Der alte Slogan “Wahlen ändern nichts” war schon immer falsch. Er wird noch absurder, wenn man mit der Klimabrille auf Thüringen schaut, wie wir es heute tun: Denn das Land in der Mitte Deutschlands hat sich bei CO₂-Reduktion und Ausbau der Erneuerbaren an die Spitze Deutschlands gebracht – aber wenn nach der Wahl am kommenden Sonntag die AfD die Politik bestimmen sollte, ist es damit wohl vorbei. Und auch die CDU hat bisher die Klimapolitik so gebremst, dass diese Wahl in Thüringen sehr viel ändern kann – und nicht nur das gesellschaftliche Klima.
Anderswo haben die Menschen dagegen kaum eine Wahl: Wir berichten über neue erschreckende Daten darüber, wie die Inselstaaten im Pazifik durch den eskalierenden Anstieg des Meeresspiegels von der Landkarte verschwinden werden, wenn nicht sehr schnell sehr viel weniger CO₂ in die Atmosphäre gelangt. Und wie Wissenschaftler dazu raten, im Zweifel überall auf der Welt Küstenregionen aufzugeben. Neue schlechte Nachrichten gibt es auch darüber, wie die Klimakrise in Deutschland die Ernten verdirbt. Und mit welchen Kniffen Umweltverbände die EU wegen ihrer Klimaziele vor Gericht bringen wollen.
Alles nicht immer angenehm zu lesen, aber wichtig und spannend. Wir bleiben für Sie dran.
Thüringen hat große Fortschritte beim Klimaschutz gemacht und könnte eines der ersten klimaneutralen Bundesländer werden – aber nur, wenn es seinen Rang als Vorreiter beibehält. Bisher zeigt das Land die größte Senkung der CO₂-Emissionen unter allen Bundesländern, es hat einen hohen Anteil von Erneuerbaren im Strommix, wenige CO₂-lastige Kraftwerke, kaum Schwerindustrie und große Naturflächen. Allerdings könnte dieser Pfad am kommenden Wochenende durch einen Wahlerfolg von AfD oder CDU gefährdet werden. Beide Parteien haben bisher wenig Interesse an konsequenter Klimapolitik in Thüringen gezeigt.
Bundesweit führend ist Thüringen bei der CO₂-Reduktion: Seit 1990 sind die energiebedingten Emissionen bis 2023 laut Umweltministerium um 63 Prozent gesunken. Schon 2020 hatte das Land damit die EU-Anforderungen (minus 55 Prozent) für 2030 erreicht und kommt dem bundesdeutschen Ziel für 2030 (minus 65 Prozent) nahe. Erreicht wurde die drastische Senkung durch:
Anders als in Braunkohle-Ländern wie Sachsen oder Brandenburg kommen in Thüringen mehr als drei Viertel der etwa 12,5 Millionen Tonnen CO₂-Emissionen (Stand 2020) nicht aus der Stromerzeugung, sondern aus Verkehr, Haushalt, Gewerbe und der Landwirtschaft. Nach einem starken Rückgang Anfang der 1990er-Jahre sind die Emissionen weiter, wenn auch weniger stark, gesunken – auch das anders als etwa in Sachsen und Brandenburg, wo seit 20 Jahren die Emissionen praktisch nicht gesunken sind.
Alarmzeichen zeigt allerdings auch im Waldland Thüringen (etwa die Hälfte der Landesfläche besteht aus Forst) das Ökosystem Wald. Von einer sicheren “Senke”, die CO₂ speichert, entwickelt er sich Richtung Quelle; derzeit ist die Bilanz laut Umweltministerium etwa ausgeglichen. Für den Verkehr, dessen Emissionen als einzige über den Zahlen von 1990 liegen, gibt es auch in Thüringen keine absehbare Lösung außer der Förderung der E-Mobilität.
Auch beim Anteil der Erneuerbaren gehört Thüringen zur Spitze in Deutschland: Fast 62 Prozent des im Land erzeugten Stroms stammten 2020 aus Wind, Solar, Biomasse und Wasserkraft. Thüringen hat den Vorteil, ein Drittel der deutschen Kapazitäten für Pumpspeicher zu beherbergen. Der Umbau des Energiesystems sei machbar, “ein klimaneutrales Thüringen ist realistisch und bezahlbar“, attestierte 2021 ein Gutachten der Hochschule Nordhausen dem Land. Dafür brauche es allerdings:
Die rot-rot-grüne Regierung betont, sie habe viele Dinge auf den Weg gebracht. So hat sie Ausbauziele für Erneuerbare und CO₂-Reduktion im Klimagesetz und in der Energiestrategie EIKS verankert. Vom geforderten Flächenanteil von 1,8 Prozent der Landesfläche für Wind bis 2027 ist allerdings erst eine Fläche von 0,6 Prozent erreicht. Kommunen bekommen aus dem “Klima-Pakt” Geld pro Kopf ihrer Einwohner für Investitionen in Klimaschutz. Der grüne Umweltminister Bernhard Stengele sagte Table.Briefings: “Klimaschutz und Wirtschaftskraft gehen eine gute Verbindung ein, wenn wir es richtig anpacken. Wir haben in den letzten zehn Jahren schon viel erreicht”, etwa beim Ausbau der Solarenergie, der Förderung der Bürgerenergie und der Finanzierung der Kommunen. “Wenn wir nicht weitermachen wie bisher, wenn wir beim Klimaschutz zurückfallen, geht das zulasten aller.”
Allerdings ist vieles unerledigt: Ein Monitoring von Klimagesetz und -strategie steht noch aus. Auch muss das Klimagesetz bei Datum der Klimaneutralität (bisher “in der zweiten Hälfte des 21. Jahrhunderts”) an die Bundesvorgabe von 2045 angepasst werden. Und ein Gutachten der Unternehmensberatung prognos und des Leipziger “Instituts für Energie” mit einer konkreten Pfadberechnung für die Klimaneutralität in allen Sektoren wird erst im Herbst nach der Wahl veröffentlicht. Wichtige Entscheidungen über die weitere Entwicklung liegen damit in der Hand des nächsten Parlaments und der nächsten Regierung in Erfurt.
Die Chancen des Landes bei einer klimaneutralen Entwicklung betont ein “Appell des Thüringer Klimarats” zu den anstehenden Landtagswahlen. Das Expertise-Gremium der Landesregierung betont darin, Thüringen gehöre mit einer Erwärmung von 1,7 Grad Celsius gegenüber der vorindustriellen Zeit zu den “am stärksten vom Klimawandel betroffenen Regionen Deutschlands”. Hitze, Starkregen, Überschwemmungen und Waldbrände gefährdeten das Leben der Menschen und die Wirtschaft ebenso wie die Ernten. Das Land sei innovationsfreudig und habe gemeinsam mit Sachsen das beste deutsche Potenzial für die Nutzung der Solarenergie. Es müsse aber mehr etwa in den Ausbau der Erneuerbaren, Effizienz und die Anpassung an den Klimawandel investieren.
Thüringen könne “ohne Einbußen des Lebensstandards” einen “wichtigen Beitrag zum Schutz des Klimas leisten”, erklärten die Experten um den Jenaer Hydrologen Kai Uwe Totsche. “Die kommende Legislatur ist entscheidend für den Klimaschutz”, heißt es weiter in der Erklärung zur anstehenden Landtagswahl, “informieren Sie sich über Strategien und Pläne der Parteien und bedenken Sie bei Ihrer Entscheidung die Dringlichkeit von Klimaschutz und Klimaanpassung“.
Doch gerade die Strategien und Pläne der Parteien lassen Zweifel an einem ehrgeizigen Kurs Richtung Klimaneutralität aufkommen. Denn die AfD und die CDU, die in Umfragen vorn liegen, haben bisher den Klimaschutz in Thüringen eher ausgebremst. Die AfD leugnet die Ursachen des menschengemachten Klimawandels und sieht daher Maßnahmen zum Klimaschutz grundsätzlich kritisch. Für Thüringen fordert sie ein Ende des Windausbaus, keine neuen Stromleitungen oder Effizienzvorgaben, sie will russisches Gas und einen Wiedereinstieg in die Atomkraft – was Thüringen als Bundesland aber nicht entscheiden kann.
Die CDU Thüringen ist zwar für den Ausbau der Erneuerbaren, aber verweist auf “technologieoffene Lösungen” und wendet sich gegen “utopische Überforderungen in der Klimapolitik”. Erst Ende 2023 stimmte sie im Thüringer Landtag zusammen mit der AfD für einen Antrag der FDP, der praktisch die Entwicklung von Windenergie im Wald verbietet – und setzte ihn gegen die Stimmen der Minderheits-Regierungskoalition durch. Eine Verdreifachung der Windkapazitäten im Land, wie für die Klimaneutralität nötig, ist auf diese Weise sehr zweifelhaft.
Die Vereinten Nationen warnen in einer neuen Studie vor dem schnellen Anstieg des Meeresspiegels. Kleine Inselstaaten vor allem im Pazifik sind demnach real vom Untergang bedroht, weil die Pegel dort deutlich schneller steigen als weltweit. Die Schäden und Risiken für Menschen, Infrastruktur und die Wirtschaft nehmen zu, die Ernährungssicherheit ist gefährdet. Und die Pegelstände und Verluste werden weiter steigen.
Das Meer ist seit Anfang der 2000er-Jahre so schnell angestiegen wie nie zuvor in den letzten 3.000 Jahren. Als Ursachen gelten das Abschmelzen des Landeises und die Erwärmung und Ausdehnung des Meerwassers. Die UN warnen, dass der Anstieg sich weiter beschleunigt. Hunderte Millionen Menschen sind davon bedroht. Schon heute verursacht der Meeresspiegelanstieg jährlich wirtschaftliche Schäden in Milliardenhöhe. Gelingt es nicht, die Klimakrise zu stoppen, könnten schon in wenigen Jahrzehnten Millionen Menschen zu Klimaflüchtlingen werden.
Auf den ersten Blick sind es nur ein paar Millimeter, doch sie werden gravierende Auswirkungen auf die Menschheit haben. Der Anstieg des Meeresspiegels hat sich in den letzten zehn Jahren im Vergleich zur Jahrhundertwende (1993 bis 2002) mehr als verdoppelt – von 0,21 auf 0,48 Zentimeter pro Jahr. Hauptursache dafür ist der menschengemachte Klimawandel und das Verbrennen fossiler Rohstoffe, die historisch für 69 Prozent und in den letzten Jahren (2013 bis 2022) sogar für fast 90 Prozent der CO₂-Emissionen verantwortlich sind.
