wenn der erste Eindruck zählt, dann wird es in Baku ungemütlich. Anders als vor einem Jahr, als die COP28 mit einer Erfolgsmeldung startete (wir erinnern uns: Der “Loss and Damage”-Fonds wurde beschlossen!), verstrickte sich die COP29 den ganzen Montag über in einem Kampf über die Tagesordnung – bis dann spät am Abend doch noch eine Einigung zur Tagesordnung und sogar zu den Marktmechanismen erzielt wurde. Für die großen Worte von Verantwortung, Gemeinschaft und Zukunft war am Beginn noch Zeit, aber dann folgte eine lange Hängepartie. Worum es ging, was dahintersteckt und was das für die Konferenz bedeutet, haben wir selbstverständlich verfolgt.
Ebenso schauen wir, wie Deutschland heute dasteht, wenn die Staats- und Regierungschefs (nicht) nach Baku kommen. In der zweitwichtigsten Währung der Politik – Zeit und Aufmerksamkeit für ein Thema – hat auch Deutschland beim Klima derzeit eine schwache Bilanz. Zu Hause denken alle an Wahlen, nicht an Klimaschutz und in Baku wird die Bundesrepublik beim Auftritt der großen Namen nicht vertreten sein.
Wir liefern Ihnen außerdem noch einen Überblick über die anderen wichtigen Themen des Treffens: Was ist mit den Versprechen vom fossilen Ausstieg? Wo bekommt das Klimasekretariat sein Geld her, wenn die USA den Prozess verlassen? Wie werden Klimatechniken zur CO₂-Entfernung demnächst finanziert?
Ihnen eine interessante Lektüre! Wir bleiben dran und machen morgen gleich weiter.
Die deutsche Bundesregierung zeigt auf der COP29 in Baku durch das Scheitern der Ampel-Regierung deutlich weniger Präsenz als normalerweise bei Klimakonferenzen. Anders als in fast allen Jahren des letzten Jahrzehnts erscheint die Regierungsspitze nicht auf der Konferenz. Deutschland ist durch die Absage von Olaf Scholz beim prestigeträchtigen “World Leaders Climate Action Summit” zum Beginn der COP29 nicht vertreten. Die deutsche Delegation ist deutlich kleiner als im vorigen Jahr, auch kommen weniger Ministerinnen und Minister sowie Staatssekretäre.
So verzichtet in diesem Jahr Entwicklungsministerin Svenja Schulze auf die Reise nach Baku. Nach Angaben des Ministeriums habe man sich für eine “Arbeitsteilung” entschieden: Staatssekretär Jochen Flasbarth vertritt das BMZ auf der COP, die Ministerin fliegt nächste Woche in den Tschad, um über Fluchtursachen zu sprechen. Und obwohl Finanzierung ein Schwerpunkt der COP ist, ist das Finanzministerium nur auf Arbeitsebene vertreten – das war auch vor dem Koalitionsbruch schon so geplant.
Scholz’ Abwesenheit wird von Aktivisten kritisiert: Die Klimaaktivistin Luisa Neubauer fordert gemeinsam mit weiteren Fridays-for-Future-Aktivisten Bundeskanzler Olaf Scholz auf, doch noch zum UN-Klimagipfel nach Aserbaidschan zu reisen. Die Gruppe richtet einen “Appell an den Kanzler, sich das anders zu überlegen und herzukommen”, sagte Neubauer zum Auftakt der Weltklimakonferenz in Baku.
Deutschland gehört traditionell zu den Ländern, die ehrgeizige Ziele verfolgen, den Verhandlungsprozess vorantreiben und deutliche Beiträge zu Klimafinanzierung und Hilfen für Entwicklungsländer leisten. Die Bilanz ist allerdings getrübt: Die Ampel-Regierung hat weniger Fokus auf das Klimathema gelegt als versprochen. Deutschlands heimische Klimabilanz zeigt Licht und Schatten. Vor allem seit die Ausstattung des “Klima- und Transformationsfonds” (KTF) im November 2023 am Verfassungsgericht scheiterte, fehlen viele Investitionen für den Klimaschutz. Insgesamt zeigt sich:
Zur Halbzeitbilanz im letzten Jahr zog Greenpeace das Fazit “Wenig Fortschritt gewagt“. Die Thinktank-Kooperation von “Climate Action Tracker” gibt Deutschland aktuell ein “unzureichend” für seine Klimapolitik.
Allerdings hatte bis zum Bruch der Koalition das Klimaministerium noch einiges vor. Laut BMWK sollten im nächsten Jahr noch viele Projekte realisiert oder angeschoben werden. Ob und was davon noch passiert, ist inzwischen zweifelhaft. Im Einzelnen hatte das BMWK Folgendes geplant:
In Europa steht Deutschland offiziell fest an der Seite der deutschen Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, wenn es um den Green Deal geht. Allerdings gerieten deutsche Industrieinteressen und interne Ampel-Streits immer wieder dem Klimakurs in die Quere:
International zeigt Deutschland deutliches Profil. Baku ist die dritte COP, bei der Deutschlands Kurs vor allem von grünen Ministerinnen und Ministern bestimmt wird, für die das Klimathema wichtig ist. Das “Kleeblatt” aus Außenministerium, Wirtschafts- und Klimaministerium, Umwelt- und Entwicklungsressort hat das diplomatische und ökonomische Gewicht Deutschlands stärker in die Verhandlungen eingebracht als früher, wo nur Umwelt- und Entwicklungsministerium bei den COPs in Erscheinung traten. Ob diese Prioritäten nach der nächsten Bundestagswahl so bleiben, ist derzeit höchst ungewiss – die deutsche Rolle damit ebenfalls.
Deutschland gehört zu den Organisatoren und Treibern der internationalen Klimabemühungen. Es ist wichtiges Mitglied der “High Ambition Coalition” (HAC), mit der bei COPs wichtige Themen von Ländern über alle Blöcke hinweg vorangetrieben werden.
