen wird. Für die unterschiedlichen Methoden zur CO₂-Entnahme sollen zudem individuelle Zielpfade festgelegt werden.
Um zu verhindern, dass CO₂-Entnahmen die Bemühungen zur Emissionsminderung verringern, soll das nächste Emissionsreduktionsziel für das EU-Klimaziel 2040 nicht mehr netto, sondern brutto angegeben werden, heißt es in dem Papier weiter. Die Menge der bis dahin verfügbaren CO₂-Entnahmen hätte somit keinen Einfluss auf die Bemühungen zur Emissionsvermeidung.
Fabien Ramos, Leiter des Bereichs Kohlenstoffabbau in der DG Clima, erklärte bei der Vorstellung des Papiers am Dienstag in Brüssel, die Kommission werde bis 2026 die Rolle von CO₂-Entnahmen für das 2040er-Klimaziel bewerten. Die unterschiedlichen Methoden würden dabei ebenfalls berücksichtigt. Auch die Anpassung des EU-Klimagesetzes in Bezug auf CO₂-Entnahmen stellte Ramos in Aussicht. Ein Datum wollte er jedoch nicht nennen. luk
Die EU-Verordnung für entwaldungsfreie Lieferketten (EUDR) soll ein Jahr später als geplant angewandt, dabei aber nicht noch inhaltlich aufgeweicht werden. Darauf haben sich die Verhandler von EU-Parlament und Rat am Dienstagabend geeinigt. Berichterstatterin Christine Schneider (EVP) gab klein bei: Ihre Änderungsanträge haben es nicht in den finalen Text geschafft. Das Trilogergebnis bestätigt damit letztlich unverändert den Vorschlag der Kommission.
Aushandeln konnte Schneider nur eine politische Erklärung der Kommission ohne gesetzlich bindende Wirkung. Die Kommission verspricht darin, bei der Umsetzung des bestehenden Gesetzes Berichtspflichten möglichst schlank auszugestalten und die Bürokratielast zu mindern. Insgesamt löste das Vorgehen der EVP viel Kopfschütteln bei Kommission und Rat sowie Industrievertretern aus – zu lesen in einer ausführlichen Analyse im Europe.Table.
Rat und Parlament müssen die Trilogeinigung jeweils noch bestätigen. Die Plenarabstimmung im Parlament ist für die Sitzung vom 16. bis 19. Dezember geplant. Wann und in welcher Formation der Rat das Vorhaben final absegnet, ist noch offen. Der rechtzeitigen Verabschiedung vor dem bisher angesetzten Start der Regeln am 30. Dezember steht damit aber nichts mehr im Weg. jd/mgr/tho/luk/lb
Vor einem doppelten Versäumnis warnt ein Ranking von Transport & Environment (T&E) bei nachhaltigen Flugkraftstoffe (SAF): Weder Fluggesellschaften noch Ölkonzerne investieren ausreichend in E-Kerosin, kritisiert der Verkehrsverband. 87 Prozent der untersuchten 77 Fluggesellschaften kauften demnach zu wenig SAF oder die falsche Art von SAF – etwa unnachhaltige Biokraftstoffe, die aus Nahrungsmittel wie Mais hergestellt werden, anstatt auf E-Kerosin zu setzen. Dieser aus erneuerbarem Strom hergestellte Kraftstoff sei “die nachhaltigste und am besten skalierbare Art von SAF”.
Auch Biokraftstoffe aus Abfällen betrachtet T&E als nachhaltig. Darauf und auf E-Kerosin setzen Air France-KLM, United Airlines und Norwegian, die das Ranking anführen. Die Lufthansa beziehe dagegen vor allem nicht nachhaltige Biokraftstoffe. Diese machen in der Branche 30 Prozent der SAF-Vereinbarungen aus, während auf E-Kerosin nur zehn Prozent entfallen.
2023 deckten die untersuchten Fluggesellschaften insgesamt nur 0,15 Prozent ihres Treibstoffverbrauchs mit SAF. Bis 2030 dürfte der Anteil kaum steigen, da die jährliche SAF-Produktion von Ölkonzerne wie TotalEnergies, Shell, BP oder ExxonMobil weniger als drei Prozent ihrer derzeitigen Kerosinproduktion ausmache. Der Anteil an E-Kerosin daran sei vernachlässigbar.
Die EU sollte daher im kommenden Clean Industrial Deal E-Kraftstoffe als “vorrangige Investition” aufnehmen, so T&E. Deutschland sollte eine “realistische Roadmap für den Hochlauf von E-Kerosin entwickeln”, fordert auch Anja Köhne, Referentin für Flugverkehr bei Germanwatch. Erst kürzlich zeigte zudem eine Studie von T&E das ungenützte Potenzial auf, das veränderte Flugrouten bieten. Ein Index von Atmosfair kritisiert außerdem deutliche Effizienzunterschiede zwischen den Fluggesellschaften, die sich auch im aktuellen T&E-Ranking niederschlagen. lb
Ölkonzerne überschätzen die künftige Nachfrage aus der Chemieindustrie nach ihren Produkten. Damit gehen sie ein hohes Investitionsrisiko ein. Zu diesem Ergebnis kommt ein neuer Report des britischen Thinktanks Carbon Tracker. Der Hintergrund: Weltweit wird die Gesamtnachfrage nach fossilen Energien laut IEA-Prognosen bis zum Ende des Jahrzehnts ihren Höhepunkt erreichen und dann sinken. Doch zugleich wird die Nachfrage vor allem nach Flüssiggas in der petrochemischen Industrie laut IEA weiter wachsen.
Carbon Tracker warnt: “Unternehmen, die sich auf die Petrochemie berufen, um die Aufrechterhaltung oder Ausweitung der Erdölförderung zu rechtfertigen, riskieren Überinvestitionen in Anlagen, die in einem Markt mit Überangebot in finanzielle Schieflage geraten.” Dem Report zufolge müsste die Nachfrage nach petrochemischen Erzeugnissen bis zum Jahr 2035 kontinuierlich um 3,9 Prozent pro Jahr wachsen. Das halten die Autoren für sehr optimistisch. Dafür nennen sie vier Gründe:
Aufgrund der absehbar sinkenden Nachfrage nach fossiler Energie richten sich Öl- und Gasunternehmen derzeit neu aus – und zwar auf drei Arten, wie Carbon Tracker schreibt:
Doch nicht nur Unternehmen, auch der Ölstaat Saudi-Arabien, der internationale Klima- und Umweltverhandlungen zuletzt blockierte, reagiert auf die Veränderungen im Markt. Laut IEA hat die Regierung den bislang geplanten Ausbau der Ölproduktionskapazitäten auf Eis gelegt. Stattdessen konzentriert sie sich nun auf die Ausweitung der Produktion von Erdgaskondensaten und -flüssigkeiten. ae
Eine sichere Energieversorgung ist auch ohne Grundlastkraftwerke möglich. Das ist das Ergebnis einer gemeinsamen Studie der deutschen Wissenschaftsakademien im Projekt “Energiesysteme der Zukunft” (ESYS). Mit Blick auf die förderpolitische Schwerpunktsetzung im Bereich von Grundlasttechnologien – zum Beispiel der Förderung der Fusionsforschung – ist das Ergebnis durchaus bemerkenswert.