Viele kleine Inselstaaten drohen schon bald unterzugehen oder unbewohnbar zu werden. In großen Teilen des westlichen tropischen Pazifiks ist der Meeresspiegel mit zehn bis 15 Zentimetern in den letzten 30 Jahren fast doppelt so schnell angestiegen wie im globalen Durchschnitt, wie ein neuer Bericht der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) über den Südwestpazifik zeigt. Einige Inseln wurden demnach zehnmal häufiger von Küstenüberflutungen heimgesucht als noch 1980. Auch das Meer erwärmt sich in großen Teilen der Region viel schneller als im globalen Durchschnitt. Stürme werden immer heftiger. Insgesamt gab es im Jahr 2023 im Südwestpazifik 34 “hydrometeorologische Gefahrenereignisse”, also extreme Stürme, Überflutungen und Dürren, von denen mehr als 25 Millionen Menschen betroffen waren und die 4,4 Milliarden US-Dollar an ökonomischen Schäden angerichtet haben.
Die ökonomischen Folgen sind gravierend:
Wird die derzeitige Klimapolitik fortgesetzt, droht eine globale Erwärmung von 2,7 Grad bis 2050 und ein Anstieg des Meeresspiegels um 56 Zentimeter im Jahr 2100 verglichen mit 2020, wie die Wissenschaftler von Climate Analytics vorrechnen. Zum Vergleich: Die meisten pazifischen Inseln erheben sich im Durchschnitt nur ein bis zwei Meter über den Meeresspiegel. Gelingt es, die Erwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen und um das Jahr 2050 Netto-Null-Emissionen zu erreichen, würde das Meer bis 2100 um 38 Zentimeter ansteigen.
Die WMO kommt zu dem Schluss: “Der Klimawandel bedroht die Zukunft der pazifischen Inseln.” Tuvalu hat daher schon ein Umsiedlungsabkommen mit Australien abgeschlossen. Pro Jahr können 280 der gut 11.000 Einwohner Tuvalus in das Nachbarland umsiedeln. Andere Staaten der Region haben Assoziierungsabkommen mit den USA (Mikronesien, Marshallinseln, Palau) und Neuseeland (Cookinseln, Niue) und ihre Bewohner können sich dort niederlassen. Australien und Neuseeland haben zudem eine Einwanderungslotterie gestartet, über die Visa verlost werden, wie die Le Monde Diplomatique berichtet. Doch nicht alle Bevölkerungen der Inselstaaten haben solche Auswanderungsoptionen.
In Zukunft werden sich laut der UN die Sturmfluten und Hochwasser weiter verschlimmern. Auch Häfen sind vom Meeresspiegelanstieg bedroht, was Auswirkungen auf den weltweiten Handel haben könnte. Zudem seien küstennahe Großstädte auf allen Kontinenten bedroht.
Die UN warnen, dass der Meeresspiegelanstieg irreversibel sei:
UN-Generalsekretär António Guterres forderte daher die reichen Staaten am Montag bei einem Besuch in Tonga auf, die CO₂-Emissionen drastisch zu senken und schnell aus den fossilen Energien auszusteigen. Die UN fordern die Staaten in ihrer Studie auf:
Die Allianz der kleinen Inselstaaten (AOSIS) hatte schon auf der COP-Zwischenkonferenz in Bonn “Billionen US-Dollar” für das neue Klimafinanzziel (NCQG) gefordert. Zudem müsse der Zugang kleiner Staaten zur internationalen Klimafinanzierung verbessert werden. “Die Institutionen, die uns diese Gelder zukommen lassen, sind nicht auf die Kontexte von kleinen Inselstaaten und den am wenigsten entwickelten Ländern ausgerichtet, sondern auf größere Länder”, beklagte Michai Robertson, Senior Advisor bei AOSIS. Die Staatengruppe verlangt eine Beendigung der Finanzierung fossiler Energieprojekte.
30. August, 11 Uhr, Online
Webinar Carbon Brief’s webinar live from the Arctic
Daisy Dunne, Redakteurin bei Carbon Brief, reist zur britischen Arktis-Forschungsstation in Ny-Ålesund auf der norwegischen Insel Svalbard im Nordpolarmeer. Sie schließt sich den Wissenschaftlern des British Antarctic Survey an, die erforschen, wie sich der Klimawandel auf das Eis, das Ökosystem und den Ozean der Region auswirkt – und berichtet in diesem Webinar davon. Infos
30. August, 15 Uhr, Berlin
Aktionstag Aktionstag Klimaspiele
Spiele sind eine kreative Methode, um sich mit Nachhaltigkeitsthemen auseinanderzusetzen. Bei dem Aktionstag der Klima-Allianz können verschiedene ausprobiert werden. Infos
1. September
Landtagaswahlen in Thüringen und Sachsen
Sachsen und Thüringen wählen einen neuen Landtag. In beiden Bundesländern könnte die Regierungsbildung schwierig werden und die kommenden Landesregierungen könnten großen Einfluss auf die Umsetzung von Klimapolitik haben.
1. bis 8. September, Berlin
Sommerakademie Klimajournalismus und Energiewende
Die Plattform Clean Energy Wire veranstaltet eine Sommerakademie für Journalistinnen und Journalisten aus ganz Europa. Es geht dabei unter anderem um Klima-Berichterstattung und Geopolitik. Infos
3. September, 10 Uhr, Online
Webinar Private Ladeinfrastruktur für LKW
Laut Bundesregierung soll bis 2030 ein Drittel der Fahrleistung im schweren Straßengüterverkehr elektrisch oder auf Basis strombasierter Kraftstoffe erbracht werden. Auf dem Webinar von Agora Verkehrswende wird darüber diskutiert, welche Maßnahmen erforderlich sind, um das zu erreichen. Infos
5. September, 9 Uhr, Online
Webinar E-methane: a new gas for a net-zero future?
Die Internationale Energieagentur (IEA) diskutiert auf diesem Webinar darüber, welche Rolle E-Methan für die Dekarbonisierung spielen kann. Infos
5. September, 12 Uhr, Online
Webinar Climate Investing in Times of Net Zero Commitments: Is Regulation Driving Towards the Right Path?
Auf dem Webinar von Women in Sustainable Finance wird darüber diskutiert, wie die Finanzindustrie ihren Beitrag zur Erreichung von Klimazielen leisten kann. Infos
5. September, 15 Uhr, Online
Webinar Neue Kraftwerksstrategie – Großer Wurf oder Übergangslösung?
Nach langen Verhandlungen hat die Bundesregierung endlich eine Verständigung mit der EU-Kommission über die künftige Kraftwerksstrategie erzielt. Was bedeutet das für die Planungen der Kraftwerksbetreiber? Und was sind die Folgen für den Kohleausstieg? Darüber diskutiert Energate bei dieser Veranstaltung. Infos
5. bis 6. September, Rio de Janeiro
Konferenz Fifth Global Conference on Strengthening Synergies between the Paris Agreement and the 2030 Agenda for Sustainable Development
Die Konferenz des UNFCCC bringt staatliche und nicht staatliche Akteure zusammen, um über Synergien zwischen den Nachhaltigen Entwicklungszielen (SDGs) und dem Pariser Klimaschutzabkommen zu diskutieren. Infos
5. bis 6. September, Leipzig
Konferenz Governance und Recht zur blau-grünen Stadtentwicklung
Unter blau-grüner Stadtentwicklung versteht man das Einbinden von Wasser und Pflanzen in Städte. Für die Klimaanpassung ist das besonders wichtig. Auf der Fachkonferenz am Umweltforschungszentrum (UFZ) wird diskutiert, welche rechtlichen Rahmenbedingungen nötig sind, um blau-grüne Stadtentwicklung voranzutreiben. Infos
In den ersten drei Monaten des Jahres 2024 sind die Treibhausgasemissionen der Europäischen Union um insgesamt vier Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum gesunken. Laut Zahlen des EU-Statistikamtes Eurostat emittierten die Mitgliedstaaten im ersten Jahresquartal 894 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalente (CO₂-Äq) – von Januar bis März 2023 waren es noch 931 CO₂-Äq.
20 EU-Länder wiesen demnach eine Treibhausgasreduktion auf – die größten Reduktionen kommen aus Bulgarien (-15,2 Prozent), Deutschland (-6,7) und Belgien (-6,0). Die größten Anstiege der THG-Emissionen werden für Malta (8,8), Litauen (7,4) und Lettland (5,7) angegeben.
In acht Ländern, die eine THG-Reduktion im ersten Jahresquartal aufweisen, wurde gleichzeitig auch ein Rückgang des BIP gemessen (Deutschland, Estland, Irland, Luxemburg, Niederlande, Österreich, Finnland und Tschechien). 12 Länder weisen einen Rückgang der Emissionen bei gleichzeitigem BIP-Wachstum auf (Belgien, Bulgarien, Dänemark, Spanien, Frankreich, Italien, Ungarn, Polen, Portugal, Slowakei, Schweden und Kroatien). Insgesamt stieg das BIP EU-weit um 0,3 Prozent an. luk
Die Umweltschutzorganisationen Climate Action Network Europe (CAN Europe) und Global Legal Action Network (GLAN) haben die Europäische Kommission wegen ihrer 2030er-Klimaziele vor dem Europäischen Gericht (EuG) verklagt. Sie wollen erreichen, dass die EU durch möglichst schnell einzuleitende Maßnahmen ihre Emissionen bis 2030 um mindestens 65 Prozent gegenüber dem Stand von 1990 senkt. Das teilten die NGOs am Dienstag mit. Derzeit liegt das Ziel bei minus 55 Prozent. Das EuG ist das zweithöchste Gericht der EU und dem EuGH untergeordnet; seine Urteile können vor dem EuGH angefochten werden.
Konkret geht es in der Klage um die nationalen Ziele zur Treibhausgassenkung in der Effort Sharing Regulation (ESR) – auch Lastenteilung genannt. Sie umfasst die Sektoren Verkehr, Landwirtschaft, Gebäude, Abfall und Teile der Industrie, die nicht im europäischen Emissionshandel erfasst sind, und gibt nationale Reduktionsziele bis zum Jahr 2030 vor.
Die NGOs sind der Auffassung, dass die Grenzwerte nicht ausreichen, um Europas Treibhausgasemissionen schnell genug zu reduzieren und so die Pariser Klimaziele einzuhalten. Man habe dargelegt, dass die EU-Ziele weder wissenschaftsbasiert noch im Einklang mit der 1,5-Grad-Grenze seien, sagte GLAN-Anwalt Gerry Liston, und er verwies auf das historische Urteil des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofs (EGMR) im Fall der Schweizer Klimaseniorinnen: “Die Essenz dieses Urteils ist, dass Staaten wissenschaftsbasierte Emissionsziele verabschieden müssen, die im Einklang mit 1,5 Grad sind.” Das müsse das EuG nun berücksichtigen.
