Table.Briefing: Climate

Fossile Subventionen: Ampel scheitert am Abbau + Stahl: Dekarbonisierung in der Krise + So schaden Handelskriege dem Klima

Liebe Leserin, lieber Leser,

fehlende Fortschritte und drohende Rückschritte prägen aktuell das klimapolitische Geschehen: Während die Ampel-Koalition am Abbau von fossilen Subventionen scheitert, verabschiedet die CDU ein 15-Punkte-Sofortprogramm, das unter anderem die Beihilfen für Agrardiesel wieder einführen will – einen der wenigen zögerlichen Fortschritte der Ampel bei diesem Thema, wie Bernhard Pötter schreibt.

Auch die Stahlbranche steckt zurzeit in einer Krise und damit ihre Anstrengungen zur Dekarbonisierung. Ausgerechnet aus der “saubersten” Produktion kommt weniger Stahl als noch vor einigen Jahren. Wie die aktuelle Nachfragekrise mit der zukünftigen Dekarbonisierung zusammenhängt, hat sich Alex Veit genauer angesehen. Und warum der aufziehende Zoll-Konflikt zwischen den USA, China und der EU zu einem echten Hindernis für den globalen Klimaschutz wird – und wie man das verhindern kann – darüber schreibt heute bei uns der renommierte Pekinger Experte für nachhaltige Finanzen Ma Jun.

Daneben gibt es natürlich wie immer die relevanten Meldungen aus der globalen Klimaszene. Wir wünschen anregende Lektüre.

Ihr
Lukas Bayer
Bild von Lukas  Bayer

Analyse

Finanzen: Wie die Ampel am Abbau fossiler Subventionen gescheitert ist

Die meisten klimaschädlichen Subventionen in Deutschland landen im Straßenverkehr.

Bundesregierung und Bundestag sind in der ablaufenden Legislaturperiode beim Abbau von umwelt- und klimaschädlichen Subventionen kaum vorangekommen. Zwar wurden nach internen Einschätzungen von Experten für umweltschädliche Subventionen des Umweltbundesamts (UBA) die Abschaffung einiger Subventionstatbestände angekündigt – doch diese wurden in den meisten Fällen nicht umgesetzt oder neue umweltschädliche Regelungen eingeführt. “Unter dem Strich hat es in den letzten Jahren bei der Abschaffung von Subventionen weder umwelt- noch fiskalpolitisch die notwendigen Fortschritte gegeben”, erklärt das UBA gegenüber Table.Briefings.

Auch weltweit: Rekordsubventionen statt Abbau

Die Behörde bestätigt damit Kalkulationen des “Forums Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft” (FÖS). Die NGO hat in einem aktuellen Gutachten für Greenpeace den G7-Staaten attestiert, die fossilen Subventionen nicht wie versprochen abzubauen, sondern über die letzten Jahre anzuheben. Demnach sind diese Subventionen 2023 nach Zahlen des Internationalen Währungsfonds IWF auf einen neuen Rekordwert von 1,36 Billionen US-Dollar gestiegen. Das Plus von 15 Prozent seit 2016 stehe damit im Kontrast zum G7-Beschluss von 2016, bis 2025 die ineffizienten fossilen Subventionen auslaufen zu lassen. Grund für den Anstieg sind vor allem Staatshilfen für Gas und Strom in der Energiekrise nach dem russischen Angriff auf die Ukraine 2022.

Für Deutschland rechnet das Gutachten mit fossilen Subventionen in Höhe von 85,3 Milliarden Euro für 2023. Insgesamt 32,6 Milliarden davon sind Maßnahmen gegen die Energiekrise seit dem Ukraine-Krieg. Je nachdem, wie weit die Definition von “Subventionen” ausgelegt wird (direkte und indirekte Staatshilfen, entgangene Einnahmen, externalisierte Kosten für Umweltschäden), rechnen diverse Institute, Ministerien und Forschungsgruppen weltweit mit verschiedenen Summen.

Für Deutschland etwa liegen die Kalkulationen der klimaschädlichen Beihilfen zwischen 35,8 Milliarden und 114 Milliarden Euro jährlich. Der 28. Subventionsbericht der Bundesregierung von 2021 führt dagegen nur etwa 7,4 Milliarden Euro an Beihilfen als “emissionsbegünstigend” an – und stellt ihnen die Summe von 6,7 Milliarden Euro an “emissionsmindernden” Zahlungen entgegen.

Ampel plante Abbau, setzte ihn aber kaum durch

Geplant hatte die Ampel-Koalition im Koalitionsvertrag, “zusätzliche Haushaltsspielräume dadurch (zu) gewinnen, dass wir im Haushalt überflüssige, unwirksame und umwelt- und klimaschädliche Subventionen und Ausgaben abbauen”. Einige Versuche dazu hat die Ampel auch unternommen: So sollte Ende 2023 die Subvention für Agrardiesel (440 Millionen Euro) ebenso auslaufen wie die Erleichterung für die Kfz-Steuer im Agrarbereich (480 Millionen). Nach Protesten wurde die Agrardiesel-Regelung gestreckt und soll erst bis 2028 verschwinden – die Union will sie nach einem Wahlsieg allerdings wieder einrichten. Ebenso bleibt die Kfz-Steuererleichterung für den Agrarbereich erhalten. Der Subventionstatbestand “Spitzenausgleich bei der Energiesteuer” wurde gestrichen. Bei der Kerosinsteuer für Inlandsflüge wurde eine geplante Besteuerung nicht weiter verfolgt – stattdessen erhöhte der Bundestag jedoch die Luftverkehrsabgabe.

Einen Abbau der fossilen Subventionen hat es tatsächlich im Güterverkehr gegeben, lobt das FÖS: Die “CO₂-Komponente” der Lkw-Maut belegt Dieselverbrauch mit höheren Abgaben und senkt damit indirekte Beihilfen. Und auch eine “Plastiksteuer”, die von den Konsumenten und nicht mehr von allen Steuerzahlern zu zahlen ist, war für 2025 geplant. Sie kommt jetzt aber nicht mehr durch das vorzeitige Ampel-Aus.

Praktisch unangetastet ließ auch die Ampel die großen Brocken der fossilen Subventionen:

  • Steuerentlastung für Dieseltreibstoff: 8,5 Milliarden
  • Fehlende Kerosinsteuer: 7,8 Milliarden
  • Dienstwagenpauschale: 6,1 Milliarden
  • Pendlerpauschale: 5,1 Milliarden
  • Mehrwertsteuersenkung für internationale Flüge: 3,9 Milliarden

Besonders subventioniert: der Verkehr

Auch für die nächste Bundesregierung werde das Thema wichtig bleiben, heißt es von der “Stiftung Klimaneutralität”. In ihren 55 “Empfehlungen für die 21. Legislaturperiode“, die der Thinktank in der vergangenen Woche präsentiert hat, warnen die Autoren, klimaschädliche Subventionen seien “doppelt teuer: Sie kosten Haushaltsmittel, die dadurch für andere Vorhaben fehlen. Und sie schaffen Fehlanreize, die durch andere Subventionen, Verbote oder höhere CO₂-Preise kompensiert werden müssen”. Die deutschen fossilen Beihilfen von 35 Milliarden Euro führten demnach dazu, dass bis 2030 rechnerisch 156 Millionen Tonnen CO₂ zusätzlich ausgestoßen würden.

Wo und wie viele Emissionen die Subventionen in Deutschland bewirken, hatte im letzten Jahr auch zum ersten Mal ein Gutachten des Öko-Instituts im Auftrag des Wirtschaftsministeriums gezeigt: Die meisten Emissionen entstehen demnach bei den Hilfen für Energiebesteuerung, Dieselkraftstoff, der Stromsteuer für Unternehmen, der Mehrwertsteuer für tierische Produkte sowie der Entfernungs- und Dienstwagenregelungen. Bei weitem das meiste Geld daraus (circa 25 Milliarden Euro) kommt demnach dem Verkehr zugute, gefolgt von der Landwirtschaft (4,7 Milliarden), Industrie (4,1 Milliarden) und Energiewirtschaft (2,1 Milliarden). Dabei nimmt der Staat immer weniger durch Steuern und Abgaben im Umweltbereich ein. Nach einer anderen FÖS-Studie sank deren Anteil an den Steuereinnahmen zwischen 2003 und 2022 von 9,5 Prozent auf 6,2 Prozent der Staatseinnahmen.

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Stahlindustrie: Was die Dekarbonisierung mit der Krise zu tun hat

Grüne Stahlproduktion bei Saarstahl.

Die Stahlbranche in Deutschland steht gleich vor zwei Herausforderungen. Die erste ist die Krise der Gegenwart: die schwache Nachfrage nach Stahlprodukten. Die zweite Herausforderung betrifft die Zukunft: die geplante Dekarbonisierung ihrer besonders klimaschädlichen und zugleich größten Produktionsstätten, den acht integrierten Hüttenwerken im Land, welche 70 Prozent des in Deutschland hergestellten Stahls hervorbringen. Während die Lösung der aktuellen Krise eher eine Stilllegung von Produktionskapazitäten nahelegt, braucht es für die zukünftige Stahlproduktion jetzt Entscheidungen über neue Anlagen.

Zwar ist die Rohstahlproduktion 2024 um fünf Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen, meldete die Wirtschaftsvereinigung (WV) Stahl vergangene Woche. Aber die Produktion lag mit 37 Millionen Tonnen Rohstahl 14 Prozent unter dem Level von 2017. Zudem sei die Nachfrage in Deutschland derzeit “außerordentlich schwach” und innerhalb von sieben Jahren um ein Drittel gesunken. Ganz wesentlich liege dies an der Kaufzurückhaltung der beiden größten Abnehmer der hiesigen Stahlindustrie, der Bauindustrie und der Automobilindustrie. Darauf verweist Tilman von Berlepsch, Stahlexperte bei der Umwelt- und Entwicklungs-NGO Germanwatch. Beide Branchen, die jeweils um die 30 Prozent der Stahlproduktion abnähmen, bestellten weniger Stahl als zuvor. “Diese Probleme haben nichts mit der Dekarbonisierung zu tun”, sagt Berlepsch. “Aber sie setzen die Stahlproduzenten gerade unter Druck.”

