Table.Briefing: Climate

COP28: Das wird wichtig + 10 zentrale Fragen + Wer, Wann, Was ?

Liebe Leserin, lieber Leser,

in drei Tagen beginnt die COP28 in Dubai. Wer die Konferenzreihe kennt, der weiß: Die vielleicht größte Herausforderung für die Besucher ist es, einigermaßen den Überblick zu behalten. Das fällt allen schwer und je größer die Veranstaltung ist, desto schlimmer wird es. Für alle, die dorthin unterwegs sind – und erst recht für diejenigen, die zu Hause bleiben – haben wir deshalb dieses Infopaket zusammengestellt. Es hilft Ihnen bei den Planungen rund um die Klimakonferenz.

Wir bieten damit Orientierung über die vielen Themen, die verhandelt oder nur besprochen werden. Wir weisen auf zehn entscheidende Fragen hin, die vor und hinter den Kulissen gestellt und vielleicht auch beantwortet werden. Wir listen auf, wer denn nun alles kommt – und auch, wer nicht. Und wir geben Ihnen einen kurzen Terminplan für die Tage der Konferenz.

Und ab kommenden Donnerstag sind wir täglich für Sie da. Mit einem dreiköpfigen Team in Dubai vor Ort und der Redaktion in Berlin verfolgen wir die COP und liefern exklusive Informationen, Einsichten, Hintergründe und Zusammenhänge, die Sie woanders so nicht finden.

Wir freuen uns auf die spannende Zeit und wünschen anregende Lektüre.

Ihr
Bernhard Pötter
Bild von Bernhard  Pötter

Analyse

Fossile Brennstoffe und globale Kapazität für Erneuerbare sind strittige Themen

Am Donnerstag startet die COP28 in Dubai.

In Dubai findet in diesem Jahr mit der COP28 die wichtigste UN-Klimakonferenz seit dem Pariser Gipfel von 2015 statt. Erstmals ziehen die etwa 200 Staaten der Rahmenkonvention UNFCCC mit dem “Global Stocktake” (GST) eine offizielle Bilanz ihrer Anstrengungen und legen wichtige Fundamente für künftige Maßnahmen. Zum Treffen vom 30. November bis zum 12. Dezember erwartet der Gastgeber, die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), bis zu 70.000 Besucher aus der ganzen Welt. Hier ein Überblick über die wichtigsten Themen.

Was steht auf der Tagesordnung?

Offiziell soll der Global Stocktake (GST) in eine rechtlich bindende Entscheidung der Konferenz münden: Was darin steht und welche Rahmenbedingungen für die Zukunft daraus folgen, wird bis zur letzten Minute hart umkämpft sein. Denn diese Leitplanken sollen sich in den nächsten Klimaplänen der Länder (NDC) wiederfinden, die 2025 vorgelegt werden sollen.

Wie schon in den letzten Jahren bietet auch die COP28 jeden Tag thematische Schwerpunkte und ein umfangreiches Programm von “Side-Events“, Foren, Gipfeln und Präsentationen: Besondere Thementage gibt es etwa zu Energie, Technologie, Artenschutz, Jugend oder Indigene. Zum ersten Mal wird auch Gesundheit im Fokus stehen. Erstmals gibt es auch einen eigenen Sondergipfel zu Klimaschutzaktionen von Städten und Gemeinden.

Nicht auf dem offiziellen Programm, aber heiß debattiert werden die geopolitischen Krisen sein: Die Konferenz beginnt mit dem “Climate Action Summit” vieler Staats- und Regierungschefs, die sich am Rande des Treffens auch zur Geopolitik austauschen werden. Der Krieg um Gaza und der russische Angriff auf die Ukraine werden die Atmosphäre ebenso bestimmen wie die Spannungen zwischen den USA und China, die weltweite Inflation und Schuldenkrise und die Alarmsignale der Klimakrise.

Welche Themen sind besonders wichtig?