12. November, 8.30 Uhr, German Pavillion
Diskussion Planetary Wealth: An Economic Case for Food Security
Bei dieser Frühstücksdiskussion wird die Task-Force Ernährungssicherheit der Münchner Sicherheitskonferenz mit anderen Interessenvertretern darüber diskutieren, welche wirtschaftlichen Vorteile der Aufbau eines klimaresilienten, nachhaltigen Ernährungssystems hat. Infos
12. November, 16.30 Uhr, German Pavilion
Diskussion NDCs 3.0 and the role of civil society
Die dritte Generation der nationalen Klimaziele (Nationally Determined Contributions, NDCs) ist entscheidend, um 1,5 Grad Celsius in Reichweite zu halten. Wie die erste globale Bestandsaufnahme (Global Stocktake – GST) gezeigt hat, bleiben die Länder gemeinsam weit hinter dem notwendigen Ambitionsniveau zurück. Doch was sind die wesentlichen Elemente robuster NDCs 3.0 und wie kann die GST praktisch in ihren Entwicklungsprozess einfließen? Um diese Fragen dreht sich das Side Event, das von Germanwatch ausgerichtet wird. Infos
12. November, 16.45 Uhr, Side Event Room 4
Side Event Decarbonisation beyond the value chain: navigating between carbon credits and climate contributions
Viele Interessengruppen haben das Modell des “Klimabeitrags” als Alternative zum veralteten Kompensationsansatz vorgeschlagen. Die Podiumsteilnehmer erörtern, was dieses Modell beinhaltet, welche Anforderungen Unternehmen erfüllen müssen, um sich daran zu beteiligen, und wie es Klimamaßnahmen unterstützen kann, die über eine reine Kohlenstoffgutschrift hinausgehen. Mit dabei sind unter anderem Vertreter des New Climate Institute. Infos
12. November, 17 Uhr, Blue Zone Presidency, Plenary Hall 2
Gipfel COP29 Summit on Methane and Non-CO2 Greenhouse Gases
Die COP-Präsidentschaft wird gemeinsam mit den USA und China ein Gipfeltreffen zum Thema Methan und Nicht-Kohlendioxid-Treibhausgasen veranstalten. Infos
Ein möglicher Ausstieg der USA aus der UN-Klimarahmenkonvention UNFCCC würde das Klimasekretariat in Finanznöte bringen. Verlassen die USA als bislang größter Beitragszahler die Konvention, wie vom gewählten Präsidenten Donald Trump angekündigt, verliert das Klimasekretariat UN Climate Change mehr als ein Viertel seines jährlichen Kernbudgets, also etwa 20 Millionen US-Dollar. Das geht aus internen Berechnungen von UN Climate Change hervor, die die UN gegenüber Table.Briefings bestätigt haben.
Dieses Geld müsste von anderen Staaten aufgebracht werden – China würde wohl zum größten Finanzier der UNFCCC aufrücken. Ansonsten könnte die UN-Behörde zentrale Aufgaben nicht mehr oder nur eingeschränkt wahrnehmen. Im Budget von UN Climate Change klafft schon jetzt eine große Lücke – im Frühjahr 2024 waren es für das “Kernbudget” von 74 Millionen US-Dollar fast 10 Millionen, die die Staaten nicht eingezahlt hatten. Der Anteil der USA an diesen fehlenden Geldern lag bei 7,2 Millionen.
Das Szenario berücksichtigt nur den möglichen Ausstieg der USA aus der Konvention. Sollte Trump wie schon in seiner ersten Amtszeit sein Land nur aus dem Pariser Abkommen führen, müssten die USA weiter Zahlungen leisten. Wegen ausbleibender Überweisungen der Mitgliedstaaten hat UN Climate Change mit etwa 400 Mitarbeitern bereits in der Vergangenheit Veranstaltungen gestrichen und Stellen nicht besetzt. Im März richtete der Generalsekretär Simon Stiell einen dringenden Appell an die UN-Staaten. Diese übertrügen der Behörde immer mehr Aufgaben, ohne sie mit den nötigen Mitteln auszustatten, so sein Vorwurf.
Das Sekretariat mit Sitz in Bonn organisiert die Arbeit unter der Klimarahmenkonvention. Es organisiert die COPs und andere Treffen, unterstützt vor allem arme Staaten etwa bei der Aufstellung der Klimapläne (NDCs) oder der Umsetzung des Global Stock Take (GST). Es hat bisher ein “Kernbudget” von 74 Millionen US-Dollar, das die COP28 für den Doppelhaushalt 2024/25 beschlossen hat. Darüber hinaus sollen Aufgaben, die die COP als oberstes Entscheidungsorgan der Konvention dem Sekretariat zugewiesen hat, in Höhe von zusätzlich 78 Millionen Dollar über “freiwillige Beiträge” und Spenden zusammenkommen. Auch in dieser Bilanz fehlen in einer aktuellen Kalkulation der UNO noch etwa 28 Millionen Dollar. bpo
Die Asiatische Entwicklungsbank (ADB) wird ihre klimabezogene Kreditvergabe um bis zu 7,2 Milliarden US-Dollar erhöhen, nachdem die USA und Japan zugestimmt haben, das Risiko für einige bestehende Kredite zu übernehmen. Das berichtet die Nachrichtenagentur Reuters. Demnach könnte die neue Strategie der ADB als Vorlage für andere Entwicklungsbanken dienen. Die ADB hat sich für den Zeitraum 2019 bis 2030 ein langfristiges kumulatives Ziel von 100 Milliarden US-Dollar für die Klimafinanzierung gesetzt. Im Jahr 2023 hat sie 9,8 Milliarden US-Dollar ausgeliehen.
