Table.Briefing: Climate

Deutscher Wald fällt als CO₂-Speicher aus + COP29: Klimakonflikt um Bergkarabach + Norwegen stellt CCS-Projekt fertig

Liebe Leserin, lieber Leser,

die Bundesregierung hat den Wald als Klimaschützer fest eingeplant. Aber neue offizielle Berechnungen lassen daran zweifeln, dass die Bäume auch in Zukunft Treibhausgase einlagern können. Warum dieser wichtige deutsche CO₂-Speicher bald ausfallen könnte und wie das Umweltministerium diese Klimaschutzlücke zu schließen plant, analysiert Bernhard Pötter für Sie.

Einen Monat vor dem Weltklimagipfel COP29 in Aserbaidschan schauen wir auf den langwierigen Konflikt mit Armenien um Bergkarabach. Vor einem Jahr griff Aserbaidschan die Enklave an. Warum der Konflikt im Kaukasus von Klima- und Energiefragen dominiert wird und was die COP29 damit zu tun hat, hat Maximilian Arnhold recherchiert.

Außerdem berichten wir über neue Unterstützung für die attackierte Energieinfrastruktur der Ukraine, über einen Entwurf zur Klimaanpassung aus dem BMUV und über den Zuwachs an Jobs im Ökostrombereich, der allerdings von einer Statistik getrübt wird.

Wir wünschen Ihnen eine aufschlussreiche Lektüre!

Ihr
Lukas Bayer
Bild von Lukas  Bayer

Analyse

Deutschland: Warum der Wald als CO₂-Speicher ausfällt

Der Wald leidet unter Stress und fällt als Klimaschützer in weiten Teilen aus: Tote Fichten im Taunus.

Der Wald und die Landwirtschaft in Deutschland werden in den nächsten Jahrzehnten wohl deutlich weniger zum Klimaschutz beitragen können als geplant. Die CO₂-Speicherfähigkeit des Sektors Landnutzung (LULUCF) hat sich in den letzten Jahren stark reduziert und ist nun praktisch verschwunden. In den nächsten Jahren bis 2030 rechnen Experten im Gegenteil damit, dass der Sektor mehr Treibhausgase ausstößt als er einlagert – dass er also von einer CO₂-Senke zu einer CO₂-Quelle wird. Das geht aus Projektionen des Thünen-Instituts hervor. Auch eine neue Studie des Umweltbundesamts (UBA) zeigt in diese Richtung.

Thünen-Institut: Weniger CO₂-Speicher als angenommen

In den “Projektionsdaten zu den Treibhausgasemissionen” des Johan Heinrich von Thünen-Instituts, dem Bundesforschungsinstitut für ländliche Räume, Wald und Fischerei, heißt es, dass “der Sektor Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft (LULUCF) in der Summe erheblich weniger Kohlendioxid aufnimmt als bisher angenommen.” Auch in der “Bundeswaldinventur”, die das Bundesministerium für Landwirtschaft BMEL am 8. Oktober vorstellen will, wird dieser Trend deutlich beschrieben: Über die letzten Jahre hat vor allem der Wald immer weniger Kohlendioxid eingelagert.

Dabei könnten die offiziellen Daten von Treibhausgasinventur und Bundeswaldinventur das Problem noch unterschätzen, legt die aktuelle Studie des Öko-Instituts im Auftrag des UBA nahe. Denn die offiziellen Rechnungen “berücksichtigen natürliche Störungen im Wald wie starke Trockenheit, Schäden durch Käfer und den damit verbunden Rückgang der Vitalität der Bäume sowie ihr Absterben nicht ausreichend“, heißt es vom Öko-Institut. Insgesamt liege die CO2-Speicherfunktion des deutschen Waldes deshalb wohl “für die Jahre 2018 bis 2021 um 55 bis 60 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr geringer als bisher angenommen”, so das Fazit.

Dabei plant die offizielle deutsche Klimapolitik den Forstsektor als Senke dringend ein: Von 2027 bis 2030 sollen laut Klimaschutzgesetz (KSG) jedes Jahr 25 Millionen Tonnen CO₂ gespeichert werden – 2037 bis 2040 sollen es schon 35 Millionen Tonnen jährlich sein. Und Zielwert für die letzten drei Jahre vor der gesetzlich festgelegten Klimaneutralität 2045 sind sogar 40 Millionen Tonnen. Damit sollen die Wälder, die ein Drittel Deutschlands auf 11,4 Millionen Hektar bedecken, laut KSG etwa Emissionen aus der Zementindustrie ausgleichen, die sich ansonsten nur sehr schwer vermeiden lassen.

Gesetzliche Ziele bislang in weiter Ferne

Diese Werte werden allerdings nach den bisherigen Projektionen des Thünen-Instituts weit verfehlt. In einem Szenario, das alle Klimaschutzmaßnahmen bis zum Frühjahr 2024 einrechnet, speichert der Sektor in den Jahren um 2030 höchstens etwa eine Million Tonnen – die Lücke zu den gesetzlich Vorgaben beträgt also etwa 24 Millionen Tonnen. Noch größer wird die Zielverfehlung in den späteren Jahren: Während das KSG vom deutschen Wald Speicherleistung von 35 bis 40 Millionen Tonnen im Jahr erhofft, schafft es der Sektor laut Projektion gerade mal, in der Summe seine Emissionen bei etwa Null zu halten.

In Fachkreisen ist es ein offenes Geheimnis, dass der deutsche Wald droht, als Klimaschützer auszufallen. Allerdings heißt es offiziell immer noch, der Wald sei eine wichtige Kohlenstoffsenke, er habe 2019 drei Prozent der deutschen Emissionen ausgeglichen – noch 2012 waren das nach offiziellen Zahlen 12 Prozent. Auch die aktuelle Bundeswaldinventur wird darüber kaum eine Aussage machen, denn sie blickt auf die vergangenen zehn Jahre.

Umweltministerium setzt auf natürlichen Klimaschutz

Das zuständige Bundesumweltministerium bestätigt indes auf Nachfrage die düstere Vorhersage des Thünen-Instituts: Man sehe “keinen Anlass, die Ergebnisse der aktuellen Klimaprojektionen für den LULUCF-Sektor (…) grundsätzlich infrage zu stellen”, heißt es.

Zur Schließung dieser Klimaschutzlücke setzt das Umweltministerium dabei auf das “Aktionsprogramm natürlicher Klimaschutz” (ANK). Mit dem Sonderprogramm für insgesamt 3,5 Milliarden Euro fördert der Bund etwa Waldumbau, Moorvernässung und die Renaturierung von Flussauen. Diese Maßnahmen tauchen im Thünen-Bericht noch nicht auf, weil sie erst später angeschoben wurden. Die ANK-Maßnahmen seien bei ihrer Konzeptionierung so ausgelegt worden, dass mit ihnen “die Ziele des KSG erreicht werden sollten”, sagte eine Sprecherin gegenüber Table.Briefings. Sicher ist das Ministerium sich da aber nicht. Es verweist auf eine veränderte Methodik bei der Berechnung und auf einen “Nachsteuerungsmechanismus” im ANK.

Dem Ministerium sei “bewusst, dass die Klimaziele für den Landsektor sehr ambitioniert sind”, so die Sprecherin. Dürren, Unwetter und der Klimawandel hätten große Auswirkungen auf die Emissionsbilanz des Sektors, die nur schwer vorauszusagen seien. “Wir wissen, dass weiterhin großer Handlungsbedarf im Landsektor besteht”, heißt es. Deshalb habe man den Wissenschaftlichen Beirat für Natürlichen Klimaschutz gebeten, “uns Handlungsoptionen aufzuzeigen.”

Rechtskräftiges Urteil: Mehr Klimaschutz im Wald

Druck dabei bekommt die Bundesregierung nun von den Gerichten. Denn die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hatte gegen die deutsche LULUCF-Regel als unzureichend geklagt. Das Oberverwaltungsgericht Berlin gab der DUH im Frühjahr recht. Ende August verzichtete das Umweltministerium darauf, Revision gegen das Urteil einzulegen und akzeptierte damit die Verurteilung zu mehr Anstrengungen für den Klimaschutz im LULUCF-Bereich.

Das bedeutet nach Meinung der DUH, dass die Regierung bis Ende Oktober ihre Planungen zu diesem Zweck offenlegen und innerhalb von sechs Monaten verabschieden müsse. Sonst werde man ein “Zwangsvollstreckungsverfahren gegen die Bundesregierung einleiten”, so der Verband. Er fordert als Klimaschutzmaßnahmen:

  • deutlich weniger Holzentnahme aus den Wäldern
  • Wiedervernässung von mindestens 50.000 Hektar Moor pro Jahr
  • keine weitere Förderung von Holzverbrennung in Kraftwerken.

Es sei “das erste Mal, dass ein Umweltverband eine rechtskräftige Verurteilung der Bundesregierung zu sofortigen konkreten Klimaschutzmaßnahmen vor einem Verwaltungsgericht erwirken konnte“, heißt es von der DUH. Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner meint, die “positive Wirkung dieses Urteils für den Naturschutz und die Landnutzung ist gar nicht zu überschätzen.” Die Regierung werde gezwungen, auch in der Forstpolitik mehr für den Klimaschutz zu tun, “überfällig ist ein ambitioniertes neues Waldgesetz, das sich am Ökosystem Wald und nicht einseitig an den Interessen der Forstindustrie orientiert.”

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COP29 und Bergkarabach: Diese Klimafakten dominieren den Kaukasus-Konflikt

Im September 2023 eroberten aserbaidschanische Truppen Bergkarabach.

Vor mehr als einem Jahr griff Aserbaidschan die Enklave Bergkarabach an. Über hunderttausend Menschen ergriffen die Flucht nach Armenien. Vor dem Weltklimagipfel COP29, der im November in Aserbaidschans Hauptstadt Baku stattfindet, könnte den beiden Kriegsparteien eine Einigung gelingen. Im ältesten Konflikt im Kaukasus spielen diese sieben Klima-, Energie- und Rohstofffragen eine wichtige Rolle:

1. Europas Gas-Deal mit Aserbaidschan

Aserbaidschan ist reich an fossiler Energie: Öl- und Gasexporte machen rund 90 Prozent der aserbaidschanischen Ausfuhren und 60 Prozent des Staatshaushalts aus. Der autokratische Präsident Ilham Alijew nutzte diese Einkünfte, um Bergkarabach in einer Blitzoffensive im September 2023 zurückzuerobern. Die Region wird international Aserbaidschan zugerechnet, war aber fast ausschließlich von Armeniern bevölkert.