Zu den zentralen Themen der COP28 liefert Climate.Table jeweils aktuelle Berichte, aber auch Hintergrundtexte, die den Stand der Dinge zusammenfassen. Die wichtigsten haben wir bereits veröffentlicht und verlinkt:

Das Ziel, die globale Kapazität der Erneuerbaren bis 2030 zu verdreifachen und die Energieeffizienz zu verdoppeln: Beiden Themen stehen auf der Agenda der Konferenz und sollen die globale Energiewende voranbringen.

Ein Beschluss zum Ausstieg aus (“Phase out”) oder der Verminderung (“Phase down”) der Nutzung fossiler Brennstoffe. Das wird eines der strittigsten Themen sein, auch weil es das Gastgeberland VAE direkt in seinem Geschäftsmodell berührt.

Auch die Finanzfrage wird für Debatten sorgen: Das Versprechen der 100 Milliarden US-Dollar Klimahilfen der Industrieländer für den Süden soll mit Verspätung erreicht werden, aber Details und Zukunftsaussichten sind weiter umstritten.

Die Struktur des “Loss and Damage“-Fonds, der auf der COP27 beschlossen wurde, ist praktisch fertig. Jetzt geht es darum, wer ihn mit wie viel Kapital auffüllt.

Das Thema Gesundheit im Klimawandel soll erstmals breiten Raum einnehmen. Eine Allianz aus Wissenschaft, Staaten und Zivilgesellschaft will dafür werben, die Risiken aus der Klimakrise für alle Bevölkerungen stärker in den Fokus zu nehmen.

Der Waldschutz soll ebenfalls prominent vorkommen. Das Ende der Entwaldung ist schon öfter beschlossen, aber nie umgesetzt worden. Denn ohne ein Ende der Waldzerstörung wird es keine Chance auf das 1,5-Grad-Ziel geben. Ob das Thema in Dubai aber ein Teil der offiziellen Entscheidung wird, ist unklar.

Während der COP28 wird Climate.Table weitere Hintergrundtexte zu aktuellen Themen liefern.

Alle bisher erschienenen Texte zur COP28 lesen Sie hier. 

  • COP28
  • Klimadiplomatie
  • UNFCCC

Zehn entscheidende Fragen für die COP28

Von ihm wird vieles abhängen: Sultan al Jaber, COP28-Präsident.

Bei einer Klimakonferenz kann man leicht den Überblick verlieren. Vor allem, wenn das Ereignis so gigantisch angelegt ist wie die COP28 in Dubai. Etwa 70.000 Besucher werden erwartet, neben der “Blue Zone” mit den eigentlichen Verhandlungen wird eine “Green Zone” die “Side Events” beherbergen, auf denen Thinktanks, Lobbies, Staaten und Städte, Umweltverbände und wissenschaftliche Organisationen ihre Arbeit präsentieren.

Auf und hinter den offiziellen Bühnen werden einige Debatten die Konferenz prägen. Sie werden darüber entscheiden, ob das Ergebnis der COP28 mehr oder weniger ehrgeizig wird – aber sie können auch weit darüber hinaus Konsequenzen haben. Denn auch wenn eine Klimakonferenz wie ein UN-Raumschiff für zwei Wochen in einem Teil der Welt landet, findet sie nicht im luftleeren Raum statt: Die Delegationen und die einflussreichen Kräfte bringen ihre ganz eigenen Interessen mit zur COP. Sie repräsentieren und beeinflussen Entwicklungen und Meinungen, die vor der Konferenz gelten und sich auch danach nur selten schnell ändern.

Diese Fragen werden – auf der offiziellen Konferenz, in den Korridoren des Treffens oder gänzlich an anderen Stellen – die COP28 prägen:

Welchen Einfluss hat der Krieg in Gaza?

Der Krieg zwischen der islamistischen Terrororganisation Hamas und der israelischen Armee in Gaza schwebt als Drohung über der COP28. Israel ist UNFCCC-Mitglied und verhandelt mit. Pro-palästinensische Gruppen haben bereits Demonstrationen angekündigt – die aber auf dem Konferenzgelände nach UN-Regeln untersagt sind. Zu Beginn des Krieges gab es Gerüchte, die Konferenz würde bei einer Eskalation möglicherweise verschoben, davon ist nicht mehr die Rede.

