Table.Briefing: Climate

Expertenrat: Hausaufgaben für nächste Regierung + Faktencheck: Renaissance der Atomkraft? + Klimaklage: RWE-Verhandlung im März

Liebe Leserin, lieber Leser,

eigentlich blicken wir im Climate.Table häufig und voller Interesse in die weite Welt der Klimapolitik. Aber heute sind wir – Entschuldigung – mal sehr deutsch. Zwei Wochen vor einer wichtigen Bundestagswahl ist das vielleicht auch verständlich. Und so berichten wir über die Hausaufgaben, die der Expertenrat für Klimafragen der nächsten Bundesregierung aufgibt. Spoiler: Die Ampel war besser als ihr Ruf, aber da muss noch mehr kommen.

Das richtet sich nach den momentanen Umfragen ja vor allem an die CDU/CSU. Deshalb haben wir kurz vor der Wahl auch den CDU-Klimaexperten Andreas Jung gefragt, wie seine Partei zu zentralen energie- und klimapolitischen Aufgaben steht. Und wir schicken die nächste populäre Forderung zur Klimapolitik – die deutschen Atomkraftwerke wieder ans Netz zu bringen – durch unseren Faktencheck. Dazu wie immer Meldungen aus vielen Gebieten.

Und, versprochen: Nächste Woche sind wir dann für Sie wieder deutlich globalisierter unterwegs. Freuen Sie sich schon mal auf Analysen zur internationalen Schifffahrt, zu den Klimaplänen der UN-Länder und zu Nachrichten aus exotischen Ländern wie der Schweiz.

Wir bleiben für Sie dran

Ihr
Bernhard Pötter
Bild von Bernhard  Pötter

Analyse

Expertenrat: Nächste Bundesregierung muss Klimafinanzierung sicherstellen

Um die Klimaziele zu erreichen, müsste vor allem im Verkehrs- und Gebäudesektor mehr passieren – der Expertenrat für Klimafragen mahnt, die Finanzierung dafür sicherzustellen.

Der Expertenrat für Klimafragen mahnt die nächste Regierung, den Klimaschutz zu beschleunigen und die öffentliche Finanzierung abzusichern. Die Finanzierung des Klimaschutzes stehe zunehmend in Konkurrenz mit steigenden Verteidigungsausgaben und Finanzbedarfen für Bildung und die Infrastruktur. Hier müsse die nächste Regierung schnell für Klarheit sorgen. Verbrennerautos und fossile Heizungen müssten schneller durch klimafreundliche Alternativen ersetzt werden, die Industrie müsse mehr in die Elektrifizierung investieren. Zwar wurden in den vergangenen beiden Jahren Fortschritte im Klimaschutz gemacht, doch aufgrund des langsamen Tempos bei Verkehr und Gebäuden droht Deutschland seine Klimaziele für 2030 zu verpassen.

Klimafinanzierung: Neue Schulden, Steuererhöhungen oder Wachstum?

Bei der öffentlichen Finanzierung des Klimaschutzes sieht der Expertenrat die nächste Bundesregierung vor großen Herausforderungen. Es bestehe eine jährliche Finanzierungslücke von 29 bis 84 Milliarden Euro, wie unterschiedliche Studien zeigen. Zwar gebe es Einnahmen aus der CO₂-Bepreisung, aber sie reichten nicht aus, um diese Lücke zu schließen. Zudem sind die öffentlichen Haushalte unter Druck: In den kommenden Jahren stehen hohe Staatsausgaben für Verteidigung, Infrastruktur und Bildung an. Hinzu kommt, dass die deutsche Wirtschaft seit zwei Jahren in der Rezession steckt. Der russische Überfall auf die Ukraine sowie eine ungewisse Handelspolitik der USA verdunkeln die Wirtschaftsaussichten zusätzlich.

Um Kürzungen in der Klimapolitik oder anderen Politikbereichen zu vermeiden, könne die Regierung die Steuern erhöhen, zusätzliche Kredite aufnehmen oder auf Wachstum setzen, so der Expertenrat. Bleibt die Nachfrage aus China jedoch weiterhin hinter den Erwartungen zurück und setzt die US-Handelspolitik die deutschen Exporteure weiter unter Druck, ist kaum mit höherem Wachstum zu rechnen. Steuererhöhungen und eine Reform der Schuldenbremse sind besonders bei der Union und der FDP äußerst umstritten. Die Klimafinanzlücke könnte in den nächsten Jahren also weiter steigen. Christoph Bals, politischer Geschäftsführer bei Germanwatch, fordert deshalb “eine Reform der Schuldenbremse” und eine Umwidmung umweltschädlicher Subventionen. Die Klima-Allianz und Greenpeace fordern höhere Steuern für “extrem reiche Menschen” beziehungsweise eine ökologische Milliardärssteuer.

Die nächste Bundesregierung müsse bei der Finanzierung schnell Klarheit schaffen und die Klimapolitik in eine politische Gesamtstrategie einbetten, um die “Zielkonflikte in der Finanzpolitik” auszuräumen, sagt der Expertenrat. Ein Instrument dafür könnte die Wiedereinführung eines Klimakabinetts sein. Der Expertenrat schlägt vor, die Klimapolitik zentral im Bundeskanzleramt zu koordinieren.

Ampel: Merklicher Beitrag zur Treibhausgas-Reduktion

Der Ampel-Regierung stellt der Expertenrat ein gemischtes Zeugnis aus. Die Ampel habe beispielsweise durch beschleunigte Genehmigungen für Wind- und Solaranlagen “einen merklichen Beitrag zur Reduktion” der Treibhausgasemissionen geleistet. Auch das bei der Union umstrittene Gebäudeenergiegesetz (GEG) oder das Wärmeplanungsgesetz seien wichtige Bausteine, um die Emissionen in Zukunft zu senken. Um die Emissionen schneller zu reduzieren, dürften aber “zusätzliche Maßnahmen erforderlich sein” – auch um den “Zukauf von CO₂-Zertifikaten von anderen Ländern zu vermeiden”. Zudem gehe ein Teil der Emissionsminderung auf den Wirtschaftseinbruch und andere Krisenereignisse zurück.

Der Expertenrat bemängelt, dass “der Rückbau des fossilen Kapitalstocks” – also beispielsweise Verbrennerautos, fossile Heizungen und fossile Produktionsprozesse in der Industrie – bisher nicht im politischen Fokus stand. Hans-Martin Henning, Vorsitzender des Expertenrats, hält eine “leichtfertige Rücknahme” des Gebäudeenergiegesetzes wie von CDU/CSU vorgeschlagen deshalb auch für “gefährlich”, wie er bei der Präsentation des Gutachtens sagte. Zwar sprach es der Expertenrat nicht explizit aus, aber auch eine Rücknahme des Verbrennerverbots würde den fossilen Kapitalstock noch länger am Leben halten.

Die Mitglieder des Rats mahnen aber, dass Förderpolitik allein nicht ausreicht, um Verbrenner oder Öl- und Gasheizungen schnell aus dem Markt zu drängen. Zudem sei die E-Auto-Prämie (“Umweltbonus”) und auch Förderungen für effizientere Gebäude vor allem Haushalten mit höherem Einkommen zugutegekommen. Hier herrsche eine soziale Schieflage in der Klimapolitik, die die nächste Bundesregierung angehen müsse. In Frankreich werde das mit speziellen Programmen für untere Einkommensgruppen, wie beispielsweise einem sozialen E-Auto-Leasing, gerechter gestaltet, sagt die Co-Vorsitzende des Expertenrats Brigitte Knopf.

Private Haushalte müssen vor fossilen Lock-Ins geschützt werden“, so Knopf. Es solle verhindert werden, dass zu viele Haushalte weiterhin Öl- und Gasheizungen einbauten und dann durch den Emissionshandel (ETS 2) hohe Kosten auf diese Haushalte zukämen. Knopf schlug sozial gestaffelte Förderprogramme und eine stärker auf soziale Belange ausgerichtete Regulierungs- und Ordnungspolitik vor. Mit dem CO₂-Kostenaufteilungsgesetz und der Reform der Modernisierungsumlage habe die Ampel-Regierung immerhin einen Anfang gemacht.

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Faktencheck zur Wahl: Atomkraftwerke wieder ans Netz

So sieht der Atomausstieg aus: Sprengung der Kühltürme im AKW Grafenrheinfeld am 16. August 2024.

Forderung

CDU/CSU, FDP und AfD sind mit dem Ende der Nutzung der Kernenergie zur Stromerzeugung in Deutschland nicht einverstanden – obwohl der Bundestag 2011 den Atomausstieg einstimmig unter Führung der CDU/SPD-Regierung von Angela Merkel und auch mit den Stimmen der FDP beschlossen hat. In ihren Wahlprogrammen fordern sie demzufolge eine Atom-Renaissance:

  • Die FDP will die “Wiederinbetriebnahme der vorhandenen Kernkraftwerke rechtlich ermöglichen und die Entscheidung darüber den Betreibern überlassen”. Kernkraftwerke der “neuen Generation” sollen in Deutschland entstehen, die Kernfusion soll außerhalb des Atomrechts geregelt werden. Die Liberalen wollen die Nutzung von “Kernfusion und sicherer Kernkraftwerke ohne Subventionen ermöglichen”.
  • Die Union hält “an der Option Kernenergie fest”. Sie will die Forschung zur “Kernenergie der vierten und fünften Generation”, zu kleinen SMR-Reaktoren und zur Kernfusion vorantreiben. Außerdem will sie “schnellstmöglich eine fachliche Bestandsaufnahme“, ob angesichts des fortgeschrittenen AKW-Rückbaus das Wiederanfahren der Reaktoren “unter vertretbarem technischen und finanziellen Aufwand noch möglich ist”.
  • Die AfD will den Rückbau der Atomkraftwerke stoppen und auf die Betreiber einwirken, die AKWs wieder in Betrieb zu nehmen. Auch der Neubau von Atomkraftwerken ist geplant.