Die Experten von ESYS – einer gemeinsamen Initiative von acatech, Leopoldina und Akademienunion – haben die Frage der Notwendigkeit von Grundlastkraftwerken anhand von Modellierungen untersucht. Grundlasttechnologien wie Kernkraftwerke, Geothermie, Erdgas-Kraftwerke mit CO2-Abscheidung oder potenziell Kernfusionskraftwerke sind für eine klimafreundliche und zuverlässige Stromversorgung danach nicht notwendig.
Sicher gebraucht wird dagegen “eine Kombination aus Solar- und Windenergieanlagen mit Speichern, einem flexiblen Wasserstoffsystem, einer flexiblen Stromnutzung und Residuallastkraftwerken“, heißt es in einer entsprechenden Mitteilung. Letztere seien Kraftwerke, die nur bei Bedarf zeitweise laufen, zum Beispiel mit Wasserstoff betriebene Gasturbinenkraftwerke.
“Damit Grundlastkraftwerke zu einer substanziellen Kostensenkung führen, müssten ihre Kosten erheblich unter das heute prognostizierte Niveau fallen”, betont Karen Pittel, Leiterin des ifo-Instituts und stellvertretende Vorsitzende des ESYS-Direktoriums. “Tatsächlich schätzen wir Risiken für Kostensteigerungen und Verzögerungen bei Grundlasttechnologien tendenziell sogar höher ein als beim weiteren Ausbau der Solar- und Windenergie.”
Im Gespräch mit Table.Briefings hatte der Energiesystem-Experte Hans-Martin Henning, Leiter des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme, einige Ergebnisse der Studie bereits im August vorweggenommen.
Mit Blick auf ein Akademienpapier zu Kernfusion hatte Henning damals die Frage, ob grundlastfähige Kraftwerke auch in ein zukünftig hochdynamisiertes und flexibilisiertes Energiesystem passen, mit “ja” beantwortet. “Es werden langfristig große Strommengen gebraucht, um Wasserstoff und Wasserstoff-Derivate herzustellen, zum Beispiel für die chemische Industrie, für den Luftverkehr, die Seeschifffahrt und auch für flexible Stromerzeugung im Zusammenspiel mit erneuerbaren Energien”, sagte Henning.
Auch die neuerliche Studie kommt zu dem Schluss, dass Grundlastkraftwerke integriert werden könnten. Sie müssten dafür aber wettbewerbsfähig und wegen ihrer hohen Investitionskosten fast durchgehend in Betrieb sein, um sich zu rentieren. “In den nächsten 20 Jahren in großem Umfang realisierbar sind wahrscheinlich am ehesten die Gaskraftwerke“, schätzen die Experten. Gemeint sind dabei neuartige Gas-und-Dampf-Kombikraftwerke für Erdgas mit anschließender Kohlendioxid-Abscheidung. tg
Im vergangenen Jahr haben die Entwicklungsländer mehr Geld wegen ihrer Staatsschulden ausgegeben, als ihnen auf der COP29 für das Jahr 2035 insgesamt an Klimafinanzierung zugesagt wurde: Während sich die UN-Staaten in Baku darauf einigten, 2035 insgesamt 1,3 Billionen US-Dollar an Hilfen, Krediten und Investitionen für Klimaschutz und Anpassung zu mobilisieren, zahlten die armen Länder 2023 “die Rekordsumme von 1,4 Billionen Dollar, um ihre Auslandsschulden zu bedienen, während die Zinskosten auf ein 20-Jahreshoch stiegen”, erklärte die Weltbank bei der Vorstellung ihres diesjährigen International Debt Report.
Allein die Zinszahlungen der Entwicklungsländer kletterten dabei auf einen Wert von 406 Milliarden US-Dollar und “setzten die Budgets vieler Länder in kritischen Bereichen wie Gesundheit, Erziehung und Umwelt unter Druck”, so die Erklärung. Dabei sei der Druck auf die “ärmsten und verwundbarsten Staaten” am größten.
Diese Länder sind berechtigt, von der Weltbank-Tochter International Development Association (IDA) günstige Kredite zu bekommen – doch selbst die Bedienung dieser Kredite mache bei den IDA-Ländern bis zu 38 Prozent ihrer Exporteinkünfte aus. Das Kapital der IDA soll am 5. und 6. Dezember bei einer Sitzung in Südkorea wieder von den Geberländern aufgefüllt werden und dabei die bisherige Drei-Jahressumme von 93 Milliarden überschreiten.
Die Weltbank-Zahlen bestätigen die Kritik von Entwicklungsländern und NGOs an den Beschlüssen zur Klimafinanzierung, dass diese zu niedrig sei und die ärmsten Länder weiter in der Schuldenfalle belasse. Auch Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa hat angekündigt, die Finanzhilfen für Klimaschäden in Entwicklungsländern und eine Schuldenerleichterung für arme Länder zum Schwerpunkt seiner G20-Präsidentschaft im nächsten Jahr zu machen. Mit Südafrika wird zum ersten Mal ein afrikanisches Land Vorsitzender der 19 großen Volkswirtschaften plus EU und Afrikanische Union. bpo
Politico: Trumps Colorado-Problem. 40 Millionen US-Bürger leben im Einzugsgebiet des Colorado River. Der führt wegen des Klimawandels jetzt schon 20 Prozent weniger Wasser als noch zur Jahrhundertwende. Bald steht ein neues Abkommen über die Nutzung des Flusses an, an dessen Verhandlungen sich auch die Regierung Trump beteiligen muss. Zum Artikel
VOA: Journalisten sollen Klimawandel erklären. Die Umweltorganisation der Vereinten Nationen, UNESCO, fordert mehr Studien und eine engere Zusammenarbeit zwischen Journalisten und Wissenschaftlern, um sicherzustellen, dass die Auswirkungen des Klimawandels verstanden und gemildert werden können. Zum Artikel
Reuters: Katar investiert ins britische Klima. Katar wird 1,3 Milliarden US-Dollar in Klimatechnologie in Großbritannien investieren. Ein Teil der Gelder werde zur Unterstützung der Energiewende verwendet, teilte die britische Regierung am Mittwoch mit. Zum Artikel
Bloomberg: Indonesien muss aus der Kohle aussteigen. Nach Berechnungen der Klimaberatung Ember muss Indonesien jährlich mehrere Kohlekraftwerke schließen und gleichzeitig den Anteil erneuerbarer Energien verdreifachen. So könne das Ziel seines neuen Präsidenten erreicht werden, bis 2040 vollständig aus der Nutzung fossiler Brennstoffe auszusteigen. Zum Artikel
Meedia: Klima vor acht im ARD-Abendprogramm. Der Verein “Klima vor acht” sammelt Geld, um sich in der ARD vor der Tagesschau einen Werbeplatz zu sichern. Den wollen sie für Klimaberichterstattung nutzen. Mit einer Crowdfunding-Kampagne sollen 250.000 Euro zusammenkommen. Zum Artikel
fünf Jahre ist es her, da wollten alle das Klima schützen. Fridays for Future waren auf ihrem Höhepunkt, kein Wahlprogramm kam ohne Klimaplan aus, Städte und Gemeinden riefen den “Klimanotstand” aus. Jetzt steht die nächste Bundestagswahl an, und das Thema ist in der öffentlichen Wahrnehmung in den Hintergrund gerutscht. Aber was ist in den Kommunen passiert? Was der “Notstand” verändert hat und was nicht, darauf blicken wir heute.