Allerdings nutzen die Organisationen für ihre Klage einen Umweg: Statt das 2030er-Ziel direkt anzugreifen, gehen sie gegen den Verwaltungsakt vor, der es in jährliche nationale Emissionsziele übersetzt. Dazu sind sie als NGOs auf Basis der Aarhus-Verordnung der EU berechtigt. Ihr Kernargument dabei: Weil die jährlichen nationalen Emissionsziele auf den minus 55 Prozent basieren, dieses Ziel aber nicht im Einklang mit geltendem Recht stehe, sei der Verwaltungsakt nicht rechtmäßig, und die jährlichen nationalen Ziele müssten nachgebessert werden. Sofern das EuG in ihrem Sinne urteilt, ergäbe sich damit eine Pflicht zur Verschärfung auch des übergeordneten EU-Ziels für 2030. Die EU-Kommission bezweifelt das und hält die Klage für unzulässig.
Der Umweg über die Aarhus-Verordnung macht den Fall juristisch interessant. Zwar sei eine Klage gegen die jährlichen nationalen Emissionsziele auf Basis der Aarhus-Verordnung “grundsätzlich zulässig”, sagte Niklas Täuber, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Kompetenznetzwerk Zukunftsherausforderungen des Umweltrechts an der FU Berlin, auf Anfrage von Table.Briefings. “Doch dass sich die Gerichte der EU auf eine Überprüfung der übergeordneten, per Gesetz erlassenen Klimaziele durch die Hintertür der Aarhus-Verordnung einlassen, erscheint mir unwahrscheinlich.”
Dennoch könne das EuG “die Klage beispielsweise auf Grundlage einer erweiterten Auslegung des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union zulassen” – und sobald “die Hürde der Zulässigkeit einmal überwunden ist, halten die Europäischen Verträge einige Vorschriften bereit, auf deren Grundlage sich ein progressiverer Klimaschutz begründen ließe”, so Täuber.
Laut einem Schreiben des Gerichts an die Anwälte der Kläger, das Table.Briefings vorliegt, hat das Gericht den Fall als vorrangig eingestuft. Das könnte bedeuten, dass er bereits im Jahr 2025 verhandelt wird. Die Klage wurde ursprünglich im Februar eingereicht, aber damals nicht veröffentlicht. ae/luk/rtr
China hat sein Ausbauziel für erneuerbare Energien fast sechs Jahre früher als geplant erreicht. Wie Bloomberg unter Berufung auf die Nationale Energiebehörde berichtet, installierte das Land im Juli 25 Gigawatt (GW) an Wind- und Solarenergie. Chinas Gesamtkapazität erneuerbarer Energien stieg damit auf 1.206 Gigawatt. Staatschef Xi Jinping hatte Ende 2020 das Ziel ausgerufen, bis 2030 mindestens 1.200 Gigawatt aus sauberen Energiequellen zu gewinnen.
Durch die Rekordinstallationen von Wind- und Solaranlagen im Jahr 2023 ist Chinas Stromerzeugung aus Erneuerbaren im ersten Quartal 2024 um 25 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Der Verbrauch von Kohlestrom ist dagegen zurückgegangen. Dennoch haben Solar- und Windenergie in diesem Jahr laut Bloomberg bisher nur etwa 14 Prozent des verbrauchten Stroms erzeugt. Die Nutzungsrate muss also deutlich steigen. China erarbeitet derzeit einen neuen Klimaplan (NDC), den es bis Februar 2025 an die Vereinten Nationen übermitteln muss. Dieser wird nach Meinung von Experten aber nicht ausreichen, um das Land auf den 1,5-Grad-Pfad zu bringen.
Auch gilt Xis Erneuerbaren-Ausbauziel von 1200 Gigawatt unter Experten ohnehin als zu niedrig, um das ebenfalls ausgegebene Ziel zu erreichen, bis 2030 ein Viertel des Energiemixes (nicht der Stromerzeugung) aus nicht-fossilen Quellen zu liefern. Bei diesem für den globalen Klimaschutz deutlich wichtigeren Ziel sei China “stark im Rückstand”, urteilt etwa Lauri Myllyvirta vom Centre for Research on Energy and Clean Air (CREA) auf X. Es sei dazu noch deutlich mehr Zubau an Solar und Wind nötig, da Wasserkraft und Atomkraft bis 2030 nicht nennenswert über bestehende Pläne hinaus ausgebaut werden könnten. Myllyvirta lobte zugleich die “beeindruckende Beschleunigung des Einsatzes von Solarenergie im Jahr 2023”.
Die Zentralbank und sieben Ministerien erließen am Dienstag unterdessen neue Richtlinien, die Firmen in der Yangtse-Region neue Anreize setzen, um sich künftig mehr Kapital über grüne Anleihen und Aktien zu beschaffen. Das soll die Transformation der Wirtschaft in der Region beschleunigen, wie die South China Morning Post berichtete. Details seien noch nicht bekannt. Der Yangtze River Economic Belt umfasst elf Provinzen inklusive der autonomen Städte Shanghai und Chongqing sowie 44 Prozent der chinesischen Wirtschaftsleistung. ck
Die meisten Anpassungsmaßnahmen von Küstenstädten an den Klimawandel sind “in Tiefe, Umfang und Geschwindigkeit unzureichend”. Das zeigt eine Metastudie im Fachmagazin “Nature Cities” unter der Leitung der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU), die am Montag veröffentlicht wurde. Analysiert wurden dafür Studienergebnisse von über 199 Städten in 54 Staaten. Konkret geht es darum, wie Klimarisiken – etwa der steigende Meeresspiegel, Stürme, Überschwemmungen oder Hitze – die Bevölkerung, Infrastruktur und Ökosysteme treffen und wie verwundbar diese sind.
Es gäbe zudem kaum Anzeichen für eine nachhaltige Verringerung der Risiken durch die bereits umgesetzten Maßnahmen, schreiben die Studienautoren. Das sei unabhängig von Bevölkerungsgröße oder Einkommensniveau der untersuchten Städte. Matthias Garschagen, Geograf an der LMU und einer der Autoren, kritisiert: “Häufig versuchen Städte, das Katastrophenmanagement für zukünftige Risiken auf der Basis von Erfahrungen der Vergangenheit zu optimieren, ohne grundlegend zu hinterfragen, ob diese Ansätze auch später noch tragfähig sind.” Garschagen rät daher zu besseren Szenarien und Modellierungsverfahren. Eine wichtige Frage sei auch, “ab wann es sinnvoller ist, Küstenschutzmaßnahmen aufzugeben und stattdessen Umsiedlungen in Betracht zu ziehen“.
Umsiedelungsmaßnahmen gibt es derzeit etwa in Indonesien. Dort wird die sinkende Hauptstadt Jakarta durch Nusantara ersetzt – eine neue Millionenstadt auf der Insel Borneo, deren Bau aufgrund der starken Waldrodung von NGOs mehrfach kritisiert wurde. Pazifische Inselstaaten wie Tuvalu, Palau oder die Cookinseln haben zudem bereits Umsiedelungsabkommen ausverhandelt, etwa mit Australien oder den USA. lb
Die Klimakrise lässt die Witterungsverhältnisse unsicherer werden – in Deutschland gefährdet das “regional abhängig ganze Ernten”. Das teilt das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) anlässlich der Vorstellung des vorläufigen amtlichen Ernteberichts 2024 mit. Ein nasser Herbst, ein “rekordwarmer Frühling 2024 mit Spätfrösten, vielerorts Hochwasser und ein feuchter Sommer mit zahlreichen heftigen Unwettern” haben demnach die Ernteergebnisse in Deutschland geschmälert.
In Zahlen:
Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir betonte die Notwendigkeit, sich an die Klimaveränderungen anzupassen. Auf vielen Betrieben sei Klimaanpassung “längst Realität”, sagte er. Das BMEL verwies auf diverse Instrumente, mit der die Bundesregierung die Klimaanpassung und den Klimaschutz in der Landwirtschaft unterstütze – darunter die Nationale Wasserstrategie, die Förderung von Pflanzenzüchtung, um resilientere Sorten zu entwickeln, verschiedene Anreize für Agroforstsysteme, das Klimaschutzprogramm 2030, die Bio-Strategie 2030, Maßnahmen zum Bürokratieabbau und weitere Instrumente zur Stärkung der betrieblichen Anpassungsfähigkeit. ae
Neu angekündigte Produktionsstätten für Eisen und Stahl, insbesondere in Europa, sind immer häufiger auf klimaschonende Verfahren ausgerichtet. In Asien, vorwiegend in Indien, werden allerdings neue CO₂-intensive Hochöfen errichtet. Dies geht aus der Studie “Pedal to the Metal 2024” des Global Energy Monitors (GEM) hervor.
Die größten Fortschritte gibt es demnach im Bereich Stahlrecycling: 93 Prozent der im vergangenen Jahr neu angekündigten Produktionskapazitäten im Stahlbereich sind Elektrolichtbogenöfen, in denen Stahlschrott erneuert wird. Wenn die Entwicklung verlaufe wie angekündigt, so die Autoren, rücke damit das Ziel der Internationalen Energieagentur (IEA) in greifbare Nähe: Die IEA gibt vor, dass 37 Prozent der globalen Stahlproduktion in 2030 mit diesen strombetriebenen Öfen hergestellt werden soll. Der tatsächliche Bau dieser Anlagen hat aber zu einem großen Teil noch nicht begonnen.
Ebenfalls auf dem Vormarsch ist die Direktreduktion von Eisenerz (DRI). Global basieren 36 Prozent der neu angekündigten Werke auf der DRI-Technik. In diesen Anlagen kann potenziell CO₂-armer Neustahl hergestellt werden, sofern zur Eliminierung der Sauerstoffatome im Eisenerz “grüner” Wasserstoff genutzt wird. Die in Europa gegenwärtig geplanten Neustahl-Anlagen sind laut GEM alle DRI-basiert, doch auch hier sind viele Projekte noch nicht im Bau.
Die mengenmäßig führenden Länder im Stahlbereich, China und Indien, widersetzen sich dem Trend allerdings. China plant den Neubau von kohlebasierten Hochöfen mit einer Kapazität von 128 Millionen Tonnen Eisen pro Jahr (36 Prozent der neuen Hochofen-Projekte weltweit). Dort verlaufen die Projektierung und der Bau neuer Hochöfen jedoch inzwischen langsamer als die Stilllegung älterer Hochöfen.
Indien hingegen plant einen massiven Ausbau: Neue Hochofen-Kapazitäten im Umfang von 122 Millionen Tonnen Eisen pro Jahr (34 Prozent globaler Anteil) sind mittels dieser emissionsintensiven Technologie geplant. Laut GEM drohen Lock-in-Effekte: Die Investitionen in neue Hochöfen könnten eine Dekarbonisierung der Eisen- und Stahlindustrie politisch und wirtschaftlich erschweren. av
Die Städte Dresden und Leipzig stellen ihren CO₂-Rechner für den Kulturbetrieb aufgrund großer Nachfrage aus anderen Städten jetzt bundesweit kostenlos zur Verfügung. Das sogenannte E-Tool Kultur entstand 2023 und kann von Veranstaltern dauerhaft und kostenfrei genutzt werden. Ein technischer Support sei allerdings nicht möglich.