Mögliche Umsetzung

Für eine Wiederinbetriebnahme müsste zuerst das deutsche Atomgesetz geändert werden, das die “Nutzung der Kernenergie zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität geordnet beendet”. Das wäre mit einfacher Mehrheit im Bundestag möglich. Danach müssten private Betreiber wie Stromkonzerne gefunden werden, die die Anlagen unter wirtschaftlichen Aspekten betreiben würden. Alle Stromkonzerne in Deutschland, die bisher AKWs betrieben haben, lehnen das allerdings ab. Sie scheuen die Kosten, fast sichere juristische Auseinandersetzungen, den politischen Konflikt mit der Umweltbewegung – und sie sehen ihre Geschäftsfelder anderswo.

Das würde es bedeuten

Alle der einst über 20 deutschen Atomkraftwerke sind inzwischen stillgelegt. Die Betriebserlaubnis für die letzten drei Reaktoren Emsland, Neckarwestheim 2 und Isar 2 sind am 15. April 2023 erloschen. Wollte man sie wieder hochfahren, würde das bislang weltweit unbekannte Probleme für Technik und Genehmigungen aufwerfen: Noch nie sind stillgelegte, vom Netz getrennte und teilweise schon im Rückbau befindliche Atomkraftwerke wieder in Betrieb genommen worden.

Unklar ist etwa, ob die Atomkraftwerke für ihr zweites Leben eine gänzlich neue Betriebserlaubnis bräuchten – und ob diese nach dem heutigen Stand der Technik praktisch einer neuen Zulassung wie bei einem Neubau gleichkäme. Auf jeden Fall bräuchten die Reaktoren eine neue “periodische Sicherheitsüberprüfung”, die etwa im AKW Isar 2 bereits seit 2019 fällig war. Da die technischen Unwägbarkeiten und juristischen Fragezeichen groß sind, wären wohl umfangreiche Rechtsgutachten, lange und umstrittene Genehmigungsprozesse und juristische Klagen die Folge, die viel Geld und Zeit beanspruchen würden.

Wirtschaftliche und finanzielle Folgen

Der wichtigste Grund, der eine Renaissance der Atomkraft verhindert, sind in liberalisierten Strommärkten mit privatwirtschaftlichen Unternehmen die hohen Kosten und die langen Bauzeiten. Der dritte Reaktor des AKW Flamanville im atomfreundlichen Frankreich ist mit knapp 13 Milliarden Euro viermal so teuer wie geplant und sein Bau brauchte zwölf Jahre länger als vorgesehen. Auch der neue Reaktor Hinkley Point C in Großbritannien wird laut EDF-Planungen wohl mindestens zwölf Jahre später kommen, seine Kosten erhöhen sich von geplanten etwa 20 Milliarden Euro auf etwa 38 Milliarden.

Für die Lücke im deutschen Strombedarf der nächsten Jahre, für den derzeit Gaskraftwerke geplant werden, kämen solche Atompläne viel zu spät. Dazu kommt: Die Versicherung neuer Atomkraftwerke würde wohl kein privates Unternehmen leisten, die Kosten trüge der Staat. Und die teure und extrem aufwändige Suche nach einem atomaren deutschen Endlager, die sich ohnehin wohl bis nach 2100 verzögert, müsste völlig neu geplant werden, wenn neuer Atommüll aus neuen AKWs hinzukäme.

Von einer “vierten oder fünften Generation” von Atomkraftwerken ist derzeit kaum etwas zu sehen. Ein Forschungsbericht des Bundesamts für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung durchleuchtete im Februar 2024 die sogenannten “neuen Reaktorkonzepte”, die kleiner und effizienter sein und weniger Abfall produzieren sollen. Fazit: Die Konzepte seien “trotz zum Teil jahrelanger Entwicklung bisher entweder technologisch noch nicht ausgereift oder haben sich aus kommerziellen oder sicherheitstechnischen Gründen nicht durchgesetzt“.

Auch wer die kleinen Reaktoren (SMR) bauen soll, ist unklar, seit wichtige Hersteller solche Projekte aufgegeben haben. Schließlich ist auch die Kernfusion noch im Zustand der Grundlagenforschung – wirtschaftliche Stromerzeugung ist von dort in den nächsten Jahren nicht zu erwarten. Ein Bericht des Weltklimarats IPCC zeigt außerdem, dass die CO₂-Vermeidung durch Erneuerbare deutlich effizienter und billiger ist als durch Kernkraft.

Politische Umsetzbarkeit

Beide derzeit möglichen Koalitionspartner einer potenziellen CDU/CSU-Bundesregierung, SPD und Grüne, lehnen einen Wiedereinstieg in die Atomtechnik ab. Es gibt dafür momentan keine politischen Mehrheiten. Die Union will allerdings eine “fachliche Bestandsaufnahme” durchsetzen, die das Thema klären soll.

Fazit

Die Forderung nach einem Wiederanfahren der deutschen Atomkraftwerke ist eine Scheindebatte. Selbst wenn das Parlament die gesetzlichen Grundlagen dafür schüfe (was bei allen derzeit diskutierten Koalitionsoptionen unrealistisch ist), fehlen private Unternehmen, um AKWs zu betreiben. Andere Formen wie neue Techniken, kleine Reaktoren oder die Kernfusion sind so weit von einem wirtschaftlichen Einsatz entfernt, dass sie für die Energiepolitik der nächsten Jahre und möglicherweise Jahrzehnte in Deutschland keine Rolle spielen werden.

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Klimapolitiker Andreas Jung: “Der Strompreis darf nicht noch mehr zur sozialen Frage werden”

Jung im Bundestag: “Günstiger Strom begünstigt klimafreundliche Technologien.”

Am Freitag vergangener Woche stand im Bundestag morgens eine Abstimmung über energiepolitische Gesetze an, die Sie mit Kolleginnen von den Grünen und der SPD ausgehandelt haben. Am Nachmittag folgte die kontroverse Debatte über die gemeinsame Abstimmung von Union und AfD in der Migrationspolitik. Hat die Union das Vertrauen zwischen den demokratischen Fraktionen so beschädigt, dass Kompromisse in der Klima- und Energiepolitik zukünftig schwieriger werden?
Die Einigung auf die Energiegesetze ist ein Beispiel für die Handlungsfähigkeit der politischen Mitte. Auch zur Stärkung der Sicherheit und für bessere Steuerung und Begrenzung der Migration haben wir auf Mehrheiten in der Mitte gezielt. In der letzten Woche hatte sich dann im Bundestag eine absolute Ausnahmesituation ergeben, weil Abgeordnete der AfD angekündigt hatten, eine Abstimmung über einen Gesetzentwurf meiner Fraktion zu beantragen. Das hat zu einem echten Dilemma geführt. Aber klar ist: Das ist kein Präzedenzfall, eine solche Situation wird sich nicht wiederholen. Keine Zusammenarbeit, keine Koalition, keine Minderheitsregierung mit der AfD.

Die Union will den CO₂-Emissionshandel (ETS) zum “Leitinstrument” im Klimaschutz machen, und die Einnahmen daraus an Verbraucher und Wirtschaft zurückgeben. Wer bekommt was und wie zurück?
Über die CO₂-Bepreisung für Gebäude und Verkehr kommen 2025 Einnahmen von etwa 15 Milliarden Euro. Die geben wir zurück, indem wir die Stromsteuer auf das europäische Minimum reduzieren. Zudem deckeln wir die Netzentgelte. Zusammen macht das eine Entlastung um mindestens fünf Cent pro Kilowattstunde für alle. Der Strompreis darf nicht noch mehr zur sozialen Frage werden und Wettbewerbsnachteil der Wirtschaft bleiben. Günstiger Strom begünstigt klimafreundliche Technologien.

Ob der Emissionshandel nicht doch zu schnell zu teuer wird, wird in den nächsten Jahren diskutiert werden. Das Steuerungsinstrument ist die Ausgabe von CO₂-Zertifikaten. Sollte es in der Wirtschaft Unmut über steigende Energiepreise durch den CO₂-Handel geben, wird die Union dann lieber mehr Zertifikate auf den Markt werfen? Oder aber der Wirtschaft mit Förderprogrammen helfen?
Wir sind der Überzeugung, dass der CO₂-Emissionshandel nicht einseitig zu höheren Energiepreisen führt, sondern zu marktwirtschaftlichem Klimaschutz. Dieses Instrument lebt davon, dass es glaubwürdig ist. Das klare Bekenntnis zu den Klimazielen verbinden wir mit der Überzeugung, dass wir eine starke Industrie behalten müssen. Ab 2027 kommt das europäische System. Die CO₂-Preise müssen sich darin schrittweise entwickeln, ohne Sprünge, aber auch ohne Rückgang: keine Überforderung, aber ein klares Preissignal für klimafreundliche Technologien.

Wenn der CO₂-Preis dann steigt, muss auch die Entlastung steigen. Da sind wir auch für weitere Wege der Rückgabe offen. Eine verlässliche Unterstützung von Klimatechnologien muss man aber effizient machen und pragmatisch. Die jetzige Überregulierung der Ampel macht es teuer. Statt immer mehr Einzelförderung bestimmter Unternehmen muss der Schwerpunkt wieder auf guten Rahmenbedingungen für alle liegen.

Die Union verspricht zugleich geringere Kosten und Technologieoffenheit. Für verschiedene Technologien braucht es aber auch mehrere Infrastrukturen. Der Staat finanziert das Wasserstoff-Kernnetz vor. Auch Wärmenetze müssen gebaut werden. Ihre Partei plädiert zusätzlich für ein CO₂-Netz. Das bestehende Erdgasnetz würden Sie gerne für Alternativen umrüsten. So viele Netze treiben die Kosten.
Gasnetze sind Bodenschätze. Da muss doch die erste Frage sein: Wie können wir diese Netze für die klimaneutrale Zukunft nutzen? Da wir eine CO₂-Kreislaufwirtschaft benötigen, brauchen wir auch dafür ein Netz. Es ist möglich, diese Investitionen auch unter den Bedingungen solider Haushaltsführung zu finanzieren. Den Weg, der mit dem Amortisationskonto beim Wasserstoff-Kernnetz eingeschlagen wurde, halten wir für nachvollziehbar.

