Table.Briefing: Climate

IRA: Die EU kontert + Steuern für Klimagerechtigkeit + Mängel bei Carbon Credits

  • Greentech: EU kontert US-Subventionen
  • Experten fordern Steuern für Klimagerechtigkeit
  • Frankreich: Neuer Plan für grünere Industrie
  • Scholz in Lateinamerika: Wälder, Lithium, Wasserstoff
  • Termine der kommenden Woche
  • Klima in Zahlen: Meereis schwindet in Rekord-Tempo
  • Carbon Credits: nicht gut genug
  • Ukraine: Ideen für grünen Wiederaufbau
  • Studie: Gesellschaft zu träge für 1,5-Grad
  • DR Kongo verschiebt Auktion für Öl-Lizenzen
  • Studie: nur weniger Fliegen hilft dem Klima
  • Indien erwägt eigenen CBAM
  • Presseschau
  • Ian Fry – Anwalt der Menschenrechte im Klimawandel
Liebe Leserin, lieber Leser,

bis vor ein paar Jahren war das Klimathema etwas für Nerds wie uns. Heute beschäftigt der Umgang mit dieser Krise die wichtigsten Entscheider auf der ganzen Welt. Das zeigt unser aktueller Climate.Table: Denn die Reaktion auf die Krise durch die US-Regierung, das riesige Investitionspaket namens IRA, hat das Potenzial, einen Handelskrieg zwischen den USA und der EU (und auch China) auszulösen. Wie sich da aktuell die EU aufstellt, erfahren Sie heute in unserer Analyse.

Denn inzwischen entscheiden nicht nur Geld und Macht über die Klimapolitik. Sondern die Klimapolitik definiert auch andersherum, wer in Zukunft über Wohlstand und Einfluss bestimmt. Auf seiner Südamerika-Tour hat Kanzler Scholz sich deshalb um grünen Wasserstoff und Waldschutz gekümmert; in Frankreich muss die Regierung ihre Strategie ändern, wie sie die Industrie CO₂-neutral machen will; Indien droht mit ökonomischer Vergeltung beim Streit um den EU-CO₂-Zoll; im Kongobecken pokert die Regierung mit Ölfirmen um Rohstoffe und Regenwald.

Und schließlich fordern Experten im neuen “Klima-Ungerechtigkeits-Bericht” ein neues Steuersystem gegen die zentrale Schieflage im Klimawandel: Dass die Reichen weltweit und in einzelnen Ländern viel zum Problem beitragen, das die Armen ausbaden müssen.

Wir liefern auch mit diesem Climate.Table wieder Hintergründe zu all diesen und weiteren Themen. Wir wünschen spannende Lektüre und behalten Sie einen langen Atem!

Ihr
Bernhard Pötter
Bild von Bernhard  Pötter

Analyse

So will die EU den USA bei Greentech die Stirn bieten

Von der Leyens EU-Kommission will die Erneuerbaren mit Beihilfen stärken. Im Bild ist die Kommissionspräsidentin auf dem Nordseegipfel zum Ausbau der Offshore-Windkraft im Sommer 2022 zu sehen.

Mit dem Green Deal Industrial Plan antwortet die EU-Kommission auf die Pläne der US-Regierung zur massiven Subventionierung der US-Industrie durch den IRA. Brüssel will Erleichterungen für die EU-Wirtschaft erlauben, die aber möglichst gezielt sein sollen. Für strategische grüne Industrien sollen Investitionsbeihilfen wie Steuererleichterungen bei der Ausweitung von Produktionskapazitäten erlaubt sein.

Der IRA ist ein Milliarden-Programm von Joe Biden, um grüne Industrien in den USA zu fördern und aus dem Ausland in die Vereinigten Staaten zu locken. Teilweise werden dabei Steuervergünstigungen nur gewährt, wenn in den USA hergestellte Vorprodukte eingesetzt werden. Viele EU-Politiker und Industrievertreter befürchten deshalb, die IRA-Förderungen könnten zu einer Abwanderung wichtiger grüner Zukunftsbranchen in die USA führen.

Bisher handelt es sich bei den Vorschlägen, die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Mittwoch vorstellte, nur um eine “Kommunikation” der Kommission, nicht um konkrete Gesetzesvorschläge. Im Einzelnen enthalten die Planungen:

  • Steuererleichterungen und erleichterte Fristenregelungen für erneuerbare Energien. Beihilfen der Mitgliedsstaaten wären demnach erlaubt für alle Techniken im Sinne der Erneuerbare-Energien-Richtlinie. Neu dabei: Biomasseanlagen und Wasserkraftwerke, auch Speicher für grünen Wasserstoff und Biokraftstoffe.
  • Beihilfen für die Dekarbonisierung der Industrie sollen erleichtert werden. Statt langer Verfahren bei der Umstellung von Gas oder Kohle auf Strom oder Wasserstoff soll künftig ein pauschaler Anteil der Investitionskosten förderfähig sein. 
  • Für Sektoren wie Wasserstoff, emissionsfreie Fahrzeuge, Gebäude sowie die CO₂-Speicherung (CCS) soll die Anmeldung bei der EU für Hilfen (Notifizierungspflicht) laut “Allgemeiner Gruppenfreistellungsverordnung” (AVGO) erleichtert werden. Auch der Bau von Lade- und Tankinfrastruktur und Ausbildungsprogramme sollen weniger Bürokratie erfordern.
  • Schließlich wird die Planung von Wasserstoffprojekten und künftig auch Solar- und Wärmepumpen-Produktion erleichtert. Die Regeln (“De Minimis-Grenzen”) für die umständlichen Beihilfen für Projekte mit europäischer Bedeutung (Important Project of Common European Interest – IPCEI) werden vereinfacht. Auch kleine und mittelständische Unternehmen sollen Zugang zu der Investitionsförderung erhalten.  

Keine Details zum EU-Souveränitätsfonds

Die Finanzierung des Green Deal Industrial Plan ist noch nicht abschließend geklärt. Ein neues Instrument – der EU-Souveränitätsfonds – soll bis zum Sommer stehen. Er soll Hilfen geben für Technologieprojekte, die für alle Mitgliedstaaten wichtig seien, so Ursula von der Leyen. Weitere Details – wie viel Geld verteilt werden, wo es herkommen und ob dafür neue Schulden gemacht werden sollen – verrät von der Leyen nicht: “Wir werden erst mit den Mitgliedstaaten sprechen müssen, danach kümmern wir uns um die Finanzarchitektur.”

Subventionen sollen aber über bestehende Finanztöpfe – InvestEU, der Innovationsfonds und RepowerEU – ausgezahlt werden. 225 Milliarden kommen zudem aus dem Corona-Wiederaufbaufonds und sollen für den Industrieplan zur Verfügung gestellt werden.

Kritik an der vorgeschlagenen Finanzierung des Green Deal Industrial Plan kommt vom Climate Action Network (CAN Europe). Die “Kommunikation” der EU-Kommission sei lediglich ein “bloßer Katalog der vorhandenen EU-Mittel“. Es würde nicht berücksichtigt, dass “selbst bei einer beispielhaften Mobilisierung all dieser Mittel immer noch eine erhebliche Investitionslücke bestehen würde”, sagte Olivier Vardakouolias, Experte für Finanzen und Subventionen bei CAN Europe.

Solarindustrie fordert mehr als nur Finanzhilfen

Die europäische Solarindustrie hält Finanzhilfen allein nicht für ausreichend. Der Verband SolarPower Europe fordert auch eine klare Kennzeichnung von EU-Modulen als “best in class”, was Nachhaltigkeitsindikatoren angeht. Noch weitgehender ist die Forderung, den Mitgliedstaaten die Möglichkeit zu geben, die Mehrkosten besonders nachhaltiger Module dauerhaft zu subventionieren oder ESG-Kriterien bei Ausschreibungen berücksichtigen zu können.

Damit greift die Solarindustrie die Debatte um eine “buy European”-Klausel auf, welche die besonders umstrittene Herkunftsanforderung im amerikanischen IRA spiegeln würde. Die Argumente der Solarindustrie deuten darauf hin, dass sie auch mit Subventionen nicht gegen günstige Solar-Importe aus China bestehen könnte.

Klaus Röhrig, Leiter des Bereichs Klimapolitik bei CAN, warnt davor, dass sich der EU-Vorschlag zu sehr auf bisher nicht etablierte Technologien wie Carbon Capture stützen könnte. Was es brauche, seien “scharfe und tiefe Emissionssenkungen“. Auch das European Environmental Bureau (EEB) kritisierte, dass der Kommissions-Entwurf nicht klar definiere, was als “Netto-Null”-Technologie gelte. Die EU müsse auch die klimaschädlichen Industrien verteuern und besonders schädliche Technologien aus dem Markt drängen, sagte Luke Haywood, Leiter des Bereichs Klimapolitik beim EEB. Manuel Berkel, Markus Grabitz, Bernhard Pötter, Nico Beckert

  • EU
  • Inflation Reduction Act
  • IPCEI

Klimagerechtigkeit: Experten fordern Umverteilung über Steuern

Der gerechteste und effektivste Weg zu globalem Klimaschutz besteht nach einer neuen umfassenden Studie darin, die Superreichen zu besteuern und mit diesen Einnahmen Armutsbekämpfung zu finanzieren. Denn extrem reiche Menschen und Industriestaaten verursachen im globalen Durchschnitt überproportional hohe CO₂-Emissionen. Die Staaten sollten durch neue Abgaben für Superreiche und den internationalen Schiffs- und Luftverkehr mehr Mittel für staatliche Investitionen organisieren. Das schlägt der “Climate Inequality Report 2023” vor, den der Think-Tank World Inequality Lab (WIL) veröffentlicht hat.

Die neue Untersuchung zieht folgende Schlüsse:

  • Demnach ist es nicht nur gerecht, sondern auch am effektivsten, bei der Emissionsreduzierung bei den reichen Individuen und Staaten anzusetzen: Da zehn Prozent der Weltbevölkerung fast 50 Prozent der globalen Emissionen verursachen, “könnte der Aufwand für die gleiche Emissionsreduktion bei hoch-emittierenden Gruppen signifikant niedriger sein”.
  • Wenn die Emissionen der Superreichen entsprechend gesenkt werden, ist die Bekämpfung der Armut und daraus folgende, höhere CO₂-Emissionen in den armen Ländern mit den Zielen des Pariser Abkommens zu vereinbaren. Derzeit stoßen demnach die reichsten ein Prozent der Weltbevölkerung so viel CO₂ aus, wie durch Wirtschaftswachstum nötig wäre, um drei Milliarden Menschen aus der Armut zu holen und ihnen ein Einkommen von 5,50 US-Dollar pro Tag zu garantieren. “Wenn die globalen Top Emittenten ihre Emissionen gemäß ihres fairen Anteils reduzieren würden, würde ausreichend CO₂-Budget frei, um die ganze Welt aus der Armut zu holen”, so die Autoren.   
  • Die Armen in den armen Ländern sind am meisten vom Klimawandel bedroht, während sie am wenigsten Emissionen verursachen und kaum Mittel zur Anpassung haben. Das reichste Prozent der Weltbevölkerung dagegen verantwortet hohe Emissionen, hat viele Möglichkeiten zur Anpassung, muss aber nur geringe Schäden befürchten. “Ihre Anreize zur Emissionsreduktion sind nicht notwendigerweise im Einklang mit den Schäden, die sie anrichten”, heißt es.
  • Die Unterschiede der CO₂-Emissionen innerhalb von Staaten sind laut der Studie inzwischen größer als zwischen den Staaten. Darauf müssten Steuergesetze in den einzelnen Ländern reagieren. Indonesien etwa habe es geschafft, die Subventionen für fossile Brennstoffe schnell und sozial abgefedert drastisch zu kürzen.

Superreiche besteuern: Gerecht und effizient

Der Bericht wird zum ersten Mal veröffentlicht und steht in einer Reihe mit den jährlichen Berichten zur globalen Ungleichheit und dem Global Inequality Monitor des World Inequality Lab. Der Think-Tank ist eine Studiengruppe an französischen Universitäten und Instituten, Mitglied ist unter anderem der Ökonom Thomas Piketty. Das WIL wird finanziert vom Europäischen Forschungsrat, internationalen Universitäten und Stiftungen und der UN-Entwicklungsorganisation UNDP.

Schon andere Organisation haben in der Vergangenheit den Fokus auf “Klimagerechtigkeit” und die Verantwortung der Superreichen gerichtet: Oxfam etwa kritisierte, der CO2-Fußabdruck von Milliardären sei tausend- bis millionenfach größer als im Durchschnitt der Bevölkerung.

