kann ein Staat zu einer High Ambition Coalition zählen und wiederholt deren Forderungen nicht mittragen? Deutschland kann. Die Bundesregierung hat sich auf der Pre-COP in Vorbereitung auf die COP28 einem Beschluss der Koalition der Klimavorreiter zum Ausstieg aus den fossilen Energien nicht angeschlossen, wie Bernhard Pötter berichtet. Fast zeitgleich will Finanzminister Christian Lindner dem Kohleausstieg im Jahr 2030 – immerhin im Koalitionsvertrag angestrebt – einen Riegel vorschieben. Und Olaf Scholz wirbt in Nigeria um Gasimporte. Eine Vorreiterrolle sieht anders aus.
Vorne dabei sein will auch Suriname. Der südamerikanische Staat will anderen Ländern erstmals CO₂-Zertifikate aus dem Waldschutz verkaufen. Die Käuferstaaten könnten sich das auf ihre Klimaziele anrechnen lassen und sich ein Stück weit freikaufen. Die Schweiz, Schweden und Japan haben schon ähnliche Zertifikate erworben. Doch es gibt viele offene Fragen, ob sie wirklich zum Klimaschutz beitragen, schreibt Lisa Kuner.
Die Monsun-Saison in Indien endete am 19. Oktober. Erste Auswertungen zeigen einen normalen Verlauf mit durchschnittlichen Regenfällen. Doch Urmi Goswami hat genau hingeschaut: Der August dieses Jahres war der trockenste seit über hundert Jahren. Der Sommermonat ist ein Schlüsselmonat für die Landwirtschaft Indiens. Hier zeigen sich die Folgen zu langsamer Klimapolitik.
Mit besten Grüßen
Einen Monat vor Beginn der COP28 hat Deutschland die internationale “High Ambition Coalition” (HAC) für ernsthafte Anstrengungen im Klimaschutz diplomatisch geschwächt. Zum zweiten Mal innerhalb kurzer Zeit verweigerte die Bundesregierung ihre Unterschrift unter einer internationalen Erklärung der HAC. In der Erklärung wird unter anderem ein schneller Ausstieg aus den fossilen Energien, die Verdreifachung des Ausbaus der Erneuerbaren und ein Ende von fossilen Subventionen und Finanzierungen für fossile Projekte gefordert.
Die Erklärung erschien am Dienstag am Rande der Vorbereitungskonferenz Pre-COP in Abu Dhabi, an der die Klima-Sondergesandte des Auswärtigen Amts, Jennifer Morgan, teilnahm. Auf die Frage, warum die deutsche Unterschrift unter der HAC-Erklärung fehlt, wollte das Auswärtige Amt gegenüber Table.Media keine Stellungnahme abgeben. Deutschland unterstütze aber weiterhin die Forderung nach der Verdreifachung der erneuerbaren Energien und einer Verdopplung der Effizienz. Auch für einen möglichst raschen und kompletten Ausstieg aus den fossilen Energien setze sich Deutschland weiterhin ein, hieß es.
Bundeskanzler Olaf Scholz hatte bereits beim “Climate Action Summit” in New York im September eine ähnliche Erklärung der HAC nicht unterzeichnet. Damals war die offizielle Begründung, der Text gehe über international vereinbarte Sprache hinaus. Auch konnte sich intern die Ampelkoalition nicht einigen, welche Rolle beim Ausstieg aus den Fossilen die umstrittene CO₂-Abscheidung und Lagerung (CCUS) spielen soll.
Wie umstritten der Ausstieg aus den Fossilen auch in der Bundesregierung wieder ist, zeigte gerade auch Finanzminister Christian Lindner. Er stellte infrage, den Kohleausstieg von 2038 auf 2030 vorzuziehen, wie im Koalitionsvertrag festgelegt. “Solange nicht klar ist, dass Energie verfügbar und bezahlbar ist, sollten wir die Träume von einem Ausstieg aus dem Kohlestrom 2030 beenden”, so der FDP-Chef und Finanzminister.
Im aktuellen Fall heißt es aus der HAC, Deutschland habe wohl ein Problem damit, die Finanzierung von fossilen Projekten im Ausland auszuschließen. Im Frühjahr 2022 etwa hatte Scholz dem Senegal eine enge Kooperation bei der Förderung von Erdgas zugesagt. Unter den Unterzeichnern der Erklärung sind neben Vertretern von Tuvalu, Sambia, Senegal oder Kenia auch die EU-Staaten Spanien, Slowenien, Irland, die Niederlande und Österreich – und das G7-Mitglied Frankreich. Traditionell gehört auch Deutschland zur HAC, die besonders in kritischen Phasen der Verhandlungen Koalitionen zusammenbringt, die für mehr Ehrgeiz plädieren.
Die zweitägige Pre-COP endete wie erwartet ohne greifbare Ergebnisse. Der designierte COP-Präsident Sultan al Jaber hatte die Parteien beschworen, flexibel zu sein, aufeinander zu hören und Kompromisse zu suchen. Auch sollten sich die Staaten darauf einigen, bei der Konferenz im Dezember die Tagesordnung der COP ohne große Probleme anzunehmen. Auf der SBSTA58-Konferenz in Bonn im Juni hatte ein solcher Streit über die Agenda das Treffen zwei Wochen dominiert.
Al Jaber schrieb, die Konferenz mit 70 Ministern und 100 Delegierten erfülle ihn mit Hoffnung, weil “echte Gespräche zu schwierigen Themen” stattgefunden hätten. Er sehe auch, dass es “weiterhin starke Meinungen dazu geben, fossile Brennstoffe und Erneuerbare in den Text zu schreiben”, diese Unterhaltung müsse “vorwärtsgehen.” Die deutsche Staatssekretärin Jennifer Morgan postete auf “X” dazu: “Ich war inspiriert durch die breite Unterstützung für die Verdreifachung der Erneuerbaren, Verdopplung der Energieeffizienz und einen gerechten, schrittweisen Ausstieg aus fossilen Brennstoffen.”
Innerhalb der HAC zeichnet sich ein Konflikt ab zwischen den Staaten, die in ihrer Volkswirtschaft weniger von Fossilen abhängen und auf einen schnellen und unbedingten fossilen Ausstieg drängen – und denen, die vorsichtiger sind: Sei es, dass sie wie Deutschland wegen der eigenen Energiesicherheit nach dem russischen Überfall auf die Ukraine nach neuen Quellen für Gas und Öl suchen. Oder sei es, dass sie wie die USA (immer wieder zu bestimmten Fragen Mitglied der HAC) selbst große wirtschaftliche Interessen bei Förderung und Export von Öl und Gas haben.
Der Klimabotschafter von Vanuatu, Ralph Regenvanu, warnte am Rande der Pre-COP davor, den fossilen Ausstieg nur auf die Kohle zu fokussieren. “Wir brauchen eine Abschlusserklärung mit einem Ausstieg aus allen fossilen Energien und allen fossilen Subventionen”, so Regenvanu. Sich zuerst auf einen Kohleausstieg zu konzentrieren, wie es etwa die USA forderten, sei auch geopolitisch motiviert. Länder wie China und Indien, die als Führungsnationen der Schwellenländer stark von Kohle abhängig sind, würden als Verschmutzer gebrandmarkt – und Länder mit Öl- und Gasvorkommen im Globalen Norden würden dieser Aufmerksamkeit entgehen.
Bei der COP28 wird die internationale Klimafinanzierung eine entscheidende Rolle spielen. Jetzt hat der erste Staat angekündigt, dafür CO₂-Zertifikate aus dem Waldschutz zu nutzen. Das südamerikanische Suriname will CO₂-Zertifikaten im Rahmen des Pariser Klimaabkommens an andere Staaten verkaufen. Kritiker warnen dagegen, die geplanten Regeln dafür seien nicht strikt genug für effizienten Klimaschutz.
Über den einschlägigen Artikel 6 des Pariser Klimaabkommens und die damit verbundenen Regeln für Kohlenstoffmärkte wurde jahrelang gestritten. Erst auf der COP26 in Glasgow gab es Einigungen. Jetzt will Suriname der erste von mehreren Regenwaldstaaten sein, die mit ihren Kohlenstoffsenken über Artikel 6.2 Geld verdienen wollen.
“Das ist der richtige Weg”, sagt dazu Kevin Conrad, Direktor der Coalition for Rainforest Nations (CfRN) im Gespräch mit Table.Media. Die CfRN ist eine zwischenstaatliche Organisation, die die Interessen von bewaldeten, tropischen Ländern vertritt und Suriname dabei unterstützt, die Zertifikate auf den Markt zu bringen. Das Land hat seine eigenen Klimaziele übertroffen und aus den Jahren 2020 und 2021 jeweils mehr als vier Millionen Tonnen Einsparungen von CO2e angesammelt, die es für 30 US-Dollar pro Tonne an andere Staaten verkaufen will. Diese Zertifikate könnten dann dazu beitragen, dass die Käuferstaaten ihre nationalen Klimaziele (NDCs) leichter erreichen.
Die von Suriname angebotenen Zertifikate werden im Pariser Abkommen als “Internationally Transferred Mitigation Outcomes” (ITMOs) bezeichnet. Die Staaten des Pariser Abkommens haben viele Jahre gebraucht, um sich auf die allgemeinen Regeln zum Handel mit solchen Zertifikaten zu einigen, sagt Jonathan Crook von der Nichtregierungsorganisation Carbon Market Watch zu Table.Media. “Während die Länder bereits mit Artikel 6.2 handeln, müssen noch einige Elemente des Berichtsrahmens fertiggestellt werden”.
Denkbar ist sowohl, dass Nationalstaaten als auch Unternehmen die ITMO-Zertifikate aufkaufen. Die verkauften Zertifikate werden dann vom NDC des Verkäuferlands abgezogen und der anderen Partei gutgeschrieben. Wie genau diese Prozesse zur Übertragung von ITMOs ablaufen ist aber noch unklar und die UNFCCC-Verhandlungen darüber laufen noch.
Suriname ist eines der wenigen Länder weltweit, das laut UNFCCC ein “Carbon Net Remover” ist, dessen Wälder also mehr CO₂ speichern als das Land verursacht. Neben Suriname würden sich auch Belize, Honduras und die Demokratische Republik Kongo darauf vorbereiten, CO₂-Zertifikate aus den Erlösen von REDD+ zu verkaufen, so Conrad von der CfRN. REDD+ steht für Reducing Emissions from Deforestation and Forest Degradation, also für Kohlenstoffeinsparungen durch verhinderte Abholzung oder Degradierung, und ist in Artikel 5 des Pariser Abkommens geregelt. “REDD+ funktioniert gut und sorgt dafür, dass die tropischen Wälder stehen bleiben”, sagt er. Deshalb ergäbe es Sinn, die CO₂-Ersparnisse aus dem Mechanismus auf dem Kohlenstoffmarkt zu verkaufen. “Das bringt Entwicklungsländern zusätzliche finanzielle Ressourcen und kann dazu beitragen, dass andere ihre NDCs erreichen”.
Nicht alle sehen diese Entwicklung so positiv wie die CfRN. Jonathan Crook von Carbon Market Watch sieht ITMOs grundsätzlich kritisch und sagt, er sei “sehr skeptisch”, dass sie ein sinnvolles Instrument für den Klimaschutz seien. REDD+-Ergebnisse in Zertifikate für den CO₂-Handel umzuwandeln, könne außerdem zusätzliche Probleme bringen, meint der Experte. Eine Herausforderung sei, dass man die Ergebnisse von REDD+-Projekten nicht leicht quantifizieren und in CO₂-Zertifikate umrechnen könne.