Das Tool berechnet alle Emissionsquellen nach dem sogenannten Greenhouse Gas Protocol, ein global anerkannter Standard. Zu den größten Emissionsquellen zählen demnach die An- und Abreise von Publikum und Gastkünstlern, der Transport von Technik oder Ausstellungstücken, der Einkauf von Material für den Kulturbetrieb sowie Leistungen Dritter wie etwa Cateringfirmen. Zudem verfüge das Tool über einen Modus mit Beratungsfunktionen und zahlreichen Zusatztools – etwa zur Wirtschaftlichkeit von Photovoltaik-Anlagen.
Dresden und Leipzig hatten in die Entwicklung des Tools mehrere Firmen und Partner sowie das Fraunhofer-Zentrum für internationales Management und Wissensökonomie eingebunden. Das E-Tool Kultur basiert auf dem bereits bestehenden Tool der “Mittelstandsinitiative Energiewende und Klimaschutz”. Es steht allen Handwerksbetrieben seit 2021 kostenfrei zur Verfügung. dpa/lb
Euractiv: Freundschaft für das Klima. Für die EU und USA sind klimaneutrale Technologien wie Windturbinen, Solarzellen und Batterien bedeutend für ihre Sicherheit und ihren Wohlstand. Chinas wachsende Dominanz in diesem Bereich und Russlands Einstellung der Gaslieferungen haben diese Ansicht verstärkt. Aber es gibt auch Spannungen zwischen den transatlantischen Partnern. Das US-Inflationsbekämpfungsgesetz von 2022, das Subventionen für die Produktion umweltfreundlicher Energietechnologien in den USA vorsieht, wurde von der Europäischen Kommission als protektionistisch kritisiert. Dennoch arbeiten beide Wirtschaftsmächte daran, ihre Differenzen zu überwinden. Zum Artikel
Rheinische Post: Wasserstoff aus dem Ruhrgebiet. In Oberhausen weihte NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst eine neue Produktionsstätte für grünen Wasserstoff ein. Die Anlage ist eine der größten Elektrolyse-Anlagen ihrer Art in Deutschland. Über Pipelines können Unternehmen der Stahl- und Chemieindustrie beliefert werden, um ihre Produktion umweltfreundlicher zu gestalten. Allerdings gibt Air Liquide zu, dass grüner Wasserstoff im Vergleich zu konventionell hergestelltem Wasserstoff noch teuer ist. Daher wird weiterhin daran gearbeitet, Kunden zu gewinnen. Zum Artikel
Salon.com: Beringsee im Norden Amerikas einst reich an Schneekrabben. Vor einigen Jahren brach die Krabbenpopulation jedoch drastisch ein; über 90 Prozent der Krabben, schätzungsweise 47 Milliarden Tiere, verschwanden. Die Krabbenfischerei geriet in die Krise. Im Jahr 2022 wurde die Krabbenfangsaison abgesagt. Wissenschaftler vermuteten damals den Klimawandel als Ursache, was nun durch eine aktuelle Studie in der Zeitschrift Nature Climate Change bestätigt wurde. Zum Artikel
New York Times: Samoa in Not. Die zu den USA gehörenden Samoa-Inseln im Pazifik leiden massiv unter dem Klimawandel. Der Anstieg des Meeresspiegels führte dazu, dass Süßwasser knapp wurde. Ein Krankenhaus musste zeitweilig seine Arbeit fast komplett einstellen. Ein Bundesprogramm soll jetzt den betroffenen Inseln helfen, aber es fehlt an Arbeitskräften. Zum Artikel
Wall Street Journal: Startups verbessern Stromnetze. Startups, die daran arbeiten, Stromnetze effektiver zu machen, ziehen zunehmend Risikokapitalgeber an. Diese sind, was Investitionen im Bereich von Klimatechnologien betrifft, vorsichtiger geworden, engagieren sich aber dafür bei Technologien, welche die Effizienz und Zuverlässigkeit von Stromnetzen erhöhen. Zum Artikel
Die Antriebswende hin zur batteriebetriebenen Elektromobilität ist für das Klima-Sorgenkind Verkehr derzeit die wichtigste politische Maßnahme – insbesondere, weil sie im Vergleich zu einer ebenfalls notwendigen umfassenderen Mobilitätswende viel schneller umsetzbar ist. Doch entgegen dem globalen Trend wächst die Nachfrage nach Elektroautos in Deutschland nicht so schnell wie erwartet.
Die hiesigen Hersteller, die ihr Geld vor allem mit großen Verbrennern verdienen, bringt das in Schwierigkeiten. Spätestens von 2025 an, wenn innerhalb der EU neue Flottengrenzwerte gelten, drohen ihnen Milliardenstrafen – es sei denn, sie können ihren E-Auto-Absatz noch stark steigern. Doch die Aussichten dafür scheinen derzeit, nach dem abrupten Ende der Kaufprämie und angesichts der aktuellen Haushaltsdebatte, schlecht.
Dabei gäbe es einen völlig haushaltsneutralen Weg, um der Elektromobilität in Deutschland – und damit dem Klimaschutz im Verkehr – neuen Aufschwung zu verleihen: Bis zum kommenden Frühjahr muss das Update der EU-Erneuerbaren-Energien-Richtlinie für den Verkehr (RED) in ein nationales Gesetz überführt werden. Das federführende Umweltministerium arbeitet derzeit an einem Entwurf, den es in den kommenden Wochen vorlegen dürfte. Hier bietet sich die Chance, Klimaschutz und E-Mobilität zugleich voranzubringen.
Dafür muss die RED in der deutschen gesetzlichen Umsetzung aber grundsätzlich neu aufgestellt werden.
Die RED gibt vor, wie viele erneuerbare Energien im Verkehr genutzt werden müssen. In Deutschland wird dies bislang über das THG-Quotensystem geregelt. Seit 2015 verpflichtet es Mineralölunternehmen zu Treibhausgas-Einsparungen in bestimmter Höhe. Erfüllen die Ölfirmen die Quote nicht selbst, können sie das durch Zahlungen an Anbieter von klimafreundlicheren Energien ausgleichen – also etwa an Ladestromanbieter, die in der Regel Ökostrom benutzen, oder die Biokraftstoffindustrie. Die Kosten sind ein Anreiz für klimafreundliche Innovationen. Das THG-Quotensystem setzt dafür einen haushaltsneutralen Rahmen.
In der Theorie klingt das gut, doch: Ein Großteil der Ausgleichszahlungen landet bei Anbietern von Biosprit, die gar nicht klimafreundlich sind. Entgegen der häufigen Behauptung stammt noch immer mehr als die Hälfte dieser Kraftstoffe direkt vom Acker. In vielen Fällen sind sie sogar klimaschädlicher als fossile Kraftstoffe, wie verschiedene Studien bestätigen. Weil ihre offizielle Klimabilanz unvollständig ist, gelten sie im Quotensystem dennoch als THG-arm.
Künftig könnte der Einsatz von biogenen Kraftstoffen vom Acker sogar steigen. Dabei ist bereits jetzt ein großer Teil der knappen Fläche in Deutschland für die Kraftstoffproduktion belegt.
Inzwischen wird vielfach versichert, dass Biokraftstoffe zu großen Teilen aus Reststoffen stammen, sogenannte “fortschrittliche Biokraftstoffe”. Doch 2022 kamen sie fast zur Hälfte aus asiatischen Palmölmühlen-Rückständen, obwohl die EU eigentlich Palmöl nicht mehr fördern wollte (für 2023 liegen noch keine Daten vor). Hinzukommt ein skandalöses Betrugssystem, bei dem natives Öl aus China kurzerhand zu Abfallstoff umdeklariert wird.
Damit wird das deutsche THG-Quotensystem seinem politischen Anspruch nicht gerecht. Die derzeitigen Optionen, es einzuhalten, liefern weder wirklichen Klimaschutz, noch fördern sie klimafreundliche Innovationen. Leidtragende sind – neben dem Klima – die Verbraucherinnen und Verbraucher, die das System an der Tankstelle finanzieren.
In der aktuellen Lage wäre es absolut falsch, den Pflichtanteil für Erneuerbare im Verkehr generell zu erhöhen, wie jüngst von der Automobilbranche vorgeschlagen. Dadurch würden die nicht-klimafreundlichen Biotreibstoffe nur mit noch mehr Geld unterstützt.
Für den Klimaschutz ist die E-Mobilität das Mittel der Wahl. Um sie besser zu fördern, muss die RED in der deutschen gesetzlichen Umsetzung konsequent umgebaut werden. Kraftstoffe vom Acker müssen von der THG-Quote ausgeschlossen werden, Abfall- und Reststoffe strikt begrenzt. Rechtlich ist dies möglich. Die Emissionsbilanz muss endlich ehrlich berechnet werden. Fantasieeinsparungen von 90 Prozent würden dann nicht mehr anerkannt.
Ladestrom muss das zentrale Gut auf dem THG-Quotenmarkt werden – zum Beispiel, indem man ihn im Quotensystem durch eine höhere Gewichtung oder eine steigende Mindestabnahmemenge stärker begünstigt. Nur so wird das Geschäftsmodell für Ladesäulen besser und die Auszahlung der THG-Quote an Besitzerinnen und Besitzer von E-Autos verlässlicher. Beides sind wichtige Anreize für Elektromobilität.
Das Argument, man bräuchte alle Optionen, zählt hier nicht: Die Vorgaben für Erneuerbare im Verkehr sind ohne Kraftstoffe vom Acker einhaltbar. Wer Biosprit tanken will, könnte das dennoch weiterhin tun. Nur, warum sollte dies angesichts knapper Mittel für den Klimaschutz staatlich begünstigt werden, wenn stattdessen die Elektromobilität für Pkw und Lkw gefördert werden kann?
Betrug beim Biosprit muss konsequent bekämpft werden. Das jüngste Beispiel des Betrugs bei Upstream-Emission-Reductions zeigt, wie schwer es ist, Klimaschutz mittels Zertifikaten zu überprüfen. Die kontrollierenden Behörden müssen ein klares Signal in den Markt setzen: Kraftstoff- und THG-Reduktionsmengen dürfen nicht mehr in Deutschland anerkannt werden, wenn keine Möglichkeit gewährt wird, die produzierenden Anlagen im Ausland vor Ort zu prüfen.
Mit der RED im Verkehr sind Innovationen für den Klimaschutz und die Förderung von Elektromobilität ohne zusätzliches Geld aus dem Bundeshaushalt möglich. Daher sollten alle Bundesministerien ein gemeinsames Interesse daran haben, die RED zu einem echten Transformationsinstrument zu machen.
Nikolas von Wysiecki ist stellvertretender Teamleiter Verkehrspolitik beim Umweltverband NABU.