Argumente für “Loss and Damage”-Diskussion

Die Analyse und die daraus folgenden Empfehlungen des “Klima-Ungleichheits-Berichts” bringen neue Argumente in die globale Debatte um Klimagerechtigkeit. Die von den Industrieländern versprochenen 100 Milliarden Dollar pro Jahr für Klimaschutz in den armen Ländern werden bislang nicht erreicht. In diesem Jahr wollen die UN-Staaten die Details für den neuen “Loss and Damage” Fonds festlegen. Bei der Frühjahrstagung von Weltbank und IWF im April steht eine Reform des Finanzsystems auf der Agenda. Und nach wie gibt es gewaltige Unterschiede zwischen reichen und armen Regionen bei der Verursachung des Klimawandels.

Die meisten Weltregionen liegen weit über den zulässigen Emissionsgrenzen für das 1,5-Budget.

Die Experten des “Klima-Ungleichheits-Reports” empfehlen den Regierungen und Geldgebern in der internationalen Klimaszene daher:

  • Die Stellung der Länder mit niedrigem und mittleren Einkommen (LMIC) im internationalen Finanzsystem zu stärken.
  • Steuergesetze in den LMIC hin zu mehr Progression und sicheren Staatseinkünften umzubauen.
  • Größere Anstrengungen der Industrieländer, ihre Finanzzusagen einzuhalten.
  • Mehr Daten über Ungleichheit im Klima-Kontext zu erheben.
  • Von Erfolgen einzelner Länder zu lernen und “niedrig hängende Früchte” wie Steuer auf extremen Reichtum analog zu einer Übergewinnsteuer zu berücksichtigen.

Schließlich macht der Report Vorschläge, um die gegenwärtigen Trends immer noch weiter steigender Emissionen umzudrehen. Die Staaten sollten:

  • Ihre Klimaziele überprüfen und mehr Finanzen für Anpassung und “Loss and Damage” bereitstellen.
  • Den CO₂-Ausstoß beim internationalen Flug- und Schiffsverkehr mit Abgaben belegen. Allein eine Airline-Tax könne den Staaten je nach Modell zwischen 56 und 392 Milliarden Dollar jährlich für Klimaschutz einbringen.
  • Den LMIC und allen Ländern helfen, mehr Einnahmen von multinationalen Konzernen einzufordern.
  • Eine Steuer für die 0,1 Prozent der Weltbevölkerung einführen, die mehr als 100 Millionen Dollar. Vermögen haben. Eine solche “1,5-Prozent-Steuer für 1,5 Grad” könne jährlich 295 Milliarden Dollar einbringen.
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Frankreich wechselt Strategie bei Dekarbonisierung der Industrie

Mit ihrem ursprünglichen Plan zur Dekarbonisierung der Industrie hat sich die französische Regierung nicht durchgesetzt. Bis 2030 soll der Sektor, der für etwa 20 Prozent der nationalen CO₂-Emissionen verantwortlich ist, seine Treibhausgase um 35 Prozent senken. Dabei helfen sollten Dekarbonisierungsfahrpläne für 19 Industriezweige, die die Sektoren bis Ende Dezember 2022 vorlegen mussten. Allerdings folgten nur vier von ihnen der Verpflichtung: Chemie, Bergbau und Metallurgie, Zement sowie die Papier- und Kartonindustrie.

Jetzt neu: Staatsgeld für Fahrpläne

Die französische Regierung ändert deshalb ihre Strategie: Jetzt legt sie den Fokus nicht mehr auf Branchen, sondern auf die 50 Industriestandorte mit der höchsten Emissionsintensität. Helfen dabei sollen Verträge zur ökologischen Wende” mit den Unternehmen. Mit ihnen wolle der Staat Investitionen in neue Technologien zur Dekarbonisierung unterstützen, wenn sich ein Unternehmen zu einem ehrgeizigen Fahrplan verpflichte, heißt es in Paris.

“Branchenspezifische Fahrpläne ermöglichen es, die technologischen Hebel für eine ganze Branche zu identifizieren, können aber nicht zu genau sein”, begründet das französische Kabinett seine Entscheidung. “Indem wir uns für einen standortbezogenen Ansatz für die 50 größten Emittenten entscheiden, die für mehr als die Hälfte der Industrieemissionen verantwortlich sind, wollen wir effizienter sein und die Bewegung beschleunigen“. Im März wird die im Finanz- und Wirtschaftsministerium ansässige Generaldirektion für Unternehmen eine erste Version der Verträge mit den betroffenen Standorten erstellen. Diese haben dann bis Juni Zeit, um sie umzusetzen.

Nur Sektoren mit den höchsten Emissionen legten Pläne vor

Den ursprünglichen Plan setzten nur die Branchen mit den höchsten Emissionen um:

  • Die Chemiebranche mit 25,3 Prozent der Gesamtemissionen aus der verarbeitenden Industrie (Zahlen von 2018) verpflichtete sich in einem öffentlichen Dokument 2021, ihre Emissionen bis 2030 um 26 Prozent im Vergleich zu 2015 zu senken. Um dieses Ziel zu erreichen, setzt der Sektor auf eine verbesserte Energieeffizienz, kohlenstoffarme Wärmeerzeugung und die Senkung der Emissionen von Fluorkohlenwasserstoffen (potente Treibhausgase aus der Kälteerzeugung).
  • Die Bergbau- und Metallindustrie (24 Prozent der Industrie-Emissionen) zog im Juni 2021 nach. Sie will ihre Treibhausgasemissionen bis 2030 um 31 Prozent senken. Ihre Strategie beruht auf der Erhöhung der Stahlrecyclingquote, der Verringerung des Einsatzes von Kohle in Hochöfen, der Abscheidung und Speicherung von Kohlenstoff aus Hochöfen und der Nutzung von Wasserstoff.
  • Auch die Zementindustrie (23 Prozent der Industrie-Emissionen) setzte sich gleichzeitig das Ziel, die Emissionen bis 2030 um 24 Prozent und bis 2050 um 80 Prozent zu senken. Um dieses Ziel zu erreichen, setzen die Zementhersteller auch auf die Erhöhung der Energieeffizienz der Produktionsprozesse, die Nutzung erneuerbarer Energien und von Biomasse. Eine Recyclingkette für Beton wird ebenfalls erwähnt.
  • Im März 2022 veröffentlichte dann die Papier- und Kartonindustrie ihren Fahrplan: Sie wollte eine Emissionssenkung bis 2030 im Vergleich zu 2015 um 39 Prozent erreichen, vor allem durch Energieeffizienz und kohlenstoffarme Wärmeerzeugung.

Andere Sektoren haben Probleme mit Heterogenität

Alle anderen der 19 verpflichteten Branchen haben keine Dekarbonisierungsstrategien vorgelegt, wollen es teilweise aber noch tun. “Wir arbeiten derzeit an dem Dokument und es sollte noch Anfang dieses Jahres fertig sein”, kündigt ein Sprecher von Ania, dem Verband, der die Lebensmittelindustrie vertritt, an. Der Lobbyverband, der mehr als dreißig Branchen “mit sehr unterschiedlichen Eigenschaften” vertritt, erklärte zudem, dass die drei Branchen mit den höchsten Emissionen im Lebensmittelsektor (Stärke-Herstellung, Zuckerfabriken, Milchprodukte) ihre eigenen Strategien für einen geringen CO₂-Ausstoß definieren werden. Bisher wurden jedoch noch keine Dokumente veröffentlicht.

Dasselbe gilt für den Branchenausschuss “Gesundheitsindustrie und -technologie”. Der Hauptgrund für die Verzögerung sei die Zusammensetzung des Ausschusses, sagt Thomas Borel, Direktor für wissenschaftliche Angelegenheiten bei der Organisation Leem, die Arzneimittelunternehmen vertritt. Ihm zufolge handelt es sich um eine Branche, die sowohl Akteure aus der Chemie, dem Vertrieb als auch aus der Pharmaindustrie umfasst. “Wir haben begonnen, die Hebel zu identifizieren, die wir aktivieren könnten, wie das Ökodesign von Medikamenten und Verpackungen”, sagte der Leem-Vertreter. “Aber um auf Branchenebene voranzukommen, muss die Arbeit über alle Glieder hinweg durchgeführt werden.” Eine Strategie soll trotzdem bis zum ersten Quartal 2023 vorgelegt werden.

“Letztlich handelt es sich um ein ziemlich administratives Vorgehen“, bedauert ein Experte für das Thema im Wirtschafts- und Finanzministerium, der die geringe politische Tragweite des Ansatzes hervorhebt.

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Geld für Wälder, Lithium, Wasserstoff

Die Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen zwischen der EU und dem südamerikanischen gemeinsamen Markt Mercosur sollen möglichst bald abgeschlossen werden – so äußerten sich zumindest der Kanzler und seine beiden Gastgeber, Argentiniens Präsident Alberto Ángel Fernández und Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva beim Besuch des deutschen Regierungschefs. Zugleich sagte Brasiliens Präsident aber, der Text müsse noch einmal überprüft werden, damit kleine und mittlere Unternehmen bei der öffentlichen Auftragsvergabe nicht benachteiligt werden.  

Umweltverbände und einige europäische Regierungen fordern, das Abkommen nur zu unterzeichnen, wenn darin Klima-, Umwelt-, Menschenrechts- und soziale Standards garantiert sind. Es geht ihnen um Waldschutz und den Schutz von indigenen Gemeinschaften vor Vertreibung. Die deutsche Regierung knüpft ihre Zustimmung im Koalitionsvertrag unter anderem an “umsetzbare und überprüfbare, rechtliche verbindliche Verpflichtungen zum Umwelt-, Sozial- und Menschenrechtsschutz”. Scholz sagte in Buenos Aires, es sei wichtig, “miteinander die Verhandlungen bald auch zu einem gelungenen Ende zu führen”.

Millionen für den Schutz des Amazonaswalds 

Deutschland hat bereits angekündigt, 200 Millionen Euro für Umweltschutzprojekte in Brasilien bereitzustellen. Das Geld stammt aus dem Etat des Entwicklungsministeriums (BMZ). Der allergrößte Teil zielt darauf ab, die Abholzung im Amazonasgebiet zu stoppen. Nicht alles davon ist neues Geld. Die größten Teilbeträge sind laut BMZ:  

  • 93 Millionen Euro sind als Unterstützung für kleinbäuerliche Betriebe bei der Wiederaufforstung von abgeholzten Flächen gedacht. 
  • 35 Millionen Euro fließen über den Amazonienfonds in Waldschutzprojekte. Der Betrag wurde schon 2017 von der Bundesregierung zugesagt, aber dann in der Regierungszeit von Lulas Vorgänger Jair Bolsonaro eingefroren. Nun sind sie wieder freigegeben. 
  • 31 Millionen Euro gehen in den neuen Fundo Floresta, der lokale Gemeinden in der nachhaltigen Nutzung des Waldes unterstützen soll, etwa bei der Weiterverarbeitung von Früchten und Pflanzen zu Nahrungsmitteln oder Kosmetika. So sollen Waldschutz und Bioökonomie vereinbart werden. 
  • Mit 30 Millionen Euro sollen kleine und mittlere Unternehmen unterstützt werden, die in eine bessere Energieeffizienz investieren. 

Wasserstoff, Lithium und Kupfer aus Chile 

In Argentinien und Brasilien gab es laut Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) auch Gespräche über eine engere Zusammenarbeit in Energiepolitik und Wasserstoffproduktion

Konkrete Zusammenarbeit gibt es mit Chile. Das Land ist Pionier in der Produktion von grünem Wasserstoff.