REDD+ sei ein Klimafinanzierungsinstrument und nicht als “Marktmechanismus” designt worden, stimmt Lambert Schneider vom Öko-Institut gegenüber Table.Media zu. “Die Regeln für REDD+ sind nicht robust genug für den Kohlenstoffmarkt”, sagt er. Konkret heißt das, dass es oftmals keine unabhängige und sorgfältige Kontrolle gibt. Die Gefahr, dass Zertifikate von niedriger Qualität, die nicht im gewünschten Ausmaß zum Klimaschutz beitragen, ausgegeben werde, sei hoch. Im Bericht von Suriname über die nationalen REDD+-Projekte steht beispielsweise, dass die Emissionsminderungen des Landes durch REDD+ “überschätzt” werden könnten.
Industriestaaten könnten sich mit ITMOs billig ihre NDCs erkaufen, statt teure, aber notwendige Emissionsreduzierungen im eigenen Land durchzuführen, so Crook. Dabei sei es klar, dass gerade Industriestaaten “mehr Verantwortung haben, ihre Emissionen zu reduzieren”.
Das ist aber nicht der einzige, strukturell problematische Punkt: “Wenn die Länder selbst ambitionierte NDCs haben, ist es schwierig, darüber hinaus noch Einsparungen für Minderungszertifikate zu erwirtschaften”, meint Schneider von Öko-Institut. Sollten ITMOs also tatsächlich viel Geld bringen, könne es dazu führen, dass sich einige Regenwaldstaaten eher weniger ehrgeizige NDCs setzten.
Kompensationsprojekte oder auch vermiedene Entwaldung haben abgesehen von den Gerechtigkeits- und Verantwortlichkeitsfragen zwischen den Nationalstaaten auch noch viele andere Probleme. Studien haben immer wieder gezeigt, dass (Regen-)Waldprojekte ineffektiv sind, dass ihr Fähigkeit CO₂ zu kompensieren überschätzt wird und sogar, dass sie manchmal Schaden anrichten.
Eine aktuelle Studie des Berkely Carbon Trading Projects fasst die problematischen Aspekte zusammen:
Die CfNR wirbt aktuell damit, dass Suriname als erstes Land weltweit ITMOs auf den Markt gebe. Dabei es gibt auch schon andere konkrete Verträge, für den Handel von ITMOs. So will die Schweiz beispielsweise ihr NDC auch durch Zertifikate aus anderen Ländern erreichen und hat dafür Ende 2022 erste Verträge mit Ghana und Vanuatu abgeschlossen. Die Schweiz setzt dabei aber bewusst nicht auf Waldprojekte: Ghana will die nötigen Treibhausgaseinsparungen unter anderem in einem Projekt für nachhaltigen Reisanbau generieren, durch den weniger Methan ausgestoßen wird. Auch eine Hand voll weiterer Länder hat inzwischen Verträge zu ITMOs abgeschlossen, dazu gehören Südkorea, Schweden, Japan, Peru, Papua-Neuguinea, Georgien, der Senegal, Singapur und Vietnam.
Die Bilanz des indischen Sommermonsuns von Juni bis September, die am 19. Oktober offiziell endete, lautet nach Aussagen des Indischen Wetterdienstes IMD: Die Niederschläge waren “normal”. Doch ein genauer Blick auf die Zahlen zeigt: Die Kategorien “normal”, “unter normal” oder “über normal” für Vorhersagen im Vergleich zu einem “langjährigen Durchschnitt” sind nicht mehr zweckmäßig, weil sie die Auswirkungen des Klimawandels und der Luftverschmutzung nicht berücksichtigen.
Der Klimawandel verändert die saisonalen Muster und treibt die Entwicklung über die Schwellenwerte hinaus. Mit der Erderwärmung sagen Modellrechnungen Sommerregen voraus, die stärker und unregelmäßiger werden. Extrem nasse Sommer können die Landwirtschaft, die Ernährungslage und die wirtschaftliche Situation von mehr als einer Milliarde Einwohnern beeinträchtigen.
Laut Daten des IMD lag die Niederschlagsmenge landesweit bei 94 Prozent des langjährigen Durchschnitts (LPA) von 30 bis 50 Jahren. Wegen der Bedeutung des Monsuns für die indische Landwirtschaft und die Ernährungssicherheit wies das IMD darauf hin, dass die Niederschlagsmenge in der Monsun-Kernzone, die den größten Teil der landwirtschaftlichen Regengebiete des Landes umfasst, 101 Prozent der LPA erreichte. Ein Monsun gilt als “normal”, wenn die Niederschlagsmenge zwischen 94 und 106 Prozent der LPA liegt.
Regional und zeitlich gibt es allerdings große Unterschiede: So betrugen die saisonalen Niederschläge in der nordöstlichen Region nur 82 Prozent der LPA; sieben Untergebiete im Nordosten, Osten und Süden, auf die 18 Prozent der Gesamtfläche entfallen, hatten mangelhafte Niederschlage. Was die Verteilung der Niederschläge über die Jahreszeit angeht, betrug die Niederschlagsmenge im Juni landesweit 91 Prozent des LPA, im Juli 113 Prozent, im August 64 Prozent und im September 113 Prozent.
Der IMD hatte 96 Prozent des LPA vorausgesagt, erreicht wurden 94 Prozent. Die Vorhersagen lagen (unter Berücksichtigung der Fehlermarge) also richtig. Sie berücksichtigten jedoch nicht die Verzögerungen und die Schwankungen in den vier Monaten der Saison und in den verschiedenen meteorologischen Abteilungen. Und auch nicht, dass der August, ein Schlüsselmonat für die Landwirtschaft, der trockenste seit über hundert Jahren war. Indien begann 1901 mit der Aufzeichnung der Niederschläge.
Bewertungen des Monsuns haben diese Schwankungen zutage gefördert. Wissenschaftler des IMD und anderer Institutionen haben darauf hingewiesen, wie sich der Monsun verändert.
Ihre Ergebnisse ähneln auf unheimliche Weise der Einschätzung des IMD für den Monsun im Jahr 2023. Anhand von aufgezeichneten Daten über einen Zeitraum von 30 Jahren (1989 bis 2018) stellten die Wissenschaftler fest: Die Niederschläge des Südwestmonsuns in fünf Bundesstaaten – Uttar Pradesh, Bihar, Westbengalen, Meghalaya und Nagaland – “nehmen signifikant ab”. In westlichen (traditionell trockeneren) Regionen wie Saraushtra und Kutch in Gujarat und im Südwesten von Rajasthan wurde ein “signifikanter steigender Trend” bei der Häufigkeit von Tagen mit starken Regenfällen festgestellt. Die Bewertung war im Februar 2021 Gegenstand einer Anfrage im Parlament.
Eine Studie aus dem Jahr 2021, die von einem deutschen Forscherteam unter der Leitung von Anja Katzenberger vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung und der Ludwig-Maximilians-Universität in München durchgeführt wurde, besagt, dass die Sommermonsun-Regenfälle in Indien stärker und unregelmäßiger werden, wenn die globale Erwärmung ungebremst anhält. “Wir haben eindeutige Beweise für eine exponentielle Abhängigkeit gefunden: Für jedes Grad Celsius Erwärmung werden die Monsunregenfälle wahrscheinlich um etwa 5 Prozent zunehmen”, heißt es darin. Die Studie ergab, dass die globale Erwärmung die Monsunregenfälle in Indien sogar noch stärker erhöht, als bisher angenommen. “Sie dominiert die Dynamik des Monsuns im 21. Jahrhundert.”
Die Studie sagt für die Zukunft mehr extrem nasse Jahre voraus – mit möglicherweise schwerwiegenden Folgen für das Wohlergehen von mehr als einer Milliarde Menschen, die Wirtschaft, die Nahrungsmittelsysteme und die Landwirtschaft. Julia Pongratz, Mitautorin der deutschen Studie aus dem Jahr 2021, erklärt: “Pflanzen brauchen vor allem in der ersten Wachstumsperiode Wasser, aber zu viel Regen in den anderen Wachstumsstadien kann den Pflanzen schaden – auch dem Reis, von dem sich die Mehrheit der indischen Bevölkerung ernährt. Das macht die indische Wirtschaft und das Nahrungsmittelsystem sehr empfindlich gegenüber schwankenden Monsunmustern.”
Das Fehlen von detaillierten Informationen hat erhebliche Auswirkungen auf die Landwirtschaft. Devinder Sharma, Analyst für Lebensmittelpolitik und Landwirtschaft, plädiert für eine Änderung der Art und Weise, wie das IMD seine Prognosen erstellt: “Das IMD sollte sich auf die Vorhersage der Niederschlagsvariabilität und -verteilung auf Bezirksebene konzentrieren. Erratische Niederschlagsmuster, wie sie während des Monsuns zu beobachten sind, haben die größten Auswirkungen auf die Landwirtschaft, die wiederum sozioökonomische Folgen haben.”
Auf die Landwirtschaft und verwandte Bereiche entfallen 18 Prozent des indischen BIP, und mehr als 50 Prozent der indischen Bevölkerung sind in diesem Sektor beschäftigt. Schwankende Monsuntrends haben Auswirkungen auf die Wirtschaft und das Wohlergehen der Bevölkerung.
Der Charakter des indischen Sommermonsuns ändert sich, auch wenn das Gesamtbild innerhalb der traditionellen Normen der Charakterisierung bleibt. “Der Monsun von 2023 ist ein Beweis dafür, dass unregelmäßige, unaufhörliche und längere trockene Tage die neuen Normen sind, die sich auf das Leben und den Lebensunterhalt auswirken, insbesondere in klimatisch abhängigen Sektoren wie der Landwirtschaft”, sagte Abinash Mohanty, Sektorleiter Klimawandel und Nachhaltigkeit, bei IPE-Global, einer internationalen Entwicklungsberatungsgruppe mit Sitz in Neu-Delhi.
Mohanty, der als Experte für den sechsten Sachstandsbericht des IPCC tätig war, betonte, dass die Art und Weise, in der Prognosen erstellt und verbreitet werden, überdacht werden müsse. Da 2023 ein El-Nino-Jahr sei, seien Niederschlagsereignisse geringer Intensität normal, aber “die Zunahme unaufhörlicher und unregelmäßiger Niederschlagsereignisse” sei abrupt, sagte er. “Während des Monsuns 2023 kam es zu einer Zunahme der erratischen Niederschläge um mehr als 30 Prozent, die meisten davon in landwirtschaftlich geprägten Gebieten.” Mohanty sagte, es sei zwingend erforderlich, Maßnahmen zur Klimaanpassung durch die Einführung naturbasierter Lösungen und durch die Durchführung übergreifender Risikobewertungen zur besseren Kartierung, Planung und Anpassung einzubeziehen.
