Table.Briefing: Climate

Klimaklagen: Argumente vor dem IGH + Strom: Höchstpreise, aber kein Blackout + Agora: Ohne Chef in den Wahlkampf

Liebe Leserin, lieber Leser,

als Chefredakteur von Table.Briefings stelle ich Ihnen heute unser neues Produkt vor, das Sie neben dem Climate.Table erhalten können:

Den CEO.Table – die neue Samstags-Ausgabe von Table.Briefings.

Deutschlands Wirtschaftsmodell befindet sich im globalen Stresstest – der Wohlstand wird neu verteilt, ganze Branchen sind im Umbruch, das industrielle Fundament bröckelt. Was gestern als krisenfest galt, kann heute Auslaufmodell sein. Deutschland braucht eine Renaissance seiner ökonomischen Basis. Die Kraftanstrengung für den Wiederaufstieg gelingt nur im Bündnis von Politik, Wirtschaft und Wissenschaft.

Mit unserem neuen CEO.Table liefern wir den publizistischen Beitrag dazu.

Ab diesem Samstag, 6 Uhr, starten wir die neue Samstags-Ausgabe von Table.Briefings – ein kostenloses Executive Briefing für alle CEOs und alle, die mit ihnen zu tun haben.

Kompetent, kurz, klar. Wir analysieren jede Woche die wichtigsten Trends, Thesen und Themen aus den Chefetagen, Strategieabteilungen und Forschungsteams der Wirtschaft. Unser Redaktionsleiter Thilo Boss und sein Team kuratieren für Sie die Interviews, Reden und Vorträge der CEOs aus der vergangenen Woche und bieten Ihnen ein Best-of aus unseren Briefings China, Climate, Europe, ESG, Security, Africa, Agrifood, Bildung und Research.

Mit dem CEO.Index bewerten wir erstmals in einem Wirtschaftsmedium ganzheitlich die Leistungen von Managerinnen und Managern. In der Rubrik CEO.Survey befragt das Forsa-Institut exklusiv Entscheider zu aktuellen Themen und wir nennen die Must Reads der Technologie- und IT-Publikationen. Dazu lesen Sie im CEO.Table regelmäßig die wichtigsten Personalmeldungen aus den Chefetagen der Republik. Und in unserer Rubrik CEO.Economist ordnen renommierte Wirtschaftswissenschaftler wie IfW-Präsident Moritz Schularick, die Wirtschaftsweise Veronika Grimm, die Ökonomin Philippa Sigl-Glöckner, Prognos-Chefvolkswirt Michael Böhmer und der Präsident des IWH Halle, Reint E. Gropp, die Lage des Landes ein.

Als Lizenznehmer gehören Sie zu den Persönlichkeiten, die für den nationalen Kraftakt zum ökonomischen Wiederaufstieg Deutschlands gebraucht werden. Nehmen Sie deshalb bitte Platz an unserem CEO.Table und blicken mit uns in die Zukunft unserer Wirtschaftsnation.

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Ihr
Michael Bröcker
Bild von Michael  Bröcker

Analyse

Klimaschutz-Pflichten: Wie sich die Staaten vor dem IGH positioniert haben

Der Internationale Gerichtshof (IGH) in Den Haag soll ein Gutachten über die Klimaschutz-Pflichten der Staaten vorlegen.

Sind für das klimapolitische Handeln der Staaten nur die UN-Klimarahmenkonvention, das Kyoto-Protokoll und das Pariser Abkommen maßgeblich oder müssen sich die Staaten dabei auch an breitere Vorgaben wie die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte oder die UN-Charta halten? Das war der zentrale Konflikt zwischen großen Emittenten und von der Klimakrise besonders stark betroffenen Entwicklungsländern, der in den vergangenen beiden Wochen vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH) verhandelt wurde.

Die UN-Generalversammlung (UNGA) hatte den IGH auf Initiative Vanuatus beauftragt, zwei Fragen zu klären: Welche Klimaschutz-Pflichten ergeben sich aus dem Völkerrecht? Was sind die Konsequenzen, wenn die Staaten ihre Pflichten nicht erfüllen? Vom 2. bis 13. Dezember bezogen 96 Staaten und elf internationale Organisationen dazu Stellung. Voraussichtlich bis zum kommenden Sommer wird das Gericht sein Gutachten (Advisory Opinion) vorlegen.

Konflikte wie in den UN-Klimaverhandlungen

Vorab hatte der IGH sich mit einer Gruppe von maßgeblichen IPCC-Autoren und -Autorinnen getroffen, um sich über den aktuellen Stand der Klimawissenschaft zu informieren. Die Berichte des Weltklimarats gehören zum umfangreichen Beweismaterial, welches das Gericht nun in seine Abwägung mit einbeziehen muss.

In den mündlichen Statements der Staaten zeigten sich dann die gleichen Konfliktlinien, die auch die Verhandlungen innerhalb der UN-Klimakonferenzen prägen:

  • Die großen Emittenten argumentierten, dass ihre rechtlichen Verpflichtungen im Wesentlichen darauf begrenzt seien, NDCs unter dem Pariser Abkommen einzureichen. “Praktisch alle großen Emittenten haben betont, wie wichtig ihnen der Klimaschutz ist”, sagt Corina Heri, Klima- und Völkerrechtlerin an der Universität Zürich, zu Table.Briefings. Heri war an der Stellungnahme der Weltnaturschutzunion (IUCN) vor dem IGH beteiligt. “Aber sie wollen keine bindenden Verpflichtungen eingehen, sondern sich weiterhin freiwillig kümmern.”
  • Die besonders verwundbaren Länder hingegen verwiesen auf die Schwere der Klimakrise, schilderten die daraus entstehenden Schäden und forderten einen Ausgleich. Schwellenländer betonten ihr Recht auf wirtschaftliche Entwicklung.

Ausgewählte Plädoyers

  • Vanuatu forderte vom IGH, anzuerkennen, dass der hohe Treibhausgasausstoß “einer Handvoll leicht identifizierbarer Staaten” rechtswidrig sei, aufhören müsse, und dass seine Folgen wieder gutzumachen seien. Falls der IGH dem nachkommt, könnte das die Forderung nach Klimareparationen stärken.  
  • Papua-Neuguinea und Nauru vertraten die Ansicht, dass Staaten auch für ihre historischen Emissionen verantwortlich gemacht werden müssten, nicht erst für ihren Treibhausgasausstoß seit dem Bestehen der maßgeblichen UN-Klimaabkommen und -Konventionen.
  • Saudi-Arabien verwies auf die historisch niedrigen eigenen Emissionen und sagte, eine Advisory Opinion des IGH könne die UN-Klimaverhandlungen nicht ersetzen.
  • China argumentierte mit der historischen Verantwortung der alten Industriestaaten und sah die UNFCCC, das Kyoto-Protokoll, das Pariser Abkommen sowie die UN-Klimaverhandlungen als wichtigste Grundlagen, um den internationalen Klimaschutz zu regeln – wichtiger jedenfalls als eine Gerichtsentscheidung.
  • Indien kritisierte, die reichen Staaten würden von den ärmeren verlangen, ihren Ressourcenverbrauch zu reduzieren, obwohl sie selbst Jahrzehnte lang von den fossilen Energien profitiert hätten.
  • Deutschland verwies auf die im Pariser Abkommen festgelegten “gemeinsamen, aber unterschiedlichen Verantwortlichkeiten” der Staaten zum Klimaschutz, die Freiwilligkeit der NDCs und die Tatsache, dass das Pariser Abkommen keine juristische Verpflichtung für Klimaentschädigungen enthalte.
  • Zudem argumentierte Deutschland, dass “Staaten, die das Pariser Abkommen erfüllen, dadurch zugleich auch ihre menschenrechtlichen Verpflichtungen erfüllen”. Staaten seien nicht verpflichtet, die Menschenrechte jenseits ihrer Grenzen zu schützen – dieses Argument untermauerte Deutschland unter anderem mit einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR), der im vergangenen April eine Klimaklage von portugiesischen Jugendlichen gegen 32 Staaten für unzulässig erklärt hat.
  • Die Schweiz vertrat die Ansicht, der IGH könne den Staaten keine allzu konkreten Handlungsanweisungen geben. Der mögliche Hintergrund: Der EGMR hatte im April im Fall der Klimaseniorinnen festgestellt, dass die Schweiz ihre Klimaschutz-Pflichten verletzt – das Urteil wurde in den Anhörungen vor dem IGH häufig erwähnt. Doch die Schweizer Behörden zeigten sich bislang unbeeindruckt.
  • Thailand argumentierte, dass auch das Pariser Abkommen dazu verpflichtet, die Rechte künftiger Generationen zu schützen, und verknüpfte das mit dem rechtlich wichtigen Vorsorgeprinzip.