Allerdings: Die Klimakrise macht keine Pause, nur weil sie diesmal im Wahlkampf von vielen ignoriert wird. Deshalb kümmern wir uns weiter darum, was zur Wahl steht, auch wenn nicht viel darüber geredet wird: um die Verkehrspolitik, bei der die Ampel-Koalition überraschende kleine Erfolge erzielte; um das dänische Konzept, die Landwirtschaft in den Emissionshandel einzubeziehen; um die Frage, ob wir mit Erneuerbaren noch Grundlast im Stromsystem brauchen; und um die Warnung, wie die EU ihre Klimaziele verfehlt, wenn sie nicht deutlich mehr macht als bisher.
Auch das könnte im Wahlkampf wichtig werden. Schließlich fordern manche, wir sollten gerade in der EU weniger Ehrgeiz an den Tag legen. Wir wünschen jedenfalls interessante und interessierte Lektüre!
Mit einem offenen Brief haben Ende November über 500 kommunale Angestellte das Thema Klimaschutz in Gemeinden und Städten wieder auf die Tagesordnung geholt: Sie fordern mit ihrem “Bundesverband Klimaschutz” – ähnlich wie bereits der Deutsche Städtetag -, Klimaschutz als Gemeinschaftsaufgabe von Bund und Ländern ähnlich dem Küstenschutz im Grundgesetz zu verankern und finanziell abzusichern.
Denn obwohl vor fünf Jahren viele Städte und Gemeinden den “Klimanotstand” ausgerufen haben, sind auf diesem Gebiet die hohen Erwartungen bislang kaum erfüllt worden. Von einzelnen Fortschritten abgesehen ist der kommunale Klimaschutz auf der politischen Agenda nach hinten gerutscht. Dabei beeinflussen die Kommunen etwa ein Siebtel der deutschen Emissionen, etwa 100 Millionen Tonnen CO₂ im Jahr.
Konstanz war die erste Stadt in Deutschland, die am 2. Mai 2019 einen “Klimanotstand” ausrief. Mehrere Dutzend Städte und Gemeinden in ganz Deutschland folgten. Das sei Ausdruck einer “neuen Dringlichkeit” und auch der “Demokratisierung von Klimaschutz” gewesen, meint Thomas Brose, Geschäftsführer des Städtenetzwerks Klima-Bündnis. Fridays for Future brachte damals Millionen Menschen auf die Straße, Klimaschutz stand für viele ganz oben auf der politischen Agenda. Auch Isa Reher, Gründungsmitglied des Bundesverbands Klimaschutz und Klimaschutzmanagerin des Kreises Stormann, blickt positiv zurück: “Es war wichtig, dass dieser Anstoß aus der Zivilgesellschaft kam, in der Verwaltung hätten wir das nie geschafft.”
Zuletzt allerdings haben Kommunen kaum noch zu diesem Mittel gegriffen. Und in Diskussionen kommt der Begriff auch immer weniger vor.”Jetzt gibt es andere politische Themen, die den Klimanotstand überlagert haben”, meint Markus Groth, Wissenschaftler vom Climate Service Center Germany (GERICS) des Helmholtz-Zentrums Hereon. Erst die Corona-Pandemie, dann Krieg in der Ukraine – die Klimakrise wirkt plötzlich nicht mehr wie der dringendste Notstand, den es anzugehen gilt.
Ist der Klimanotstand aus dem Blick geraten? “Unsere Mitgliedskommunen sind weiterhin dabei, Maßnahmen umzusetzen”, meint Brose. Aber nach den sehr hohen Erwartungen sieht er jetzt an einigen Stellen etwas Ermüdung und Enttäuschung. Die Dringlichkeit von Klimaschutz habe zugenommen, das Thema sei, auch durch die vielen Überschwemmungen und Dürren, präsenter denn je – auch wenn aktuell nicht mehr ganz so viel darüber gesprochen wird. Es würden auch viele Maßnahmen umgesetzt, aber “zu wenig und zu langsam”.
Das Konzept “Klimanotstand” wurde von Beginn an kritisch diskutiert. Zum einen, weil es einen Anklang an die Notstandsgesetze der NS-Zeit hat. Die Stadt Kiel entschied darum beispielsweise, den englischen Begriff Climate Emergency zu nutzen. Zum anderen hielten viele Kritiker Beschlüsse dazu für reines Marketing. Rechtlich bindend sind Beschlüsse zum Klimanotstand nicht, sie seien viel mehr eine “politische Selbstverpflichtung”, meint Groth.
Der Wissenschaftler zieht nach fünf Jahren eine negative Bilanz: “Wenn wir auf die Reduktion von Treibhausgasen schauen, dann sind Städte und Gemeinden insgesamt nicht so weit gekommen, wie es klimapolitisch notwendig wäre“, meint er. Bundesweit belastbare Zahlen dazu gibt es nicht. Konstanz beispielsweise hat seine Emissionen bis Ende 2022 um rund zehn Prozent gesenkt und liegt damit hinter dem eigenen Zeitplan zurück. Manche Städte überfordert auch die Erfassung der Emissionen: Landau, das ebenfalls 2019 einen Beschluss zum Klimanotstand gefasst hatte, konnte diesen Sommer keine Bilanz zu Emissionsminderungen ziehen, und auch viele andere Städte haben bisher keine aktualisierten Zahlen veröffentlicht.
Es gebe zwar viele Beschlüsse, so Groth, aber die Umsetzung sei eine andere Sache. Bei der Energieversorgung gehe es noch gut voran. Die Emissionen aus dem Gebäudesektor seien hingegen eine große Baustelle. “Mit den Finanzmitteln und dem Personal, das es aktuell in Kommunen gibt, kann aber auch nicht so viel erreicht werden“, sagt Groth. Klimaschutzmanager seien in Städten oft auf sich allein gestellt, müssten alle Bereiche gleichzeitig im Blick haben. Nach einer Umfrage des Umweltbundesamts hatten Ende 2022 nur 54 Prozent der Kommunen überhaupt Personal für Klimaschutz. Hinzu kommt: Oftmals sind die Stellen laut Groth nur für einen bestimmten Projektzeitraum finanziert; für effizienten Klimaschutz brauche es sie aber dauerhaft.