  • Während seines Besuchs kündigte Scholz an, Deutschland wolle das Land bei der Entwicklung der Technologie weiterhin unterstützen. Eine konkrete Vereinbarung dazu wurde nicht bekannt, aber es gibt bereits eine erste Kooperation: Im Dezember 2022 wurde das Pilotprojekt “Haru Oni” in Patagonien eröffnet, in dem Siemens, Porsche und andere Partner E-Fuels aus Windenergie und Wasser erzeugen. Die Entscheidung, das Projekt mit 8,23 Millionen Euro aus dem Konjunkturpaket der Nationalen Wasserstoffstrategie (NWS) zu fördern, hatte im Dezember 2020 noch die Bundesregierung unter Angela Merkel getroffen.
  • Wie mehrere Medien berichteten, bot Scholz Chile außerdem Unterstützung in der Verarbeitung seiner Lithiumvorkommen an. Laut U.S. Geological Survey besitzt das Land die größten Lithiumreserven der Welt und fördert fast 25 Prozent der globalen Produktion. Lithium wird unter anderem für Batterien gebraucht, entsprechend hoch ist das strategische Interesse an dem Leichtmetall.
  • Daneben schlossen das BMWK und das chilenischen Bergbauministerium eine Kooperationsvereinbarung über Bergbau, mineralische Rohstoffe und Kreislaufwirtschaft. Der deutsche Metall- und Kupferkonzern Aurubis und der staatliche chilenische Bergbaukonzern Codelco unterzeichneten eine Absichtserklärung zum Aufbau einer nachhaltigeren und verantwortungsvolleren Kupferindustrie.  
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Termine

2. Februar, 8.30 Uhr, Schwäbisch Hall
Gipfeltreffen Gipfeltreffen der Weltmarktführer – Dekarbonisierung im Mittelstand
Die Stiftung KlimaWirtschaft tauscht sich auf dem Event mit Unternehmerinnen und Unternehmern darüber aus, wie Klimaneutralität und Wirtschaftlichkeit zusammen funktionieren können.  Infos

2. Februar, 10 Uhr, Online
Vorstellung Szenarien für eine klimaneutrale integrierte Energieversorgung und Produktion
Die Arbeitsgruppe Energiesysteme der Zukunft der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften präsentiert ihre Stellungnahme zum Thema “Szenarien für eine klimaneutrale integrierte Energieversorgung und Produktion”. Infos und Teilnahme

2. Februar, 15.15 Uhr, Bremen
Spaziergang und Vortrag Wie wird die Straßenbahn zum Treiber der Verkehrswende
Bei einem Erkundungsspaziergang und einem anschließenden Vortrag erklärt die Heinrich-Böll-Stiftung die Rolle von Straßenbahnen in der Verkehrswende. Infos und Anmeldung

5. Februar, 9 Uhr, Weimar
Tagung Tag der Landwirtschaft
Der Entwurf zum Ersten Thüringer Agrarstrukturgesetz steht im Zentrum des diesjährigen Tages der Landwirtschaft. Außerdem bieten verschiedene Vorträge Einblicke in die aktuellen Entwicklungen in der Landwirtschaft bundesweit und in Thüringen. Es gibt aktuelle Informationen zum KULAP (Kulturlandschaftsprogramm), den EU-Zahlungen und verschiedenen regionalen Initiativen. Die Heinrich-Böll-Stiftung ist Ausrichter der Veranstaltung. Infos

8. Februar, 9.30 Uhr, Online
Webinar EU Energy Transition – What Role for Critical Raw Materials
Das Nachrichtenportal Euractiv diskutiert auf der Veranstaltung die Rolle von kritischen Rohstoffen für die europäische Energiewende. Vertreter und Vertreterinnen der EU-Kommission und des EU-Parlaments werden an der Diskussion teilnehmen. Infos und Anmeldung

8. Februar, 14.30 Uhr, Online
Webinar Restoring the Earth’s Lungs – How can forests support climate change mitigation?
Über das Nature Restoration Law der EU sollen geschädigte Ökosysteme wiederhergestellt werden. Wie kann das gelingen? Und welche Rolle spielen dabei Wälder? Darüber diskutieren bei dieser Veranstaltungen Experten und Expertinnen. Infos

8. Februar, 19 Uhr, online
Diskussion REPowerEU: Wo steht Europa in der Energiekrise?
Europe Direct organisiert diese Podiumsdiskussion zur Energiekrise in Europa. Im Mittelpunkt stehen die Themen Energieknappheit durch den Krieg in der Ukraine und der Ausstieg aus fossilen Energien. Infos

9. Februar, 9 Uhr, Online
Konferenz Die Finanzierung der Wärmewende
Das Deutsch-französische Büro für die Energiewende diskutiert auf dieser Konferenz, wie die Wärmewende in Deutschland und Frankreich gelingen kann. In Deutschland macht Wärme mehr als 50 Prozent des Energiebedarfs aus und wurde im Gegensatz zu Strom in der Diskussion um die Energiewende lange eher vernachlässigt.  Infos und Anmeldung

9. Februar, 10 Uhr, Dortmund
Konferenz EVOLVING23 – Klimaanpassung im ländlichen Raum: Aufbruch in die Umsetzung
Seit Juli 2019 arbeiten die Beteiligten von Evolving Regions daran, Klimaanpassungsmaßnahmen zu entwickeln und ihre Region klimarobust zu machen. Nun diskutieren sie darüber, wie sich die Methoden umsetzen lassen. Evolving Regions ist ein Projekt der TU Dortmund in Zusammenarbeit mit acht Partnerregionen in Nordrhein-Westfalen und den Niederlanden sowie fünf Partnerinstitutionen.  Infos

9. Februar, 16 Uhr, Berlin und online
Konferenz BEE Energiedialog
Bei dem Energiedialog geht es um die gleichzeitige Sicherheit der Energieversorgung und die Energiewende. Dazu spricht auch Robert Habeck. Die Veranstaltung wird vom Bundesverband Erneuerbare Energie ausgerichtet.  Infos

News

Klima in Zahlen: Das Meereis schwindet in Rekord-Tempo

Das Meereis in den Polarregionen schmilzt durch den Klimawandel immer schneller. In der Antarktis könnte in der zweiten Februarhälfte 2023 ein neuer Minimalwert erreicht werden, berichtet das Alfred-Wegener-Institut (AWI) in seinem komplett überarbeiteten Meereisportal. Schon zum Jahreswechsel war die Meereisbedeckung in der Antarktis geringer als der zu dieser Zeit beobachtete Tiefstwert, so das AWI. Das Meereis entsprach nur noch etwa der Fläche Frankreichs.

Das Eis spielt eine wichtige Rolle beim Klimawandel:

  • je mehr Meereis, desto höher die Reflexion des eingestrahlten Sonnenlichts (Albedo) und desto geringer die Erwärmungswirkung,
  • es verringert den Energieaustausch zwischen Ozean und Atmosphäre,
  • es beeinflusst die Meeresströmungen und damit das Klima. nib
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Carbon Credits: nicht gut genug

Den meisten Carbon Credits – freiwilligen Zertifikaten, um Emissionen auszugleichen – fehlt es an Qualität. Zu diesem Ergebnis kommt die Carbon Credit Quality Initiative (CCQI) von WWF, Environmental Defense Fund und Öko-Institut in einer neuen Untersuchung.

“Unsere Ergebnisse bestätigen, dass es hier ein echtes Problem gibt”, sagt Lambert Schneider, Forschungskoordinator für internationale Klimapolitik am Öko-Institut. “Es ist wirklich schwierig, einen Carbon Credit zu finden, der in allen Bereichen gut abschneidet“, der also beispielsweise verlässlich und messbar zusätzliche Emissionen reduziere und zugleich soziale und weitere Umweltstandards erfülle. “Eine gute Performance in einem Bereich kann nicht die schlechte Performance in einem anderen ausgleichen”, sagte Schneider. Das Risiko, die Klimawirkung eines Credits zu überschätzen, sei hoch.

Wer Carbon Credits kaufen wolle, könne aber Zertifikate mit niedrigen Risiken identifizieren. Und die meisten der identifizierten Schwächen seien zu beheben.

Bewertung von Credit-Typen

Die CCQI will durch ihre Bewertung der Credits zur Transparenz am Markt beitragen. Sie hat ein Verfahren entwickelt, mit dem Staaten, Unternehmen und Investoren einschätzen können, wie gut oder schlecht einzelne am Markt gehandelte Carbon Credits sind. Dabei vergibt die Initiative keine Noten an einzelnen Projekte. Stattdessen hat sie Kriterien entwickelt, um die Qualität bestimmter Carbon-Credit-Typen möglichst detailliert zu bewerten.

Dazu gehören Credits, die aus der Atmosphäre entnommenes CO₂ handelbar machen – etwa durch Aufforstung – und Zertifikate, die auf vermiedenen Emissionen beruhen, etwa durch die großflächige Integration von Solar- und Windstrom ins Netz oder den Einsatz von effizienteren Kochherden.

Die CCQI bewertet die Credits nach sieben Umwelt-, Klima- und sozialen Qualitätszielen auf einer Skala von eins bis zur Bestnote fünf. Zum Beispiel untersucht sie, wie gut Doppelzählungen vermieden werden, und wie gut ein Credit-Typ zum wirtschaftlichen Umbau in Richtung netto null beiträgt. Am Ende gibt es keine Gesamtnote, sondern eine Bewertung für jedes einzelne Qualitätsziel. So sollen die Marktteilnehmer selbst entscheiden können, nach welchen Kriterien sie Credits kaufen wollen.

Im Einzelnen lassen sich die Ergebnisse in einem interaktiven Tool online einsehen und nachvollziehen. Seit Dienstag sind darin neue Carbon-Credit-Typen enthalten. Damit decke man derzeit mehr als ein Viertel des freiwilligen Carbon-Marktes ab, schreibt der Environmental Defense Fund in einer Mitteilung. Die neuen Ergebnisse “unterstreichen die Notwendigkeit, die Qualität von Carbon Credits auf dem Markt zu verbessern”. Bis zum nächsten UN-Klimagipfel will die CCQI mehr als 80 Prozent des Marktes bewertet haben. ae

  • Emissionshandel
  • Klimaschutz

Studie: Gesellschaft zu träge für 1,5-Grad

Laut einer neuen Studie der Universität Hamburg ist es unrealistisch, die globale Erwärmung noch auf 1,5 Grad zu begrenzen. Als Grund sehen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Exzellenzclusters Climate, Climatic Change, and Society (CLICCS) vor allem mangelnden gesellschaftlichen Wandel.

Um die Pariser Klimaziele einzuhalten, sei der gesellschaftliche Wandel wichtiger als physikalische Kipppunkte, schreiben sie. Bisher sei er jedoch “unzureichend.” Laut der Studie bremsen vor allem Konsumverhalten und die Entscheidungen von Unternehmen den Klimaschutz.

Bereits vor zwei Jahren war CLICCS in einer Vorgängerstudie zu einem ähnlichen Ergebnis gekommen. Durch die Auswirkungen der Corona-Pandemie sei der Ausstieg aus den fossilen Energien seither noch schwieriger geworden, schreiben die Forschenden. Auch der russische Einmarsch in die Ukraine werde die Bemühungen zu einer weltweiten Dekarbonisierung beeinflussen. Ob positiv oder negativ, sei derzeit aber offen.

Effekt von Kipppunkten nicht nennenswert

Zwar gibt es der Studie zufolge auch gesellschaftliche Fortschritte für das Klima, beispielsweise die UN-Klimaverhandlungen, Klimaproteste und der Abzug von Investitionen aus fossilen Anlagen. Doch ihre Dynamik reiche nicht aus. Die notwendige Dekarbonisierung “verläuft einfach zu langsam“, sagt CLICCS-Sprecherin Anita Engels von der Universität Hamburg. Umso wichtiger werde die Anpassung an die Folgen der Erderwärmung.

Positiv gewendet bedeutet das aber auch: Menschliches Handeln entscheidet immer noch, ob die Klimawende gelingt. Es kann realistisch werden, den globalen Temperaturanstieg auf “deutlich unter 2 Grad Celsius zu begrenzen“, heißt es in der Studie, “wenn Ambitions-, Implementierungs- und Wissenslücken geschlossen werden.”

Neben sozialen Faktoren untersucht die Studie auch physikalische Prozesse, insbesondere Kipppunkte, die in der Klima-Debatte eine große öffentliche Aufmerksamkeit erfahren, wie den Verlust des arktischen Meereises, des Regenwalds im Amazonasbecken oder das Auftauen des Permafrosts. Das Ergebnis: Kipppunkte “können die Rahmenbedingungen für das Leben auf der Erde drastisch verändern“, sagt CLICCS-Sprecher Jochem Marotzke vom Max-Planck-Institut für Meteorologie. Aber keiner der in der Studie diskutierten Kipppunkte verstärke die globale Oberflächentemperatur “nennenswert”. Der Verstärkungseffekt des auftauenden Permafrosts beispielsweise existiere zwar “zweifellos. Aber er ist klein.” ae

  • Dekarbonisierung
  • Klimapolitik

Pläne für grünen Wiederaufbau der Ukraine

Anlässlich des EU-Ukraine-Gipfels am Freitag veröffentlicht der Berliner Thinktank Adelphi ein Papier mit Empfehlungen für einen grünen Wiederaufbau des Landes nach dem Krieg – zum Beauftragten für das Thema hat Bundeskanzler Olaf Scholz gerade BMZ-Staatssekretär Jochen Flasbarth bestimmt.

Durch die Adelphi-Empfehlungen könnte die Ukraine:

  • sich von fossilen Brennstoffen aus Russland unabhängig machen,
  • die Integration in die EU beschleunigen,
  • und neue wirtschaftliche Chancen nutzen, schreiben die Autorinnen Iryna Holovko und Constanze Haug.