Laut dem neuen Plan würden die USA für bis zu einer Milliarde US-Dollar bestehender Kredite von Asiens wichtigster Entwicklungsinstitution bürgen, während Japan 600 Millionen Dollar übernehmen würde. Das soll die Bank in die Lage versetzen, mehr Kredite für klimarelevante Projekte zu vergeben. Wie sich die Wahl von Donald Trump in den USA auf dieses Vorhaben auswirkt, ist aktuell noch unklar.
“Die Struktur ist eine fantastische Möglichkeit, die Kreditvergabekapazität einer multilateralen Entwicklungsbank (MDB) zu erweitern, ohne die politisch schwierige Situation einer allgemeinen Kapitalerhöhung zu durchlaufen”, sagte Jacob Sorensen, Direktor für Partnerfonds bei der ADB. Eine allgemeine Kapitalerhöhung müsste aus zusätzlichen Beiträgen der Staaten finanziert werden. Der zusätzliche Spielraum für die Kreditvergabe, der durch die Garantien geschaffen wird, soll in den nächsten fünf Jahren genutzt werden, während die Laufzeit der Garantien selbst 25 Jahre beträgt, so die ADB.
Einer der ersten Nutznießer des Vorstoßes soll ein Projekt in Pakistan sein, bei dem aus Speiseöl nachhaltiger Flugzeugtreibstoff hergestellt werden soll. Ungefähr die Hälfte der benötigten 90 Millionen US-Dollar werde aus dem ADB-Programm kommen, der Vertrag dazu soll am 20. November unterzeichnet werden.
Die ADB, die ihren Sitz auf den Philippinen hat, hat drei Jahre damit verbracht, das Garantieabkommen mit einer Gruppe westlicher Regierungen zu entwickeln und hofft, dass andere Länder bald folgen werden. Während die Vereinbarungen den ersten Einsatz von Staatsgarantien für die Klimafinanzierung markieren, wurden sie zuvor bereits für die Finanzierung anderer Kreditbereiche, wie etwa Bildung, verwendet. rtr
Die erneuerbaren Energien verdrängen die fossilen noch zu langsam aus dem Energiemix, wie aus dem gestern vorgestellten World Energy Transitions Outlook der International Renewable Energy Agency (IRENA) hervorgeht. Mit den derzeitigen nationalen Plänen und Zielsetzungen zum Erneuerbaren-Ausbau ließe sich das Ziel zur Verdreifachung der Erneuerbaren bis 2030 nur gut zur Hälfte erreichen, so die IRENA. Im Jahr 2023 wurde weltweit zwar die Rekordsumme von 473 Gigawatt an Erneuerbaren-Kapazität installiert. Bis 2030 wären aber jährlich 1.044 Gigawatt an Zubau nötig. Auch das Ziel der Verdoppelung der Energieeffizienz droht mit den derzeitigen Anstrengungen verfehlt zu werden. Die Elektrifizierung des Verkehrs-, Gebäude- und Industriesektors müsse beschleunigt werden.
Die IRENA mahnt, dass das gesamte Stromsystem reformiert werden müsse, damit die Erneuerbaren schneller wachsen können:
Laut IRENA müssen weltweit bis 2030 rund 47 Billionen US-Dollar in das Energiesystem investiert werden. Der größte Kostenanteil (15,8 Billionen) entfiele auf Energieeffizienz und -sparen. Der Ausbau der Erneuerbaren brauche 10,7 Billionen. Der Ausbau der Stromnetze und Maßnahmen für mehr Flexibilität schlagen mit fünf Billionen US-Dollar zu Buche, die Elektrifizierung von Industrie und Gebäuden durch Wärmepumpen sowie Verkehr (beispielsweise E-Ladenetze) mit 3,4 Billionen. nib
Um die künftig notwendigen CO₂-Entnahmen aus der Atmosphäre zu finanzieren, könnten sie in bestehende Emissionshandelssysteme integriert werden. Eine “noch zu gründende europäische Institution”, eine Art Zentralbank für CO₂-Zertifikate, würde dann sicherstellen, dass der Handel gut funktioniert. Das schlagen das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) und die KfW in einem gemeinsamen Diskussionspapier vor.
In dem Papier heißt es, neue Governance- und Finanzstrukturen seien nötig, um CO₂-Entnahmen im künftig erforderlichen Ausmaß zu skalieren. PIK und KfW beschreiben mögliche Wege zu ihrem Aufbau. Förderbanken wie die KfW könnten die Marktentwicklung demnach entscheidend voranbringen, etwa durch “frühzeitige Kaufprogramme und Risikoübernahme”. PIK-Direktor Ottmar Edenhofer und KfW-Vorstandschef Stefan Wintels wollen ihren Vorschlag am kommenden Donnerstag am Rande der COP29 in Baku präsentieren.
Weil die CO₂-Emissionen zu langsam sinken, um die Erderhitzung auf 1,5 Grad zu begrenzen, rechnet das PIK damit, dass in Zukunft “sehr viel CO₂ aus der Atmosphäre zurückgeholt werden” muss – was im Jahr 2050 je nach Szenario bis zu zwei Prozent der jährlichen globalen Wirtschaftsleistung kosten könne. Die Klimaschäden seien allerdings noch teurer. Durch öffentliche Mittel allein seien die nötigen Investitionen nicht zu finanzieren.
Laut PIK können die jährlichen Klimaschäden weltweit bis 2050 auf Billionenhöhe wachsen. Die wirtschaftlichen Schäden durch den Ausstoß einer Tonne CO₂ beziffert das Forschungsinstitut mit 1000 Euro und mehr. Zum Vergleich: Der Preis für das Recht, eine Tonne CO₂ auszustoßen, liegt im europäischen Emissionshandel derzeit bei rund 65 Euro. ae
Auf der gestern gestarteten Weltklimakonferenz COP29 in Baku sind keine wesentlichen Fortschritte in den Bereichen Landwirtschaft und Ernährungssicherheit zu erwarten. Diese Prognose hat die Nicht-Regierungsorganisation Germanwatch in ihrem Briefing “Ernährungssysteme auf der COP29” abgegeben. Nach wie vor würden die Potenziale der beiden Sektoren für den Klimaschutz nicht ausreichend berücksichtigt, heißt es darin. Außerdem fehle ein globales Ziel zur Minderung von Treibhausgasemissionen.