Der alte Slogan “Wahlen ändern nichts” war schon immer falsch. Er wird noch absurder, wenn man mit der Klimabrille auf Thüringen schaut, wie wir es heute tun: Denn das Land in der Mitte Deutschlands hat sich bei CO₂-Reduktion und Ausbau der Erneuerbaren an die Spitze Deutschlands gebracht – aber wenn nach der Wahl am kommenden Sonntag die AfD die Politik bestimmen sollte, ist es damit wohl vorbei. Und auch die CDU hat bisher die Klimapolitik so gebremst, dass diese Wahl in Thüringen sehr viel ändern kann – und nicht nur das gesellschaftliche Klima.
Anderswo haben die Menschen dagegen kaum eine Wahl: Wir berichten über neue erschreckende Daten darüber, wie die Inselstaaten im Pazifik durch den eskalierenden Anstieg des Meeresspiegels von der Landkarte verschwinden werden, wenn nicht sehr schnell sehr viel weniger CO₂ in die Atmosphäre gelangt. Und wie Wissenschaftler dazu raten, im Zweifel überall auf der Welt Küstenregionen aufzugeben. Neue schlechte Nachrichten gibt es auch darüber, wie die Klimakrise in Deutschland die Ernten verdirbt. Und mit welchen Kniffen Umweltverbände die EU wegen ihrer Klimaziele vor Gericht bringen wollen.
Alles nicht immer angenehm zu lesen, aber wichtig und spannend. Wir bleiben für Sie dran.
Thüringen hat große Fortschritte beim Klimaschutz gemacht und könnte eines der ersten klimaneutralen Bundesländer werden – aber nur, wenn es seinen Rang als Vorreiter beibehält. Bisher zeigt das Land die größte Senkung der CO₂-Emissionen unter allen Bundesländern, es hat einen hohen Anteil von Erneuerbaren im Strommix, wenige CO₂-lastige Kraftwerke, kaum Schwerindustrie und große Naturflächen. Allerdings könnte dieser Pfad am kommenden Wochenende durch einen Wahlerfolg von AfD oder CDU gefährdet werden. Beide Parteien haben bisher wenig Interesse an konsequenter Klimapolitik in Thüringen gezeigt.
Bundesweit führend ist Thüringen bei der CO₂-Reduktion: Seit 1990 sind die energiebedingten Emissionen bis 2023 laut Umweltministerium um 63 Prozent gesunken. Schon 2020 hatte das Land damit die EU-Anforderungen (minus 55 Prozent) für 2030 erreicht und kommt dem bundesdeutschen Ziel für 2030 (minus 65 Prozent) nahe. Erreicht wurde die drastische Senkung durch:
Anders als in Braunkohle-Ländern wie Sachsen oder Brandenburg kommen in Thüringen mehr als drei Viertel der etwa 12,5 Millionen Tonnen CO₂-Emissionen (Stand 2020) nicht aus der Stromerzeugung, sondern aus Verkehr, Haushalt, Gewerbe und der Landwirtschaft. Nach einem starken Rückgang Anfang der 1990er-Jahre sind die Emissionen weiter, wenn auch weniger stark, gesunken – auch das anders als etwa in Sachsen und Brandenburg, wo seit 20 Jahren die Emissionen praktisch nicht gesunken sind.
Alarmzeichen zeigt allerdings auch im Waldland Thüringen (etwa die Hälfte der Landesfläche besteht aus Forst) das Ökosystem Wald. Von einer sicheren “Senke”, die CO₂ speichert, entwickelt er sich Richtung Quelle; derzeit ist die Bilanz laut Umweltministerium etwa ausgeglichen. Für den Verkehr, dessen Emissionen als einzige über den Zahlen von 1990 liegen, gibt es auch in Thüringen keine absehbare Lösung außer der Förderung der E-Mobilität.
Auch beim Anteil der Erneuerbaren gehört Thüringen zur Spitze in Deutschland: Fast 62 Prozent des im Land erzeugten Stroms stammten 2020 aus Wind, Solar, Biomasse und Wasserkraft. Thüringen hat den Vorteil, ein Drittel der deutschen Kapazitäten für Pumpspeicher zu beherbergen. Der Umbau des Energiesystems sei machbar, “ein klimaneutrales Thüringen ist realistisch und bezahlbar“, attestierte 2021 ein Gutachten der Hochschule Nordhausen dem Land. Dafür brauche es allerdings:
Die rot-rot-grüne Regierung betont, sie habe viele Dinge auf den Weg gebracht. So hat sie Ausbauziele für Erneuerbare und CO₂-Reduktion im Klimagesetz und in der Energiestrategie EIKS verankert. Vom geforderten Flächenanteil von 1,8 Prozent der Landesfläche für Wind bis 2027 ist allerdings erst eine Fläche von 0,6 Prozent erreicht. Kommunen bekommen aus dem “Klima-Pakt” Geld pro Kopf ihrer Einwohner für Investitionen in Klimaschutz. Der grüne Umweltminister Bernhard Stengele sagte Table.Briefings: “Klimaschutz und Wirtschaftskraft gehen eine gute Verbindung ein, wenn wir es richtig anpacken. Wir haben in den letzten zehn Jahren schon viel erreicht”, etwa beim Ausbau der Solarenergie, der Förderung der Bürgerenergie und der Finanzierung der Kommunen. “Wenn wir nicht weitermachen wie bisher, wenn wir beim Klimaschutz zurückfallen, geht das zulasten aller.”
Allerdings ist vieles unerledigt: Ein Monitoring von Klimagesetz und -strategie steht noch aus. Auch muss das Klimagesetz bei Datum der Klimaneutralität (bisher “in der zweiten Hälfte des 21. Jahrhunderts”) an die Bundesvorgabe von 2045 angepasst werden. Und ein Gutachten der Unternehmensberatung prognos und des Leipziger “Instituts für Energie” mit einer konkreten Pfadberechnung für die Klimaneutralität in allen Sektoren wird erst im Herbst nach der Wahl veröffentlicht. Wichtige Entscheidungen über die weitere Entwicklung liegen damit in der Hand des nächsten Parlaments und der nächsten Regierung in Erfurt.
Die Chancen des Landes bei einer klimaneutralen Entwicklung betont ein “Appell des Thüringer Klimarats” zu den anstehenden Landtagswahlen. Das Expertise-Gremium der Landesregierung betont darin, Thüringen gehöre mit einer Erwärmung von 1,7 Grad Celsius gegenüber der vorindustriellen Zeit zu den “am stärksten vom Klimawandel betroffenen Regionen Deutschlands”. Hitze, Starkregen, Überschwemmungen und Waldbrände gefährdeten das Leben der Menschen und die Wirtschaft ebenso wie die Ernten. Das Land sei innovationsfreudig und habe gemeinsam mit Sachsen das beste deutsche Potenzial für die Nutzung der Solarenergie. Es müsse aber mehr etwa in den Ausbau der Erneuerbaren, Effizienz und die Anpassung an den Klimawandel investieren.
Thüringen könne “ohne Einbußen des Lebensstandards” einen “wichtigen Beitrag zum Schutz des Klimas leisten”, erklärten die Experten um den Jenaer Hydrologen Kai Uwe Totsche. “Die kommende Legislatur ist entscheidend für den Klimaschutz”, heißt es weiter in der Erklärung zur anstehenden Landtagswahl, “informieren Sie sich über Strategien und Pläne der Parteien und bedenken Sie bei Ihrer Entscheidung die Dringlichkeit von Klimaschutz und Klimaanpassung“.
Doch gerade die Strategien und Pläne der Parteien lassen Zweifel an einem ehrgeizigen Kurs Richtung Klimaneutralität aufkommen. Denn die AfD und die CDU, die in Umfragen vorn liegen, haben bisher den Klimaschutz in Thüringen eher ausgebremst. Die AfD leugnet die Ursachen des menschengemachten Klimawandels und sieht daher Maßnahmen zum Klimaschutz grundsätzlich kritisch. Für Thüringen fordert sie ein Ende des Windausbaus, keine neuen Stromleitungen oder Effizienzvorgaben, sie will russisches Gas und einen Wiedereinstieg in die Atomkraft – was Thüringen als Bundesland aber nicht entscheiden kann.
Die CDU Thüringen ist zwar für den Ausbau der Erneuerbaren, aber verweist auf “technologieoffene Lösungen” und wendet sich gegen “utopische Überforderungen in der Klimapolitik”. Erst Ende 2023 stimmte sie im Thüringer Landtag zusammen mit der AfD für einen Antrag der FDP, der praktisch die Entwicklung von Windenergie im Wald verbietet – und setzte ihn gegen die Stimmen der Minderheits-Regierungskoalition durch. Eine Verdreifachung der Windkapazitäten im Land, wie für die Klimaneutralität nötig, ist auf diese Weise sehr zweifelhaft.
Die Vereinten Nationen warnen in einer neuen Studie vor dem schnellen Anstieg des Meeresspiegels. Kleine Inselstaaten vor allem im Pazifik sind demnach real vom Untergang bedroht, weil die Pegel dort deutlich schneller steigen als weltweit. Die Schäden und Risiken für Menschen, Infrastruktur und die Wirtschaft nehmen zu, die Ernährungssicherheit ist gefährdet. Und die Pegelstände und Verluste werden weiter steigen.
Das Meer ist seit Anfang der 2000er-Jahre so schnell angestiegen wie nie zuvor in den letzten 3.000 Jahren. Als Ursachen gelten das Abschmelzen des Landeises und die Erwärmung und Ausdehnung des Meerwassers. Die UN warnen, dass der Anstieg sich weiter beschleunigt. Hunderte Millionen Menschen sind davon bedroht. Schon heute verursacht der Meeresspiegelanstieg jährlich wirtschaftliche Schäden in Milliardenhöhe. Gelingt es nicht, die Klimakrise zu stoppen, könnten schon in wenigen Jahrzehnten Millionen Menschen zu Klimaflüchtlingen werden.
Auf den ersten Blick sind es nur ein paar Millimeter, doch sie werden gravierende Auswirkungen auf die Menschheit haben. Der Anstieg des Meeresspiegels hat sich in den letzten zehn Jahren im Vergleich zur Jahrhundertwende (1993 bis 2002) mehr als verdoppelt – von 0,21 auf 0,48 Zentimeter pro Jahr. Hauptursache dafür ist der menschengemachte Klimawandel und das Verbrennen fossiler Rohstoffe, die historisch für 69 Prozent und in den letzten Jahren (2013 bis 2022) sogar für fast 90 Prozent der CO₂-Emissionen verantwortlich sind.