Gutachten anderer Gerichte könnten den Druck erhöhen

Wie das Gericht entscheiden wird, ist auch für Fachleute schwer einzuschätzen. Im Mai 2024 hatte aber schon der Internationale Seegerichtshof eine Advisory Opinion veröffentlicht, die besagt, dass Staaten das Klima stärker schützen müssten als vom Pariser Abkommen verlangt. Das könnte Signalwirkung für den IGH haben: “Angesichts der Advisory Opinion des Internationalen Seegerichtshofs ITLOS besteht die Hoffnung auf einen progressiven Vorstoß für internationale Klimaschutz-Pflichten”, sagt etwa Francesca Mascha Klein, Rechtsreferentin für strategische Prozessführung bei der Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch, zu Table.Briefings.

Als drittes internationales Gericht arbeitet derzeit der Interamerikanische Gerichtshof für Menschenrechte an einem völkerrechtlichen Gutachten über die Klimaschutz-Pflichten von Staaten. Dass sich drei hochrangige Gerichte praktisch zeitgleich mit dieser Frage beschäftigen, könnte dem Klimaschutz neue Wege eröffnen. Das Gutachten des IGH ist zwar rechtlich nicht bindend. Aber es könnte weiteren Klimaklagen neue Argumente liefern. Es dürfte auch in der internationalen Klimadiplomatie und den UNGA-Debatten eine Rolle spielen, denn diese “finden nicht in einem Vakuum statt”, sagt Klein, “sondern sind stark geprägt von dem rechtlichen und politischen Druck, den der IGH mit seiner Positionierung erhöhen könnte”.

  • Deutschland
  • Fossile Brennstoffe
  • IGH
  • Klima & Umwelt
  • Klimaklagen
  • Menschenrechte
  • Vanuatu
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Energiewende: Warum trotz extremer Strompreisspitzen kein Blackout drohte

RWE-Braunkohlekraftwerk Niederaußem: Dass hier Anfang November wegen eines Kesselschadens ein Block außer Betrieb war, hat zum starken Preisanstieg beigetragen.

Es waren extreme Preise, die am vergangenen Donnerstag und Anfang November an der Strombörse EEX verzeichnet wurden: Am 6. November zwischen 17 und 19 Uhr kostete eine Kilowattstunde im Day-Ahead-Handel etwa 82 Cent, am 12. Dezember zwischen 17 und 18 Uhr waren es sogar 94 Cent – das ist mehr als zehnmal so viel wie der durchschnittliche Preis in diesem Jahr.

Ein viel zitierter Grund dafür war, dass Windräder zu diesem Zeitpunkt aufgrund einer großflächigen Flaute fast keinen Strom produzierten und aufgrund der Jahres- und Tageszeit auch Solaranlagen nichts einspeisten – die sogenannte Dunkelflaute. Dazu kommt, dass der Stromverbrauch aufgrund der niedrigen Temperaturen überdurchschnittlich hoch war. Doch allein erklären können diese Faktoren die kurzzeitige Preisexplosion nicht. Denn eigentlich gibt es in Deutschland ausreichend Kraftwerke, mit denen die Stromnachfrage zu jedem Zeitpunkt sicher gedeckt werden kann.

So beträgt nach Angaben der Bundesnetzagentur die Leistung der Kraftwerke, die am Strommarkt teilnehmen, bei Braunkohlekraftwerken aktuell 15,2 Gigawatt, bei Steinkohlekraftwerken 9,6 Gigawatt, bei Gaskraftwerken 31,4 Gigawatt und bei Biomasse-Kraftwerken 9,5 Gigawatt. Diese allein kommen also auf eine gesicherte Leistung von 66 Gigawatt, was bereits knapp ausgereicht hätte, um die gesamte Stromnachfrage zu den beiden fraglichen Zeitpunkten ohne Importe zu decken; dazu kommen dann noch Öl- und Abfallkraftwerke sowie Pumpspeicher, zu den fraglichen Zeitpunkten über sechs Gigawatt lieferten.

“Sichere Stromversorgung zu keinem Zeitpunkt gefährdet”

Meldungen, dass die hohen Strompreise ein Zeichen für einen drohenden Blackout seien, wies die Bundesnetzagentur darum entschieden zurück. “Die sichere Stromversorgung war zu keinem Zeitpunkt gefährdet”, teilte die Behörde, die dem BMWK untersteht, mit. Das sei auch daran zu sehen, dass kein einziges Reservekraftwerk eingesetzt wurde. Das sind Kraftwerke, die die Betreiber aus wirtschaftlichen Gründen eigentlich stilllegen wollten, die aber auf Anordnung der Bundesnetzagentur am Netz bleiben mussten, um jederzeit eine ausreichende Versorgung sicherzustellen. Diese haben aktuell eine Leistung von rund zehn Gigawatt und können bei drohender Stromknappheit auf Anforderung der Übertragungsnetzbetreiber kurzfristig in Betrieb genommen werden, doch das ist weder im November noch im Dezember geschehen.

Warum es trotz eigentlich ausreichender Kapazität zu dermaßen extremen Preisausschlägen kam, ist derzeit unklar. Den Strompreis zu jedem gegebenen Zeitpunkt bestimmt das teuerste Kraftwerk, das gerade zum Einsatz kommt. Normalerweise richtet sich der Preis, zu dem die Kraftwerke ihren Strom anbieten, nach den Grenzkosten, also den Kosten, die für die Erzeugung einer zusätzlichen Kilowattstunde real entstehen. Die am 6. November und am 12. Dezember aufgetretenen Preise sind damit aber nicht zu erklären, denn sie sind um eine Vielfaches höher als die realen Produktionskosten der teuersten Gas- und Ölkraftwerke.

Auftreten können solche Preise nur, wenn die Nachfrage an der Strombörse das Angebot deutlich übersteigt und das letzte Kraftwerk darum Preise aufrufen kann, die mit den realen Kosten nichts zu tun haben. Denn solange es noch ungenutzte, verfügbare Kraftwerke gibt, die günstiger produzieren können, würden diese bei einem funktionierenden Markt sofort angeworfen werden und der Strompreis entsprechend fallen. Tatsächlich lieferten Kohle-, Gas- und Biomassekraftwerke zu den fraglichen Zeitpunkten weniger als zwei Drittel ihrer eigentlich am Markt verfügbaren Leistung.

Bundeskartellamt warnt vor Marktmacht von RWE

Dass der Strommarkt so funktioniert, wie er soll, daran gibt es schon seit einer Weile Zweifel. Denn wenn einzelne Anbieter einen großen Teil der Kraftwerke kontrollieren, können diese theoretisch die Preise manipulieren. In seinem jüngsten “Marktmachtbericht” warnte das Bundeskartellamt im November, dass bei RWE diese Möglichkeit bestehen könnte. Die “Zeitanteile, in denen der größte deutsche Stromerzeuger RWE für die Deckung der Nachfrage unverzichtbar war”, seien zwar leicht gesunken, lägen aber immer noch in der “Nähe der für die Marktbeherrschung angesetzten Vermutungsschwelle”.