Neben einer allgemein verschärften Spannungslage birgt der Krieg ein Risiko für die Verhandlungen: Weil Israel als Teil des Globalen Nordens wahrgenommen wird und sich auf der Seite der Palästinenser die meisten Länder des Globalen Südens versammeln, könnte der Konflikt als Teil des Nord-Süd-Konflikts um Entwicklungschancen und historische Verantwortung gelesen werden – was beim Überfall Russlands auf die Ukraine nicht der Fall war. Die COP im letzten Jahr blieb deshalb auch praktisch unberührt von dem Konflikt.

Agieren die Arabischen Emirate als ehrliche Makler?

Die Berufung von Sultan al Jaber, Industrieminister der VAE und Chef des Ölkonzerns Adnoc, zum COP-Präsidenten hat viel Kritik ausgelöst: Öl- und Gasinteressen würden die Klimakonferenz übernehmen, so der Vorwurf. Dagegen setzen die VAE eine andere Erzählung: Demnach haben sie sich in eine Zukunft der Erneuerbaren aufgemacht. Die Hoffnung ist, dass sie andere Staaten mitziehen können, deren Volkswirtschaften auf Kohle, Öl und Gas beruhen. Wie sehr al Jaber als COP-Präsident beiden Seiten Zugeständnisse machen und im Gegenzug von ihnen Fortschritte einfordern kann, wird darüber entscheiden, ob es in den zentralen Fragen wirklich vorangeht.

Zahlen auch die reichen Schwellenländer für Klimaschutz?

Bisher ist klar: Für Klimaschutz, Anpassung und Technologietransfer zahlen nur die UN-Länder, die 1992 beim Beschluss der Klima-Rahmenkonvention als Industrieländer (“Annex I”) gelten. Weil die Welt sich verändert hat und Staaten wie Korea, Singapur, Mexiko, eventuell China und manche Ölstaaten wie Saudi-Arabien absolut und pro Kopf zu den reichen Ländern mit hohem CO₂-Ausstoß gehören, stellen die Industriestaaten immer lauter die Frage: Wann kommt auch Geld von ihnen?

Im neuen “Loss and Damage”-Fonds (LDF) etwa ist die Finanzierung ausdrücklich offen formuliert. Aber wenn etwa in der letzten Nacht die VAE als Gastgeber einen Deal absichern wollen und Geld für den LDF versprechen, könnte das System ins Rutschen geraten. Die Konsequenzen wären schwerwiegend: Ist diese Linie einmal gefallen, würde eine internationale Debatte beginnen, wer wann aus welchen Gründen welche finanziellen Hilfen leisten kann.

Arbeiten die USA und China zusammen?

Traditionell gibt es auf der COP nur dann Bewegung, wenn sich die beiden größten globalen Verschmutzer einig sind: Das Pariser Abkommen wurde ein Jahr vorher durch eine US-China-Kooperation aufs Gleis gesetzt. Die politischen und wirtschaftlichen Spannungen zwischen Peking und Washington haben in den letzten Jahren allerdings auch die Kooperation beim Klima gebremst. Seit dem Treffen der Präsidenten Xi und Biden im November in Kalifornien ist zumindest klar: Sie reden wieder miteinander, wollen kooperieren und sogar die nationalen Klimaziele auf alle Branchen ausdehnen, was China bislang verweigert hat. Ob dieses leichte Tauwetter ausreicht, andere Differenzen auszugleichen (etwa beim Kohleausstieg, den die USA fordern und der gegen Chinas Interessen geht), wird sich erweisen.

Ist die globale Finanzreform glaubwürdig?

Wenig hat die Verhandlungen in den letzten Jahren so belastet wie das gebrochene Versprechen der Industrieländer, ab 2020 jedes Jahr 100 Milliarden Dollar für den Klimaschutz im globalen Süden zu mobilisieren. Nun hat die OECD verkündet, 2021 habe die Zahl bei 89,6 Milliarden gelegen und laut vorläufigen Daten sehe es so aus, als sei das Ziel “wahrscheinlich 2022 erreicht worden”. Ob die Schwellenländer das als positiven Trend akzeptieren, wird sich zeigen.