Europa half indirekt mit: EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen vereinbarte im Juli 2022 eine Gaspartnerschaft mit Aserbaidschan – mit dem Ziel, die Gasimporte in die EU bis 2027 zu verdoppeln. Eigentlich soll das Gas aus Aserbaidschan russisches Gas wegen des Kriegs in der Ukraine ersetzen. Der Haken: Aserbaidschan kann die geplante Gasmenge selbst gar nicht liefern. Das Land importiert daher auch Gas aus Russland, das in die EU weitergeleitet wird. Wegen der Menschenrechtslage in Aserbaidschan fordert das EU-Parlament die Aussetzung des Gas-Abkommens und Sanktionen gegen Baku. Doch aller Kritik zum Trotz: Die Gas-Importe haben weiterhin Bestand.

2. Armenien will weg von Russlands Öl und Gas

Armenien verfügt dagegen nicht über eigene fossile Ressourcen – in Energiefragen ist das kleine Land fast vollständig abhängig von Russland. Im Jahr 2022 stammten rund drei Viertel aller Ölimporte aus Russland, beim Erdgas waren es sogar fast 90 Prozent. Eigene Energie gewinnt Armenien vor allem aus Wasserkraft und dem Atomkraftwerk Mezamor, dem einzigen AKW im Kaukasus, das gut ein Viertel zur Stromversorgung beiträgt. Erneuerbare Energien machten laut der Internationalen Energieagentur 2021 rund 30 Prozent der Stromproduktion aus. Bis 2036 soll ihr Anteil auf 66 Prozent steigen.

Experten bescheinigen dem kleinen Land ein enormes Potenzial. “Die Regierung unter Premierminister Nikol Paschinjan hat die Gefahr der Energieabhängigkeit erkannt“, sagt der Politökonom Armen Sahakjan. “Mit weniger importierten fossilen Brennstoffen kann Armenien selbstbewusster in den internationalen Beziehungen auftreten.” Sahakjan verweist auf das benachbarte Georgien, das ähnliche Pläne verfolgt: Ein neues Unterseekabel durch das Schwarze Meer soll künftig Strom aus Wasser- und Windkraft nach Europa transportieren. “Eine Beteiligung Armeniens am Unterseekabelprojekt würde es dem Land ermöglichen, grüne Energie via Georgien auf die europäischen Märkte zu exportieren – und damit eine engere Zusammenarbeit mit der EU zu fördern”, erklärt Sahakyan, der als Berater in Jerewan tätig ist.

Um aus der Energieabhängigkeit von Russland auszubrechen, braucht Armenien die Unterstützung der reichen Länder. Als Entwicklungsland (Non-Annex-I) der UN-Klimarahmenkonvention fordert es globale Klimahilfen zur Umsetzung seines Nationalen Beitrags (NDC). Außerdem soll der Mechanismus “Schulden gegen Klimaschutz” zusätzliche Finanzmittel für Klimamaßnahmen mobilisieren.

3. Die Klimakrise trifft den Kaukasus

Nötig ist Klimaschutz allemal: Der Klimawandel trifft den Südkaukasus hart. Im Mai hatte Armenien mit den schlimmsten Überflutungen seit Jahrzehnten zu kämpfen. Mindestens vier Menschen kamen im Norden des Landes ums Leben, fast 270 Menschen mussten aus ihren Häusern fliehen. Erstmals half auch die EU und unterstützte die Flutopfer mit 100.000 Euro humanitärer Hilfe. Aserbaidschan wird laut einer Studie der Weltbank und der Asiatischen Entwicklungsbank mit zunehmenden Extremwetterereignissen, Einbußen in der Landwirtschaft sowie negativen Auswirkungen auf die Gesundheit konfrontiert sein.

4. Wasser als Waffe

Wasserprobleme verschärfen die Krise. Aserbaidschan warf Armenien bereits vor der Offensive im Jahr 2020 vor, den Zugang zu Wasser in Bergkarabach als Druckmittel zu benutzen. Rund 75 Prozent der Wasserressourcen in Aserbaidschan stammen aus Oberflächenwasser, das außerhalb des Staatsgebiets entspringt. Seit Bergkarabach in aserbaidschanischer Hand ist, kontrolliert wiederum Aserbaidschan alle Quellen und Zuflüsse, die Armeniens größtes Gewässer, den Sevansee, speisen. Die Wasserproblematik böte theoretisch auch eine Chance der Zusammenarbeit. Nötig wäre nach Auffassung von Fachleuten ein zwischenstaatliches Wassermanagement. Der Klimagipfel könnte hier ansetzen.

5. Grüne Vorzeigeprojekte in Bergkarabach

Ausgerechnet im zurückeroberten Bergkarabach baut Aserbaidschan Öko-Mustersiedlungen – Kritikern wie Menschenrechtsaktivist Arschak Makitschjan zufolge, “um vor der COP einen Krieg grün zu färben“. In Zangilan entsteht ein Smart Village, das mit erneuerbarem Strom aus einem Kleinwasserkraftwerk betrieben wird. Schon 2021 erklärte Präsident Alijew Bergkarabach zur “grünen Energiezone” und stellte Investitionen vor allem in Wasserkraft, aber auch in Wind- und Solarenergie in Aussicht. Zugleich schreitet die Wiederansiedlung aserbaidschanischer Bürger voran.

6. Wichtige Rohstoffe aus Bergkarabach

Aserbaidschan macht keinen Hehl daraus, mit der Einnahme des Gebiets auch seine eigene Zukunft nach dem Ende von Öl und Gas zu sichern. Das zeigt ein Regierungsbericht über “Wirtschaftliche Mineralien” in Bergkarabach: 350 Vorkommen kritischer Rohstoffe wurden dort gefunden, darunter Kupfer, Kobalt und Lithium. Materialien, die auch Europa dringend für seine Energiewende braucht. Nur einen Monat nach der Eroberung lud Mukhtar Babajew, Minister für Umwelt und Rohstoffe des Landes, zur “GeoMining Baku” ein – der ersten Bergbau-Messe in Aserbaidschan. “Die neuen Gebiete verfügen sind reich an natürlichen Bodenschätzen, die eine wichtige Rolle beim Wiederaufbau spielen werden”, sagte er. Babajew ist auch designierter Präsident der COP29.

7. Frieden vor der COP?

Die internationale Klimakonferenz gilt als temporäre Sicherheit für Armenien. Doch hochrangige Diplomaten fürchten, dass es nach der COP29 zu einem erneuten Angriff kommen könnte. “Armeniens Präsident Paschinjan macht Aserbaidschan laufend Zugeständnisse – in der Hoffnung, Alijew zu besänftigen”, kritisiert der Politologe Tigran Grigoryan, der von 2020 bis 2021 im Büro des armenischen Sicherheitsrates arbeitete. Dabei brauche Alijew in Armenien einen äußeren Feind zum eigenen Machterhalt. Aserbaidschan fordert auch eine Verfassungsänderung von Armenien, da in ihr Gebietsansprüche auf Bergkarabach festgeschrieben sind. Paschinjan räumt die Notwendigkeit ein, Änderungen dürften aber nicht vor 2027 abgeschlossen sein – was den Friedensprozess verzögern könnte.

Bislang wird daher nur über ein Rahmenabkommen verhandelt, das völkerrechtliche Grundsätze enthalten soll. Ein solcher Friedensschluss vor oder während der Eröffnung des Klimagipfels wäre denkbar, aber “ein PR-Sieg” für Aserbaidschan, meint der Analyst Grigoryan. Für einen dauerhaften Frieden müssten auch die strittigen Grenzfragen behandelt werden.

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Termine

2. Oktober, 11 bis 12 Uhr, Online
Diskussion Climate-Neutral Aviation: What’s the Role of Hydrogen?
Der Thinktank Epico Klimainnovation stellt auf diesem Webinar ein Policy-Paper zu klimaneutralem Fliegen vor. Die Diskussionsteilnehmer werden sich mit den Herausforderungen im Zusammenhang mit Wasserstoff, dem rechtlichen Umfeld und dem Potenzial zur Verringerung der CO2– und Nicht-CO2-Emissionen im Luftfahrtsektor befassen. Info

7. Oktober, 17.15 Berlin/Online
Diskussion Bevölkerungsschutz bei Wetterextremen
Auf zwei Panels wird auf dieser Veranstaltung der Bundestagsfraktion der Grünen darüber diskutiert, wie Bevölkerungsschutz bei Extremwetter aussehen kann. Das erste Panel trägt den Titel “Hochwasser, Waldbrände und Hitzeperioden – Wie bereiten wir den Bevölkerungsschutz auf die eskalierende Klimakrise vor?”. Das zweite heißt “Großschadenslage Stromausfall: Lehren für den medizinischen Bevölkerungsschutz bei Wetterextremen”. Info

7. bis 8. Oktober, Berlin
Seminar Auf dem Weg zur Treibhausgasneutralität – Vom Klimaschutzkonzept zu konkreten regulatorischen Instrumenten der Kommunen
Einige Vorreiterkommunen streben eine Treibhausgasneutralität bereits 2030 an – und somit 15 Jahre früher als der Bund. Doch wie erreichen die Kommunen ihre Klimaschutzziele? Welche Handlungsfelder sind dafür besonders wichtig? Und welche Instrumente stehen dafür bereit? Diese und weitere Fragen werden auf dem Seminar des Deutschen Instituts für Urbanistik (difu) diskutiert.  Infos

7. bis 8. Oktober, Hamburg
Konferenz Hamburg Sustainability Conference
Die Konferenz findet erstmalig statt, weitere Treffen sind 2025 und 2026 geplant. Ziel ist es, mit rund 800 Vertretern aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft zahlreicher Länder Lösungen zum Erreichen der UN-Nachhaltigkeitsziele zu entwickeln. Infos

7. bis 14. Oktober, Berlin/Online
Aktionswoche Alternative Rohstoffwoche
Die Aktionswoche will mit zahlreichen Veranstaltungen Raum für eine kritische Auseinandersetzung mit der deutschen Rohstoffpolitik schaffen. Sie wird vom Arbeitskreis Rohstoffe, einem Zusammenschluss aus verschiedenen NGOs, ausgerichtet und organisiert.  Infos