Isa Reher vom Bundesverband Klimaschutz hat nicht den Eindruck, dass das Thema aus dem Fokus verschwunden ist. Im Gegenteil hätten viele Städte und Gemeinden inzwischen Sofortprogramme für Klimaschutz aufgestellt – oft mit dem Ziel, 2035 oder gar 2030 auf kommunaler Ebene Klimaneutralität zu erreichen. Maßnahmen wurden erarbeitet und die Umsetzung hat begonnen. Diese Ziele sind aus der Sicht von Reher “sehr ambitioniert”. Sie gibt aber auch zu: Oftmals sei nicht klar, ob Net-Zero tatsächlich so schnell erreicht werden könne wie geplant.
Sie nennt auch echte Fortschritte. Es sei nun in vielen Städten und Gemeinden gängige Praxis, dass kommunale Beschlüsse auf ihre Klimawirkung geprüft werden (Klimarelevanzprüfung). Allerdings ist diese Prüfung je nach Kommune sehr unterschiedlich – manchmal gibt es dafür komplexe Fragebögen, manchmal müssen Verwaltungsangestellte nur ankreuzen, ob sie ein Vorhaben für klimarelevant halten. Die tatsächliche Wirkung solcher “Klimachecks” fürs Klima lässt sich also kaum erfassen. Laut Reher haben einige Gemeinden die Prüfungen auch schon wieder abgeschafft, weil sie “zu bürokratisch” gewesen seien und die Verwaltung überforderten.
Für einen effizienteren Klimaschutz fehlt es laut Brose in vielen Kommunen an der Ausstattung: also an Geld und auch an Personal. Leere Kassen verschärfen das Problem. Das Bündnis setzt sich darum für Klimaschutz als kommunale Pflichtaufgabe ein. Klimaschutzmanagerin Reher sieht das kritisch: Mit den Fördermitteln wurden auch schon Strukturen bis in kleine Kommunen geschaffen. Bei einer Pflichtaufgabe könnten viele Fördermittel wegfallen und Kommunen noch schlechter dastehen. Unter Umständen müssten Aufgaben, die bisher von Fördermitteln gestützt werden, dann aus den klammen kommunalen Haushalten bezahlt werden.
Mit dem Klimaanpassungsgesetz, das am 1. Juli in Kraft getreten ist, sind die Kommunen inzwischen zur Anpassung verpflichtet. Wer dafür zahlen wird, ist oft noch unklar. Eine Gemeinschaftsaufgabe für die Anpassung, die Umweltministerin Steffi Lemke vorgeschlagen hatte, scheiterte am Widerstand der CDU/CSU. Eine solche Gemeinschaftsaufgabe von Bund, Ländern und Gemeinden für den kommunalen Klimaschutz “hätte den Vorteil, dass Mittel besser an Kommunen durchgegeben werden könnten”, meint Groth. Aktuell gebe es zwar eine Vielzahl an Förderprogrammen, gerade für kleine Kommunen sei es aber auf kaum leistbar, diese zu beantragen. Statt den Umweg über Förderprogramme zu gehen, solle der Bund direkt Geld zur Verfügung stellen – Kommunen wüssten sowieso am besten, welche Maßnahmen vor Ort nötig sind.
Obwohl der neue EU-Agrarkommissar Christophe Hansen einer Bepreisung von Agraremissionen zuletzt eine Absage erteilt hat, geht Dänemark voran. Eine breite Parlamentsmehrheit billigte vergangene Woche ein Abkommen, das unter anderem eine Steuer auf Treibhausgasemissionen der Tierhaltung vorsieht – die erste ihrer Art weltweit. Die Einnahmen sollen über Förderprogramme zurück in den Sektor fließen. Bauernverbände und Umweltschützer waren in die Gespräche eingebunden und tragen die Einigung mit, die auch Maßnahmen etwa gegen Nitratbelastung und zur Wiedervernässung von Mooren beinhaltet.
Dass das in Dänemark politisch möglich wurde – trotz teils heftiger vorausgegangener Diskussionen –, führt Jørgen Eivind Olesen, Leiter der Abteilung Agrarökologe an der Universität Aarhus, auf mehrere Faktoren zurück:
Ab 2030 gilt für Tierhalter eine Steuer von zunächst 300 Dänischen Kronen (40 Euro) pro Tonne ausgestoßener CO₂-Äquivalente, bis 2035 steigt der Satz auf 750 Kronen (101 Euro). Über Steuererleichterungen bekommen sie aber einen Grundbetrag wieder zurück – laut Regierungsschätzungen im Schnitt etwa 60 Prozent der Mehrkosten. “Die Idee ist, Emissionen über einem gewissen Schwellenwert zu besteuern – jene Emissionen also, die die Tierhalter durch klimafreundliche Praktiken vermeiden können“, erläutert Olesen. Zum Beispiel durch Futterzusätze, die den Methanausstoß minimieren, oder eine klimaschonende Gülleverarbeitung.
Tierbestände zu reduzieren, sei dagegen bewusst nicht das Ziel. Denn sonst könnte sich die Produktion einfach ins Ausland verlagern, so der Wissenschaftler. Aus Sicht von Mathieu Mal vom Europäischen Umweltbüro (EEB) geht das Modell deshalb nicht weit genug. Denn genau die drastische Reduktion von Tierzahlen sei die “einzige wahre Lösung”, um die Emissionen des Sektors zu senken. Die Steuer sei “zu niedrig, setzt zu spät ein und mehr als die Hälfte der Emissionen sind davon befreit”, kritisiert der Umweltschützer.
Dass die Steuer erst einmal einen recht begrenzten Teil der Emissionensquellen abdeckt, räumt auch Olesen ein, argumentiert aber: Es gehe zunächst darum, ein funktionierendes Umsetzungsmodell zu entwickeln, bevor man das neue Instrument in Zukunft hoffentlich breiter anwende. Auch viele Fragen zur Umsetzung des nun beschlossenen Schritts müssen erst noch geklärt werden. Etwa, wie die Menge an CO₂-Äquivalenten berechnet wird, für die ein Betrieb die Steuer zahlen muss, denn direkt gemessen werden kann der Ausstoß nicht.
Plausibel ist aus Sicht des Forschers ein Modell, bei dem eine bestimmte Menge an Emissionen pro Tier berechnet wird. Setzt ein Betrieb nachweislich Maßnahmen zur Emissionsminderung um, würde dieser Wert um einen bestimmten Faktor reduziert. Das sei ohne übermäßigen Aufwand umsetzbar, weil die Zahl der Optionen, bei der Tierhaltung Emissionen zu mindern, begrenzt sei.