Ebenfalls bleibt spannend, ob sie die angekündigte Reform der Weltbank zu mehr Nachhaltigkeit zumindest als Anfang einer grundlegenden Reform des Weltfinanzsystems akzeptieren. Das hatte die “Bridgetown Intiative” der Premierministerin Mia Mottley von Barbados skizziert. Diese Forderung war seit der COP27 immer wieder laut geworden.

Wie reagiert die Welt auf den Scheitelpunkt der Emissionen?

Vor dem Beginn der COP28 gab es aufregende Nachrichten von den Energiemärkten: Hat die Welt tatsächlich 2023 den Höhepunkt der CO₂-Emissionen erreicht? Und sehen wir wirklich gerade den “Peak Coal” in 2023, den “Peak Gas” für 2024 und den “Peak Oil” 2025, wenn die derzeitigen Wachstumsraten bei E-Autos und Erneuerbaren anhalten? Und was bedeutet das? Weiter Rekordgewinne für die fossilen Produzenten? Und investieren diese Unternehmen ihre Profite schließlich in die erneuerbaren Energien und Wasserstoff-Technik der Zukunft – was deren Markthochlauf beschleunigen würde? Über das Ende des fossilen Booms streiten sich zumindest die Energieagentur IEA und die Öl-Organisation OPEC öffentlich.

Wie sieht ein globales Ziel für die Anpassung aus?

Auf der nächsten COP soll ein “Global Goal on Adaptation” (GGA) beschlossen werden. Diese Debatte wirft ihre Schatten voraus – auch weil anders als beim 1,5-Grad-Ziel unklar ist, wie ein solches Ziel aussehen könnte. Aber es bringt die lange vernachlässigte und unterfinanzierte Anpassung vor allem in den armen Ländern wieder auf die Tagesordnung. Immerhin ist die Lücke gewaltig: Den Kosten von etwa 210 Milliarden US-Dollar jährlich für Anpassung stehen laut UN-Bericht internationale Gelder in Höhe von 21 Milliarden gegenüber. Und gerade die ärmsten und verletzlichsten Länder bekommen oft nur wenig Hilfe.

Zerbricht die Klimabewegung am Gaza-Konflikt?

In der internationalen Bewegung für Klimagerechtigkeit ist ein tiefer Riss offenkundig geworden: Über die Frage, wie sich die Aktivisten zu den Terrorangriffen der Hamas und dem Vorgehen Israels in Gaza verhalten sollen, haben sich etwa die “Fridays for Future” entfremdet: Die Debatte um Greta Thunbergs Positionen zu Palästina haben große Unruhe in die Bewegung gebracht. Auch in anderen NGO-Kreisen stehen die Vertreter des globalen Nordens gegen die aus dem Globalen Süden. Ob diese Trennung zu heilen ist oder ob sie die Protestbewegung nachhaltig lähmt oder schwächt, wird sich in und nach Dubai zeigen.

Findet die COP29 im nächsten Jahr in Deutschland statt?

Bisher gibt es keine Lösung für die Blockade, was den Ort der nächsten COP angeht: Sie soll eigentlich turnusgemäß in Osteuropa stattfinden, aber Russland blockiert den EU-Vorschlag Bulgarien. Armenien und Aserbaidschan sind beim gegenwärtigen Konflikt wohl aus dem Rennen. Eigentlich müsste spätestens auf der diesjährigen COP über den nächsten Tagungsort entschieden werden. Gibt es aber keine Einigung, landet die COP im Gastland des UNFCCC-Sekretariats, Deutschland. Hier verfolgt man diese Entwicklung mit Sorge: Eine COP bindet viele Ressourcen und kostet eine dreistellige Millionensumme.  