8. Oktober, 9.30 Uhr, Berlin
Konfernz Jahreskonferenz des Rats für Nachhaltige Entwicklung
Dieses Jahr widmet sich die Konferenz der Frage “Nachhaltigkeit im Stresstest – Wie sichern wir den gesellschaftlichen Zusammenhalt?”. Es wird unter anderem eine Keynote von Bundeskanzler Olaf Scholz geben.  Infos

8. Oktober, 9 Uhr, Berlin/Online
Konferenz Berlin Climate and Security Conference
Die Konferenz findet unter der Leitfrage “How to secure a climate for peace?” statt. Am 7. und 9. Oktober finden neben der Hauptveranstaltung noch Side-Events an verschiedenen Orten in Berlin statt.  Infos

9. bis 11. Oktober, Cascais, Portugal
Konferenz Internationale Jahreskonferenz des Klima-Bündnisses
Die Konferenz des Klima-Bündnisses findet unter dem Motto “Resilienz in unseren Regionen, Städten und Gemeinden fördern” statt. Es werden Möglichkeiten diskutiert, wie Resilienz aus dem Regionalen heraus gestärkt werden kann.  Infos

9. und 10. Oktober, Fulda und Bad Hersfeld
Tagung Klimaschutz und Klimafolgenanpassung in kleinen und mittleren Städten – wie kann die Umsetzung gelingen?
Klimaschutz und Klimafolgenanpassung betreffen alle Städte und Gemeinden. Mittlerweile liegen zahlreiche positive Erfahrungen vor, oft haben sich aber auch Umsetzungsschwierigkeiten gezeigt. Darüber wird auf der Konferenz der Brandenburgischen Beratungsgesellschaft für Stadterneuerung und Modernisierung mbH diskutiert. Infos

10. und 11. Oktober, Berlin
Tagung Starke Netze – Starke Zukunft
Auf der Veranstaltung des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft wird über die zukünftigen Herausforderungen für Energienetze diskutiert.  Infos

News

Klima in Zahlen: Norwegen stellt CCS-Projekt “Northern Lights” fertig

Norwegen hat einen großen Schritt zur Speicherung von CO₂ vor der Küste des Landes gemacht. Das Joint Venture “Northern Lights” hat sowohl die Offshore-Infrastruktur zum Speichern von CO₂ im Meeresboden als auch die Infrastruktur an Land zum Umschlagen des verflüssigten CO₂ vom Schiff in eine Pipeline fertiggestellt. Ab dem Jahr 2025 können erste CO₂-Lieferungen aus der europäischen Industrie circa 100 Kilometer vor der norwegischen Küsten gespeichert werden. Zunächst plant Northern Lights mit einer Speicherung von jährlich 1,5 Millionen Tonnen CO₂. Falls es genug Nachfrage gibt, sollen zukünftig bis zu fünf Millionen Tonnen pro Jahr gespeichert werden können.

“Heute haben wir einen wichtigen Meilenstein erreicht, um zu zeigen, dass CCS eine praktische Option zur Erreichung der Klimaziele ist”, sagte der Geschäftsführer von Northern Lights, Tim Heijn, bei der Eröffnung der Infrastruktur. Northern Lights ist ein Gemeinschaftsunternehmen des norwegischen Energieunternehmens Equinor, sowie von Shell und Total Energies. Es ist laut eigenen Angaben das erste Unternehmen, das kommerziellen CO₂-Transport und -Speicherung als Dienstleistung anbietet. Mit dem Bau der Infrastruktur wurde 2021 begonnen. nib

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Ukraine: Diese Unterstützung erhält der Energiesektor für den Winter

Die Ukraine soll vor dem Winter mehr Geld für den kriegsgebeutelten Energiesektor erhalten. Sowohl das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) als auch die EU und die G7 und ihre Partnerstaaten (“G7+-Gruppe”) beschlossen zuletzt neue Hilfspakete. Die ukrainische Energieinfrastruktur zählt zu den Hauptzielen von Putins Angriffskrieg. Aktuell sind 80 Prozent der Wärmekraftwerke und mehr als ein Drittel der Wasserkraftwerke zerstört. Das ukrainische Energieministerium rechnet daher im kommenden Winter mit vermehrten Stromabschaltungen – für die ukrainische Bevölkerung eine immense Herausforderung.

Angesichts dessen beschloss der Haushaltsausschuss des Bundestags vergangene Woche ein Winterpaket für die Ukraine. Mit über 70 Millionen Euro wird das BMZ Städten und Kommunen in der Ukraine kleinere Blockheizkraftwerke, Kesselanlagen, Generatoren und Solaranlagen finanzieren. Insgesamt erhält das Land, in dessen Energiesektor bereits rund zwei Milliarden Euro EU-Hilfen flossen, vor dem Winter weitere EU-Förderung im Umfang von 160 Millionen Euro. Für die Unterstützung werde erstmals auf eingefrorene russische Vermögenswerte in der EU zugegriffen. Und auch die G7+-Gruppe sicherte dem Land am Rande der 79. Generalversammlung der Vereinten Nationen ihre Unterstützung zu.

Ukrainisches Energiesystem nachhaltig wiederaufbauen und dekarbonisieren 

Das Team von “Green Deal Ukraina” forscht derweil konkret in Richtung einer langfristigen, sicheren Energieinfrastruktur. Das im Sommer 2023 gestartete Projekt unter Federführung des Helmholtz-Zentrums Berlin sowie der Thinktanks Forum Energii aus Polen, Dixi Group und Eco Action aus der Ukraine, will bis 2027 in Kiew einen unabhängigen Thinktank einrichten. Der soll die Ukraine bei energie- und klimapolitischen Entscheidungen beraten. Ziel des Projekts Green Deal Ukraina ist es, das ukrainische Energiesystem nachhaltig wiederaufzubauen und zu dekarbonisieren.

Um diese Kernziele zu erreichen, modellierte das Team in Zusammenarbeit mit der Technischen Universität Berlin den voraussichtlichen Mangel an Elektrizität für den Zeitraum Juni 2024 bis Mai 2025. Um die erwarteten Stromengpässe zu verhindern, formulierte es politische Maßnahmen: Neben der Reparatur der beschädigten Infrastrukturen müsse die Ukraine verstärkt in erneuerbare Energien investieren und auf kleine Gaskraftwerke und Stromeinfuhren aus der EU setzen. 

Energieaktionsplan empfiehlt Back-up-Optionen zum Heizen 

Die bisher gesammelten Daten von “Green Deal Ukraina” flossen in den Ende September veröffentlichten “Energieaktionsplan” für die Ukraine und ihre Partner. Die Internationale Energieagentur (IEA) definiert darin zehn konkrete Handlungsfelder, um den Energiesektor für den anstehenden Winter zu wappnen. Die Autorinnen und Autoren raten unter anderem, die physische und digitale Sicherheit der kritischen Energieinfrastruktur zu verbessern und Stromübertragungskapazitäten mit der Europäischen Union auszubauen. Für den Winter empfiehlt das Papier Back-up-Optionen zum Heizen – etwa “Flüssiggas-Heizungen, Holz- und Kohleöfen sowie entsprechende Brennstoffreserven”. Langfristiges Ziel sei ein “modernes, marktorientiertes, widerstandsfähiges und nachhaltiges ukrainisches Energiesystem, das gut in das EU-System integriert ist”. asc

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Anpassungsstrategie: BMUV legt Entwurf vor

Das Bundesumweltministerium (BMUV) hat die Deutsche Anpassungsstrategie an den Klimawandel auf den Weg gebracht. Nun geht der Entwurf in die Länder- und Verbändeanhörung. Für die Strategie haben verschiedene Ressorts 34 Ziele und 53 Unterziele für die Anpassung an den Klimawandel erarbeitet, sie decken diese sieben Bereiche ab:

  • Infrastruktur;
  • Land und Landnutzung;
  • menschliche Gesundheit und Pflege;
  • Stadtentwicklung, Raumplanung und Bevölkerungsschutz;
  • Wasser;
  • Wirtschaft, und
  • ein Cluster mit übergreifenden Themenbereichen.

Das endgültige Strategiepapier soll laut Umweltministerin Steffi Lemke noch vor Jahresende vom Kabinett beschlossen werden. Zuvor war am 1. Juli das neue Gesetz zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels in Kraft getreten, das die Bundesregierung dazu verpflichtet, eine solche Anpassungsstrategie zu erarbeiten.

“Wir wollen damit ins Vorsorgen kommen”, sagte Lemke. Die Klimaanpassungsstrategie lege erstmals “systemisch erarbeitete” und “überprüfbare und messbare Ziele” vor. Die Ausgestaltung und Quantifizierung der Ziele ist allerdings sehr unterschiedlich und bleibt oft vage. So soll etwa die Anpassungsfähigkeit der Wälder gestärkt werden oder die Auswirkungen des Klimawandels stärker in Raumordnungsplänen berücksichtigt werden. Außerdem sollen 80 Prozent der Gemeinden und Landkreise bis zum Jahr 2030 über ein Klimaanpassungskonzept verfügen. kul

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  • Klimaanpassung
  • Umweltministerium

Ökostrom: Rekordzuwachs bei Arbeitsplätzen im Vorjahr

Die Zahl der Arbeitsplätze bei erneuerbaren Energien ist weltweit deutlich gewachsen. Im vergangenen Jahr gab es in der Branche mindestens 16,2 Millionen Jobs – und damit 18 Prozent mehr als im Vorjahr. Das sei der bislang größte Zuwachs, wie die UN-Organisation für Arbeit (ILO) und die Internationale Organisation für erneuerbare Energien (Irena) am Dienstag berichteten.

Mit insgesamt 7,4 Millionen Jobs entfielen 45 Prozent der Stellen allein auf China. Von 2010 bis 2023 habe China seinen Anteil von 2,6 Prozent an der weltweiten Solar- und von 16 Prozent an der globalen Windenergie-Kapazität auf jeweils rund 43 Prozent gesteigert. Das Land habe in den Jahren 2014 bis 2023 fast dreimal so viel wie die USA und doppelt so viel wie Europa in erneuerbare Energien investiert – insgesamt knapp 1,4 Billionen Euro.