Kosten sparen, priorisieren und zugleich alle Technologien ermöglichen, ist kein Widerspruch?
Darüber lässt sich nur sinnvoll sprechen, wenn man es konkret macht. Nehmen Sie Wärme. Da gibt es nicht die eine Lösung für jede Region, Kommune oder jedes Haus. Die Gegebenheiten sind unterschiedlich, entsprechend braucht es vielseitige Lösungen. Die Wärmepumpe ist eine gute Option, auch Wärmenetze, gespeist etwa mittels Geothermie oder Biomethan. Aber nicht überall ist das möglich. Auch nachhaltige Holzpellets sind eine Option, ganz ohne Infrastruktur.

Friedrich Merz hat kürzlich gesagt, er glaube nicht, dass Wasserstoff schnell günstig genug werde, um grünen Stahl herzustellen. Gleichzeitig schließen sie den Einsatz von Wasserstoff in Heizungen nicht aus. Wird es jemals günstig genug sein, Wasserstoff in Heizungen zu verbrennen?
Das muss wirtschaftlich entschieden werden. Wenn die Annahme stimmt, dass es in Heizungen und auch im Verkehr zu teuer wäre, dann wird es nicht stattfinden. Dann muss man es aber auch nicht verbieten oder regulieren. Friedrich Merz hat zurecht darauf hingewiesen, dass es beim Stahl mit der derzeitigen Verengung auf grünen Wasserstoff zu spät kommt, zu wenig bleibt und zu teuer wird.

Kommunale Unternehmen, die ihr Gasnetz auf Wasserstoff umstellen müssten, damit er in die Heizungen fließen kann, kennen den zukünftigen Preis des Wasserstoffs aber nicht.
Wasserstoff kann lokal eine Lösung sein, wo es ohnehin ein Wasserstoffnetz gibt. Das wollen wir nicht verbieten, aber das wird nicht in der Breite die Lösung sein.

Was raten Sie einem Tankstellenbesitzer, der in elektrische Ladestationen investiert? Sollte er auch eine Wasserstoff-Zapfsäule und eine für Biokraftstoffe haben?
Es ist nicht Aufgabe der Politik, Tankstellenbesitzern Ratschläge zu geben. Wir müssen die richtigen Rahmenbedingungen schaffen. Selbst wenn nur noch Elektroautos gekauft werden, haben wir weiter eine enorme Bestandsflotte an Verbrennern, die auch klimafreundlich werden muss. Zudem gibt es Bereiche, da geht es nicht ohne CO₂-neutrale Kraftstoffe. Daher beschäftigen wir uns parallel damit, wie der Sprit klimafreundlich wird. Auch da nicht mit der Verengung auf eine Technologie. Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, dies im Wettbewerb zu entscheiden, flankiert durch Forschung und Entwicklung. Dort werden wir gezielt fördern. Aber wir werden da nicht mit dem Füllhorn rangehen.

Andreas Jung vertritt seit 2005 den Wahlkreis Konstanz im Bundestag. Seit Dezember 2021 ist der Jurist klima- und energiepolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und Mitglied im entsprechenden Ausschuss.

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Termine

6. Februar, 10 Uhr, Paris/Online
Diskussion A new era for nuclear energy with the International Energy Agency’s Fatih Birol
Auf dem Event diskutiert der Atlantik Council mit dem Chef der Internationalen Energieagentur (IEA) über die Rolle von Kernkraft in der Zukunft.  Infos

10. Februar
Frist Deadline für die Einreichung der NDCs
Am 10. Februar endet die offizielle Frist zur Einreichung der Nationalen Klimaziele (NDCs) beim UNFCCC. Die NDCs von vielen wichtigen Staaten werden aber erst in der zweiten Jahreshälfte erwartet. Infos

10. Februar, 16 Uhr, Online
Webinar Planetary Health Dialogue Spezial zur Bundestagswahl: Nachhaltigkeit in der Gesundheitspolitik – Welche Perspektiven bieten die Wahlprogramme?
Dieses Webinar des Center for Planetary Health Policy (CPHP) beleuchtet die Frage, welche Rolle Nachhaltigkeit und Klimaresilienz bei den gesundheitspolitischen Prioritäten der Parteien spielen.  Infos

10. bis 11. Februar, Berlin
Kongress Oil and Gas Decarbonisation Congress
Der Kongress ist ein B2B-Event für die Öl- und Gasindustrie, um über Möglichkeiten der Dekarbonisierung zu diskutieren. Infos

11. Februar, 16 Uhr, Brüssel
Diskussion The future of agriculture and food in a climate neutral and competitive EU
Auf dem Event vom Thinktank Agora Agrar wird über die Rolle von Landwirtschaft, Wäldern und Ernährungssystemen auf dem Weg zur Klimaneutralität diskutiert. Besonders im Fokus steht dabei die Rolle der EU. Infos

11. Februar, 18 Uhr, Berlin
Diskussion ESYS-Jahresveranstaltung: Zukünfte für die Energiewende
Um die Klimaziele zu erreichen, braucht es die richtigen Rahmenbedingungen. Dies stellt Entscheidungsträger und Entscheidungsträgerinnen vor Herausforderungen: oftmals müssen sie verschiedene schwer abschätzbare, langfristige Folgen gegeneinander abwägen. Energieszenarien können hier wichtiges Orientierungswissen liefern. Auf der Veranstaltung der Initiative Energiesysteme der Zukunft (ESYS) wird darüber diskutiert, welche Akzente gesetzt werden sollten.  Infos

11. bis 13. Februar, Essen
Messe E-World Energy & Water
Die Messe ist ein Branchenevent der deutschen Energiewirtschaft. Es wird Fachforen zu den Themen Change, Future, Hydrogen Solutions und New Energy Systems geben. Infos

13. Februar, 17 Uhr, Online
Webinar Bewahren, was wir lieben – Klimaschutz wählen!
Vor der Bundestagswahl präsentieren die Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands und die Klima-Allianz Deutschland ihre Forderungen für ein modernes, nachhaltiges und sicheres Deutschland. Infos

14. Februar
Demonstration Klimastreik
Unter dem Motto “Die Ampel ist Geschichte – Wir die Zukunft” will die Klimabewegung rund um Fridays for Future auf die Straße gehen. Damit soll auch Klimaschutz kurz vor der Bundeswahl wieder zurück in die Debatte gebracht werden. Infos

News

Klima in Zahlen: So kann sich die PV-Kapazität in Deutschland verdoppeln

Photovoltaik
Aktuell geht der PV-Ausbau sogar schneller voran als geplant.

Aktuell sind in Deutschland rund 100 Gigawatt Photovoltaik-Kapazität installiert, nach den Ausbauzielen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) soll sie sich in den kommenden fünf Jahren auf 215 GW mehr als verdoppeln. 2024 lag der Zubau von Solarenergie deutlich über dem Ausbaupfad, das Ziel scheint also machbar.

Trotzdem brauche es entschiedenes Handeln der kommenden Regierung, um das Ziel zu erreichen, fordert der PV Think Tank. Das ist ein loser Zusammenschluss von Expertinnen und Experten aus Industrie, Forschung, Verbänden und Unternehmen, die sich mit der Zukunft der Photovoltaik in Deutschland befassen. Sie haben 55 Forderungen an die kommenden Regierungen verfasst. Darunter:

  • PV-Freiflächen gezielter erschließen,
  • PV-Anlagen bei kleineren und mittleren Unternehmen fördern,
  • Bewohner von Mehrfamilienhäusern besser an gemeinschaftlicher Nutzung von PV-Anlagen beteiligen,
  • Planungssicherheit für kombinierte Solar- und Speicheranlagen schaffen und
  • Netzausbau und -modernisierung vorantreiben.

Zudem fordert der Thinktank einen größeren Fokus des PV-Ausbaus auf Qualität. Konkret heiße das, die meisten Anlagen mit Speichern auszustatten, sie flexibel steuerbar zu machen und die Marktintegration zu stärken sowie mehr Menschen die Teilhabe an Solaranlagen zu ermöglichen, während gleichzeitig Kosten gesenkt werden. kul

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Klimaklage gegen RWE: Nächste Verhandlungstage stehen fest

Die Verhandlung über die Klage des peruanischen Bergführers und Landwirts Saúl Luciano Lliuya gegen den Stromkonzern RWE wird am 17. und 19. März vor dem OLG Hamm fortgesetzt. Wie das Gericht in einer Mitteilung bekanntgab, sollen dann die beiden bestellten Sachverständigen – ein Geowissenschaftler und Statiker sowie ein Experte für Naturgefahren – ergänzende Angaben zu einem bereits eingereichten Gutachten machen. Der Termin war lange erwartet worden. Ursprünglich hatte das Gericht den Fortgang des Verfahrens bereits in der ersten Jahreshälfte 2023 angestrebt.

Lliuya fordert von RWE, sich an Reparaturkosten für einen Staudamm oberhalb seines Hauses in der peruanischen Stadt Huaraz zu beteiligen. Er sieht sein Haus in Gefahr, überschwemmt zu werden. Lliuya weist dem Unternehmen dafür eine Verantwortung zu. Der Staudamm begrenzt einen Gletschersee, die Laguna Palcacocha, deren Wasserstand aufgrund der Gletscherschmelze steigt. Lliuyas Argument: Da RWE als Kohlekonzern für etwa ein halbes Prozent der weltweiten Emissionen – und damit indirekt auch für das schmelzende Eis – verantwortlich sei, müsse das Unternehmen einen entsprechend großen Anteil der Reparaturkosten tragen. Das wären rund 17.000 Euro. Die Bedeutung des Verfahrens geht aber darüber hinaus. Falls RWE zur Zahlung verurteilt würde, wäre es ein Präzedenzfall, dem weitere Klagen folgen könnten.

Welche Verantwortung trägt RWE?

In den anstehenden Verhandlungstagen soll nun vor allem die Frage geklärt werden, wie groß die Flutgefahr tatsächlich ist. Erst in einem zweiten Schritt wird dann darüber verhandelt, inwieweit RWE eine nachweisbare Mitverantwortung für den Anstieg der globalen Temperatur, dem daraus folgenden Anstieg der lokalen Durchschnittstemperaturen und dem Abschmelzen des Gletschers trägt.