Ernährungssysteme würden global bis zu ein Drittel aller anthropogenen Treibhausgasemissionen verursachen, schreibt die NGO. Daher seien verbindliche und ambitionierte Maßnahmen für eine deutliche Treibhausgasemissionsreduktion unabdingbar. Des Weiteren sei eine resiliente Ausgestaltung der Ernährungssysteme in Hinblick auf Ernährungssicherheit, Nachhaltigkeit und die Einhaltung der planetaren Grenzen und Menschenrechte zur Anpassung an den Klimawandel notwendig.
Bisherige Ansätze und Bemühungen dahingehend würden längst nicht ausreichen, stellt Germanwatch fest. In den Jahren 2019 und 2020 seien lediglich vier Prozent der globalen Klimafinanzierung in die Land- und Ernährungswirtschaft geflossen. Es sei von entscheidender Bedeutung, dass die Staatengemeinschaft bei der Einigung auf ein neues globales Klimafinanzierungsziel auch ein Unterziel für die Finanzierung der Transformation globaler Ernährungssysteme setze. Dies sei bei der COP29 jedoch nicht zu erwarten.
Ob und welche konkreten Ziele auf der COP29 für den Agrifood-Bereich formuliert werden, wird sich in dieser und kommender Woche zeigen. Am 19. November findet der Thementag Ernährung, Landwirtschaft und Wasser statt, auf dem Initiativen der COP-Präsidentschaft und der Welternährungsorganisation FAO vorgestellt werden. kih
Zum Start des UN-Klimagipfels drängt die NGO International Rescue Committee (IRC) darauf, die internationale Klimafinanzierung stärker auf Bedürfnisse von Menschen in Konfliktgebieten auszurichten. IRC fordert von den Delegationen in Baku:
Laut IRC verstärken sich die Auswirkungen von Klimawandel und Konflikten in 17 Ländern (Afghanistan, Burkina Faso, Kamerun, Zentralafrikanische Republik, Demokratische Republik Kongo, Äthiopien, Haiti, Mali, Mosambik, Myanmar, Niger, Nigeria, Somalia, Südsudan, Sudan, Syrien und Jemen) besonders stark. “Einerseits stellen die Länder mit 10,5 Prozent einen kleinen Teil der Weltbevölkerung und sind für nur 3,5 Prozent der Treibhausgasemissionen verantwortlich”, schreibt die NGO. “Andererseits leben dort rund ein Drittel aller Menschen, die von Naturkatastrophen betroffen sind, und drei Viertel aller Menschen, die weltweit humanitäre Hilfe benötigen.” Der Klimawandel wirke “als Bedrohungskatalysator für lokale Gemeinden: Ernährungsunsicherheit steigt, Lebensgrundlagen sind bedroht und Spannungen verschärfen sich.”
Konkret fordert das IRC unter anderem, 18 Prozent der gesamten Anpassungsfinanzierung, die für Entwicklungsländer vorgesehen ist, an klimagefährdete und konfliktbetroffene Länder zu geben, die Klimaschutz- und Anpassungsfinanzierung hälftig aufzuteilen, und konfliktbetroffenen Ländern Zugang zum “Loss-and-Damage”-Fonds zu gewähren. ae
Reuters: Taliban bei COP29. Vertreter der afghanischen Taliban werden am Klimagipfel COP29 in Aserbaidschans Hauptstadt Baku teilnehmen. Bei den Uno-Klimakonferenzen im ägyptischen Scharm el-Scheikh 2022 und in Dubai 2023 waren die Taliban nicht willkommen. Zum Artikel
Wall Street Journal: In Öl baden. Dass die Weltklimakonferenz in diesem Jahr in der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku stattfindet, wirkt unpassend. Kaum ein anderes Land ist vom Öl wirtschaftlich so abhängig wie Aserbaidschan. In Baku werden sogar Bäder in warmem Öl angeboten. Zum Artikel
Nau: Auch China soll zahlen. Die Schweiz will sich beim Klimagipfel in Baku dafür einsetzen, dass die Zahl der Geberländer für Investitionen in den weltweiten Klimaschutz steigt. Alle Länder, vor allem aber die wohlhabenden Staaten, sollen nach ihren Möglichkeiten dazu beitragen, den Treibhausgas-Ausstoß zu senken. Zahlen sollen künftig nicht mehr nur Industrieländer, sondern auch China oder Saudi-Arabien. Zum Artikel
Politico: Trump will Klimaabkommen kündigen. Donald Trump will nach seinem Amtsantritt im Januar erneut das Klimaabkommen von Paris kündigen. Das könnte für die USA negative wirtschaftliche Folgen haben. China könnte das Land in Bereichen wie E-Mobilität und Erneuerbare Energie abhängen. Zum Artikel
New York Times: Klimaschutz bis zuletzt. Mitarbeiter der Biden-Regierung bemühen sich, Zuschüsse in Höhe von Hunderten Millionen US-Dollar zu vergeben und Umweltschutzbestimmungen festzulegen. Präsident Joe Bidens Klimaagenda soll weitgehend durchgesetzt werden, bis Donald Trump in das Weiße Haus einzieht. Zum Artikel
Times: Starmer setzt auf CO₂-Reduzierung. Der britische Premierminister Keir Starmer gehört zu den wenigen G7-Regierungschefs, die an der COP29 in Aserbaidschan teilnehmen werden. Starmer ist der Ansicht, dass es im Interesse Großbritanniens liegt, die weltweiten Bemühungen zur Reduzierung der CO₂-Emissionen anzuführen. Zum Artikel
wenn der erste Eindruck zählt, dann wird es in Baku ungemütlich. Anders als vor einem Jahr, als die COP28 mit einer Erfolgsmeldung startete (wir erinnern uns: Der “Loss and Damage”-Fonds wurde beschlossen!), verstrickte sich die COP29 den ganzen Montag über in einem Kampf über die Tagesordnung – bis dann spät am Abend doch noch eine Einigung zur Tagesordnung und sogar zu den Marktmechanismen erzielt wurde. Für die großen Worte von Verantwortung, Gemeinschaft und Zukunft war am Beginn noch Zeit, aber dann folgte eine lange Hängepartie. Worum es ging, was dahintersteckt und was das für die Konferenz bedeutet, haben wir selbstverständlich verfolgt.