Der Bericht zeigt allerdings auch, dass beispielsweise Afrika “trotz seines immensen Potenzials an Ressourcen” nur einen kleinen Anteil der globalen Investitionen in Erneuerbare erhält. 2023 gab es in dieser Branche 324.000 Jobs. Für das internationale Versprechen der Verdreifachung erneuerbarer Energien bis 2030 müsse die Welt “marginalisierte Regionen bei der Beseitigung von Hindernissen unterstützen, die ihren Übergangsprozess behindern”, sagte dazu Francesco La Camera, Generaldirektor von Irena. Er verwies auch darauf, dass etwa nur ein Drittel der Jobs von Frauen belegt werde.

Deutschland verdoppelte Jobs im Solarbereich

In der EU befanden sich demnach 1,8 Millionen Stellen im Bereich der erneuerbaren Energien. Bei Windkraft lag Deutschland nach diesem Bericht innerhalb der EU mit fast 109.000 Stellen an erster Stelle. Im Solarbereich habe es in Deutschland 2023 fast 155.000 Stellen gegeben – gut doppelt so viele wie im Jahr davor.

Im EU-Raum könnte der Jobzuwachs in der Solarbranche allerdings in diesem Jahr stagnieren. Davor warnt ein Bericht von Solar Power Europe, der ebenfalls am Montag veröffentlicht wurde. Der Branchenverband rechnet mit einem Jobzuwachs von lediglich 0,4 Prozent in diesem Jahr. Das spiegle einen geringeren Ausbau der Solarkraft wider, das sich vor allem im Bereich von Dachanlagen abzeichne. Im Vorjahresbericht rechnete der Verband noch damit, dass es in der EU bereits nächstes Jahr mehr als eine Million Jobs in der Solarbranche geben werde. Nun rechnet der Verband mit dieser Beschäftigungszahl erst für das Jahr 2027. Für die kommenden Jahre prognostiziert der Bericht aber je nach Szenario wieder vier bis zehn Prozent mehr Jobs pro Jahr. dpa/lb

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USA: So viele Abgaben zahlen Ölkonzerne im Ausland

Die drei größten US-Energieunternehmen ExxonMobil, Chevron und ConocoPhillips haben im vergangenen Jahr mehr als 42 Milliarden US-Dollar an ausländische Staaten gezahlt. Das ist rund achtmal mehr, als sie in den USA gezahlt haben, wie aus behördlichen Unterlagen hervorgeht.

Diese sind in diesem Jahr aufgrund einer neuen Transparenzvorschrift der Börsenaufsicht erstmals erforderlich. Dadurch soll klar werden, ob die US-Steuerzahler einen angemessenen Anteil am Wert der rasant steigenden US-Produktion erhalten.

Exxon beispielsweise zahlte im Vorjahr 2,3 Milliarden US-Dollar an Steuern, Lizenzgebühren und anderen Leistungen an die USA – verglichen mit 7,4 Milliarden US-Dollar an die Vereinigten Arabischen Emirate, 4,6 Milliarden an Indonesien und 3,2 Milliarden an Malaysia. Insgesamt flossen 90 Prozent der 25 Milliarden US-Dollar an Abgaben ins Ausland, obwohl fast ein Viertel der weltweiten Explorations- und Produktionseinnahmen aus den USA stammen. “Die Wahrheit ist, dass wir hier in den USA mit die schlechtesten Bedingungen für die Förderung unserer natürlichen Ressourcen haben“, sagte Michelle Harrison, Rechtsexpertin der NGO Earth Rights International. rtr/lb

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  • Fossile Industrien
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Standpunkt

E3G: Wie Investitionsschutzabkommen die globale Energiewende untergraben

Von Jordan Dilworth
Jordan Dilworth, E3G

Im Jahr 2021 forderte der deutsche Energiekonzern RWE von den Niederlanden eine Entschädigung in Höhe von 1,4 Milliarden Euro für die Entscheidung des Landes, bis 2030 aus der Kohle auszusteigen. Die Regierung, so argumentierte RWE im Rahmen eines internationalen Schiedsverfahrens, habe keinen angemessenen Ausgleich für den Ausstieg aus der Kohleverstromung in RWE-Kraftwerken geleistet. Später zog der Konzern seine Klage zurück. Aber der Fall zeigt beispielhaft, wie gefährlich internationale Schiedsgerichte dem globalen Klimaschutz werden können. Denn sie schützen fossile Interessen.

RWE erhob seine Forderung auf der Grundlage des Energiechartavertrags (Energy Charter Treaty, ECT). Es ist das Investitionsabkommen, auf das sich ausländische Investoren am häufigsten berufen – aber es ist nicht das einzige. Es gibt fast 2.500 weitere Investitionsabkommen weltweit, die wie der ECT umstrittene Bestimmungen zu sogenannten Investor-Staat-Streitbeilegungsmechanismen (investor-state dispute settlement, ISDS) beinhalten. Sie ermöglichen es Investoren, vor internationalen Schiedsgerichten Ansprüche gegen die Regierungen ihrer Gastländer geltend zu machen, wenn deren Politik ihre Geschäftsinteressen beeinträchtigt.

Weil ISDS auch Investitionen in fossile Brennstoffe schützen, stellen sie ein hohes Risiko für die globale Energiewende dar. Dieses Risiko wird in der internationalen Klimadebatte nach wie vor übersehen.

Mindestens 82,8 Milliarden für die fossile Industrie

Schon in der Vergangenheit hat die fossile Brennstoffindustrie am meisten von der Nutzung des ISDS-Mechanismus profitiert. In öffentlich bekannten Fällen – viele Verfahren finden hinter verschlossenen Türen statt – hat sie mindestens 82,8 Milliarden US-Dollar gewonnen. Ein erfolgreicher Fall und sogar die bloße Drohung, in einem ISDS-Verfahren verklagt zu werden, erhöht die Kosten für Klimaschutzmaßnahmen und verringert den fiskalischen Spielraum, um auf den Klimawandel zu reagieren.

Die Europäische Union und elf weitere Länder, darunter Deutschland, sind sich der Bedrohung durch den ECT bewusst. Seit 2022 haben sie den Vertrag verlassen oder beschlossen, das zu tun. Aber weil es so viele weitere Investitionsabkommen mit ISDS gibt, die Investitionen in fossile Brennstoffe auf die gleiche Weise schützen, bleibt die Gefahr bestehen.

Die Verantwortung von Deutschland und der G7

Der jüngste Bericht von E3G mit dem Titel “Investment Treaties are Undermining the Global Energy Transition” zeigt, wie groß das Risiko ist. Er kartiert die globalen Vermögenswerte der fossilen Industrie und die damit verbundenen Treibhausgasemissionen, die durch Investitionsabkommen mit ISDS geschützt sind:

Weltweit schützen Investitionsabkommen fossile Vermögenswerte, die zusammen bis zu rund zwei Gigatonnen (Gt) CO₂-Äquivalent (CO₂e) pro Jahr ausstoßen können. Muttergesellschaften mit Sitz in der G7 sind für 50 Prozent des Gesamtvolumens verantwortlich. Ihr Anteil entspricht über 40 Prozent der Treibhausgasemissionen der G7 aus der Stromerzeugung im Jahr 2022.

Die siebthöchste Menge an durch ISDS potenziell geschützten Emissionen kommt aus Deutschland. Ägypten und Nigeria sind dem höchsten Risiko ausgesetzt, über ISDS belangt zu werden. Indonesien, unterstützt durch eine Just Energy Transition Partnership (JETP), trägt ebenfalls ein hohes Risiko.

Staaten verpflichten sich zum Klimaschutz – und schützen Emissionen

Am Beispiel der Clean Energy Transition Partnership (CETP) zeigt sich die Spannung zwischen Investitionsabkommen und internationalen Klimabemühungen sehr klar: Sechs der 15 Länder, die jenseits ihrer Grenzen besonders hohe Treibhausgasemissionen durch ISDS schützen, sind zugleich der CETP beigetreten. Dadurch haben sie sich verpflichtet, neue Exportfinanzierungen für fossile Projekte im Ausland nicht mehr zu unterstützen. Auch Deutschland ist unter ihnen.

Wenn Länder, die mutige Klimaschutzmaßnahmen verfolgen, ihre Verpflichtungen ernst nehmen, müssen Investitionsabkommen reformiert werden. Diese Reformen müssen von im Klimaschutz besonders ehrgeizigen Ländern angeführt werden. So können beispielsweise Länder, die aus dem Vertrag über die Energiecharta aussteigen, die Kohärenz ihrer Klimaverpflichtungen sicherstellen, indem sie andere Investitionsabkommen in Angriff nehmen. Auch Deutschland sollte seinen Ansatz überdenken und eine Strategie entwickeln, um seinen gesamten Bestand an Investitionsverträgen wirksam anzugehen. Dazu gehört auch die Erwägung, ISDS-Bestimmungen in neuen Verträgen auszuschließen.

Für eine Reformdebatte auf der COP29

Multilaterale Organisationen wie die OECD, die Kommission der Vereinten Nationen für internationales Handelsrecht (UNCITRAL) und die Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung (UNCTAD) haben die Gespräche über eine Reform der internationalen Investitionsschutzverträge fortgesetzt. Die Diskussionen kommen aber nicht schnell genug voran, um der Dringlichkeit der Klimakrise gerecht zu werden.

Deshalb muss die Agenda zur Reform der Investitionsschutzabkommen schnellstmöglich in umfassendere Klimaverhandlungen in multilateralen Foren wie den G7-, G20- und UNFCCC-Prozessen integriert werden. Auch die bevorstehende COP29, die sich auf die Klimafinanzierung konzentrieren wird, bietet dazu eine Gelegenheit. Im Klimaschutz führende Länder, die in der E3G-Rangliste der Staaten mit den höchsten durch ISDS geschützten Treibhausgasemissionen vorkommen, sollten diese Diskussionen anführen – darunter das Vereinigte Königreich, Deutschland und Frankreich.

Investitionsabkommen mit ISDS stehen im Widerspruch zu den internationalen Bemühungen der reichsten Länder, aus fossilen Brennstoffen auszusteigen und die internationalen Finanzströme auf Netto-Null-Ziele umzulenken. Unsere Empfehlungen geben den Ländern ein weiteres Instrument an die Hand, um auf Investitionsabkommen zu reagieren. Es wäre ein wichtiger Baustein, um kohärenten Klimaschutz zu erreichen.

Jordan Dilworth ist wissenschaftlicher Mitarbeiter im E3G Clean Economy Team, wo er sich mit der Abstimmung von Investitionsverträgen auf Netto-Null-Ambitionen beschäftigt.