Am Ende der beiden Tage könnte das Gericht einen Termin festlegen, um seine Entscheidung zur Flutgefahr zu verkünden, erwartet die NGO Germanwatch. Sie unterstützt gemeinsam mit der Stiftung Zukunftsfähigkeit die Klage. Lliuya hat die Klage 2015 eingereicht, seit 2017 wird sie vor dem OLG Hamm verhandelt. Im Mai 2022 reisten zwei Mitglieder des Gerichts zusammen mit den Sachverständigen und weiteren Prozessbeteiligten zur Beweisaufnahme nach Peru. Das Gutachten der Sachverständigen basiert wesentlich auf den Erkenntnissen dieser Reise. Der weitere Verlauf des Verfahrens hängt sehr stark von ihren Ergebnissen ab. ae

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USA: Bezos Earth Fund stoppt Unterstützung für SBTI

Der zehn Milliarden US-Dollar schwere Bezos Earth Fund von Amazon-Gründer Jeff Bezos will die Science Based Targets Inititiative (SBTI), den weltweit wichtigsten Standard für den freiwilligen CO₂-Markt von Unternehmen, nicht länger unterstützen. Das geht aus einem Bericht der Financial Times hervor. Die Zeitung wertet das als einen weiteren Versuch, US-Präsident Donald Trump zu gefallen. Der CEO des Earth Fund, Andrew Steer, hatte am vergangenen Samstag auf Linkedin seinen Rücktritt angekündigt.

Der Bezos Earth Fund wurde vor fünf Jahren ins Leben gerufen, um “Wissenschaftler, Aktivisten und Nichtregierungsorganisationen” bei der Suche nach Lösungen für Klimafragen und Umweltprobleme zu unterstützen. Er war einer der größten Geldgeber der SBTI. 2021 stellte er ihr 18 Millionen US-Dollar zur Verfügung. Zugleich gab es immer wieder Streit um die Integrität der SBTI. Im Raum stand dabei auch die Frage, ob der Earth Fund gemeinsam mit der früheren US-Regierung Druck ausgeübt habe, um die SBTI-Standards zu CO₂-Zertifikaten unzulässig aufzuweichen. kul

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Klimaneutralität: Krankenhäuser sehen hohen Investitionsbedarf

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) fordert von der künftigen Bundesregierung einen “Krankenhaus-Klimafonds” mit einem Volumen von 31 Milliarden Euro. Grundlage für die Berechnung ist ein Gutachten des Institute for Health Care Business. Die Experten berechneten darin einen bundesweiten Investitionsbedarf von 36,6 Milliarden Euro, um alle Krankenhäuser klimaneutral zu betreiben. Durch die im Zuge der Krankenhausreform geplanten Strukturveränderungen würde sich der Betrag um knapp drei Milliarden Euro reduzieren. Ein Teil der notwendigen Gebäudesanierungen könnte zudem durch den Krankenhaus-Transformationsfonds finanziert werden. Für einen Großteil der verbleibenden Summe sehen die Krankenhäuser jedoch keine Finanzierungsmöglichkeiten.

Etwa sechs Prozent der bundesweiten CO₂-Emissionen entstehen im Gesundheitswesen. Mit 23 Prozent haben die Krankenhäuser daran den größten Anteil. Dazu trägt neben dem Verbrauch an Strom und Erdgas auch der hohe Frischwasserbedarf und das hohe Abfallaufkommen bei. “Ein Klinikbett benötigt rechnerisch so viel Energie wie zwei durchschnittliche Einfamilienhäuser”, erklärt DKG-Chef Gerald Gaß. Von der Politik fordert er daher eine bessere Prioritätensetzung: “Jeder Euro, der für die Krankenhäuser eingesetzt wird, bringt mehr als für Einfamilienhäuser”. Neben CO₂-Einsparungen gehe es außerdem darum, die Kliniken auf zunehmende Wetterextreme vorzubereiten und vor längeren Hitzeperioden zu schützen. max

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Copernicus: Januar 2025 trotz La Niña so warm wie nie

Der Januar 2025 war der global wärmste seit Beginn der Aufzeichnungen – obwohl die gerade beginnende La-Niña-Phase eigentlich Kühlung bringt. Das geht aus den neuesten Daten des EU-Erdbeobachtungsprogramms Copernicus hervor. Aus dem Copernicus-Update ergibt sich eine durchschnittliche Erdoberflächentemperatur von 13,23 Grad Celsius. Das ist 0,79 Grad über dem von 1991 bis 2020 für den Januar gemessenen Durchschnitt und 1,75 Grad über dem vorindustriellen Niveau. Damit liegt der Januar als 18. Monat in Folge über der im Pariser Klimaabkommen als kritisch definierten 1,5-Grad-Schwelle.

Copernicus-Klimaforscherin Samantha Burgess bezeichnete die Entwicklung als überraschend. Im Januar setzten sich die “Rekordtemperaturen der letzten beiden Jahre fort, trotz der Entwicklung von La-Niña-Bedingungen im tropischen Pazifik und ihrer vorübergehenden kühlenden Wirkung auf die globalen Temperaturen”. Copernicus werde das weiter genau beobachten.

Regional machte sich die Erwärmung unterschiedlich bemerkbar. Beispielsweise lag die durchschnittliche Landtemperatur in Europa um 2,51 Grad über dem von 1991 bis 2020 gemessenen Durchschnitt. Damit war der Januar 2025 hier nach dem Januar 2020, in dem eine Temperatur von 2,64 über dem Durchschnitt gemessen wurde, der zweitwärmste. Das Meereis in der Arktis erreichte mit sechs Prozent unter dem Durchschnitt seine niedrigste monatliche Ausdehnung. In der Antarktis lag die Ausdehnung des Meereises fünf Prozent unter dem Durchschnitt. Laut Copernicus ist das “im Vergleich zu anderen Jahren der letzten Zeit relativ nahe am Durchschnitt. Dies steht im Gegensatz zu den Rekord- oder rekordnahen Werten, die in den Jahren 2023-2024 beobachtet wurden”. ae

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  • Pariser Klimaabkommen

Wie ein Tempolimit auf den Meeren Klima und Umwelt schützen würde

Der Seeverkehr ist nach wie vor für einen erheblichen Teil der Klima- und Umweltbelastungen in der EU verantwortlich. Das geht aus dem EMTER-Bericht 2025 hervor, den die Europäische Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs (EMSA) und die Europäische Umweltagentur (EUA) am Dienstag vorgelegt haben. Trotz einzelner Erfolge müssten die Anstrengungen in den kommenden Jahren deutlich verstärkt werden, um die Klima- und Umweltziele der EU zu erreichen, hieß es bei der Vorstellung des Berichts.

Keine Fortschritte bei der Dekarbonisierung des Schiffsverkehrs

Der Schiffsverkehr, der neben der Fracht-, Kreuz- und Containerschifffahrt auch die Fischerei und die Häfen umfasst, hat insbesondere bei der Reduktion klimaschädlicher Treibhausgase keine Fortschritte gemacht. Die CO₂-Emissionen aus dem Bereich sind in der EU seit 2015 mit Ausnahme des Corona-Jahres 2020 jährlich gestiegen und lagen 2022 bei 137,5 Millionen Tonnen. Das sind 8,5 Prozent mehr als im Vorjahr und entspricht 14,2 Prozent der verkehrsbedingten CO₂-Emissionen der EU.

Aber auch die besonders klimaschädlichen Methanemissionen sind stark gestiegen. Dem Bericht zufolge haben sie sich bei der Seefahrt seit 2018 mindestens verdoppelt und beliefen sich im Jahr 2022 auf 26 Prozent der CH4-Emissionen des gesamten EU-Verkehrssektors.

Einen ersten Fortschritt gab es hingegen bei der Luftverschmutzung. Zwar stiegen die Stickoxidemissionen des Schiffsverkehrs in den vergangenen zehn Jahren europaweit um zehn Prozent. Gleichzeitig sanken jedoch die Schwefeloxidemissionen (SOx) um rund 70 Prozent. Die Einführung von SOx-Emissionsüberwachungsgebieten in Nordeuropa im Jahr 2014 gilt als wesentlicher Treiber dieser Entwicklung.

Langsamere Schiffe könnten CO₂-Ausstoß um ein Viertel senken

“Die drastische Reduzierung der Schwefelemissionen beweist, dass eine effektive Regulierung der Umwelt, der Gesundheit und der Wirtschaft gleichermaßen nützt”, sagt dazu Fabienne McLellan, Geschäftsführerin der Umweltorganisation Ocean Care. Sie ist überzeugt, dass Europa in der Verantwortung stehe, “die Transformation der Schifffahrt zu einem wirklich nachhaltigen Verkehrsträger anzuführen”.

Als “sofortige und kostengünstige Maßnahme” plädiert McLellan dafür, die Geschwindigkeit von Schiffen um 20 Prozent zu reduzieren. Dadurch könnten:

  • der CO₂-Ausstoß um bis zu 24 Prozent gesenkt,
  • der Unterwasserlärm um 70 Prozent reduziert und
  • tödliche Kollisionen mit Walen weitgehend vermieden werden.