Viele kleine Inselstaaten drohen schon bald unterzugehen oder unbewohnbar zu werden. In großen Teilen des westlichen tropischen Pazifiks ist der Meeresspiegel mit zehn bis 15 Zentimetern in den letzten 30 Jahren fast doppelt so schnell angestiegen wie im globalen Durchschnitt, wie ein neuer Bericht der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) über den Südwestpazifik zeigt. Einige Inseln wurden demnach zehnmal häufiger von Küstenüberflutungen heimgesucht als noch 1980. Auch das Meer erwärmt sich in großen Teilen der Region viel schneller als im globalen Durchschnitt. Stürme werden immer heftiger. Insgesamt gab es im Jahr 2023 im Südwestpazifik 34 “hydrometeorologische Gefahrenereignisse”, also extreme Stürme, Überflutungen und Dürren, von denen mehr als 25 Millionen Menschen betroffen waren und die 4,4 Milliarden US-Dollar an ökonomischen Schäden angerichtet haben.
Die ökonomischen Folgen sind gravierend:
Wird die derzeitige Klimapolitik fortgesetzt, droht eine globale Erwärmung von 2,7 Grad bis 2050 und ein Anstieg des Meeresspiegels um 56 Zentimeter im Jahr 2100 verglichen mit 2020, wie die Wissenschaftler von Climate Analytics vorrechnen. Zum Vergleich: Die meisten pazifischen Inseln erheben sich im Durchschnitt nur ein bis zwei Meter über den Meeresspiegel. Gelingt es, die Erwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen und um das Jahr 2050 Netto-Null-Emissionen zu erreichen, würde das Meer bis 2100 um 38 Zentimeter ansteigen.
Die WMO kommt zu dem Schluss: “Der Klimawandel bedroht die Zukunft der pazifischen Inseln.” Tuvalu hat daher schon ein Umsiedlungsabkommen mit Australien abgeschlossen. Pro Jahr können 280 der gut 11.000 Einwohner Tuvalus in das Nachbarland umsiedeln. Andere Staaten der Region haben Assoziierungsabkommen mit den USA (Mikronesien, Marshallinseln, Palau) und Neuseeland (Cookinseln, Niue) und ihre Bewohner können sich dort niederlassen. Australien und Neuseeland haben zudem eine Einwanderungslotterie gestartet, über die Visa verlost werden, wie die Le Monde Diplomatique berichtet. Doch nicht alle Bevölkerungen der Inselstaaten haben solche Auswanderungsoptionen.
In Zukunft werden sich laut der UN die Sturmfluten und Hochwasser weiter verschlimmern. Auch Häfen sind vom Meeresspiegelanstieg bedroht, was Auswirkungen auf den weltweiten Handel haben könnte. Zudem seien küstennahe Großstädte auf allen Kontinenten bedroht.
Die UN warnen, dass der Meeresspiegelanstieg irreversibel sei:
UN-Generalsekretär António Guterres forderte daher die reichen Staaten am Montag bei einem Besuch in Tonga auf, die CO₂-Emissionen drastisch zu senken und schnell aus den fossilen Energien auszusteigen. Die UN fordern die Staaten in ihrer Studie auf:
Die Allianz der kleinen Inselstaaten (AOSIS) hatte schon auf der COP-Zwischenkonferenz in Bonn “Billionen US-Dollar” für das neue Klimafinanzziel (NCQG) gefordert. Zudem müsse der Zugang kleiner Staaten zur internationalen Klimafinanzierung verbessert werden. “Die Institutionen, die uns diese Gelder zukommen lassen, sind nicht auf die Kontexte von kleinen Inselstaaten und den am wenigsten entwickelten Ländern ausgerichtet, sondern auf größere Länder”, beklagte Michai Robertson, Senior Advisor bei AOSIS. Die Staatengruppe verlangt eine Beendigung der Finanzierung fossiler Energieprojekte.
30. August, 11 Uhr, Online
Webinar Carbon Brief’s webinar live from the Arctic
Daisy Dunne, Redakteurin bei Carbon Brief, reist zur britischen Arktis-Forschungsstation in Ny-Ålesund auf der norwegischen Insel Svalbard im Nordpolarmeer. Sie schließt sich den Wissenschaftlern des British Antarctic Survey an, die erforschen, wie sich der Klimawandel auf das Eis, das Ökosystem und den Ozean der Region auswirkt – und berichtet in diesem Webinar davon. Infos
30. August, 15 Uhr, Berlin
Aktionstag Aktionstag Klimaspiele
Spiele sind eine kreative Methode, um sich mit Nachhaltigkeitsthemen auseinanderzusetzen. Bei dem Aktionstag der Klima-Allianz können verschiedene ausprobiert werden. Infos
1. September
Landtagaswahlen in Thüringen und Sachsen
Sachsen und Thüringen wählen einen neuen Landtag. In beiden Bundesländern könnte die Regierungsbildung schwierig werden und die kommenden Landesregierungen könnten großen Einfluss auf die Umsetzung von Klimapolitik haben.
1. bis 8. September, Berlin
Sommerakademie Klimajournalismus und Energiewende
Die Plattform Clean Energy Wire veranstaltet eine Sommerakademie für Journalistinnen und Journalisten aus ganz Europa. Es geht dabei unter anderem um Klima-Berichterstattung und Geopolitik. Infos
3. September, 10 Uhr, Online
Webinar Private Ladeinfrastruktur für LKW
Laut Bundesregierung soll bis 2030 ein Drittel der Fahrleistung im schweren Straßengüterverkehr elektrisch oder auf Basis strombasierter Kraftstoffe erbracht werden. Auf dem Webinar von Agora Verkehrswende wird darüber diskutiert, welche Maßnahmen erforderlich sind, um das zu erreichen. Infos
5. September, 9 Uhr, Online
Webinar E-methane: a new gas for a net-zero future?
Die Internationale Energieagentur (IEA) diskutiert auf diesem Webinar darüber, welche Rolle E-Methan für die Dekarbonisierung spielen kann. Infos
5. September, 12 Uhr, Online
Webinar Climate Investing in Times of Net Zero Commitments: Is Regulation Driving Towards the Right Path?
Auf dem Webinar von Women in Sustainable Finance wird darüber diskutiert, wie die Finanzindustrie ihren Beitrag zur Erreichung von Klimazielen leisten kann. Infos
5. September, 15 Uhr, Online
Webinar Neue Kraftwerksstrategie – Großer Wurf oder Übergangslösung?
Nach langen Verhandlungen hat die Bundesregierung endlich eine Verständigung mit der EU-Kommission über die künftige Kraftwerksstrategie erzielt. Was bedeutet das für die Planungen der Kraftwerksbetreiber? Und was sind die Folgen für den Kohleausstieg? Darüber diskutiert Energate bei dieser Veranstaltung. Infos
5. bis 6. September, Rio de Janeiro
Konferenz Fifth Global Conference on Strengthening Synergies between the Paris Agreement and the 2030 Agenda for Sustainable Development
Die Konferenz des UNFCCC bringt staatliche und nicht staatliche Akteure zusammen, um über Synergien zwischen den Nachhaltigen Entwicklungszielen (SDGs) und dem Pariser Klimaschutzabkommen zu diskutieren. Infos
5. bis 6. September, Leipzig
Konferenz Governance und Recht zur blau-grünen Stadtentwicklung
Unter blau-grüner Stadtentwicklung versteht man das Einbinden von Wasser und Pflanzen in Städte. Für die Klimaanpassung ist das besonders wichtig. Auf der Fachkonferenz am Umweltforschungszentrum (UFZ) wird diskutiert, welche rechtlichen Rahmenbedingungen nötig sind, um blau-grüne Stadtentwicklung voranzutreiben. Infos
In den ersten drei Monaten des Jahres 2024 sind die Treibhausgasemissionen der Europäischen Union um insgesamt vier Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum gesunken. Laut Zahlen des EU-Statistikamtes Eurostat emittierten die Mitgliedstaaten im ersten Jahresquartal 894 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalente (CO₂-Äq) – von Januar bis März 2023 waren es noch 931 CO₂-Äq.
20 EU-Länder wiesen demnach eine Treibhausgasreduktion auf – die größten Reduktionen kommen aus Bulgarien (-15,2 Prozent), Deutschland (-6,7) und Belgien (-6,0). Die größten Anstiege der THG-Emissionen werden für Malta (8,8), Litauen (7,4) und Lettland (5,7) angegeben.
In acht Ländern, die eine THG-Reduktion im ersten Jahresquartal aufweisen, wurde gleichzeitig auch ein Rückgang des BIP gemessen (Deutschland, Estland, Irland, Luxemburg, Niederlande, Österreich, Finnland und Tschechien). 12 Länder weisen einen Rückgang der Emissionen bei gleichzeitigem BIP-Wachstum auf (Belgien, Bulgarien, Dänemark, Spanien, Frankreich, Italien, Ungarn, Polen, Portugal, Slowakei, Schweden und Kroatien). Insgesamt stieg das BIP EU-weit um 0,3 Prozent an. luk
Die Umweltschutzorganisationen Climate Action Network Europe (CAN Europe) und Global Legal Action Network (GLAN) haben die Europäische Kommission wegen ihrer 2030er-Klimaziele vor dem Europäischen Gericht (EuG) verklagt. Sie wollen erreichen, dass die EU durch möglichst schnell einzuleitende Maßnahmen ihre Emissionen bis 2030 um mindestens 65 Prozent gegenüber dem Stand von 1990 senkt. Das teilten die NGOs am Dienstag mit. Derzeit liegt das Ziel bei minus 55 Prozent. Das EuG ist das zweithöchste Gericht der EU und dem EuGH untergeordnet; seine Urteile können vor dem EuGH angefochten werden.
Konkret geht es in der Klage um die nationalen Ziele zur Treibhausgassenkung in der Effort Sharing Regulation (ESR) – auch Lastenteilung genannt. Sie umfasst die Sektoren Verkehr, Landwirtschaft, Gebäude, Abfall und Teile der Industrie, die nicht im europäischen Emissionshandel erfasst sind, und gibt nationale Reduktionsziele bis zum Jahr 2030 vor.
Die NGOs sind der Auffassung, dass die Grenzwerte nicht ausreichen, um Europas Treibhausgasemissionen schnell genug zu reduzieren und so die Pariser Klimaziele einzuhalten. Man habe dargelegt, dass die EU-Ziele weder wissenschaftsbasiert noch im Einklang mit der 1,5-Grad-Grenze seien, sagte GLAN-Anwalt Gerry Liston, und er verwies auf das historische Urteil des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofs (EGMR) im Fall der Schweizer Klimaseniorinnen: “Die Essenz dieses Urteils ist, dass Staaten wissenschaftsbasierte Emissionsziele verabschieden müssen, die im Einklang mit 1,5 Grad sind.” Das müsse das EuG nun berücksichtigen.