Gute Regierungsführung, grüne Indikatoren

Einfach werde das Ergrünen aber nicht. Damit es gelinge, müssten mehrere Voraussetzungen gegeben sein:

  • Abstimmung des Wiederaufbauplans auf die Ziele des Europäischen Green Deal,
  • alle Investitionen sollten unter Klimagesichtspunkten geplant werden,
  • Entwicklung von Indikatoren, die den grünen Wiederaufbau messbar machen und nach denen sich Investitionen richten können,
  • eine gezielte Finanzierung klimafreundlicher Investitionsprojekte,
  • Rechenschaftspflichten und gute Regierungsführung sowie eine enge Koordination aller Beteiligten, um Korruptionsrisiken zu minimieren und die Anstrengungen aufeinander abzustimmen,
  • dazu gehören Strukturreformen, die Anti-Korruptionsmaßnahmen und rechtsstaatliche Reformen einschließen,
  • sowie die Gründung einer Agentur, die “als zentrale Koordinationsstelle für internationale Partner und ukrainische Behörden agiert”;
  • die Verantwortung für den Wiederaufbau müsse im Land selbst liegen (“domestic ownership”),
  • und der Wiederaufbau müsse möglichst inklusiv sein.

Das Papier stellt auch Prinzipien für einen grünen Wiederaufbau in verschiedenen Sektoren auf, etwa im Städtebau, der Energieversorgung und der Industrie. Es empfiehlt unter anderem, Gebäude möglichst energieeffizient zu planen, den Schienenverkehr zu priorisieren und der Ukraine einen Platz in neuen, klimafreundlichen Wertschöpfungsketten zu verschaffen, statt die alten, CO₂-intensiven Industrien wieder aufzubauen. ae

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DR Kongo verschiebt Auktion für Öl-Lizenzen

Eigentlich wollte die Regierung der Demokratischen Republik Kongo am Montag dieser Woche verkünden, welche Unternehmen an der Auktion für 27 Ölfelder in dem zentralafrikanischen Land teilnehmen. Kurzfristig verschob die Regierung diese Auktionen nun auf den Zeitraum von April bis Oktober. Das berichtet die Plattform Climate Home News.

Im Vorfeld hatte es viel Kritik an den geplanten Ölbohrungen gegeben, weil sich drei der 27 Ölfelder entweder im Regenwald oder unter Mooren befinden. 13 weitere Gebiete befinden sich außerdem ganz oder teilweise in Naturschutzgebieten, in denen unter anderem seltene Berggorillas leben.

Greenpeace Afrika setzt sich dafür ein, dass das Öl unter der Erde bleibt. Aktivisten aus der Demokratischen Republik Kongo haben in diesem Anliegen auch den Papst um Unterstützung gebeten. Elf Ölkonzerne, darunter Total, Eni, Shell und Exxon Mobil, verkündeten im Anschluss an die Kontroversen, kein Interesse an dem Öl zu haben.

Im vergangenen August hatte die kongolesische Regierung angedeutet, dass sie bereit sei, bei entsprechenden Zahlungen auf die Förderung des Öls zu verzichten. Dazu gab es aber keine ernsthaften Vorschläge. Während die Vergabe der Lizenzen zur Ölförderung verschoben wurde, verkaufte die Regierung aber Lizenzen zud Förderung von Gas in drei Gebieten. Diese waren weniger umstritten, weil keine Regenwälder oder Moore betroffen sind und weil die Energie lokal verwendet und nicht exportiert werden soll. kul

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Studie: nur weniger Fliegen hilft dem Klima

Laut einer neuen Studie von Nature Sustainability sind Netto-Null-Emissionen beim Fliegen nur durch weniger Flugverkehr zu erreichen. Die Autorinnen und Autoren zeigen Pfade zu einem Luftverkehr mit Netto-Null-Emissionen auf:

  • Verhaltensänderung: Bis zu 61 Prozent der für 2050 prognostizierten Emissionen des Flugverkehrs könnten durch veränderte Nachfrage eingespart werden. Deutlich weniger Flüge wären also notwendig. Alternativen wie Schnellzugverbindungen müssten ausgebaut werden.
  • Mehr Effienz: Weitere 27 Prozent der prognostizierten Emissionen können durch technologische Verbesserungen und mehr Effizienz eingespart werden.
  • Klimaneutrale Kraftstoffe: Außerdem wird es notwendig sein, große Anteile von Kerosin entweder durch klimaneutrale Biokraftstoffe oder synthetische Antriebsstoffe zu ersetzen. Das sei mit großen Kosten verbunden, so die Studie.
  • CO₂-Entnahme: Zusätzlich müssen bis zu 3,4 Gigatonnen CO₂ aus der Atmosphäre entnommen werden.

Viele dieser Berechnungen unterliegen allerdings einer großen Unsicherheit. So steckt beispielsweise die Nutzung von synthetischen Kraftstoffen im Flugverkehr noch in den Kinderschuhen.

Der Flugsektor gilt als besonders schwer zu dekarbonisieren. Gleichzeitig ist er ein großer Treiber des Klimawandels:

  • Der Flugverkehr ist weltweit für rund drei Prozent der CO₂-Emissionen verantwortlich.
  • Allerdings kommen zwei Drittel des Klimaeffekts durch andere Effekte wie die Wolkenbildung durch den ausgestoßenen Wasserdampf. kul

Indien erwägt eigenen CBAM

Indien erwägt offenbar, als Reaktion auf den europäischen CO₂-Grenzausgleichsmechanismus (CBAM) ein eigenes Pendant einzuführen. Das geht aus einem Artikel der indischen Zeitung “The Hindu Business Line” hervor.

Die Zeitung beruft sich auf ein Sitzungsprotokoll aus dem indischen Handelsministerium vom Dezember. Darin heißt es, Indien sondiert die Möglichkeit eines eigenen Grenzausgleichs “auf der Grundlage von Pro-Kopf-Emissionen oder kumulativen (historischen) Pro-Kopf-Emissionen”. Indiens Finanzministerium solle dessen Einführung nun prüfen.

Indien will EU-Pläne bei der WTO anzeigen

Das Handelsministerium will den europäischen CBAM zudem in sämtlichen Gremien der Welthandelsorganisation (WTO) zur Sprache bringen, heißt es in dem Protokoll. Das Land befürchtet, dass das EU-Instrument, das Carbon Leakage in Europa verhindern soll, schwierige handelspolitische Verhandlungen und Protektionismus mit sich bringen könnte.

15 Prozent der indischen Exporte gehen laut “The Hindu Business Line” in die EU. Pro Tonne Rohstahl aus indischer Produktion werden zwischen 2,3 und 2,8 Tonnen CO₂ emittiert. Der weltweite Durchschnitt liegt bei rund 1,7 Tonnen. Indische Stahlexporte würden entsprechend mit einem hohen CO₂-Zoll bei Einführung in die EU belegt werden. luk

  • CBAM
  • Dekarbonisierung

Presseschau

Gastbeitrag: Wie können naturbasierte Lösungen Städten dabei helfen, ihre Klimaziele zu erreichen Carbon Brief
Grafik: Nordasien leidet unter starker Kälte Financial Times
Analyse: In Sachen Nachhaltigkeit und Klima senden die Ölkonzerne widersprüchliche Signale FAZ
Podcast: Kinderkriegen trotz Klimakrise? Spiegel
Reportage: Wie ein niederländischer Eierproduzent mit Essensabfall klimaneutrale Eier produzieren möchte Bloomberg
Reportage: Japan investiert 500 Millionen Dollar in seine Skiindustrie Bloomberg
Analyse: Wie man einen Agroforst pflanzt New York Times
Analyse: Was Sterben und Beerdigungen mit dem Klima machen Washington Post
Analyse: Warum Menschen und Delfine in Brasilien vielleicht nicht mehr lange zusammenarbeiten, um Fisch zu fangen Washington Post
Podcast: Nützen Weltkonferenzen der Natur? Zeit
Reportage: Infrarotkameras zeigen versteckte Methanlecks. Warum tut niemand etwas? Zeit
Analyse: Wegen des Wetterphänomens El Niño könnten die nächsten Jahre noch heißer werden Zeit

Heads

Ian Fry – Anwalt der Menschenrechte im Klimawandel

Ian Fry, Sonderberichterstatter zum Schutz der Menschenrechte im Kontext des Klimawandels.

Es ist eine weitere Klima-Klage aus dem globalen Süden gegen Akteure aus dem Norden: Einwohner der indonesischen Insel Pari werfen dem Schweizer Zementhersteller Holcim vor, zu wenig zu tun, um die CO₂-Emissionen des Unternehmens zu senken. Die Inselbewohner sind direkt vom ansteigenden Meeresspiegel betroffen. Informelle Verhandlungen mit dem Unternehmen scheiterten. Am 30. Januar reichten die Indonesier in der Schweiz offiziell Klage ein.

Ian Fry kennt die Schönheit der Inselstaaten im Pazifischen Ozean. Doch genauso gut kennt er die Gefahren für ihre Bewohner. Fry war lange Zeit in offizieller Rolle für den Staat Tuvalu aktiv. “Das Land ist extrem anfällig für die Folgen der Klimakrise”, erzählt Fry im Gespräch. “Der höchste Punkt ist nur vier Meter über dem Meeresspiegel.” Besonders Zyklone zerstören die Inseln immer wieder.

Fry ist zwar gebürtiger Australier. Für mehr als 20 Jahre arbeitete er aber für die Regierung Tuvalus, verhandelte 1997 das Kyoto-Protokoll für Tuvalu mit. Außerdem war er Klima-Botschafter des Landes. Deswegen besitzt er zusätzlich die Staatsbürgerschaft Tuvalus. Vergangenes Jahr wurde er zum Sonderberichterstatter für Klima beim Hohen Kommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte ernannt. Jetzt muss er weltweit die Menschenrechte von Menschen schützen, die durch die Klimakrise bedroht sind.

“Seit der Highschool interessiere ich mich für Umweltthemen”, sagt Fry. “Damals war ich in einem Naturschutzverein.” In Canberra hat er Biologie und Umweltrecht studiert und darin promoviert. Danach arbeitete er als Parkranger und wurde später Lobbyist bei Greenpeace. Noch immer lehrt er an der Australian National University. Für sein Mandat bei der UN arbeitet er im Homeoffice aus Australien, muss aber auch viel reisen, beispielsweise in Länder, die besonders unter Klimafolgen leiden. Im vergangenen Jahr war er in Bangladesch, dieses Jahr stehen Honduras und die Philippinen auf seiner Liste. Dafür hat er zwei Assistenten, die ihm aus Genf zuarbeiten. Einige seiner Studierenden helfen ihm zusätzlich. Sie erstellen für Fry ein “Gender and Climate Network”, das die Gender-Folgen der Klimakrise beobachten soll.

Klimaflüchtlingen offiziellen Status geben

Fry hat nicht viel Zeit. Seine Ernennung ist auf drei Jahre begrenzt. In dieser Zeit muss er sechsmal vor der UN-Generalversammlung und dem Menschenrechtsrat berichten. Seinen ersten Bericht hielt er zu Loss und Damage. “Ich habe der Generalversammlung vergangenes Jahr einen Loss und Damage Fonds vorgeschlagen und bin zur COP gereist, um dafür Unterstützung zu bekommen.” Seine Idee ist es, auch privates Geld einzuwerben, damit der Fonds größer wird und betroffene Staaten schneller und mehr Geld zum Wiederaufbau erhalten können. Er rechnet mit einem Volumen von mehreren Billionen Dollar. Dafür habe er viel Zuspruch erhalten, erzählt er. Auf der COP in Scharm El-Scheich gab es aber auch Widerstand vieler reicher Staaten, auch der USA. “Es war schwer genug, das zu bekommen, was wir jetzt haben”, sagt Fry. “Das ist also schon mal ein Schritt, aber noch kein großer Fortschritt.”

Aktuell überlegt Fry, wie man durch die Klimakrise vertriebene Menschen als Flüchtlinge anerkennen lassen kann. Bisher sind diese von der Genfer Flüchtlingskonvention noch nicht erfasst. “Das schaue ich mir gerade genau an und rede mit vielen Experten.”