Verbindliche Tempobegrenzungen sind eine von sechs Schlüsselmaßnahmen zum Schutz der Ozeane, die Ocean Care im Juni auf der UN-Ozeankonferenz in Nizza vorstellen will. ch

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  • Schifffahrt
  • Transport

Must-Reads

Zeit: Klimawandel im Wahlkampf. Im laufenden Wahlkampf spielt der Klimawandel keine große Rolle, in den Wahlprogrammen taucht er aber trotzdem auf. Während das Thema bei den Grünen einen besonders hohen Stellenwert hat, leugnet die AfD den Klimawandel. Union und SPD plädieren für Lösungen, bei denen die meisten Menschen mitgenommen werden. Zum Artikel

FAZ: Schreckgespenst Deindustrialisierung. Sind die Klimaziele Schuld an der Wirtschaftsschwäche Deutschlands? Die Meinungen darüber gehen auseinander. Die Lösungsvorschläge auch. Zum Artikel

Financial Times: Engpässe bei der Energieversorgung. Unternehmen warnen, dass Donald Trumps Beschränkungen für erneuerbare Energien eine Stromkrise in den USA auslösen, die Verbraucherpreise erhöhen und China im globalen Wettbewerb um künstliche Intelligenz einen Vorsprung verschaffen könnten. Zum Artikel

Climate Home News: Geoengineering gestoppt. Die US-Forschungsorganisation Arctic Ice Project (AIP) stellt ihren Betrieb ein und hat laufende Geoengineering-Experimente in der Arktis wegen Umweltbedenken abgebrochen. AIP schlug vor, über Teilen des Arktischen Ozeans winzige Siliziumpartikel freizusetzen, die theoretisch das Sonnenlicht von der Oberfläche reflektieren und das schmelzende Eis abkühlen würden. Zum Artikel

Washington Post: Trump nutzt China. Donald Trump will die US-amerikanische Entwicklungshilfebehörde USAID schließen. Das würde das Aus für viele Klimaprojekte und auch Einschnitte bei der globalen Hilfe für die Opfer der Klimakatastrophe bedeuten. Kritiker gehen davon aus, dass diese Politik Peking stärken und die Sicherheit der USA gefährden wird. Zum Artikel

Climate.Table Redaktion

CLIMATE.TABLE REDAKTION

Licenses:
    Liebe Leserin, lieber Leser,

    eigentlich blicken wir im Climate.Table häufig und voller Interesse in die weite Welt der Klimapolitik. Aber heute sind wir – Entschuldigung – mal sehr deutsch. Zwei Wochen vor einer wichtigen Bundestagswahl ist das vielleicht auch verständlich. Und so berichten wir über die Hausaufgaben, die der Expertenrat für Klimafragen der nächsten Bundesregierung aufgibt. Spoiler: Die Ampel war besser als ihr Ruf, aber da muss noch mehr kommen.

    Das richtet sich nach den momentanen Umfragen ja vor allem an die CDU/CSU. Deshalb haben wir kurz vor der Wahl auch den CDU-Klimaexperten Andreas Jung gefragt, wie seine Partei zu zentralen energie- und klimapolitischen Aufgaben steht. Und wir schicken die nächste populäre Forderung zur Klimapolitik – die deutschen Atomkraftwerke wieder ans Netz zu bringen – durch unseren Faktencheck. Dazu wie immer Meldungen aus vielen Gebieten.

    Und, versprochen: Nächste Woche sind wir dann für Sie wieder deutlich globalisierter unterwegs. Freuen Sie sich schon mal auf Analysen zur internationalen Schifffahrt, zu den Klimaplänen der UN-Länder und zu Nachrichten aus exotischen Ländern wie der Schweiz.

    Wir bleiben für Sie dran

    Ihr
    Bernhard Pötter
    Bild von Bernhard  Pötter

    Analyse

    Expertenrat: Nächste Bundesregierung muss Klimafinanzierung sicherstellen

    Um die Klimaziele zu erreichen, müsste vor allem im Verkehrs- und Gebäudesektor mehr passieren – der Expertenrat für Klimafragen mahnt, die Finanzierung dafür sicherzustellen.

    Der Expertenrat für Klimafragen mahnt die nächste Regierung, den Klimaschutz zu beschleunigen und die öffentliche Finanzierung abzusichern. Die Finanzierung des Klimaschutzes stehe zunehmend in Konkurrenz mit steigenden Verteidigungsausgaben und Finanzbedarfen für Bildung und die Infrastruktur. Hier müsse die nächste Regierung schnell für Klarheit sorgen. Verbrennerautos und fossile Heizungen müssten schneller durch klimafreundliche Alternativen ersetzt werden, die Industrie müsse mehr in die Elektrifizierung investieren. Zwar wurden in den vergangenen beiden Jahren Fortschritte im Klimaschutz gemacht, doch aufgrund des langsamen Tempos bei Verkehr und Gebäuden droht Deutschland seine Klimaziele für 2030 zu verpassen.

    Klimafinanzierung: Neue Schulden, Steuererhöhungen oder Wachstum?

    Bei der öffentlichen Finanzierung des Klimaschutzes sieht der Expertenrat die nächste Bundesregierung vor großen Herausforderungen. Es bestehe eine jährliche Finanzierungslücke von 29 bis 84 Milliarden Euro, wie unterschiedliche Studien zeigen. Zwar gebe es Einnahmen aus der CO₂-Bepreisung, aber sie reichten nicht aus, um diese Lücke zu schließen. Zudem sind die öffentlichen Haushalte unter Druck: In den kommenden Jahren stehen hohe Staatsausgaben für Verteidigung, Infrastruktur und Bildung an. Hinzu kommt, dass die deutsche Wirtschaft seit zwei Jahren in der Rezession steckt. Der russische Überfall auf die Ukraine sowie eine ungewisse Handelspolitik der USA verdunkeln die Wirtschaftsaussichten zusätzlich.

    Um Kürzungen in der Klimapolitik oder anderen Politikbereichen zu vermeiden, könne die Regierung die Steuern erhöhen, zusätzliche Kredite aufnehmen oder auf Wachstum setzen, so der Expertenrat. Bleibt die Nachfrage aus China jedoch weiterhin hinter den Erwartungen zurück und setzt die US-Handelspolitik die deutschen Exporteure weiter unter Druck, ist kaum mit höherem Wachstum zu rechnen. Steuererhöhungen und eine Reform der Schuldenbremse sind besonders bei der Union und der FDP äußerst umstritten. Die Klimafinanzlücke könnte in den nächsten Jahren also weiter steigen. Christoph Bals, politischer Geschäftsführer bei Germanwatch, fordert deshalb “eine Reform der Schuldenbremse” und eine Umwidmung umweltschädlicher Subventionen. Die Klima-Allianz und Greenpeace fordern höhere Steuern für “extrem reiche Menschen” beziehungsweise eine ökologische Milliardärssteuer.

    Die nächste Bundesregierung müsse bei der Finanzierung schnell Klarheit schaffen und die Klimapolitik in eine politische Gesamtstrategie einbetten, um die “Zielkonflikte in der Finanzpolitik” auszuräumen, sagt der Expertenrat. Ein Instrument dafür könnte die Wiedereinführung eines Klimakabinetts sein. Der Expertenrat schlägt vor, die Klimapolitik zentral im Bundeskanzleramt zu koordinieren.

    Ampel: Merklicher Beitrag zur Treibhausgas-Reduktion

    Der Ampel-Regierung stellt der Expertenrat ein gemischtes Zeugnis aus. Die Ampel habe beispielsweise durch beschleunigte Genehmigungen für Wind- und Solaranlagen “einen merklichen Beitrag zur Reduktion” der Treibhausgasemissionen geleistet. Auch das bei der Union umstrittene Gebäudeenergiegesetz (GEG) oder das Wärmeplanungsgesetz seien wichtige Bausteine, um die Emissionen in Zukunft zu senken. Um die Emissionen schneller zu reduzieren, dürften aber “zusätzliche Maßnahmen erforderlich sein” – auch um den “Zukauf von CO₂-Zertifikaten von anderen Ländern zu vermeiden”. Zudem gehe ein Teil der Emissionsminderung auf den Wirtschaftseinbruch und andere Krisenereignisse zurück.

    Der Expertenrat bemängelt, dass “der Rückbau des fossilen Kapitalstocks” – also beispielsweise Verbrennerautos, fossile Heizungen und fossile Produktionsprozesse in der Industrie – bisher nicht im politischen Fokus stand. Hans-Martin Henning, Vorsitzender des Expertenrats, hält eine “leichtfertige Rücknahme” des Gebäudeenergiegesetzes wie von CDU/CSU vorgeschlagen deshalb auch für “gefährlich”, wie er bei der Präsentation des Gutachtens sagte. Zwar sprach es der Expertenrat nicht explizit aus, aber auch eine Rücknahme des Verbrennerverbots würde den fossilen Kapitalstock noch länger am Leben halten.

    Die Mitglieder des Rats mahnen aber, dass Förderpolitik allein nicht ausreicht, um Verbrenner oder Öl- und Gasheizungen schnell aus dem Markt zu drängen. Zudem sei die E-Auto-Prämie (“Umweltbonus”) und auch Förderungen für effizientere Gebäude vor allem Haushalten mit höherem Einkommen zugutegekommen. Hier herrsche eine soziale Schieflage in der Klimapolitik, die die nächste Bundesregierung angehen müsse. In Frankreich werde das mit speziellen Programmen für untere Einkommensgruppen, wie beispielsweise einem sozialen E-Auto-Leasing, gerechter gestaltet, sagt die Co-Vorsitzende des Expertenrats Brigitte Knopf.

    Private Haushalte müssen vor fossilen Lock-Ins geschützt werden“, so Knopf. Es solle verhindert werden, dass zu viele Haushalte weiterhin Öl- und Gasheizungen einbauten und dann durch den Emissionshandel (ETS 2) hohe Kosten auf diese Haushalte zukämen. Knopf schlug sozial gestaffelte Förderprogramme und eine stärker auf soziale Belange ausgerichtete Regulierungs- und Ordnungspolitik vor. Mit dem CO₂-Kostenaufteilungsgesetz und der Reform der Modernisierungsumlage habe die Ampel-Regierung immerhin einen Anfang gemacht.

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    Faktencheck zur Wahl: Atomkraftwerke wieder ans Netz

    So sieht der Atomausstieg aus: Sprengung der Kühltürme im AKW Grafenrheinfeld am 16. August 2024.

    Forderung

    CDU/CSU, FDP und AfD sind mit dem Ende der Nutzung der Kernenergie zur Stromerzeugung in Deutschland nicht einverstanden – obwohl der Bundestag 2011 den Atomausstieg einstimmig unter Führung der CDU/SPD-Regierung von Angela Merkel und auch mit den Stimmen der FDP beschlossen hat. In ihren Wahlprogrammen fordern sie demzufolge eine Atom-Renaissance:

    • Die FDP will die “Wiederinbetriebnahme der vorhandenen Kernkraftwerke rechtlich ermöglichen und die Entscheidung darüber den Betreibern überlassen”. Kernkraftwerke der “neuen Generation” sollen in Deutschland entstehen, die Kernfusion soll außerhalb des Atomrechts geregelt werden. Die Liberalen wollen die Nutzung von “Kernfusion und sicherer Kernkraftwerke ohne Subventionen ermöglichen”.
    • Die Union hält “an der Option Kernenergie fest”. Sie will die Forschung zur “Kernenergie der vierten und fünften Generation”, zu kleinen SMR-Reaktoren und zur Kernfusion vorantreiben. Außerdem will sie “schnellstmöglich eine fachliche Bestandsaufnahme“, ob angesichts des fortgeschrittenen AKW-Rückbaus das Wiederanfahren der Reaktoren “unter vertretbarem technischen und finanziellen Aufwand noch möglich ist”.
    • Die AfD will den Rückbau der Atomkraftwerke stoppen und auf die Betreiber einwirken, die AKWs wieder in Betrieb zu nehmen. Auch der Neubau von Atomkraftwerken ist geplant.