2. November
Veröffentlichung Adaption Gap Report Release
Die UNEP Adaptation Gap Report (AGR)-Reihe bietet eine jährliche wissenschaftlich fundierte Bewertung der globalen Fortschritte bei der Planung, Finanzierung und Umsetzung von Klimaanpassungsmaßnahmen. Darüber hinaus werden Optionen zur Verbesserung und Förderung nationaler und globaler Anpassungsbemühungen untersucht und ausgewählte Themen von Interesse eingehend analysiert. Infos
2. bis 3. November, Wien
Forum Vienna Energy and Climate Forum
Das Forum bietet eine Plattform zur Beschleunigung einer emissionsarmen und klimaresistenten Entwicklung auf der ganzen Welt. Das Energie- und Klimaforum hebt die Schritte hervor, die erforderlich sind, um die Ziele für nachhaltige Entwicklung bis 2030 zu erreichen. Infos
6. November, 13.30 Uhr, Santiago de Chile/online
Konferenz Wilson Center Conference on US-Chile Climate Action and the Energy Transition
Das Lateinamerika-Programm des Wilson Centers veranstaltet diese Konferenz in Zusammenarbeit mit dem US-Außenministerium, der US-Botschaft in Santiago, der Interamerikanischen Entwicklungsbank und der UN-Wirtschaftskommission für Lateinamerika und die Karibik. Sie soll die Möglichkeiten für eine stärkere Zusammenarbeit zwischen den USA und Chile zur Beschleunigung der globalen Energiewende aufzeigen. Infos
6. November, 14 Uhr, Online
Webinar Strom vom Dach – was Gebäude zum Photovoltaik-Ausbau in Deutschland beitragen können
In einem klimaneutralen Stromsystem in Deutschland liefern Photovoltaik-Anlagen im Jahr 2035 etwa ein Drittel des Stroms. Die Solarpakete I und II sollen den Bau und Betrieb von Photovoltaik-Anlagen vereinfachen und so deren Ausbau beschleunigen. Das Webinar vom Thinktank Agora Energiewende diskutiert, wo Deutschland beim Solarausbau aktuell steht. Infos
6. bis 16. November, verschiedene Orte
Veranstaltungsreihe Sustainable Finance Summit Germany 2023
Der Sustainable Finance Gipfel Deutschland, eine Veranstaltung des Green and Sustainable Finance Cluster Germany (GSFCG), kommt im siebten Jahr seiner Ausrichtung im neuen Format daher. Statt als eintägige Konferenz in Frankfurt am Main wird es zwischen dem 6. und 16. November verschiedene Veranstaltungen an unterschiedlichen Orten in Deutschland geben. Infos
7. November, Singapur
Preisverleihung Verleihung des Earthshot Preises
Mit dem Preis zeichnet Prinz William in diesem Jahr Initiativen aus, die Lösungen für irreparable Schäden an der Erde suchen. Infos
7. November, 15 Uhr, Online
Webinar From Climate Risk to Resilience: Unpacking the Economic Impacts of Climate Change in Kenya, Malawi, Mozambique and Zambia
Die African Climate Foundation schaut in diesem Webinar auf Resilienzberichte aus den einzelnen Ländern und diskutiert, welche ökonomischen Schlüsselsektoren es in den Ländern mit Bezug zur Klimakrise gibt. Infos
8. bis 9. November, Berlin
Konferenz Forum Wärmepumpe
Das Forum bringt wichtige Akteure der Wärmepumpenbranche zusammen: große und kleinere Hersteller, Fachhandwerk, Wissenschaft und Politik. An zwei Tagen sollen die drängendsten Fragen der Branche diskutiert werden. Infos
8. November, 9.30 Uhr, Online
Diskussion Crowdfunding as a driver for the EU’s energy transition – What difference can it make?
Auf der Euractiv-Veranstaltung wird über die Rolle von Crowdfunding in der Energiewende diskutiert. Positivbeispiele sind unter anderem Projekte zur Renovierung von Fußballstadien. Infos
8. November, 14 Uhr, Online
Diskussion International Townhall: CBAM from Concept to Action and Regulation in Trade Partner Countries
Der European Roundtable on Climate Change and Sustainable Transition diskutiert auf dieser Veranstaltung die Herausforderungen bei der Implementierung des EU-CBAM. Infos
9. November, 14.30 Uhr, Online
Diskussion Responding to the Climate Crisis in Times of Uncertainty: A Clarion Call for Climate Leadership
Auf dem Webinar des World Resources Institute (WIR) wird darüber diskutiert, wie Leadership zu einem positiven Ausgang der COP beitragen kann. Infos
Die europäischen Staaten haben im laufenden Jahr schon so viele Solaranlagen zugebaut wie im kompletten vergangenen Jahr. Laut Prognosen des Beratungsunternehmens Rystad Energy werde der Zubau in 2023:
“Solaranlagen auf Dächern treiben den Wandel der europäischen Landschaft für erneuerbare Energien voran”, sagte Vegard Wiik Vollset von Rystad Energy. Die Dachanlagen hätten sich von einem Nischenmarkt zu einer “starken Kraft bei der Umgestaltung des Energiemixes” entwickelt.
Der Ausbau der Windenergie entwickelt sich hingegen nicht so positiv. Die neuen Installationen im Bereich Onshore-Wind haben im Jahr 2023 im Vergleich zum Vorjahr demzufolge um elf Prozent abgenommen. Langwierige Genehmigungsprozesse und steigende Kosten in der Lieferkette werden als Ursache angeführt. Offshore wurden zwei Prozent mehr an Leistung installiert, weniger als in jüngster Vergangenheit. nib
Indonesien will die Emissionen aus dem Stromsektor im Zuge der Just Energy Transition Partnership (JETP) mit westlichen Gebern bis 2030 auf 250 Millionen Tonnen CO₂ begrenzen. Der Anteil der erneuerbaren Energien an der Energieerzeugung soll auf 44 Prozent steigen. Diese Ziele scheinen zunächst ambitionierter als die ersten Vereinbarung Indonesiens mit den Gebern. Ursprünglich sollte der Emissionshöchststand 2030 bei 290 Millionen Tonnen CO₂ liegen und der Anteil der Erneuerbaren bei 34 Prozent. Allerdings werden Emissionen aus Eigenbedarfskraftwerken der Industrie, die nicht am öffentlichen Stromnetz hängen, nicht vom JETP-Umsetzungsplan erfasst, der am 1. November von der indonesischen Regierung veröffentlicht wurde.
Indonesien plant einen Zubau von 20,5 Gigawatt an Kohlekapazitäten, die als Eigenbedarfskraftwerke für die metallverarbeitende Industrie entstehen sollen. Bisher gibt es 13,7 Gigawatt solcher Kraftwerke. Die Regierung und die Gruppe der Geberstaaten seien mit Blick auf diese Problematik “fest entschlossen, praktikable Lösungen für die Zukunft zu finden und umzusetzen”, schreibt das indonesische JETP-Sekretariat in dem Plan. Die Veröffentlichung des Plans war zunächst verschoben worden, weil es Differenzen zwischen den Gebern und der indonesischen Regierung gab, wie Climate.Table berichtete.
Laut dem nun veröffentlichten JETP-Umsetzungsplan:
Am Dienstag gab Indonesien zudem bekannt, gut 200.000 Hektor Palmölplantagen wieder in Wälder umwandeln zu wollen. Schon 2020 hatte das Land Regeln erlassen, um den Sektor besser zu regulieren. Zurzeit befinden sich 3,3 Millionen Hektar an Palmölplantagen in Wäldern. Allerdings konnten nur die Besitzer von Plantagen mit einer Gesamtgröße von 1,7 Millionen Hektar identifiziert werden, sagte der Generalsekretär des Forstministeriums, Bambang Hendroyono. Die Regierung ist noch dabei, zu erfassen, welche dieser Plantagen in ausgewiesenen Produktionswäldern liegen. Das bedeutet, dass die Besitzer Geldstrafen zahlen müssen, aber weiterhin Palmen anbauen dürfen. Plantagen, die in Schutzgebieten liegen, müssten an den Staat zurückgegeben werden, sagte er. Hendroyono geht davon aus, dass mindestens 200.000 Hektar zurückgegeben werden müssten, die dann in Wälder umgewandelt werden könnten. nib/rtr
Auch ein Jahr vor der nächsten Klimakonferenz ist noch nicht sicher, wo die COP29 stattfinden wird – aber nun ist immerhin klar, wo nicht. Es werde keine Neuauflage der COP in den Vereinigten Arabischen Emiraten geben, heißt es von den Organisatoren der COP28. “Die Vereinigten Arabischen Emirate sind nicht gefragt worden und haben keine Absicht, die COP29 auszurichten“, sagte der Generaldirektor der COP28, Majid Al Suwaidi, gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters. “Wir werden die COP29 nicht ausrichten.”
Damit ist weiter unsicher, wo das Klimatreffen 2024 stattfinden wird. Planmäßig ist die Gruppe Osteuropa der UNO an der Reihe. Bulgarien hatte sich angeboten, wird aber als EU-Mitglied von Russland abgelehnt. Gegen Armenien und Aserbaidschan, die als gemeinsame Gastgeber bisher im Gespräch waren, hatten manche Länder Vorbehalte. Der akute Konflikt zwischen den Staaten macht eine Konferenz zusätzlich unwahrscheinlich.
Eigentlich wird die Standortfrage vor der jeweiligen COP im Jahr zuvor geklärt und auf der Konferenz nur noch pro forma vom Plenum verabschiedet. Für 2024 zeichnet sich damit ein Notfallplan ab. Wenn es keine Einigung über das Gastland gibt, geht die COP an das Land, das das UN-Sekretariat beherbergt: also Deutschland. Die Bundesregierung hat allerdings wissen lassen, dass sie nicht plane, die Konferenz auszurichten. Schon die COP23, die 2017 in Bonn unter der Präsidentschaft von Fidschi mit logistischer Hilfe Deutschlands stattfand, kostete das Gastland 117 Millionen Euro.
Geht die COP nach Bonn oder an andere deutsche Städte, könnten trotzdem die Vereinigten Arabischen Emirate die Konferenz wieder als Präsidentschaft leiten. Denn die UN-Regeln besagen, dass eine Präsidentschaft so lange im Amt bleibt, bis eine neue gefunden ist. Die COP29 könnte also in Deutschland stattfinden, aber vom Chef der diesjährigen COP, Sultan al Jaber, dem Vorstandschef des staatlichen Energiekonzerns Adnoc, geleitet werden. bpo
Chinas Klimabeauftragter Xie Zhenhua wird im Dezember zum Ende der diesjährigen Klimakonferenz in Dubai (COP28) in den Ruhestand treten, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters mit Bezug auf einen Regierungsbeamten. Xie, der in diesem Monat 74 Jahre alt wird, werde demnach durch Liu Zhenmin ersetzt. Liu ist ein ehemaliger chinesischer Vizeaußenminister und Untergeneralsekretär der Vereinten Nationen.
Xie vertrat China erstmals 2009 in Kopenhagen bei globalen Klimaverhandlungen. Gemeinsam mit seinem US-Gegenpart, Todd Stern, hat Xie maßgeblich zum Entstehen des Pariser Klimaabkommens von 2015 beigetragen. Ende 2019 trat Xie im Alter von 70 Jahren von seiner Position als “Sonderbeauftragter für den Klimawandel” und Chefverhandler zurück. Eigentlich müssen hochrangige chinesische Beamte ab einem gewissen Alter in den Ruhezustand gehen. Doch Xie kehrt im Februar 2021 als Sonderbeauftragter für den Klimawandel zurück auf die globale Bühne. Er führte 2021 und 2022 erneut Chinas Delegationen zur COP an. Mit John Kerry, dem aktuellen US-Sondergesandten für Klimafragen, pflegt Xie ein gutes Verhältnis. Es wird erwartet, dass er sich im Laufe dieser Woche mit Kerry in Kalifornien austauscht und ein Treffen von Xi Jinping und Joe Biden mit vorbereitet. nib/rtr
Frankreich will zukünftig E-Autos mit schlechtem CO₂-Fußabdruck nicht mehr fördern. Das zielt insbesondere auf Fahrzeuge aus China ab. Frankreich wird dazu den “Bonus écologique”, den französischen Umweltbonus, reformieren. Um sich für den Umweltbonus zu qualifizieren, müssen Elektroautos ab 2024 eine Mindestzahl an Umweltpunkten erreichen. Diese errechnen sich aus den Treibhausgasemissionen in der Lieferkette, also aus dem CO₂-Fußabdruck der verwendeten Materialien und den Emissionen bei der Herstellung und Überführung eines Fahrzeugs. Erst ab einem “Score environmental” mit 60 von 100 möglichen Punkten wird der Umweltbonus in Höhe von bis zu 7.000 Euro pro Auto gewährt.
Da China einen recht kohleintensiven Strommix aufweist und der lange Transportweg zu Buche schlägt, dürften E-Autos aus chinesischer Produktion künftig von der Förderung ausgeschlossen werden.