Die COP ist immer für eine Überraschung gut

Die “Wild Card” sollte man nicht außer Acht lassen: In einer engen und umstrittenen Konferenz können überraschende Entwicklungen innerhalb oder außerhalb des COP-Zirkus manches bewegen. Bei den COP18 und COP19 verwüstete just zur Konferenzzeit ein Taifun die Philippinen – emotionale Reden des Delegierten Yeb Sano dazu, dessen Familie betroffen war, halfen schließlich, Ergebnisse in Vorbereitung des “Loss and Damage”-Fonds zu beschließen. Auch nach den islamistischen Terroranschläge in Paris 2015 zwei Wochen vor der Konferenz herrschte eine Atmosphäre der Solidarität unter den Delegationen, die die Gespräche voranbrachte.         

  • COP28
  • Klimapolitik

Wer kommt zur COP28?

Erderwärmung Klimakrise Klimaziele 1,5 Grad Umweltschutz Klimaproteste
Acht Jahre nach dem Pariser Klimaabkommen wird auf der COP28 Bilanz gezogen.

Vertreterinnen und Vertreter aus der EU und 197 Ländern nehmen an der Klimakonferenz teil. Die Veranstalter rechnen mit mehr als 70.000 Besucherinnen und Besuchern. Das wäre eine Rekordzahl. Zur COP27 in Ägypten kamen rund 45.000 Menschen. Unter den Gästen der diesjährigen Klimakonferenz sind:

  • König Charles aus Großbritannien, der am 1. Dezember auf der COP sprechen wird. Er gilt als ambitionierter Klimaschützer. Im vergangenen Jahr war er der Klimakonferenz ferngeblieben. Interessant wird sein, ob er einen anderen Ton setzt als der britische Premier Rishi Sunak, der in der Klimapolitik bremst – und ebenfalls nach Dubai kommt.
  • Papst Franziskus will als erster Papst überhaupt zur COP fliegen. Das Thema Religion und Klimaschutz wird auf dieser COP zum ersten Mal eine klare Rolle spielen. Im November kamen mehr als 150 Repräsentanten und Repräsentantinnen zum Global Faith Leaders Summit zusammen. Auf der COP soll es zum ersten Mal einen Faith Pavillon geben. Der Glaubenspavillon wird vom Umweltprogramm der Vereinten Nationen, dem Rat der Ältesten der Muslime, dem Interfaith Center for Sustainable Development, der Episkopaldiözese von Kalifornien und Dutzenden anderer Glaubensgemeinschaften veranstaltet.
  • Deutschland schickt eine ganze Reihe hochrangiger Repräsentanten nach Dubai. Neben Bundeskanzler Olaf Scholz beim “Leaders Summit” am Beginn der Konferenz kommen auch Außenministerin Annalena Baerbock, Klima- und Wirtschaftsminister Robert Habeck, Umweltministerin Steffi Lemke, Entwicklungsministerin Svenja Schulze und Landwirtschaftsminister Cem Özdemir.
  • Für die EU verhandeln Klimakommissar Wopke Hoekstra, Kabinettschef Diederik Samsom, Delegationsleiter Jacob Werksman sowie die spanische Umweltministerin Teresa Ribera.
  • Mia Mottley, Premierministerin von Barbados, wird eine der wichtigsten Vertreterinnen für die Interessen der Inselstaaten sein.
  • Der brasilianische Präsident Luiz Inácio da Silva will auf der Konferenz einen Plan zur Renaturierung von Weideland vorstellen. Im vergangenen Jahr nahm er nach seiner Wahl, und noch bevor er wieder Präsident war, eine Einladung zur COP27 an. Nachdem die Entwaldung zuvor unter der Regierung von Jair Bolsonaro stark zugenommen hatte, kündigte er damals an, dass sich Brasilien nun wieder stärker im Klimaschutz engagieren wolle.
  • Indiens Premierminister Narendra Modi wird ebenfalls auf dem World Climate Action Summit erwartet. Vermutlich will er für Indiens Mission LiFE (lifestyle for environment)-Ansatz werben.
  • Die Umweltaktivistin Vanessa Nakate wird erwartet, nicht dagegen “Fridays for Future”-Ikone Greta Thunberg. Eine deutsche FFF-Delegation ist unterwegs, ebenso junge Klimabotschafter aus Deutschland.
  • Bill Gates hat sich angekündigt, ebenso wie viele internationale Geschäftsleute.
  • Israel hatte ursprünglich geplant, sich auf der COP als Climate Leader zu präsentieren und mit einer Delegation von rund 1.000 Personen anzureisen. Die Prioritäten des Landes haben sich aber durch den Krieg im Gazastreifen verschoben.
  • Unklar ist, ob Syriens Machthaber Bashar al Assad kommen wird. Beim letzten Treffen der arabischen Liga war er dabei, gilt aber wegen seines Krieges gegen die eigene Bevölkerung für westliche Länder als inakzeptabel.