    Mögliche Umsetzung

    Für eine Wiederinbetriebnahme müsste zuerst das deutsche Atomgesetz geändert werden, das die “Nutzung der Kernenergie zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität geordnet beendet”. Das wäre mit einfacher Mehrheit im Bundestag möglich. Danach müssten private Betreiber wie Stromkonzerne gefunden werden, die die Anlagen unter wirtschaftlichen Aspekten betreiben würden. Alle Stromkonzerne in Deutschland, die bisher AKWs betrieben haben, lehnen das allerdings ab. Sie scheuen die Kosten, fast sichere juristische Auseinandersetzungen, den politischen Konflikt mit der Umweltbewegung – und sie sehen ihre Geschäftsfelder anderswo.

    Das würde es bedeuten

    Alle der einst über 20 deutschen Atomkraftwerke sind inzwischen stillgelegt. Die Betriebserlaubnis für die letzten drei Reaktoren Emsland, Neckarwestheim 2 und Isar 2 sind am 15. April 2023 erloschen. Wollte man sie wieder hochfahren, würde das bislang weltweit unbekannte Probleme für Technik und Genehmigungen aufwerfen: Noch nie sind stillgelegte, vom Netz getrennte und teilweise schon im Rückbau befindliche Atomkraftwerke wieder in Betrieb genommen worden.

    Unklar ist etwa, ob die Atomkraftwerke für ihr zweites Leben eine gänzlich neue Betriebserlaubnis bräuchten – und ob diese nach dem heutigen Stand der Technik praktisch einer neuen Zulassung wie bei einem Neubau gleichkäme. Auf jeden Fall bräuchten die Reaktoren eine neue “periodische Sicherheitsüberprüfung”, die etwa im AKW Isar 2 bereits seit 2019 fällig war. Da die technischen Unwägbarkeiten und juristischen Fragezeichen groß sind, wären wohl umfangreiche Rechtsgutachten, lange und umstrittene Genehmigungsprozesse und juristische Klagen die Folge, die viel Geld und Zeit beanspruchen würden.

    Wirtschaftliche und finanzielle Folgen

    Der wichtigste Grund, der eine Renaissance der Atomkraft verhindert, sind in liberalisierten Strommärkten mit privatwirtschaftlichen Unternehmen die hohen Kosten und die langen Bauzeiten. Der dritte Reaktor des AKW Flamanville im atomfreundlichen Frankreich ist mit knapp 13 Milliarden Euro viermal so teuer wie geplant und sein Bau brauchte zwölf Jahre länger als vorgesehen. Auch der neue Reaktor Hinkley Point C in Großbritannien wird laut EDF-Planungen wohl mindestens zwölf Jahre später kommen, seine Kosten erhöhen sich von geplanten etwa 20 Milliarden Euro auf etwa 38 Milliarden.

    Für die Lücke im deutschen Strombedarf der nächsten Jahre, für den derzeit Gaskraftwerke geplant werden, kämen solche Atompläne viel zu spät. Dazu kommt: Die Versicherung neuer Atomkraftwerke würde wohl kein privates Unternehmen leisten, die Kosten trüge der Staat. Und die teure und extrem aufwändige Suche nach einem atomaren deutschen Endlager, die sich ohnehin wohl bis nach 2100 verzögert, müsste völlig neu geplant werden, wenn neuer Atommüll aus neuen AKWs hinzukäme.

    Von einer “vierten oder fünften Generation” von Atomkraftwerken ist derzeit kaum etwas zu sehen. Ein Forschungsbericht des Bundesamts für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung durchleuchtete im Februar 2024 die sogenannten “neuen Reaktorkonzepte”, die kleiner und effizienter sein und weniger Abfall produzieren sollen. Fazit: Die Konzepte seien “trotz zum Teil jahrelanger Entwicklung bisher entweder technologisch noch nicht ausgereift oder haben sich aus kommerziellen oder sicherheitstechnischen Gründen nicht durchgesetzt“.

    Auch wer die kleinen Reaktoren (SMR) bauen soll, ist unklar, seit wichtige Hersteller solche Projekte aufgegeben haben. Schließlich ist auch die Kernfusion noch im Zustand der Grundlagenforschung – wirtschaftliche Stromerzeugung ist von dort in den nächsten Jahren nicht zu erwarten. Ein Bericht des Weltklimarats IPCC zeigt außerdem, dass die CO₂-Vermeidung durch Erneuerbare deutlich effizienter und billiger ist als durch Kernkraft.

    Politische Umsetzbarkeit

    Beide derzeit möglichen Koalitionspartner einer potenziellen CDU/CSU-Bundesregierung, SPD und Grüne, lehnen einen Wiedereinstieg in die Atomtechnik ab. Es gibt dafür momentan keine politischen Mehrheiten. Die Union will allerdings eine “fachliche Bestandsaufnahme” durchsetzen, die das Thema klären soll.

    Fazit

    Die Forderung nach einem Wiederanfahren der deutschen Atomkraftwerke ist eine Scheindebatte. Selbst wenn das Parlament die gesetzlichen Grundlagen dafür schüfe (was bei allen derzeit diskutierten Koalitionsoptionen unrealistisch ist), fehlen private Unternehmen, um AKWs zu betreiben. Andere Formen wie neue Techniken, kleine Reaktoren oder die Kernfusion sind so weit von einem wirtschaftlichen Einsatz entfernt, dass sie für die Energiepolitik der nächsten Jahre und möglicherweise Jahrzehnte in Deutschland keine Rolle spielen werden.

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    Klimapolitiker Andreas Jung: “Der Strompreis darf nicht noch mehr zur sozialen Frage werden”

    Jung im Bundestag: “Günstiger Strom begünstigt klimafreundliche Technologien.”

    Am Freitag vergangener Woche stand im Bundestag morgens eine Abstimmung über energiepolitische Gesetze an, die Sie mit Kolleginnen von den Grünen und der SPD ausgehandelt haben. Am Nachmittag folgte die kontroverse Debatte über die gemeinsame Abstimmung von Union und AfD in der Migrationspolitik. Hat die Union das Vertrauen zwischen den demokratischen Fraktionen so beschädigt, dass Kompromisse in der Klima- und Energiepolitik zukünftig schwieriger werden?
    Die Einigung auf die Energiegesetze ist ein Beispiel für die Handlungsfähigkeit der politischen Mitte. Auch zur Stärkung der Sicherheit und für bessere Steuerung und Begrenzung der Migration haben wir auf Mehrheiten in der Mitte gezielt. In der letzten Woche hatte sich dann im Bundestag eine absolute Ausnahmesituation ergeben, weil Abgeordnete der AfD angekündigt hatten, eine Abstimmung über einen Gesetzentwurf meiner Fraktion zu beantragen. Das hat zu einem echten Dilemma geführt. Aber klar ist: Das ist kein Präzedenzfall, eine solche Situation wird sich nicht wiederholen. Keine Zusammenarbeit, keine Koalition, keine Minderheitsregierung mit der AfD.

    Die Union will den CO₂-Emissionshandel (ETS) zum “Leitinstrument” im Klimaschutz machen, und die Einnahmen daraus an Verbraucher und Wirtschaft zurückgeben. Wer bekommt was und wie zurück?
    Über die CO₂-Bepreisung für Gebäude und Verkehr kommen 2025 Einnahmen von etwa 15 Milliarden Euro. Die geben wir zurück, indem wir die Stromsteuer auf das europäische Minimum reduzieren. Zudem deckeln wir die Netzentgelte. Zusammen macht das eine Entlastung um mindestens fünf Cent pro Kilowattstunde für alle. Der Strompreis darf nicht noch mehr zur sozialen Frage werden und Wettbewerbsnachteil der Wirtschaft bleiben. Günstiger Strom begünstigt klimafreundliche Technologien.

    Ob der Emissionshandel nicht doch zu schnell zu teuer wird, wird in den nächsten Jahren diskutiert werden. Das Steuerungsinstrument ist die Ausgabe von CO₂-Zertifikaten. Sollte es in der Wirtschaft Unmut über steigende Energiepreise durch den CO₂-Handel geben, wird die Union dann lieber mehr Zertifikate auf den Markt werfen? Oder aber der Wirtschaft mit Förderprogrammen helfen?
    Wir sind der Überzeugung, dass der CO₂-Emissionshandel nicht einseitig zu höheren Energiepreisen führt, sondern zu marktwirtschaftlichem Klimaschutz. Dieses Instrument lebt davon, dass es glaubwürdig ist. Das klare Bekenntnis zu den Klimazielen verbinden wir mit der Überzeugung, dass wir eine starke Industrie behalten müssen. Ab 2027 kommt das europäische System. Die CO₂-Preise müssen sich darin schrittweise entwickeln, ohne Sprünge, aber auch ohne Rückgang: keine Überforderung, aber ein klares Preissignal für klimafreundliche Technologien.

    Wenn der CO₂-Preis dann steigt, muss auch die Entlastung steigen. Da sind wir auch für weitere Wege der Rückgabe offen. Eine verlässliche Unterstützung von Klimatechnologien muss man aber effizient machen und pragmatisch. Die jetzige Überregulierung der Ampel macht es teuer. Statt immer mehr Einzelförderung bestimmter Unternehmen muss der Schwerpunkt wieder auf guten Rahmenbedingungen für alle liegen.