Kanu-Polo in der Freizeit

Viel Freizeit bietet ihm der Job nicht, aber Fry spielt gern Kanu-Polo, wenn es die Zeit hergibt. “Das ist ein sehr physisches Spiel. Ich bin nicht gut darin, aber es entspannt mich.” Deutschland sei amtierender Weltmeister, erzählt Fry. Auch seine Paddel und den Helm habe er in Deutschland gekauft. Tom Schmidtgen

  • Ian Fry

Climate.Table Redaktion

REDAKTION CLIMATE.TABLE

Licenses:
    • Greentech: EU kontert US-Subventionen
    • Experten fordern Steuern für Klimagerechtigkeit
    • Frankreich: Neuer Plan für grünere Industrie
    • Scholz in Lateinamerika: Wälder, Lithium, Wasserstoff
    • Termine der kommenden Woche
    • Klima in Zahlen: Meereis schwindet in Rekord-Tempo
    • Carbon Credits: nicht gut genug
    • Ukraine: Ideen für grünen Wiederaufbau
    • Studie: Gesellschaft zu träge für 1,5-Grad
    • DR Kongo verschiebt Auktion für Öl-Lizenzen
    • Studie: nur weniger Fliegen hilft dem Klima
    • Indien erwägt eigenen CBAM
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    • Ian Fry – Anwalt der Menschenrechte im Klimawandel
    Liebe Leserin, lieber Leser,

    bis vor ein paar Jahren war das Klimathema etwas für Nerds wie uns. Heute beschäftigt der Umgang mit dieser Krise die wichtigsten Entscheider auf der ganzen Welt. Das zeigt unser aktueller Climate.Table: Denn die Reaktion auf die Krise durch die US-Regierung, das riesige Investitionspaket namens IRA, hat das Potenzial, einen Handelskrieg zwischen den USA und der EU (und auch China) auszulösen. Wie sich da aktuell die EU aufstellt, erfahren Sie heute in unserer Analyse.

    Denn inzwischen entscheiden nicht nur Geld und Macht über die Klimapolitik. Sondern die Klimapolitik definiert auch andersherum, wer in Zukunft über Wohlstand und Einfluss bestimmt. Auf seiner Südamerika-Tour hat Kanzler Scholz sich deshalb um grünen Wasserstoff und Waldschutz gekümmert; in Frankreich muss die Regierung ihre Strategie ändern, wie sie die Industrie CO₂-neutral machen will; Indien droht mit ökonomischer Vergeltung beim Streit um den EU-CO₂-Zoll; im Kongobecken pokert die Regierung mit Ölfirmen um Rohstoffe und Regenwald.

    Und schließlich fordern Experten im neuen “Klima-Ungerechtigkeits-Bericht” ein neues Steuersystem gegen die zentrale Schieflage im Klimawandel: Dass die Reichen weltweit und in einzelnen Ländern viel zum Problem beitragen, das die Armen ausbaden müssen.

    Wir liefern auch mit diesem Climate.Table wieder Hintergründe zu all diesen und weiteren Themen. Wir wünschen spannende Lektüre und behalten Sie einen langen Atem!

    Ihr
    Bernhard Pötter
    Bild von Bernhard  Pötter

    Analyse

    So will die EU den USA bei Greentech die Stirn bieten

    Von der Leyens EU-Kommission will die Erneuerbaren mit Beihilfen stärken. Im Bild ist die Kommissionspräsidentin auf dem Nordseegipfel zum Ausbau der Offshore-Windkraft im Sommer 2022 zu sehen.

    Mit dem Green Deal Industrial Plan antwortet die EU-Kommission auf die Pläne der US-Regierung zur massiven Subventionierung der US-Industrie durch den IRA. Brüssel will Erleichterungen für die EU-Wirtschaft erlauben, die aber möglichst gezielt sein sollen. Für strategische grüne Industrien sollen Investitionsbeihilfen wie Steuererleichterungen bei der Ausweitung von Produktionskapazitäten erlaubt sein.

    Der IRA ist ein Milliarden-Programm von Joe Biden, um grüne Industrien in den USA zu fördern und aus dem Ausland in die Vereinigten Staaten zu locken. Teilweise werden dabei Steuervergünstigungen nur gewährt, wenn in den USA hergestellte Vorprodukte eingesetzt werden. Viele EU-Politiker und Industrievertreter befürchten deshalb, die IRA-Förderungen könnten zu einer Abwanderung wichtiger grüner Zukunftsbranchen in die USA führen.

    Bisher handelt es sich bei den Vorschlägen, die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Mittwoch vorstellte, nur um eine “Kommunikation” der Kommission, nicht um konkrete Gesetzesvorschläge. Im Einzelnen enthalten die Planungen:

    • Steuererleichterungen und erleichterte Fristenregelungen für erneuerbare Energien. Beihilfen der Mitgliedsstaaten wären demnach erlaubt für alle Techniken im Sinne der Erneuerbare-Energien-Richtlinie. Neu dabei: Biomasseanlagen und Wasserkraftwerke, auch Speicher für grünen Wasserstoff und Biokraftstoffe.
    • Beihilfen für die Dekarbonisierung der Industrie sollen erleichtert werden. Statt langer Verfahren bei der Umstellung von Gas oder Kohle auf Strom oder Wasserstoff soll künftig ein pauschaler Anteil der Investitionskosten förderfähig sein. 
    • Für Sektoren wie Wasserstoff, emissionsfreie Fahrzeuge, Gebäude sowie die CO₂-Speicherung (CCS) soll die Anmeldung bei der EU für Hilfen (Notifizierungspflicht) laut “Allgemeiner Gruppenfreistellungsverordnung” (AVGO) erleichtert werden. Auch der Bau von Lade- und Tankinfrastruktur und Ausbildungsprogramme sollen weniger Bürokratie erfordern.
    • Schließlich wird die Planung von Wasserstoffprojekten und künftig auch Solar- und Wärmepumpen-Produktion erleichtert. Die Regeln (“De Minimis-Grenzen”) für die umständlichen Beihilfen für Projekte mit europäischer Bedeutung (Important Project of Common European Interest – IPCEI) werden vereinfacht. Auch kleine und mittelständische Unternehmen sollen Zugang zu der Investitionsförderung erhalten.  

    Keine Details zum EU-Souveränitätsfonds

    Die Finanzierung des Green Deal Industrial Plan ist noch nicht abschließend geklärt. Ein neues Instrument – der EU-Souveränitätsfonds – soll bis zum Sommer stehen. Er soll Hilfen geben für Technologieprojekte, die für alle Mitgliedstaaten wichtig seien, so Ursula von der Leyen. Weitere Details – wie viel Geld verteilt werden, wo es herkommen und ob dafür neue Schulden gemacht werden sollen – verrät von der Leyen nicht: “Wir werden erst mit den Mitgliedstaaten sprechen müssen, danach kümmern wir uns um die Finanzarchitektur.”

    Subventionen sollen aber über bestehende Finanztöpfe – InvestEU, der Innovationsfonds und RepowerEU – ausgezahlt werden. 225 Milliarden kommen zudem aus dem Corona-Wiederaufbaufonds und sollen für den Industrieplan zur Verfügung gestellt werden.

    Kritik an der vorgeschlagenen Finanzierung des Green Deal Industrial Plan kommt vom Climate Action Network (CAN Europe). Die “Kommunikation” der EU-Kommission sei lediglich ein “bloßer Katalog der vorhandenen EU-Mittel“. Es würde nicht berücksichtigt, dass “selbst bei einer beispielhaften Mobilisierung all dieser Mittel immer noch eine erhebliche Investitionslücke bestehen würde”, sagte Olivier Vardakouolias, Experte für Finanzen und Subventionen bei CAN Europe.

    Solarindustrie fordert mehr als nur Finanzhilfen

    Die europäische Solarindustrie hält Finanzhilfen allein nicht für ausreichend. Der Verband SolarPower Europe fordert auch eine klare Kennzeichnung von EU-Modulen als “best in class”, was Nachhaltigkeitsindikatoren angeht. Noch weitgehender ist die Forderung, den Mitgliedstaaten die Möglichkeit zu geben, die Mehrkosten besonders nachhaltiger Module dauerhaft zu subventionieren oder ESG-Kriterien bei Ausschreibungen berücksichtigen zu können.

    Damit greift die Solarindustrie die Debatte um eine “buy European”-Klausel auf, welche die besonders umstrittene Herkunftsanforderung im amerikanischen IRA spiegeln würde. Die Argumente der Solarindustrie deuten darauf hin, dass sie auch mit Subventionen nicht gegen günstige Solar-Importe aus China bestehen könnte.

    Klaus Röhrig, Leiter des Bereichs Klimapolitik bei CAN, warnt davor, dass sich der EU-Vorschlag zu sehr auf bisher nicht etablierte Technologien wie Carbon Capture stützen könnte. Was es brauche, seien “scharfe und tiefe Emissionssenkungen“. Auch das European Environmental Bureau (EEB) kritisierte, dass der Kommissions-Entwurf nicht klar definiere, was als “Netto-Null”-Technologie gelte. Die EU müsse auch die klimaschädlichen Industrien verteuern und besonders schädliche Technologien aus dem Markt drängen, sagte Luke Haywood, Leiter des Bereichs Klimapolitik beim EEB. Manuel Berkel, Markus Grabitz, Bernhard Pötter, Nico Beckert

    • EU
    • Inflation Reduction Act
    • IPCEI

    Klimagerechtigkeit: Experten fordern Umverteilung über Steuern

    Der gerechteste und effektivste Weg zu globalem Klimaschutz besteht nach einer neuen umfassenden Studie darin, die Superreichen zu besteuern und mit diesen Einnahmen Armutsbekämpfung zu finanzieren. Denn extrem reiche Menschen und Industriestaaten verursachen im globalen Durchschnitt überproportional hohe CO₂-Emissionen. Die Staaten sollten durch neue Abgaben für Superreiche und den internationalen Schiffs- und Luftverkehr mehr Mittel für staatliche Investitionen organisieren. Das schlägt der “Climate Inequality Report 2023” vor, den der Think-Tank World Inequality Lab (WIL) veröffentlicht hat.

    Die neue Untersuchung zieht folgende Schlüsse:

    • Demnach ist es nicht nur gerecht, sondern auch am effektivsten, bei der Emissionsreduzierung bei den reichen Individuen und Staaten anzusetzen: Da zehn Prozent der Weltbevölkerung fast 50 Prozent der globalen Emissionen verursachen, “könnte der Aufwand für die gleiche Emissionsreduktion bei hoch-emittierenden Gruppen signifikant niedriger sein”.
    • Wenn die Emissionen der Superreichen entsprechend gesenkt werden, ist die Bekämpfung der Armut und daraus folgende, höhere CO₂-Emissionen in den armen Ländern mit den Zielen des Pariser Abkommens zu vereinbaren. Derzeit stoßen demnach die reichsten ein Prozent der Weltbevölkerung so viel CO₂ aus, wie durch Wirtschaftswachstum nötig wäre, um drei Milliarden Menschen aus der Armut zu holen und ihnen ein Einkommen von 5,50 US-Dollar pro Tag zu garantieren. “Wenn die globalen Top Emittenten ihre Emissionen gemäß ihres fairen Anteils reduzieren würden, würde ausreichend CO₂-Budget frei, um die ganze Welt aus der Armut zu holen”, so die Autoren.   
    • Die Armen in den armen Ländern sind am meisten vom Klimawandel bedroht, während sie am wenigsten Emissionen verursachen und kaum Mittel zur Anpassung haben. Das reichste Prozent der Weltbevölkerung dagegen verantwortet hohe Emissionen, hat viele Möglichkeiten zur Anpassung, muss aber nur geringe Schäden befürchten. “Ihre Anreize zur Emissionsreduktion sind nicht notwendigerweise im Einklang mit den Schäden, die sie anrichten”, heißt es.
    • Die Unterschiede der CO₂-Emissionen innerhalb von Staaten sind laut der Studie inzwischen größer als zwischen den Staaten. Darauf müssten Steuergesetze in den einzelnen Ländern reagieren. Indonesien etwa habe es geschafft, die Subventionen für fossile Brennstoffe schnell und sozial abgefedert drastisch zu kürzen.

    Superreiche besteuern: Gerecht und effizient

    Der Bericht wird zum ersten Mal veröffentlicht und steht in einer Reihe mit den jährlichen Berichten zur globalen Ungleichheit und dem Global Inequality Monitor des World Inequality Lab. Der Think-Tank ist eine Studiengruppe an französischen Universitäten und Instituten, Mitglied ist unter anderem der Ökonom Thomas Piketty. Das WIL wird finanziert vom Europäischen Forschungsrat, internationalen Universitäten und Stiftungen und der UN-Entwicklungsorganisation UNDP.

    Schon andere Organisation haben in der Vergangenheit den Fokus auf “Klimagerechtigkeit” und die Verantwortung der Superreichen gerichtet: Oxfam etwa kritisierte, der CO2-Fußabdruck von Milliardären sei tausend- bis millionenfach größer als im Durchschnitt der Bevölkerung.

    Argumente für “Loss and Damage”-Diskussion

    Die Analyse und die daraus folgenden Empfehlungen des “Klima-Ungleichheits-Berichts” bringen neue Argumente in die globale Debatte um Klimagerechtigkeit. Die von den Industrieländern versprochenen 100 Milliarden Dollar pro Jahr für Klimaschutz in den armen Ländern werden bislang nicht erreicht. In diesem Jahr wollen die UN-Staaten die Details für den neuen “Loss and Damage” Fonds festlegen. Bei der Frühjahrstagung von Weltbank und IWF im April steht eine Reform des Finanzsystems auf der Agenda. Und nach wie gibt es gewaltige Unterschiede zwischen reichen und armen Regionen bei der Verursachung des Klimawandels.