Theoretisch zukunftsfähig

Am deutlichsten spürt die Gegenwartskrise mit den Elektrostahlwerken ausgerechnet der Teil der Branche mit der bereits jetzt “saubersten” Produktionsweise. Deren Rohstahlproduktion ist seit 2017 um fast 17 Prozent eingebrochen. Dabei könnten die Lichtbogenöfen der “Elektrostahler” schon jetzt mit Strom aus erneuerbaren Quellen betrieben werden, womit dann kaum noch Treibhausgase verursacht würden. Zudem schmelzen Elektrostahlwerke teilweise Schrottstahl ein, statt neu aus Eisenerz gewonnenes Material zu verwenden. Sie sind daher potenziell kreislauffähig und klimafreundlich, ohne in neue Produktionsstätten investieren zu müssen. Aber Unternehmen wie die Georgsmarienhütte Gruppe senden mittlerweile Hilferufe an die Politik: sie bräuchten günstigeren Strom, um am Standort rentabel arbeiten zu können.

Tatsächlich ist es der Strompreis, der die jetzige Stahlkrise mit der Dekarbonisierung verbindet. “Bei der Hochofenroute, aber auch bei den vielen Elektrostahl-Unternehmen in Deutschland werden zur Erreichung der Klimaneutralität enorme Mengen an erneuerbarem, bezahlbarem Strom gebraucht”, sagt Kerstin Maria Rippel, Hauptgeschäftsführerin der WV Stahl Table.Briefings. Sie fordert strukturelle Lösungen, um die Strompreise auf ein international wettbewerbsfähiges Niveau zu bringen. Kurzfristig sollten die Übertragungsnetzentgelte wieder mit 5,5 Milliarden Euro bezuschusst werden, wie es bis Ende 2023 vorgesehen war.

Zwar sind die gestiegenen Strompreise nicht allein mit dem Umbau der Elektrizitätsversorgung hin zu erneuerbarem Strom erklärbar. Aber schon jetzt führt diese Transformation zu massiv gestiegenen Übertragungsnetzentgelten, insbesondere durch hohe Redispatch-Kosten. Diese werden durch Engpässe im Leitungsnetz verursacht. Denn auch wenn in Norddeutschland genügend billiger erneuerbarer Strom produziert wird, kommt dieser oft nicht bei den Großverbrauchern an. In der Folge werden teure konventionelle Kraftwerke jenseits der Netzengpässe angewiesen, ihre Einspeiseleistung zu erhöhen.

Dringend benötigt: Günstiger grüner Strom

Die drängendste Zukunftsaufgabe der Stahlindustrie, die Ablösung der kohlebasierten Hochöfen in den integrierten Hüttenwerken mit wasserstoffbasierten Direktreduktionsanlagen (DRI-Anlagen), hängt zu einem großen Teil von verlässlich günstigen Strompreisen ab. Denn “grüner” Wasserstoff wird mittels erneuerbaren Stroms gewonnen. Dass in naher Zukunft genügend günstiger grüner Strom und entsprechender Wasserstoff zur Verfügung stehen wird, bezweifelt ArcelorMittal. Der zweitgrößte Stahlkonzern der Welt betreibt auch in Deutschland Hochöfen. Auch Rippel sagt: “Grüner Wasserstoff ist auf absehbare Zeit weder in ausreichender Menge verfügbar noch zu einem bezahlbaren, international wettbewerbsfähigen Preis.” An diese Realität müssten sich Industrie wie Politik anpassen. Gefragt seien Zwischenlösungen, die auf billigerer, meist fossiler Energie basieren würden.

“Mittelfristig erhöhen die Dekarbonisierungsanforderungen die Kosten der Stahlproduktion”, sagt auch Germanwatch-Stahlexperte von Berlepsch unter Verweis auf die Investitionen für die neuen DRI-Anlagen. Vor allem ArcelorMittal und Thyssenkrupp, die beiden größten Stahlhersteller in Deutschland, stellten den Bau von DRI-Anlagen trotz hoher staatlicher Subventionen immer wieder in Frage. Von Berlepsch sieht darin “eine Art Investitionsstreik” und glaubt, dass die beiden Stahlkonzerne “pokern, damit noch mehr Geld fließt”.

WV Stahl-Chefin Rippel verweist hingegen auf die Firmen, die “auf Kurs bleiben” und “Milliarden von Euro in ihre Werke” investierten. Mit der Salzgitter AG und Saarstahl gibt es tatsächlich zwei Betreiber von Hochöfen, die den Umbau begonnen haben. Sie stellen zumindest öffentlich nicht in Frage, dass sie die Transformation zur zukunftsfähigen Stahlproduktion auch in der gegenwärtigen Absatzkrise bewerkstelligen wollen.

Von Berlepsch sieht aber auch die Notwendigkeit angesichts einer gleichzeitigen Absatz- und Energiekrise sowie jetzt notwendigen Investitionsentscheidungen noch einmal neu nachzudenken: “Als Gesellschaft sollten wir uns die Frage stellen: Ist es uns etwas wert, eine eigene Stahlproduktion zu haben”, sagt er. Dabei gehe es letztlich um die Dekarbonisierung der gesamten Wirtschaft, die Stahl für neue Windräder, Schienen und Züge voraussetze. “Es wäre sowohl klimapolitisch als auch arbeitsmarktpolitisch sinnvoll, davon einen Teil hier im Land herzustellen.”

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News

CDU-Sofortprogramm: Experten kritisieren Rückschritte in Klimapolitik

Die CDU will das Gebäudeenergiegesetz (“Heizungsgesetz”) der Ampel-Regierung abschaffen und Subventionen für Agrardiesel wieder einführen. Das geht aus einem “Sofortprogramm” hervor, das gestern auf dem Bundesparteitag verabschiedet wurde und das nach einem Wahlsieg unmittelbar umgesetzt werden soll. Das 15-Punkte-Papier sieht auch eine Senkung der Stromsteuer und der Netzentgelte vor.

Ein Schlingerkurs beim Heizungsgesetz würde jedoch für weitere Unsicherheit sorgen. “Eine weitere Verunsicherung von Gebäudeeigentümern ist hochproblematisch, würde die Energiewende behindern und hohe Kosten nach sich ziehen”, sagt Claudia Kemfert, Energie-Ökonomin am Deutschen Institut für Wirtschaftspolitik (DIW). Viele Akteure im Heizungsmarkt haben sich mittlerweile auf das Gesetz eingestellt. Durch eine Rücknahme des Gesetzes könnten auch vermehrt wieder Gasheizungen installiert werden.

Inwiefern sich die CDU-Pläne auch auf die Förderung von Wärmepumpen auswirken, bleibt unklar. Erst vor wenigen Tagen hatte der stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende Andreas Jung versichert, den Einbau von Wärmepumpen weiter finanziell fördern zu wollen. Die CDU will jedoch auch klimafreundliche Kraftstoffe (“grünes Öl”) fördern und “technologieoffen emissionsarme Wärmelösungen” voranbringen, unter anderem durch Heizen mit Holz. Allerdings sind grünes Öl und andere Ersatzkraftstoffe bisher kaum verfügbar und dementsprechend teuer. Ihr Klimanutzen ist teils erheblich geringer als der von Wärmepumpen.

“Dieses Sofortprogramm weist keinen Weg, wie die deutschen und europäischen Klimaziele erreicht werden können”, sagt Christoph Bals, politischer Geschäftsführer der Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch. Das Programm erwecke eher den “Eindruck, die CDU wolle den geschaffenen Gesetzesrahmen für Klimaschutz ab- und nicht umbauen. Das gefährdet die deutsche Wettbewerbsfähigkeit”. Zudem könnte die Wortwahl mögliche Koalitionsoptionen mit SPD und Grünen verbauen, warnt Bals. nib

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Dekarbonisierung: Rekordinvestitionen reichen noch nicht aus

Im Jahr 2024 wurden weltweit 2,1 Billionen US-Dollar in die Energie- und Verkehrswende sowie die Dekarbonisierung der Industrie investiert. Das ist ein neuer Rekordwert, aber die Investitionen müssten circa 2,5-mal so hoch sein (5,6 Billionen), um die Klimaziele erreichen zu können, wie aus einem neuen Bericht des Research-Unternehmens BloombergNEF hervorgeht. Zudem wuchsen die Investitionen nur um elf Prozent – ein geringeres Wachstum als noch in den Vorjahren (24 bis 29 Prozent jährlich).

Folgende Sektoren haben die höchsten Investitionen verzeichnet:

  • Verkehr: 757 Milliarden US-Dollar flossen in die Elektrifizierung des Transportsektors, beispielsweise den Kauf von E-Autos und den Ausbau der Ladeinfrastruktur.
  • Erneuerbare Energien: 728 Milliarden US-Dollar flossen in den Ausbau der Wind- und Solarkraft sowie andere erneuerbare Energien und Stromspeicher.
  • Stromnetze: 390 Milliarden US-Dollar flossen in die Übertragungs- und Verteilnetze und die Digitalisierung der Stromnetze.
  • Neue Technologien: Investitionen in bisher noch nicht ausgereifte Technologien wie das Abscheiden und Speichern von CO₂ (CCS), grünen Wasserstoff oder grüne Industrieprozesse lagen nur bei 155 Milliarden US-Dollar – 23 Prozent weniger als im Vorjahr.