In solchen Zeiträumen genieße das Unternehmen “wettbewerblich unkontrollierte Preissetzungsspielräume”, warnt das Kartellamt. Denn wenn dann Kraftwerke vom Netz genommen werden, kann der Strompreis so steigen, dass insgesamt trotzdem erhebliche Zusatzgewinne erzielt werden. Verstärkt wird das Problem laut Kartellamt dadurch, “dass die Zeiträume, in denen ohne RWE die Stromnachfrage nicht gedeckt werden konnte, von diesem Unternehmen systematisch vorhersehbar sind”.

Behörde prüft “Vorwürfe auf marktmissbräuchliches Verhalten”

Dass ein solches Vorgehen der Hintergrund für die hohen Strompreise am 6. November und am 12. Dezember gewesen sein könnte, weist RWE-Sprecherin Stephanie Schunck auf Anfrage von Table.Briefings allerdings entschieden zurück. Zu beiden Zeitpunkten habe das Unternehmen “alle technisch verfügbaren Kraftwerke wie gewohnt am Markt angeboten”, erklärt sie und betont: “Eine etwaige Vermutung, wir hätten bewusst Kapazität zurückgehalten, entbehrt jeder Grundlage.” Dass am 6. November zwei große Braunkohleblöcke von RWE – Weisweiler H und Niederaußem H – trotz der hohen Nachfrage und Preise keinen Strom produziert haben, lag nach Angaben des Unternehmens daran, dass es in beiden Kraftwerken unabhängig voneinander ein Kesselschaden aufgetreten sei. Dieser habe jeweils eine Abschaltung von gut zwei Tagen erforderlich gemacht.

Marktbeobachter gehen davon aus, dass die Nicht-Verfügbarkeit dieser beiden Blöcke beim plötzlichen Preisanstieg durchaus relevant gewesen sein könnten. “1,3 Gigawatt mehr oder weniger machen bei einem knappen Markt schon einen großen Unterschied”, sagt etwa Marco Wünsch, der für das Wirtschaftsforschungsinstitut Prognos die Energiemärkte beobachtet. Die Bundesnetzagentur, die zusammen mit dem Kartellamt für die Überwachung des Strommarktes zuständig ist, will sich die Situation an diesen beiden Tagen jedenfalls genau ansehen. “Die Bundesnetzagentur prüft die aktuellen Vorwürfe auf marktmissbräuchliches Verhalten im Zusammenhang mit den aufgetretenen Preisspitzen in enger Abstimmung mit den Handelsüberwachungsstellen der Strombörsen”, teilte ein Sprecher mit. Sofern sich dabei Anhaltspunkte für ein Fehlverhalten ergäben, würden man “weitere Ermittlungsmaßnahmen einleiten”.

Schweden kritisiert deutsche Energiepolitik

Die zeitweise hohen Strompreise in Deutschland sorgen derweil auch international für Kritik. Denn weil Deutschland zu diesen Zeiten auch entsprechend hohe Preise für importierten Strom bezahlt, steigt der Strompreis auch in den Ländern, die diesen Strom liefern. Schweden sei stark betroffen von der Wetterabhängigkeit der Stromproduktion in Deutschland, sagte die christdemokratische Energieministerin Ebba Busch am Montag beim EU-Energieministertreffen in Brüssel. Deutschland warf sie vor, sich mit dem Neubau von Gaskraftwerken noch abhängiger von fossilen Energien zu machen. Deutschland müsse sich für Grundlastkraftwerke öffnen, die nicht auf fossilen Energien beruhen.

Der neue EU-Energiekommissar Dan Jørgensen verteidigte dagegen die Politik für Wind und Solar: “Auch wenn erneuerbare Energien manchmal von einigen als Grund für Preisanstiege dargestellt werden, trifft das Gegenteil zu. Von 2021 bis 2023 haben die Bürger und Unternehmen in Europa durch den Ausbau der Erneuerbaren eine Milliarde Euro gespart.

Tatsächlich sind die Auswirkungen der extremen Preisspitzen auf die Strompreise gering. Zum einen betreffen sie nur sehr kurze Zeiträume, zum anderen stehen ihnen Zeiten gegenüber, in denen ein großes Angebot an Wind- und Solarstrom zu niedrigen oder sogar negativen Strompreisen führt. Der durchschnittliche Day-Ahead-Preis an der deutschen Strombörse liegt in diesem Jahr bisher mit 7,8 Cent pro Kilowattstunde zwar deutlich höher als vor Beginn des Ukraine-Kriegs, aber niedriger als in den Jahren 2021, 2022 und 2023.

  • Blackout
  • Energiewende
  • Erneuerbare Energien
  • Fossile Brennstoffe
  • Strommarkt
  • Strompreis
  • Ukraine-Krieg
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News

Agora Energiewende: Warum der Deutschland-Chef geht

In die heiße Phase des Bundestags-Wahlkampfs, in dem auch Energie- und Klimathemen wichtig werden, geht der Thinktank Agora Energiewende ohne zwei seiner bisherigen Führungskräfte: Der Deutschland-Direktor von Agora Energiewende, Simon Müller, verlässt den Thinktank zum 15. Januar 2025. Bereits im Oktober hatte der langjährige EU-Experte des Thinktanks, Matthias Buck, seinen Abschied genommen und seine Nachfolgerin Emeline Spire eingeführt. Für Müller gibt es bislang noch keinen Nachfolger.

Simon Müller erklärte im Gespräch mit Table.Briefings, nach drei Jahren an der Spitze von Agora Energiewende wolle er seine Arbeit auch internationaler aufstellen und mehr individuelle Freiheit genießen, Agora aber zunächst als Berater in internationalen Fragen verbunden bleiben. “Ich habe die wesentlichen Dinge erreicht, die ich mir vorgenommen hatte.” Das Team sei “gerade auch zu ökonomischen Fragen und im Bereich der Wärmewende” stark aufgestellt, mit dem überarbeiteten Szenario zum Gutachten “klimaneutrales Deutschland” habe man “eine innovative Umsetzungsperspektive für die nächste Legislaturperiode” vorgelegt.

“Agora bleibt voll arbeitsfähig”

Seine Entscheidung sei “in bestem Einvernehmen” mit der Agora-Geschäftsführung bereits im September gefallen, ehe das vorgezogene Ende der Ampel-Koalition frühe Neuwahlen nötig gemacht hatte. Obwohl Agora Energiewende nun mit Markus Steigenberger, einem der beiden Geschäftsführer von Agora Thinktanks, nur einen kommissarischen Leiter für die Deutschland-Arbeit bekommt, sei Agora “voll arbeitsfähig”, so Müller. Bis Ende des Jahres läuft die Ausschreibung. Der ehemalige Agora-Chef und zwischenzeitliche Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, Patrick Graichen, erklärte auf Anfrage von Table.Briefings, er werde sich nicht für die Position bewerben.