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Climate.Table Redaktion

CLIMATE.TABLE REDAKTION

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    Liebe Leserin, lieber Leser,

    die Bundesregierung hat den Wald als Klimaschützer fest eingeplant. Aber neue offizielle Berechnungen lassen daran zweifeln, dass die Bäume auch in Zukunft Treibhausgase einlagern können. Warum dieser wichtige deutsche CO₂-Speicher bald ausfallen könnte und wie das Umweltministerium diese Klimaschutzlücke zu schließen plant, analysiert Bernhard Pötter für Sie.

    Einen Monat vor dem Weltklimagipfel COP29 in Aserbaidschan schauen wir auf den langwierigen Konflikt mit Armenien um Bergkarabach. Vor einem Jahr griff Aserbaidschan die Enklave an. Warum der Konflikt im Kaukasus von Klima- und Energiefragen dominiert wird und was die COP29 damit zu tun hat, hat Maximilian Arnhold recherchiert.

    Außerdem berichten wir über neue Unterstützung für die attackierte Energieinfrastruktur der Ukraine, über einen Entwurf zur Klimaanpassung aus dem BMUV und über den Zuwachs an Jobs im Ökostrombereich, der allerdings von einer Statistik getrübt wird.

    Wir wünschen Ihnen eine aufschlussreiche Lektüre!

    Ihr
    Lukas Bayer
    Bild von Lukas  Bayer

    Analyse

    Deutschland: Warum der Wald als CO₂-Speicher ausfällt

    Der Wald leidet unter Stress und fällt als Klimaschützer in weiten Teilen aus: Tote Fichten im Taunus.

    Der Wald und die Landwirtschaft in Deutschland werden in den nächsten Jahrzehnten wohl deutlich weniger zum Klimaschutz beitragen können als geplant. Die CO₂-Speicherfähigkeit des Sektors Landnutzung (LULUCF) hat sich in den letzten Jahren stark reduziert und ist nun praktisch verschwunden. In den nächsten Jahren bis 2030 rechnen Experten im Gegenteil damit, dass der Sektor mehr Treibhausgase ausstößt als er einlagert – dass er also von einer CO₂-Senke zu einer CO₂-Quelle wird. Das geht aus Projektionen des Thünen-Instituts hervor. Auch eine neue Studie des Umweltbundesamts (UBA) zeigt in diese Richtung.

    Thünen-Institut: Weniger CO₂-Speicher als angenommen

    In den “Projektionsdaten zu den Treibhausgasemissionen” des Johan Heinrich von Thünen-Instituts, dem Bundesforschungsinstitut für ländliche Räume, Wald und Fischerei, heißt es, dass “der Sektor Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft (LULUCF) in der Summe erheblich weniger Kohlendioxid aufnimmt als bisher angenommen.” Auch in der “Bundeswaldinventur”, die das Bundesministerium für Landwirtschaft BMEL am 8. Oktober vorstellen will, wird dieser Trend deutlich beschrieben: Über die letzten Jahre hat vor allem der Wald immer weniger Kohlendioxid eingelagert.

    Dabei könnten die offiziellen Daten von Treibhausgasinventur und Bundeswaldinventur das Problem noch unterschätzen, legt die aktuelle Studie des Öko-Instituts im Auftrag des UBA nahe. Denn die offiziellen Rechnungen “berücksichtigen natürliche Störungen im Wald wie starke Trockenheit, Schäden durch Käfer und den damit verbunden Rückgang der Vitalität der Bäume sowie ihr Absterben nicht ausreichend“, heißt es vom Öko-Institut. Insgesamt liege die CO2-Speicherfunktion des deutschen Waldes deshalb wohl “für die Jahre 2018 bis 2021 um 55 bis 60 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr geringer als bisher angenommen”, so das Fazit.

    Dabei plant die offizielle deutsche Klimapolitik den Forstsektor als Senke dringend ein: Von 2027 bis 2030 sollen laut Klimaschutzgesetz (KSG) jedes Jahr 25 Millionen Tonnen CO₂ gespeichert werden – 2037 bis 2040 sollen es schon 35 Millionen Tonnen jährlich sein. Und Zielwert für die letzten drei Jahre vor der gesetzlich festgelegten Klimaneutralität 2045 sind sogar 40 Millionen Tonnen. Damit sollen die Wälder, die ein Drittel Deutschlands auf 11,4 Millionen Hektar bedecken, laut KSG etwa Emissionen aus der Zementindustrie ausgleichen, die sich ansonsten nur sehr schwer vermeiden lassen.

    Gesetzliche Ziele bislang in weiter Ferne

    Diese Werte werden allerdings nach den bisherigen Projektionen des Thünen-Instituts weit verfehlt. In einem Szenario, das alle Klimaschutzmaßnahmen bis zum Frühjahr 2024 einrechnet, speichert der Sektor in den Jahren um 2030 höchstens etwa eine Million Tonnen – die Lücke zu den gesetzlich Vorgaben beträgt also etwa 24 Millionen Tonnen. Noch größer wird die Zielverfehlung in den späteren Jahren: Während das KSG vom deutschen Wald Speicherleistung von 35 bis 40 Millionen Tonnen im Jahr erhofft, schafft es der Sektor laut Projektion gerade mal, in der Summe seine Emissionen bei etwa Null zu halten.

    In Fachkreisen ist es ein offenes Geheimnis, dass der deutsche Wald droht, als Klimaschützer auszufallen. Allerdings heißt es offiziell immer noch, der Wald sei eine wichtige Kohlenstoffsenke, er habe 2019 drei Prozent der deutschen Emissionen ausgeglichen – noch 2012 waren das nach offiziellen Zahlen 12 Prozent. Auch die aktuelle Bundeswaldinventur wird darüber kaum eine Aussage machen, denn sie blickt auf die vergangenen zehn Jahre.

    Umweltministerium setzt auf natürlichen Klimaschutz

    Das zuständige Bundesumweltministerium bestätigt indes auf Nachfrage die düstere Vorhersage des Thünen-Instituts: Man sehe “keinen Anlass, die Ergebnisse der aktuellen Klimaprojektionen für den LULUCF-Sektor (…) grundsätzlich infrage zu stellen”, heißt es.

    Zur Schließung dieser Klimaschutzlücke setzt das Umweltministerium dabei auf das “Aktionsprogramm natürlicher Klimaschutz” (ANK). Mit dem Sonderprogramm für insgesamt 3,5 Milliarden Euro fördert der Bund etwa Waldumbau, Moorvernässung und die Renaturierung von Flussauen. Diese Maßnahmen tauchen im Thünen-Bericht noch nicht auf, weil sie erst später angeschoben wurden. Die ANK-Maßnahmen seien bei ihrer Konzeptionierung so ausgelegt worden, dass mit ihnen “die Ziele des KSG erreicht werden sollten”, sagte eine Sprecherin gegenüber Table.Briefings. Sicher ist das Ministerium sich da aber nicht. Es verweist auf eine veränderte Methodik bei der Berechnung und auf einen “Nachsteuerungsmechanismus” im ANK.

    Dem Ministerium sei “bewusst, dass die Klimaziele für den Landsektor sehr ambitioniert sind”, so die Sprecherin. Dürren, Unwetter und der Klimawandel hätten große Auswirkungen auf die Emissionsbilanz des Sektors, die nur schwer vorauszusagen seien. “Wir wissen, dass weiterhin großer Handlungsbedarf im Landsektor besteht”, heißt es. Deshalb habe man den Wissenschaftlichen Beirat für Natürlichen Klimaschutz gebeten, “uns Handlungsoptionen aufzuzeigen.”

    Rechtskräftiges Urteil: Mehr Klimaschutz im Wald

    Druck dabei bekommt die Bundesregierung nun von den Gerichten. Denn die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hatte gegen die deutsche LULUCF-Regel als unzureichend geklagt. Das Oberverwaltungsgericht Berlin gab der DUH im Frühjahr recht. Ende August verzichtete das Umweltministerium darauf, Revision gegen das Urteil einzulegen und akzeptierte damit die Verurteilung zu mehr Anstrengungen für den Klimaschutz im LULUCF-Bereich.

    Das bedeutet nach Meinung der DUH, dass die Regierung bis Ende Oktober ihre Planungen zu diesem Zweck offenlegen und innerhalb von sechs Monaten verabschieden müsse. Sonst werde man ein “Zwangsvollstreckungsverfahren gegen die Bundesregierung einleiten”, so der Verband. Er fordert als Klimaschutzmaßnahmen:

    • deutlich weniger Holzentnahme aus den Wäldern
    • Wiedervernässung von mindestens 50.000 Hektar Moor pro Jahr
    • keine weitere Förderung von Holzverbrennung in Kraftwerken.

    Es sei “das erste Mal, dass ein Umweltverband eine rechtskräftige Verurteilung der Bundesregierung zu sofortigen konkreten Klimaschutzmaßnahmen vor einem Verwaltungsgericht erwirken konnte“, heißt es von der DUH. Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner meint, die “positive Wirkung dieses Urteils für den Naturschutz und die Landnutzung ist gar nicht zu überschätzen.” Die Regierung werde gezwungen, auch in der Forstpolitik mehr für den Klimaschutz zu tun, “überfällig ist ein ambitioniertes neues Waldgesetz, das sich am Ökosystem Wald und nicht einseitig an den Interessen der Forstindustrie orientiert.”

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    COP29 und Bergkarabach: Diese Klimafakten dominieren den Kaukasus-Konflikt

    Im September 2023 eroberten aserbaidschanische Truppen Bergkarabach.

    Vor mehr als einem Jahr griff Aserbaidschan die Enklave Bergkarabach an. Über hunderttausend Menschen ergriffen die Flucht nach Armenien. Vor dem Weltklimagipfel COP29, der im November in Aserbaidschans Hauptstadt Baku stattfindet, könnte den beiden Kriegsparteien eine Einigung gelingen. Im ältesten Konflikt im Kaukasus spielen diese sieben Klima-, Energie- und Rohstofffragen eine wichtige Rolle:

    1. Europas Gas-Deal mit Aserbaidschan

    Aserbaidschan ist reich an fossiler Energie: Öl- und Gasexporte machen rund 90 Prozent der aserbaidschanischen Ausfuhren und 60 Prozent des Staatshaushalts aus. Der autokratische Präsident Ilham Alijew nutzte diese Einkünfte, um Bergkarabach in einer Blitzoffensive im September 2023 zurückzuerobern. Die Region wird international Aserbaidschan zugerechnet, war aber fast ausschließlich von Armeniern bevölkert.