Ebenso schauen wir, wie Deutschland heute dasteht, wenn die Staats- und Regierungschefs (nicht) nach Baku kommen. In der zweitwichtigsten Währung der Politik – Zeit und Aufmerksamkeit für ein Thema – hat auch Deutschland beim Klima derzeit eine schwache Bilanz. Zu Hause denken alle an Wahlen, nicht an Klimaschutz und in Baku wird die Bundesrepublik beim Auftritt der großen Namen nicht vertreten sein.
Wir liefern Ihnen außerdem noch einen Überblick über die anderen wichtigen Themen des Treffens: Was ist mit den Versprechen vom fossilen Ausstieg? Wo bekommt das Klimasekretariat sein Geld her, wenn die USA den Prozess verlassen? Wie werden Klimatechniken zur CO₂-Entfernung demnächst finanziert?
Ihnen eine interessante Lektüre! Wir bleiben dran und machen morgen gleich weiter.
Die deutsche Bundesregierung zeigt auf der COP29 in Baku durch das Scheitern der Ampel-Regierung deutlich weniger Präsenz als normalerweise bei Klimakonferenzen. Anders als in fast allen Jahren des letzten Jahrzehnts erscheint die Regierungsspitze nicht auf der Konferenz. Deutschland ist durch die Absage von Olaf Scholz beim prestigeträchtigen “World Leaders Climate Action Summit” zum Beginn der COP29 nicht vertreten. Die deutsche Delegation ist deutlich kleiner als im vorigen Jahr, auch kommen weniger Ministerinnen und Minister sowie Staatssekretäre.
So verzichtet in diesem Jahr Entwicklungsministerin Svenja Schulze auf die Reise nach Baku. Nach Angaben des Ministeriums habe man sich für eine “Arbeitsteilung” entschieden: Staatssekretär Jochen Flasbarth vertritt das BMZ auf der COP, die Ministerin fliegt nächste Woche in den Tschad, um über Fluchtursachen zu sprechen. Und obwohl Finanzierung ein Schwerpunkt der COP ist, ist das Finanzministerium nur auf Arbeitsebene vertreten – das war auch vor dem Koalitionsbruch schon so geplant.
Scholz’ Abwesenheit wird von Aktivisten kritisiert: Die Klimaaktivistin Luisa Neubauer fordert gemeinsam mit weiteren Fridays-for-Future-Aktivisten Bundeskanzler Olaf Scholz auf, doch noch zum UN-Klimagipfel nach Aserbaidschan zu reisen. Die Gruppe richtet einen “Appell an den Kanzler, sich das anders zu überlegen und herzukommen”, sagte Neubauer zum Auftakt der Weltklimakonferenz in Baku.
Deutschland gehört traditionell zu den Ländern, die ehrgeizige Ziele verfolgen, den Verhandlungsprozess vorantreiben und deutliche Beiträge zu Klimafinanzierung und Hilfen für Entwicklungsländer leisten. Die Bilanz ist allerdings getrübt: Die Ampel-Regierung hat weniger Fokus auf das Klimathema gelegt als versprochen. Deutschlands heimische Klimabilanz zeigt Licht und Schatten. Vor allem seit die Ausstattung des “Klima- und Transformationsfonds” (KTF) im November 2023 am Verfassungsgericht scheiterte, fehlen viele Investitionen für den Klimaschutz. Insgesamt zeigt sich:
Zur Halbzeitbilanz im letzten Jahr zog Greenpeace das Fazit “Wenig Fortschritt gewagt“. Die Thinktank-Kooperation von “Climate Action Tracker” gibt Deutschland aktuell ein “unzureichend” für seine Klimapolitik.
Allerdings hatte bis zum Bruch der Koalition das Klimaministerium noch einiges vor. Laut BMWK sollten im nächsten Jahr noch viele Projekte realisiert oder angeschoben werden. Ob und was davon noch passiert, ist inzwischen zweifelhaft. Im Einzelnen hatte das BMWK Folgendes geplant:
In Europa steht Deutschland offiziell fest an der Seite der deutschen Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, wenn es um den Green Deal geht. Allerdings gerieten deutsche Industrieinteressen und interne Ampel-Streits immer wieder dem Klimakurs in die Quere:
International zeigt Deutschland deutliches Profil. Baku ist die dritte COP, bei der Deutschlands Kurs vor allem von grünen Ministerinnen und Ministern bestimmt wird, für die das Klimathema wichtig ist. Das “Kleeblatt” aus Außenministerium, Wirtschafts- und Klimaministerium, Umwelt- und Entwicklungsressort hat das diplomatische und ökonomische Gewicht Deutschlands stärker in die Verhandlungen eingebracht als früher, wo nur Umwelt- und Entwicklungsministerium bei den COPs in Erscheinung traten. Ob diese Prioritäten nach der nächsten Bundestagswahl so bleiben, ist derzeit höchst ungewiss – die deutsche Rolle damit ebenfalls.
Deutschland gehört zu den Organisatoren und Treibern der internationalen Klimabemühungen. Es ist wichtiges Mitglied der “High Ambition Coalition” (HAC), mit der bei COPs wichtige Themen von Ländern über alle Blöcke hinweg vorangetrieben werden.