Deutschland schneidet im Ländervergleich recht gut ab. Im Jahr 2024 flossen 109 Milliarden US-Dollar in die Dekarbonisierung, was 29 Prozent des Gesamtvolumens der EU-27 ausmacht. Allerdings gingen die Investitionen in Deutschland um 1,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zurück. Die “Investitionslücke” zur Erreichung der Klimaziele in Deutschland ist trotzdem geringer als in vielen anderen Staaten, so BloombergNEF. nib

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Energiewende: Viele Hausbesitzer wollen in Solar und Wärmepumpen investieren

65 Prozent aller Menschen, die in Deutschland im eigenen Haus leben, könnten im Jahr 2029 eine Solaranlage besitzen. Das ist fast das Doppelte des aktuellen Anteils von 36 Prozent. Zu dem Ergebnis kommt eine repräsentative Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach unter mehr als 4.000 Hauseigentümern im Auftrag der Initiative Klimaneutrales Deutschland (IKND). Der Umfrage zufolge plant ein beträchtlicher Anteil der Befragten auch die Anschaffung eines Elektroautos und einer Wärmepumpe. 2029 könnten demnach 41 Prozent von ihnen ein Elektroauto besitzen und 38 Prozent eine Wärmepumpe – aktuell liegen diese Werte bei zwölf und 15 Prozent.

Die Solarenergie ebnet dabei den Weg: Wer bereits eine Solaranlage besitzt oder ihre Anschaffung plant, denkt laut Umfrage viermal so häufig über den Kauf eines Elektroautos oder einer Wärmepumpe nach als andere.

Ersparnisse sind Hauptmotivation, Investitionskosten Haupthindernis

Für die Investitionspläne in Solaranlagen spielt die Parteipräferenz laut Umfrage nur eine untergeordnete Rolle. Ausschlaggebend scheinen vielmehr finanzielle Gründe zu sein. Demnach planen unter den Befragten 34 Prozent der Grünen-Wähler, 33 Prozent der BSW- und 32 Prozent der SPD-Wähler bis 2029 eine Investition. Es folgen jeweils 30 Prozent bei Unions- und 29 Prozent bei FDP-Wählern sowie Linke mit 25 Prozent und AfD mit 23 Prozent. Die Mehrheit der Befragten, die bereits klimafreundliche Technologien nutzen, nennen die niedrigeren Energiekosten als Motivation.

Bisher investierten vor allem Haushalte mit einem vergleichsweise hohen Haushaltseinkommen in Solar, Wärmepumpen oder E-Mobilität. Was Solaranlagen betrifft, scheint sich bei einem Haushaltseinkommen von mehr als 2.500 Euro im Monat der Zusammenhang zwischen Einkommen und Investitionen aber aufzulösen. Ab diesem Einkommen liegt der Anteil der Befragten, die eine Solaranlage kaufen wollen, bei rund 30 Prozent. Wer keine Anschaffung plant, nennt meist die Kosten als Hauptgrund. Besonders häufig sind das Haushalte mit einem Monatseinkommen von unter 2.500 Euro. ae

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Nach US-Rückzug: Indonesien und Neuseelands Liberale hinterfragen Pariser Abkommen

Nach dem angekündigten Rückzug der USA hinterfragt auch Indonesiens Klimabeauftragter, Hashim Djojohadikusumo, das Pariser Klimaabkommen: “Wenn die USA das internationale Abkommen nicht einhalten wollen, warum sollte ein Land wie Indonesien es dann einhalten?“, sagte Djojohadikusumo am Freitag auf dem ESG Sustainable Forum 2025 in Jakarta, wie die indonesische Presseagentur Antara berichtete. Demzufolge betrachte Djojohadikusumo das Abkommen als “nicht mehr relevant”. Nun bewerte Indonesien die Auswirkungen des US-Rückzugs auf Projekte zur Energiewende.

Auch David Seymour, Vorsitzender der liberalen Partei ACT in Neuseeland und designierter stellvertretender Premierminister, kann sich einen Austritt aus dem Pariser Abkommen vorstellen: “Es stellt sich die Frage, ob die neuseeländische Regierung dem Pariser Abkommen verpflichtet sein sollte, wenn die Hälfte der Welt sich ohnehin aus dem Abkommen zurückzieht”, sagte er am Montag in einem Radiointerview, wie die Nachrichtenagentur Bloomberg berichtete. Dies sei allerdings “eine Diskussion für eine andere Zeit oder vielleicht eine andere Wahl”, so Seymour.

Zudem erwägt Argentiniens Präsident Javier Milei einen Austritt und könnte damit Ländern wie Iran, Libyen und Jemen folgen, die nicht Teil des Abkommens sind. Demgegenüber stehen jedoch 194 Staaten und die EU, die das Abkommen ratifiziert haben und großteils weiter daran festhalten – sogar Nordkorea. Noch bei der COP29 in Baku hatte selbst Russland als einer der Bremser im Prozess den USA geraten, im Abkommen zu verbleiben. Und auch der Vorstandsvorsitzende des Ölkonzerns Exxon hatte für den Verbleib der USA im Pariser Abkommen geworben. lb/bpo

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Nationale Klimaziele: Was die Schweiz, UK und Neuseeland planen

Die Schweiz will ihre Treibhausgasemissionen bis 2035 um “mindestens 65 Prozent” im Vergleich zu 1990 reduzieren. Das geht aus dem neuen Klimaziel hervor, das das Land jüngst an die UNFCCC übermittelt hat. Bis 2050 will das Land bei Netto-Null-Emissionen liegen. Im Jahr 2023 lagen die Schweizer CO₂-Emissionen bei 32,7 Millionen Tonnen, was eine Reduktion von 26 Prozent im Vergleich zu 1990 bedeutet. Das Land behält sich die Option vor, sich Emissionsminderungen im Ausland (ITMOs) anzurechnen.

Auch Großbritannien hat sein Klimaziel nun offiziell an die UN übermittelt. Wie schon auf der COP29 angekündigt, will das Land seine Emissionen bis 2035 um 81 Prozent im Vergleich zu 1990 verringern. Derzeit liegen die CO₂-Emissionen Großbritanniens bei 305 Millionen Tonnen, was eine Reduktion um 49 Prozent im Vergleich zu 1990 bedeutet. Simon Stiell, UNFCCC-Exekutivsekretär, rief “andere Länder der G20 und der ganzen Welt” auf, dem britischen “Beispiel zu folgen”.

Neue Klimaziele: Neuseeland enttäuschend

Auch Neuseeland hat sein neues NDC eingereicht. Das Land möchte seine Emissionen bis 2035 um 51 bis 55 Prozent senken. Das neue NDC gilt als wenig ambitioniert. Bisher hat Neuseeland das Ziel verfolgt, die Emissionen bis 2030 um 50 Prozent zu senken. Derzeit liegen die CO₂-Emissionen des Landes 18 Prozent über dem Wert von 1990.

Die UN haben all ihre Mitglieder aufgerufen, bis zum 10. Februar neue NDCs einzureichen. Bisher sind dem nur wenige Länder nachgekommen (zur Übersicht). nib

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Neues Dashboard: Daten zur Wirkung von Klimapolitik frei verfügbar

Ob Klimapolitik wirkt, hängt entscheidend vom richtigen Mix der gewählten Instrumente ab – viel hilft nicht automatisch viel. Das war ein zentrales Ergebnis einer im Fachjournal “Science” veröffentlichten Studie aus dem vergangenen Jahr. Jetzt haben die Forschenden ihre Daten so aufbereitet und ins Netz gestellt, dass Datenjournalistinnen, -journalisten und andere Fachleute sie herunterladen und selbst eigene Auswertungen vornehmen können. Seit Montag ist der Climate Policy Explorer in der neuen Form online.

Zuvor hatte das interaktive Tool die Ergebnisse der Studie in grafischer Form veranschaulicht. Eine wichtige Erkenntnis: Subventionen für saubere Technologien oder Verbote klimaschädlicher Energiegewinnung alleine reichen nicht aus, um Emissionen maßgeblich zu senken. Ein Verbot beispielsweise von Kohlekraftwerken oder Verbrennerautos bringt dem Klima nur dann etwas, wenn es mit Steuer- oder Preisanreizen kombiniert wird. ae

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Risse im Grönlandeis: Klimawandel könnte Eisverlust drastisch beschleunigen

Die Gletscherspalten im grönländischen Eisschild vergrößern sich immer rasanter. Zu diesem Ergebnis kommt die Studie einer internationalen Forschungsgruppe, die im Fachmagazin Nature Geoscience veröffentlicht wurde. Demnach haben sich die Brüche in der Eisdecke zwischen 2016 und 2021 schneller ausgeweitet als bislang beobachtet. Dieser Prozess könne wiederum den Eisverlust beschleunigen – mit gravierenden Folgen für den Anstieg des Meeresspiegels.

Wie das Team um Tom Chudley von der britischen Universität Durham beschreibt, verschieben sich die Dynamiken von Gletschern im Klimawandel: Höhere Temperaturen lassen das Gletschereis schneller fließen, wodurch sich Risse ausweiten und tiefer in das Eis vordringen. An den Rändern des Eisschilds, wo große Gletscher auf das Meer treffen, habe die Gletscherfließgeschwindigkeit deutlich zugenommen – und damit auch das Volumen der Gletscherspalten. In einigen Sektoren habe diese Zunahme 2021 im Vergleich zu 2016 bis zu 25 Prozent betragen, mit einer Fehlermarge von ungefähr zehn Prozent.

Steigende Meeresspiegel als Konsequenz

“Wenn Gletscherspalten wachsen, nähren sie die Mechanismen, die dafür sorgen, dass sich die Gletscher des Eisschilds schneller bewegen, Wasser und Wärme in das Innere des Eisschilds treiben und das Kalben von Eisbergen in den Ozean beschleunigen“, erklärt Mitautor Ian Howat, Direktor des Byrd Polar & Climate Research Center an der US-amerikanischen Ohio State University. Diese Prozesse könnten wiederum den Eisfluss beschleunigen und zur Bildung von mehr und tieferen Gletscherspalten führen – “ein Dominoeffekt, der den Eisverlust in Grönland beschleunigen könnte”, so Howat.