    Die meisten Weltregionen liegen weit über den zulässigen Emissionsgrenzen für das 1,5-Budget.

    Die Experten des “Klima-Ungleichheits-Reports” empfehlen den Regierungen und Geldgebern in der internationalen Klimaszene daher:

    • Die Stellung der Länder mit niedrigem und mittleren Einkommen (LMIC) im internationalen Finanzsystem zu stärken.
    • Steuergesetze in den LMIC hin zu mehr Progression und sicheren Staatseinkünften umzubauen.
    • Größere Anstrengungen der Industrieländer, ihre Finanzzusagen einzuhalten.
    • Mehr Daten über Ungleichheit im Klima-Kontext zu erheben.
    • Von Erfolgen einzelner Länder zu lernen und “niedrig hängende Früchte” wie Steuer auf extremen Reichtum analog zu einer Übergewinnsteuer zu berücksichtigen.

    Schließlich macht der Report Vorschläge, um die gegenwärtigen Trends immer noch weiter steigender Emissionen umzudrehen. Die Staaten sollten:

    • Ihre Klimaziele überprüfen und mehr Finanzen für Anpassung und “Loss and Damage” bereitstellen.
    • Den CO₂-Ausstoß beim internationalen Flug- und Schiffsverkehr mit Abgaben belegen. Allein eine Airline-Tax könne den Staaten je nach Modell zwischen 56 und 392 Milliarden Dollar jährlich für Klimaschutz einbringen.
    • Den LMIC und allen Ländern helfen, mehr Einnahmen von multinationalen Konzernen einzufordern.
    • Eine Steuer für die 0,1 Prozent der Weltbevölkerung einführen, die mehr als 100 Millionen Dollar. Vermögen haben. Eine solche “1,5-Prozent-Steuer für 1,5 Grad” könne jährlich 295 Milliarden Dollar einbringen.
    • Klimagerechtigkeit
    • Steuern

    Frankreich wechselt Strategie bei Dekarbonisierung der Industrie

    Mit ihrem ursprünglichen Plan zur Dekarbonisierung der Industrie hat sich die französische Regierung nicht durchgesetzt. Bis 2030 soll der Sektor, der für etwa 20 Prozent der nationalen CO₂-Emissionen verantwortlich ist, seine Treibhausgase um 35 Prozent senken. Dabei helfen sollten Dekarbonisierungsfahrpläne für 19 Industriezweige, die die Sektoren bis Ende Dezember 2022 vorlegen mussten. Allerdings folgten nur vier von ihnen der Verpflichtung: Chemie, Bergbau und Metallurgie, Zement sowie die Papier- und Kartonindustrie.

    Jetzt neu: Staatsgeld für Fahrpläne

    Die französische Regierung ändert deshalb ihre Strategie: Jetzt legt sie den Fokus nicht mehr auf Branchen, sondern auf die 50 Industriestandorte mit der höchsten Emissionsintensität. Helfen dabei sollen Verträge zur ökologischen Wende” mit den Unternehmen. Mit ihnen wolle der Staat Investitionen in neue Technologien zur Dekarbonisierung unterstützen, wenn sich ein Unternehmen zu einem ehrgeizigen Fahrplan verpflichte, heißt es in Paris.

    “Branchenspezifische Fahrpläne ermöglichen es, die technologischen Hebel für eine ganze Branche zu identifizieren, können aber nicht zu genau sein”, begründet das französische Kabinett seine Entscheidung. “Indem wir uns für einen standortbezogenen Ansatz für die 50 größten Emittenten entscheiden, die für mehr als die Hälfte der Industrieemissionen verantwortlich sind, wollen wir effizienter sein und die Bewegung beschleunigen“. Im März wird die im Finanz- und Wirtschaftsministerium ansässige Generaldirektion für Unternehmen eine erste Version der Verträge mit den betroffenen Standorten erstellen. Diese haben dann bis Juni Zeit, um sie umzusetzen.

    Nur Sektoren mit den höchsten Emissionen legten Pläne vor

    Den ursprünglichen Plan setzten nur die Branchen mit den höchsten Emissionen um:

    • Die Chemiebranche mit 25,3 Prozent der Gesamtemissionen aus der verarbeitenden Industrie (Zahlen von 2018) verpflichtete sich in einem öffentlichen Dokument 2021, ihre Emissionen bis 2030 um 26 Prozent im Vergleich zu 2015 zu senken. Um dieses Ziel zu erreichen, setzt der Sektor auf eine verbesserte Energieeffizienz, kohlenstoffarme Wärmeerzeugung und die Senkung der Emissionen von Fluorkohlenwasserstoffen (potente Treibhausgase aus der Kälteerzeugung).
    • Die Bergbau- und Metallindustrie (24 Prozent der Industrie-Emissionen) zog im Juni 2021 nach. Sie will ihre Treibhausgasemissionen bis 2030 um 31 Prozent senken. Ihre Strategie beruht auf der Erhöhung der Stahlrecyclingquote, der Verringerung des Einsatzes von Kohle in Hochöfen, der Abscheidung und Speicherung von Kohlenstoff aus Hochöfen und der Nutzung von Wasserstoff.
    • Auch die Zementindustrie (23 Prozent der Industrie-Emissionen) setzte sich gleichzeitig das Ziel, die Emissionen bis 2030 um 24 Prozent und bis 2050 um 80 Prozent zu senken. Um dieses Ziel zu erreichen, setzen die Zementhersteller auch auf die Erhöhung der Energieeffizienz der Produktionsprozesse, die Nutzung erneuerbarer Energien und von Biomasse. Eine Recyclingkette für Beton wird ebenfalls erwähnt.
    • Im März 2022 veröffentlichte dann die Papier- und Kartonindustrie ihren Fahrplan: Sie wollte eine Emissionssenkung bis 2030 im Vergleich zu 2015 um 39 Prozent erreichen, vor allem durch Energieeffizienz und kohlenstoffarme Wärmeerzeugung.

    Andere Sektoren haben Probleme mit Heterogenität

    Alle anderen der 19 verpflichteten Branchen haben keine Dekarbonisierungsstrategien vorgelegt, wollen es teilweise aber noch tun. “Wir arbeiten derzeit an dem Dokument und es sollte noch Anfang dieses Jahres fertig sein”, kündigt ein Sprecher von Ania, dem Verband, der die Lebensmittelindustrie vertritt, an. Der Lobbyverband, der mehr als dreißig Branchen “mit sehr unterschiedlichen Eigenschaften” vertritt, erklärte zudem, dass die drei Branchen mit den höchsten Emissionen im Lebensmittelsektor (Stärke-Herstellung, Zuckerfabriken, Milchprodukte) ihre eigenen Strategien für einen geringen CO₂-Ausstoß definieren werden. Bisher wurden jedoch noch keine Dokumente veröffentlicht.

    Dasselbe gilt für den Branchenausschuss “Gesundheitsindustrie und -technologie”. Der Hauptgrund für die Verzögerung sei die Zusammensetzung des Ausschusses, sagt Thomas Borel, Direktor für wissenschaftliche Angelegenheiten bei der Organisation Leem, die Arzneimittelunternehmen vertritt. Ihm zufolge handelt es sich um eine Branche, die sowohl Akteure aus der Chemie, dem Vertrieb als auch aus der Pharmaindustrie umfasst. “Wir haben begonnen, die Hebel zu identifizieren, die wir aktivieren könnten, wie das Ökodesign von Medikamenten und Verpackungen”, sagte der Leem-Vertreter. “Aber um auf Branchenebene voranzukommen, muss die Arbeit über alle Glieder hinweg durchgeführt werden.” Eine Strategie soll trotzdem bis zum ersten Quartal 2023 vorgelegt werden.

    “Letztlich handelt es sich um ein ziemlich administratives Vorgehen“, bedauert ein Experte für das Thema im Wirtschafts- und Finanzministerium, der die geringe politische Tragweite des Ansatzes hervorhebt.

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    • Industrie
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    Geld für Wälder, Lithium, Wasserstoff

    Die Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen zwischen der EU und dem südamerikanischen gemeinsamen Markt Mercosur sollen möglichst bald abgeschlossen werden – so äußerten sich zumindest der Kanzler und seine beiden Gastgeber, Argentiniens Präsident Alberto Ángel Fernández und Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva beim Besuch des deutschen Regierungschefs. Zugleich sagte Brasiliens Präsident aber, der Text müsse noch einmal überprüft werden, damit kleine und mittlere Unternehmen bei der öffentlichen Auftragsvergabe nicht benachteiligt werden.  

    Umweltverbände und einige europäische Regierungen fordern, das Abkommen nur zu unterzeichnen, wenn darin Klima-, Umwelt-, Menschenrechts- und soziale Standards garantiert sind. Es geht ihnen um Waldschutz und den Schutz von indigenen Gemeinschaften vor Vertreibung. Die deutsche Regierung knüpft ihre Zustimmung im Koalitionsvertrag unter anderem an “umsetzbare und überprüfbare, rechtliche verbindliche Verpflichtungen zum Umwelt-, Sozial- und Menschenrechtsschutz”. Scholz sagte in Buenos Aires, es sei wichtig, “miteinander die Verhandlungen bald auch zu einem gelungenen Ende zu führen”.

    Millionen für den Schutz des Amazonaswalds 

    Deutschland hat bereits angekündigt, 200 Millionen Euro für Umweltschutzprojekte in Brasilien bereitzustellen. Das Geld stammt aus dem Etat des Entwicklungsministeriums (BMZ). Der allergrößte Teil zielt darauf ab, die Abholzung im Amazonasgebiet zu stoppen. Nicht alles davon ist neues Geld. Die größten Teilbeträge sind laut BMZ:  

    • 93 Millionen Euro sind als Unterstützung für kleinbäuerliche Betriebe bei der Wiederaufforstung von abgeholzten Flächen gedacht. 
    • 35 Millionen Euro fließen über den Amazonienfonds in Waldschutzprojekte. Der Betrag wurde schon 2017 von der Bundesregierung zugesagt, aber dann in der Regierungszeit von Lulas Vorgänger Jair Bolsonaro eingefroren. Nun sind sie wieder freigegeben. 
    • 31 Millionen Euro gehen in den neuen Fundo Floresta, der lokale Gemeinden in der nachhaltigen Nutzung des Waldes unterstützen soll, etwa bei der Weiterverarbeitung von Früchten und Pflanzen zu Nahrungsmitteln oder Kosmetika. So sollen Waldschutz und Bioökonomie vereinbart werden. 
    • Mit 30 Millionen Euro sollen kleine und mittlere Unternehmen unterstützt werden, die in eine bessere Energieeffizienz investieren. 

    Wasserstoff, Lithium und Kupfer aus Chile 

    In Argentinien und Brasilien gab es laut Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) auch Gespräche über eine engere Zusammenarbeit in Energiepolitik und Wasserstoffproduktion

    Konkrete Zusammenarbeit gibt es mit Chile. Das Land ist Pionier in der Produktion von grünem Wasserstoff.