Allerdings nutzen die Organisationen für ihre Klage einen Umweg: Statt das 2030er-Ziel direkt anzugreifen, gehen sie gegen den Verwaltungsakt vor, der es in jährliche nationale Emissionsziele übersetzt. Dazu sind sie als NGOs auf Basis der Aarhus-Verordnung der EU berechtigt. Ihr Kernargument dabei: Weil die jährlichen nationalen Emissionsziele auf den minus 55 Prozent basieren, dieses Ziel aber nicht im Einklang mit geltendem Recht stehe, sei der Verwaltungsakt nicht rechtmäßig, und die jährlichen nationalen Ziele müssten nachgebessert werden. Sofern das EuG in ihrem Sinne urteilt, ergäbe sich damit eine Pflicht zur Verschärfung auch des übergeordneten EU-Ziels für 2030. Die EU-Kommission bezweifelt das und hält die Klage für unzulässig.
Der Umweg über die Aarhus-Verordnung macht den Fall juristisch interessant. Zwar sei eine Klage gegen die jährlichen nationalen Emissionsziele auf Basis der Aarhus-Verordnung “grundsätzlich zulässig”, sagte Niklas Täuber, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Kompetenznetzwerk Zukunftsherausforderungen des Umweltrechts an der FU Berlin, auf Anfrage von Table.Briefings. “Doch dass sich die Gerichte der EU auf eine Überprüfung der übergeordneten, per Gesetz erlassenen Klimaziele durch die Hintertür der Aarhus-Verordnung einlassen, erscheint mir unwahrscheinlich.”
Dennoch könne das EuG “die Klage beispielsweise auf Grundlage einer erweiterten Auslegung des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union zulassen” – und sobald “die Hürde der Zulässigkeit einmal überwunden ist, halten die Europäischen Verträge einige Vorschriften bereit, auf deren Grundlage sich ein progressiverer Klimaschutz begründen ließe”, so Täuber.
Laut einem Schreiben des Gerichts an die Anwälte der Kläger, das Table.Briefings vorliegt, hat das Gericht den Fall als vorrangig eingestuft. Das könnte bedeuten, dass er bereits im Jahr 2025 verhandelt wird. Die Klage wurde ursprünglich im Februar eingereicht, aber damals nicht veröffentlicht. ae/luk/rtr
China hat sein Ausbauziel für erneuerbare Energien fast sechs Jahre früher als geplant erreicht. Wie Bloomberg unter Berufung auf die Nationale Energiebehörde berichtet, installierte das Land im Juli 25 Gigawatt (GW) an Wind- und Solarenergie. Chinas Gesamtkapazität erneuerbarer Energien stieg damit auf 1.206 Gigawatt. Staatschef Xi Jinping hatte Ende 2020 das Ziel ausgerufen, bis 2030 mindestens 1.200 Gigawatt aus sauberen Energiequellen zu gewinnen.
Durch die Rekordinstallationen von Wind- und Solaranlagen im Jahr 2023 ist Chinas Stromerzeugung aus Erneuerbaren im ersten Quartal 2024 um 25 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Der Verbrauch von Kohlestrom ist dagegen zurückgegangen. Dennoch haben Solar- und Windenergie in diesem Jahr laut Bloomberg bisher nur etwa 14 Prozent des verbrauchten Stroms erzeugt. Die Nutzungsrate muss also deutlich steigen. China erarbeitet derzeit einen neuen Klimaplan (NDC), den es bis Februar 2025 an die Vereinten Nationen übermitteln muss. Dieser wird nach Meinung von Experten aber nicht ausreichen, um das Land auf den 1,5-Grad-Pfad zu bringen.
Auch gilt Xis Erneuerbaren-Ausbauziel von 1200 Gigawatt unter Experten ohnehin als zu niedrig, um das ebenfalls ausgegebene Ziel zu erreichen, bis 2030 ein Viertel des Energiemixes (nicht der Stromerzeugung) aus nicht-fossilen Quellen zu liefern. Bei diesem für den globalen Klimaschutz deutlich wichtigeren Ziel sei China “stark im Rückstand”, urteilt etwa Lauri Myllyvirta vom Centre for Research on Energy and Clean Air (CREA) auf X. Es sei dazu noch deutlich mehr Zubau an Solar und Wind nötig, da Wasserkraft und Atomkraft bis 2030 nicht nennenswert über bestehende Pläne hinaus ausgebaut werden könnten. Myllyvirta lobte zugleich die “beeindruckende Beschleunigung des Einsatzes von Solarenergie im Jahr 2023”.
Die Zentralbank und sieben Ministerien erließen am Dienstag unterdessen neue Richtlinien, die Firmen in der Yangtse-Region neue Anreize setzen, um sich künftig mehr Kapital über grüne Anleihen und Aktien zu beschaffen. Das soll die Transformation der Wirtschaft in der Region beschleunigen, wie die South China Morning Post berichtete. Details seien noch nicht bekannt. Der Yangtze River Economic Belt umfasst elf Provinzen inklusive der autonomen Städte Shanghai und Chongqing sowie 44 Prozent der chinesischen Wirtschaftsleistung. ck
Die meisten Anpassungsmaßnahmen von Küstenstädten an den Klimawandel sind “in Tiefe, Umfang und Geschwindigkeit unzureichend”. Das zeigt eine Metastudie im Fachmagazin “Nature Cities” unter der Leitung der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU), die am Montag veröffentlicht wurde. Analysiert wurden dafür Studienergebnisse von über 199 Städten in 54 Staaten. Konkret geht es darum, wie Klimarisiken – etwa der steigende Meeresspiegel, Stürme, Überschwemmungen oder Hitze – die Bevölkerung, Infrastruktur und Ökosysteme treffen und wie verwundbar diese sind.
Es gäbe zudem kaum Anzeichen für eine nachhaltige Verringerung der Risiken durch die bereits umgesetzten Maßnahmen, schreiben die Studienautoren. Das sei unabhängig von Bevölkerungsgröße oder Einkommensniveau der untersuchten Städte. Matthias Garschagen, Geograf an der LMU und einer der Autoren, kritisiert: “Häufig versuchen Städte, das Katastrophenmanagement für zukünftige Risiken auf der Basis von Erfahrungen der Vergangenheit zu optimieren, ohne grundlegend zu hinterfragen, ob diese Ansätze auch später noch tragfähig sind.” Garschagen rät daher zu besseren Szenarien und Modellierungsverfahren. Eine wichtige Frage sei auch, “ab wann es sinnvoller ist, Küstenschutzmaßnahmen aufzugeben und stattdessen Umsiedlungen in Betracht zu ziehen“.
Umsiedelungsmaßnahmen gibt es derzeit etwa in Indonesien. Dort wird die sinkende Hauptstadt Jakarta durch Nusantara ersetzt – eine neue Millionenstadt auf der Insel Borneo, deren Bau aufgrund der starken Waldrodung von NGOs mehrfach kritisiert wurde. Pazifische Inselstaaten wie Tuvalu, Palau oder die Cookinseln haben zudem bereits Umsiedelungsabkommen ausverhandelt, etwa mit Australien oder den USA. lb
Die Klimakrise lässt die Witterungsverhältnisse unsicherer werden – in Deutschland gefährdet das “regional abhängig ganze Ernten”. Das teilt das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) anlässlich der Vorstellung des vorläufigen amtlichen Ernteberichts 2024 mit. Ein nasser Herbst, ein “rekordwarmer Frühling 2024 mit Spätfrösten, vielerorts Hochwasser und ein feuchter Sommer mit zahlreichen heftigen Unwettern” haben demnach die Ernteergebnisse in Deutschland geschmälert.
In Zahlen:
Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir betonte die Notwendigkeit, sich an die Klimaveränderungen anzupassen. Auf vielen Betrieben sei Klimaanpassung “längst Realität”, sagte er. Das BMEL verwies auf diverse Instrumente, mit der die Bundesregierung die Klimaanpassung und den Klimaschutz in der Landwirtschaft unterstütze – darunter die Nationale Wasserstrategie, die Förderung von Pflanzenzüchtung, um resilientere Sorten zu entwickeln, verschiedene Anreize für Agroforstsysteme, das Klimaschutzprogramm 2030, die Bio-Strategie 2030, Maßnahmen zum Bürokratieabbau und weitere Instrumente zur Stärkung der betrieblichen Anpassungsfähigkeit. ae
Neu angekündigte Produktionsstätten für Eisen und Stahl, insbesondere in Europa, sind immer häufiger auf klimaschonende Verfahren ausgerichtet. In Asien, vorwiegend in Indien, werden allerdings neue CO₂-intensive Hochöfen errichtet. Dies geht aus der Studie “Pedal to the Metal 2024” des Global Energy Monitors (GEM) hervor.
Die größten Fortschritte gibt es demnach im Bereich Stahlrecycling: 93 Prozent der im vergangenen Jahr neu angekündigten Produktionskapazitäten im Stahlbereich sind Elektrolichtbogenöfen, in denen Stahlschrott erneuert wird. Wenn die Entwicklung verlaufe wie angekündigt, so die Autoren, rücke damit das Ziel der Internationalen Energieagentur (IEA) in greifbare Nähe: Die IEA gibt vor, dass 37 Prozent der globalen Stahlproduktion in 2030 mit diesen strombetriebenen Öfen hergestellt werden soll. Der tatsächliche Bau dieser Anlagen hat aber zu einem großen Teil noch nicht begonnen.
Ebenfalls auf dem Vormarsch ist die Direktreduktion von Eisenerz (DRI). Global basieren 36 Prozent der neu angekündigten Werke auf der DRI-Technik. In diesen Anlagen kann potenziell CO₂-armer Neustahl hergestellt werden, sofern zur Eliminierung der Sauerstoffatome im Eisenerz “grüner” Wasserstoff genutzt wird. Die in Europa gegenwärtig geplanten Neustahl-Anlagen sind laut GEM alle DRI-basiert, doch auch hier sind viele Projekte noch nicht im Bau.
Die mengenmäßig führenden Länder im Stahlbereich, China und Indien, widersetzen sich dem Trend allerdings. China plant den Neubau von kohlebasierten Hochöfen mit einer Kapazität von 128 Millionen Tonnen Eisen pro Jahr (36 Prozent der neuen Hochofen-Projekte weltweit). Dort verlaufen die Projektierung und der Bau neuer Hochöfen jedoch inzwischen langsamer als die Stilllegung älterer Hochöfen.
Indien hingegen plant einen massiven Ausbau: Neue Hochofen-Kapazitäten im Umfang von 122 Millionen Tonnen Eisen pro Jahr (34 Prozent globaler Anteil) sind mittels dieser emissionsintensiven Technologie geplant. Laut GEM drohen Lock-in-Effekte: Die Investitionen in neue Hochöfen könnten eine Dekarbonisierung der Eisen- und Stahlindustrie politisch und wirtschaftlich erschweren. av
Die Städte Dresden und Leipzig stellen ihren CO₂-Rechner für den Kulturbetrieb aufgrund großer Nachfrage aus anderen Städten jetzt bundesweit kostenlos zur Verfügung. Das sogenannte E-Tool Kultur entstand 2023 und kann von Veranstaltern dauerhaft und kostenfrei genutzt werden. Ein technischer Support sei allerdings nicht möglich.