Grönland hat der Studie zufolge seit 1992 bereits zu einem Anstieg des Meeresspiegels um etwa 14 Millimeter beigetragen. Setze sich der Trend fort, könnte das Schmelzwasser des Eisschilds bis 2100 den globalen Meeresspiegel um bis zu 30 Zentimeter anheben. Würde das gesamte Eis Grönlands schmelzen, könnte der Meeresspiegel sogar um sieben Meter steigen. dpa/lb

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Must-Reads

Bloomberg: Nächste Bank verlässt Klimaallianz. Die Royal Bank of Canada (RBC) hat dem Beispiel der Toronto-Dominion Bank und der Bank of Montreal folgend die größte Klimafinanzierungsallianz der Bankenbranche verlassen. Mit der am Freitag bekanntgegebenen Erklärung hat die RBC den Ausstieg aus der Net-Zero Banking Alliance (NZBA) vollzogen, womit nun alle großen kanadischen Banken diese Allianz verlassen haben. Zum Artikel

Guardian: Großbritannien unvorbereitet. Feuerwehrchefs warnen, dass Großbritannien nicht auf die Auswirkungen der Klimakrise vorbereitet sei. Der National Fire Chiefs Council sieht die Einsatzbereitschaft der Feuerwehrleute in Gefahr und fordert präventive Maßnahmen, um auch die Bevölkerung besser zu schützen. Zum Artikel

Euractiv: Ribera will am Green Deal festhalten. Teresa Ribera, die Vizepräsidentin der EU-Kommission, stellt sich gegen den Vorschlag des französischen EU-Abgeordneten Jordan Bardella, den Green Deal zu kippen. Politische Strömungen würden die Ängste der Menschen nutzen, um gegen ihre Interessen zu arbeiten, erklärt sie im Interview mit Euractiv. Zum Artikel

Klimareporter: Deepseek wohl kein Gamechanger. KI-Systeme verbrauchen viel Strom. Ob Deepseek, das weniger Energie benötigt, eine Trendwende einleiten kann, ist fraglich. Einerseits hat das System aus China das Potenzial, die benötigte Rechenleistung deutlich zu senken. Andererseits könnte es die Nutzung von KI weiter popularisieren, was den Energiehunger und damit den CO₂-Ausstoß wieder in die Höhe treiben würde. Zum Artikel

ZDF: Wirtschaftliche Moore. Die Initiative “toMOORow” plant in Zusammenarbeit mit 15 großen Unternehmen eine Umgestaltung der Moorlandschaften. In sogenannten Paludikulturen, also wirtschaftlich genutzten nassen Moorflächen, sollen geeignete Pflanzen angebaut und genutzt werden. Wenn sich Paludikulturen wirtschaftlich lohnen, profitiert auch das Klima – und hier besteht dringender Handlungsbedarf. Intakte Moore nehmen Kohlenstoffdioxid auf und speichern den Kohlenstoff so effektiv wie kein anderes Ökosystem. Zum Artikel

Standpunkt

Protektionismus: US-Zölle mit grünen Freihandelsabkommen kontern

Von Ma Jun
Ma Jun ist Präsident des Pekinger Institute of Finance and Sustainability. Als Antwort auf den zunehmenden Protektionismus schlägt er grüne Handelsabkommen vor.

Der Weg, um unsere Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu beenden, ist klar: Es gilt, grüne Industrien zu fördern – zur Bekämpfung des Klimawandels und für Wirtschaftswachstum und Beschäftigung. Auch gilt es, sicherzustellen, dass Produkte der grünen Industrien weltweit gehandelt werden können. Freier Handel würde diese Industrien stärken, die Kosten für grüne Waren und Dienstleistungen in den meisten Ländern senken und die Einführung emissionsarmer Technologien sowie nachhaltiger Praktiken erleichtern.

Angesichts des wachsenden Protektionismus erfordert dieser Ansatz die Schaffung eines speziellen grünen Freihandelsabkommens, das drastische Senkungen von Zöllen und nichttarifären Handelshemmnissen für umwelt- und klimafreundliche Güter und Dienstleistungen vorsieht. Da ein einzelnes Land oder eine einzelne Wirtschaftsmacht eine weltweite Vereinbarung blockieren könnte, wäre es sinnvoll, stattdessen mehrere kleinere Abkommen durch “Koalitionen der Willigen” zu schließen.

RCEP als möglicher Rahmen für Freihandel

Die Nutzung bestehender regionaler Handelsabkommen als Basis für einen grünen Handel könnte diesen Prozess erheblich beschleunigen. Ein Beispiel ist die Regionale Wirtschaftspartnerschaft (RCEP), das weltweit größte Handelsbündnis, das Länder wie Australien, China, Japan, Neuseeland, Südkorea und die zehn ASEAN-Staaten umfasst. Innerhalb dieses Rahmens ließe sich ein grünes Freihandelsabkommen schneller aushandeln und umsetzen – schließlich entfallen auf die RCEP-Staaten 30 Prozent der weltweiten Wirtschaftsleistung.

Der erste Schritt zur Verwirklichung dieser Idee besteht darin, allen Mitgliedern eines solchen Abkommens die wirtschaftlichen Vorteile eines grünen Freihandels klar aufzuzeigen. Eine erste Studie, durchgeführt vom Institute of Finance and Sustainability (dessen Vorsitz ich innehabe) gemeinsam mit Forschungspartnern, liefert bereits entsprechende Erkenntnisse. Unsere Untersuchung, die wir im März auf einer Konferenz in Hongkong vorstellen werden, zeigt, dass ein solches Abkommen das Wirtschaftswachstum der Mitgliedstaaten (gemessen am Bruttoinlandsprodukt, den Exporten, den Arbeitsplätzen und den Staatseinnahmen) fördern, ihre grünen Industrien stärken und eine schnellere Dekarbonisierung bewirken könnte.

Förderung ausländischer Investitionen und Technologietransfers

Der nächste Schritt besteht darin, jene Waren und Dienstleistungen zu identifizieren, die unter das grüne Freihandelsabkommen fallen sollten. Unsere Studie legt nahe, dass diese Liste einige Dutzend Kategorien sowie mehrere hundert Produkte und Dienstleistungen umfassen könnte – darunter erneuerbare Energien, Elektrofahrzeuge (EVs) und ihre Komponenten, Abfallmanagement, nachhaltige Landwirtschaft, naturbasierte Lösungen und professionelle Umweltdienstleistungen.

Ein dritter Schwerpunkt ist die Förderung ausländischer Investitionen und Technologietransfers im grünen Sektor. Dies setzt stabile politische Rahmenbedingungen, Schutzmaßnahmen für Investoren und sichere Rechte am geistigen Eigentum innerhalb der regionalen Handelsblöcke voraus. Ein grünes Handelsabkommen, das diese Voraussetzungen schafft, könnte insbesondere ärmeren Ländern helfen, ihre grünen Industrien zu entwickeln und Arbeitsplätze in diesem Bereich zu schaffen. Innerhalb der RCEP könnten etwa chinesische, japanische oder südkoreanische Unternehmen, die Elektrofahrzeuge oder Solarmodule produzieren, ihre Technologien an Hersteller in ASEAN-Staaten lizenzieren und in den Aufbau grüner Lieferketten der Region investieren.

Führung und ein offener Dialog entscheidend

Darüber hinaus müssen nichttarifäre Handelshemmnisse abgebaut werden, da sie den Handel und Investitionen selbst in Regionen mit niedrigen oder gar keinen Zöllen behindern können. Eine erfolgreiche grüne Handelsinitiative muss daher zunächst eine genaue Analyse aller nichttarifären Hürden durchführen – darunter Import- und Exportquoten, Qualitätssicherung, Zollabfertigungsprozesse, Rückverfolgbarkeitsanforderungen, Handelsfinanzierung und Exportkreditversicherungen sowie grenzüberschreitende Zahlungsabwicklungen. Anschließend sollten gezielte Maßnahmen ergriffen werden, um diese Hürden abzubauen – etwa durch die Harmonisierung von Qualitäts- und Rückverfolgbarkeitsstandards oder die Senkung der Handelsfinanzierungskosten mithilfe grüner Finanzinstrumente.

Dafür sind Führung und ein offener Dialog entscheidend. Im Fall der RCEP sollten größere Volkswirtschaften wie Australien, China, Indonesien, Japan und Südkorea die Initiative ergreifen und den Konsens fördern. Die Diskussionen sollten sich auf die weitreichenden Vorteile für alle Beteiligten konzentrieren. Dieser Ansatz könnte eine “gerechte Transformation” in eine klimaneutrale Wirtschaft unterstützen, indem er die Dekarbonisierung in den teilnehmenden Ländern beschleunigt, das Wachstum und die Beschäftigung im grünen Sektor vorantreibt und das gegenseitige Vertrauen stärkt, das eine zentrale Voraussetzung für eine umfassendere Zusammenarbeit in den Bereichen Klima und Handel ist.

CBAM könnte zu mehr Protektionismus führen

Das Argument für grüne Handelsabkommen wird noch stärker, wenn man es mit der Strategie der führenden Industrieländer vergleicht. Der von der Europäischen Union, Großbritannien und möglicherweise den USA favorisierte CO₂-Grenzausgleichsmechanismus (CBAM) mag zwar dazu beitragen, “Carbon Leakage” – also die Verlagerung emissionsintensiver Produktion in Länder mit laxeren Umweltvorschriften – zu verringern. Doch gleichzeitig schadet er den Einkommen und der Beschäftigung in Entwicklungsländern, die CO₂-intensive Waren exportieren. Zudem fördert er keine Kooperation, sondern könnte durch Vergeltungsmaßnahmen zu noch mehr Protektionismus führen.

Als Anreiz setzt der CBAM auf Abschreckung, indem er Entwicklungsländer für ihre vermeintliche Untätigkeit im Klimaschutz bestraft, anstatt ihnen bei der Emissionsreduktion zu helfen. Ein grünes Freihandelsabkommen hingegen wäre ein Anreiz: Es verbindet Klimaziele mit Entwicklungszielen und belohnt teilnehmende Volkswirtschaften für Fortschritte bei der grünen Transformation. Eine echte Win-win-Lösung – genau das, was eine gerechte grüne Wende erfordert.

