auf der COP29 werden schon Wetten abgeschlossen, wie lange die Konferenz dieses Jahr in die Verlängerung geht. Die meisten Beobachter gehen von spät in der Nacht am Samstag oder sogar Sonntagmittag aus. Bisher gibt es selbst für COP-Verhältnisse zu wenig Fortschritt. COP29-Präsident Mukhtar Babajew ist (zweck-)optimistischer und will bis Freitagabend zu einem Ergebnis kommen. Die Präsidentschaft wollte in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag neue Texte zu den kritischen Verhandlungsfragen vorlegen. Normalerweise ist Hektik nicht unser Ding, aber wir würden uns über etwas mehr Action freuen.
Auch weil andere Fragen so sehr drängen und die Kapazitäten der Präsidentschaft ausgereizt sind, wird es auf dieser COP wahrscheinlich keine Mantelentscheidung geben. So eine “Cover Decision” wäre das passende Dokument, um von der Klima-COP aus ein Zeichen an die Biodiversitäts-COP zu schicken, schreibt Lukas Knigge. Er analysiert, warum die Einigung bei Artikel 6.4 Fortschritte beim Schutz der Biodiversität bringen könnte und welche Staaten die globalen Kohlenstoffmärkte für die Klimafinanzierung anzapfen wollen.
Streit gibt es auch beim Gender-Thema. Die arabischen Staaten, Russland und der Vatikan wollen bei Gender-Fragen zurück in die Vergangenheit. Für Frauen und andere benachteiligte Gruppen wäre das ein großer Rückschritt. Sie sind von der Klimakrise häufig stärker betroffen als Männer und finden in der internationalen Klimadiplomatie ohnehin schon weniger Gehör. Wir analysieren heute, welche Folgen die Blockadehaltung konkret haben könnte.
Grüße aus einem angespannten Baku!
Frauen sind besonders stark von der Klimaerwärmung betroffen. Auf den UN-Klimakonferenzen wird deshalb seit einigen Jahren auch über Gender-Themen verhandelt. Doch auf der COP29 drohen diese weiter an den Rand gedrängt zu werden. Die arabische Staatengruppe, Russland und auch der Vatikan wehren sich gegen eine Fortschreibung des sogenannten Lima Arbeitsprogramms zu Gender-Fragen. In den aktuellen Verhandlungen um eine Fortsetzung des Arbeitsprogramms wollen sie sprachlich sogar hinter zehn Jahre alte Vereinbarungen zurückgehen. Das hätte konkrete Auswirkungen für Frauen und andere benachteiligte Gruppen. Sie würden in der UN-Klimadiplomatie stärker an den Rand gedrängt, statt weiter eingebunden zu werden.
Frauen und andere marginalisierte Gruppen trifft die Klimakrise mit ihren Auswirkungen auf verschiedenen Wegen oft besonders hart:
Seit 2014 stehen Gender-Themen deshalb mit dem sogenannten “Lima Work Programme on Gender” (LWPG) etwas prominenter auf der UNFCCC-Agenda. Zudem gibt es einen “Gender-Aktionsplan” (Gender Action Plan). Das Arbeitsprogramm und der Aktionsplan sollen die “Ausgewogenheit zwischen den Geschlechtern fördern” und zu einer “geschlechtergerechten Klimapolitik” beitragen. Das heißt, dass die Stimmen von Frauen mehr gehört und ihre Anliegen besser kommuniziert werden sollen. Doch auf der COP28 waren nur 36 Prozent der Delegierten Frauen, unter den Delegationsleitern und stellvertretenden Delegationsleitern waren es sogar nur 27,5 Prozent.
Das Arbeitsprogramm soll auch die Kapazitäten von Frauen stärken. Konkrete klimapolitische Entscheidungen, beispielsweise in Form der Nationalen Klimaziele (NDCs), und die Umsetzung von Klimapolitik sollen stärker an die Belange von Frauen angepasst werden. Auch in der Klimafinanzierung und bei anderen Unterstützungsfragen (“means of implementation”) sollen Gender-Belange berücksichtigt werden.
Auf der COP29 wird das LWPG turnusmäßig überarbeitet. Deutschland und Europa wollen das Arbeitsprogramm dabei um Diversitäts- und Intersektionalitätsfragen erweitern. Gender-Belange sollen laut Deutschland und Europa auch in den nationalen Klimazielen (NDCs) auftauchen. Andere Staaten dagegen sind nicht einmal zu einer Verlängerung des LWPG in seiner jetzigen Form bereit. Die arabische Staatengruppe, insbesondere Saudi-Arabien, aber auch Russland und der Vatikan blockieren Fortschritte. Sie wollen den Begriff “Gender” durch den Begriff “Sex” ersetzen, der weit weniger Gruppen umfasst, und damit zu einer Sprache zurückkehrt, die laut Beobachtern seit mindestens zehn Jahren überholt ist. Wopke Hoekstra, EU-Klima-Kommissar, sagte am Mittwoch auf einer Pressekonferenz: Die Klimakrise betreffe alle Menschen. Gender-Themen müssten im COP-Prozess mit “Sprache aus dem 21. Jahrhundert” behandelt werden.
Setzen sich die Blockierer durch, würde das Work Programme nicht um neue Perspektiven erweitert, sondern viele Gender-Perspektiven fielen heraus. Konkret würde es beispielsweise bedeuten, dass einige Minderheiten keinen Zugang mehr zum Kapazitätsaufbau oder zu speziellen Reisefonds hätten. Statt stärker an der internationalen Klimapolitik zu partizipieren, wären Frauen weniger stark repräsentiert. Auch auf die Datenerhebung hätte das Auswirkungen. Denn das Work Programme will auch Klimafolgen für bestimmte Minderheiten besser messbar und somit sichtbarer machen. Aus europäischen Verhandlungskreisen verlautet: “Es wäre folgenschwer, wenn sich die Staaten auf der COP29 nicht auf ein neues Lima Work Programme on Gender einigen könnten. Dass einige Staaten den Fortschritt der letzten Jahre sogar zurückdrehen wollen, besorgt uns sehr.”
Auch NGO-Vertreter fordern, das LWPG müsse ausgebaut werden. Die Staaten “müssen ein ehrgeiziges, kohärentes und fortschrittliches Lima-Arbeitsprogramm zu Gender-Fragen vorlegen”. Finanzmittel müssten aufgestockt und Menschenrechte geschützt werden, fordert etwa die Women and Gender Constituency bei der UNFCCC.
Ob das in Baku gelingen wird, ist derzeit unklar. In der ersten COP-Woche hatten die EU-Verhandler sogar die Verhandlungen kurzzeitig unterbrochen, weil die Blockierer-Staaten einen kompletten Textentwurf in Klammern gesetzt, also blockiert hatten. Gibt es keine Fortschritte, könnte das komplette Lima-Arbeitsprogramm scheitern, denn laut Zeitplan müsste die COP29 eine Fortsetzung des LWPG – in welcher Form auch immer – beschließen. Allerdings sind solche Zeitpläne fluide, sodass bei einer Nicht-Entscheidung ein komplettes Ende des LWPG nicht zwangsläufig wäre, sagen Beobachter.
Die Diskussionen über das Arbeitsprogramm verlaufen laut einigen Stimmen in der zweiten Woche zwar etwas produktiver als noch in der ersten Woche. Zudem soll die COP-Präsidentschaft mit den Staaten über Begriffsfragen in den Verhandlungen konsultieren. Doch die arabische Staatengruppe blockiert Gender-Fragen auch in anderen Bereichen. Beim Anpassungsfonds wehrt sich die Gruppe beispielsweise gegen Vorschläge für eine geschlechtergerechte Fokussierung der Ausgaben (“gender-responsive finance”).