Eine Liste der in Zukunft noch förderfähigen Elektroautos soll am 15. Dezember vorgestellt werden. Unklar ist derzeit noch, inwieweit neben chinesischen Marken auch nicht-chinesische Autohersteller wie BMW, Tesla oder VW, die in China Elektroautos für den Weltmarkt produzieren, in Zukunft Förderungen erhalten können. Auch durch Maßnahmen der EU-Kommission könnten es chinesische E-Autos in Zukunft schwerer haben. Die Kommission leitete Anfang Oktober ein förmliches Anti-Subventionsverfahren gegen China ein. Der Vorwurf: Der Preis der Autos werde durch umfangreiche staatliche Subventionen künstlich gedrückt, meint Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Im Extremfall könnte es zu Zöllen auf chinesische Autos kommen. ch/nib
In einem offenen Brief fordern 46,3 Millionen Angehörige medizinischer und Gesundheitsberufe den COP28-Präsidenten Al Jaber auf, den Verzicht auf fossile Brennstoffe zur Priorität zu machen. Dafür, fordert der Brief, solle die fossile Industrie von den Klimaverhandlungen ausgeschlossen werden. Der Brief wird von Organisationen wie der World Medical Association, der World Federation of Public Health Association und dem International Council of Nurses unterstützt.
Klimawandel und Gesundheit seien untrennbar miteinander verbunden. Die durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe verursachte Luftverschmutzung ist laut der Weltgesundheitsorganisation jährlich für sieben Millionen vorzeitige Todesfälle weltweit verantwortlich. Auf der COP28 wird in diesem Jahr erstmals ein Tag dem Thema Gesundheit gewidmet. Der COP-Entwurf der Klima- und Gesundheitserklärung habe laut den Autorinnen und Autoren des Briefs aber “eklatante Auslassungen”.
2021 nannten globale medizinische Fachzeitschriften den Klimawandel “die größte Bedrohung für die globale öffentliche Gesundheit”. Vergangene Woche riefen 200 führende Gesundheitspublikationen die WHO dazu auf, aufgrund der Klima- und Biodiversitätskrisen den globalen Gesundheitsnotstand auszurufen. kul
Bei der Förderung von grünem Wasserstoff durch die Europäische Wasserstoffbank droht nach Ansicht von Experten eine Verschwendung von öffentlichen Geldern. Es bestehe die Gefahr einer Übersubventionierung von großen Produzenten und eine Förderung in Regionen mit schlechten Bedingungen für erneuerbare Energien, heißt es in einer Mitteilung des Centrums für Europäische Politik (cep) vom Dienstag.
Am 23. November startet die EU-Kommission die erste Ausschreibung der Wasserstoffbank. Zunächst stehen 800 Millionen Euro bereit, aus denen Produzenten einen festen Aufschlag für jedes Kilogramm Wasserstoff erhalten können. Für seine aktuelle Untersuchung hat das cep die regionalen Produktionskosten in der EU untersucht. In den meisten Regionen wäre demnach eine Subvention in der festgelegten maximalen Höhe unangemessen hoch.
Der Förderhöchstsatz solle deshalb deutlich gesenkt werden. “Gleichzeitig sollten die Beschränkungen für die Beteiligung gelockert werden, um den Wettbewerb zu stärken. Dies betrifft insbesondere die Mindestgröße der Elektrolysekapazitäten, sodass auch kleine Erzeuger in den Genuss der Förderung kommen“, heißt es weiter.
Vom jetzigen Auktionsdesign könnten aber speziell deutsche Produzenten profitieren. “Es könnte sein, dass Projekte im Süden Deutschlands gefördert werden, obwohl sie im europäischen Vergleich nicht die idealen Standorte sind”, sagte Studienautor André Wolf zu Table.Media.
Ein weiterer Missstand wäre laut der Untersuchung, dass die Wasserstoffbank den knappen Energieträger künftig weg von industriellen Anwendungen in Sektoren lenken könne, in denen effizientere Technologien zur Verfügung stehen. Hintergrund ist ein strenges Doppelförderungsverbot.
Wenn ein Chemie- oder Stahlunternehmen sich beispielsweise die Umstellung seiner Produktion auf Wasserstoff mit einem sogenannten Klimaschutzvertrag (CCfD) bezuschussen lässt, dürfe es keinen Wasserstoff mehr verwenden, der bereits durch die Wasserstoffbank begünstigt wurde. “Ich plädiere deshalb dafür, dann man die Kriterien, die eine Doppelförderung vermeiden sollen, etwas weicher ausgestaltet”, sagte Wolf. Eine Möglichkeit sei die automatische Anpassung der Förderung an die zukünftige Entwicklung des Wasserstoffpreises. ber
Noch 250 Gigatonnen CO₂ dürfte die Weltgemeinschaft ausstoßen, um das 2015 in Paris vereinbarte 1,5-Grad-Ziel mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 Prozent zu erreichen. Das ist das Ergebnis einer am Montag in der Fachzeitschrift Nature Climate Change veröffentlichten Studie. Das Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) ging in seinem sechsten Sachstandsbericht davon aus, dass noch 500 Gigatonnen verblieben. Nach den neuen Berechnungen müssten Netto-Null-Emissionen im Jahr 2035 erreicht werden – bei kontinuierlichen Emissionsminderungen.
“Die aktuelle Studie zeigt vor allem eines: Für das 1,5-Grad-Ziel wird es sehr, sehr knapp. Es ist fast irrelevant, ob das Budget bei gleichbleibenden Emissionen in sechs – wie in dieser Studie – oder in zehn Jahren – wie vorher gedacht – aufgebraucht ist”, bewertet Niklas Höhne, Leiter des New Climate Institute, die Ergebnisse. Sie zeigten, wie wichtig “jede eingesparte Tonne Kohlendioxid” sei, “weil das Budget so extrem knapp ist”, so der Wissenschaftler weiter.
Kritik gibt es an der Interpretation der Zahlen. Die “Kommunikation, dass sich mit dieser Methode das verbleibende CO₂-Budget halbiert, ist grob irreführend”, sagt Oliver Geden. Er ist Senior Fellow am Deutschen Institut für Internationale Politik und Sicherheit (SWP). Das verbleibende CO₂-Budget im IPCC-Bericht beginne Anfang 2020, das in der neuen Studie Anfang 2023. Gabriel Abrahão vom Potsdam Institut für Klimafolgenforschung (PIK) weist darauf hin, dass “die Korrektur der Budgets nach unten vor allem eine Folge neuer Daten und methodischer Aktualisierungen [ist], die in vielerlei Hinsicht seit Beginn dieser Arbeit erwartet wurden”.
“Das CO₂-Budget ist eines der wichtigsten Konzepte der Klimaforschung und Klimakommunikation. Allerdings ist es – wie andere Kerngrößen des Klimasystems natürlich auch – mit einiger Unsicherheit behaftet“, kommentiert Carl-Friedrich Schleuser. Er ist unter anderem Leiter des Bereichs Klimawissenschaft und Auswirkungen bei Climate Analytics. Den Fokus auf “eine einzelne Zahl” zu legen, hält er daher für problematisch. Geden zufolge lieferten verbleibende CO₂-Budgets zwar “wichtige Anhaltspunkte”, aufgrund der kontinuierlichen Aktualisierung der Zahlen eigneten sie sich aber nicht, “um daraus nationale oder europäische Restbudgets abzuleiten”. nh
Saleemul Huq. 2. Oktober 1952 – 29. Oktober 2023
Der plötzliche Tod von Professor Saleemul Huq hat am Wochenende Klimawissenschaftler, Aktivisten und Verhandler gleichermaßen erschüttert. Sein langjähriges Wirken als Wissenschaftler und sein unnachgiebiges Eintreten für mehr Klimagerechtigkeit haben die internationalen Klimaschutzverhandlungen über Jahrzehnte geprägt. Professor Huq, oder Saleem, wie ihn viele nannten, war Direktor des International Centre for Climate Change and Development, ein Forschungs- und Kapazitätsbildungsinstitut, das in Dhaka, Bangladesch, seinen Sitz hat. In Erinnerung bleibt er vor allem als unerschütterlicher Kämpfer, der jenen eine Stimme verlieh, deren Leben fernab vom internationalen Verhandlungstisch durch die Klimakrise aus den Fugen geriet. Diese Stimme wird fehlen.
Er absolvierte seine Grundausbildung in Biochemie am Imperial College London und war zuletzt Professor an der Independent University Bangladesh (IUB). Als einer der Leitautoren trug er zu mehreren Berichten des Weltklimarats bei. Huq nutzte seine Arbeit als Wissenschaftler, um auf den Kampf armer Bevölkerungsgruppen im globalen Süden gegen die Folgen des Klimawandels aufmerksam zu machen. Seine Forschungsschwerpunkte lagen im Bereich der Klimaanpassung und nachhaltigen Entwicklung der am wenigsten entwickelten Länder – einem Forschungszweig, der chronisch unterfinanziert ist und den Huq durch neue Perspektiven in Zusammenarbeit mit betroffenen Kommunen auf eine breitere Basis stellte. Damit ermöglichte er es der Klimabewegung, sich auf wissenschaftliche Erkenntnisse in diesem Bereich zu berufen.
Huq erlangte breitere Bekanntheit durch den Dokumentarfilm “Guardians of the Earth” / “Wächter der Erde”. Der Titel des Films könnte kaum treffender seinen unermüdlichen Einsatz gegen die Klimakrise beschreiben. Doch standen für Huq nicht nur der Planet Erde, sondern vor allem auch die Menschen im Mittelpunkt seines Handelns. Früh erkannte er, welch dramatische Folgen die Klimakrise für ärmere Länder, wie seine Heimat Bangladesch, haben würde. Als Teilnehmer aller 27 internationalen Klimagipfel (COP) und unzähliger vorbereitender Zusammenkünfte wurde er zum Kronzeugen der wenigen Erfolge und vielen Misserfolge der Staatengemeinschaft im Klimaschutz.
Dabei stellte Huq unter Beweis, dass mit Durchhaltevermögen und organisiertem, evidenzbasiertem, zivilgesellschaftlichem Druck internationale Vereinbarungen an Ambition gewinnen können. Eine letzte Errungenschaft ist der auf der letzten COP vereinbarte Fonds für Schäden und Verluste zur Finanzierung für bereits entstandene Folgen der globalen Erwärmung. Huq prägte den langen Weg zu dieser Vereinbarung maßgeblich mit und beriet verschiedene Delegationen der am wenigsten entwickelten Länder.
Trotz vieler Rückschläge im internationalen Klimaschutz verwahrte sich Huq gegen Zynismus und versuchte immer wieder, einen gemeinsamen Nenner zwischen unterschiedlichen Parteien zu finden. Dabei scheute er sich nicht, wiederholt auf das Offensichtliche aufmerksam zu machen: die Verantwortung der Industriestaaten gegenüber den am wenigsten entwickelten Ländern in Sachen Klimaschutz, Anpassung und Begleichung von entstandenen Schäden. Dabei gelang es Huq durch seine durchdringende Freundlichkeit, die inhaltliche Schärfe seiner Argumente zu umhüllen, sodass er nicht selten auf Einsicht traf und so das Fundament für eine Zusammenarbeit legen konnte.
In einer von extremer sozio-ökonomischer Ungleichheit geprägten Welt erfordert es Mut, den zerstörerischen Konsum fossiler Energien in den Industriestaaten infrage zu stellen. Diesen Mut brachte Huq auch auf zahlreichen öffentlichen Podiumsdiskussionen immer wieder auf und scheute sich nicht vor den wiederkehrenden hitzigen Debatten, bei denen Vertreter des globalen Südens nicht selten in der Minderheit waren.
Saleemul Huq hinterlässt in der Wissenschaft und in der internationalen Klimabewegung eine große Lücke, wobei sein Ruf nach Investitionen in eine bessere Zukunft kein reiner Appell war. Er förderte – wie nur wenige – junge Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen, sprach mit Aktivisten und Aktivistinnen und gründete internationale Netzwerke im Bereich der Klimaanpassung. So prägte er eine ganze Generation junger und älterer Menschen, die sich für mehr Klimagerechtigkeit einsetzen und nun Huqs Vermächtnis antreten: Verantwortung statt Verzweiflung.