Ma Jun ist Präsident des Pekinger Institute of Finance and Sustainability und ehemaliger Co-Vorsitzender der G20-Arbeitsgruppe für nachhaltige Finanzwirtschaft. Copyright: Project Syndicate, 2025. www.project-syndicate.org

Übersetzung: Julia Mertens

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Climate.Table Redaktion

CLIMATE.TABLE REDAKTION

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    Liebe Leserin, lieber Leser,

    fehlende Fortschritte und drohende Rückschritte prägen aktuell das klimapolitische Geschehen: Während die Ampel-Koalition am Abbau von fossilen Subventionen scheitert, verabschiedet die CDU ein 15-Punkte-Sofortprogramm, das unter anderem die Beihilfen für Agrardiesel wieder einführen will – einen der wenigen zögerlichen Fortschritte der Ampel bei diesem Thema, wie Bernhard Pötter schreibt.

    Auch die Stahlbranche steckt zurzeit in einer Krise und damit ihre Anstrengungen zur Dekarbonisierung. Ausgerechnet aus der “saubersten” Produktion kommt weniger Stahl als noch vor einigen Jahren. Wie die aktuelle Nachfragekrise mit der zukünftigen Dekarbonisierung zusammenhängt, hat sich Alex Veit genauer angesehen. Und warum der aufziehende Zoll-Konflikt zwischen den USA, China und der EU zu einem echten Hindernis für den globalen Klimaschutz wird – und wie man das verhindern kann – darüber schreibt heute bei uns der renommierte Pekinger Experte für nachhaltige Finanzen Ma Jun.

    Daneben gibt es natürlich wie immer die relevanten Meldungen aus der globalen Klimaszene. Wir wünschen anregende Lektüre.

    Ihr
    Lukas Bayer
    Bild von Lukas  Bayer

    Analyse

    Finanzen: Wie die Ampel am Abbau fossiler Subventionen gescheitert ist

    Die meisten klimaschädlichen Subventionen in Deutschland landen im Straßenverkehr.

    Bundesregierung und Bundestag sind in der ablaufenden Legislaturperiode beim Abbau von umwelt- und klimaschädlichen Subventionen kaum vorangekommen. Zwar wurden nach internen Einschätzungen von Experten für umweltschädliche Subventionen des Umweltbundesamts (UBA) die Abschaffung einiger Subventionstatbestände angekündigt – doch diese wurden in den meisten Fällen nicht umgesetzt oder neue umweltschädliche Regelungen eingeführt. “Unter dem Strich hat es in den letzten Jahren bei der Abschaffung von Subventionen weder umwelt- noch fiskalpolitisch die notwendigen Fortschritte gegeben”, erklärt das UBA gegenüber Table.Briefings.

    Auch weltweit: Rekordsubventionen statt Abbau

    Die Behörde bestätigt damit Kalkulationen des “Forums Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft” (FÖS). Die NGO hat in einem aktuellen Gutachten für Greenpeace den G7-Staaten attestiert, die fossilen Subventionen nicht wie versprochen abzubauen, sondern über die letzten Jahre anzuheben. Demnach sind diese Subventionen 2023 nach Zahlen des Internationalen Währungsfonds IWF auf einen neuen Rekordwert von 1,36 Billionen US-Dollar gestiegen. Das Plus von 15 Prozent seit 2016 stehe damit im Kontrast zum G7-Beschluss von 2016, bis 2025 die ineffizienten fossilen Subventionen auslaufen zu lassen. Grund für den Anstieg sind vor allem Staatshilfen für Gas und Strom in der Energiekrise nach dem russischen Angriff auf die Ukraine 2022.

    Für Deutschland rechnet das Gutachten mit fossilen Subventionen in Höhe von 85,3 Milliarden Euro für 2023. Insgesamt 32,6 Milliarden davon sind Maßnahmen gegen die Energiekrise seit dem Ukraine-Krieg. Je nachdem, wie weit die Definition von “Subventionen” ausgelegt wird (direkte und indirekte Staatshilfen, entgangene Einnahmen, externalisierte Kosten für Umweltschäden), rechnen diverse Institute, Ministerien und Forschungsgruppen weltweit mit verschiedenen Summen.

    Für Deutschland etwa liegen die Kalkulationen der klimaschädlichen Beihilfen zwischen 35,8 Milliarden und 114 Milliarden Euro jährlich. Der 28. Subventionsbericht der Bundesregierung von 2021 führt dagegen nur etwa 7,4 Milliarden Euro an Beihilfen als “emissionsbegünstigend” an – und stellt ihnen die Summe von 6,7 Milliarden Euro an “emissionsmindernden” Zahlungen entgegen.

    Ampel plante Abbau, setzte ihn aber kaum durch

    Geplant hatte die Ampel-Koalition im Koalitionsvertrag, “zusätzliche Haushaltsspielräume dadurch (zu) gewinnen, dass wir im Haushalt überflüssige, unwirksame und umwelt- und klimaschädliche Subventionen und Ausgaben abbauen”. Einige Versuche dazu hat die Ampel auch unternommen: So sollte Ende 2023 die Subvention für Agrardiesel (440 Millionen Euro) ebenso auslaufen wie die Erleichterung für die Kfz-Steuer im Agrarbereich (480 Millionen). Nach Protesten wurde die Agrardiesel-Regelung gestreckt und soll erst bis 2028 verschwinden – die Union will sie nach einem Wahlsieg allerdings wieder einrichten. Ebenso bleibt die Kfz-Steuererleichterung für den Agrarbereich erhalten. Der Subventionstatbestand “Spitzenausgleich bei der Energiesteuer” wurde gestrichen. Bei der Kerosinsteuer für Inlandsflüge wurde eine geplante Besteuerung nicht weiter verfolgt – stattdessen erhöhte der Bundestag jedoch die Luftverkehrsabgabe.

    Einen Abbau der fossilen Subventionen hat es tatsächlich im Güterverkehr gegeben, lobt das FÖS: Die “CO₂-Komponente” der Lkw-Maut belegt Dieselverbrauch mit höheren Abgaben und senkt damit indirekte Beihilfen. Und auch eine “Plastiksteuer”, die von den Konsumenten und nicht mehr von allen Steuerzahlern zu zahlen ist, war für 2025 geplant. Sie kommt jetzt aber nicht mehr durch das vorzeitige Ampel-Aus.

    Praktisch unangetastet ließ auch die Ampel die großen Brocken der fossilen Subventionen:

    • Steuerentlastung für Dieseltreibstoff: 8,5 Milliarden
    • Fehlende Kerosinsteuer: 7,8 Milliarden
    • Dienstwagenpauschale: 6,1 Milliarden
    • Pendlerpauschale: 5,1 Milliarden
    • Mehrwertsteuersenkung für internationale Flüge: 3,9 Milliarden

    Besonders subventioniert: der Verkehr

    Auch für die nächste Bundesregierung werde das Thema wichtig bleiben, heißt es von der “Stiftung Klimaneutralität”. In ihren 55 “Empfehlungen für die 21. Legislaturperiode“, die der Thinktank in der vergangenen Woche präsentiert hat, warnen die Autoren, klimaschädliche Subventionen seien “doppelt teuer: Sie kosten Haushaltsmittel, die dadurch für andere Vorhaben fehlen. Und sie schaffen Fehlanreize, die durch andere Subventionen, Verbote oder höhere CO₂-Preise kompensiert werden müssen”. Die deutschen fossilen Beihilfen von 35 Milliarden Euro führten demnach dazu, dass bis 2030 rechnerisch 156 Millionen Tonnen CO₂ zusätzlich ausgestoßen würden.

    Wo und wie viele Emissionen die Subventionen in Deutschland bewirken, hatte im letzten Jahr auch zum ersten Mal ein Gutachten des Öko-Instituts im Auftrag des Wirtschaftsministeriums gezeigt: Die meisten Emissionen entstehen demnach bei den Hilfen für Energiebesteuerung, Dieselkraftstoff, der Stromsteuer für Unternehmen, der Mehrwertsteuer für tierische Produkte sowie der Entfernungs- und Dienstwagenregelungen. Bei weitem das meiste Geld daraus (circa 25 Milliarden Euro) kommt demnach dem Verkehr zugute, gefolgt von der Landwirtschaft (4,7 Milliarden), Industrie (4,1 Milliarden) und Energiewirtschaft (2,1 Milliarden). Dabei nimmt der Staat immer weniger durch Steuern und Abgaben im Umweltbereich ein. Nach einer anderen FÖS-Studie sank deren Anteil an den Steuereinnahmen zwischen 2003 und 2022 von 9,5 Prozent auf 6,2 Prozent der Staatseinnahmen.

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    Stahlindustrie: Was die Dekarbonisierung mit der Krise zu tun hat

    Grüne Stahlproduktion bei Saarstahl.

    Die Stahlbranche in Deutschland steht gleich vor zwei Herausforderungen. Die erste ist die Krise der Gegenwart: die schwache Nachfrage nach Stahlprodukten. Die zweite Herausforderung betrifft die Zukunft: die geplante Dekarbonisierung ihrer besonders klimaschädlichen und zugleich größten Produktionsstätten, den acht integrierten Hüttenwerken im Land, welche 70 Prozent des in Deutschland hergestellten Stahls hervorbringen. Während die Lösung der aktuellen Krise eher eine Stilllegung von Produktionskapazitäten nahelegt, braucht es für die zukünftige Stahlproduktion jetzt Entscheidungen über neue Anlagen.

    Zwar ist die Rohstahlproduktion 2024 um fünf Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen, meldete die Wirtschaftsvereinigung (WV) Stahl vergangene Woche. Aber die Produktion lag mit 37 Millionen Tonnen Rohstahl 14 Prozent unter dem Level von 2017. Zudem sei die Nachfrage in Deutschland derzeit “außerordentlich schwach” und innerhalb von sieben Jahren um ein Drittel gesunken. Ganz wesentlich liege dies an der Kaufzurückhaltung der beiden größten Abnehmer der hiesigen Stahlindustrie, der Bauindustrie und der Automobilindustrie. Darauf verweist Tilman von Berlepsch, Stahlexperte bei der Umwelt- und Entwicklungs-NGO Germanwatch. Beide Branchen, die jeweils um die 30 Prozent der Stahlproduktion abnähmen, bestellten weniger Stahl als zuvor. “Diese Probleme haben nichts mit der Dekarbonisierung zu tun”, sagt Berlepsch. “Aber sie setzen die Stahlproduzenten gerade unter Druck.”