Laut Beobachtern stellen sich die arabischen Staaten und Russland aber nicht quer, um im Endspiel um andere COP-Entscheidungen zusätzliche Verhandlungsmasse zu haben. Dafür sei das Gender-Thema, verglichen mit anderen COP-Entscheidungen, zu unwichtig. Allerdings könnten die Blockierer das Thema groß machen, um Punkte beim Heimatpublikum zu holen und sich gegenüber dem Westen abzugrenzen und traditionelle Familienwerte und Geschlechterbilder zu betonen.
Die aserbaidschanische Präsidentschaft der COP29 in Baku will keine Mantelentscheidung – die sogenannte Cover Decision – produzieren. Sie ist üblicherweise ein Ort, um große politische Richtungsentscheidungen niederzuschreiben, die auf der Tagesordnung der Konferenz nicht berücksichtigt wurden.
Sie wäre auch der Ort gewesen, um auf einen Aufruf aus Cali an die Klima-COP zu reagieren. Die Biodiversitätskonferenz (CBD-COP16) forderte Anfang November ein gemeinsames Arbeitsprogramm beider Konventionen, um die Anstrengungen zum Schutz des Klimas und der natürlichen Vielfalt besser zu koordinieren. Nun, da es aller Voraussicht nach keinen solchen Manteltext geben wird, droht das Thema Biodiversität in Baku hinten runterzufallen.
Zwar wird das Thema kommendes Jahr auf der COP30 in Belém durch den Fokus der künftigen brasilianischen COP-Präsidentschaft auf den Wald automatisch eine größere Rolle spielen. Und das in Cali geforderte gemeinsame Arbeitsprogramm soll Mitte 2025 auf den Weg gebracht werden. Doch Baku hätte schon jetzt ein wichtiges Zeichen zum Nutzen von Klimamaßnahmen für den Naturschutz senden können, kritisieren Verhandler.
Einen Fortschritt für die Biodiversität gibt es jedoch in Baku: Von Verhandlern heißt es, die Einigung auf Standards für Kohlenstoffmärkte unter Artikel 6.4 des Paris-Abkommens schütze zwar nicht unmittelbar die Natur. Aber indem sie strengere Vorgaben für Minderungsmaßnahmen wie Aufforstung festlegt, verhindere sie, dass der Handel mit Kohlenstoffzertifikaten der Natur schade.
Die nach dem Auftakterfolg von Baku andauernden Verhandlungen zu weiteren Leitlinien für Artikel 6 sehen Beobachter allerdings auch kritisch. Bei der Suche nach Mitteln für die internationale Klimafinanzierung gibt es auch Vorschläge, die globalen Kohlenstoffmärkte anzuzapfen.
Die USA beispielsweise fordern das schon länger. Angesichts der geringen Mittel für Klimafinanzierung, welche die USA derzeit geben, erhoffen sie sich, auf diese Weise die eigenen Beiträge zumindest rechnerisch zu erhöhen. Gleichzeitig will man mangels eigener THG-Minderungsmaßnahmen die Kohlenstoffgutschriften beispielsweise aus Aufforstungsprojekten nutzen, um die nationalen Klimaziele (NDCs) zu erreichen.
Die EU fährt einen anderen Kurs. Sie will ihre Klimaziele ohne Kompensation erreichen und beteuert ebenso, Klimafinanzierung sei eine Unterstützung für den Globalen Süden zur Emissionsminderung, Anpassung und “Loss and Damage” – und solle nicht genutzt werden, die eigene THG-Bilanz aufzuhübschen. Der ungarische EU-Ratsvorsitz sieht das jedoch offenbar anders. Klima-Staatssekretär Attila Steiner erklärte diese Woche in Baku mehrfach, Kohlenstoffmärkte unter Artikel 6 könnten Entwicklungsländern Zugang zu mehr Klimafinanzierung ermöglichen.
Um auf der COP29 mit einer möglichst großen Summe für das derzeit in Baku zu verhandelnde Klimafinanzziel (NCQG) herauskommen zu können, werden sogenannte “innovative Finanzierungsmethoden” diskutiert. Das Anzapfen internationaler Kohlenstoffmärkte unter Artikel 6 könnte eine davon sein.
Diese Kohlenstoffmärkte sollen einen Business-Case für THG-Minderungsprojekte schaffen und bieten sowohl Staaten (6.2) als auch Unternehmen (6.4) die Möglichkeit, Gutschriften für diese Minderungen für die eigene THG-Bilanz zu kaufen. Die Idee: THG-Minderungen geschehen dort, wo sie am günstigsten erreicht werden können, finanziert von dem Akteur, der sie für sein NDC braucht.
Würden die Investitionen aus privater oder öffentlicher Hand nun neben der NDC-Anrechnung auch als Klimafinanzierung deklariert werden, fiele die Zusätzlichkeit dieser Maßnahmen weg. Es bliebe ein Rechentrick. Gelder, die ohnehin zum Kauf von THG-Gutschriften ausgegeben werden, um das NDC zu erreichen, würden nur dabei helfen, das Quantum für Klimafinanzierung zu erfüllen – ohne zusätzlichen Nutzen für das Klima zu bewirken.
Der Unterstützungsbedarf des Globalen Südens bliebe weiterhin vorhanden, zudem würde ein Anreiz geschaffen werden, in Emissionsminderungen zu investieren, weniger in Anpassung und “Loss and Damage“. Die Zurückweisung solcher Forderungen durch Länder im Globalen Süden ist daher vorprogrammiert.
Eine Möglichkeit wäre, dass nicht beide Nutzungsarten möglich sind. Der Käufer von Gutschriften muss sich entscheiden: Nutzt er sie für die eigene Klimabilanz oder generiert er über die Zertifikate Klimafinanzierung?
Voraussetzung dafür wären jedoch wasserdichte Regeln für die Zertifizierung von THG-Minderungsprojekten unter Artikel 6. Und genau diese werden derzeit in Baku noch verhandelt. Beobachter kritisieren, dass laut derzeitigem Verhandlungsstand keine regelmäßigen Überprüfungen der Standards und Methoden stattfinden sollen. Dies soll “regulatorische Stabilität” ermöglichen.
Kohlenstoffmarkt-Experten halten dies jedoch für gefährlich und fordern zunächst eine Risikofolgenabschätzung inklusive Modellierungen, wie sich natürliche und technologische Methoden zur Kohlenstoffentnahme unter Artikel 6 auf die Natur und die Biodiversität auswirken könnten. Ozeandüngung beispielsweise könnte die Kohlenstoffaufnahme von Meerespflanzen vergrößern, birgt jedoch die Gefahr, das Ökosystem durcheinander zu bringen.
Der Druck auf die Verhandler ist riesig, in Baku noch weitere Ergebnisse zu Artikel 6 zu erzielen, trotz möglicher Gefahren für die natürliche Vielfalt.
21. November, 11 Uhr, Mugham Room
Presidency Event High-Level Launch Event “Celebrating Water’s Lifeline for Climate, Nature, and People” INFOS
21. November, 11 Uhr, Karabakh Room
Pressekonferenz Sierra Leone: Global South Ministers react to negotiations on the new climate finance goal INFOS
21. November, 16.30 Uhr, German Pavillon
Panel Nature-based solutions and ecosystem restoration for effective climate change adaptation and mitigation – the case of integrated water management
Nach einem Beitrag von Bundesumweltministerin Steffi Lemke wird ein Expertengremium erörtern, wie wir sowohl die Wiederherstellung der Natur als auch die naturbasierte Anpassung an den Klimawandel und dessen Abschwächung skalieren können, um die dringend benötigten Synergien zu nutzen. INFOS
21. November, 18.30 Uhr, German Pavillon
Side-Event Beyond the Enhanced Lima Work Programme and the Gender Action Plan: What does gender-transformative climate action truly look like?