Matthias Buck wiederum verlässt nach neun Jahren den Thinktank, dessen Europa-Abteilung er aufgebaut hatte. Der EU-Beamte war für seine Zeit bei Agora von der EU beurlaubt worden. Um die neue EU-Kommission in den fünf Jahren ihrer Amtszeit zu begleiten, hat Emeline Spire diese Aufgabe übernehmen. Die Expertin für Strommärkte und -systeme hatte zuvor bei Agora die Abteilung Power System Transformation als Direktorin geleitet. bpo   

  • Agora Energiewende
  • Energie
  • Energiewende
  • Transformation

Kanadas NDC: Weshalb die Emissionssenkung von 45 bis 50 Prozent umstritten ist

Kanada will seine Emissionen gemäß seines neuen Klimaziels (NDC) bis zum Jahr 2035 um 45 bis 50 Prozent unter das Niveau von 2005 senken. Das kündigte das Umweltministerium am Donnerstag an. Das neue Ziel baut auf dem bisherigen Ziel auf, die Treibhausgasemissionen bis 2030 um 40 bis 45 Prozent unter das Niveau von 2005 zu senken. “Dieses Ziel hält uns auf Kurs, um das Versprechen an unsere Kinder und Enkel einzulösen, dass die Welt, die wir ihnen hinterlassen, sicher, nachhaltig, erschwinglich und wohlhabend sein wird”, sagte Umweltminister Steven Guilbeault in einer Erklärung zum neuen NDC.

Kanada, ein führender Öl- und Gasproduzent, hat bisher jedes seiner Treibhausgasemissionsziele verfehlt.
Einige Klimagruppen und auch das offizielle Beratungsgremium Net Zero Advisory Board erklärten, die neuen Ziele seien nicht ehrgeizig genug. Das Gremium hatte eine Reduktion von 50 bis 55 Prozent gefordert, Klimagruppen forderten sogar 80 Prozent. Kanadas bisheriges NDC wird vom Climate Action Tracker als “unzureichend” bewertet.

In Kanada stehen im kommenden Jahr Wahlen an – in Umfragen liegen Trudeaus Liberale gegen die oppositionellen Konservativen hinten. Die Konservativen haben verschiedene Klimaschutzmaßnahmen kritisiert, darunter eine Emissionsobergrenze für den Öl- und Gassektor. Das vollständige Dokument zu Kanadas neuem NDC wird erst 2025 erwartet. kul/rtr

  • Fossile Industrien
  • Kanada
  • NDC
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E-Auto-Boom: China erreicht Höchststand beim Erdölverbrauch

China hat scheinbar den Höchststand beim Erdölverbrauch erreicht. Wurden im Jahr 2023 noch 399 Millionen Tonnen raffiniertes Öl verbraucht, lag der Wert im Jahr 2024 schon 1,3 Prozent niedriger (394 Millionen Tonnen), wie aus Berechnungen eines Research-Instituts des nationalen Erdölkonzerns China National Petroleum Corporation (CNPC) hervorgeht.

China ist der weltweit größte Erdölimporteur. Ein Rückgang der Ölnachfrage in der Volksrepublik hätte große Bedeutung für den Klimaschutz. Die jahrzehntelange Rolle des Landes als Haupttreiber des steigenden Ölverbrauchs könnte somit enden. Der Rückgang geht vor allem auf eine sinkende Nachfrage nach Ölprodukten im Straßenverkehr zurück. Eine Ursache dafür: der hohe E-Auto-Absatz. Laut CNPC wird:

  • der Benzinverbrauch bis 2035 auf 80 bis 100 Millionen Tonnen sinken – ein Rückgang von 35 bis 50 Prozent gegenüber 2023;
  • die Dieselnachfrage voraussichtlich auf 100 bis 120 Millionen Tonnen im Jahr 2035 sinken – ein Rückgang von 35 bis 50 Prozent gegenüber 2023, und
  • der Gesamtverbrauch an fossilen Raffinerieprodukten in China bis ins Jahr 2035 voraussichtlich um 25 bis 40 Prozent auf 240 bis 290 Millionen Tonnen gegenüber dem Höchststand von 2023 sinken.
  • Allerdings werde der Verbrauch von Flugzeugtreibstoff oder Kerosin aufgrund der Nachfrage der Luftfahrt voraussichtlich von 2023 bis 2035 um 70 Prozent auf fast 61 Millionen Tonnen steigen. nib/rtr
  • China
  • Erdöl
  • Fossile Brennstoffe

Umfrage: Parteiübergreifende Mehrheit für Solarausbau

Für rund 69 Prozent der Bevölkerung sind Energiewende und Klimaschutz “wichtig” oder “eher wichtig”. Zudem sind 64 Prozent der Befragten für einen schnellen Ausbau der Solarenergie. Der Großteil der Grünen-, SPD-, FDP- und auch CDU/CSU-Wähler befürworten einen schnelleren Ausbau der Solarenergie. Zu diesem Ergebnis kommt eine repräsentative Umfrage von YouGov im Auftrag des Bundesverbands Solarwirtschaft. Der Verband hat einen 10-Punkte-Plan ausgearbeitet, wie die Solarenergie noch schneller ausgebaut werden kann. Für das Jahr 2024 übertrifft Deutschland voraussichtlich sein Solarausbau-Ziel mit einem geplanten Zubau von rund 15 Gigawatt. kul

  • Deutschland
  • Energiewende
  • Solar

Journalismus: Neues Umweltmagazin “Atmo” startet

Im Frühjahr 2025 startet in Deutschland mit “Atmo” ein neues Umweltmagazin in den Verkauf. Gegründet wurde es von ehemaligen Redakteuren des Greenpeace Magazins, das im September eingestellt wurde. Atmo will in “Zeiten, in denen Desinformation und Populismus grassieren, in denen sich Lobbyinteressen durchsetzen und dringend notwendige Veränderungen ausgebremst werden”, guten und unabhängigen Umweltjournalismus machen. Die Geschäftsführung übernehmen Frauke Ladleif und Katja Morgenthaler.

Um die Finanzierung des neuen Magazins zu sichern, hatte die Atmo-Redaktion bis zum vergangenen Sonntag um mindestens 17.000 Abos geworben. Bis Montagvormittag waren 17.090 Abos verkauft worden. Die Redaktion konnte somit ein Startkapital von mehr als 1,3 Millionen sichern. Die erste Ausgabe des Magazins soll im Frühjahr gedruckt und digital erscheinen. kul

  • Greenpeace
  • Klima & Umwelt
  • Klimakommunikation

Must-Reads

Financial Times: Wachstum wichtiger als Wüste. Der von Saudi-Arabien ausgerichtete UN-Gipfel COP16 zur Bekämpfung der Wüstenbildung endete ohne Einigung auf eine rechtlich bindende Reaktion auf Dürre. Der UN-Prozess hatte Schwierigkeiten, Differenzen mit den fossile Brennstoffe produzierenden Ländern zu überwinden. Afrikanische Länder drängten auf ein verbindliches Dürreprotokoll, während die USA und die EU einen wirtschaftlich weniger belastenden, aber dennoch effektiven Rahmen suchten. Zum Artikel

Bloomberg: Öko-Kredite unter Druck. Wenn in wenigen Wochen Donald Trump die Regierungsgeschäfte in den USA übernimmt, könnten viele ökologische Investitionen gefährdet sein. Trump hat angekündigt, Kredite für grüne Investitionen zu überprüfen, die von der Regierung Biden in letzter Minute bewilligt wurden. Mit Bidens Programm wurde bislang unter anderem Autohersteller, Batterieproduzenten und die Wiederinbetriebnahme eines Kernkraftwerks unterstützt. Zum Artikel

Inside Climate News: Eine Belastung löst die andere ab. Jahrzehntelang haben die Anwohner von Kohlekraftwerken in North Carolina die verschmutzte Luft aus den Schornsteinen eingeatmet. Jetzt müssen sie sich mit den Emissionen der neuen Erdgaskraftwerke herumschlagen. Die Kraftwerke sind ein Kernstück des umstrittenen Kohlenstoffplans des Energieunternehmens Duke Energy, der im ganzen Staat im Visier von Umweltaktivisten steht. Sie werden Millionen Tonnen Treibhausgase und andere schädliche Verbindungen in die Luft freisetzen. Zum Artikel