    Theoretisch zukunftsfähig

    Am deutlichsten spürt die Gegenwartskrise mit den Elektrostahlwerken ausgerechnet der Teil der Branche mit der bereits jetzt “saubersten” Produktionsweise. Deren Rohstahlproduktion ist seit 2017 um fast 17 Prozent eingebrochen. Dabei könnten die Lichtbogenöfen der “Elektrostahler” schon jetzt mit Strom aus erneuerbaren Quellen betrieben werden, womit dann kaum noch Treibhausgase verursacht würden. Zudem schmelzen Elektrostahlwerke teilweise Schrottstahl ein, statt neu aus Eisenerz gewonnenes Material zu verwenden. Sie sind daher potenziell kreislauffähig und klimafreundlich, ohne in neue Produktionsstätten investieren zu müssen. Aber Unternehmen wie die Georgsmarienhütte Gruppe senden mittlerweile Hilferufe an die Politik: sie bräuchten günstigeren Strom, um am Standort rentabel arbeiten zu können.

    Tatsächlich ist es der Strompreis, der die jetzige Stahlkrise mit der Dekarbonisierung verbindet. “Bei der Hochofenroute, aber auch bei den vielen Elektrostahl-Unternehmen in Deutschland werden zur Erreichung der Klimaneutralität enorme Mengen an erneuerbarem, bezahlbarem Strom gebraucht”, sagt Kerstin Maria Rippel, Hauptgeschäftsführerin der WV Stahl Table.Briefings. Sie fordert strukturelle Lösungen, um die Strompreise auf ein international wettbewerbsfähiges Niveau zu bringen. Kurzfristig sollten die Übertragungsnetzentgelte wieder mit 5,5 Milliarden Euro bezuschusst werden, wie es bis Ende 2023 vorgesehen war.

    Zwar sind die gestiegenen Strompreise nicht allein mit dem Umbau der Elektrizitätsversorgung hin zu erneuerbarem Strom erklärbar. Aber schon jetzt führt diese Transformation zu massiv gestiegenen Übertragungsnetzentgelten, insbesondere durch hohe Redispatch-Kosten. Diese werden durch Engpässe im Leitungsnetz verursacht. Denn auch wenn in Norddeutschland genügend billiger erneuerbarer Strom produziert wird, kommt dieser oft nicht bei den Großverbrauchern an. In der Folge werden teure konventionelle Kraftwerke jenseits der Netzengpässe angewiesen, ihre Einspeiseleistung zu erhöhen.

    Dringend benötigt: Günstiger grüner Strom

    Die drängendste Zukunftsaufgabe der Stahlindustrie, die Ablösung der kohlebasierten Hochöfen in den integrierten Hüttenwerken mit wasserstoffbasierten Direktreduktionsanlagen (DRI-Anlagen), hängt zu einem großen Teil von verlässlich günstigen Strompreisen ab. Denn “grüner” Wasserstoff wird mittels erneuerbaren Stroms gewonnen. Dass in naher Zukunft genügend günstiger grüner Strom und entsprechender Wasserstoff zur Verfügung stehen wird, bezweifelt ArcelorMittal. Der zweitgrößte Stahlkonzern der Welt betreibt auch in Deutschland Hochöfen. Auch Rippel sagt: “Grüner Wasserstoff ist auf absehbare Zeit weder in ausreichender Menge verfügbar noch zu einem bezahlbaren, international wettbewerbsfähigen Preis.” An diese Realität müssten sich Industrie wie Politik anpassen. Gefragt seien Zwischenlösungen, die auf billigerer, meist fossiler Energie basieren würden.

    “Mittelfristig erhöhen die Dekarbonisierungsanforderungen die Kosten der Stahlproduktion”, sagt auch Germanwatch-Stahlexperte von Berlepsch unter Verweis auf die Investitionen für die neuen DRI-Anlagen. Vor allem ArcelorMittal und Thyssenkrupp, die beiden größten Stahlhersteller in Deutschland, stellten den Bau von DRI-Anlagen trotz hoher staatlicher Subventionen immer wieder in Frage. Von Berlepsch sieht darin “eine Art Investitionsstreik” und glaubt, dass die beiden Stahlkonzerne “pokern, damit noch mehr Geld fließt”.

    WV Stahl-Chefin Rippel verweist hingegen auf die Firmen, die “auf Kurs bleiben” und “Milliarden von Euro in ihre Werke” investierten. Mit der Salzgitter AG und Saarstahl gibt es tatsächlich zwei Betreiber von Hochöfen, die den Umbau begonnen haben. Sie stellen zumindest öffentlich nicht in Frage, dass sie die Transformation zur zukunftsfähigen Stahlproduktion auch in der gegenwärtigen Absatzkrise bewerkstelligen wollen.

    Von Berlepsch sieht aber auch die Notwendigkeit angesichts einer gleichzeitigen Absatz- und Energiekrise sowie jetzt notwendigen Investitionsentscheidungen noch einmal neu nachzudenken: “Als Gesellschaft sollten wir uns die Frage stellen: Ist es uns etwas wert, eine eigene Stahlproduktion zu haben”, sagt er. Dabei gehe es letztlich um die Dekarbonisierung der gesamten Wirtschaft, die Stahl für neue Windräder, Schienen und Züge voraussetze. “Es wäre sowohl klimapolitisch als auch arbeitsmarktpolitisch sinnvoll, davon einen Teil hier im Land herzustellen.”

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    CDU-Sofortprogramm: Experten kritisieren Rückschritte in Klimapolitik

    Die CDU will das Gebäudeenergiegesetz (“Heizungsgesetz”) der Ampel-Regierung abschaffen und Subventionen für Agrardiesel wieder einführen. Das geht aus einem “Sofortprogramm” hervor, das gestern auf dem Bundesparteitag verabschiedet wurde und das nach einem Wahlsieg unmittelbar umgesetzt werden soll. Das 15-Punkte-Papier sieht auch eine Senkung der Stromsteuer und der Netzentgelte vor.

    Ein Schlingerkurs beim Heizungsgesetz würde jedoch für weitere Unsicherheit sorgen. “Eine weitere Verunsicherung von Gebäudeeigentümern ist hochproblematisch, würde die Energiewende behindern und hohe Kosten nach sich ziehen”, sagt Claudia Kemfert, Energie-Ökonomin am Deutschen Institut für Wirtschaftspolitik (DIW). Viele Akteure im Heizungsmarkt haben sich mittlerweile auf das Gesetz eingestellt. Durch eine Rücknahme des Gesetzes könnten auch vermehrt wieder Gasheizungen installiert werden.

    Inwiefern sich die CDU-Pläne auch auf die Förderung von Wärmepumpen auswirken, bleibt unklar. Erst vor wenigen Tagen hatte der stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende Andreas Jung versichert, den Einbau von Wärmepumpen weiter finanziell fördern zu wollen. Die CDU will jedoch auch klimafreundliche Kraftstoffe (“grünes Öl”) fördern und “technologieoffen emissionsarme Wärmelösungen” voranbringen, unter anderem durch Heizen mit Holz. Allerdings sind grünes Öl und andere Ersatzkraftstoffe bisher kaum verfügbar und dementsprechend teuer. Ihr Klimanutzen ist teils erheblich geringer als der von Wärmepumpen.

    “Dieses Sofortprogramm weist keinen Weg, wie die deutschen und europäischen Klimaziele erreicht werden können”, sagt Christoph Bals, politischer Geschäftsführer der Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch. Das Programm erwecke eher den “Eindruck, die CDU wolle den geschaffenen Gesetzesrahmen für Klimaschutz ab- und nicht umbauen. Das gefährdet die deutsche Wettbewerbsfähigkeit”. Zudem könnte die Wortwahl mögliche Koalitionsoptionen mit SPD und Grünen verbauen, warnt Bals. nib

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    Dekarbonisierung: Rekordinvestitionen reichen noch nicht aus

    Im Jahr 2024 wurden weltweit 2,1 Billionen US-Dollar in die Energie- und Verkehrswende sowie die Dekarbonisierung der Industrie investiert. Das ist ein neuer Rekordwert, aber die Investitionen müssten circa 2,5-mal so hoch sein (5,6 Billionen), um die Klimaziele erreichen zu können, wie aus einem neuen Bericht des Research-Unternehmens BloombergNEF hervorgeht. Zudem wuchsen die Investitionen nur um elf Prozent – ein geringeres Wachstum als noch in den Vorjahren (24 bis 29 Prozent jährlich).

    Folgende Sektoren haben die höchsten Investitionen verzeichnet:

    • Verkehr: 757 Milliarden US-Dollar flossen in die Elektrifizierung des Transportsektors, beispielsweise den Kauf von E-Autos und den Ausbau der Ladeinfrastruktur.
    • Erneuerbare Energien: 728 Milliarden US-Dollar flossen in den Ausbau der Wind- und Solarkraft sowie andere erneuerbare Energien und Stromspeicher.
    • Stromnetze: 390 Milliarden US-Dollar flossen in die Übertragungs- und Verteilnetze und die Digitalisierung der Stromnetze.
    • Neue Technologien: Investitionen in bisher noch nicht ausgereifte Technologien wie das Abscheiden und Speichern von CO₂ (CCS), grünen Wasserstoff oder grüne Industrieprozesse lagen nur bei 155 Milliarden US-Dollar – 23 Prozent weniger als im Vorjahr.

    Deutschland schneidet im Ländervergleich recht gut ab. Im Jahr 2024 flossen 109 Milliarden US-Dollar in die Dekarbonisierung, was 29 Prozent des Gesamtvolumens der EU-27 ausmacht. Allerdings gingen die Investitionen in Deutschland um 1,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zurück. Die “Investitionslücke” zur Erreichung der Klimaziele in Deutschland ist trotzdem geringer als in vielen anderen Staaten, so BloombergNEF. nib

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    Energiewende: Viele Hausbesitzer wollen in Solar und Wärmepumpen investieren

    65 Prozent aller Menschen, die in Deutschland im eigenen Haus leben, könnten im Jahr 2029 eine Solaranlage besitzen. Das ist fast das Doppelte des aktuellen Anteils von 36 Prozent. Zu dem Ergebnis kommt eine repräsentative Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach unter mehr als 4.000 Hauseigentümern im Auftrag der Initiative Klimaneutrales Deutschland (IKND). Der Umfrage zufolge plant ein beträchtlicher Anteil der Befragten auch die Anschaffung eines Elektroautos und einer Wärmepumpe. 2029 könnten demnach 41 Prozent von ihnen ein Elektroauto besitzen und 38 Prozent eine Wärmepumpe – aktuell liegen diese Werte bei zwölf und 15 Prozent.