Aus praktischer Sicht wäre das Modell nach Olesens Einschätzung ohne größere Schwierigkeiten auf die EU-Ebene übertragbar. Politisch scheint es allerdings eher unwahrscheinlich, dass Deutschland oder die EU dem Beispiel in näherer Zukunft folgen. In Brüssel stellt sich nicht nur der Agrarkommissar gegen eine CO₂-Bepreisung. Auch die Beamten der Generaldirektion Klima, die eigentlich als offener hierfür galt, zeigten sich zuletzt zurückhaltend. Und der mögliche nächste Bundesagrarminister Günther Felßner ließ jüngst im Interview mit Agrifood.Table verlauten, Tiere zu halten, schade nicht dem Klima.
In Kopenhagen hofft man trotzdem, mit der neuen Steuer zum Vorbild zu werden. “Ich hoffe, dass dies der Welt zeigt, dass es möglich ist, eine CO₂-Steuer für den Agrarsektor einzuführen”, sagte der dänische Klimaminister Lars Aagaard vergangene Woche. Für die Debatte um die Zukunft der EU-Agrarpolitik solle der Vorstoß als “Inspiration” dienen. Auch Umweltschützer Mal setzt darauf, dass das Momentum aus Dänemark die Debatte in Brüssel voranbringen könnte: “Das dänische Abkommen ist bei weitem nicht perfekt, aber trotz seiner Schwächen zeigt es, dass mehr Ehrgeiz und Engagement für Klima- und Umweltschutzmaßnahmen im Agrar- und Ernährungssektor möglich sind.”
5. Dezember, 11 Uhr, Berlin
Konferenz Finanzierungskonferenz: Kapital für die Energiewende
Die Energiewirtschaft benötigt für die Energiewende Investitionen in nahezu beispiellosem Umfang. Der notwendige Wandel ist für Deutschland eine Herausforderung – aber er ist vor allem auch eine große Chance. Die deutsche Energiewirtschaft rechnet mit Investitionen in Höhe von 721 Milliarden Euro bis 2030 und 1,2 Billionen Euro bis 2035. Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), der Verband Kommunaler Unternehmen und Deloitte richten diese Konferenz aus. Infos
5. Dezember, 18.30 Uhr, Berlin
Dialog How to Stay Sane in Times of Climate Crisis
Unter dem Titel “How to Stay Sane in Times of Climate Crisis” bietet die Veranstaltung Raum, um die klimatischen Herausforderungen des Jahres zu reflektieren und Strategien für mehr Resilienz und Handlungsfähigkeit zu entwickeln. Die Podiumsdiskussion wird von der Europäischen Akademie Berlin veranstaltet. Infos
7. Dezember, 10 Uhr, Berlin
Workshop Schlemmen fürs Klima? Ernährung, Nahrungsmittelproduktion und das Klimaproblem
Die Heinrich-Böll-Stiftung veranstaltet diesen Workshop, bei dem auf der einen Seite diskutiert werden soll, wie man das eigene Ernährungsverhalten verändern kann und auf der anderen Seite analysiert, welche politischen Maßnahmen nötig sind. Infos
8. bis 9. September, Berlin
Gipfel Gegen-Gas-Gipfel
Als Gegenveranstaltung zum World LNG Summit organisiert die Rosa-Luxemburg-Stiftung diesen “Gegen-Gas-Gipfel”. Mit vielfältigen Programmpunkten soll LNG kritisch betrachtet werden. Infos
9. bis 12. Dezember, Berlin
Konferenz World LNG Summit & World Renewables Conference
Unter dem Motto “Achieving the balance between energy security and decarbonisation” findet die Konferenz statt, bei der sich vor allem Akteure aus der LNG-Branche treffen. Infos
9. bis 11. Dezember, Brüssel, Belgien
Dialog Gestaltung der EU-Klima- und Energiepolitik – Einsichten aus und Fragen an das ARIADNE-Projekt
Das ARIADNE-Projekt veranstaltet diese Dialogveranstaltung. Es soll unter anderem um Kohlenstoffmärkte, Architektur der EU-Klimapolitik und Finanzierung der Energiewende gehen. Infos
11. Dezember, 10 Uhr, Berlin
Workshop Umsetzung der Vision einer klimaresilienten Schwammstadt
Der Workshop “Umsetzung der Vision einer klimaresilienten Schwammstadt” zielt darauf ab, anhand narrativer Szenarien die möglichen Ziele und Zielrichtungen für die Umsetzung der Schwammstadt zu reflektieren. Das Institut für ökologische Wirtschaftsforschung veranstaltet den Workshop. Infos
12. Dezember, 11 Uhr, Brüssel
Veröffentlichtung Future of Emissions Trading System in the EU: Role of Emissions Trading in EU Climate Policy
Der European Roundtable on Climate Change and Sustainable Transition (ERCST) veranstaltet dieses Event zur Veröffentlichung seines Berichts “Role of Emissions Trading in EU Climate Policy”. Infos
12. Dezember, 15 Uhr, Online
Diskussion Entspannt Energie handeln mit innovativen Wettermodellen
Mit dem Siegeszug der erneuerbaren Energien werden gute Wetterdaten aus hochaufgelösten Wettermodellen zu einer immer wichtigeren Währung. Dies gilt nicht nur für Betreiber von Ökostrom-Anlagen, sondern insbesondere auch für den Energiehandel. Doch wie weit lassen sich Wetterdaten granulieren? Darüber wird auf diesem Event von Energate diskutiert. Infos
13. Dezember, 11.45 Uhr, Online
Diskussion Was tun gegen Klima-Desinformation und fossilen Lobbyismus?
Die Heinrich-Böll-Stiftung veranstaltet diesen Talk mit dem Spiegel-Kolumnisten und Autor Christian Stöcker sowie der freien Journalistin und Autorin Louisa Schneider. Infos
Laut einer Analyse von BloombergNEF könnte Europa seine energiebezogenen CO₂-Emissionsobergrenze für 2030 um neun Prozent überschreiten. Berücksichtigt man weitere Treibhausgasemissionen aus anderen Sektoren, könnte die Überschreitung sogar 29 Prozent betragen (702 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalent) – anstatt den angestrebten minus 55 Prozent bis 2030 nur 42 Prozent niedrigere Emissionen.
Gründe für die Zielverfehlungen sind:
Die EU bleibt laut den Bloomberg-Analysten somit auch weit hinter den Anforderungen eines Net-Zero-Pfads bis 2050 zurück. Energiebedingte Emissionen müssten bis 2040 um 84 Prozent auf nur noch eine halbe Gigatonne CO₂ sinken, damit die EU auf dem Zielpfad für die Klimaneutralität 2050 bleibt.