    • Während seines Besuchs kündigte Scholz an, Deutschland wolle das Land bei der Entwicklung der Technologie weiterhin unterstützen. Eine konkrete Vereinbarung dazu wurde nicht bekannt, aber es gibt bereits eine erste Kooperation: Im Dezember 2022 wurde das Pilotprojekt “Haru Oni” in Patagonien eröffnet, in dem Siemens, Porsche und andere Partner E-Fuels aus Windenergie und Wasser erzeugen. Die Entscheidung, das Projekt mit 8,23 Millionen Euro aus dem Konjunkturpaket der Nationalen Wasserstoffstrategie (NWS) zu fördern, hatte im Dezember 2020 noch die Bundesregierung unter Angela Merkel getroffen.
    • Wie mehrere Medien berichteten, bot Scholz Chile außerdem Unterstützung in der Verarbeitung seiner Lithiumvorkommen an. Laut U.S. Geological Survey besitzt das Land die größten Lithiumreserven der Welt und fördert fast 25 Prozent der globalen Produktion. Lithium wird unter anderem für Batterien gebraucht, entsprechend hoch ist das strategische Interesse an dem Leichtmetall.
    • Daneben schlossen das BMWK und das chilenischen Bergbauministerium eine Kooperationsvereinbarung über Bergbau, mineralische Rohstoffe und Kreislaufwirtschaft. Der deutsche Metall- und Kupferkonzern Aurubis und der staatliche chilenische Bergbaukonzern Codelco unterzeichneten eine Absichtserklärung zum Aufbau einer nachhaltigeren und verantwortungsvolleren Kupferindustrie.  
    • Argentinien
    • Brasilien
    • Chile
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    • Klimapolitik

    Termine

    2. Februar, 8.30 Uhr, Schwäbisch Hall
    Gipfeltreffen Gipfeltreffen der Weltmarktführer – Dekarbonisierung im Mittelstand
    Die Stiftung KlimaWirtschaft tauscht sich auf dem Event mit Unternehmerinnen und Unternehmern darüber aus, wie Klimaneutralität und Wirtschaftlichkeit zusammen funktionieren können.  Infos

    2. Februar, 10 Uhr, Online
    Vorstellung Szenarien für eine klimaneutrale integrierte Energieversorgung und Produktion
    Die Arbeitsgruppe Energiesysteme der Zukunft der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften präsentiert ihre Stellungnahme zum Thema “Szenarien für eine klimaneutrale integrierte Energieversorgung und Produktion”. Infos und Teilnahme

    2. Februar, 15.15 Uhr, Bremen
    Spaziergang und Vortrag Wie wird die Straßenbahn zum Treiber der Verkehrswende
    Bei einem Erkundungsspaziergang und einem anschließenden Vortrag erklärt die Heinrich-Böll-Stiftung die Rolle von Straßenbahnen in der Verkehrswende. Infos und Anmeldung

    5. Februar, 9 Uhr, Weimar
    Tagung Tag der Landwirtschaft
    Der Entwurf zum Ersten Thüringer Agrarstrukturgesetz steht im Zentrum des diesjährigen Tages der Landwirtschaft. Außerdem bieten verschiedene Vorträge Einblicke in die aktuellen Entwicklungen in der Landwirtschaft bundesweit und in Thüringen. Es gibt aktuelle Informationen zum KULAP (Kulturlandschaftsprogramm), den EU-Zahlungen und verschiedenen regionalen Initiativen. Die Heinrich-Böll-Stiftung ist Ausrichter der Veranstaltung. Infos

    8. Februar, 9.30 Uhr, Online
    Webinar EU Energy Transition – What Role for Critical Raw Materials
    Das Nachrichtenportal Euractiv diskutiert auf der Veranstaltung die Rolle von kritischen Rohstoffen für die europäische Energiewende. Vertreter und Vertreterinnen der EU-Kommission und des EU-Parlaments werden an der Diskussion teilnehmen. Infos und Anmeldung

    8. Februar, 14.30 Uhr, Online
    Webinar Restoring the Earth’s Lungs – How can forests support climate change mitigation?
    Über das Nature Restoration Law der EU sollen geschädigte Ökosysteme wiederhergestellt werden. Wie kann das gelingen? Und welche Rolle spielen dabei Wälder? Darüber diskutieren bei dieser Veranstaltungen Experten und Expertinnen. Infos

    8. Februar, 19 Uhr, online
    Diskussion REPowerEU: Wo steht Europa in der Energiekrise?
    Europe Direct organisiert diese Podiumsdiskussion zur Energiekrise in Europa. Im Mittelpunkt stehen die Themen Energieknappheit durch den Krieg in der Ukraine und der Ausstieg aus fossilen Energien. Infos

    9. Februar, 9 Uhr, Online
    Konferenz Die Finanzierung der Wärmewende
    Das Deutsch-französische Büro für die Energiewende diskutiert auf dieser Konferenz, wie die Wärmewende in Deutschland und Frankreich gelingen kann. In Deutschland macht Wärme mehr als 50 Prozent des Energiebedarfs aus und wurde im Gegensatz zu Strom in der Diskussion um die Energiewende lange eher vernachlässigt.  Infos und Anmeldung

    9. Februar, 10 Uhr, Dortmund
    Konferenz EVOLVING23 – Klimaanpassung im ländlichen Raum: Aufbruch in die Umsetzung
    Seit Juli 2019 arbeiten die Beteiligten von Evolving Regions daran, Klimaanpassungsmaßnahmen zu entwickeln und ihre Region klimarobust zu machen. Nun diskutieren sie darüber, wie sich die Methoden umsetzen lassen. Evolving Regions ist ein Projekt der TU Dortmund in Zusammenarbeit mit acht Partnerregionen in Nordrhein-Westfalen und den Niederlanden sowie fünf Partnerinstitutionen.  Infos

    9. Februar, 16 Uhr, Berlin und online
    Konferenz BEE Energiedialog
    Bei dem Energiedialog geht es um die gleichzeitige Sicherheit der Energieversorgung und die Energiewende. Dazu spricht auch Robert Habeck. Die Veranstaltung wird vom Bundesverband Erneuerbare Energie ausgerichtet.  Infos

    News

    Klima in Zahlen: Das Meereis schwindet in Rekord-Tempo

    Das Meereis in den Polarregionen schmilzt durch den Klimawandel immer schneller. In der Antarktis könnte in der zweiten Februarhälfte 2023 ein neuer Minimalwert erreicht werden, berichtet das Alfred-Wegener-Institut (AWI) in seinem komplett überarbeiteten Meereisportal. Schon zum Jahreswechsel war die Meereisbedeckung in der Antarktis geringer als der zu dieser Zeit beobachtete Tiefstwert, so das AWI. Das Meereis entsprach nur noch etwa der Fläche Frankreichs.

    Das Eis spielt eine wichtige Rolle beim Klimawandel:

    • je mehr Meereis, desto höher die Reflexion des eingestrahlten Sonnenlichts (Albedo) und desto geringer die Erwärmungswirkung,
    • es verringert den Energieaustausch zwischen Ozean und Atmosphäre,
    • es beeinflusst die Meeresströmungen und damit das Klima. nib
    • Arktis
    • Globale Erwärmung
    • Meereis

    Carbon Credits: nicht gut genug

    Den meisten Carbon Credits – freiwilligen Zertifikaten, um Emissionen auszugleichen – fehlt es an Qualität. Zu diesem Ergebnis kommt die Carbon Credit Quality Initiative (CCQI) von WWF, Environmental Defense Fund und Öko-Institut in einer neuen Untersuchung.

    “Unsere Ergebnisse bestätigen, dass es hier ein echtes Problem gibt”, sagt Lambert Schneider, Forschungskoordinator für internationale Klimapolitik am Öko-Institut. “Es ist wirklich schwierig, einen Carbon Credit zu finden, der in allen Bereichen gut abschneidet“, der also beispielsweise verlässlich und messbar zusätzliche Emissionen reduziere und zugleich soziale und weitere Umweltstandards erfülle. “Eine gute Performance in einem Bereich kann nicht die schlechte Performance in einem anderen ausgleichen”, sagte Schneider. Das Risiko, die Klimawirkung eines Credits zu überschätzen, sei hoch.

    Wer Carbon Credits kaufen wolle, könne aber Zertifikate mit niedrigen Risiken identifizieren. Und die meisten der identifizierten Schwächen seien zu beheben.

    Bewertung von Credit-Typen

    Die CCQI will durch ihre Bewertung der Credits zur Transparenz am Markt beitragen. Sie hat ein Verfahren entwickelt, mit dem Staaten, Unternehmen und Investoren einschätzen können, wie gut oder schlecht einzelne am Markt gehandelte Carbon Credits sind. Dabei vergibt die Initiative keine Noten an einzelnen Projekte. Stattdessen hat sie Kriterien entwickelt, um die Qualität bestimmter Carbon-Credit-Typen möglichst detailliert zu bewerten.

    Dazu gehören Credits, die aus der Atmosphäre entnommenes CO₂ handelbar machen – etwa durch Aufforstung – und Zertifikate, die auf vermiedenen Emissionen beruhen, etwa durch die großflächige Integration von Solar- und Windstrom ins Netz oder den Einsatz von effizienteren Kochherden.

    Die CCQI bewertet die Credits nach sieben Umwelt-, Klima- und sozialen Qualitätszielen auf einer Skala von eins bis zur Bestnote fünf. Zum Beispiel untersucht sie, wie gut Doppelzählungen vermieden werden, und wie gut ein Credit-Typ zum wirtschaftlichen Umbau in Richtung netto null beiträgt. Am Ende gibt es keine Gesamtnote, sondern eine Bewertung für jedes einzelne Qualitätsziel. So sollen die Marktteilnehmer selbst entscheiden können, nach welchen Kriterien sie Credits kaufen wollen.

    Im Einzelnen lassen sich die Ergebnisse in einem interaktiven Tool online einsehen und nachvollziehen. Seit Dienstag sind darin neue Carbon-Credit-Typen enthalten. Damit decke man derzeit mehr als ein Viertel des freiwilligen Carbon-Marktes ab, schreibt der Environmental Defense Fund in einer Mitteilung. Die neuen Ergebnisse “unterstreichen die Notwendigkeit, die Qualität von Carbon Credits auf dem Markt zu verbessern”. Bis zum nächsten UN-Klimagipfel will die CCQI mehr als 80 Prozent des Marktes bewertet haben. ae

    • Emissionshandel
    • Klimaschutz

    Studie: Gesellschaft zu träge für 1,5-Grad

    Laut einer neuen Studie der Universität Hamburg ist es unrealistisch, die globale Erwärmung noch auf 1,5 Grad zu begrenzen. Als Grund sehen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Exzellenzclusters Climate, Climatic Change, and Society (CLICCS) vor allem mangelnden gesellschaftlichen Wandel.

    Um die Pariser Klimaziele einzuhalten, sei der gesellschaftliche Wandel wichtiger als physikalische Kipppunkte, schreiben sie. Bisher sei er jedoch “unzureichend.” Laut der Studie bremsen vor allem Konsumverhalten und die Entscheidungen von Unternehmen den Klimaschutz.

    Bereits vor zwei Jahren war CLICCS in einer Vorgängerstudie zu einem ähnlichen Ergebnis gekommen. Durch die Auswirkungen der Corona-Pandemie sei der Ausstieg aus den fossilen Energien seither noch schwieriger geworden, schreiben die Forschenden. Auch der russische Einmarsch in die Ukraine werde die Bemühungen zu einer weltweiten Dekarbonisierung beeinflussen. Ob positiv oder negativ, sei derzeit aber offen.

    Effekt von Kipppunkten nicht nennenswert

    Zwar gibt es der Studie zufolge auch gesellschaftliche Fortschritte für das Klima, beispielsweise die UN-Klimaverhandlungen, Klimaproteste und der Abzug von Investitionen aus fossilen Anlagen. Doch ihre Dynamik reiche nicht aus. Die notwendige Dekarbonisierung “verläuft einfach zu langsam“, sagt CLICCS-Sprecherin Anita Engels von der Universität Hamburg. Umso wichtiger werde die Anpassung an die Folgen der Erderwärmung.

    Positiv gewendet bedeutet das aber auch: Menschliches Handeln entscheidet immer noch, ob die Klimawende gelingt. Es kann realistisch werden, den globalen Temperaturanstieg auf “deutlich unter 2 Grad Celsius zu begrenzen“, heißt es in der Studie, “wenn Ambitions-, Implementierungs- und Wissenslücken geschlossen werden.”

    Neben sozialen Faktoren untersucht die Studie auch physikalische Prozesse, insbesondere Kipppunkte, die in der Klima-Debatte eine große öffentliche Aufmerksamkeit erfahren, wie den Verlust des arktischen Meereises, des Regenwalds im Amazonasbecken oder das Auftauen des Permafrosts. Das Ergebnis: Kipppunkte “können die Rahmenbedingungen für das Leben auf der Erde drastisch verändern“, sagt CLICCS-Sprecher Jochem Marotzke vom Max-Planck-Institut für Meteorologie. Aber keiner der in der Studie diskutierten Kipppunkte verstärke die globale Oberflächentemperatur “nennenswert”. Der Verstärkungseffekt des auftauenden Permafrosts beispielsweise existiere zwar “zweifellos. Aber er ist klein.” ae

    • Dekarbonisierung
    • Klimapolitik

    Pläne für grünen Wiederaufbau der Ukraine

    Anlässlich des EU-Ukraine-Gipfels am Freitag veröffentlicht der Berliner Thinktank Adelphi ein Papier mit Empfehlungen für einen grünen Wiederaufbau des Landes nach dem Krieg – zum Beauftragten für das Thema hat Bundeskanzler Olaf Scholz gerade BMZ-Staatssekretär Jochen Flasbarth bestimmt.

    Durch die Adelphi-Empfehlungen könnte die Ukraine:

    • sich von fossilen Brennstoffen aus Russland unabhängig machen,
    • die Integration in die EU beschleunigen,
    • und neue wirtschaftliche Chancen nutzen, schreiben die Autorinnen Iryna Holovko und Constanze Haug.