Bei diesem interaktiven Side-Event werden der Verlauf der COP-Verhandlungen, die Ergebnisse und die Auswirkungen auf die abschließende Überprüfung der Umsetzung des erweiterten Arbeitsprogramms von Lima und seines Gender-Aktionsplans analysiert. Dies geschieht im Rahmen eines internationalen Austauschs mit feministischen Aktivistinnen für Klimagerechtigkeit aus verschiedenen Regionen. INFOS
Der Klimawandel beeinflusst viele Extremwetter und macht sie gefährlicher: 74 Prozent der Extremwetterereignisse wären ohne den Klimawandel weniger wahrscheinlich oder glimpflicher verlaufen. Das geht aus einer interaktiven Analyse von mehr als 600 Studien zu 744 verschiedenen Ereignissen und Trends hervor, die Carbon Brief kürzlich veröffentlichte.
Ausgewertet wurden dafür sogenannte Attributionsstudien, die den Klimaeinfluss auf Hitze, Dürre, Starkregen, Stürme oder Waldbrände untersuchten. Viele von ihnen wurden von der World Weather Attribution-Forschungsgruppe durchgeführt, die die Attributionsforschung durch Schnellanalysen revolutionierte.
Mehr als ein Drittel der Ereignisse und Trends, die durch den Klimawandel wahrscheinlicher oder intensiver wurden, sind Hitzeextrema. Das lässt sich mit den steigenden Durchschnittstemperaturen leicht erklären. Auch Starkregenereignisse lassen sich eindeutig zuordnen: Pro Grad Erderwärmung nimmt die Atmosphäre um sieben Prozent mehr Wasserdampf auf. Dieser muss irgendwann wieder abregnen.
Es gibt aber auch Ausnahmen, in denen der Klimawandel etwa ein Starkregenereignis im Februar 2018 über Südost-Afrika unwahrscheinlicher machte.
Die weiteren Ergebnisse:
Teresa Ribera ist als Wettbewerbskommissarin der Europäischen Union vom EU-Parlament nominiert worden. Bis zum Mittwochabend war ihre Nominierung ungewiss. Koordinatoren der konservativen EVP-Fraktion hatten mit einer Blockade gedroht, falls Riberas S&D-Fraktion dem italienischen Kandidaten Raffaele Fitto – einem Rechtsaußenpolitiker und Vertrauten von Giorgia Meloni – nicht zustimmen sollte. Beide Seiten blockierten einander, die endgültige Entscheidung zog sich bis in die Nacht hinein. Erst eine zweiseitige Erklärung der Fraktionschefs von EVP, S&D sowie Renew löste die Pattsituation allmählich auf.
Konservative Politiker werfen der bis heute amtierenden spanischen Umweltministerin Ribera zudem eine Mitverantwortung für die katastrophale Flut in Valencia vor. Am Mittwoch musste sie sich dazu einer Anhörung im spanischen Parlament stellen. Sollte sie angeklagt oder verurteilt werden, möchte die EVP, dass sie als Kommissarin zurücktritt – was die Einigung beinahe erneut gekippt hätte.
Das EU-Parlament muss noch alle 26 nominierten Kommissare formell bestätigen, was für nächste Woche erwartet wird. Dafür ist eine absolute Mehrheit der Stimmen nötig. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen versprach unter anderem, dass die Kommission in ihren ersten 100 Tagen Pläne vorlegen wird, die Unternehmen helfen sollen, das EU-Ziel der Kohlenstoffneutralität für 2050 zu erreichen. Am 1. Dezember könnte die Kommission mit ihrer Arbeit beginnen.
Als Wettbewerbskommissarin ist Ribera zuständig dafür, die Dekarbonisierung der Industrie im Rahmen des Green Deals voranzutreiben. Sie soll unter anderem das EU-Beihilferecht auf die Klimaziele ausrichten – konkret auf den Erneuerbaren-Ausbau und die Dekarbonisierung.
Außerdem ist sie als Exekutivvizepräsidentin der Kommission die direkte Vorgesetzte des Klimakommissars Wopke Hoekstra, des Energiekommissars Dan Jørgensen und der Umweltkommissarin Jessika Roswall. Bei ihr laufen entsprechend die Fäden der europäischen Energie-, Klima- und Industriepolitik zusammen.
Auf den UN-Klimakonferenzen wird zwar auch in Zukunft Hoekstra die Rolle des obersten Verhandlers für die Kommission spielen, doch Ribera wird es sich mit all ihrer Erfahrung auf dem internationalen Klima-Parkett kaum nehmen lassen, den Konferenzen ebenfalls ihren Stempel aufzudrücken. luk/lb/mgr/rtr
Zwischen den Industriestaaten und Indien wird es keine Vereinbarung über eine sozial abgefederte Energiewende geben. Die Pläne für eine “Just Energy Transition Partnership” (JETP) zwischen Geberländern und Indien würden nicht mehr verfolgt, hat BMZ-Staatssekretär Jochen Flasbarth am Rande der COP29 in Baku erklärt. Flasbarth sagte gegenüber dem Informationsdienst Clean Energy Wire: “Wir verfolgen diesen Prozess in Übereinstimmung zwischen Indien und uns nicht weiter. Wir haben realisiert, dass dieses Vorgehen für Indien nicht attraktiv ist.”
Die Gespräche hatten vor allem Deutschland und die USA mit Indien geführt. Nach der COP26 in Glasgow war die erste Partnerschaft für eine gerechte Energiewende zwischen den USA, Frankreich, Deutschland, Großbritannien und der EU auf der einen Seite und Südafrika als Partner gestartet worden. Geplant sind ähnliche Regelungen mit Indonesien, Vietnam oder dem Senegal.
Die Gespräche mit Indien waren lange schon schwierig, sind nun aber offenbar für dieses Vorgehen endgültig beendet. Zu einem Kohleausstieg unter JETP-Bedingungen sei Indien nicht bereit, hieß es nun, da es dadurch eine steigende Verschuldung fürchte. Indien plant eher für eine Kooperation zum Aufbau der Erneuerbaren und zur Ausbildung von Fachkräften. bpo
Zehn bis 15 Millionen US-Dollar sollen in den kommenden drei Jahren in einen Fonds zum Kampf gegen Klima-Desinformation fließen. Das ist ein Kernstück der “Globalen Initiative für Informationsintegrität zum Klimawandel“, den die UN, die UNESCO und die brasilianische Regierung auf dem G20-Gipfel in Rio de Janeiro angekündigt haben. Am Mittwoch wurde die Initiative auf der COP29 in Baku vorgestellt. Sie soll auch der Vorbereitung für die COP30 in Brasilien zugutekommen.
In der Initiative sollen Länder, internationale Organisationen und Forschungsnetzwerke gegen Desinformation zusammenarbeiten. Ziel ist es, Forschung und praktische Maßnahmen gegen Desinformationskampagnen zu stärken, “die den Klimaschutz verzögern und zum Scheitern bringen”, wie es in einer gemeinsamen Pressemitteilung heißt. Neben Brasilien haben bisher Chile, Dänemark, Frankreich, Marokko, Großbritannien und Schweden ihre Teilnahme an der Initiative bestätigt.
Der von der UNESCO verwaltete Fonds wird von den teilnehmenden Ländern finanziert. Er soll Zuschüsse an Nichtregierungsorganisationen vergeben, “um deren Arbeit zur Erforschung der Integrität von Klimainformationen, zur Entwicklung von Kommunikationsstrategien und zur Durchführung von Kampagnen zur Sensibilisierung der Öffentlichkeit zu unterstützen”. Die Summe der Geldmittel könnte später noch steigen.
Zum Beginn der COP29 hatte ein aktueller Report von Climate Action Against Disinformation (CAAD) – einem Zusammenschluss aus Klima- und Anti-Desinformationsorganisationen – gezeigt, wie große Öl- und Techkonzerne Desinformation im Netz verbreiten oder ihr zumindest nichts entgegensetzen. Ein Beispiel war die Facebook-Mutter Meta. Der Weltklimarat IPCC hat das Risiko der Desinformation bereits 2022 benannt. Das Weltwirtschaftsforum sieht Desinformation auf kurze Sicht als größtes Risiko für die Welt an. ae
25 Länder und die EU haben am Mittwoch auf der COP29 einen Aufruf unterzeichnet, “keine neue unverminderte Kohlekraft in den heimischen Energiesystemen” zu installieren. Diese Absicht soll sich auch in ihren nationalen Klimaplänen widerspiegeln, die neuen UN-Klimaziele (NDCs 3.0) eingeschlossen. Sie rufen Staaten auf, dem “Call to Action for No New Coal” zu folgen, um das 1,5-Grad-Ziel in Reichweite zu halten. Damit bekräftigen sie die Abschlusserklärung der vergangenen COP28 – den “UAE-Consensus“.