Nach Bloombergs Net-Zero-Szenario, in dem die Energiewirtschaft bis 2050 vollständig dekarbonisiert ist, müssen die Investitionen in erneuerbare Energien gegenüber 2023 zudem um 23 Prozent steigen, während sich die Ausgaben für den Verkauf von Elektrofahrzeugen und die Ladeinfrastruktur verdreifachen müssen. luk
Die Bundesregierung ist in der Verkehrspolitik weit hinter den Ankündigungen aus dem Koalitionsvertrag zurückgeblieben – und noch weiter hinter den klimapolitischen Notwendigkeiten im Verkehrssektor. Zu diesem Ergebnis kommt eine Analyse des Thinktanks Agora Verkehrswende, die an diesem Donnerstag veröffentlicht wird und die Table.Briefings vorab vorlag. Die kommende Regierung steht deshalb vor großen Herausforderungen – auch weil die Klimaziele im Verkehrssektor auf EU-Ebene verbindlich sind und Deutschland diese deutlich zu verfehlen droht.
Positiv hervorgehoben werden in der Analyse die Reformen des Straßenverkehrsgesetzes und der Straßenverkehrsordnung, die Kommunen mehr Möglichkeiten zur Förderung des Bus- und Radverkehrs geben. Ebenfalls gelobt wird die Einführung der CO₂-Komponente in der Lkw-Maut. Diese dürften in Kombination mit dem begonnenen Aufbau einer Ladeinfrastruktur für Lkw den Umstieg auf elektrische Antriebe im Schwerlastverkehr deutlich beschleunigen, sagte Agora-Verkehrswende-Direktor Christian Hochfeld.
Fortschritte gebe es auch bei der Finanzierung der Grundsanierung des Schienennetzes. Gemischt fällt die Agora-Bilanz zum 9-Euro-Ticket und seinem Nachfolger, dem Deutschlandticket aus: Diese hätten die Nutzung des öffentlichen Verkehrs durch die bundesweite Gültigkeit und den niedrigeren Preis zwar attraktiver gemacht; weil es nicht ausreichend und dauerhaft finanziert sei, könnten dadurch aber notwendige Investition in den Ausbau der ÖPNV-Infrastruktur gefährdet werden. Weitgehend versagt habe die Regierung beim angekündigten Abbau klimaschädlicher Subventionen. Der E-Auto-Hochlauf sei durch den Wegfall der Kaufprämie und den Verzicht auf eine Umgestaltung der Kfz-Steuer eingebrochen. Zudem habe die Debatte über E-Fuels und eine Abkehr vom Verbrenner-Aus viele Kunden verunsichert.
Die nächste Regierung stehe deshalb vor großen Herausforderungen, sagte Hochfeld. Dringend erforderlich sei eine große Investitionsoffensive für den Erhalt der bestehenden Straßen- und Schieneninfrastruktur sowie den Ausbau von Schienennetz und öffentlichem Verkehr sowie der Ladeinfrastruktur. Finanziert werden könne dies zumindest teilweise über den Abbau fossiler Subventionen. Zudem sei es entscheidend, der Automobilindustrie Planungssicherheit zu geben, indem langfristige, notwendige Ziele nicht ständig wieder infrage gestellt würden.
Aus Sicht von Hochfeld ist es wichtig, die Verkehrswende nicht als grünes Projekt zu verstehen, sondern als “ein Projekt für alle Parteien”. Die Position von Union und FDP, die EU-Flottengrenzwerte abzuschwächen, sieht er darum mit Sorge. “Das würde die Probleme der deutschen Hersteller verstärken”, sagte der Agora-Direktor. Denn diese sei nur zukunftsfähig, wenn der Umstieg auf Elektromobilität schnell gelinge. Er setzt darauf, dass die Union ihre Positionen aus dem Wahlkampf später noch überdenkt. Denn auch mit Blick auf drohende Strafzahlungen beim Verfehlen der EU-Klimaziele gelte: “Je später wir beginnen, desto teurer wird es.” mkr
Am Dienstag legte die EU-Kommission die Startmenge für Emissionszertifikate im neuen Emissionshandel für Gebäude und Verkehr (ETS II) fest: Rund eine Milliarde Tonnen an CO₂-Zertifikaten werden im Jahr 2027 ausgestellt. Zusätzlich werden 300 Millionen Tonnen vorgeschossen (“frontloading”), um einen liquiden Markt zu garantieren. Diese werden aber von den Mengen der Folgejahre abgezogen, erhöhen die Gesamtmenge also nicht.
Diese orientiert sich an einem linearen Pfad für die Emissionsziele im Jahr 2030; entsprechend wird die jährliche Menge an Zertifikaten verringert. Unter Umständen kann eine Reserve von 600 Millionen Zertifikaten zusätzlich in den Markt gegeben werden, um den CO₂-Preis zu stabilisieren. Besonders zu Beginn der Handelsphase könnte es zu stärkeren Fluktuationen kommen. “Die initialen tatsächlichen CO₂-Preise hängen vor allem davon ab, wie die Unternehmen diesen Markt einschätzen, welche Preiserwartungen sie haben und in welchem Maße sie sich mit Zertifikaten für die Zukunft eindecken”, erklärt Wilfried Rickels, Leiter des Forschungszentrums Global Commons und Klimapolitik am Institut für Weltwirtschaft (IfW) in Kiel.
Bisherige Studien rechneten für das Jahr 2030 mit einem Preis bis zu 200 bis 300 Euro pro Tonne CO₂ – allerdings gebe es eine “erheblichen Streuung in den Preisen”, so Rickels, da sich die Studien auf Vermeidungskosten der CO₂-Emissionen beziehen und die Startmenge der Zertifikate bislang nicht bekannt war. lb
Die Europäische Union soll für 2055 ein Klimaziel vorlegen, das negative Emissionen aufweist. Das fordern Klimaforscher sowie Emissionshandelsexperten in einem gemeinsamen Positionspapier unter der Leitung von Carbon Market Watch. Zwar beinhaltet das derzeitige EU-Klimaziel bereits das Vorhaben, 2050 klimaneutral und anschließend nettonegativ zu sein. Doch bislang ist dies nicht mit einer konkreten Zahl hinterlegt, um einen Rahmen für die Zeit nach 2050 vorzugeben.
Die Forscherinnen und Politikexperten wollen, dass die EU dieses Ziel bis 2030 vorlegt und dies auch im europäischen Klimagesetz festschreibt. Es geht darum, den Weg zu Negativemissionen durch CO₂-Entnahmen zu ebnen, um unvermeidliche Restemissionen in schwer dekarbonisierbaren Bereichen auszugleichen. CO₂-Entnahmen sind sowohl technologische (Direct Air Capture) als auch natürliche (Biomasse) Maßnahmen, mit denen der Atmosphäre Kohlenstoff entzogen wird. Für die unterschiedlichen Methoden zur CO₂-Entnahme sollen zudem individuelle Zielpfade festgelegt werden.
Um zu verhindern, dass CO₂-Entnahmen die Bemühungen zur Emissionsminderung verringern, soll das nächste Emissionsreduktionsziel für das EU-Klimaziel 2040 nicht mehr netto, sondern brutto angegeben werden, heißt es in dem Papier weiter. Die Menge der bis dahin verfügbaren CO₂-Entnahmen hätte somit keinen Einfluss auf die Bemühungen zur Emissionsvermeidung.