    Europa half indirekt mit: EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen vereinbarte im Juli 2022 eine Gaspartnerschaft mit Aserbaidschan – mit dem Ziel, die Gasimporte in die EU bis 2027 zu verdoppeln. Eigentlich soll das Gas aus Aserbaidschan russisches Gas wegen des Kriegs in der Ukraine ersetzen. Der Haken: Aserbaidschan kann die geplante Gasmenge selbst gar nicht liefern. Das Land importiert daher auch Gas aus Russland, das in die EU weitergeleitet wird. Wegen der Menschenrechtslage in Aserbaidschan fordert das EU-Parlament die Aussetzung des Gas-Abkommens und Sanktionen gegen Baku. Doch aller Kritik zum Trotz: Die Gas-Importe haben weiterhin Bestand.

    2. Armenien will weg von Russlands Öl und Gas

    Armenien verfügt dagegen nicht über eigene fossile Ressourcen – in Energiefragen ist das kleine Land fast vollständig abhängig von Russland. Im Jahr 2022 stammten rund drei Viertel aller Ölimporte aus Russland, beim Erdgas waren es sogar fast 90 Prozent. Eigene Energie gewinnt Armenien vor allem aus Wasserkraft und dem Atomkraftwerk Mezamor, dem einzigen AKW im Kaukasus, das gut ein Viertel zur Stromversorgung beiträgt. Erneuerbare Energien machten laut der Internationalen Energieagentur 2021 rund 30 Prozent der Stromproduktion aus. Bis 2036 soll ihr Anteil auf 66 Prozent steigen.

    Experten bescheinigen dem kleinen Land ein enormes Potenzial. “Die Regierung unter Premierminister Nikol Paschinjan hat die Gefahr der Energieabhängigkeit erkannt“, sagt der Politökonom Armen Sahakjan. “Mit weniger importierten fossilen Brennstoffen kann Armenien selbstbewusster in den internationalen Beziehungen auftreten.” Sahakjan verweist auf das benachbarte Georgien, das ähnliche Pläne verfolgt: Ein neues Unterseekabel durch das Schwarze Meer soll künftig Strom aus Wasser- und Windkraft nach Europa transportieren. “Eine Beteiligung Armeniens am Unterseekabelprojekt würde es dem Land ermöglichen, grüne Energie via Georgien auf die europäischen Märkte zu exportieren – und damit eine engere Zusammenarbeit mit der EU zu fördern”, erklärt Sahakyan, der als Berater in Jerewan tätig ist.

    Um aus der Energieabhängigkeit von Russland auszubrechen, braucht Armenien die Unterstützung der reichen Länder. Als Entwicklungsland (Non-Annex-I) der UN-Klimarahmenkonvention fordert es globale Klimahilfen zur Umsetzung seines Nationalen Beitrags (NDC). Außerdem soll der Mechanismus “Schulden gegen Klimaschutz” zusätzliche Finanzmittel für Klimamaßnahmen mobilisieren.

    3. Die Klimakrise trifft den Kaukasus

    Nötig ist Klimaschutz allemal: Der Klimawandel trifft den Südkaukasus hart. Im Mai hatte Armenien mit den schlimmsten Überflutungen seit Jahrzehnten zu kämpfen. Mindestens vier Menschen kamen im Norden des Landes ums Leben, fast 270 Menschen mussten aus ihren Häusern fliehen. Erstmals half auch die EU und unterstützte die Flutopfer mit 100.000 Euro humanitärer Hilfe. Aserbaidschan wird laut einer Studie der Weltbank und der Asiatischen Entwicklungsbank mit zunehmenden Extremwetterereignissen, Einbußen in der Landwirtschaft sowie negativen Auswirkungen auf die Gesundheit konfrontiert sein.

    4. Wasser als Waffe

    Wasserprobleme verschärfen die Krise. Aserbaidschan warf Armenien bereits vor der Offensive im Jahr 2020 vor, den Zugang zu Wasser in Bergkarabach als Druckmittel zu benutzen. Rund 75 Prozent der Wasserressourcen in Aserbaidschan stammen aus Oberflächenwasser, das außerhalb des Staatsgebiets entspringt. Seit Bergkarabach in aserbaidschanischer Hand ist, kontrolliert wiederum Aserbaidschan alle Quellen und Zuflüsse, die Armeniens größtes Gewässer, den Sevansee, speisen. Die Wasserproblematik böte theoretisch auch eine Chance der Zusammenarbeit. Nötig wäre nach Auffassung von Fachleuten ein zwischenstaatliches Wassermanagement. Der Klimagipfel könnte hier ansetzen.

    5. Grüne Vorzeigeprojekte in Bergkarabach

    Ausgerechnet im zurückeroberten Bergkarabach baut Aserbaidschan Öko-Mustersiedlungen – Kritikern wie Menschenrechtsaktivist Arschak Makitschjan zufolge, “um vor der COP einen Krieg grün zu färben“. In Zangilan entsteht ein Smart Village, das mit erneuerbarem Strom aus einem Kleinwasserkraftwerk betrieben wird. Schon 2021 erklärte Präsident Alijew Bergkarabach zur “grünen Energiezone” und stellte Investitionen vor allem in Wasserkraft, aber auch in Wind- und Solarenergie in Aussicht. Zugleich schreitet die Wiederansiedlung aserbaidschanischer Bürger voran.

    6. Wichtige Rohstoffe aus Bergkarabach

    Aserbaidschan macht keinen Hehl daraus, mit der Einnahme des Gebiets auch seine eigene Zukunft nach dem Ende von Öl und Gas zu sichern. Das zeigt ein Regierungsbericht über “Wirtschaftliche Mineralien” in Bergkarabach: 350 Vorkommen kritischer Rohstoffe wurden dort gefunden, darunter Kupfer, Kobalt und Lithium. Materialien, die auch Europa dringend für seine Energiewende braucht. Nur einen Monat nach der Eroberung lud Mukhtar Babajew, Minister für Umwelt und Rohstoffe des Landes, zur “GeoMining Baku” ein – der ersten Bergbau-Messe in Aserbaidschan. “Die neuen Gebiete verfügen sind reich an natürlichen Bodenschätzen, die eine wichtige Rolle beim Wiederaufbau spielen werden”, sagte er. Babajew ist auch designierter Präsident der COP29.

    7. Frieden vor der COP?

    Die internationale Klimakonferenz gilt als temporäre Sicherheit für Armenien. Doch hochrangige Diplomaten fürchten, dass es nach der COP29 zu einem erneuten Angriff kommen könnte. “Armeniens Präsident Paschinjan macht Aserbaidschan laufend Zugeständnisse – in der Hoffnung, Alijew zu besänftigen”, kritisiert der Politologe Tigran Grigoryan, der von 2020 bis 2021 im Büro des armenischen Sicherheitsrates arbeitete. Dabei brauche Alijew in Armenien einen äußeren Feind zum eigenen Machterhalt. Aserbaidschan fordert auch eine Verfassungsänderung von Armenien, da in ihr Gebietsansprüche auf Bergkarabach festgeschrieben sind. Paschinjan räumt die Notwendigkeit ein, Änderungen dürften aber nicht vor 2027 abgeschlossen sein – was den Friedensprozess verzögern könnte.

    Bislang wird daher nur über ein Rahmenabkommen verhandelt, das völkerrechtliche Grundsätze enthalten soll. Ein solcher Friedensschluss vor oder während der Eröffnung des Klimagipfels wäre denkbar, aber “ein PR-Sieg” für Aserbaidschan, meint der Analyst Grigoryan. Für einen dauerhaften Frieden müssten auch die strittigen Grenzfragen behandelt werden.

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    Termine

    2. Oktober, 11 bis 12 Uhr, Online
    Diskussion Climate-Neutral Aviation: What’s the Role of Hydrogen?
    Der Thinktank Epico Klimainnovation stellt auf diesem Webinar ein Policy-Paper zu klimaneutralem Fliegen vor. Die Diskussionsteilnehmer werden sich mit den Herausforderungen im Zusammenhang mit Wasserstoff, dem rechtlichen Umfeld und dem Potenzial zur Verringerung der CO2– und Nicht-CO2-Emissionen im Luftfahrtsektor befassen. Info

    7. Oktober, 17.15 Berlin/Online
    Diskussion Bevölkerungsschutz bei Wetterextremen
    Auf zwei Panels wird auf dieser Veranstaltung der Bundestagsfraktion der Grünen darüber diskutiert, wie Bevölkerungsschutz bei Extremwetter aussehen kann. Das erste Panel trägt den Titel “Hochwasser, Waldbrände und Hitzeperioden – Wie bereiten wir den Bevölkerungsschutz auf die eskalierende Klimakrise vor?”. Das zweite heißt “Großschadenslage Stromausfall: Lehren für den medizinischen Bevölkerungsschutz bei Wetterextremen”. Info

    7. bis 8. Oktober, Berlin
    Seminar Auf dem Weg zur Treibhausgasneutralität – Vom Klimaschutzkonzept zu konkreten regulatorischen Instrumenten der Kommunen
    Einige Vorreiterkommunen streben eine Treibhausgasneutralität bereits 2030 an – und somit 15 Jahre früher als der Bund. Doch wie erreichen die Kommunen ihre Klimaschutzziele? Welche Handlungsfelder sind dafür besonders wichtig? Und welche Instrumente stehen dafür bereit? Diese und weitere Fragen werden auf dem Seminar des Deutschen Instituts für Urbanistik (difu) diskutiert.  Infos

    7. bis 8. Oktober, Hamburg
    Konferenz Hamburg Sustainability Conference
    Die Konferenz findet erstmalig statt, weitere Treffen sind 2025 und 2026 geplant. Ziel ist es, mit rund 800 Vertretern aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft zahlreicher Länder Lösungen zum Erreichen der UN-Nachhaltigkeitsziele zu entwickeln. Infos

    7. bis 14. Oktober, Berlin/Online
    Aktionswoche Alternative Rohstoffwoche
    Die Aktionswoche will mit zahlreichen Veranstaltungen Raum für eine kritische Auseinandersetzung mit der deutschen Rohstoffpolitik schaffen. Sie wird vom Arbeitskreis Rohstoffe, einem Zusammenschluss aus verschiedenen NGOs, ausgerichtet und organisiert.  Infos