    Die Solarenergie ebnet dabei den Weg: Wer bereits eine Solaranlage besitzt oder ihre Anschaffung plant, denkt laut Umfrage viermal so häufig über den Kauf eines Elektroautos oder einer Wärmepumpe nach als andere.

    Ersparnisse sind Hauptmotivation, Investitionskosten Haupthindernis

    Für die Investitionspläne in Solaranlagen spielt die Parteipräferenz laut Umfrage nur eine untergeordnete Rolle. Ausschlaggebend scheinen vielmehr finanzielle Gründe zu sein. Demnach planen unter den Befragten 34 Prozent der Grünen-Wähler, 33 Prozent der BSW- und 32 Prozent der SPD-Wähler bis 2029 eine Investition. Es folgen jeweils 30 Prozent bei Unions- und 29 Prozent bei FDP-Wählern sowie Linke mit 25 Prozent und AfD mit 23 Prozent. Die Mehrheit der Befragten, die bereits klimafreundliche Technologien nutzen, nennen die niedrigeren Energiekosten als Motivation.

    Bisher investierten vor allem Haushalte mit einem vergleichsweise hohen Haushaltseinkommen in Solar, Wärmepumpen oder E-Mobilität. Was Solaranlagen betrifft, scheint sich bei einem Haushaltseinkommen von mehr als 2.500 Euro im Monat der Zusammenhang zwischen Einkommen und Investitionen aber aufzulösen. Ab diesem Einkommen liegt der Anteil der Befragten, die eine Solaranlage kaufen wollen, bei rund 30 Prozent. Wer keine Anschaffung plant, nennt meist die Kosten als Hauptgrund. Besonders häufig sind das Haushalte mit einem Monatseinkommen von unter 2.500 Euro. ae

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    Nach US-Rückzug: Indonesien und Neuseelands Liberale hinterfragen Pariser Abkommen

    Nach dem angekündigten Rückzug der USA hinterfragt auch Indonesiens Klimabeauftragter, Hashim Djojohadikusumo, das Pariser Klimaabkommen: “Wenn die USA das internationale Abkommen nicht einhalten wollen, warum sollte ein Land wie Indonesien es dann einhalten?“, sagte Djojohadikusumo am Freitag auf dem ESG Sustainable Forum 2025 in Jakarta, wie die indonesische Presseagentur Antara berichtete. Demzufolge betrachte Djojohadikusumo das Abkommen als “nicht mehr relevant”. Nun bewerte Indonesien die Auswirkungen des US-Rückzugs auf Projekte zur Energiewende.

    Auch David Seymour, Vorsitzender der liberalen Partei ACT in Neuseeland und designierter stellvertretender Premierminister, kann sich einen Austritt aus dem Pariser Abkommen vorstellen: “Es stellt sich die Frage, ob die neuseeländische Regierung dem Pariser Abkommen verpflichtet sein sollte, wenn die Hälfte der Welt sich ohnehin aus dem Abkommen zurückzieht”, sagte er am Montag in einem Radiointerview, wie die Nachrichtenagentur Bloomberg berichtete. Dies sei allerdings “eine Diskussion für eine andere Zeit oder vielleicht eine andere Wahl”, so Seymour.

    Zudem erwägt Argentiniens Präsident Javier Milei einen Austritt und könnte damit Ländern wie Iran, Libyen und Jemen folgen, die nicht Teil des Abkommens sind. Demgegenüber stehen jedoch 194 Staaten und die EU, die das Abkommen ratifiziert haben und großteils weiter daran festhalten – sogar Nordkorea. Noch bei der COP29 in Baku hatte selbst Russland als einer der Bremser im Prozess den USA geraten, im Abkommen zu verbleiben. Und auch der Vorstandsvorsitzende des Ölkonzerns Exxon hatte für den Verbleib der USA im Pariser Abkommen geworben. lb/bpo

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    Nationale Klimaziele: Was die Schweiz, UK und Neuseeland planen

    Die Schweiz will ihre Treibhausgasemissionen bis 2035 um “mindestens 65 Prozent” im Vergleich zu 1990 reduzieren. Das geht aus dem neuen Klimaziel hervor, das das Land jüngst an die UNFCCC übermittelt hat. Bis 2050 will das Land bei Netto-Null-Emissionen liegen. Im Jahr 2023 lagen die Schweizer CO₂-Emissionen bei 32,7 Millionen Tonnen, was eine Reduktion von 26 Prozent im Vergleich zu 1990 bedeutet. Das Land behält sich die Option vor, sich Emissionsminderungen im Ausland (ITMOs) anzurechnen.

    Auch Großbritannien hat sein Klimaziel nun offiziell an die UN übermittelt. Wie schon auf der COP29 angekündigt, will das Land seine Emissionen bis 2035 um 81 Prozent im Vergleich zu 1990 verringern. Derzeit liegen die CO₂-Emissionen Großbritanniens bei 305 Millionen Tonnen, was eine Reduktion um 49 Prozent im Vergleich zu 1990 bedeutet. Simon Stiell, UNFCCC-Exekutivsekretär, rief “andere Länder der G20 und der ganzen Welt” auf, dem britischen “Beispiel zu folgen”.

    Neue Klimaziele: Neuseeland enttäuschend

    Auch Neuseeland hat sein neues NDC eingereicht. Das Land möchte seine Emissionen bis 2035 um 51 bis 55 Prozent senken. Das neue NDC gilt als wenig ambitioniert. Bisher hat Neuseeland das Ziel verfolgt, die Emissionen bis 2030 um 50 Prozent zu senken. Derzeit liegen die CO₂-Emissionen des Landes 18 Prozent über dem Wert von 1990.

    Die UN haben all ihre Mitglieder aufgerufen, bis zum 10. Februar neue NDCs einzureichen. Bisher sind dem nur wenige Länder nachgekommen (zur Übersicht). nib

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    Neues Dashboard: Daten zur Wirkung von Klimapolitik frei verfügbar

    Ob Klimapolitik wirkt, hängt entscheidend vom richtigen Mix der gewählten Instrumente ab – viel hilft nicht automatisch viel. Das war ein zentrales Ergebnis einer im Fachjournal “Science” veröffentlichten Studie aus dem vergangenen Jahr. Jetzt haben die Forschenden ihre Daten so aufbereitet und ins Netz gestellt, dass Datenjournalistinnen, -journalisten und andere Fachleute sie herunterladen und selbst eigene Auswertungen vornehmen können. Seit Montag ist der Climate Policy Explorer in der neuen Form online.

    Zuvor hatte das interaktive Tool die Ergebnisse der Studie in grafischer Form veranschaulicht. Eine wichtige Erkenntnis: Subventionen für saubere Technologien oder Verbote klimaschädlicher Energiegewinnung alleine reichen nicht aus, um Emissionen maßgeblich zu senken. Ein Verbot beispielsweise von Kohlekraftwerken oder Verbrennerautos bringt dem Klima nur dann etwas, wenn es mit Steuer- oder Preisanreizen kombiniert wird. ae

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    Risse im Grönlandeis: Klimawandel könnte Eisverlust drastisch beschleunigen

    Die Gletscherspalten im grönländischen Eisschild vergrößern sich immer rasanter. Zu diesem Ergebnis kommt die Studie einer internationalen Forschungsgruppe, die im Fachmagazin Nature Geoscience veröffentlicht wurde. Demnach haben sich die Brüche in der Eisdecke zwischen 2016 und 2021 schneller ausgeweitet als bislang beobachtet. Dieser Prozess könne wiederum den Eisverlust beschleunigen – mit gravierenden Folgen für den Anstieg des Meeresspiegels.

    Wie das Team um Tom Chudley von der britischen Universität Durham beschreibt, verschieben sich die Dynamiken von Gletschern im Klimawandel: Höhere Temperaturen lassen das Gletschereis schneller fließen, wodurch sich Risse ausweiten und tiefer in das Eis vordringen. An den Rändern des Eisschilds, wo große Gletscher auf das Meer treffen, habe die Gletscherfließgeschwindigkeit deutlich zugenommen – und damit auch das Volumen der Gletscherspalten. In einigen Sektoren habe diese Zunahme 2021 im Vergleich zu 2016 bis zu 25 Prozent betragen, mit einer Fehlermarge von ungefähr zehn Prozent.

    Steigende Meeresspiegel als Konsequenz

    “Wenn Gletscherspalten wachsen, nähren sie die Mechanismen, die dafür sorgen, dass sich die Gletscher des Eisschilds schneller bewegen, Wasser und Wärme in das Innere des Eisschilds treiben und das Kalben von Eisbergen in den Ozean beschleunigen“, erklärt Mitautor Ian Howat, Direktor des Byrd Polar & Climate Research Center an der US-amerikanischen Ohio State University. Diese Prozesse könnten wiederum den Eisfluss beschleunigen und zur Bildung von mehr und tieferen Gletscherspalten führen – “ein Dominoeffekt, der den Eisverlust in Grönland beschleunigen könnte”, so Howat.