Neben der EU und einigen Mitgliedstaaten unterzeichneten auch Angola, Australien, Kanada, Kolumbien, die Dominikanische Republik, Äthiopien, Marokko, Uganda, Großbritannien, Uruguay und Vanuatu den Aufruf. Polen fehlt ebenso wie die großen Kohleproduzenten China und Indien. Australien, das viel Geld mit Kohleexporten verdient, verpflichtet sich dagegen dazu, keine neuen Kohlekraftwerke zu bauen, deren Emissionen “unvermindert” (“unabated”) bleiben. Allerdings ist der Begriff nicht eindeutig definiert und hält den Staaten noch eine Hintertür für Abscheidungstechnologien offen. lb
Fliegen ist schlecht fürs Klima. Wie schlecht es ist, hängt entscheidend von der genutzten Fluggesellschaft ab. Denn auf der gleichen Strecke ist der Kerosin-Verbrauch – und damit der CO₂-Ausstoß – bei den besten Airlines nur halb so hoch wie bei den schlechtesten. Das geht aus dem jüngsten Aviation Index hervor, den die NGO Atmosfair an diesem Donnerstag auf der COP in Baku vorstellen will und der Table.Briefings vorab vorlag.
Entscheidend für die Effizienz einer Fluggesellschaft – definiert als CO₂-Ausstoß pro Passagier und Kilometer bei gleicher Entfernung – ist zum einen das Alter des Flugzeugs. Moderne Maschinen wie die Boeing 737MAX-8 oder der Airbus A350-1000 verbrauchen deutlich weniger Treibstoff als ältere Modelle. Zum anderen kommt es auf die Auslastung an: Je mehr Sitzplätze ein Flugzeug hat und je mehr davon gefüllt sind, desto geringer ist der CO₂-Ausstoß pro Passagier. Theoretisch kann auch der Einsatz klimafreundlicher Kraftstoffe die Effizienz verbessern, doch diese spielen in der Praxis noch keine Rolle. Auch veränderte Flugrouten können die Emissionen deutlich reduzieren, wie kürzlich eine Studie des Verkehrsverbands Transport & Environment (T&E) zeigte.
Bewertet wurden im Aviation Index 118 Fluggesellschaften (sowie in einer gesonderten Auswertung 46 Billigflieger). Angeführt wird die Liste von der niederländischen Chartergesellschaft TUIfly und der Airline Starlux aus Taiwan. Sie erreichen über 85 Prozent der maximal möglichen Effizienzpunkte. Beste deutsche Airline ist TUIfly Germany mit 79 Prozent auf Platz 14. Condor landete auf Platz 35, die Lufthansa mit lediglich 59 Prozent auf Platz 97. Alle deutschen Gesellschaften sind im Ranking abgerutscht, weil sie ihre Effizienz weniger stark gesteigert haben als viele Konkurrenten.
Auch insgesamt hat die Effizienz der Flugbranche deutlich weniger zugenommen als nötig: Im Vergleich zum Vorjahr zeigt sich nur eine Verbesserung um 1,4 Prozent. Das ist nicht nur weniger als die klimapolitisch notwendigen vier Prozent, sondern es bleibt auch hinter dem selbst gesteckten Ziel der Branche von zwei Prozent Effizienzsteigerung zurück. “Die Klimawende im Flugverkehr lässt auf sich warten”, kommentiert Atomsfair-Geschäftsführer Dietrich Brockhagen die Ergebnisse. “Unsere Zahlen bei der CO₂-Effizienz und die Prognosen für die notwendigen synthetischen und CO₂-neutralen Treibstoffe zeigen, dass der Sektor beim Klimaschutz einfach zu langsam ist.” mkr
Washington Post: Weltklimakonferenz als Werbeplattform. Aserbaidschan nutzt die Weltklimakonferenz vor allem zur Eigenwerbung. Das Land ist vom Export fossiler Brennstoffe abhängig und sieht sie als Geschenk Gottes. Umweltfragen interessieren kaum jemanden. Zum Artikel
New York Times: Saudi-Arabien gegen Klimafortschritt. Wie Diplomaten aus Saudi-Arabien, dem weltweit größten Ölexporteur, daran arbeiten, jedes Abkommen zu verhindern, das die Verpflichtung zur Abkehr von fossilen Brennstoffen erneuert. Zum Artikel
Washington Post: Erneuerbare unschlagbar günstig. Selbst wenn der künftige US-Präsident Donald Trump den Kongress dazu bringen würde, die Subventionen vollständig abzuschaffen, würde die Dekarbonisierung der Energieversorgung in den USA fortschreiten. Die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien ist so kostengünstig, dass sie keine Subventionen mehr benötigt, um bedeutende Fortschritte zu erzielen. Zum Artikel
Science Nigeria: Nigeria muss grüner werden. Der Klimawandel gefährdet ernsthaft Nigerias Ökosysteme, die Wirtschaft und das Wohlbefinden der Bevölkerung. Umweltgruppen fordern nun, die Zerstörung des Ogunpa-Waldreservats zu stoppen, Umweltverträglichkeitsprüfungen durchzuführen und Nachhaltigkeit sowie Umweltgerechtigkeit über private Interessen zu stellen. Zum Artikel
Watson: Milliardenverluste durch Klimawandel. Nach Ansicht der Europäischen Zentralbank und anderen europäischen Finanzinstitutionen drohen Unternehmen Milliardenverluste, wenn sie sich nicht rechtzeitig auf den Klimawandel einstellen. Investitionen in grüne Technologien versprechen gute Umsätze und hohe Gewinne. Zum Artikel
Eine COP ist nichts für Musikliebhaber. Dafür gibt es hier zu viele Dissonanzen, langweilige Texte, es fehlt der Rhythmus und die Kreativität. Es kommen zwar so viele Leute zusammen wie zu einem Helene-Fischer-Konzert, aber sie haben oft ebenso fragwürdigen Geschmack, was ihre Abendgestaltung angeht. Eine Klimaveranstaltung ist eine durch und durch nüchterne Veranstaltung. Leider. Ein bisschen Sex and Drugs and Rock ‘n’ Roll würden das Ganze hier deutlich erfolgreicher und erträglicher machen.
Umso erstaunter war ich heute früh, als ich mir auf dem Weg zum Stadion in der U-Bahn Kopfhörer in die Ohren stöpselte und eine meiner wenigen Playlists aufrief. Die hat mit Klima und dieser Veranstaltung hier gar nichts zu tun. Dachte ich jedenfalls bisher. Aber dann spielte mir Spotify “Wait and See” in den Kopf. Exakt, dachte ich: noch drei Tage Konferenz. Dann kam “Parce qu´on sait jamais“, auch das trifft es genau. Es folgte “I fought the Law – and the Law won” und ich musste an die Gesetze der Physik denken. Oder bei “Slipping trough my fingers“, “Alles nur geklaut” und “Running on Empty” an die Debatte zu Klimafinanzen. “This Hard Land” sang Springsteen bei der Busfahrt mit dem Blick auf die Gastanks gleich neben dem COP-Gebäude. Dann kam noch “When all is said and done“, “Am ersten Sonntag nach dem Weltuntergang“, natürlich passt bei dem Thema auch immer “Knockin’ on Heaven’s Door“. Und vor allem die Hymne, die REM damals mit Blick auf die Klimakrise geschrieben haben müssen: “It’s The End of the World as we know it.” Bernhard Pötter
auf der COP29 werden schon Wetten abgeschlossen, wie lange die Konferenz dieses Jahr in die Verlängerung geht. Die meisten Beobachter gehen von spät in der Nacht am Samstag oder sogar Sonntagmittag aus. Bisher gibt es selbst für COP-Verhältnisse zu wenig Fortschritt. COP29-Präsident Mukhtar Babajew ist (zweck-)optimistischer und will bis Freitagabend zu einem Ergebnis kommen. Die Präsidentschaft wollte in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag neue Texte zu den kritischen Verhandlungsfragen vorlegen. Normalerweise ist Hektik nicht unser Ding, aber wir würden uns über etwas mehr Action freuen.