New York Times: Indigene uneinig bei Gasförderung. Die gewählten indigenen Führer setzen in Kanada auf die Gasförderung, um den Wohlstand ihrer Gemeinschaften zu erhöhen. Mit den neuen Investitionen hoffen sie, der langen Geschichte von Diskriminierung und Zwangsvertreibung entgegenwirken zu können, die zu vertiefter Armut geführt hat. Andere, nicht gewählte Führer sehen in der Gasförderung eine Gefahr für die natürlichen Grundlagen ihrer Kultur. Zum Artikel

Guardian: Britische Härte. Untersuchungen zeigen, dass in Großbritannien dreimal so viele Umweltaktivisten festgenommen werden wie im weltweiten Durchschnitt. Nur in Australien wurden Klima- und Umweltprotestler häufiger verhaftet als in Großbritannien. In Australien führte jeder fünfte Öko-Protest zu Verhaftungen, in Großbritannien waren es rund 17 Prozent. Der weltweite Durchschnitt liegt bei 6,7 Prozent. Neue Gesetze haben in den vergangenen Jahren die Beziehung zwischen Demonstranten und Staat verändert und der Polizei weitreichende neue Befugnisse gegeben. Zum Artikel

Mongabay: Zusammenarbeit ist der Schlüssel zum Erfolg. Camille Jahel, Forscherin am französischen Landwirtschaftszentrum für internationale Entwicklung, will wissen, was die Erfolgskriterien für nachhaltige Entwicklung sind. Eine Studie zeigt nun, dass die kurzfristigen Bedürfnisse der Gemeinschaften mit den langfristigen Zielen wie der Wiederherstellung von Ökosystemen in Einklang gebracht werden müssen. Auch dann ist ein Scheitern immer noch möglich, aber 40 Prozent der so durchgeführten Projekte hatten Erfolg. Zum Artikel

CLIMATE.TABLE REDAKTION

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    Klimaschutz-Pflichten: Wie sich die Staaten vor dem IGH positioniert haben

    Der Internationale Gerichtshof (IGH) in Den Haag soll ein Gutachten über die Klimaschutz-Pflichten der Staaten vorlegen.

    Sind für das klimapolitische Handeln der Staaten nur die UN-Klimarahmenkonvention, das Kyoto-Protokoll und das Pariser Abkommen maßgeblich oder müssen sich die Staaten dabei auch an breitere Vorgaben wie die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte oder die UN-Charta halten? Das war der zentrale Konflikt zwischen großen Emittenten und von der Klimakrise besonders stark betroffenen Entwicklungsländern, der in den vergangenen beiden Wochen vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH) verhandelt wurde.

    Die UN-Generalversammlung (UNGA) hatte den IGH auf Initiative Vanuatus beauftragt, zwei Fragen zu klären: Welche Klimaschutz-Pflichten ergeben sich aus dem Völkerrecht? Was sind die Konsequenzen, wenn die Staaten ihre Pflichten nicht erfüllen? Vom 2. bis 13. Dezember bezogen 96 Staaten und elf internationale Organisationen dazu Stellung. Voraussichtlich bis zum kommenden Sommer wird das Gericht sein Gutachten (Advisory Opinion) vorlegen.

    Konflikte wie in den UN-Klimaverhandlungen

    Vorab hatte der IGH sich mit einer Gruppe von maßgeblichen IPCC-Autoren und -Autorinnen getroffen, um sich über den aktuellen Stand der Klimawissenschaft zu informieren. Die Berichte des Weltklimarats gehören zum umfangreichen Beweismaterial, welches das Gericht nun in seine Abwägung mit einbeziehen muss.

    In den mündlichen Statements der Staaten zeigten sich dann die gleichen Konfliktlinien, die auch die Verhandlungen innerhalb der UN-Klimakonferenzen prägen:

    • Die großen Emittenten argumentierten, dass ihre rechtlichen Verpflichtungen im Wesentlichen darauf begrenzt seien, NDCs unter dem Pariser Abkommen einzureichen. “Praktisch alle großen Emittenten haben betont, wie wichtig ihnen der Klimaschutz ist”, sagt Corina Heri, Klima- und Völkerrechtlerin an der Universität Zürich, zu Table.Briefings. Heri war an der Stellungnahme der Weltnaturschutzunion (IUCN) vor dem IGH beteiligt. “Aber sie wollen keine bindenden Verpflichtungen eingehen, sondern sich weiterhin freiwillig kümmern.”
    • Die besonders verwundbaren Länder hingegen verwiesen auf die Schwere der Klimakrise, schilderten die daraus entstehenden Schäden und forderten einen Ausgleich. Schwellenländer betonten ihr Recht auf wirtschaftliche Entwicklung.

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    • Vanuatu forderte vom IGH, anzuerkennen, dass der hohe Treibhausgasausstoß “einer Handvoll leicht identifizierbarer Staaten” rechtswidrig sei, aufhören müsse, und dass seine Folgen wieder gutzumachen seien. Falls der IGH dem nachkommt, könnte das die Forderung nach Klimareparationen stärken.  
    • Papua-Neuguinea und Nauru vertraten die Ansicht, dass Staaten auch für ihre historischen Emissionen verantwortlich gemacht werden müssten, nicht erst für ihren Treibhausgasausstoß seit dem Bestehen der maßgeblichen UN-Klimaabkommen und -Konventionen.
    • Saudi-Arabien verwies auf die historisch niedrigen eigenen Emissionen und sagte, eine Advisory Opinion des IGH könne die UN-Klimaverhandlungen nicht ersetzen.
    • China argumentierte mit der historischen Verantwortung der alten Industriestaaten und sah die UNFCCC, das Kyoto-Protokoll, das Pariser Abkommen sowie die UN-Klimaverhandlungen als wichtigste Grundlagen, um den internationalen Klimaschutz zu regeln – wichtiger jedenfalls als eine Gerichtsentscheidung.
    • Indien kritisierte, die reichen Staaten würden von den ärmeren verlangen, ihren Ressourcenverbrauch zu reduzieren, obwohl sie selbst Jahrzehnte lang von den fossilen Energien profitiert hätten.
    • Deutschland verwies auf die im Pariser Abkommen festgelegten “gemeinsamen, aber unterschiedlichen Verantwortlichkeiten” der Staaten zum Klimaschutz, die Freiwilligkeit der NDCs und die Tatsache, dass das Pariser Abkommen keine juristische Verpflichtung für Klimaentschädigungen enthalte.
    • Zudem argumentierte Deutschland, dass “Staaten, die das Pariser Abkommen erfüllen, dadurch zugleich auch ihre menschenrechtlichen Verpflichtungen erfüllen”. Staaten seien nicht verpflichtet, die Menschenrechte jenseits ihrer Grenzen zu schützen – dieses Argument untermauerte Deutschland unter anderem mit einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR), der im vergangenen April eine Klimaklage von portugiesischen Jugendlichen gegen 32 Staaten für unzulässig erklärt hat.
    • Die Schweiz vertrat die Ansicht, der IGH könne den Staaten keine allzu konkreten Handlungsanweisungen geben. Der mögliche Hintergrund: Der EGMR hatte im April im Fall der Klimaseniorinnen festgestellt, dass die Schweiz ihre Klimaschutz-Pflichten verletzt – das Urteil wurde in den Anhörungen vor dem IGH häufig erwähnt. Doch die Schweizer Behörden zeigten sich bislang unbeeindruckt.
    • Thailand argumentierte, dass auch das Pariser Abkommen dazu verpflichtet, die Rechte künftiger Generationen zu schützen, und verknüpfte das mit dem rechtlich wichtigen Vorsorgeprinzip.