Fabien Ramos, Leiter des Bereichs Kohlenstoffabbau in der DG Clima, erklärte bei der Vorstellung des Papiers am Dienstag in Brüssel, die Kommission werde bis 2026 die Rolle von CO₂-Entnahmen für das 2040er-Klimaziel bewerten. Die unterschiedlichen Methoden würden dabei ebenfalls berücksichtigt. Auch die Anpassung des EU-Klimagesetzes in Bezug auf CO₂-Entnahmen stellte Ramos in Aussicht. Ein Datum wollte er jedoch nicht nennen. luk
Die EU-Verordnung für entwaldungsfreie Lieferketten (EUDR) soll ein Jahr später als geplant angewandt, dabei aber nicht noch inhaltlich aufgeweicht werden. Darauf haben sich die Verhandler von EU-Parlament und Rat am Dienstagabend geeinigt. Berichterstatterin Christine Schneider (EVP) gab klein bei: Ihre Änderungsanträge haben es nicht in den finalen Text geschafft. Das Trilogergebnis bestätigt damit letztlich unverändert den Vorschlag der Kommission.
Aushandeln konnte Schneider nur eine politische Erklärung der Kommission ohne gesetzlich bindende Wirkung. Die Kommission verspricht darin, bei der Umsetzung des bestehenden Gesetzes Berichtspflichten möglichst schlank auszugestalten und die Bürokratielast zu mindern. Insgesamt löste das Vorgehen der EVP viel Kopfschütteln bei Kommission und Rat sowie Industrievertretern aus – zu lesen in einer ausführlichen Analyse im Europe.Table.
Rat und Parlament müssen die Trilogeinigung jeweils noch bestätigen. Die Plenarabstimmung im Parlament ist für die Sitzung vom 16. bis 19. Dezember geplant. Wann und in welcher Formation der Rat das Vorhaben final absegnet, ist noch offen. Der rechtzeitigen Verabschiedung vor dem bisher angesetzten Start der Regeln am 30. Dezember steht damit aber nichts mehr im Weg. jd/mgr/tho/luk/lb
Vor einem doppelten Versäumnis warnt ein Ranking von Transport & Environment (T&E) bei nachhaltigen Flugkraftstoffe (SAF): Weder Fluggesellschaften noch Ölkonzerne investieren ausreichend in E-Kerosin, kritisiert der Verkehrsverband. 87 Prozent der untersuchten 77 Fluggesellschaften kauften demnach zu wenig SAF oder die falsche Art von SAF – etwa unnachhaltige Biokraftstoffe, die aus Nahrungsmittel wie Mais hergestellt werden, anstatt auf E-Kerosin zu setzen. Dieser aus erneuerbarem Strom hergestellte Kraftstoff sei “die nachhaltigste und am besten skalierbare Art von SAF”.
Auch Biokraftstoffe aus Abfällen betrachtet T&E als nachhaltig. Darauf und auf E-Kerosin setzen Air France-KLM, United Airlines und Norwegian, die das Ranking anführen. Die Lufthansa beziehe dagegen vor allem nicht nachhaltige Biokraftstoffe. Diese machen in der Branche 30 Prozent der SAF-Vereinbarungen aus, während auf E-Kerosin nur zehn Prozent entfallen.
2023 deckten die untersuchten Fluggesellschaften insgesamt nur 0,15 Prozent ihres Treibstoffverbrauchs mit SAF. Bis 2030 dürfte der Anteil kaum steigen, da die jährliche SAF-Produktion von Ölkonzerne wie TotalEnergies, Shell, BP oder ExxonMobil weniger als drei Prozent ihrer derzeitigen Kerosinproduktion ausmache. Der Anteil an E-Kerosin daran sei vernachlässigbar.
Die EU sollte daher im kommenden Clean Industrial Deal E-Kraftstoffe als “vorrangige Investition” aufnehmen, so T&E. Deutschland sollte eine “realistische Roadmap für den Hochlauf von E-Kerosin entwickeln”, fordert auch Anja Köhne, Referentin für Flugverkehr bei Germanwatch. Erst kürzlich zeigte zudem eine Studie von T&E das ungenützte Potenzial auf, das veränderte Flugrouten bieten. Ein Index von Atmosfair kritisiert außerdem deutliche Effizienzunterschiede zwischen den Fluggesellschaften, die sich auch im aktuellen T&E-Ranking niederschlagen. lb
Ölkonzerne überschätzen die künftige Nachfrage aus der Chemieindustrie nach ihren Produkten. Damit gehen sie ein hohes Investitionsrisiko ein. Zu diesem Ergebnis kommt ein neuer Report des britischen Thinktanks Carbon Tracker. Der Hintergrund: Weltweit wird die Gesamtnachfrage nach fossilen Energien laut IEA-Prognosen bis zum Ende des Jahrzehnts ihren Höhepunkt erreichen und dann sinken. Doch zugleich wird die Nachfrage vor allem nach Flüssiggas in der petrochemischen Industrie laut IEA weiter wachsen.
Carbon Tracker warnt: “Unternehmen, die sich auf die Petrochemie berufen, um die Aufrechterhaltung oder Ausweitung der Erdölförderung zu rechtfertigen, riskieren Überinvestitionen in Anlagen, die in einem Markt mit Überangebot in finanzielle Schieflage geraten.” Dem Report zufolge müsste die Nachfrage nach petrochemischen Erzeugnissen bis zum Jahr 2035 kontinuierlich um 3,9 Prozent pro Jahr wachsen. Das halten die Autoren für sehr optimistisch. Dafür nennen sie vier Gründe:
Aufgrund der absehbar sinkenden Nachfrage nach fossiler Energie richten sich Öl- und Gasunternehmen derzeit neu aus – und zwar auf drei Arten, wie Carbon Tracker schreibt:
Doch nicht nur Unternehmen, auch der Ölstaat Saudi-Arabien, der internationale Klima- und Umweltverhandlungen zuletzt blockierte, reagiert auf die Veränderungen im Markt. Laut IEA hat die Regierung den bislang geplanten Ausbau der Ölproduktionskapazitäten auf Eis gelegt. Stattdessen konzentriert sie sich nun auf die Ausweitung der Produktion von Erdgaskondensaten und -flüssigkeiten. ae
Eine sichere Energieversorgung ist auch ohne Grundlastkraftwerke möglich. Das ist das Ergebnis einer gemeinsamen Studie der deutschen Wissenschaftsakademien im Projekt “Energiesysteme der Zukunft” (ESYS). Mit Blick auf die förderpolitische Schwerpunktsetzung im Bereich von Grundlasttechnologien – zum Beispiel der Förderung der Fusionsforschung – ist das Ergebnis durchaus bemerkenswert.