    8. Oktober, 9.30 Uhr, Berlin
    Konfernz Jahreskonferenz des Rats für Nachhaltige Entwicklung
    Dieses Jahr widmet sich die Konferenz der Frage “Nachhaltigkeit im Stresstest – Wie sichern wir den gesellschaftlichen Zusammenhalt?”. Es wird unter anderem eine Keynote von Bundeskanzler Olaf Scholz geben.  Infos

    8. Oktober, 9 Uhr, Berlin/Online
    Konferenz Berlin Climate and Security Conference
    Die Konferenz findet unter der Leitfrage “How to secure a climate for peace?” statt. Am 7. und 9. Oktober finden neben der Hauptveranstaltung noch Side-Events an verschiedenen Orten in Berlin statt.  Infos

    9. bis 11. Oktober, Cascais, Portugal
    Konferenz Internationale Jahreskonferenz des Klima-Bündnisses
    Die Konferenz des Klima-Bündnisses findet unter dem Motto “Resilienz in unseren Regionen, Städten und Gemeinden fördern” statt. Es werden Möglichkeiten diskutiert, wie Resilienz aus dem Regionalen heraus gestärkt werden kann.  Infos

    9. und 10. Oktober, Fulda und Bad Hersfeld
    Tagung Klimaschutz und Klimafolgenanpassung in kleinen und mittleren Städten – wie kann die Umsetzung gelingen?
    Klimaschutz und Klimafolgenanpassung betreffen alle Städte und Gemeinden. Mittlerweile liegen zahlreiche positive Erfahrungen vor, oft haben sich aber auch Umsetzungsschwierigkeiten gezeigt. Darüber wird auf der Konferenz der Brandenburgischen Beratungsgesellschaft für Stadterneuerung und Modernisierung mbH diskutiert. Infos

    10. und 11. Oktober, Berlin
    Tagung Starke Netze – Starke Zukunft
    Auf der Veranstaltung des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft wird über die zukünftigen Herausforderungen für Energienetze diskutiert.  Infos

    News

    Klima in Zahlen: Norwegen stellt CCS-Projekt “Northern Lights” fertig

    Norwegen hat einen großen Schritt zur Speicherung von CO₂ vor der Küste des Landes gemacht. Das Joint Venture “Northern Lights” hat sowohl die Offshore-Infrastruktur zum Speichern von CO₂ im Meeresboden als auch die Infrastruktur an Land zum Umschlagen des verflüssigten CO₂ vom Schiff in eine Pipeline fertiggestellt. Ab dem Jahr 2025 können erste CO₂-Lieferungen aus der europäischen Industrie circa 100 Kilometer vor der norwegischen Küsten gespeichert werden. Zunächst plant Northern Lights mit einer Speicherung von jährlich 1,5 Millionen Tonnen CO₂. Falls es genug Nachfrage gibt, sollen zukünftig bis zu fünf Millionen Tonnen pro Jahr gespeichert werden können.

    “Heute haben wir einen wichtigen Meilenstein erreicht, um zu zeigen, dass CCS eine praktische Option zur Erreichung der Klimaziele ist”, sagte der Geschäftsführer von Northern Lights, Tim Heijn, bei der Eröffnung der Infrastruktur. Northern Lights ist ein Gemeinschaftsunternehmen des norwegischen Energieunternehmens Equinor, sowie von Shell und Total Energies. Es ist laut eigenen Angaben das erste Unternehmen, das kommerziellen CO₂-Transport und -Speicherung als Dienstleistung anbietet. Mit dem Bau der Infrastruktur wurde 2021 begonnen. nib

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    Ukraine: Diese Unterstützung erhält der Energiesektor für den Winter

    Die Ukraine soll vor dem Winter mehr Geld für den kriegsgebeutelten Energiesektor erhalten. Sowohl das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) als auch die EU und die G7 und ihre Partnerstaaten (“G7+-Gruppe”) beschlossen zuletzt neue Hilfspakete. Die ukrainische Energieinfrastruktur zählt zu den Hauptzielen von Putins Angriffskrieg. Aktuell sind 80 Prozent der Wärmekraftwerke und mehr als ein Drittel der Wasserkraftwerke zerstört. Das ukrainische Energieministerium rechnet daher im kommenden Winter mit vermehrten Stromabschaltungen – für die ukrainische Bevölkerung eine immense Herausforderung.

    Angesichts dessen beschloss der Haushaltsausschuss des Bundestags vergangene Woche ein Winterpaket für die Ukraine. Mit über 70 Millionen Euro wird das BMZ Städten und Kommunen in der Ukraine kleinere Blockheizkraftwerke, Kesselanlagen, Generatoren und Solaranlagen finanzieren. Insgesamt erhält das Land, in dessen Energiesektor bereits rund zwei Milliarden Euro EU-Hilfen flossen, vor dem Winter weitere EU-Förderung im Umfang von 160 Millionen Euro. Für die Unterstützung werde erstmals auf eingefrorene russische Vermögenswerte in der EU zugegriffen. Und auch die G7+-Gruppe sicherte dem Land am Rande der 79. Generalversammlung der Vereinten Nationen ihre Unterstützung zu.

    Ukrainisches Energiesystem nachhaltig wiederaufbauen und dekarbonisieren 

    Das Team von “Green Deal Ukraina” forscht derweil konkret in Richtung einer langfristigen, sicheren Energieinfrastruktur. Das im Sommer 2023 gestartete Projekt unter Federführung des Helmholtz-Zentrums Berlin sowie der Thinktanks Forum Energii aus Polen, Dixi Group und Eco Action aus der Ukraine, will bis 2027 in Kiew einen unabhängigen Thinktank einrichten. Der soll die Ukraine bei energie- und klimapolitischen Entscheidungen beraten. Ziel des Projekts Green Deal Ukraina ist es, das ukrainische Energiesystem nachhaltig wiederaufzubauen und zu dekarbonisieren.

    Um diese Kernziele zu erreichen, modellierte das Team in Zusammenarbeit mit der Technischen Universität Berlin den voraussichtlichen Mangel an Elektrizität für den Zeitraum Juni 2024 bis Mai 2025. Um die erwarteten Stromengpässe zu verhindern, formulierte es politische Maßnahmen: Neben der Reparatur der beschädigten Infrastrukturen müsse die Ukraine verstärkt in erneuerbare Energien investieren und auf kleine Gaskraftwerke und Stromeinfuhren aus der EU setzen. 

    Energieaktionsplan empfiehlt Back-up-Optionen zum Heizen 

    Die bisher gesammelten Daten von “Green Deal Ukraina” flossen in den Ende September veröffentlichten “Energieaktionsplan” für die Ukraine und ihre Partner. Die Internationale Energieagentur (IEA) definiert darin zehn konkrete Handlungsfelder, um den Energiesektor für den anstehenden Winter zu wappnen. Die Autorinnen und Autoren raten unter anderem, die physische und digitale Sicherheit der kritischen Energieinfrastruktur zu verbessern und Stromübertragungskapazitäten mit der Europäischen Union auszubauen. Für den Winter empfiehlt das Papier Back-up-Optionen zum Heizen – etwa “Flüssiggas-Heizungen, Holz- und Kohleöfen sowie entsprechende Brennstoffreserven”. Langfristiges Ziel sei ein “modernes, marktorientiertes, widerstandsfähiges und nachhaltiges ukrainisches Energiesystem, das gut in das EU-System integriert ist”. asc

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    Anpassungsstrategie: BMUV legt Entwurf vor

    Das Bundesumweltministerium (BMUV) hat die Deutsche Anpassungsstrategie an den Klimawandel auf den Weg gebracht. Nun geht der Entwurf in die Länder- und Verbändeanhörung. Für die Strategie haben verschiedene Ressorts 34 Ziele und 53 Unterziele für die Anpassung an den Klimawandel erarbeitet, sie decken diese sieben Bereiche ab:

    • Infrastruktur;
    • Land und Landnutzung;
    • menschliche Gesundheit und Pflege;
    • Stadtentwicklung, Raumplanung und Bevölkerungsschutz;
    • Wasser;
    • Wirtschaft, und
    • ein Cluster mit übergreifenden Themenbereichen.

    Das endgültige Strategiepapier soll laut Umweltministerin Steffi Lemke noch vor Jahresende vom Kabinett beschlossen werden. Zuvor war am 1. Juli das neue Gesetz zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels in Kraft getreten, das die Bundesregierung dazu verpflichtet, eine solche Anpassungsstrategie zu erarbeiten.

    “Wir wollen damit ins Vorsorgen kommen”, sagte Lemke. Die Klimaanpassungsstrategie lege erstmals “systemisch erarbeitete” und “überprüfbare und messbare Ziele” vor. Die Ausgestaltung und Quantifizierung der Ziele ist allerdings sehr unterschiedlich und bleibt oft vage. So soll etwa die Anpassungsfähigkeit der Wälder gestärkt werden oder die Auswirkungen des Klimawandels stärker in Raumordnungsplänen berücksichtigt werden. Außerdem sollen 80 Prozent der Gemeinden und Landkreise bis zum Jahr 2030 über ein Klimaanpassungskonzept verfügen. kul

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    Ökostrom: Rekordzuwachs bei Arbeitsplätzen im Vorjahr

    Die Zahl der Arbeitsplätze bei erneuerbaren Energien ist weltweit deutlich gewachsen. Im vergangenen Jahr gab es in der Branche mindestens 16,2 Millionen Jobs – und damit 18 Prozent mehr als im Vorjahr. Das sei der bislang größte Zuwachs, wie die UN-Organisation für Arbeit (ILO) und die Internationale Organisation für erneuerbare Energien (Irena) am Dienstag berichteten.

    Mit insgesamt 7,4 Millionen Jobs entfielen 45 Prozent der Stellen allein auf China. Von 2010 bis 2023 habe China seinen Anteil von 2,6 Prozent an der weltweiten Solar- und von 16 Prozent an der globalen Windenergie-Kapazität auf jeweils rund 43 Prozent gesteigert. Das Land habe in den Jahren 2014 bis 2023 fast dreimal so viel wie die USA und doppelt so viel wie Europa in erneuerbare Energien investiert – insgesamt knapp 1,4 Billionen Euro.