    Gute Regierungsführung, grüne Indikatoren

    Einfach werde das Ergrünen aber nicht. Damit es gelinge, müssten mehrere Voraussetzungen gegeben sein:

    • Abstimmung des Wiederaufbauplans auf die Ziele des Europäischen Green Deal,
    • alle Investitionen sollten unter Klimagesichtspunkten geplant werden,
    • Entwicklung von Indikatoren, die den grünen Wiederaufbau messbar machen und nach denen sich Investitionen richten können,
    • eine gezielte Finanzierung klimafreundlicher Investitionsprojekte,
    • Rechenschaftspflichten und gute Regierungsführung sowie eine enge Koordination aller Beteiligten, um Korruptionsrisiken zu minimieren und die Anstrengungen aufeinander abzustimmen,
    • dazu gehören Strukturreformen, die Anti-Korruptionsmaßnahmen und rechtsstaatliche Reformen einschließen,
    • sowie die Gründung einer Agentur, die “als zentrale Koordinationsstelle für internationale Partner und ukrainische Behörden agiert”;
    • die Verantwortung für den Wiederaufbau müsse im Land selbst liegen (“domestic ownership”),
    • und der Wiederaufbau müsse möglichst inklusiv sein.

    Das Papier stellt auch Prinzipien für einen grünen Wiederaufbau in verschiedenen Sektoren auf, etwa im Städtebau, der Energieversorgung und der Industrie. Es empfiehlt unter anderem, Gebäude möglichst energieeffizient zu planen, den Schienenverkehr zu priorisieren und der Ukraine einen Platz in neuen, klimafreundlichen Wertschöpfungsketten zu verschaffen, statt die alten, CO₂-intensiven Industrien wieder aufzubauen. ae

    • Dekarbonisierung
    • Klimapolitik
    • Klimaschutz
    • Ukraine

    DR Kongo verschiebt Auktion für Öl-Lizenzen

    Eigentlich wollte die Regierung der Demokratischen Republik Kongo am Montag dieser Woche verkünden, welche Unternehmen an der Auktion für 27 Ölfelder in dem zentralafrikanischen Land teilnehmen. Kurzfristig verschob die Regierung diese Auktionen nun auf den Zeitraum von April bis Oktober. Das berichtet die Plattform Climate Home News.

    Im Vorfeld hatte es viel Kritik an den geplanten Ölbohrungen gegeben, weil sich drei der 27 Ölfelder entweder im Regenwald oder unter Mooren befinden. 13 weitere Gebiete befinden sich außerdem ganz oder teilweise in Naturschutzgebieten, in denen unter anderem seltene Berggorillas leben.

    Greenpeace Afrika setzt sich dafür ein, dass das Öl unter der Erde bleibt. Aktivisten aus der Demokratischen Republik Kongo haben in diesem Anliegen auch den Papst um Unterstützung gebeten. Elf Ölkonzerne, darunter Total, Eni, Shell und Exxon Mobil, verkündeten im Anschluss an die Kontroversen, kein Interesse an dem Öl zu haben.

    Im vergangenen August hatte die kongolesische Regierung angedeutet, dass sie bereit sei, bei entsprechenden Zahlungen auf die Förderung des Öls zu verzichten. Dazu gab es aber keine ernsthaften Vorschläge. Während die Vergabe der Lizenzen zur Ölförderung verschoben wurde, verkaufte die Regierung aber Lizenzen zud Förderung von Gas in drei Gebieten. Diese waren weniger umstritten, weil keine Regenwälder oder Moore betroffen sind und weil die Energie lokal verwendet und nicht exportiert werden soll. kul

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    Studie: nur weniger Fliegen hilft dem Klima

    Laut einer neuen Studie von Nature Sustainability sind Netto-Null-Emissionen beim Fliegen nur durch weniger Flugverkehr zu erreichen. Die Autorinnen und Autoren zeigen Pfade zu einem Luftverkehr mit Netto-Null-Emissionen auf:

    • Verhaltensänderung: Bis zu 61 Prozent der für 2050 prognostizierten Emissionen des Flugverkehrs könnten durch veränderte Nachfrage eingespart werden. Deutlich weniger Flüge wären also notwendig. Alternativen wie Schnellzugverbindungen müssten ausgebaut werden.
    • Mehr Effienz: Weitere 27 Prozent der prognostizierten Emissionen können durch technologische Verbesserungen und mehr Effizienz eingespart werden.
    • Klimaneutrale Kraftstoffe: Außerdem wird es notwendig sein, große Anteile von Kerosin entweder durch klimaneutrale Biokraftstoffe oder synthetische Antriebsstoffe zu ersetzen. Das sei mit großen Kosten verbunden, so die Studie.
    • CO₂-Entnahme: Zusätzlich müssen bis zu 3,4 Gigatonnen CO₂ aus der Atmosphäre entnommen werden.

    Viele dieser Berechnungen unterliegen allerdings einer großen Unsicherheit. So steckt beispielsweise die Nutzung von synthetischen Kraftstoffen im Flugverkehr noch in den Kinderschuhen.

    Der Flugsektor gilt als besonders schwer zu dekarbonisieren. Gleichzeitig ist er ein großer Treiber des Klimawandels:

    • Der Flugverkehr ist weltweit für rund drei Prozent der CO₂-Emissionen verantwortlich.
    • Allerdings kommen zwei Drittel des Klimaeffekts durch andere Effekte wie die Wolkenbildung durch den ausgestoßenen Wasserdampf. kul

    Indien erwägt eigenen CBAM

    Indien erwägt offenbar, als Reaktion auf den europäischen CO₂-Grenzausgleichsmechanismus (CBAM) ein eigenes Pendant einzuführen. Das geht aus einem Artikel der indischen Zeitung “The Hindu Business Line” hervor.

    Die Zeitung beruft sich auf ein Sitzungsprotokoll aus dem indischen Handelsministerium vom Dezember. Darin heißt es, Indien sondiert die Möglichkeit eines eigenen Grenzausgleichs “auf der Grundlage von Pro-Kopf-Emissionen oder kumulativen (historischen) Pro-Kopf-Emissionen”. Indiens Finanzministerium solle dessen Einführung nun prüfen.

    Indien will EU-Pläne bei der WTO anzeigen

    Das Handelsministerium will den europäischen CBAM zudem in sämtlichen Gremien der Welthandelsorganisation (WTO) zur Sprache bringen, heißt es in dem Protokoll. Das Land befürchtet, dass das EU-Instrument, das Carbon Leakage in Europa verhindern soll, schwierige handelspolitische Verhandlungen und Protektionismus mit sich bringen könnte.

    15 Prozent der indischen Exporte gehen laut “The Hindu Business Line” in die EU. Pro Tonne Rohstahl aus indischer Produktion werden zwischen 2,3 und 2,8 Tonnen CO₂ emittiert. Der weltweite Durchschnitt liegt bei rund 1,7 Tonnen. Indische Stahlexporte würden entsprechend mit einem hohen CO₂-Zoll bei Einführung in die EU belegt werden. luk

    • CBAM
    • Dekarbonisierung

    Presseschau

    Gastbeitrag: Wie können naturbasierte Lösungen Städten dabei helfen, ihre Klimaziele zu erreichen Carbon Brief
    Grafik: Nordasien leidet unter starker Kälte Financial Times
    Analyse: In Sachen Nachhaltigkeit und Klima senden die Ölkonzerne widersprüchliche Signale FAZ
    Podcast: Kinderkriegen trotz Klimakrise? Spiegel
    Reportage: Wie ein niederländischer Eierproduzent mit Essensabfall klimaneutrale Eier produzieren möchte Bloomberg
    Reportage: Japan investiert 500 Millionen Dollar in seine Skiindustrie Bloomberg
    Analyse: Wie man einen Agroforst pflanzt New York Times
    Analyse: Was Sterben und Beerdigungen mit dem Klima machen Washington Post
    Analyse: Warum Menschen und Delfine in Brasilien vielleicht nicht mehr lange zusammenarbeiten, um Fisch zu fangen Washington Post
    Podcast: Nützen Weltkonferenzen der Natur? Zeit
    Reportage: Infrarotkameras zeigen versteckte Methanlecks. Warum tut niemand etwas? Zeit
    Analyse: Wegen des Wetterphänomens El Niño könnten die nächsten Jahre noch heißer werden Zeit

    Heads

    Ian Fry – Anwalt der Menschenrechte im Klimawandel

    Ian Fry, Sonderberichterstatter zum Schutz der Menschenrechte im Kontext des Klimawandels.

    Es ist eine weitere Klima-Klage aus dem globalen Süden gegen Akteure aus dem Norden: Einwohner der indonesischen Insel Pari werfen dem Schweizer Zementhersteller Holcim vor, zu wenig zu tun, um die CO₂-Emissionen des Unternehmens zu senken. Die Inselbewohner sind direkt vom ansteigenden Meeresspiegel betroffen. Informelle Verhandlungen mit dem Unternehmen scheiterten. Am 30. Januar reichten die Indonesier in der Schweiz offiziell Klage ein.

    Ian Fry kennt die Schönheit der Inselstaaten im Pazifischen Ozean. Doch genauso gut kennt er die Gefahren für ihre Bewohner. Fry war lange Zeit in offizieller Rolle für den Staat Tuvalu aktiv. “Das Land ist extrem anfällig für die Folgen der Klimakrise”, erzählt Fry im Gespräch. “Der höchste Punkt ist nur vier Meter über dem Meeresspiegel.” Besonders Zyklone zerstören die Inseln immer wieder.

    Fry ist zwar gebürtiger Australier. Für mehr als 20 Jahre arbeitete er aber für die Regierung Tuvalus, verhandelte 1997 das Kyoto-Protokoll für Tuvalu mit. Außerdem war er Klima-Botschafter des Landes. Deswegen besitzt er zusätzlich die Staatsbürgerschaft Tuvalus. Vergangenes Jahr wurde er zum Sonderberichterstatter für Klima beim Hohen Kommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte ernannt. Jetzt muss er weltweit die Menschenrechte von Menschen schützen, die durch die Klimakrise bedroht sind.

    “Seit der Highschool interessiere ich mich für Umweltthemen”, sagt Fry. “Damals war ich in einem Naturschutzverein.” In Canberra hat er Biologie und Umweltrecht studiert und darin promoviert. Danach arbeitete er als Parkranger und wurde später Lobbyist bei Greenpeace. Noch immer lehrt er an der Australian National University. Für sein Mandat bei der UN arbeitet er im Homeoffice aus Australien, muss aber auch viel reisen, beispielsweise in Länder, die besonders unter Klimafolgen leiden. Im vergangenen Jahr war er in Bangladesch, dieses Jahr stehen Honduras und die Philippinen auf seiner Liste. Dafür hat er zwei Assistenten, die ihm aus Genf zuarbeiten. Einige seiner Studierenden helfen ihm zusätzlich. Sie erstellen für Fry ein “Gender and Climate Network”, das die Gender-Folgen der Klimakrise beobachten soll.

    Klimaflüchtlingen offiziellen Status geben

    Fry hat nicht viel Zeit. Seine Ernennung ist auf drei Jahre begrenzt. In dieser Zeit muss er sechsmal vor der UN-Generalversammlung und dem Menschenrechtsrat berichten. Seinen ersten Bericht hielt er zu Loss und Damage. “Ich habe der Generalversammlung vergangenes Jahr einen Loss und Damage Fonds vorgeschlagen und bin zur COP gereist, um dafür Unterstützung zu bekommen.” Seine Idee ist es, auch privates Geld einzuwerben, damit der Fonds größer wird und betroffene Staaten schneller und mehr Geld zum Wiederaufbau erhalten können. Er rechnet mit einem Volumen von mehreren Billionen Dollar. Dafür habe er viel Zuspruch erhalten, erzählt er. Auf der COP in Scharm El-Scheich gab es aber auch Widerstand vieler reicher Staaten, auch der USA. “Es war schwer genug, das zu bekommen, was wir jetzt haben”, sagt Fry. “Das ist also schon mal ein Schritt, aber noch kein großer Fortschritt.”

    Aktuell überlegt Fry, wie man durch die Klimakrise vertriebene Menschen als Flüchtlinge anerkennen lassen kann. Bisher sind diese von der Genfer Flüchtlingskonvention noch nicht erfasst. “Das schaue ich mir gerade genau an und rede mit vielen Experten.”

    Kanu-Polo in der Freizeit

    Viel Freizeit bietet ihm der Job nicht, aber Fry spielt gern Kanu-Polo, wenn es die Zeit hergibt. “Das ist ein sehr physisches Spiel. Ich bin nicht gut darin, aber es entspannt mich.” Deutschland sei amtierender Weltmeister, erzählt Fry. Auch seine Paddel und den Helm habe er in Deutschland gekauft. Tom Schmidtgen

    • Ian Fry

    Climate.Table Redaktion

    REDAKTION CLIMATE.TABLE

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