Auch weil andere Fragen so sehr drängen und die Kapazitäten der Präsidentschaft ausgereizt sind, wird es auf dieser COP wahrscheinlich keine Mantelentscheidung geben. So eine “Cover Decision” wäre das passende Dokument, um von der Klima-COP aus ein Zeichen an die Biodiversitäts-COP zu schicken, schreibt Lukas Knigge. Er analysiert, warum die Einigung bei Artikel 6.4 Fortschritte beim Schutz der Biodiversität bringen könnte und welche Staaten die globalen Kohlenstoffmärkte für die Klimafinanzierung anzapfen wollen.
Streit gibt es auch beim Gender-Thema. Die arabischen Staaten, Russland und der Vatikan wollen bei Gender-Fragen zurück in die Vergangenheit. Für Frauen und andere benachteiligte Gruppen wäre das ein großer Rückschritt. Sie sind von der Klimakrise häufig stärker betroffen als Männer und finden in der internationalen Klimadiplomatie ohnehin schon weniger Gehör. Wir analysieren heute, welche Folgen die Blockadehaltung konkret haben könnte.
Grüße aus einem angespannten Baku!
Frauen sind besonders stark von der Klimaerwärmung betroffen. Auf den UN-Klimakonferenzen wird deshalb seit einigen Jahren auch über Gender-Themen verhandelt. Doch auf der COP29 drohen diese weiter an den Rand gedrängt zu werden. Die arabische Staatengruppe, Russland und auch der Vatikan wehren sich gegen eine Fortschreibung des sogenannten Lima Arbeitsprogramms zu Gender-Fragen. In den aktuellen Verhandlungen um eine Fortsetzung des Arbeitsprogramms wollen sie sprachlich sogar hinter zehn Jahre alte Vereinbarungen zurückgehen. Das hätte konkrete Auswirkungen für Frauen und andere benachteiligte Gruppen. Sie würden in der UN-Klimadiplomatie stärker an den Rand gedrängt, statt weiter eingebunden zu werden.
Frauen und andere marginalisierte Gruppen trifft die Klimakrise mit ihren Auswirkungen auf verschiedenen Wegen oft besonders hart:
Seit 2014 stehen Gender-Themen deshalb mit dem sogenannten “Lima Work Programme on Gender” (LWPG) etwas prominenter auf der UNFCCC-Agenda. Zudem gibt es einen “Gender-Aktionsplan” (Gender Action Plan). Das Arbeitsprogramm und der Aktionsplan sollen die “Ausgewogenheit zwischen den Geschlechtern fördern” und zu einer “geschlechtergerechten Klimapolitik” beitragen. Das heißt, dass die Stimmen von Frauen mehr gehört und ihre Anliegen besser kommuniziert werden sollen. Doch auf der COP28 waren nur 36 Prozent der Delegierten Frauen, unter den Delegationsleitern und stellvertretenden Delegationsleitern waren es sogar nur 27,5 Prozent.
Das Arbeitsprogramm soll auch die Kapazitäten von Frauen stärken. Konkrete klimapolitische Entscheidungen, beispielsweise in Form der Nationalen Klimaziele (NDCs), und die Umsetzung von Klimapolitik sollen stärker an die Belange von Frauen angepasst werden. Auch in der Klimafinanzierung und bei anderen Unterstützungsfragen (“means of implementation”) sollen Gender-Belange berücksichtigt werden.
Auf der COP29 wird das LWPG turnusmäßig überarbeitet. Deutschland und Europa wollen das Arbeitsprogramm dabei um Diversitäts- und Intersektionalitätsfragen erweitern. Gender-Belange sollen laut Deutschland und Europa auch in den nationalen Klimazielen (NDCs) auftauchen. Andere Staaten dagegen sind nicht einmal zu einer Verlängerung des LWPG in seiner jetzigen Form bereit. Die arabische Staatengruppe, insbesondere Saudi-Arabien, aber auch Russland und der Vatikan blockieren Fortschritte. Sie wollen den Begriff “Gender” durch den Begriff “Sex” ersetzen, der weit weniger Gruppen umfasst, und damit zu einer Sprache zurückkehrt, die laut Beobachtern seit mindestens zehn Jahren überholt ist. Wopke Hoekstra, EU-Klima-Kommissar, sagte am Mittwoch auf einer Pressekonferenz: Die Klimakrise betreffe alle Menschen. Gender-Themen müssten im COP-Prozess mit “Sprache aus dem 21. Jahrhundert” behandelt werden.
Setzen sich die Blockierer durch, würde das Work Programme nicht um neue Perspektiven erweitert, sondern viele Gender-Perspektiven fielen heraus. Konkret würde es beispielsweise bedeuten, dass einige Minderheiten keinen Zugang mehr zum Kapazitätsaufbau oder zu speziellen Reisefonds hätten. Statt stärker an der internationalen Klimapolitik zu partizipieren, wären Frauen weniger stark repräsentiert. Auch auf die Datenerhebung hätte das Auswirkungen. Denn das Work Programme will auch Klimafolgen für bestimmte Minderheiten besser messbar und somit sichtbarer machen. Aus europäischen Verhandlungskreisen verlautet: “Es wäre folgenschwer, wenn sich die Staaten auf der COP29 nicht auf ein neues Lima Work Programme on Gender einigen könnten. Dass einige Staaten den Fortschritt der letzten Jahre sogar zurückdrehen wollen, besorgt uns sehr.”
Auch NGO-Vertreter fordern, das LWPG müsse ausgebaut werden. Die Staaten “müssen ein ehrgeiziges, kohärentes und fortschrittliches Lima-Arbeitsprogramm zu Gender-Fragen vorlegen”. Finanzmittel müssten aufgestockt und Menschenrechte geschützt werden, fordert etwa die Women and Gender Constituency bei der UNFCCC.
Ob das in Baku gelingen wird, ist derzeit unklar. In der ersten COP-Woche hatten die EU-Verhandler sogar die Verhandlungen kurzzeitig unterbrochen, weil die Blockierer-Staaten einen kompletten Textentwurf in Klammern gesetzt, also blockiert hatten. Gibt es keine Fortschritte, könnte das komplette Lima-Arbeitsprogramm scheitern, denn laut Zeitplan müsste die COP29 eine Fortsetzung des LWPG – in welcher Form auch immer – beschließen. Allerdings sind solche Zeitpläne fluide, sodass bei einer Nicht-Entscheidung ein komplettes Ende des LWPG nicht zwangsläufig wäre, sagen Beobachter.
Die Diskussionen über das Arbeitsprogramm verlaufen laut einigen Stimmen in der zweiten Woche zwar etwas produktiver als noch in der ersten Woche. Zudem soll die COP-Präsidentschaft mit den Staaten über Begriffsfragen in den Verhandlungen konsultieren. Doch die arabische Staatengruppe blockiert Gender-Fragen auch in anderen Bereichen. Beim Anpassungsfonds wehrt sich die Gruppe beispielsweise gegen Vorschläge für eine geschlechtergerechte Fokussierung der Ausgaben (“gender-responsive finance”).