Die Experten von ESYS – einer gemeinsamen Initiative von acatech, Leopoldina und Akademienunion – haben die Frage der Notwendigkeit von Grundlastkraftwerken anhand von Modellierungen untersucht. Grundlasttechnologien wie Kernkraftwerke, Geothermie, Erdgas-Kraftwerke mit CO2-Abscheidung oder potenziell Kernfusionskraftwerke sind für eine klimafreundliche und zuverlässige Stromversorgung danach nicht notwendig.
Sicher gebraucht wird dagegen “eine Kombination aus Solar- und Windenergieanlagen mit Speichern, einem flexiblen Wasserstoffsystem, einer flexiblen Stromnutzung und Residuallastkraftwerken“, heißt es in einer entsprechenden Mitteilung. Letztere seien Kraftwerke, die nur bei Bedarf zeitweise laufen, zum Beispiel mit Wasserstoff betriebene Gasturbinenkraftwerke.
“Damit Grundlastkraftwerke zu einer substanziellen Kostensenkung führen, müssten ihre Kosten erheblich unter das heute prognostizierte Niveau fallen”, betont Karen Pittel, Leiterin des ifo-Instituts und stellvertretende Vorsitzende des ESYS-Direktoriums. “Tatsächlich schätzen wir Risiken für Kostensteigerungen und Verzögerungen bei Grundlasttechnologien tendenziell sogar höher ein als beim weiteren Ausbau der Solar- und Windenergie.”
Im Gespräch mit Table.Briefings hatte der Energiesystem-Experte Hans-Martin Henning, Leiter des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme, einige Ergebnisse der Studie bereits im August vorweggenommen.
Mit Blick auf ein Akademienpapier zu Kernfusion hatte Henning damals die Frage, ob grundlastfähige Kraftwerke auch in ein zukünftig hochdynamisiertes und flexibilisiertes Energiesystem passen, mit “ja” beantwortet. “Es werden langfristig große Strommengen gebraucht, um Wasserstoff und Wasserstoff-Derivate herzustellen, zum Beispiel für die chemische Industrie, für den Luftverkehr, die Seeschifffahrt und auch für flexible Stromerzeugung im Zusammenspiel mit erneuerbaren Energien”, sagte Henning.
Auch die neuerliche Studie kommt zu dem Schluss, dass Grundlastkraftwerke integriert werden könnten. Sie müssten dafür aber wettbewerbsfähig und wegen ihrer hohen Investitionskosten fast durchgehend in Betrieb sein, um sich zu rentieren. “In den nächsten 20 Jahren in großem Umfang realisierbar sind wahrscheinlich am ehesten die Gaskraftwerke“, schätzen die Experten. Gemeint sind dabei neuartige Gas-und-Dampf-Kombikraftwerke für Erdgas mit anschließender Kohlendioxid-Abscheidung. tg
Im vergangenen Jahr haben die Entwicklungsländer mehr Geld wegen ihrer Staatsschulden ausgegeben, als ihnen auf der COP29 für das Jahr 2035 insgesamt an Klimafinanzierung zugesagt wurde: Während sich die UN-Staaten in Baku darauf einigten, 2035 insgesamt 1,3 Billionen US-Dollar an Hilfen, Krediten und Investitionen für Klimaschutz und Anpassung zu mobilisieren, zahlten die armen Länder 2023 “die Rekordsumme von 1,4 Billionen Dollar, um ihre Auslandsschulden zu bedienen, während die Zinskosten auf ein 20-Jahreshoch stiegen”, erklärte die Weltbank bei der Vorstellung ihres diesjährigen International Debt Report.
Allein die Zinszahlungen der Entwicklungsländer kletterten dabei auf einen Wert von 406 Milliarden US-Dollar und “setzten die Budgets vieler Länder in kritischen Bereichen wie Gesundheit, Erziehung und Umwelt unter Druck”, so die Erklärung. Dabei sei der Druck auf die “ärmsten und verwundbarsten Staaten” am größten.
Diese Länder sind berechtigt, von der Weltbank-Tochter International Development Association (IDA) günstige Kredite zu bekommen – doch selbst die Bedienung dieser Kredite mache bei den IDA-Ländern bis zu 38 Prozent ihrer Exporteinkünfte aus. Das Kapital der IDA soll am 5. und 6. Dezember bei einer Sitzung in Südkorea wieder von den Geberländern aufgefüllt werden und dabei die bisherige Drei-Jahressumme von 93 Milliarden überschreiten.
Die Weltbank-Zahlen bestätigen die Kritik von Entwicklungsländern und NGOs an den Beschlüssen zur Klimafinanzierung, dass diese zu niedrig sei und die ärmsten Länder weiter in der Schuldenfalle belasse. Auch Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa hat angekündigt, die Finanzhilfen für Klimaschäden in Entwicklungsländern und eine Schuldenerleichterung für arme Länder zum Schwerpunkt seiner G20-Präsidentschaft im nächsten Jahr zu machen. Mit Südafrika wird zum ersten Mal ein afrikanisches Land Vorsitzender der 19 großen Volkswirtschaften plus EU und Afrikanische Union. bpo
Politico: Trumps Colorado-Problem. 40 Millionen US-Bürger leben im Einzugsgebiet des Colorado River. Der führt wegen des Klimawandels jetzt schon 20 Prozent weniger Wasser als noch zur Jahrhundertwende. Bald steht ein neues Abkommen über die Nutzung des Flusses an, an dessen Verhandlungen sich auch die Regierung Trump beteiligen muss. Zum Artikel
VOA: Journalisten sollen Klimawandel erklären. Die Umweltorganisation der Vereinten Nationen, UNESCO, fordert mehr Studien und eine engere Zusammenarbeit zwischen Journalisten und Wissenschaftlern, um sicherzustellen, dass die Auswirkungen des Klimawandels verstanden und gemildert werden können. Zum Artikel
Reuters: Katar investiert ins britische Klima. Katar wird 1,3 Milliarden US-Dollar in Klimatechnologie in Großbritannien investieren. Ein Teil der Gelder werde zur Unterstützung der Energiewende verwendet, teilte die britische Regierung am Mittwoch mit. Zum Artikel
Bloomberg: Indonesien muss aus der Kohle aussteigen. Nach Berechnungen der Klimaberatung Ember muss Indonesien jährlich mehrere Kohlekraftwerke schließen und gleichzeitig den Anteil erneuerbarer Energien verdreifachen. So könne das Ziel seines neuen Präsidenten erreicht werden, bis 2040 vollständig aus der Nutzung fossiler Brennstoffe auszusteigen. Zum Artikel
Meedia: Klima vor acht im ARD-Abendprogramm. Der Verein “Klima vor acht” sammelt Geld, um sich in der ARD vor der Tagesschau einen Werbeplatz zu sichern. Den wollen sie für Klimaberichterstattung nutzen. Mit einer Crowdfunding-Kampagne sollen 250.000 Euro zusammenkommen. Zum Artikel