Kira Vinke ist die Leiterin des Zentrums für Klima und Außenpolitik der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik e.V.
kann ein Staat zu einer High Ambition Coalition zählen und wiederholt deren Forderungen nicht mittragen? Deutschland kann. Die Bundesregierung hat sich auf der Pre-COP in Vorbereitung auf die COP28 einem Beschluss der Koalition der Klimavorreiter zum Ausstieg aus den fossilen Energien nicht angeschlossen, wie Bernhard Pötter berichtet. Fast zeitgleich will Finanzminister Christian Lindner dem Kohleausstieg im Jahr 2030 – immerhin im Koalitionsvertrag angestrebt – einen Riegel vorschieben. Und Olaf Scholz wirbt in Nigeria um Gasimporte. Eine Vorreiterrolle sieht anders aus.
Vorne dabei sein will auch Suriname. Der südamerikanische Staat will anderen Ländern erstmals CO₂-Zertifikate aus dem Waldschutz verkaufen. Die Käuferstaaten könnten sich das auf ihre Klimaziele anrechnen lassen und sich ein Stück weit freikaufen. Die Schweiz, Schweden und Japan haben schon ähnliche Zertifikate erworben. Doch es gibt viele offene Fragen, ob sie wirklich zum Klimaschutz beitragen, schreibt Lisa Kuner.
Die Monsun-Saison in Indien endete am 19. Oktober. Erste Auswertungen zeigen einen normalen Verlauf mit durchschnittlichen Regenfällen. Doch Urmi Goswami hat genau hingeschaut: Der August dieses Jahres war der trockenste seit über hundert Jahren. Der Sommermonat ist ein Schlüsselmonat für die Landwirtschaft Indiens. Hier zeigen sich die Folgen zu langsamer Klimapolitik.
Mit besten Grüßen
Einen Monat vor Beginn der COP28 hat Deutschland die internationale “High Ambition Coalition” (HAC) für ernsthafte Anstrengungen im Klimaschutz diplomatisch geschwächt. Zum zweiten Mal innerhalb kurzer Zeit verweigerte die Bundesregierung ihre Unterschrift unter einer internationalen Erklärung der HAC. In der Erklärung wird unter anderem ein schneller Ausstieg aus den fossilen Energien, die Verdreifachung des Ausbaus der Erneuerbaren und ein Ende von fossilen Subventionen und Finanzierungen für fossile Projekte gefordert.
Die Erklärung erschien am Dienstag am Rande der Vorbereitungskonferenz Pre-COP in Abu Dhabi, an der die Klima-Sondergesandte des Auswärtigen Amts, Jennifer Morgan, teilnahm. Auf die Frage, warum die deutsche Unterschrift unter der HAC-Erklärung fehlt, wollte das Auswärtige Amt gegenüber Table.Media keine Stellungnahme abgeben. Deutschland unterstütze aber weiterhin die Forderung nach der Verdreifachung der erneuerbaren Energien und einer Verdopplung der Effizienz. Auch für einen möglichst raschen und kompletten Ausstieg aus den fossilen Energien setze sich Deutschland weiterhin ein, hieß es.
Bundeskanzler Olaf Scholz hatte bereits beim “Climate Action Summit” in New York im September eine ähnliche Erklärung der HAC nicht unterzeichnet. Damals war die offizielle Begründung, der Text gehe über international vereinbarte Sprache hinaus. Auch konnte sich intern die Ampelkoalition nicht einigen, welche Rolle beim Ausstieg aus den Fossilen die umstrittene CO₂-Abscheidung und Lagerung (CCUS) spielen soll.
Wie umstritten der Ausstieg aus den Fossilen auch in der Bundesregierung wieder ist, zeigte gerade auch Finanzminister Christian Lindner. Er stellte infrage, den Kohleausstieg von 2038 auf 2030 vorzuziehen, wie im Koalitionsvertrag festgelegt. “Solange nicht klar ist, dass Energie verfügbar und bezahlbar ist, sollten wir die Träume von einem Ausstieg aus dem Kohlestrom 2030 beenden”, so der FDP-Chef und Finanzminister.
Im aktuellen Fall heißt es aus der HAC, Deutschland habe wohl ein Problem damit, die Finanzierung von fossilen Projekten im Ausland auszuschließen. Im Frühjahr 2022 etwa hatte Scholz dem Senegal eine enge Kooperation bei der Förderung von Erdgas zugesagt. Unter den Unterzeichnern der Erklärung sind neben Vertretern von Tuvalu, Sambia, Senegal oder Kenia auch die EU-Staaten Spanien, Slowenien, Irland, die Niederlande und Österreich – und das G7-Mitglied Frankreich. Traditionell gehört auch Deutschland zur HAC, die besonders in kritischen Phasen der Verhandlungen Koalitionen zusammenbringt, die für mehr Ehrgeiz plädieren.
Die zweitägige Pre-COP endete wie erwartet ohne greifbare Ergebnisse. Der designierte COP-Präsident Sultan al Jaber hatte die Parteien beschworen, flexibel zu sein, aufeinander zu hören und Kompromisse zu suchen. Auch sollten sich die Staaten darauf einigen, bei der Konferenz im Dezember die Tagesordnung der COP ohne große Probleme anzunehmen. Auf der SBSTA58-Konferenz in Bonn im Juni hatte ein solcher Streit über die Agenda das Treffen zwei Wochen dominiert.
Al Jaber schrieb, die Konferenz mit 70 Ministern und 100 Delegierten erfülle ihn mit Hoffnung, weil “echte Gespräche zu schwierigen Themen” stattgefunden hätten. Er sehe auch, dass es “weiterhin starke Meinungen dazu geben, fossile Brennstoffe und Erneuerbare in den Text zu schreiben”, diese Unterhaltung müsse “vorwärtsgehen.” Die deutsche Staatssekretärin Jennifer Morgan postete auf “X” dazu: “Ich war inspiriert durch die breite Unterstützung für die Verdreifachung der Erneuerbaren, Verdopplung der Energieeffizienz und einen gerechten, schrittweisen Ausstieg aus fossilen Brennstoffen.”
Innerhalb der HAC zeichnet sich ein Konflikt ab zwischen den Staaten, die in ihrer Volkswirtschaft weniger von Fossilen abhängen und auf einen schnellen und unbedingten fossilen Ausstieg drängen – und denen, die vorsichtiger sind: Sei es, dass sie wie Deutschland wegen der eigenen Energiesicherheit nach dem russischen Überfall auf die Ukraine nach neuen Quellen für Gas und Öl suchen. Oder sei es, dass sie wie die USA (immer wieder zu bestimmten Fragen Mitglied der HAC) selbst große wirtschaftliche Interessen bei Förderung und Export von Öl und Gas haben.
Der Klimabotschafter von Vanuatu, Ralph Regenvanu, warnte am Rande der Pre-COP davor, den fossilen Ausstieg nur auf die Kohle zu fokussieren. “Wir brauchen eine Abschlusserklärung mit einem Ausstieg aus allen fossilen Energien und allen fossilen Subventionen”, so Regenvanu. Sich zuerst auf einen Kohleausstieg zu konzentrieren, wie es etwa die USA forderten, sei auch geopolitisch motiviert. Länder wie China und Indien, die als Führungsnationen der Schwellenländer stark von Kohle abhängig sind, würden als Verschmutzer gebrandmarkt – und Länder mit Öl- und Gasvorkommen im Globalen Norden würden dieser Aufmerksamkeit entgehen.
Bei der COP28 wird die internationale Klimafinanzierung eine entscheidende Rolle spielen. Jetzt hat der erste Staat angekündigt, dafür CO₂-Zertifikate aus dem Waldschutz zu nutzen. Das südamerikanische Suriname will CO₂-Zertifikaten im Rahmen des Pariser Klimaabkommens an andere Staaten verkaufen. Kritiker warnen dagegen, die geplanten Regeln dafür seien nicht strikt genug für effizienten Klimaschutz.
Über den einschlägigen Artikel 6 des Pariser Klimaabkommens und die damit verbundenen Regeln für Kohlenstoffmärkte wurde jahrelang gestritten. Erst auf der COP26 in Glasgow gab es Einigungen. Jetzt will Suriname der erste von mehreren Regenwaldstaaten sein, die mit ihren Kohlenstoffsenken über Artikel 6.2 Geld verdienen wollen.
“Das ist der richtige Weg”, sagt dazu Kevin Conrad, Direktor der Coalition for Rainforest Nations (CfRN) im Gespräch mit Table.Media. Die CfRN ist eine zwischenstaatliche Organisation, die die Interessen von bewaldeten, tropischen Ländern vertritt und Suriname dabei unterstützt, die Zertifikate auf den Markt zu bringen. Das Land hat seine eigenen Klimaziele übertroffen und aus den Jahren 2020 und 2021 jeweils mehr als vier Millionen Tonnen Einsparungen von CO2e angesammelt, die es für 30 US-Dollar pro Tonne an andere Staaten verkaufen will. Diese Zertifikate könnten dann dazu beitragen, dass die Käuferstaaten ihre nationalen Klimaziele (NDCs) leichter erreichen.
Die von Suriname angebotenen Zertifikate werden im Pariser Abkommen als “Internationally Transferred Mitigation Outcomes” (ITMOs) bezeichnet. Die Staaten des Pariser Abkommens haben viele Jahre gebraucht, um sich auf die allgemeinen Regeln zum Handel mit solchen Zertifikaten zu einigen, sagt Jonathan Crook von der Nichtregierungsorganisation Carbon Market Watch zu Table.Media. “Während die Länder bereits mit Artikel 6.2 handeln, müssen noch einige Elemente des Berichtsrahmens fertiggestellt werden”.
Denkbar ist sowohl, dass Nationalstaaten als auch Unternehmen die ITMO-Zertifikate aufkaufen. Die verkauften Zertifikate werden dann vom NDC des Verkäuferlands abgezogen und der anderen Partei gutgeschrieben. Wie genau diese Prozesse zur Übertragung von ITMOs ablaufen ist aber noch unklar und die UNFCCC-Verhandlungen darüber laufen noch.
Suriname ist eines der wenigen Länder weltweit, das laut UNFCCC ein “Carbon Net Remover” ist, dessen Wälder also mehr CO₂ speichern als das Land verursacht. Neben Suriname würden sich auch Belize, Honduras und die Demokratische Republik Kongo darauf vorbereiten, CO₂-Zertifikate aus den Erlösen von REDD+ zu verkaufen, so Conrad von der CfRN. REDD+ steht für Reducing Emissions from Deforestation and Forest Degradation, also für Kohlenstoffeinsparungen durch verhinderte Abholzung oder Degradierung, und ist in Artikel 5 des Pariser Abkommens geregelt. “REDD+ funktioniert gut und sorgt dafür, dass die tropischen Wälder stehen bleiben”, sagt er. Deshalb ergäbe es Sinn, die CO₂-Ersparnisse aus dem Mechanismus auf dem Kohlenstoffmarkt zu verkaufen. “Das bringt Entwicklungsländern zusätzliche finanzielle Ressourcen und kann dazu beitragen, dass andere ihre NDCs erreichen”.
Nicht alle sehen diese Entwicklung so positiv wie die CfRN. Jonathan Crook von Carbon Market Watch sieht ITMOs grundsätzlich kritisch und sagt, er sei “sehr skeptisch”, dass sie ein sinnvolles Instrument für den Klimaschutz seien. REDD+-Ergebnisse in Zertifikate für den CO₂-Handel umzuwandeln, könne außerdem zusätzliche Probleme bringen, meint der Experte. Eine Herausforderung sei, dass man die Ergebnisse von REDD+-Projekten nicht leicht quantifizieren und in CO₂-Zertifikate umrechnen könne.