Laut Beobachtern stellen sich die arabischen Staaten und Russland aber nicht quer, um im Endspiel um andere COP-Entscheidungen zusätzliche Verhandlungsmasse zu haben. Dafür sei das Gender-Thema, verglichen mit anderen COP-Entscheidungen, zu unwichtig. Allerdings könnten die Blockierer das Thema groß machen, um Punkte beim Heimatpublikum zu holen und sich gegenüber dem Westen abzugrenzen und traditionelle Familienwerte und Geschlechterbilder zu betonen.
Die aserbaidschanische Präsidentschaft der COP29 in Baku will keine Mantelentscheidung – die sogenannte Cover Decision – produzieren. Sie ist üblicherweise ein Ort, um große politische Richtungsentscheidungen niederzuschreiben, die auf der Tagesordnung der Konferenz nicht berücksichtigt wurden.
Sie wäre auch der Ort gewesen, um auf einen Aufruf aus Cali an die Klima-COP zu reagieren. Die Biodiversitätskonferenz (CBD-COP16) forderte Anfang November ein gemeinsames Arbeitsprogramm beider Konventionen, um die Anstrengungen zum Schutz des Klimas und der natürlichen Vielfalt besser zu koordinieren. Nun, da es aller Voraussicht nach keinen solchen Manteltext geben wird, droht das Thema Biodiversität in Baku hinten runterzufallen.
Zwar wird das Thema kommendes Jahr auf der COP30 in Belém durch den Fokus der künftigen brasilianischen COP-Präsidentschaft auf den Wald automatisch eine größere Rolle spielen. Und das in Cali geforderte gemeinsame Arbeitsprogramm soll Mitte 2025 auf den Weg gebracht werden. Doch Baku hätte schon jetzt ein wichtiges Zeichen zum Nutzen von Klimamaßnahmen für den Naturschutz senden können, kritisieren Verhandler.
Einen Fortschritt für die Biodiversität gibt es jedoch in Baku: Von Verhandlern heißt es, die Einigung auf Standards für Kohlenstoffmärkte unter Artikel 6.4 des Paris-Abkommens schütze zwar nicht unmittelbar die Natur. Aber indem sie strengere Vorgaben für Minderungsmaßnahmen wie Aufforstung festlegt, verhindere sie, dass der Handel mit Kohlenstoffzertifikaten der Natur schade.
Die nach dem Auftakterfolg von Baku andauernden Verhandlungen zu weiteren Leitlinien für Artikel 6 sehen Beobachter allerdings auch kritisch. Bei der Suche nach Mitteln für die internationale Klimafinanzierung gibt es auch Vorschläge, die globalen Kohlenstoffmärkte anzuzapfen.
Die USA beispielsweise fordern das schon länger. Angesichts der geringen Mittel für Klimafinanzierung, welche die USA derzeit geben, erhoffen sie sich, auf diese Weise die eigenen Beiträge zumindest rechnerisch zu erhöhen. Gleichzeitig will man mangels eigener THG-Minderungsmaßnahmen die Kohlenstoffgutschriften beispielsweise aus Aufforstungsprojekten nutzen, um die nationalen Klimaziele (NDCs) zu erreichen.
Die EU fährt einen anderen Kurs. Sie will ihre Klimaziele ohne Kompensation erreichen und beteuert ebenso, Klimafinanzierung sei eine Unterstützung für den Globalen Süden zur Emissionsminderung, Anpassung und “Loss and Damage” – und solle nicht genutzt werden, die eigene THG-Bilanz aufzuhübschen. Der ungarische EU-Ratsvorsitz sieht das jedoch offenbar anders. Klima-Staatssekretär Attila Steiner erklärte diese Woche in Baku mehrfach, Kohlenstoffmärkte unter Artikel 6 könnten Entwicklungsländern Zugang zu mehr Klimafinanzierung ermöglichen.
Um auf der COP29 mit einer möglichst großen Summe für das derzeit in Baku zu verhandelnde Klimafinanzziel (NCQG) herauskommen zu können, werden sogenannte “innovative Finanzierungsmethoden” diskutiert. Das Anzapfen internationaler Kohlenstoffmärkte unter Artikel 6 könnte eine davon sein.
Diese Kohlenstoffmärkte sollen einen Business-Case für THG-Minderungsprojekte schaffen und bieten sowohl Staaten (6.2) als auch Unternehmen (6.4) die Möglichkeit, Gutschriften für diese Minderungen für die eigene THG-Bilanz zu kaufen. Die Idee: THG-Minderungen geschehen dort, wo sie am günstigsten erreicht werden können, finanziert von dem Akteur, der sie für sein NDC braucht.
Würden die Investitionen aus privater oder öffentlicher Hand nun neben der NDC-Anrechnung auch als Klimafinanzierung deklariert werden, fiele die Zusätzlichkeit dieser Maßnahmen weg. Es bliebe ein Rechentrick. Gelder, die ohnehin zum Kauf von THG-Gutschriften ausgegeben werden, um das NDC zu erreichen, würden nur dabei helfen, das Quantum für Klimafinanzierung zu erfüllen – ohne zusätzlichen Nutzen für das Klima zu bewirken.
Der Unterstützungsbedarf des Globalen Südens bliebe weiterhin vorhanden, zudem würde ein Anreiz geschaffen werden, in Emissionsminderungen zu investieren, weniger in Anpassung und “Loss and Damage“. Die Zurückweisung solcher Forderungen durch Länder im Globalen Süden ist daher vorprogrammiert.
Eine Möglichkeit wäre, dass nicht beide Nutzungsarten möglich sind. Der Käufer von Gutschriften muss sich entscheiden: Nutzt er sie für die eigene Klimabilanz oder generiert er über die Zertifikate Klimafinanzierung?
Voraussetzung dafür wären jedoch wasserdichte Regeln für die Zertifizierung von THG-Minderungsprojekten unter Artikel 6. Und genau diese werden derzeit in Baku noch verhandelt. Beobachter kritisieren, dass laut derzeitigem Verhandlungsstand keine regelmäßigen Überprüfungen der Standards und Methoden stattfinden sollen. Dies soll “regulatorische Stabilität” ermöglichen.
Kohlenstoffmarkt-Experten halten dies jedoch für gefährlich und fordern zunächst eine Risikofolgenabschätzung inklusive Modellierungen, wie sich natürliche und technologische Methoden zur Kohlenstoffentnahme unter Artikel 6 auf die Natur und die Biodiversität auswirken könnten. Ozeandüngung beispielsweise könnte die Kohlenstoffaufnahme von Meerespflanzen vergrößern, birgt jedoch die Gefahr, das Ökosystem durcheinander zu bringen.
Der Druck auf die Verhandler ist riesig, in Baku noch weitere Ergebnisse zu Artikel 6 zu erzielen, trotz möglicher Gefahren für die natürliche Vielfalt.
21. November, 11 Uhr, Mugham Room
Presidency Event High-Level Launch Event “Celebrating Water’s Lifeline for Climate, Nature, and People” INFOS
21. November, 11 Uhr, Karabakh Room
Pressekonferenz Sierra Leone: Global South Ministers react to negotiations on the new climate finance goal INFOS
21. November, 16.30 Uhr, German Pavillon
Panel Nature-based solutions and ecosystem restoration for effective climate change adaptation and mitigation – the case of integrated water management
Nach einem Beitrag von Bundesumweltministerin Steffi Lemke wird ein Expertengremium erörtern, wie wir sowohl die Wiederherstellung der Natur als auch die naturbasierte Anpassung an den Klimawandel und dessen Abschwächung skalieren können, um die dringend benötigten Synergien zu nutzen. INFOS
21. November, 18.30 Uhr, German Pavillon
Side-Event Beyond the Enhanced Lima Work Programme and the Gender Action Plan: What does gender-transformative climate action truly look like?