12. November, 8.30 Uhr, German Pavillion
Diskussion Planetary Wealth: An Economic Case for Food Security
Bei dieser Frühstücksdiskussion wird die Task-Force Ernährungssicherheit der Münchner Sicherheitskonferenz mit anderen Interessenvertretern darüber diskutieren, welche wirtschaftlichen Vorteile der Aufbau eines klimaresilienten, nachhaltigen Ernährungssystems hat. Infos
12. November, 16.30 Uhr, German Pavilion
Diskussion NDCs 3.0 and the role of civil society
Die dritte Generation der nationalen Klimaziele (Nationally Determined Contributions, NDCs) ist entscheidend, um 1,5 Grad Celsius in Reichweite zu halten. Wie die erste globale Bestandsaufnahme (Global Stocktake – GST) gezeigt hat, bleiben die Länder gemeinsam weit hinter dem notwendigen Ambitionsniveau zurück. Doch was sind die wesentlichen Elemente robuster NDCs 3.0 und wie kann die GST praktisch in ihren Entwicklungsprozess einfließen? Um diese Fragen dreht sich das Side Event, das von Germanwatch ausgerichtet wird. Infos
12. November, 16.45 Uhr, Side Event Room 4
Side Event Decarbonisation beyond the value chain: navigating between carbon credits and climate contributions
Viele Interessengruppen haben das Modell des “Klimabeitrags” als Alternative zum veralteten Kompensationsansatz vorgeschlagen. Die Podiumsteilnehmer erörtern, was dieses Modell beinhaltet, welche Anforderungen Unternehmen erfüllen müssen, um sich daran zu beteiligen, und wie es Klimamaßnahmen unterstützen kann, die über eine reine Kohlenstoffgutschrift hinausgehen. Mit dabei sind unter anderem Vertreter des New Climate Institute. Infos
12. November, 17 Uhr, Blue Zone Presidency, Plenary Hall 2
Gipfel COP29 Summit on Methane and Non-CO2 Greenhouse Gases
Die COP-Präsidentschaft wird gemeinsam mit den USA und China ein Gipfeltreffen zum Thema Methan und Nicht-Kohlendioxid-Treibhausgasen veranstalten. Infos
Ein möglicher Ausstieg der USA aus der UN-Klimarahmenkonvention UNFCCC würde das Klimasekretariat in Finanznöte bringen. Verlassen die USA als bislang größter Beitragszahler die Konvention, wie vom gewählten Präsidenten Donald Trump angekündigt, verliert das Klimasekretariat UN Climate Change mehr als ein Viertel seines jährlichen Kernbudgets, also etwa 20 Millionen US-Dollar. Das geht aus internen Berechnungen von UN Climate Change hervor, die die UN gegenüber Table.Briefings bestätigt haben.
Dieses Geld müsste von anderen Staaten aufgebracht werden – China würde wohl zum größten Finanzier der UNFCCC aufrücken. Ansonsten könnte die UN-Behörde zentrale Aufgaben nicht mehr oder nur eingeschränkt wahrnehmen. Im Budget von UN Climate Change klafft schon jetzt eine große Lücke – im Frühjahr 2024 waren es für das “Kernbudget” von 74 Millionen US-Dollar fast 10 Millionen, die die Staaten nicht eingezahlt hatten. Der Anteil der USA an diesen fehlenden Geldern lag bei 7,2 Millionen.
Das Szenario berücksichtigt nur den möglichen Ausstieg der USA aus der Konvention. Sollte Trump wie schon in seiner ersten Amtszeit sein Land nur aus dem Pariser Abkommen führen, müssten die USA weiter Zahlungen leisten. Wegen ausbleibender Überweisungen der Mitgliedstaaten hat UN Climate Change mit etwa 400 Mitarbeitern bereits in der Vergangenheit Veranstaltungen gestrichen und Stellen nicht besetzt. Im März richtete der Generalsekretär Simon Stiell einen dringenden Appell an die UN-Staaten. Diese übertrügen der Behörde immer mehr Aufgaben, ohne sie mit den nötigen Mitteln auszustatten, so sein Vorwurf.
Das Sekretariat mit Sitz in Bonn organisiert die Arbeit unter der Klimarahmenkonvention. Es organisiert die COPs und andere Treffen, unterstützt vor allem arme Staaten etwa bei der Aufstellung der Klimapläne (NDCs) oder der Umsetzung des Global Stock Take (GST). Es hat bisher ein “Kernbudget” von 74 Millionen US-Dollar, das die COP28 für den Doppelhaushalt 2024/25 beschlossen hat. Darüber hinaus sollen Aufgaben, die die COP als oberstes Entscheidungsorgan der Konvention dem Sekretariat zugewiesen hat, in Höhe von zusätzlich 78 Millionen Dollar über “freiwillige Beiträge” und Spenden zusammenkommen. Auch in dieser Bilanz fehlen in einer aktuellen Kalkulation der UNO noch etwa 28 Millionen Dollar. bpo
Die Asiatische Entwicklungsbank (ADB) wird ihre klimabezogene Kreditvergabe um bis zu 7,2 Milliarden US-Dollar erhöhen, nachdem die USA und Japan zugestimmt haben, das Risiko für einige bestehende Kredite zu übernehmen. Das berichtet die Nachrichtenagentur Reuters. Demnach könnte die neue Strategie der ADB als Vorlage für andere Entwicklungsbanken dienen. Die ADB hat sich für den Zeitraum 2019 bis 2030 ein langfristiges kumulatives Ziel von 100 Milliarden US-Dollar für die Klimafinanzierung gesetzt. Im Jahr 2023 hat sie 9,8 Milliarden US-Dollar ausgeliehen.