    Gutachten anderer Gerichte könnten den Druck erhöhen

    Wie das Gericht entscheiden wird, ist auch für Fachleute schwer einzuschätzen. Im Mai 2024 hatte aber schon der Internationale Seegerichtshof eine Advisory Opinion veröffentlicht, die besagt, dass Staaten das Klima stärker schützen müssten als vom Pariser Abkommen verlangt. Das könnte Signalwirkung für den IGH haben: “Angesichts der Advisory Opinion des Internationalen Seegerichtshofs ITLOS besteht die Hoffnung auf einen progressiven Vorstoß für internationale Klimaschutz-Pflichten”, sagt etwa Francesca Mascha Klein, Rechtsreferentin für strategische Prozessführung bei der Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch, zu Table.Briefings.

    Als drittes internationales Gericht arbeitet derzeit der Interamerikanische Gerichtshof für Menschenrechte an einem völkerrechtlichen Gutachten über die Klimaschutz-Pflichten von Staaten. Dass sich drei hochrangige Gerichte praktisch zeitgleich mit dieser Frage beschäftigen, könnte dem Klimaschutz neue Wege eröffnen. Das Gutachten des IGH ist zwar rechtlich nicht bindend. Aber es könnte weiteren Klimaklagen neue Argumente liefern. Es dürfte auch in der internationalen Klimadiplomatie und den UNGA-Debatten eine Rolle spielen, denn diese “finden nicht in einem Vakuum statt”, sagt Klein, “sondern sind stark geprägt von dem rechtlichen und politischen Druck, den der IGH mit seiner Positionierung erhöhen könnte”.

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    Energiewende: Warum trotz extremer Strompreisspitzen kein Blackout drohte

    RWE-Braunkohlekraftwerk Niederaußem: Dass hier Anfang November wegen eines Kesselschadens ein Block außer Betrieb war, hat zum starken Preisanstieg beigetragen.

    Es waren extreme Preise, die am vergangenen Donnerstag und Anfang November an der Strombörse EEX verzeichnet wurden: Am 6. November zwischen 17 und 19 Uhr kostete eine Kilowattstunde im Day-Ahead-Handel etwa 82 Cent, am 12. Dezember zwischen 17 und 18 Uhr waren es sogar 94 Cent – das ist mehr als zehnmal so viel wie der durchschnittliche Preis in diesem Jahr.

    Ein viel zitierter Grund dafür war, dass Windräder zu diesem Zeitpunkt aufgrund einer großflächigen Flaute fast keinen Strom produzierten und aufgrund der Jahres- und Tageszeit auch Solaranlagen nichts einspeisten – die sogenannte Dunkelflaute. Dazu kommt, dass der Stromverbrauch aufgrund der niedrigen Temperaturen überdurchschnittlich hoch war. Doch allein erklären können diese Faktoren die kurzzeitige Preisexplosion nicht. Denn eigentlich gibt es in Deutschland ausreichend Kraftwerke, mit denen die Stromnachfrage zu jedem Zeitpunkt sicher gedeckt werden kann.

    So beträgt nach Angaben der Bundesnetzagentur die Leistung der Kraftwerke, die am Strommarkt teilnehmen, bei Braunkohlekraftwerken aktuell 15,2 Gigawatt, bei Steinkohlekraftwerken 9,6 Gigawatt, bei Gaskraftwerken 31,4 Gigawatt und bei Biomasse-Kraftwerken 9,5 Gigawatt. Diese allein kommen also auf eine gesicherte Leistung von 66 Gigawatt, was bereits knapp ausgereicht hätte, um die gesamte Stromnachfrage zu den beiden fraglichen Zeitpunkten ohne Importe zu decken; dazu kommen dann noch Öl- und Abfallkraftwerke sowie Pumpspeicher, zu den fraglichen Zeitpunkten über sechs Gigawatt lieferten.

    “Sichere Stromversorgung zu keinem Zeitpunkt gefährdet”

    Meldungen, dass die hohen Strompreise ein Zeichen für einen drohenden Blackout seien, wies die Bundesnetzagentur darum entschieden zurück. “Die sichere Stromversorgung war zu keinem Zeitpunkt gefährdet”, teilte die Behörde, die dem BMWK untersteht, mit. Das sei auch daran zu sehen, dass kein einziges Reservekraftwerk eingesetzt wurde. Das sind Kraftwerke, die die Betreiber aus wirtschaftlichen Gründen eigentlich stilllegen wollten, die aber auf Anordnung der Bundesnetzagentur am Netz bleiben mussten, um jederzeit eine ausreichende Versorgung sicherzustellen. Diese haben aktuell eine Leistung von rund zehn Gigawatt und können bei drohender Stromknappheit auf Anforderung der Übertragungsnetzbetreiber kurzfristig in Betrieb genommen werden, doch das ist weder im November noch im Dezember geschehen.

    Warum es trotz eigentlich ausreichender Kapazität zu dermaßen extremen Preisausschlägen kam, ist derzeit unklar. Den Strompreis zu jedem gegebenen Zeitpunkt bestimmt das teuerste Kraftwerk, das gerade zum Einsatz kommt. Normalerweise richtet sich der Preis, zu dem die Kraftwerke ihren Strom anbieten, nach den Grenzkosten, also den Kosten, die für die Erzeugung einer zusätzlichen Kilowattstunde real entstehen. Die am 6. November und am 12. Dezember aufgetretenen Preise sind damit aber nicht zu erklären, denn sie sind um eine Vielfaches höher als die realen Produktionskosten der teuersten Gas- und Ölkraftwerke.

    Auftreten können solche Preise nur, wenn die Nachfrage an der Strombörse das Angebot deutlich übersteigt und das letzte Kraftwerk darum Preise aufrufen kann, die mit den realen Kosten nichts zu tun haben. Denn solange es noch ungenutzte, verfügbare Kraftwerke gibt, die günstiger produzieren können, würden diese bei einem funktionierenden Markt sofort angeworfen werden und der Strompreis entsprechend fallen. Tatsächlich lieferten Kohle-, Gas- und Biomassekraftwerke zu den fraglichen Zeitpunkten weniger als zwei Drittel ihrer eigentlich am Markt verfügbaren Leistung.

    Bundeskartellamt warnt vor Marktmacht von RWE

    Dass der Strommarkt so funktioniert, wie er soll, daran gibt es schon seit einer Weile Zweifel. Denn wenn einzelne Anbieter einen großen Teil der Kraftwerke kontrollieren, können diese theoretisch die Preise manipulieren. In seinem jüngsten “Marktmachtbericht” warnte das Bundeskartellamt im November, dass bei RWE diese Möglichkeit bestehen könnte. Die “Zeitanteile, in denen der größte deutsche Stromerzeuger RWE für die Deckung der Nachfrage unverzichtbar war”, seien zwar leicht gesunken, lägen aber immer noch in der “Nähe der für die Marktbeherrschung angesetzten Vermutungsschwelle”.

    In solchen Zeiträumen genieße das Unternehmen “wettbewerblich unkontrollierte Preissetzungsspielräume”, warnt das Kartellamt. Denn wenn dann Kraftwerke vom Netz genommen werden, kann der Strompreis so steigen, dass insgesamt trotzdem erhebliche Zusatzgewinne erzielt werden. Verstärkt wird das Problem laut Kartellamt dadurch, “dass die Zeiträume, in denen ohne RWE die Stromnachfrage nicht gedeckt werden konnte, von diesem Unternehmen systematisch vorhersehbar sind”.