    Grönland hat der Studie zufolge seit 1992 bereits zu einem Anstieg des Meeresspiegels um etwa 14 Millimeter beigetragen. Setze sich der Trend fort, könnte das Schmelzwasser des Eisschilds bis 2100 den globalen Meeresspiegel um bis zu 30 Zentimeter anheben. Würde das gesamte Eis Grönlands schmelzen, könnte der Meeresspiegel sogar um sieben Meter steigen. dpa/lb

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    Must-Reads

    Bloomberg: Nächste Bank verlässt Klimaallianz. Die Royal Bank of Canada (RBC) hat dem Beispiel der Toronto-Dominion Bank und der Bank of Montreal folgend die größte Klimafinanzierungsallianz der Bankenbranche verlassen. Mit der am Freitag bekanntgegebenen Erklärung hat die RBC den Ausstieg aus der Net-Zero Banking Alliance (NZBA) vollzogen, womit nun alle großen kanadischen Banken diese Allianz verlassen haben. Zum Artikel

    Guardian: Großbritannien unvorbereitet. Feuerwehrchefs warnen, dass Großbritannien nicht auf die Auswirkungen der Klimakrise vorbereitet sei. Der National Fire Chiefs Council sieht die Einsatzbereitschaft der Feuerwehrleute in Gefahr und fordert präventive Maßnahmen, um auch die Bevölkerung besser zu schützen. Zum Artikel

    Euractiv: Ribera will am Green Deal festhalten. Teresa Ribera, die Vizepräsidentin der EU-Kommission, stellt sich gegen den Vorschlag des französischen EU-Abgeordneten Jordan Bardella, den Green Deal zu kippen. Politische Strömungen würden die Ängste der Menschen nutzen, um gegen ihre Interessen zu arbeiten, erklärt sie im Interview mit Euractiv. Zum Artikel

    Klimareporter: Deepseek wohl kein Gamechanger. KI-Systeme verbrauchen viel Strom. Ob Deepseek, das weniger Energie benötigt, eine Trendwende einleiten kann, ist fraglich. Einerseits hat das System aus China das Potenzial, die benötigte Rechenleistung deutlich zu senken. Andererseits könnte es die Nutzung von KI weiter popularisieren, was den Energiehunger und damit den CO₂-Ausstoß wieder in die Höhe treiben würde. Zum Artikel

    ZDF: Wirtschaftliche Moore. Die Initiative “toMOORow” plant in Zusammenarbeit mit 15 großen Unternehmen eine Umgestaltung der Moorlandschaften. In sogenannten Paludikulturen, also wirtschaftlich genutzten nassen Moorflächen, sollen geeignete Pflanzen angebaut und genutzt werden. Wenn sich Paludikulturen wirtschaftlich lohnen, profitiert auch das Klima – und hier besteht dringender Handlungsbedarf. Intakte Moore nehmen Kohlenstoffdioxid auf und speichern den Kohlenstoff so effektiv wie kein anderes Ökosystem. Zum Artikel

    Standpunkt

    Protektionismus: US-Zölle mit grünen Freihandelsabkommen kontern

    Von Ma Jun
    Ma Jun ist Präsident des Pekinger Institute of Finance and Sustainability. Als Antwort auf den zunehmenden Protektionismus schlägt er grüne Handelsabkommen vor.

    Der Weg, um unsere Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu beenden, ist klar: Es gilt, grüne Industrien zu fördern – zur Bekämpfung des Klimawandels und für Wirtschaftswachstum und Beschäftigung. Auch gilt es, sicherzustellen, dass Produkte der grünen Industrien weltweit gehandelt werden können. Freier Handel würde diese Industrien stärken, die Kosten für grüne Waren und Dienstleistungen in den meisten Ländern senken und die Einführung emissionsarmer Technologien sowie nachhaltiger Praktiken erleichtern.

    Angesichts des wachsenden Protektionismus erfordert dieser Ansatz die Schaffung eines speziellen grünen Freihandelsabkommens, das drastische Senkungen von Zöllen und nichttarifären Handelshemmnissen für umwelt- und klimafreundliche Güter und Dienstleistungen vorsieht. Da ein einzelnes Land oder eine einzelne Wirtschaftsmacht eine weltweite Vereinbarung blockieren könnte, wäre es sinnvoll, stattdessen mehrere kleinere Abkommen durch “Koalitionen der Willigen” zu schließen.

    RCEP als möglicher Rahmen für Freihandel

    Die Nutzung bestehender regionaler Handelsabkommen als Basis für einen grünen Handel könnte diesen Prozess erheblich beschleunigen. Ein Beispiel ist die Regionale Wirtschaftspartnerschaft (RCEP), das weltweit größte Handelsbündnis, das Länder wie Australien, China, Japan, Neuseeland, Südkorea und die zehn ASEAN-Staaten umfasst. Innerhalb dieses Rahmens ließe sich ein grünes Freihandelsabkommen schneller aushandeln und umsetzen – schließlich entfallen auf die RCEP-Staaten 30 Prozent der weltweiten Wirtschaftsleistung.

    Der erste Schritt zur Verwirklichung dieser Idee besteht darin, allen Mitgliedern eines solchen Abkommens die wirtschaftlichen Vorteile eines grünen Freihandels klar aufzuzeigen. Eine erste Studie, durchgeführt vom Institute of Finance and Sustainability (dessen Vorsitz ich innehabe) gemeinsam mit Forschungspartnern, liefert bereits entsprechende Erkenntnisse. Unsere Untersuchung, die wir im März auf einer Konferenz in Hongkong vorstellen werden, zeigt, dass ein solches Abkommen das Wirtschaftswachstum der Mitgliedstaaten (gemessen am Bruttoinlandsprodukt, den Exporten, den Arbeitsplätzen und den Staatseinnahmen) fördern, ihre grünen Industrien stärken und eine schnellere Dekarbonisierung bewirken könnte.

    Förderung ausländischer Investitionen und Technologietransfers

    Der nächste Schritt besteht darin, jene Waren und Dienstleistungen zu identifizieren, die unter das grüne Freihandelsabkommen fallen sollten. Unsere Studie legt nahe, dass diese Liste einige Dutzend Kategorien sowie mehrere hundert Produkte und Dienstleistungen umfassen könnte – darunter erneuerbare Energien, Elektrofahrzeuge (EVs) und ihre Komponenten, Abfallmanagement, nachhaltige Landwirtschaft, naturbasierte Lösungen und professionelle Umweltdienstleistungen.

    Ein dritter Schwerpunkt ist die Förderung ausländischer Investitionen und Technologietransfers im grünen Sektor. Dies setzt stabile politische Rahmenbedingungen, Schutzmaßnahmen für Investoren und sichere Rechte am geistigen Eigentum innerhalb der regionalen Handelsblöcke voraus. Ein grünes Handelsabkommen, das diese Voraussetzungen schafft, könnte insbesondere ärmeren Ländern helfen, ihre grünen Industrien zu entwickeln und Arbeitsplätze in diesem Bereich zu schaffen. Innerhalb der RCEP könnten etwa chinesische, japanische oder südkoreanische Unternehmen, die Elektrofahrzeuge oder Solarmodule produzieren, ihre Technologien an Hersteller in ASEAN-Staaten lizenzieren und in den Aufbau grüner Lieferketten der Region investieren.

    Führung und ein offener Dialog entscheidend

    Darüber hinaus müssen nichttarifäre Handelshemmnisse abgebaut werden, da sie den Handel und Investitionen selbst in Regionen mit niedrigen oder gar keinen Zöllen behindern können. Eine erfolgreiche grüne Handelsinitiative muss daher zunächst eine genaue Analyse aller nichttarifären Hürden durchführen – darunter Import- und Exportquoten, Qualitätssicherung, Zollabfertigungsprozesse, Rückverfolgbarkeitsanforderungen, Handelsfinanzierung und Exportkreditversicherungen sowie grenzüberschreitende Zahlungsabwicklungen. Anschließend sollten gezielte Maßnahmen ergriffen werden, um diese Hürden abzubauen – etwa durch die Harmonisierung von Qualitäts- und Rückverfolgbarkeitsstandards oder die Senkung der Handelsfinanzierungskosten mithilfe grüner Finanzinstrumente.

    Dafür sind Führung und ein offener Dialog entscheidend. Im Fall der RCEP sollten größere Volkswirtschaften wie Australien, China, Indonesien, Japan und Südkorea die Initiative ergreifen und den Konsens fördern. Die Diskussionen sollten sich auf die weitreichenden Vorteile für alle Beteiligten konzentrieren. Dieser Ansatz könnte eine “gerechte Transformation” in eine klimaneutrale Wirtschaft unterstützen, indem er die Dekarbonisierung in den teilnehmenden Ländern beschleunigt, das Wachstum und die Beschäftigung im grünen Sektor vorantreibt und das gegenseitige Vertrauen stärkt, das eine zentrale Voraussetzung für eine umfassendere Zusammenarbeit in den Bereichen Klima und Handel ist.

    CBAM könnte zu mehr Protektionismus führen

    Das Argument für grüne Handelsabkommen wird noch stärker, wenn man es mit der Strategie der führenden Industrieländer vergleicht. Der von der Europäischen Union, Großbritannien und möglicherweise den USA favorisierte CO₂-Grenzausgleichsmechanismus (CBAM) mag zwar dazu beitragen, “Carbon Leakage” – also die Verlagerung emissionsintensiver Produktion in Länder mit laxeren Umweltvorschriften – zu verringern. Doch gleichzeitig schadet er den Einkommen und der Beschäftigung in Entwicklungsländern, die CO₂-intensive Waren exportieren. Zudem fördert er keine Kooperation, sondern könnte durch Vergeltungsmaßnahmen zu noch mehr Protektionismus führen.

    Als Anreiz setzt der CBAM auf Abschreckung, indem er Entwicklungsländer für ihre vermeintliche Untätigkeit im Klimaschutz bestraft, anstatt ihnen bei der Emissionsreduktion zu helfen. Ein grünes Freihandelsabkommen hingegen wäre ein Anreiz: Es verbindet Klimaziele mit Entwicklungszielen und belohnt teilnehmende Volkswirtschaften für Fortschritte bei der grünen Transformation. Eine echte Win-win-Lösung – genau das, was eine gerechte grüne Wende erfordert.

    Ma Jun ist Präsident des Pekinger Institute of Finance and Sustainability und ehemaliger Co-Vorsitzender der G20-Arbeitsgruppe für nachhaltige Finanzwirtschaft. Copyright: Project Syndicate, 2025. www.project-syndicate.org

    Übersetzung: Julia Mertens

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