Das Tool berechnet alle Emissionsquellen nach dem sogenannten Greenhouse Gas Protocol, ein global anerkannter Standard. Zu den größten Emissionsquellen zählen demnach die An- und Abreise von Publikum und Gastkünstlern, der Transport von Technik oder Ausstellungstücken, der Einkauf von Material für den Kulturbetrieb sowie Leistungen Dritter wie etwa Cateringfirmen. Zudem verfüge das Tool über einen Modus mit Beratungsfunktionen und zahlreichen Zusatztools – etwa zur Wirtschaftlichkeit von Photovoltaik-Anlagen.
Dresden und Leipzig hatten in die Entwicklung des Tools mehrere Firmen und Partner sowie das Fraunhofer-Zentrum für internationales Management und Wissensökonomie eingebunden. Das E-Tool Kultur basiert auf dem bereits bestehenden Tool der “Mittelstandsinitiative Energiewende und Klimaschutz”. Es steht allen Handwerksbetrieben seit 2021 kostenfrei zur Verfügung. dpa/lb
Euractiv: Freundschaft für das Klima. Für die EU und USA sind klimaneutrale Technologien wie Windturbinen, Solarzellen und Batterien bedeutend für ihre Sicherheit und ihren Wohlstand. Chinas wachsende Dominanz in diesem Bereich und Russlands Einstellung der Gaslieferungen haben diese Ansicht verstärkt. Aber es gibt auch Spannungen zwischen den transatlantischen Partnern. Das US-Inflationsbekämpfungsgesetz von 2022, das Subventionen für die Produktion umweltfreundlicher Energietechnologien in den USA vorsieht, wurde von der Europäischen Kommission als protektionistisch kritisiert. Dennoch arbeiten beide Wirtschaftsmächte daran, ihre Differenzen zu überwinden. Zum Artikel
Rheinische Post: Wasserstoff aus dem Ruhrgebiet. In Oberhausen weihte NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst eine neue Produktionsstätte für grünen Wasserstoff ein. Die Anlage ist eine der größten Elektrolyse-Anlagen ihrer Art in Deutschland. Über Pipelines können Unternehmen der Stahl- und Chemieindustrie beliefert werden, um ihre Produktion umweltfreundlicher zu gestalten. Allerdings gibt Air Liquide zu, dass grüner Wasserstoff im Vergleich zu konventionell hergestelltem Wasserstoff noch teuer ist. Daher wird weiterhin daran gearbeitet, Kunden zu gewinnen. Zum Artikel
Salon.com: Beringsee im Norden Amerikas einst reich an Schneekrabben. Vor einigen Jahren brach die Krabbenpopulation jedoch drastisch ein; über 90 Prozent der Krabben, schätzungsweise 47 Milliarden Tiere, verschwanden. Die Krabbenfischerei geriet in die Krise. Im Jahr 2022 wurde die Krabbenfangsaison abgesagt. Wissenschaftler vermuteten damals den Klimawandel als Ursache, was nun durch eine aktuelle Studie in der Zeitschrift Nature Climate Change bestätigt wurde. Zum Artikel
New York Times: Samoa in Not. Die zu den USA gehörenden Samoa-Inseln im Pazifik leiden massiv unter dem Klimawandel. Der Anstieg des Meeresspiegels führte dazu, dass Süßwasser knapp wurde. Ein Krankenhaus musste zeitweilig seine Arbeit fast komplett einstellen. Ein Bundesprogramm soll jetzt den betroffenen Inseln helfen, aber es fehlt an Arbeitskräften. Zum Artikel
Wall Street Journal: Startups verbessern Stromnetze. Startups, die daran arbeiten, Stromnetze effektiver zu machen, ziehen zunehmend Risikokapitalgeber an. Diese sind, was Investitionen im Bereich von Klimatechnologien betrifft, vorsichtiger geworden, engagieren sich aber dafür bei Technologien, welche die Effizienz und Zuverlässigkeit von Stromnetzen erhöhen. Zum Artikel
Die Antriebswende hin zur batteriebetriebenen Elektromobilität ist für das Klima-Sorgenkind Verkehr derzeit die wichtigste politische Maßnahme – insbesondere, weil sie im Vergleich zu einer ebenfalls notwendigen umfassenderen Mobilitätswende viel schneller umsetzbar ist. Doch entgegen dem globalen Trend wächst die Nachfrage nach Elektroautos in Deutschland nicht so schnell wie erwartet.
Die hiesigen Hersteller, die ihr Geld vor allem mit großen Verbrennern verdienen, bringt das in Schwierigkeiten. Spätestens von 2025 an, wenn innerhalb der EU neue Flottengrenzwerte gelten, drohen ihnen Milliardenstrafen – es sei denn, sie können ihren E-Auto-Absatz noch stark steigern. Doch die Aussichten dafür scheinen derzeit, nach dem abrupten Ende der Kaufprämie und angesichts der aktuellen Haushaltsdebatte, schlecht.
Dabei gäbe es einen völlig haushaltsneutralen Weg, um der Elektromobilität in Deutschland – und damit dem Klimaschutz im Verkehr – neuen Aufschwung zu verleihen: Bis zum kommenden Frühjahr muss das Update der EU-Erneuerbaren-Energien-Richtlinie für den Verkehr (RED) in ein nationales Gesetz überführt werden. Das federführende Umweltministerium arbeitet derzeit an einem Entwurf, den es in den kommenden Wochen vorlegen dürfte. Hier bietet sich die Chance, Klimaschutz und E-Mobilität zugleich voranzubringen.
Dafür muss die RED in der deutschen gesetzlichen Umsetzung aber grundsätzlich neu aufgestellt werden.
Die RED gibt vor, wie viele erneuerbare Energien im Verkehr genutzt werden müssen. In Deutschland wird dies bislang über das THG-Quotensystem geregelt. Seit 2015 verpflichtet es Mineralölunternehmen zu Treibhausgas-Einsparungen in bestimmter Höhe. Erfüllen die Ölfirmen die Quote nicht selbst, können sie das durch Zahlungen an Anbieter von klimafreundlicheren Energien ausgleichen – also etwa an Ladestromanbieter, die in der Regel Ökostrom benutzen, oder die Biokraftstoffindustrie. Die Kosten sind ein Anreiz für klimafreundliche Innovationen. Das THG-Quotensystem setzt dafür einen haushaltsneutralen Rahmen.
In der Theorie klingt das gut, doch: Ein Großteil der Ausgleichszahlungen landet bei Anbietern von Biosprit, die gar nicht klimafreundlich sind. Entgegen der häufigen Behauptung stammt noch immer mehr als die Hälfte dieser Kraftstoffe direkt vom Acker. In vielen Fällen sind sie sogar klimaschädlicher als fossile Kraftstoffe, wie verschiedene Studien bestätigen. Weil ihre offizielle Klimabilanz unvollständig ist, gelten sie im Quotensystem dennoch als THG-arm.
Künftig könnte der Einsatz von biogenen Kraftstoffen vom Acker sogar steigen. Dabei ist bereits jetzt ein großer Teil der knappen Fläche in Deutschland für die Kraftstoffproduktion belegt.
Inzwischen wird vielfach versichert, dass Biokraftstoffe zu großen Teilen aus Reststoffen stammen, sogenannte “fortschrittliche Biokraftstoffe”. Doch 2022 kamen sie fast zur Hälfte aus asiatischen Palmölmühlen-Rückständen, obwohl die EU eigentlich Palmöl nicht mehr fördern wollte (für 2023 liegen noch keine Daten vor). Hinzukommt ein skandalöses Betrugssystem, bei dem natives Öl aus China kurzerhand zu Abfallstoff umdeklariert wird.
Damit wird das deutsche THG-Quotensystem seinem politischen Anspruch nicht gerecht. Die derzeitigen Optionen, es einzuhalten, liefern weder wirklichen Klimaschutz, noch fördern sie klimafreundliche Innovationen. Leidtragende sind – neben dem Klima – die Verbraucherinnen und Verbraucher, die das System an der Tankstelle finanzieren.
In der aktuellen Lage wäre es absolut falsch, den Pflichtanteil für Erneuerbare im Verkehr generell zu erhöhen, wie jüngst von der Automobilbranche vorgeschlagen. Dadurch würden die nicht-klimafreundlichen Biotreibstoffe nur mit noch mehr Geld unterstützt.
Für den Klimaschutz ist die E-Mobilität das Mittel der Wahl. Um sie besser zu fördern, muss die RED in der deutschen gesetzlichen Umsetzung konsequent umgebaut werden. Kraftstoffe vom Acker müssen von der THG-Quote ausgeschlossen werden, Abfall- und Reststoffe strikt begrenzt. Rechtlich ist dies möglich. Die Emissionsbilanz muss endlich ehrlich berechnet werden. Fantasieeinsparungen von 90 Prozent würden dann nicht mehr anerkannt.
Ladestrom muss das zentrale Gut auf dem THG-Quotenmarkt werden – zum Beispiel, indem man ihn im Quotensystem durch eine höhere Gewichtung oder eine steigende Mindestabnahmemenge stärker begünstigt. Nur so wird das Geschäftsmodell für Ladesäulen besser und die Auszahlung der THG-Quote an Besitzerinnen und Besitzer von E-Autos verlässlicher. Beides sind wichtige Anreize für Elektromobilität.
Das Argument, man bräuchte alle Optionen, zählt hier nicht: Die Vorgaben für Erneuerbare im Verkehr sind ohne Kraftstoffe vom Acker einhaltbar. Wer Biosprit tanken will, könnte das dennoch weiterhin tun. Nur, warum sollte dies angesichts knapper Mittel für den Klimaschutz staatlich begünstigt werden, wenn stattdessen die Elektromobilität für Pkw und Lkw gefördert werden kann?
Betrug beim Biosprit muss konsequent bekämpft werden. Das jüngste Beispiel des Betrugs bei Upstream-Emission-Reductions zeigt, wie schwer es ist, Klimaschutz mittels Zertifikaten zu überprüfen. Die kontrollierenden Behörden müssen ein klares Signal in den Markt setzen: Kraftstoff- und THG-Reduktionsmengen dürfen nicht mehr in Deutschland anerkannt werden, wenn keine Möglichkeit gewährt wird, die produzierenden Anlagen im Ausland vor Ort zu prüfen.
Mit der RED im Verkehr sind Innovationen für den Klimaschutz und die Förderung von Elektromobilität ohne zusätzliches Geld aus dem Bundeshaushalt möglich. Daher sollten alle Bundesministerien ein gemeinsames Interesse daran haben, die RED zu einem echten Transformationsinstrument zu machen.
Nikolas von Wysiecki ist stellvertretender Teamleiter Verkehrspolitik beim Umweltverband NABU.