    Behörde prüft “Vorwürfe auf marktmissbräuchliches Verhalten”

    Dass ein solches Vorgehen der Hintergrund für die hohen Strompreise am 6. November und am 12. Dezember gewesen sein könnte, weist RWE-Sprecherin Stephanie Schunck auf Anfrage von Table.Briefings allerdings entschieden zurück. Zu beiden Zeitpunkten habe das Unternehmen “alle technisch verfügbaren Kraftwerke wie gewohnt am Markt angeboten”, erklärt sie und betont: “Eine etwaige Vermutung, wir hätten bewusst Kapazität zurückgehalten, entbehrt jeder Grundlage.” Dass am 6. November zwei große Braunkohleblöcke von RWE – Weisweiler H und Niederaußem H – trotz der hohen Nachfrage und Preise keinen Strom produziert haben, lag nach Angaben des Unternehmens daran, dass es in beiden Kraftwerken unabhängig voneinander ein Kesselschaden aufgetreten sei. Dieser habe jeweils eine Abschaltung von gut zwei Tagen erforderlich gemacht.

    Marktbeobachter gehen davon aus, dass die Nicht-Verfügbarkeit dieser beiden Blöcke beim plötzlichen Preisanstieg durchaus relevant gewesen sein könnten. “1,3 Gigawatt mehr oder weniger machen bei einem knappen Markt schon einen großen Unterschied”, sagt etwa Marco Wünsch, der für das Wirtschaftsforschungsinstitut Prognos die Energiemärkte beobachtet. Die Bundesnetzagentur, die zusammen mit dem Kartellamt für die Überwachung des Strommarktes zuständig ist, will sich die Situation an diesen beiden Tagen jedenfalls genau ansehen. “Die Bundesnetzagentur prüft die aktuellen Vorwürfe auf marktmissbräuchliches Verhalten im Zusammenhang mit den aufgetretenen Preisspitzen in enger Abstimmung mit den Handelsüberwachungsstellen der Strombörsen”, teilte ein Sprecher mit. Sofern sich dabei Anhaltspunkte für ein Fehlverhalten ergäben, würden man “weitere Ermittlungsmaßnahmen einleiten”.

    Schweden kritisiert deutsche Energiepolitik

    Die zeitweise hohen Strompreise in Deutschland sorgen derweil auch international für Kritik. Denn weil Deutschland zu diesen Zeiten auch entsprechend hohe Preise für importierten Strom bezahlt, steigt der Strompreis auch in den Ländern, die diesen Strom liefern. Schweden sei stark betroffen von der Wetterabhängigkeit der Stromproduktion in Deutschland, sagte die christdemokratische Energieministerin Ebba Busch am Montag beim EU-Energieministertreffen in Brüssel. Deutschland warf sie vor, sich mit dem Neubau von Gaskraftwerken noch abhängiger von fossilen Energien zu machen. Deutschland müsse sich für Grundlastkraftwerke öffnen, die nicht auf fossilen Energien beruhen.

    Der neue EU-Energiekommissar Dan Jørgensen verteidigte dagegen die Politik für Wind und Solar: “Auch wenn erneuerbare Energien manchmal von einigen als Grund für Preisanstiege dargestellt werden, trifft das Gegenteil zu. Von 2021 bis 2023 haben die Bürger und Unternehmen in Europa durch den Ausbau der Erneuerbaren eine Milliarde Euro gespart.

    Tatsächlich sind die Auswirkungen der extremen Preisspitzen auf die Strompreise gering. Zum einen betreffen sie nur sehr kurze Zeiträume, zum anderen stehen ihnen Zeiten gegenüber, in denen ein großes Angebot an Wind- und Solarstrom zu niedrigen oder sogar negativen Strompreisen führt. Der durchschnittliche Day-Ahead-Preis an der deutschen Strombörse liegt in diesem Jahr bisher mit 7,8 Cent pro Kilowattstunde zwar deutlich höher als vor Beginn des Ukraine-Kriegs, aber niedriger als in den Jahren 2021, 2022 und 2023.

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    News

    Agora Energiewende: Warum der Deutschland-Chef geht

    In die heiße Phase des Bundestags-Wahlkampfs, in dem auch Energie- und Klimathemen wichtig werden, geht der Thinktank Agora Energiewende ohne zwei seiner bisherigen Führungskräfte: Der Deutschland-Direktor von Agora Energiewende, Simon Müller, verlässt den Thinktank zum 15. Januar 2025. Bereits im Oktober hatte der langjährige EU-Experte des Thinktanks, Matthias Buck, seinen Abschied genommen und seine Nachfolgerin Emeline Spire eingeführt. Für Müller gibt es bislang noch keinen Nachfolger.

    Simon Müller erklärte im Gespräch mit Table.Briefings, nach drei Jahren an der Spitze von Agora Energiewende wolle er seine Arbeit auch internationaler aufstellen und mehr individuelle Freiheit genießen, Agora aber zunächst als Berater in internationalen Fragen verbunden bleiben. “Ich habe die wesentlichen Dinge erreicht, die ich mir vorgenommen hatte.” Das Team sei “gerade auch zu ökonomischen Fragen und im Bereich der Wärmewende” stark aufgestellt, mit dem überarbeiteten Szenario zum Gutachten “klimaneutrales Deutschland” habe man “eine innovative Umsetzungsperspektive für die nächste Legislaturperiode” vorgelegt.

    “Agora bleibt voll arbeitsfähig”

    Seine Entscheidung sei “in bestem Einvernehmen” mit der Agora-Geschäftsführung bereits im September gefallen, ehe das vorgezogene Ende der Ampel-Koalition frühe Neuwahlen nötig gemacht hatte. Obwohl Agora Energiewende nun mit Markus Steigenberger, einem der beiden Geschäftsführer von Agora Thinktanks, nur einen kommissarischen Leiter für die Deutschland-Arbeit bekommt, sei Agora “voll arbeitsfähig”, so Müller. Bis Ende des Jahres läuft die Ausschreibung. Der ehemalige Agora-Chef und zwischenzeitliche Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, Patrick Graichen, erklärte auf Anfrage von Table.Briefings, er werde sich nicht für die Position bewerben.

    Matthias Buck wiederum verlässt nach neun Jahren den Thinktank, dessen Europa-Abteilung er aufgebaut hatte. Der EU-Beamte war für seine Zeit bei Agora von der EU beurlaubt worden. Um die neue EU-Kommission in den fünf Jahren ihrer Amtszeit zu begleiten, hat Emeline Spire diese Aufgabe übernehmen. Die Expertin für Strommärkte und -systeme hatte zuvor bei Agora die Abteilung Power System Transformation als Direktorin geleitet. bpo   

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    Kanadas NDC: Weshalb die Emissionssenkung von 45 bis 50 Prozent umstritten ist

    Kanada will seine Emissionen gemäß seines neuen Klimaziels (NDC) bis zum Jahr 2035 um 45 bis 50 Prozent unter das Niveau von 2005 senken. Das kündigte das Umweltministerium am Donnerstag an. Das neue Ziel baut auf dem bisherigen Ziel auf, die Treibhausgasemissionen bis 2030 um 40 bis 45 Prozent unter das Niveau von 2005 zu senken. “Dieses Ziel hält uns auf Kurs, um das Versprechen an unsere Kinder und Enkel einzulösen, dass die Welt, die wir ihnen hinterlassen, sicher, nachhaltig, erschwinglich und wohlhabend sein wird”, sagte Umweltminister Steven Guilbeault in einer Erklärung zum neuen NDC.

    Kanada, ein führender Öl- und Gasproduzent, hat bisher jedes seiner Treibhausgasemissionsziele verfehlt.
    Einige Klimagruppen und auch das offizielle Beratungsgremium Net Zero Advisory Board erklärten, die neuen Ziele seien nicht ehrgeizig genug. Das Gremium hatte eine Reduktion von 50 bis 55 Prozent gefordert, Klimagruppen forderten sogar 80 Prozent. Kanadas bisheriges NDC wird vom Climate Action Tracker als “unzureichend” bewertet.