Bei diesem interaktiven Side-Event werden der Verlauf der COP-Verhandlungen, die Ergebnisse und die Auswirkungen auf die abschließende Überprüfung der Umsetzung des erweiterten Arbeitsprogramms von Lima und seines Gender-Aktionsplans analysiert. Dies geschieht im Rahmen eines internationalen Austauschs mit feministischen Aktivistinnen für Klimagerechtigkeit aus verschiedenen Regionen. INFOS
Der Klimawandel beeinflusst viele Extremwetter und macht sie gefährlicher: 74 Prozent der Extremwetterereignisse wären ohne den Klimawandel weniger wahrscheinlich oder glimpflicher verlaufen. Das geht aus einer interaktiven Analyse von mehr als 600 Studien zu 744 verschiedenen Ereignissen und Trends hervor, die Carbon Brief kürzlich veröffentlichte.
Ausgewertet wurden dafür sogenannte Attributionsstudien, die den Klimaeinfluss auf Hitze, Dürre, Starkregen, Stürme oder Waldbrände untersuchten. Viele von ihnen wurden von der World Weather Attribution-Forschungsgruppe durchgeführt, die die Attributionsforschung durch Schnellanalysen revolutionierte.
Mehr als ein Drittel der Ereignisse und Trends, die durch den Klimawandel wahrscheinlicher oder intensiver wurden, sind Hitzeextrema. Das lässt sich mit den steigenden Durchschnittstemperaturen leicht erklären. Auch Starkregenereignisse lassen sich eindeutig zuordnen: Pro Grad Erderwärmung nimmt die Atmosphäre um sieben Prozent mehr Wasserdampf auf. Dieser muss irgendwann wieder abregnen.
Es gibt aber auch Ausnahmen, in denen der Klimawandel etwa ein Starkregenereignis im Februar 2018 über Südost-Afrika unwahrscheinlicher machte.
Die weiteren Ergebnisse:
Teresa Ribera ist als Wettbewerbskommissarin der Europäischen Union vom EU-Parlament nominiert worden. Bis zum Mittwochabend war ihre Nominierung ungewiss. Koordinatoren der konservativen EVP-Fraktion hatten mit einer Blockade gedroht, falls Riberas S&D-Fraktion dem italienischen Kandidaten Raffaele Fitto – einem Rechtsaußenpolitiker und Vertrauten von Giorgia Meloni – nicht zustimmen sollte. Beide Seiten blockierten einander, die endgültige Entscheidung zog sich bis in die Nacht hinein. Erst eine zweiseitige Erklärung der Fraktionschefs von EVP, S&D sowie Renew löste die Pattsituation allmählich auf.
Konservative Politiker werfen der bis heute amtierenden spanischen Umweltministerin Ribera zudem eine Mitverantwortung für die katastrophale Flut in Valencia vor. Am Mittwoch musste sie sich dazu einer Anhörung im spanischen Parlament stellen. Sollte sie angeklagt oder verurteilt werden, möchte die EVP, dass sie als Kommissarin zurücktritt – was die Einigung beinahe erneut gekippt hätte.
Das EU-Parlament muss noch alle 26 nominierten Kommissare formell bestätigen, was für nächste Woche erwartet wird. Dafür ist eine absolute Mehrheit der Stimmen nötig. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen versprach unter anderem, dass die Kommission in ihren ersten 100 Tagen Pläne vorlegen wird, die Unternehmen helfen sollen, das EU-Ziel der Kohlenstoffneutralität für 2050 zu erreichen. Am 1. Dezember könnte die Kommission mit ihrer Arbeit beginnen.
Als Wettbewerbskommissarin ist Ribera zuständig dafür, die Dekarbonisierung der Industrie im Rahmen des Green Deals voranzutreiben. Sie soll unter anderem das EU-Beihilferecht auf die Klimaziele ausrichten – konkret auf den Erneuerbaren-Ausbau und die Dekarbonisierung.
Außerdem ist sie als Exekutivvizepräsidentin der Kommission die direkte Vorgesetzte des Klimakommissars Wopke Hoekstra, des Energiekommissars Dan Jørgensen und der Umweltkommissarin Jessika Roswall. Bei ihr laufen entsprechend die Fäden der europäischen Energie-, Klima- und Industriepolitik zusammen.
Auf den UN-Klimakonferenzen wird zwar auch in Zukunft Hoekstra die Rolle des obersten Verhandlers für die Kommission spielen, doch Ribera wird es sich mit all ihrer Erfahrung auf dem internationalen Klima-Parkett kaum nehmen lassen, den Konferenzen ebenfalls ihren Stempel aufzudrücken. luk/lb/mgr/rtr
Zwischen den Industriestaaten und Indien wird es keine Vereinbarung über eine sozial abgefederte Energiewende geben. Die Pläne für eine “Just Energy Transition Partnership” (JETP) zwischen Geberländern und Indien würden nicht mehr verfolgt, hat BMZ-Staatssekretär Jochen Flasbarth am Rande der COP29 in Baku erklärt. Flasbarth sagte gegenüber dem Informationsdienst Clean Energy Wire: “Wir verfolgen diesen Prozess in Übereinstimmung zwischen Indien und uns nicht weiter. Wir haben realisiert, dass dieses Vorgehen für Indien nicht attraktiv ist.”
Die Gespräche hatten vor allem Deutschland und die USA mit Indien geführt. Nach der COP26 in Glasgow war die erste Partnerschaft für eine gerechte Energiewende zwischen den USA, Frankreich, Deutschland, Großbritannien und der EU auf der einen Seite und Südafrika als Partner gestartet worden. Geplant sind ähnliche Regelungen mit Indonesien, Vietnam oder dem Senegal.
Die Gespräche mit Indien waren lange schon schwierig, sind nun aber offenbar für dieses Vorgehen endgültig beendet. Zu einem Kohleausstieg unter JETP-Bedingungen sei Indien nicht bereit, hieß es nun, da es dadurch eine steigende Verschuldung fürchte. Indien plant eher für eine Kooperation zum Aufbau der Erneuerbaren und zur Ausbildung von Fachkräften. bpo
Zehn bis 15 Millionen US-Dollar sollen in den kommenden drei Jahren in einen Fonds zum Kampf gegen Klima-Desinformation fließen. Das ist ein Kernstück der “Globalen Initiative für Informationsintegrität zum Klimawandel“, den die UN, die UNESCO und die brasilianische Regierung auf dem G20-Gipfel in Rio de Janeiro angekündigt haben. Am Mittwoch wurde die Initiative auf der COP29 in Baku vorgestellt. Sie soll auch der Vorbereitung für die COP30 in Brasilien zugutekommen.
In der Initiative sollen Länder, internationale Organisationen und Forschungsnetzwerke gegen Desinformation zusammenarbeiten. Ziel ist es, Forschung und praktische Maßnahmen gegen Desinformationskampagnen zu stärken, “die den Klimaschutz verzögern und zum Scheitern bringen”, wie es in einer gemeinsamen Pressemitteilung heißt. Neben Brasilien haben bisher Chile, Dänemark, Frankreich, Marokko, Großbritannien und Schweden ihre Teilnahme an der Initiative bestätigt.
Der von der UNESCO verwaltete Fonds wird von den teilnehmenden Ländern finanziert. Er soll Zuschüsse an Nichtregierungsorganisationen vergeben, “um deren Arbeit zur Erforschung der Integrität von Klimainformationen, zur Entwicklung von Kommunikationsstrategien und zur Durchführung von Kampagnen zur Sensibilisierung der Öffentlichkeit zu unterstützen”. Die Summe der Geldmittel könnte später noch steigen.
Zum Beginn der COP29 hatte ein aktueller Report von Climate Action Against Disinformation (CAAD) – einem Zusammenschluss aus Klima- und Anti-Desinformationsorganisationen – gezeigt, wie große Öl- und Techkonzerne Desinformation im Netz verbreiten oder ihr zumindest nichts entgegensetzen. Ein Beispiel war die Facebook-Mutter Meta. Der Weltklimarat IPCC hat das Risiko der Desinformation bereits 2022 benannt. Das Weltwirtschaftsforum sieht Desinformation auf kurze Sicht als größtes Risiko für die Welt an. ae
25 Länder und die EU haben am Mittwoch auf der COP29 einen Aufruf unterzeichnet, “keine neue unverminderte Kohlekraft in den heimischen Energiesystemen” zu installieren. Diese Absicht soll sich auch in ihren nationalen Klimaplänen widerspiegeln, die neuen UN-Klimaziele (NDCs 3.0) eingeschlossen. Sie rufen Staaten auf, dem “Call to Action for No New Coal” zu folgen, um das 1,5-Grad-Ziel in Reichweite zu halten. Damit bekräftigen sie die Abschlusserklärung der vergangenen COP28 – den “UAE-Consensus“.