    Der Bericht zeigt allerdings auch, dass beispielsweise Afrika “trotz seines immensen Potenzials an Ressourcen” nur einen kleinen Anteil der globalen Investitionen in Erneuerbare erhält. 2023 gab es in dieser Branche 324.000 Jobs. Für das internationale Versprechen der Verdreifachung erneuerbarer Energien bis 2030 müsse die Welt “marginalisierte Regionen bei der Beseitigung von Hindernissen unterstützen, die ihren Übergangsprozess behindern”, sagte dazu Francesco La Camera, Generaldirektor von Irena. Er verwies auch darauf, dass etwa nur ein Drittel der Jobs von Frauen belegt werde.

    Deutschland verdoppelte Jobs im Solarbereich

    In der EU befanden sich demnach 1,8 Millionen Stellen im Bereich der erneuerbaren Energien. Bei Windkraft lag Deutschland nach diesem Bericht innerhalb der EU mit fast 109.000 Stellen an erster Stelle. Im Solarbereich habe es in Deutschland 2023 fast 155.000 Stellen gegeben – gut doppelt so viele wie im Jahr davor.

    Im EU-Raum könnte der Jobzuwachs in der Solarbranche allerdings in diesem Jahr stagnieren. Davor warnt ein Bericht von Solar Power Europe, der ebenfalls am Montag veröffentlicht wurde. Der Branchenverband rechnet mit einem Jobzuwachs von lediglich 0,4 Prozent in diesem Jahr. Das spiegle einen geringeren Ausbau der Solarkraft wider, das sich vor allem im Bereich von Dachanlagen abzeichne. Im Vorjahresbericht rechnete der Verband noch damit, dass es in der EU bereits nächstes Jahr mehr als eine Million Jobs in der Solarbranche geben werde. Nun rechnet der Verband mit dieser Beschäftigungszahl erst für das Jahr 2027. Für die kommenden Jahre prognostiziert der Bericht aber je nach Szenario wieder vier bis zehn Prozent mehr Jobs pro Jahr. dpa/lb

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    USA: So viele Abgaben zahlen Ölkonzerne im Ausland

    Die drei größten US-Energieunternehmen ExxonMobil, Chevron und ConocoPhillips haben im vergangenen Jahr mehr als 42 Milliarden US-Dollar an ausländische Staaten gezahlt. Das ist rund achtmal mehr, als sie in den USA gezahlt haben, wie aus behördlichen Unterlagen hervorgeht.

    Diese sind in diesem Jahr aufgrund einer neuen Transparenzvorschrift der Börsenaufsicht erstmals erforderlich. Dadurch soll klar werden, ob die US-Steuerzahler einen angemessenen Anteil am Wert der rasant steigenden US-Produktion erhalten.

    Exxon beispielsweise zahlte im Vorjahr 2,3 Milliarden US-Dollar an Steuern, Lizenzgebühren und anderen Leistungen an die USA – verglichen mit 7,4 Milliarden US-Dollar an die Vereinigten Arabischen Emirate, 4,6 Milliarden an Indonesien und 3,2 Milliarden an Malaysia. Insgesamt flossen 90 Prozent der 25 Milliarden US-Dollar an Abgaben ins Ausland, obwohl fast ein Viertel der weltweiten Explorations- und Produktionseinnahmen aus den USA stammen. “Die Wahrheit ist, dass wir hier in den USA mit die schlechtesten Bedingungen für die Förderung unserer natürlichen Ressourcen haben“, sagte Michelle Harrison, Rechtsexpertin der NGO Earth Rights International. rtr/lb

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    Standpunkt

    E3G: Wie Investitionsschutzabkommen die globale Energiewende untergraben

    Von Jordan Dilworth
    Jordan Dilworth, E3G

    Im Jahr 2021 forderte der deutsche Energiekonzern RWE von den Niederlanden eine Entschädigung in Höhe von 1,4 Milliarden Euro für die Entscheidung des Landes, bis 2030 aus der Kohle auszusteigen. Die Regierung, so argumentierte RWE im Rahmen eines internationalen Schiedsverfahrens, habe keinen angemessenen Ausgleich für den Ausstieg aus der Kohleverstromung in RWE-Kraftwerken geleistet. Später zog der Konzern seine Klage zurück. Aber der Fall zeigt beispielhaft, wie gefährlich internationale Schiedsgerichte dem globalen Klimaschutz werden können. Denn sie schützen fossile Interessen.

    RWE erhob seine Forderung auf der Grundlage des Energiechartavertrags (Energy Charter Treaty, ECT). Es ist das Investitionsabkommen, auf das sich ausländische Investoren am häufigsten berufen – aber es ist nicht das einzige. Es gibt fast 2.500 weitere Investitionsabkommen weltweit, die wie der ECT umstrittene Bestimmungen zu sogenannten Investor-Staat-Streitbeilegungsmechanismen (investor-state dispute settlement, ISDS) beinhalten. Sie ermöglichen es Investoren, vor internationalen Schiedsgerichten Ansprüche gegen die Regierungen ihrer Gastländer geltend zu machen, wenn deren Politik ihre Geschäftsinteressen beeinträchtigt.

    Weil ISDS auch Investitionen in fossile Brennstoffe schützen, stellen sie ein hohes Risiko für die globale Energiewende dar. Dieses Risiko wird in der internationalen Klimadebatte nach wie vor übersehen.

    Mindestens 82,8 Milliarden für die fossile Industrie

    Schon in der Vergangenheit hat die fossile Brennstoffindustrie am meisten von der Nutzung des ISDS-Mechanismus profitiert. In öffentlich bekannten Fällen – viele Verfahren finden hinter verschlossenen Türen statt – hat sie mindestens 82,8 Milliarden US-Dollar gewonnen. Ein erfolgreicher Fall und sogar die bloße Drohung, in einem ISDS-Verfahren verklagt zu werden, erhöht die Kosten für Klimaschutzmaßnahmen und verringert den fiskalischen Spielraum, um auf den Klimawandel zu reagieren.

    Die Europäische Union und elf weitere Länder, darunter Deutschland, sind sich der Bedrohung durch den ECT bewusst. Seit 2022 haben sie den Vertrag verlassen oder beschlossen, das zu tun. Aber weil es so viele weitere Investitionsabkommen mit ISDS gibt, die Investitionen in fossile Brennstoffe auf die gleiche Weise schützen, bleibt die Gefahr bestehen.

    Die Verantwortung von Deutschland und der G7

    Der jüngste Bericht von E3G mit dem Titel “Investment Treaties are Undermining the Global Energy Transition” zeigt, wie groß das Risiko ist. Er kartiert die globalen Vermögenswerte der fossilen Industrie und die damit verbundenen Treibhausgasemissionen, die durch Investitionsabkommen mit ISDS geschützt sind:

    Weltweit schützen Investitionsabkommen fossile Vermögenswerte, die zusammen bis zu rund zwei Gigatonnen (Gt) CO₂-Äquivalent (CO₂e) pro Jahr ausstoßen können. Muttergesellschaften mit Sitz in der G7 sind für 50 Prozent des Gesamtvolumens verantwortlich. Ihr Anteil entspricht über 40 Prozent der Treibhausgasemissionen der G7 aus der Stromerzeugung im Jahr 2022.

    Die siebthöchste Menge an durch ISDS potenziell geschützten Emissionen kommt aus Deutschland. Ägypten und Nigeria sind dem höchsten Risiko ausgesetzt, über ISDS belangt zu werden. Indonesien, unterstützt durch eine Just Energy Transition Partnership (JETP), trägt ebenfalls ein hohes Risiko.

    Staaten verpflichten sich zum Klimaschutz – und schützen Emissionen

    Am Beispiel der Clean Energy Transition Partnership (CETP) zeigt sich die Spannung zwischen Investitionsabkommen und internationalen Klimabemühungen sehr klar: Sechs der 15 Länder, die jenseits ihrer Grenzen besonders hohe Treibhausgasemissionen durch ISDS schützen, sind zugleich der CETP beigetreten. Dadurch haben sie sich verpflichtet, neue Exportfinanzierungen für fossile Projekte im Ausland nicht mehr zu unterstützen. Auch Deutschland ist unter ihnen.

    Wenn Länder, die mutige Klimaschutzmaßnahmen verfolgen, ihre Verpflichtungen ernst nehmen, müssen Investitionsabkommen reformiert werden. Diese Reformen müssen von im Klimaschutz besonders ehrgeizigen Ländern angeführt werden. So können beispielsweise Länder, die aus dem Vertrag über die Energiecharta aussteigen, die Kohärenz ihrer Klimaverpflichtungen sicherstellen, indem sie andere Investitionsabkommen in Angriff nehmen. Auch Deutschland sollte seinen Ansatz überdenken und eine Strategie entwickeln, um seinen gesamten Bestand an Investitionsverträgen wirksam anzugehen. Dazu gehört auch die Erwägung, ISDS-Bestimmungen in neuen Verträgen auszuschließen.

    Für eine Reformdebatte auf der COP29

    Multilaterale Organisationen wie die OECD, die Kommission der Vereinten Nationen für internationales Handelsrecht (UNCITRAL) und die Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung (UNCTAD) haben die Gespräche über eine Reform der internationalen Investitionsschutzverträge fortgesetzt. Die Diskussionen kommen aber nicht schnell genug voran, um der Dringlichkeit der Klimakrise gerecht zu werden.

    Deshalb muss die Agenda zur Reform der Investitionsschutzabkommen schnellstmöglich in umfassendere Klimaverhandlungen in multilateralen Foren wie den G7-, G20- und UNFCCC-Prozessen integriert werden. Auch die bevorstehende COP29, die sich auf die Klimafinanzierung konzentrieren wird, bietet dazu eine Gelegenheit. Im Klimaschutz führende Länder, die in der E3G-Rangliste der Staaten mit den höchsten durch ISDS geschützten Treibhausgasemissionen vorkommen, sollten diese Diskussionen anführen – darunter das Vereinigte Königreich, Deutschland und Frankreich.

    Investitionsabkommen mit ISDS stehen im Widerspruch zu den internationalen Bemühungen der reichsten Länder, aus fossilen Brennstoffen auszusteigen und die internationalen Finanzströme auf Netto-Null-Ziele umzulenken. Unsere Empfehlungen geben den Ländern ein weiteres Instrument an die Hand, um auf Investitionsabkommen zu reagieren. Es wäre ein wichtiger Baustein, um kohärenten Klimaschutz zu erreichen.

    Jordan Dilworth ist wissenschaftlicher Mitarbeiter im E3G Clean Economy Team, wo er sich mit der Abstimmung von Investitionsverträgen auf Netto-Null-Ambitionen beschäftigt.

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