    In Kanada stehen im kommenden Jahr Wahlen an – in Umfragen liegen Trudeaus Liberale gegen die oppositionellen Konservativen hinten. Die Konservativen haben verschiedene Klimaschutzmaßnahmen kritisiert, darunter eine Emissionsobergrenze für den Öl- und Gassektor. Das vollständige Dokument zu Kanadas neuem NDC wird erst 2025 erwartet. kul/rtr

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    E-Auto-Boom: China erreicht Höchststand beim Erdölverbrauch

    China hat scheinbar den Höchststand beim Erdölverbrauch erreicht. Wurden im Jahr 2023 noch 399 Millionen Tonnen raffiniertes Öl verbraucht, lag der Wert im Jahr 2024 schon 1,3 Prozent niedriger (394 Millionen Tonnen), wie aus Berechnungen eines Research-Instituts des nationalen Erdölkonzerns China National Petroleum Corporation (CNPC) hervorgeht.

    China ist der weltweit größte Erdölimporteur. Ein Rückgang der Ölnachfrage in der Volksrepublik hätte große Bedeutung für den Klimaschutz. Die jahrzehntelange Rolle des Landes als Haupttreiber des steigenden Ölverbrauchs könnte somit enden. Der Rückgang geht vor allem auf eine sinkende Nachfrage nach Ölprodukten im Straßenverkehr zurück. Eine Ursache dafür: der hohe E-Auto-Absatz. Laut CNPC wird:

    • der Benzinverbrauch bis 2035 auf 80 bis 100 Millionen Tonnen sinken – ein Rückgang von 35 bis 50 Prozent gegenüber 2023;
    • die Dieselnachfrage voraussichtlich auf 100 bis 120 Millionen Tonnen im Jahr 2035 sinken – ein Rückgang von 35 bis 50 Prozent gegenüber 2023, und
    • der Gesamtverbrauch an fossilen Raffinerieprodukten in China bis ins Jahr 2035 voraussichtlich um 25 bis 40 Prozent auf 240 bis 290 Millionen Tonnen gegenüber dem Höchststand von 2023 sinken.
    • Allerdings werde der Verbrauch von Flugzeugtreibstoff oder Kerosin aufgrund der Nachfrage der Luftfahrt voraussichtlich von 2023 bis 2035 um 70 Prozent auf fast 61 Millionen Tonnen steigen. nib/rtr
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    Umfrage: Parteiübergreifende Mehrheit für Solarausbau

    Für rund 69 Prozent der Bevölkerung sind Energiewende und Klimaschutz “wichtig” oder “eher wichtig”. Zudem sind 64 Prozent der Befragten für einen schnellen Ausbau der Solarenergie. Der Großteil der Grünen-, SPD-, FDP- und auch CDU/CSU-Wähler befürworten einen schnelleren Ausbau der Solarenergie. Zu diesem Ergebnis kommt eine repräsentative Umfrage von YouGov im Auftrag des Bundesverbands Solarwirtschaft. Der Verband hat einen 10-Punkte-Plan ausgearbeitet, wie die Solarenergie noch schneller ausgebaut werden kann. Für das Jahr 2024 übertrifft Deutschland voraussichtlich sein Solarausbau-Ziel mit einem geplanten Zubau von rund 15 Gigawatt. kul

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    Journalismus: Neues Umweltmagazin “Atmo” startet

    Im Frühjahr 2025 startet in Deutschland mit “Atmo” ein neues Umweltmagazin in den Verkauf. Gegründet wurde es von ehemaligen Redakteuren des Greenpeace Magazins, das im September eingestellt wurde. Atmo will in “Zeiten, in denen Desinformation und Populismus grassieren, in denen sich Lobbyinteressen durchsetzen und dringend notwendige Veränderungen ausgebremst werden”, guten und unabhängigen Umweltjournalismus machen. Die Geschäftsführung übernehmen Frauke Ladleif und Katja Morgenthaler.

    Um die Finanzierung des neuen Magazins zu sichern, hatte die Atmo-Redaktion bis zum vergangenen Sonntag um mindestens 17.000 Abos geworben. Bis Montagvormittag waren 17.090 Abos verkauft worden. Die Redaktion konnte somit ein Startkapital von mehr als 1,3 Millionen sichern. Die erste Ausgabe des Magazins soll im Frühjahr gedruckt und digital erscheinen. kul

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    • Klima & Umwelt
    • Klimakommunikation

    Must-Reads

    Financial Times: Wachstum wichtiger als Wüste. Der von Saudi-Arabien ausgerichtete UN-Gipfel COP16 zur Bekämpfung der Wüstenbildung endete ohne Einigung auf eine rechtlich bindende Reaktion auf Dürre. Der UN-Prozess hatte Schwierigkeiten, Differenzen mit den fossile Brennstoffe produzierenden Ländern zu überwinden. Afrikanische Länder drängten auf ein verbindliches Dürreprotokoll, während die USA und die EU einen wirtschaftlich weniger belastenden, aber dennoch effektiven Rahmen suchten. Zum Artikel

    Bloomberg: Öko-Kredite unter Druck. Wenn in wenigen Wochen Donald Trump die Regierungsgeschäfte in den USA übernimmt, könnten viele ökologische Investitionen gefährdet sein. Trump hat angekündigt, Kredite für grüne Investitionen zu überprüfen, die von der Regierung Biden in letzter Minute bewilligt wurden. Mit Bidens Programm wurde bislang unter anderem Autohersteller, Batterieproduzenten und die Wiederinbetriebnahme eines Kernkraftwerks unterstützt. Zum Artikel

    Inside Climate News: Eine Belastung löst die andere ab. Jahrzehntelang haben die Anwohner von Kohlekraftwerken in North Carolina die verschmutzte Luft aus den Schornsteinen eingeatmet. Jetzt müssen sie sich mit den Emissionen der neuen Erdgaskraftwerke herumschlagen. Die Kraftwerke sind ein Kernstück des umstrittenen Kohlenstoffplans des Energieunternehmens Duke Energy, der im ganzen Staat im Visier von Umweltaktivisten steht. Sie werden Millionen Tonnen Treibhausgase und andere schädliche Verbindungen in die Luft freisetzen. Zum Artikel

    New York Times: Indigene uneinig bei Gasförderung. Die gewählten indigenen Führer setzen in Kanada auf die Gasförderung, um den Wohlstand ihrer Gemeinschaften zu erhöhen. Mit den neuen Investitionen hoffen sie, der langen Geschichte von Diskriminierung und Zwangsvertreibung entgegenwirken zu können, die zu vertiefter Armut geführt hat. Andere, nicht gewählte Führer sehen in der Gasförderung eine Gefahr für die natürlichen Grundlagen ihrer Kultur. Zum Artikel

    Guardian: Britische Härte. Untersuchungen zeigen, dass in Großbritannien dreimal so viele Umweltaktivisten festgenommen werden wie im weltweiten Durchschnitt. Nur in Australien wurden Klima- und Umweltprotestler häufiger verhaftet als in Großbritannien. In Australien führte jeder fünfte Öko-Protest zu Verhaftungen, in Großbritannien waren es rund 17 Prozent. Der weltweite Durchschnitt liegt bei 6,7 Prozent. Neue Gesetze haben in den vergangenen Jahren die Beziehung zwischen Demonstranten und Staat verändert und der Polizei weitreichende neue Befugnisse gegeben. Zum Artikel

    Mongabay: Zusammenarbeit ist der Schlüssel zum Erfolg. Camille Jahel, Forscherin am französischen Landwirtschaftszentrum für internationale Entwicklung, will wissen, was die Erfolgskriterien für nachhaltige Entwicklung sind. Eine Studie zeigt nun, dass die kurzfristigen Bedürfnisse der Gemeinschaften mit den langfristigen Zielen wie der Wiederherstellung von Ökosystemen in Einklang gebracht werden müssen. Auch dann ist ein Scheitern immer noch möglich, aber 40 Prozent der so durchgeführten Projekte hatten Erfolg. Zum Artikel

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