REDD+ sei ein Klimafinanzierungsinstrument und nicht als “Marktmechanismus” designt worden, stimmt Lambert Schneider vom Öko-Institut gegenüber Table.Media zu. “Die Regeln für REDD+ sind nicht robust genug für den Kohlenstoffmarkt”, sagt er. Konkret heißt das, dass es oftmals keine unabhängige und sorgfältige Kontrolle gibt. Die Gefahr, dass Zertifikate von niedriger Qualität, die nicht im gewünschten Ausmaß zum Klimaschutz beitragen, ausgegeben werde, sei hoch. Im Bericht von Suriname über die nationalen REDD+-Projekte steht beispielsweise, dass die Emissionsminderungen des Landes durch REDD+ “überschätzt” werden könnten.
Industriestaaten könnten sich mit ITMOs billig ihre NDCs erkaufen, statt teure, aber notwendige Emissionsreduzierungen im eigenen Land durchzuführen, so Crook. Dabei sei es klar, dass gerade Industriestaaten “mehr Verantwortung haben, ihre Emissionen zu reduzieren”.
Das ist aber nicht der einzige, strukturell problematische Punkt: “Wenn die Länder selbst ambitionierte NDCs haben, ist es schwierig, darüber hinaus noch Einsparungen für Minderungszertifikate zu erwirtschaften”, meint Schneider von Öko-Institut. Sollten ITMOs also tatsächlich viel Geld bringen, könne es dazu führen, dass sich einige Regenwaldstaaten eher weniger ehrgeizige NDCs setzten.
Kompensationsprojekte oder auch vermiedene Entwaldung haben abgesehen von den Gerechtigkeits- und Verantwortlichkeitsfragen zwischen den Nationalstaaten auch noch viele andere Probleme. Studien haben immer wieder gezeigt, dass (Regen-)Waldprojekte ineffektiv sind, dass ihr Fähigkeit CO₂ zu kompensieren überschätzt wird und sogar, dass sie manchmal Schaden anrichten.
Eine aktuelle Studie des Berkely Carbon Trading Projects fasst die problematischen Aspekte zusammen:
Die CfNR wirbt aktuell damit, dass Suriname als erstes Land weltweit ITMOs auf den Markt gebe. Dabei es gibt auch schon andere konkrete Verträge, für den Handel von ITMOs. So will die Schweiz beispielsweise ihr NDC auch durch Zertifikate aus anderen Ländern erreichen und hat dafür Ende 2022 erste Verträge mit Ghana und Vanuatu abgeschlossen. Die Schweiz setzt dabei aber bewusst nicht auf Waldprojekte: Ghana will die nötigen Treibhausgaseinsparungen unter anderem in einem Projekt für nachhaltigen Reisanbau generieren, durch den weniger Methan ausgestoßen wird. Auch eine Hand voll weiterer Länder hat inzwischen Verträge zu ITMOs abgeschlossen, dazu gehören Südkorea, Schweden, Japan, Peru, Papua-Neuguinea, Georgien, der Senegal, Singapur und Vietnam.
Die Bilanz des indischen Sommermonsuns von Juni bis September, die am 19. Oktober offiziell endete, lautet nach Aussagen des Indischen Wetterdienstes IMD: Die Niederschläge waren “normal”. Doch ein genauer Blick auf die Zahlen zeigt: Die Kategorien “normal”, “unter normal” oder “über normal” für Vorhersagen im Vergleich zu einem “langjährigen Durchschnitt” sind nicht mehr zweckmäßig, weil sie die Auswirkungen des Klimawandels und der Luftverschmutzung nicht berücksichtigen.
Der Klimawandel verändert die saisonalen Muster und treibt die Entwicklung über die Schwellenwerte hinaus. Mit der Erderwärmung sagen Modellrechnungen Sommerregen voraus, die stärker und unregelmäßiger werden. Extrem nasse Sommer können die Landwirtschaft, die Ernährungslage und die wirtschaftliche Situation von mehr als einer Milliarde Einwohnern beeinträchtigen.
Laut Daten des IMD lag die Niederschlagsmenge landesweit bei 94 Prozent des langjährigen Durchschnitts (LPA) von 30 bis 50 Jahren. Wegen der Bedeutung des Monsuns für die indische Landwirtschaft und die Ernährungssicherheit wies das IMD darauf hin, dass die Niederschlagsmenge in der Monsun-Kernzone, die den größten Teil der landwirtschaftlichen Regengebiete des Landes umfasst, 101 Prozent der LPA erreichte. Ein Monsun gilt als “normal”, wenn die Niederschlagsmenge zwischen 94 und 106 Prozent der LPA liegt.
Regional und zeitlich gibt es allerdings große Unterschiede: So betrugen die saisonalen Niederschläge in der nordöstlichen Region nur 82 Prozent der LPA; sieben Untergebiete im Nordosten, Osten und Süden, auf die 18 Prozent der Gesamtfläche entfallen, hatten mangelhafte Niederschlage. Was die Verteilung der Niederschläge über die Jahreszeit angeht, betrug die Niederschlagsmenge im Juni landesweit 91 Prozent des LPA, im Juli 113 Prozent, im August 64 Prozent und im September 113 Prozent.
Der IMD hatte 96 Prozent des LPA vorausgesagt, erreicht wurden 94 Prozent. Die Vorhersagen lagen (unter Berücksichtigung der Fehlermarge) also richtig. Sie berücksichtigten jedoch nicht die Verzögerungen und die Schwankungen in den vier Monaten der Saison und in den verschiedenen meteorologischen Abteilungen. Und auch nicht, dass der August, ein Schlüsselmonat für die Landwirtschaft, der trockenste seit über hundert Jahren war. Indien begann 1901 mit der Aufzeichnung der Niederschläge.
Bewertungen des Monsuns haben diese Schwankungen zutage gefördert. Wissenschaftler des IMD und anderer Institutionen haben darauf hingewiesen, wie sich der Monsun verändert.
Ihre Ergebnisse ähneln auf unheimliche Weise der Einschätzung des IMD für den Monsun im Jahr 2023. Anhand von aufgezeichneten Daten über einen Zeitraum von 30 Jahren (1989 bis 2018) stellten die Wissenschaftler fest: Die Niederschläge des Südwestmonsuns in fünf Bundesstaaten – Uttar Pradesh, Bihar, Westbengalen, Meghalaya und Nagaland – “nehmen signifikant ab”. In westlichen (traditionell trockeneren) Regionen wie Saraushtra und Kutch in Gujarat und im Südwesten von Rajasthan wurde ein “signifikanter steigender Trend” bei der Häufigkeit von Tagen mit starken Regenfällen festgestellt. Die Bewertung war im Februar 2021 Gegenstand einer Anfrage im Parlament.
Eine Studie aus dem Jahr 2021, die von einem deutschen Forscherteam unter der Leitung von Anja Katzenberger vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung und der Ludwig-Maximilians-Universität in München durchgeführt wurde, besagt, dass die Sommermonsun-Regenfälle in Indien stärker und unregelmäßiger werden, wenn die globale Erwärmung ungebremst anhält. “Wir haben eindeutige Beweise für eine exponentielle Abhängigkeit gefunden: Für jedes Grad Celsius Erwärmung werden die Monsunregenfälle wahrscheinlich um etwa 5 Prozent zunehmen”, heißt es darin. Die Studie ergab, dass die globale Erwärmung die Monsunregenfälle in Indien sogar noch stärker erhöht, als bisher angenommen. “Sie dominiert die Dynamik des Monsuns im 21. Jahrhundert.”
Die Studie sagt für die Zukunft mehr extrem nasse Jahre voraus – mit möglicherweise schwerwiegenden Folgen für das Wohlergehen von mehr als einer Milliarde Menschen, die Wirtschaft, die Nahrungsmittelsysteme und die Landwirtschaft. Julia Pongratz, Mitautorin der deutschen Studie aus dem Jahr 2021, erklärt: “Pflanzen brauchen vor allem in der ersten Wachstumsperiode Wasser, aber zu viel Regen in den anderen Wachstumsstadien kann den Pflanzen schaden – auch dem Reis, von dem sich die Mehrheit der indischen Bevölkerung ernährt. Das macht die indische Wirtschaft und das Nahrungsmittelsystem sehr empfindlich gegenüber schwankenden Monsunmustern.”
Das Fehlen von detaillierten Informationen hat erhebliche Auswirkungen auf die Landwirtschaft. Devinder Sharma, Analyst für Lebensmittelpolitik und Landwirtschaft, plädiert für eine Änderung der Art und Weise, wie das IMD seine Prognosen erstellt: “Das IMD sollte sich auf die Vorhersage der Niederschlagsvariabilität und -verteilung auf Bezirksebene konzentrieren. Erratische Niederschlagsmuster, wie sie während des Monsuns zu beobachten sind, haben die größten Auswirkungen auf die Landwirtschaft, die wiederum sozioökonomische Folgen haben.”
Auf die Landwirtschaft und verwandte Bereiche entfallen 18 Prozent des indischen BIP, und mehr als 50 Prozent der indischen Bevölkerung sind in diesem Sektor beschäftigt. Schwankende Monsuntrends haben Auswirkungen auf die Wirtschaft und das Wohlergehen der Bevölkerung.
Der Charakter des indischen Sommermonsuns ändert sich, auch wenn das Gesamtbild innerhalb der traditionellen Normen der Charakterisierung bleibt. “Der Monsun von 2023 ist ein Beweis dafür, dass unregelmäßige, unaufhörliche und längere trockene Tage die neuen Normen sind, die sich auf das Leben und den Lebensunterhalt auswirken, insbesondere in klimatisch abhängigen Sektoren wie der Landwirtschaft”, sagte Abinash Mohanty, Sektorleiter Klimawandel und Nachhaltigkeit, bei IPE-Global, einer internationalen Entwicklungsberatungsgruppe mit Sitz in Neu-Delhi.
Mohanty, der als Experte für den sechsten Sachstandsbericht des IPCC tätig war, betonte, dass die Art und Weise, in der Prognosen erstellt und verbreitet werden, überdacht werden müsse. Da 2023 ein El-Nino-Jahr sei, seien Niederschlagsereignisse geringer Intensität normal, aber “die Zunahme unaufhörlicher und unregelmäßiger Niederschlagsereignisse” sei abrupt, sagte er. “Während des Monsuns 2023 kam es zu einer Zunahme der erratischen Niederschläge um mehr als 30 Prozent, die meisten davon in landwirtschaftlich geprägten Gebieten.” Mohanty sagte, es sei zwingend erforderlich, Maßnahmen zur Klimaanpassung durch die Einführung naturbasierter Lösungen und durch die Durchführung übergreifender Risikobewertungen zur besseren Kartierung, Planung und Anpassung einzubeziehen.