    Die Union verspricht zugleich geringere Kosten und Technologieoffenheit. Für verschiedene Technologien braucht es aber auch mehrere Infrastrukturen. Der Staat finanziert das Wasserstoff-Kernnetz vor. Auch Wärmenetze müssen gebaut werden. Ihre Partei plädiert zusätzlich für ein CO₂-Netz. Das bestehende Erdgasnetz würden Sie gerne für Alternativen umrüsten. So viele Netze treiben die Kosten.
    Gasnetze sind Bodenschätze. Da muss doch die erste Frage sein: Wie können wir diese Netze für die klimaneutrale Zukunft nutzen? Da wir eine CO₂-Kreislaufwirtschaft benötigen, brauchen wir auch dafür ein Netz. Es ist möglich, diese Investitionen auch unter den Bedingungen solider Haushaltsführung zu finanzieren. Den Weg, der mit dem Amortisationskonto beim Wasserstoff-Kernnetz eingeschlagen wurde, halten wir für nachvollziehbar.

    Kosten sparen, priorisieren und zugleich alle Technologien ermöglichen, ist kein Widerspruch?
    Darüber lässt sich nur sinnvoll sprechen, wenn man es konkret macht. Nehmen Sie Wärme. Da gibt es nicht die eine Lösung für jede Region, Kommune oder jedes Haus. Die Gegebenheiten sind unterschiedlich, entsprechend braucht es vielseitige Lösungen. Die Wärmepumpe ist eine gute Option, auch Wärmenetze, gespeist etwa mittels Geothermie oder Biomethan. Aber nicht überall ist das möglich. Auch nachhaltige Holzpellets sind eine Option, ganz ohne Infrastruktur.

    Friedrich Merz hat kürzlich gesagt, er glaube nicht, dass Wasserstoff schnell günstig genug werde, um grünen Stahl herzustellen. Gleichzeitig schließen sie den Einsatz von Wasserstoff in Heizungen nicht aus. Wird es jemals günstig genug sein, Wasserstoff in Heizungen zu verbrennen?
    Das muss wirtschaftlich entschieden werden. Wenn die Annahme stimmt, dass es in Heizungen und auch im Verkehr zu teuer wäre, dann wird es nicht stattfinden. Dann muss man es aber auch nicht verbieten oder regulieren. Friedrich Merz hat zurecht darauf hingewiesen, dass es beim Stahl mit der derzeitigen Verengung auf grünen Wasserstoff zu spät kommt, zu wenig bleibt und zu teuer wird.

    Kommunale Unternehmen, die ihr Gasnetz auf Wasserstoff umstellen müssten, damit er in die Heizungen fließen kann, kennen den zukünftigen Preis des Wasserstoffs aber nicht.
    Wasserstoff kann lokal eine Lösung sein, wo es ohnehin ein Wasserstoffnetz gibt. Das wollen wir nicht verbieten, aber das wird nicht in der Breite die Lösung sein.

    Was raten Sie einem Tankstellenbesitzer, der in elektrische Ladestationen investiert? Sollte er auch eine Wasserstoff-Zapfsäule und eine für Biokraftstoffe haben?
    Es ist nicht Aufgabe der Politik, Tankstellenbesitzern Ratschläge zu geben. Wir müssen die richtigen Rahmenbedingungen schaffen. Selbst wenn nur noch Elektroautos gekauft werden, haben wir weiter eine enorme Bestandsflotte an Verbrennern, die auch klimafreundlich werden muss. Zudem gibt es Bereiche, da geht es nicht ohne CO₂-neutrale Kraftstoffe. Daher beschäftigen wir uns parallel damit, wie der Sprit klimafreundlich wird. Auch da nicht mit der Verengung auf eine Technologie. Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, dies im Wettbewerb zu entscheiden, flankiert durch Forschung und Entwicklung. Dort werden wir gezielt fördern. Aber wir werden da nicht mit dem Füllhorn rangehen.

    Andreas Jung vertritt seit 2005 den Wahlkreis Konstanz im Bundestag. Seit Dezember 2021 ist der Jurist klima- und energiepolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und Mitglied im entsprechenden Ausschuss.

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    Termine

    6. Februar, 10 Uhr, Paris/Online
    Diskussion A new era for nuclear energy with the International Energy Agency’s Fatih Birol
    Auf dem Event diskutiert der Atlantik Council mit dem Chef der Internationalen Energieagentur (IEA) über die Rolle von Kernkraft in der Zukunft.  Infos

    10. Februar
    Frist Deadline für die Einreichung der NDCs
    Am 10. Februar endet die offizielle Frist zur Einreichung der Nationalen Klimaziele (NDCs) beim UNFCCC. Die NDCs von vielen wichtigen Staaten werden aber erst in der zweiten Jahreshälfte erwartet. Infos

    10. Februar, 16 Uhr, Online
    Webinar Planetary Health Dialogue Spezial zur Bundestagswahl: Nachhaltigkeit in der Gesundheitspolitik – Welche Perspektiven bieten die Wahlprogramme?
    Dieses Webinar des Center for Planetary Health Policy (CPHP) beleuchtet die Frage, welche Rolle Nachhaltigkeit und Klimaresilienz bei den gesundheitspolitischen Prioritäten der Parteien spielen.  Infos

    10. bis 11. Februar, Berlin
    Kongress Oil and Gas Decarbonisation Congress
    Der Kongress ist ein B2B-Event für die Öl- und Gasindustrie, um über Möglichkeiten der Dekarbonisierung zu diskutieren. Infos

    11. Februar, 16 Uhr, Brüssel
    Diskussion The future of agriculture and food in a climate neutral and competitive EU
    Auf dem Event vom Thinktank Agora Agrar wird über die Rolle von Landwirtschaft, Wäldern und Ernährungssystemen auf dem Weg zur Klimaneutralität diskutiert. Besonders im Fokus steht dabei die Rolle der EU. Infos

    11. Februar, 18 Uhr, Berlin
    Diskussion ESYS-Jahresveranstaltung: Zukünfte für die Energiewende
    Um die Klimaziele zu erreichen, braucht es die richtigen Rahmenbedingungen. Dies stellt Entscheidungsträger und Entscheidungsträgerinnen vor Herausforderungen: oftmals müssen sie verschiedene schwer abschätzbare, langfristige Folgen gegeneinander abwägen. Energieszenarien können hier wichtiges Orientierungswissen liefern. Auf der Veranstaltung der Initiative Energiesysteme der Zukunft (ESYS) wird darüber diskutiert, welche Akzente gesetzt werden sollten.  Infos

    11. bis 13. Februar, Essen
    Messe E-World Energy & Water
    Die Messe ist ein Branchenevent der deutschen Energiewirtschaft. Es wird Fachforen zu den Themen Change, Future, Hydrogen Solutions und New Energy Systems geben. Infos

    13. Februar, 17 Uhr, Online
    Webinar Bewahren, was wir lieben – Klimaschutz wählen!
    Vor der Bundestagswahl präsentieren die Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands und die Klima-Allianz Deutschland ihre Forderungen für ein modernes, nachhaltiges und sicheres Deutschland. Infos

    14. Februar
    Demonstration Klimastreik
    Unter dem Motto “Die Ampel ist Geschichte – Wir die Zukunft” will die Klimabewegung rund um Fridays for Future auf die Straße gehen. Damit soll auch Klimaschutz kurz vor der Bundeswahl wieder zurück in die Debatte gebracht werden. Infos

    News

    Klima in Zahlen: So kann sich die PV-Kapazität in Deutschland verdoppeln

    Photovoltaik
    Aktuell geht der PV-Ausbau sogar schneller voran als geplant.

    Aktuell sind in Deutschland rund 100 Gigawatt Photovoltaik-Kapazität installiert, nach den Ausbauzielen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) soll sie sich in den kommenden fünf Jahren auf 215 GW mehr als verdoppeln. 2024 lag der Zubau von Solarenergie deutlich über dem Ausbaupfad, das Ziel scheint also machbar.

    Trotzdem brauche es entschiedenes Handeln der kommenden Regierung, um das Ziel zu erreichen, fordert der PV Think Tank. Das ist ein loser Zusammenschluss von Expertinnen und Experten aus Industrie, Forschung, Verbänden und Unternehmen, die sich mit der Zukunft der Photovoltaik in Deutschland befassen. Sie haben 55 Forderungen an die kommenden Regierungen verfasst. Darunter:

    • PV-Freiflächen gezielter erschließen,
    • PV-Anlagen bei kleineren und mittleren Unternehmen fördern,
    • Bewohner von Mehrfamilienhäusern besser an gemeinschaftlicher Nutzung von PV-Anlagen beteiligen,
    • Planungssicherheit für kombinierte Solar- und Speicheranlagen schaffen und
    • Netzausbau und -modernisierung vorantreiben.

    Zudem fordert der Thinktank einen größeren Fokus des PV-Ausbaus auf Qualität. Konkret heiße das, die meisten Anlagen mit Speichern auszustatten, sie flexibel steuerbar zu machen und die Marktintegration zu stärken sowie mehr Menschen die Teilhabe an Solaranlagen zu ermöglichen, während gleichzeitig Kosten gesenkt werden. kul

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    Klimaklage gegen RWE: Nächste Verhandlungstage stehen fest

    Die Verhandlung über die Klage des peruanischen Bergführers und Landwirts Saúl Luciano Lliuya gegen den Stromkonzern RWE wird am 17. und 19. März vor dem OLG Hamm fortgesetzt. Wie das Gericht in einer Mitteilung bekanntgab, sollen dann die beiden bestellten Sachverständigen – ein Geowissenschaftler und Statiker sowie ein Experte für Naturgefahren – ergänzende Angaben zu einem bereits eingereichten Gutachten machen. Der Termin war lange erwartet worden. Ursprünglich hatte das Gericht den Fortgang des Verfahrens bereits in der ersten Jahreshälfte 2023 angestrebt.

    Lliuya fordert von RWE, sich an Reparaturkosten für einen Staudamm oberhalb seines Hauses in der peruanischen Stadt Huaraz zu beteiligen. Er sieht sein Haus in Gefahr, überschwemmt zu werden. Lliuya weist dem Unternehmen dafür eine Verantwortung zu. Der Staudamm begrenzt einen Gletschersee, die Laguna Palcacocha, deren Wasserstand aufgrund der Gletscherschmelze steigt. Lliuyas Argument: Da RWE als Kohlekonzern für etwa ein halbes Prozent der weltweiten Emissionen – und damit indirekt auch für das schmelzende Eis – verantwortlich sei, müsse das Unternehmen einen entsprechend großen Anteil der Reparaturkosten tragen. Das wären rund 17.000 Euro. Die Bedeutung des Verfahrens geht aber darüber hinaus. Falls RWE zur Zahlung verurteilt würde, wäre es ein Präzedenzfall, dem weitere Klagen folgen könnten.