Laut dem neuen Plan würden die USA für bis zu einer Milliarde US-Dollar bestehender Kredite von Asiens wichtigster Entwicklungsinstitution bürgen, während Japan 600 Millionen Dollar übernehmen würde. Das soll die Bank in die Lage versetzen, mehr Kredite für klimarelevante Projekte zu vergeben. Wie sich die Wahl von Donald Trump in den USA auf dieses Vorhaben auswirkt, ist aktuell noch unklar.
“Die Struktur ist eine fantastische Möglichkeit, die Kreditvergabekapazität einer multilateralen Entwicklungsbank (MDB) zu erweitern, ohne die politisch schwierige Situation einer allgemeinen Kapitalerhöhung zu durchlaufen”, sagte Jacob Sorensen, Direktor für Partnerfonds bei der ADB. Eine allgemeine Kapitalerhöhung müsste aus zusätzlichen Beiträgen der Staaten finanziert werden. Der zusätzliche Spielraum für die Kreditvergabe, der durch die Garantien geschaffen wird, soll in den nächsten fünf Jahren genutzt werden, während die Laufzeit der Garantien selbst 25 Jahre beträgt, so die ADB.
Einer der ersten Nutznießer des Vorstoßes soll ein Projekt in Pakistan sein, bei dem aus Speiseöl nachhaltiger Flugzeugtreibstoff hergestellt werden soll. Ungefähr die Hälfte der benötigten 90 Millionen US-Dollar werde aus dem ADB-Programm kommen, der Vertrag dazu soll am 20. November unterzeichnet werden.
Die ADB, die ihren Sitz auf den Philippinen hat, hat drei Jahre damit verbracht, das Garantieabkommen mit einer Gruppe westlicher Regierungen zu entwickeln und hofft, dass andere Länder bald folgen werden. Während die Vereinbarungen den ersten Einsatz von Staatsgarantien für die Klimafinanzierung markieren, wurden sie zuvor bereits für die Finanzierung anderer Kreditbereiche, wie etwa Bildung, verwendet. rtr
Die erneuerbaren Energien verdrängen die fossilen noch zu langsam aus dem Energiemix, wie aus dem gestern vorgestellten World Energy Transitions Outlook der International Renewable Energy Agency (IRENA) hervorgeht. Mit den derzeitigen nationalen Plänen und Zielsetzungen zum Erneuerbaren-Ausbau ließe sich das Ziel zur Verdreifachung der Erneuerbaren bis 2030 nur gut zur Hälfte erreichen, so die IRENA. Im Jahr 2023 wurde weltweit zwar die Rekordsumme von 473 Gigawatt an Erneuerbaren-Kapazität installiert. Bis 2030 wären aber jährlich 1.044 Gigawatt an Zubau nötig. Auch das Ziel der Verdoppelung der Energieeffizienz droht mit den derzeitigen Anstrengungen verfehlt zu werden. Die Elektrifizierung des Verkehrs-, Gebäude- und Industriesektors müsse beschleunigt werden.
Die IRENA mahnt, dass das gesamte Stromsystem reformiert werden müsse, damit die Erneuerbaren schneller wachsen können:
Laut IRENA müssen weltweit bis 2030 rund 47 Billionen US-Dollar in das Energiesystem investiert werden. Der größte Kostenanteil (15,8 Billionen) entfiele auf Energieeffizienz und -sparen. Der Ausbau der Erneuerbaren brauche 10,7 Billionen. Der Ausbau der Stromnetze und Maßnahmen für mehr Flexibilität schlagen mit fünf Billionen US-Dollar zu Buche, die Elektrifizierung von Industrie und Gebäuden durch Wärmepumpen sowie Verkehr (beispielsweise E-Ladenetze) mit 3,4 Billionen. nib
Um die künftig notwendigen CO₂-Entnahmen aus der Atmosphäre zu finanzieren, könnten sie in bestehende Emissionshandelssysteme integriert werden. Eine “noch zu gründende europäische Institution”, eine Art Zentralbank für CO₂-Zertifikate, würde dann sicherstellen, dass der Handel gut funktioniert. Das schlagen das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) und die KfW in einem gemeinsamen Diskussionspapier vor.
In dem Papier heißt es, neue Governance- und Finanzstrukturen seien nötig, um CO₂-Entnahmen im künftig erforderlichen Ausmaß zu skalieren. PIK und KfW beschreiben mögliche Wege zu ihrem Aufbau. Förderbanken wie die KfW könnten die Marktentwicklung demnach entscheidend voranbringen, etwa durch “frühzeitige Kaufprogramme und Risikoübernahme”. PIK-Direktor Ottmar Edenhofer und KfW-Vorstandschef Stefan Wintels wollen ihren Vorschlag am kommenden Donnerstag am Rande der COP29 in Baku präsentieren.
Weil die CO₂-Emissionen zu langsam sinken, um die Erderhitzung auf 1,5 Grad zu begrenzen, rechnet das PIK damit, dass in Zukunft “sehr viel CO₂ aus der Atmosphäre zurückgeholt werden” muss – was im Jahr 2050 je nach Szenario bis zu zwei Prozent der jährlichen globalen Wirtschaftsleistung kosten könne. Die Klimaschäden seien allerdings noch teurer. Durch öffentliche Mittel allein seien die nötigen Investitionen nicht zu finanzieren.
Laut PIK können die jährlichen Klimaschäden weltweit bis 2050 auf Billionenhöhe wachsen. Die wirtschaftlichen Schäden durch den Ausstoß einer Tonne CO₂ beziffert das Forschungsinstitut mit 1000 Euro und mehr. Zum Vergleich: Der Preis für das Recht, eine Tonne CO₂ auszustoßen, liegt im europäischen Emissionshandel derzeit bei rund 65 Euro. ae
Auf der gestern gestarteten Weltklimakonferenz COP29 in Baku sind keine wesentlichen Fortschritte in den Bereichen Landwirtschaft und Ernährungssicherheit zu erwarten. Diese Prognose hat die Nicht-Regierungsorganisation Germanwatch in ihrem Briefing “Ernährungssysteme auf der COP29” abgegeben. Nach wie vor würden die Potenziale der beiden Sektoren für den Klimaschutz nicht ausreichend berücksichtigt, heißt es darin. Außerdem fehle ein globales Ziel zur Minderung von Treibhausgasemissionen.