2. November
Veröffentlichung Adaption Gap Report Release
Die UNEP Adaptation Gap Report (AGR)-Reihe bietet eine jährliche wissenschaftlich fundierte Bewertung der globalen Fortschritte bei der Planung, Finanzierung und Umsetzung von Klimaanpassungsmaßnahmen. Darüber hinaus werden Optionen zur Verbesserung und Förderung nationaler und globaler Anpassungsbemühungen untersucht und ausgewählte Themen von Interesse eingehend analysiert. Infos
2. bis 3. November, Wien
Forum Vienna Energy and Climate Forum
Das Forum bietet eine Plattform zur Beschleunigung einer emissionsarmen und klimaresistenten Entwicklung auf der ganzen Welt. Das Energie- und Klimaforum hebt die Schritte hervor, die erforderlich sind, um die Ziele für nachhaltige Entwicklung bis 2030 zu erreichen. Infos
6. November, 13.30 Uhr, Santiago de Chile/online
Konferenz Wilson Center Conference on US-Chile Climate Action and the Energy Transition
Das Lateinamerika-Programm des Wilson Centers veranstaltet diese Konferenz in Zusammenarbeit mit dem US-Außenministerium, der US-Botschaft in Santiago, der Interamerikanischen Entwicklungsbank und der UN-Wirtschaftskommission für Lateinamerika und die Karibik. Sie soll die Möglichkeiten für eine stärkere Zusammenarbeit zwischen den USA und Chile zur Beschleunigung der globalen Energiewende aufzeigen. Infos
6. November, 14 Uhr, Online
Webinar Strom vom Dach – was Gebäude zum Photovoltaik-Ausbau in Deutschland beitragen können
In einem klimaneutralen Stromsystem in Deutschland liefern Photovoltaik-Anlagen im Jahr 2035 etwa ein Drittel des Stroms. Die Solarpakete I und II sollen den Bau und Betrieb von Photovoltaik-Anlagen vereinfachen und so deren Ausbau beschleunigen. Das Webinar vom Thinktank Agora Energiewende diskutiert, wo Deutschland beim Solarausbau aktuell steht. Infos
6. bis 16. November, verschiedene Orte
Veranstaltungsreihe Sustainable Finance Summit Germany 2023
Der Sustainable Finance Gipfel Deutschland, eine Veranstaltung des Green and Sustainable Finance Cluster Germany (GSFCG), kommt im siebten Jahr seiner Ausrichtung im neuen Format daher. Statt als eintägige Konferenz in Frankfurt am Main wird es zwischen dem 6. und 16. November verschiedene Veranstaltungen an unterschiedlichen Orten in Deutschland geben. Infos
7. November, Singapur
Preisverleihung Verleihung des Earthshot Preises
Mit dem Preis zeichnet Prinz William in diesem Jahr Initiativen aus, die Lösungen für irreparable Schäden an der Erde suchen. Infos
7. November, 15 Uhr, Online
Webinar From Climate Risk to Resilience: Unpacking the Economic Impacts of Climate Change in Kenya, Malawi, Mozambique and Zambia
Die African Climate Foundation schaut in diesem Webinar auf Resilienzberichte aus den einzelnen Ländern und diskutiert, welche ökonomischen Schlüsselsektoren es in den Ländern mit Bezug zur Klimakrise gibt. Infos
8. bis 9. November, Berlin
Konferenz Forum Wärmepumpe
Das Forum bringt wichtige Akteure der Wärmepumpenbranche zusammen: große und kleinere Hersteller, Fachhandwerk, Wissenschaft und Politik. An zwei Tagen sollen die drängendsten Fragen der Branche diskutiert werden. Infos
8. November, 9.30 Uhr, Online
Diskussion Crowdfunding as a driver for the EU’s energy transition – What difference can it make?
Auf der Euractiv-Veranstaltung wird über die Rolle von Crowdfunding in der Energiewende diskutiert. Positivbeispiele sind unter anderem Projekte zur Renovierung von Fußballstadien. Infos
8. November, 14 Uhr, Online
Diskussion International Townhall: CBAM from Concept to Action and Regulation in Trade Partner Countries
Der European Roundtable on Climate Change and Sustainable Transition diskutiert auf dieser Veranstaltung die Herausforderungen bei der Implementierung des EU-CBAM. Infos
9. November, 14.30 Uhr, Online
Diskussion Responding to the Climate Crisis in Times of Uncertainty: A Clarion Call for Climate Leadership
Auf dem Webinar des World Resources Institute (WIR) wird darüber diskutiert, wie Leadership zu einem positiven Ausgang der COP beitragen kann. Infos
Die europäischen Staaten haben im laufenden Jahr schon so viele Solaranlagen zugebaut wie im kompletten vergangenen Jahr. Laut Prognosen des Beratungsunternehmens Rystad Energy werde der Zubau in 2023:
“Solaranlagen auf Dächern treiben den Wandel der europäischen Landschaft für erneuerbare Energien voran”, sagte Vegard Wiik Vollset von Rystad Energy. Die Dachanlagen hätten sich von einem Nischenmarkt zu einer “starken Kraft bei der Umgestaltung des Energiemixes” entwickelt.
Der Ausbau der Windenergie entwickelt sich hingegen nicht so positiv. Die neuen Installationen im Bereich Onshore-Wind haben im Jahr 2023 im Vergleich zum Vorjahr demzufolge um elf Prozent abgenommen. Langwierige Genehmigungsprozesse und steigende Kosten in der Lieferkette werden als Ursache angeführt. Offshore wurden zwei Prozent mehr an Leistung installiert, weniger als in jüngster Vergangenheit. nib
Indonesien will die Emissionen aus dem Stromsektor im Zuge der Just Energy Transition Partnership (JETP) mit westlichen Gebern bis 2030 auf 250 Millionen Tonnen CO₂ begrenzen. Der Anteil der erneuerbaren Energien an der Energieerzeugung soll auf 44 Prozent steigen. Diese Ziele scheinen zunächst ambitionierter als die ersten Vereinbarung Indonesiens mit den Gebern. Ursprünglich sollte der Emissionshöchststand 2030 bei 290 Millionen Tonnen CO₂ liegen und der Anteil der Erneuerbaren bei 34 Prozent. Allerdings werden Emissionen aus Eigenbedarfskraftwerken der Industrie, die nicht am öffentlichen Stromnetz hängen, nicht vom JETP-Umsetzungsplan erfasst, der am 1. November von der indonesischen Regierung veröffentlicht wurde.
Indonesien plant einen Zubau von 20,5 Gigawatt an Kohlekapazitäten, die als Eigenbedarfskraftwerke für die metallverarbeitende Industrie entstehen sollen. Bisher gibt es 13,7 Gigawatt solcher Kraftwerke. Die Regierung und die Gruppe der Geberstaaten seien mit Blick auf diese Problematik “fest entschlossen, praktikable Lösungen für die Zukunft zu finden und umzusetzen”, schreibt das indonesische JETP-Sekretariat in dem Plan. Die Veröffentlichung des Plans war zunächst verschoben worden, weil es Differenzen zwischen den Gebern und der indonesischen Regierung gab, wie Climate.Table berichtete.
Laut dem nun veröffentlichten JETP-Umsetzungsplan:
Am Dienstag gab Indonesien zudem bekannt, gut 200.000 Hektor Palmölplantagen wieder in Wälder umwandeln zu wollen. Schon 2020 hatte das Land Regeln erlassen, um den Sektor besser zu regulieren. Zurzeit befinden sich 3,3 Millionen Hektar an Palmölplantagen in Wäldern. Allerdings konnten nur die Besitzer von Plantagen mit einer Gesamtgröße von 1,7 Millionen Hektar identifiziert werden, sagte der Generalsekretär des Forstministeriums, Bambang Hendroyono. Die Regierung ist noch dabei, zu erfassen, welche dieser Plantagen in ausgewiesenen Produktionswäldern liegen. Das bedeutet, dass die Besitzer Geldstrafen zahlen müssen, aber weiterhin Palmen anbauen dürfen. Plantagen, die in Schutzgebieten liegen, müssten an den Staat zurückgegeben werden, sagte er. Hendroyono geht davon aus, dass mindestens 200.000 Hektar zurückgegeben werden müssten, die dann in Wälder umgewandelt werden könnten. nib/rtr
Auch ein Jahr vor der nächsten Klimakonferenz ist noch nicht sicher, wo die COP29 stattfinden wird – aber nun ist immerhin klar, wo nicht. Es werde keine Neuauflage der COP in den Vereinigten Arabischen Emiraten geben, heißt es von den Organisatoren der COP28. “Die Vereinigten Arabischen Emirate sind nicht gefragt worden und haben keine Absicht, die COP29 auszurichten“, sagte der Generaldirektor der COP28, Majid Al Suwaidi, gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters. “Wir werden die COP29 nicht ausrichten.”
Damit ist weiter unsicher, wo das Klimatreffen 2024 stattfinden wird. Planmäßig ist die Gruppe Osteuropa der UNO an der Reihe. Bulgarien hatte sich angeboten, wird aber als EU-Mitglied von Russland abgelehnt. Gegen Armenien und Aserbaidschan, die als gemeinsame Gastgeber bisher im Gespräch waren, hatten manche Länder Vorbehalte. Der akute Konflikt zwischen den Staaten macht eine Konferenz zusätzlich unwahrscheinlich.
Eigentlich wird die Standortfrage vor der jeweiligen COP im Jahr zuvor geklärt und auf der Konferenz nur noch pro forma vom Plenum verabschiedet. Für 2024 zeichnet sich damit ein Notfallplan ab. Wenn es keine Einigung über das Gastland gibt, geht die COP an das Land, das das UN-Sekretariat beherbergt: also Deutschland. Die Bundesregierung hat allerdings wissen lassen, dass sie nicht plane, die Konferenz auszurichten. Schon die COP23, die 2017 in Bonn unter der Präsidentschaft von Fidschi mit logistischer Hilfe Deutschlands stattfand, kostete das Gastland 117 Millionen Euro.
Geht die COP nach Bonn oder an andere deutsche Städte, könnten trotzdem die Vereinigten Arabischen Emirate die Konferenz wieder als Präsidentschaft leiten. Denn die UN-Regeln besagen, dass eine Präsidentschaft so lange im Amt bleibt, bis eine neue gefunden ist. Die COP29 könnte also in Deutschland stattfinden, aber vom Chef der diesjährigen COP, Sultan al Jaber, dem Vorstandschef des staatlichen Energiekonzerns Adnoc, geleitet werden. bpo
Chinas Klimabeauftragter Xie Zhenhua wird im Dezember zum Ende der diesjährigen Klimakonferenz in Dubai (COP28) in den Ruhestand treten, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters mit Bezug auf einen Regierungsbeamten. Xie, der in diesem Monat 74 Jahre alt wird, werde demnach durch Liu Zhenmin ersetzt. Liu ist ein ehemaliger chinesischer Vizeaußenminister und Untergeneralsekretär der Vereinten Nationen.
Xie vertrat China erstmals 2009 in Kopenhagen bei globalen Klimaverhandlungen. Gemeinsam mit seinem US-Gegenpart, Todd Stern, hat Xie maßgeblich zum Entstehen des Pariser Klimaabkommens von 2015 beigetragen. Ende 2019 trat Xie im Alter von 70 Jahren von seiner Position als “Sonderbeauftragter für den Klimawandel” und Chefverhandler zurück. Eigentlich müssen hochrangige chinesische Beamte ab einem gewissen Alter in den Ruhezustand gehen. Doch Xie kehrt im Februar 2021 als Sonderbeauftragter für den Klimawandel zurück auf die globale Bühne. Er führte 2021 und 2022 erneut Chinas Delegationen zur COP an. Mit John Kerry, dem aktuellen US-Sondergesandten für Klimafragen, pflegt Xie ein gutes Verhältnis. Es wird erwartet, dass er sich im Laufe dieser Woche mit Kerry in Kalifornien austauscht und ein Treffen von Xi Jinping und Joe Biden mit vorbereitet. nib/rtr
Frankreich will zukünftig E-Autos mit schlechtem CO₂-Fußabdruck nicht mehr fördern. Das zielt insbesondere auf Fahrzeuge aus China ab. Frankreich wird dazu den “Bonus écologique”, den französischen Umweltbonus, reformieren. Um sich für den Umweltbonus zu qualifizieren, müssen Elektroautos ab 2024 eine Mindestzahl an Umweltpunkten erreichen. Diese errechnen sich aus den Treibhausgasemissionen in der Lieferkette, also aus dem CO₂-Fußabdruck der verwendeten Materialien und den Emissionen bei der Herstellung und Überführung eines Fahrzeugs. Erst ab einem “Score environmental” mit 60 von 100 möglichen Punkten wird der Umweltbonus in Höhe von bis zu 7.000 Euro pro Auto gewährt.
Da China einen recht kohleintensiven Strommix aufweist und der lange Transportweg zu Buche schlägt, dürften E-Autos aus chinesischer Produktion künftig von der Förderung ausgeschlossen werden.