    Welche Verantwortung trägt RWE?

    In den anstehenden Verhandlungstagen soll nun vor allem die Frage geklärt werden, wie groß die Flutgefahr tatsächlich ist. Erst in einem zweiten Schritt wird dann darüber verhandelt, inwieweit RWE eine nachweisbare Mitverantwortung für den Anstieg der globalen Temperatur, dem daraus folgenden Anstieg der lokalen Durchschnittstemperaturen und dem Abschmelzen des Gletschers trägt.

    Am Ende der beiden Tage könnte das Gericht einen Termin festlegen, um seine Entscheidung zur Flutgefahr zu verkünden, erwartet die NGO Germanwatch. Sie unterstützt gemeinsam mit der Stiftung Zukunftsfähigkeit die Klage. Lliuya hat die Klage 2015 eingereicht, seit 2017 wird sie vor dem OLG Hamm verhandelt. Im Mai 2022 reisten zwei Mitglieder des Gerichts zusammen mit den Sachverständigen und weiteren Prozessbeteiligten zur Beweisaufnahme nach Peru. Das Gutachten der Sachverständigen basiert wesentlich auf den Erkenntnissen dieser Reise. Der weitere Verlauf des Verfahrens hängt sehr stark von ihren Ergebnissen ab. ae

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    USA: Bezos Earth Fund stoppt Unterstützung für SBTI

    Der zehn Milliarden US-Dollar schwere Bezos Earth Fund von Amazon-Gründer Jeff Bezos will die Science Based Targets Inititiative (SBTI), den weltweit wichtigsten Standard für den freiwilligen CO₂-Markt von Unternehmen, nicht länger unterstützen. Das geht aus einem Bericht der Financial Times hervor. Die Zeitung wertet das als einen weiteren Versuch, US-Präsident Donald Trump zu gefallen. Der CEO des Earth Fund, Andrew Steer, hatte am vergangenen Samstag auf Linkedin seinen Rücktritt angekündigt.

    Der Bezos Earth Fund wurde vor fünf Jahren ins Leben gerufen, um “Wissenschaftler, Aktivisten und Nichtregierungsorganisationen” bei der Suche nach Lösungen für Klimafragen und Umweltprobleme zu unterstützen. Er war einer der größten Geldgeber der SBTI. 2021 stellte er ihr 18 Millionen US-Dollar zur Verfügung. Zugleich gab es immer wieder Streit um die Integrität der SBTI. Im Raum stand dabei auch die Frage, ob der Earth Fund gemeinsam mit der früheren US-Regierung Druck ausgeübt habe, um die SBTI-Standards zu CO₂-Zertifikaten unzulässig aufzuweichen. kul

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    Klimaneutralität: Krankenhäuser sehen hohen Investitionsbedarf

    Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) fordert von der künftigen Bundesregierung einen “Krankenhaus-Klimafonds” mit einem Volumen von 31 Milliarden Euro. Grundlage für die Berechnung ist ein Gutachten des Institute for Health Care Business. Die Experten berechneten darin einen bundesweiten Investitionsbedarf von 36,6 Milliarden Euro, um alle Krankenhäuser klimaneutral zu betreiben. Durch die im Zuge der Krankenhausreform geplanten Strukturveränderungen würde sich der Betrag um knapp drei Milliarden Euro reduzieren. Ein Teil der notwendigen Gebäudesanierungen könnte zudem durch den Krankenhaus-Transformationsfonds finanziert werden. Für einen Großteil der verbleibenden Summe sehen die Krankenhäuser jedoch keine Finanzierungsmöglichkeiten.

    Etwa sechs Prozent der bundesweiten CO₂-Emissionen entstehen im Gesundheitswesen. Mit 23 Prozent haben die Krankenhäuser daran den größten Anteil. Dazu trägt neben dem Verbrauch an Strom und Erdgas auch der hohe Frischwasserbedarf und das hohe Abfallaufkommen bei. “Ein Klinikbett benötigt rechnerisch so viel Energie wie zwei durchschnittliche Einfamilienhäuser”, erklärt DKG-Chef Gerald Gaß. Von der Politik fordert er daher eine bessere Prioritätensetzung: “Jeder Euro, der für die Krankenhäuser eingesetzt wird, bringt mehr als für Einfamilienhäuser”. Neben CO₂-Einsparungen gehe es außerdem darum, die Kliniken auf zunehmende Wetterextreme vorzubereiten und vor längeren Hitzeperioden zu schützen. max

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    Copernicus: Januar 2025 trotz La Niña so warm wie nie

    Der Januar 2025 war der global wärmste seit Beginn der Aufzeichnungen – obwohl die gerade beginnende La-Niña-Phase eigentlich Kühlung bringt. Das geht aus den neuesten Daten des EU-Erdbeobachtungsprogramms Copernicus hervor. Aus dem Copernicus-Update ergibt sich eine durchschnittliche Erdoberflächentemperatur von 13,23 Grad Celsius. Das ist 0,79 Grad über dem von 1991 bis 2020 für den Januar gemessenen Durchschnitt und 1,75 Grad über dem vorindustriellen Niveau. Damit liegt der Januar als 18. Monat in Folge über der im Pariser Klimaabkommen als kritisch definierten 1,5-Grad-Schwelle.

    Copernicus-Klimaforscherin Samantha Burgess bezeichnete die Entwicklung als überraschend. Im Januar setzten sich die “Rekordtemperaturen der letzten beiden Jahre fort, trotz der Entwicklung von La-Niña-Bedingungen im tropischen Pazifik und ihrer vorübergehenden kühlenden Wirkung auf die globalen Temperaturen”. Copernicus werde das weiter genau beobachten.

    Regional machte sich die Erwärmung unterschiedlich bemerkbar. Beispielsweise lag die durchschnittliche Landtemperatur in Europa um 2,51 Grad über dem von 1991 bis 2020 gemessenen Durchschnitt. Damit war der Januar 2025 hier nach dem Januar 2020, in dem eine Temperatur von 2,64 über dem Durchschnitt gemessen wurde, der zweitwärmste. Das Meereis in der Arktis erreichte mit sechs Prozent unter dem Durchschnitt seine niedrigste monatliche Ausdehnung. In der Antarktis lag die Ausdehnung des Meereises fünf Prozent unter dem Durchschnitt. Laut Copernicus ist das “im Vergleich zu anderen Jahren der letzten Zeit relativ nahe am Durchschnitt. Dies steht im Gegensatz zu den Rekord- oder rekordnahen Werten, die in den Jahren 2023-2024 beobachtet wurden”. ae

    • Forschungsdaten
    • Klima & Umwelt
    • Klimaforschung
    • Klimawandel
    • Pariser Klimaabkommen

    Wie ein Tempolimit auf den Meeren Klima und Umwelt schützen würde

    Der Seeverkehr ist nach wie vor für einen erheblichen Teil der Klima- und Umweltbelastungen in der EU verantwortlich. Das geht aus dem EMTER-Bericht 2025 hervor, den die Europäische Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs (EMSA) und die Europäische Umweltagentur (EUA) am Dienstag vorgelegt haben. Trotz einzelner Erfolge müssten die Anstrengungen in den kommenden Jahren deutlich verstärkt werden, um die Klima- und Umweltziele der EU zu erreichen, hieß es bei der Vorstellung des Berichts.

    Keine Fortschritte bei der Dekarbonisierung des Schiffsverkehrs

    Der Schiffsverkehr, der neben der Fracht-, Kreuz- und Containerschifffahrt auch die Fischerei und die Häfen umfasst, hat insbesondere bei der Reduktion klimaschädlicher Treibhausgase keine Fortschritte gemacht. Die CO₂-Emissionen aus dem Bereich sind in der EU seit 2015 mit Ausnahme des Corona-Jahres 2020 jährlich gestiegen und lagen 2022 bei 137,5 Millionen Tonnen. Das sind 8,5 Prozent mehr als im Vorjahr und entspricht 14,2 Prozent der verkehrsbedingten CO₂-Emissionen der EU.

    Aber auch die besonders klimaschädlichen Methanemissionen sind stark gestiegen. Dem Bericht zufolge haben sie sich bei der Seefahrt seit 2018 mindestens verdoppelt und beliefen sich im Jahr 2022 auf 26 Prozent der CH4-Emissionen des gesamten EU-Verkehrssektors.

    Einen ersten Fortschritt gab es hingegen bei der Luftverschmutzung. Zwar stiegen die Stickoxidemissionen des Schiffsverkehrs in den vergangenen zehn Jahren europaweit um zehn Prozent. Gleichzeitig sanken jedoch die Schwefeloxidemissionen (SOx) um rund 70 Prozent. Die Einführung von SOx-Emissionsüberwachungsgebieten in Nordeuropa im Jahr 2014 gilt als wesentlicher Treiber dieser Entwicklung.

    Langsamere Schiffe könnten CO₂-Ausstoß um ein Viertel senken

    “Die drastische Reduzierung der Schwefelemissionen beweist, dass eine effektive Regulierung der Umwelt, der Gesundheit und der Wirtschaft gleichermaßen nützt”, sagt dazu Fabienne McLellan, Geschäftsführerin der Umweltorganisation Ocean Care. Sie ist überzeugt, dass Europa in der Verantwortung stehe, “die Transformation der Schifffahrt zu einem wirklich nachhaltigen Verkehrsträger anzuführen”.

    Als “sofortige und kostengünstige Maßnahme” plädiert McLellan dafür, die Geschwindigkeit von Schiffen um 20 Prozent zu reduzieren. Dadurch könnten:

    • der CO₂-Ausstoß um bis zu 24 Prozent gesenkt,
    • der Unterwasserlärm um 70 Prozent reduziert und
    • tödliche Kollisionen mit Walen weitgehend vermieden werden.

    Verbindliche Tempobegrenzungen sind eine von sechs Schlüsselmaßnahmen zum Schutz der Ozeane, die Ocean Care im Juni auf der UN-Ozeankonferenz in Nizza vorstellen will. ch

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