Ernährungssysteme würden global bis zu ein Drittel aller anthropogenen Treibhausgasemissionen verursachen, schreibt die NGO. Daher seien verbindliche und ambitionierte Maßnahmen für eine deutliche Treibhausgasemissionsreduktion unabdingbar. Des Weiteren sei eine resiliente Ausgestaltung der Ernährungssysteme in Hinblick auf Ernährungssicherheit, Nachhaltigkeit und die Einhaltung der planetaren Grenzen und Menschenrechte zur Anpassung an den Klimawandel notwendig.
Bisherige Ansätze und Bemühungen dahingehend würden längst nicht ausreichen, stellt Germanwatch fest. In den Jahren 2019 und 2020 seien lediglich vier Prozent der globalen Klimafinanzierung in die Land- und Ernährungswirtschaft geflossen. Es sei von entscheidender Bedeutung, dass die Staatengemeinschaft bei der Einigung auf ein neues globales Klimafinanzierungsziel auch ein Unterziel für die Finanzierung der Transformation globaler Ernährungssysteme setze. Dies sei bei der COP29 jedoch nicht zu erwarten.
Ob und welche konkreten Ziele auf der COP29 für den Agrifood-Bereich formuliert werden, wird sich in dieser und kommender Woche zeigen. Am 19. November findet der Thementag Ernährung, Landwirtschaft und Wasser statt, auf dem Initiativen der COP-Präsidentschaft und der Welternährungsorganisation FAO vorgestellt werden. kih
Zum Start des UN-Klimagipfels drängt die NGO International Rescue Committee (IRC) darauf, die internationale Klimafinanzierung stärker auf Bedürfnisse von Menschen in Konfliktgebieten auszurichten. IRC fordert von den Delegationen in Baku:
Laut IRC verstärken sich die Auswirkungen von Klimawandel und Konflikten in 17 Ländern (Afghanistan, Burkina Faso, Kamerun, Zentralafrikanische Republik, Demokratische Republik Kongo, Äthiopien, Haiti, Mali, Mosambik, Myanmar, Niger, Nigeria, Somalia, Südsudan, Sudan, Syrien und Jemen) besonders stark. “Einerseits stellen die Länder mit 10,5 Prozent einen kleinen Teil der Weltbevölkerung und sind für nur 3,5 Prozent der Treibhausgasemissionen verantwortlich”, schreibt die NGO. “Andererseits leben dort rund ein Drittel aller Menschen, die von Naturkatastrophen betroffen sind, und drei Viertel aller Menschen, die weltweit humanitäre Hilfe benötigen.” Der Klimawandel wirke “als Bedrohungskatalysator für lokale Gemeinden: Ernährungsunsicherheit steigt, Lebensgrundlagen sind bedroht und Spannungen verschärfen sich.”
Konkret fordert das IRC unter anderem, 18 Prozent der gesamten Anpassungsfinanzierung, die für Entwicklungsländer vorgesehen ist, an klimagefährdete und konfliktbetroffene Länder zu geben, die Klimaschutz- und Anpassungsfinanzierung hälftig aufzuteilen, und konfliktbetroffenen Ländern Zugang zum “Loss-and-Damage”-Fonds zu gewähren. ae
Reuters: Taliban bei COP29. Vertreter der afghanischen Taliban werden am Klimagipfel COP29 in Aserbaidschans Hauptstadt Baku teilnehmen. Bei den Uno-Klimakonferenzen im ägyptischen Scharm el-Scheikh 2022 und in Dubai 2023 waren die Taliban nicht willkommen. Zum Artikel
Wall Street Journal: In Öl baden. Dass die Weltklimakonferenz in diesem Jahr in der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku stattfindet, wirkt unpassend. Kaum ein anderes Land ist vom Öl wirtschaftlich so abhängig wie Aserbaidschan. In Baku werden sogar Bäder in warmem Öl angeboten. Zum Artikel
Nau: Auch China soll zahlen. Die Schweiz will sich beim Klimagipfel in Baku dafür einsetzen, dass die Zahl der Geberländer für Investitionen in den weltweiten Klimaschutz steigt. Alle Länder, vor allem aber die wohlhabenden Staaten, sollen nach ihren Möglichkeiten dazu beitragen, den Treibhausgas-Ausstoß zu senken. Zahlen sollen künftig nicht mehr nur Industrieländer, sondern auch China oder Saudi-Arabien. Zum Artikel
Politico: Trump will Klimaabkommen kündigen. Donald Trump will nach seinem Amtsantritt im Januar erneut das Klimaabkommen von Paris kündigen. Das könnte für die USA negative wirtschaftliche Folgen haben. China könnte das Land in Bereichen wie E-Mobilität und Erneuerbare Energie abhängen. Zum Artikel
New York Times: Klimaschutz bis zuletzt. Mitarbeiter der Biden-Regierung bemühen sich, Zuschüsse in Höhe von Hunderten Millionen US-Dollar zu vergeben und Umweltschutzbestimmungen festzulegen. Präsident Joe Bidens Klimaagenda soll weitgehend durchgesetzt werden, bis Donald Trump in das Weiße Haus einzieht. Zum Artikel
Times: Starmer setzt auf CO₂-Reduzierung. Der britische Premierminister Keir Starmer gehört zu den wenigen G7-Regierungschefs, die an der COP29 in Aserbaidschan teilnehmen werden. Starmer ist der Ansicht, dass es im Interesse Großbritanniens liegt, die weltweiten Bemühungen zur Reduzierung der CO₂-Emissionen anzuführen. Zum Artikel