Eine Liste der in Zukunft noch förderfähigen Elektroautos soll am 15. Dezember vorgestellt werden. Unklar ist derzeit noch, inwieweit neben chinesischen Marken auch nicht-chinesische Autohersteller wie BMW, Tesla oder VW, die in China Elektroautos für den Weltmarkt produzieren, in Zukunft Förderungen erhalten können. Auch durch Maßnahmen der EU-Kommission könnten es chinesische E-Autos in Zukunft schwerer haben. Die Kommission leitete Anfang Oktober ein förmliches Anti-Subventionsverfahren gegen China ein. Der Vorwurf: Der Preis der Autos werde durch umfangreiche staatliche Subventionen künstlich gedrückt, meint Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Im Extremfall könnte es zu Zöllen auf chinesische Autos kommen. ch/nib
In einem offenen Brief fordern 46,3 Millionen Angehörige medizinischer und Gesundheitsberufe den COP28-Präsidenten Al Jaber auf, den Verzicht auf fossile Brennstoffe zur Priorität zu machen. Dafür, fordert der Brief, solle die fossile Industrie von den Klimaverhandlungen ausgeschlossen werden. Der Brief wird von Organisationen wie der World Medical Association, der World Federation of Public Health Association und dem International Council of Nurses unterstützt.
Klimawandel und Gesundheit seien untrennbar miteinander verbunden. Die durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe verursachte Luftverschmutzung ist laut der Weltgesundheitsorganisation jährlich für sieben Millionen vorzeitige Todesfälle weltweit verantwortlich. Auf der COP28 wird in diesem Jahr erstmals ein Tag dem Thema Gesundheit gewidmet. Der COP-Entwurf der Klima- und Gesundheitserklärung habe laut den Autorinnen und Autoren des Briefs aber “eklatante Auslassungen”.
2021 nannten globale medizinische Fachzeitschriften den Klimawandel “die größte Bedrohung für die globale öffentliche Gesundheit”. Vergangene Woche riefen 200 führende Gesundheitspublikationen die WHO dazu auf, aufgrund der Klima- und Biodiversitätskrisen den globalen Gesundheitsnotstand auszurufen. kul
Bei der Förderung von grünem Wasserstoff durch die Europäische Wasserstoffbank droht nach Ansicht von Experten eine Verschwendung von öffentlichen Geldern. Es bestehe die Gefahr einer Übersubventionierung von großen Produzenten und eine Förderung in Regionen mit schlechten Bedingungen für erneuerbare Energien, heißt es in einer Mitteilung des Centrums für Europäische Politik (cep) vom Dienstag.
Am 23. November startet die EU-Kommission die erste Ausschreibung der Wasserstoffbank. Zunächst stehen 800 Millionen Euro bereit, aus denen Produzenten einen festen Aufschlag für jedes Kilogramm Wasserstoff erhalten können. Für seine aktuelle Untersuchung hat das cep die regionalen Produktionskosten in der EU untersucht. In den meisten Regionen wäre demnach eine Subvention in der festgelegten maximalen Höhe unangemessen hoch.
Der Förderhöchstsatz solle deshalb deutlich gesenkt werden. “Gleichzeitig sollten die Beschränkungen für die Beteiligung gelockert werden, um den Wettbewerb zu stärken. Dies betrifft insbesondere die Mindestgröße der Elektrolysekapazitäten, sodass auch kleine Erzeuger in den Genuss der Förderung kommen“, heißt es weiter.
Vom jetzigen Auktionsdesign könnten aber speziell deutsche Produzenten profitieren. “Es könnte sein, dass Projekte im Süden Deutschlands gefördert werden, obwohl sie im europäischen Vergleich nicht die idealen Standorte sind”, sagte Studienautor André Wolf zu Table.Media.
Ein weiterer Missstand wäre laut der Untersuchung, dass die Wasserstoffbank den knappen Energieträger künftig weg von industriellen Anwendungen in Sektoren lenken könne, in denen effizientere Technologien zur Verfügung stehen. Hintergrund ist ein strenges Doppelförderungsverbot.
Wenn ein Chemie- oder Stahlunternehmen sich beispielsweise die Umstellung seiner Produktion auf Wasserstoff mit einem sogenannten Klimaschutzvertrag (CCfD) bezuschussen lässt, dürfe es keinen Wasserstoff mehr verwenden, der bereits durch die Wasserstoffbank begünstigt wurde. “Ich plädiere deshalb dafür, dann man die Kriterien, die eine Doppelförderung vermeiden sollen, etwas weicher ausgestaltet”, sagte Wolf. Eine Möglichkeit sei die automatische Anpassung der Förderung an die zukünftige Entwicklung des Wasserstoffpreises. ber
Noch 250 Gigatonnen CO₂ dürfte die Weltgemeinschaft ausstoßen, um das 2015 in Paris vereinbarte 1,5-Grad-Ziel mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 Prozent zu erreichen. Das ist das Ergebnis einer am Montag in der Fachzeitschrift Nature Climate Change veröffentlichten Studie. Das Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) ging in seinem sechsten Sachstandsbericht davon aus, dass noch 500 Gigatonnen verblieben. Nach den neuen Berechnungen müssten Netto-Null-Emissionen im Jahr 2035 erreicht werden – bei kontinuierlichen Emissionsminderungen.
“Die aktuelle Studie zeigt vor allem eines: Für das 1,5-Grad-Ziel wird es sehr, sehr knapp. Es ist fast irrelevant, ob das Budget bei gleichbleibenden Emissionen in sechs – wie in dieser Studie – oder in zehn Jahren – wie vorher gedacht – aufgebraucht ist”, bewertet Niklas Höhne, Leiter des New Climate Institute, die Ergebnisse. Sie zeigten, wie wichtig “jede eingesparte Tonne Kohlendioxid” sei, “weil das Budget so extrem knapp ist”, so der Wissenschaftler weiter.
Kritik gibt es an der Interpretation der Zahlen. Die “Kommunikation, dass sich mit dieser Methode das verbleibende CO₂-Budget halbiert, ist grob irreführend”, sagt Oliver Geden. Er ist Senior Fellow am Deutschen Institut für Internationale Politik und Sicherheit (SWP). Das verbleibende CO₂-Budget im IPCC-Bericht beginne Anfang 2020, das in der neuen Studie Anfang 2023. Gabriel Abrahão vom Potsdam Institut für Klimafolgenforschung (PIK) weist darauf hin, dass “die Korrektur der Budgets nach unten vor allem eine Folge neuer Daten und methodischer Aktualisierungen [ist], die in vielerlei Hinsicht seit Beginn dieser Arbeit erwartet wurden”.
“Das CO₂-Budget ist eines der wichtigsten Konzepte der Klimaforschung und Klimakommunikation. Allerdings ist es – wie andere Kerngrößen des Klimasystems natürlich auch – mit einiger Unsicherheit behaftet“, kommentiert Carl-Friedrich Schleuser. Er ist unter anderem Leiter des Bereichs Klimawissenschaft und Auswirkungen bei Climate Analytics. Den Fokus auf “eine einzelne Zahl” zu legen, hält er daher für problematisch. Geden zufolge lieferten verbleibende CO₂-Budgets zwar “wichtige Anhaltspunkte”, aufgrund der kontinuierlichen Aktualisierung der Zahlen eigneten sie sich aber nicht, “um daraus nationale oder europäische Restbudgets abzuleiten”. nh
Saleemul Huq. 2. Oktober 1952 – 29. Oktober 2023
Der plötzliche Tod von Professor Saleemul Huq hat am Wochenende Klimawissenschaftler, Aktivisten und Verhandler gleichermaßen erschüttert. Sein langjähriges Wirken als Wissenschaftler und sein unnachgiebiges Eintreten für mehr Klimagerechtigkeit haben die internationalen Klimaschutzverhandlungen über Jahrzehnte geprägt. Professor Huq, oder Saleem, wie ihn viele nannten, war Direktor des International Centre for Climate Change and Development, ein Forschungs- und Kapazitätsbildungsinstitut, das in Dhaka, Bangladesch, seinen Sitz hat. In Erinnerung bleibt er vor allem als unerschütterlicher Kämpfer, der jenen eine Stimme verlieh, deren Leben fernab vom internationalen Verhandlungstisch durch die Klimakrise aus den Fugen geriet. Diese Stimme wird fehlen.
Er absolvierte seine Grundausbildung in Biochemie am Imperial College London und war zuletzt Professor an der Independent University Bangladesh (IUB). Als einer der Leitautoren trug er zu mehreren Berichten des Weltklimarats bei. Huq nutzte seine Arbeit als Wissenschaftler, um auf den Kampf armer Bevölkerungsgruppen im globalen Süden gegen die Folgen des Klimawandels aufmerksam zu machen. Seine Forschungsschwerpunkte lagen im Bereich der Klimaanpassung und nachhaltigen Entwicklung der am wenigsten entwickelten Länder – einem Forschungszweig, der chronisch unterfinanziert ist und den Huq durch neue Perspektiven in Zusammenarbeit mit betroffenen Kommunen auf eine breitere Basis stellte. Damit ermöglichte er es der Klimabewegung, sich auf wissenschaftliche Erkenntnisse in diesem Bereich zu berufen.
Huq erlangte breitere Bekanntheit durch den Dokumentarfilm “Guardians of the Earth” / “Wächter der Erde”. Der Titel des Films könnte kaum treffender seinen unermüdlichen Einsatz gegen die Klimakrise beschreiben. Doch standen für Huq nicht nur der Planet Erde, sondern vor allem auch die Menschen im Mittelpunkt seines Handelns. Früh erkannte er, welch dramatische Folgen die Klimakrise für ärmere Länder, wie seine Heimat Bangladesch, haben würde. Als Teilnehmer aller 27 internationalen Klimagipfel (COP) und unzähliger vorbereitender Zusammenkünfte wurde er zum Kronzeugen der wenigen Erfolge und vielen Misserfolge der Staatengemeinschaft im Klimaschutz.
Dabei stellte Huq unter Beweis, dass mit Durchhaltevermögen und organisiertem, evidenzbasiertem, zivilgesellschaftlichem Druck internationale Vereinbarungen an Ambition gewinnen können. Eine letzte Errungenschaft ist der auf der letzten COP vereinbarte Fonds für Schäden und Verluste zur Finanzierung für bereits entstandene Folgen der globalen Erwärmung. Huq prägte den langen Weg zu dieser Vereinbarung maßgeblich mit und beriet verschiedene Delegationen der am wenigsten entwickelten Länder.
Trotz vieler Rückschläge im internationalen Klimaschutz verwahrte sich Huq gegen Zynismus und versuchte immer wieder, einen gemeinsamen Nenner zwischen unterschiedlichen Parteien zu finden. Dabei scheute er sich nicht, wiederholt auf das Offensichtliche aufmerksam zu machen: die Verantwortung der Industriestaaten gegenüber den am wenigsten entwickelten Ländern in Sachen Klimaschutz, Anpassung und Begleichung von entstandenen Schäden. Dabei gelang es Huq durch seine durchdringende Freundlichkeit, die inhaltliche Schärfe seiner Argumente zu umhüllen, sodass er nicht selten auf Einsicht traf und so das Fundament für eine Zusammenarbeit legen konnte.
In einer von extremer sozio-ökonomischer Ungleichheit geprägten Welt erfordert es Mut, den zerstörerischen Konsum fossiler Energien in den Industriestaaten infrage zu stellen. Diesen Mut brachte Huq auch auf zahlreichen öffentlichen Podiumsdiskussionen immer wieder auf und scheute sich nicht vor den wiederkehrenden hitzigen Debatten, bei denen Vertreter des globalen Südens nicht selten in der Minderheit waren.
Saleemul Huq hinterlässt in der Wissenschaft und in der internationalen Klimabewegung eine große Lücke, wobei sein Ruf nach Investitionen in eine bessere Zukunft kein reiner Appell war. Er förderte – wie nur wenige – junge Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen, sprach mit Aktivisten und Aktivistinnen und gründete internationale Netzwerke im Bereich der Klimaanpassung. So prägte er eine ganze Generation junger und älterer Menschen, die sich für mehr Klimagerechtigkeit einsetzen und nun Huqs Vermächtnis antreten: Verantwortung statt Verzweiflung.
Kira Vinke ist die Leiterin des Zentrums für Klima und Außenpolitik der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik e.V.