Neben der EU und einigen Mitgliedstaaten unterzeichneten auch Angola, Australien, Kanada, Kolumbien, die Dominikanische Republik, Äthiopien, Marokko, Uganda, Großbritannien, Uruguay und Vanuatu den Aufruf. Polen fehlt ebenso wie die großen Kohleproduzenten China und Indien. Australien, das viel Geld mit Kohleexporten verdient, verpflichtet sich dagegen dazu, keine neuen Kohlekraftwerke zu bauen, deren Emissionen “unvermindert” (“unabated”) bleiben. Allerdings ist der Begriff nicht eindeutig definiert und hält den Staaten noch eine Hintertür für Abscheidungstechnologien offen. lb
Fliegen ist schlecht fürs Klima. Wie schlecht es ist, hängt entscheidend von der genutzten Fluggesellschaft ab. Denn auf der gleichen Strecke ist der Kerosin-Verbrauch – und damit der CO₂-Ausstoß – bei den besten Airlines nur halb so hoch wie bei den schlechtesten. Das geht aus dem jüngsten Aviation Index hervor, den die NGO Atmosfair an diesem Donnerstag auf der COP in Baku vorstellen will und der Table.Briefings vorab vorlag.
Entscheidend für die Effizienz einer Fluggesellschaft – definiert als CO₂-Ausstoß pro Passagier und Kilometer bei gleicher Entfernung – ist zum einen das Alter des Flugzeugs. Moderne Maschinen wie die Boeing 737MAX-8 oder der Airbus A350-1000 verbrauchen deutlich weniger Treibstoff als ältere Modelle. Zum anderen kommt es auf die Auslastung an: Je mehr Sitzplätze ein Flugzeug hat und je mehr davon gefüllt sind, desto geringer ist der CO₂-Ausstoß pro Passagier. Theoretisch kann auch der Einsatz klimafreundlicher Kraftstoffe die Effizienz verbessern, doch diese spielen in der Praxis noch keine Rolle. Auch veränderte Flugrouten können die Emissionen deutlich reduzieren, wie kürzlich eine Studie des Verkehrsverbands Transport & Environment (T&E) zeigte.
Bewertet wurden im Aviation Index 118 Fluggesellschaften (sowie in einer gesonderten Auswertung 46 Billigflieger). Angeführt wird die Liste von der niederländischen Chartergesellschaft TUIfly und der Airline Starlux aus Taiwan. Sie erreichen über 85 Prozent der maximal möglichen Effizienzpunkte. Beste deutsche Airline ist TUIfly Germany mit 79 Prozent auf Platz 14. Condor landete auf Platz 35, die Lufthansa mit lediglich 59 Prozent auf Platz 97. Alle deutschen Gesellschaften sind im Ranking abgerutscht, weil sie ihre Effizienz weniger stark gesteigert haben als viele Konkurrenten.
Auch insgesamt hat die Effizienz der Flugbranche deutlich weniger zugenommen als nötig: Im Vergleich zum Vorjahr zeigt sich nur eine Verbesserung um 1,4 Prozent. Das ist nicht nur weniger als die klimapolitisch notwendigen vier Prozent, sondern es bleibt auch hinter dem selbst gesteckten Ziel der Branche von zwei Prozent Effizienzsteigerung zurück. “Die Klimawende im Flugverkehr lässt auf sich warten”, kommentiert Atomsfair-Geschäftsführer Dietrich Brockhagen die Ergebnisse. “Unsere Zahlen bei der CO₂-Effizienz und die Prognosen für die notwendigen synthetischen und CO₂-neutralen Treibstoffe zeigen, dass der Sektor beim Klimaschutz einfach zu langsam ist.” mkr
Washington Post: Weltklimakonferenz als Werbeplattform. Aserbaidschan nutzt die Weltklimakonferenz vor allem zur Eigenwerbung. Das Land ist vom Export fossiler Brennstoffe abhängig und sieht sie als Geschenk Gottes. Umweltfragen interessieren kaum jemanden. Zum Artikel
New York Times: Saudi-Arabien gegen Klimafortschritt. Wie Diplomaten aus Saudi-Arabien, dem weltweit größten Ölexporteur, daran arbeiten, jedes Abkommen zu verhindern, das die Verpflichtung zur Abkehr von fossilen Brennstoffen erneuert. Zum Artikel
Washington Post: Erneuerbare unschlagbar günstig. Selbst wenn der künftige US-Präsident Donald Trump den Kongress dazu bringen würde, die Subventionen vollständig abzuschaffen, würde die Dekarbonisierung der Energieversorgung in den USA fortschreiten. Die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien ist so kostengünstig, dass sie keine Subventionen mehr benötigt, um bedeutende Fortschritte zu erzielen. Zum Artikel
Science Nigeria: Nigeria muss grüner werden. Der Klimawandel gefährdet ernsthaft Nigerias Ökosysteme, die Wirtschaft und das Wohlbefinden der Bevölkerung. Umweltgruppen fordern nun, die Zerstörung des Ogunpa-Waldreservats zu stoppen, Umweltverträglichkeitsprüfungen durchzuführen und Nachhaltigkeit sowie Umweltgerechtigkeit über private Interessen zu stellen. Zum Artikel
Watson: Milliardenverluste durch Klimawandel. Nach Ansicht der Europäischen Zentralbank und anderen europäischen Finanzinstitutionen drohen Unternehmen Milliardenverluste, wenn sie sich nicht rechtzeitig auf den Klimawandel einstellen. Investitionen in grüne Technologien versprechen gute Umsätze und hohe Gewinne. Zum Artikel
Eine COP ist nichts für Musikliebhaber. Dafür gibt es hier zu viele Dissonanzen, langweilige Texte, es fehlt der Rhythmus und die Kreativität. Es kommen zwar so viele Leute zusammen wie zu einem Helene-Fischer-Konzert, aber sie haben oft ebenso fragwürdigen Geschmack, was ihre Abendgestaltung angeht. Eine Klimaveranstaltung ist eine durch und durch nüchterne Veranstaltung. Leider. Ein bisschen Sex and Drugs and Rock ‘n’ Roll würden das Ganze hier deutlich erfolgreicher und erträglicher machen.
Umso erstaunter war ich heute früh, als ich mir auf dem Weg zum Stadion in der U-Bahn Kopfhörer in die Ohren stöpselte und eine meiner wenigen Playlists aufrief. Die hat mit Klima und dieser Veranstaltung hier gar nichts zu tun. Dachte ich jedenfalls bisher. Aber dann spielte mir Spotify “Wait and See” in den Kopf. Exakt, dachte ich: noch drei Tage Konferenz. Dann kam “Parce qu´on sait jamais“, auch das trifft es genau. Es folgte “I fought the Law – and the Law won” und ich musste an die Gesetze der Physik denken. Oder bei “Slipping trough my fingers“, “Alles nur geklaut” und “Running on Empty” an die Debatte zu Klimafinanzen. “This Hard Land” sang Springsteen bei der Busfahrt mit dem Blick auf die Gastanks gleich neben dem COP-Gebäude. Dann kam noch “When all is said and done“, “Am ersten Sonntag nach dem Weltuntergang“, natürlich passt bei dem Thema auch immer “Knockin’ on Heaven’s Door“. Und vor allem die Hymne, die REM damals mit Blick auf die Klimakrise geschrieben haben müssen: “It’s The End of the World as we know it.” Bernhard Pötter