Auffällige Abwesenheiten

Fast genauso interessant wie die bestätigten Teilnahmen an der Klimakonferenz ist, welche Spitzenpolitiker und -politikerinnen nicht nach Dubai reisen wollen:

  • Zurzeit wird vermutet, dass US-Präsident Joe Biden nicht zur COP reist. Stattdessen wird der Klima-Sondergesandte John Kerry die Agenda der USA vorantreiben.
  • Auch Chinas Präsident Xi Jinping wird sich von seinem Klimagesandten Xie Zhenhua vertreten lassen. Für Xi und Kerry wird es wahrscheinlich der letzte Auftritt auf der COP-Bühne sein.
  • COP28
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  • Klimadiplomatie
  • Renaturierung
  • USA

Die wichtigsten Termine der COP28 im Überblick

COP28
  • 24. bis 29. November: Vorverhandlungen (Pre-sessionals) der Klimakonferenz
  • 30. November: Eröffnungszeremonie
  • 1. und 2. Dezember: World Action Climate Summit + Local Climate Action Summit
    An den beiden Tagen finden High-Level-Gespräche statt. Gleichzeitig findet zum ersten Mal der “Local Climate Action Summit” statt, der regionale und nationale Führungspersönlichkeiten zusammen bringt und auf dem lokale Lösungen für den Klimaschutz diskutiert werden.
  • 3. Dezember: Health, Relief, Recovery and Peace:
    Zum ersten Mal findet auf einer COP ein Thementag mit dem Schwerpunkt Gesundheit statt. An diesem Tag gibt es außerdem ein High-Level Ministerial zu Just Transition geben.
  • 4. Dezember: Finance / Trade / Gender Equality / Accountability:
    An diesem Thementag geht es unter anderen um den Genderaspekt von Finanzierung. Zusätzlich findet auch ein High-Level-Event zu nationalen Anpassungsplänen statt.
  • 5. Dezember: Energy, Industry / Just Transition / Indigenous People:
    Verschiedene Aspekte von Energie werden an diesem Tag in multilateralen Einschätzungen verhandelt. Unter anderem gibt es auch einen runden Tisch zu Wasserstoff, Dekarbonisierung und Energieeffizienz.  
  • 6. Dezember: Multilevel Action, Urbanization and Built Environment / Transport: 
    Dieser Thementag rückt unter anderem die Rolle von Städten im Klimawandel in den Fokus. Es finden auch Verhandlungen zum Flugverkehr statt.
  • 7. Dezember: Ruhetag
  • 8. Dezember: Youth / Children / Education and Skills:
    Die Rolle der Jugend beim Klimaschutz ist eines der wichtigen Themen an diesem Tag. Außerdem findet ein Ministerial zu Klimafinanzierung und Bildung statt.
  • 9. Dezember: Nature, Land Use and Oceans:
    Auf dem Programm steht ein runder Tisch zu Pre-2030 Ambitionen. Ansonsten richtet sich das Programm nach dem Thementag und Ozeane, Nature-Based Solutions und Biodiversität stehen im Fokus.
  • 10. Dezember: Food, Agriculture and Water:  
    An dem letzten Thementag gibt es einen Ministerial zu “Water-Resilient Food Systems” sowie einen runden Tisch zum Schutz und der Restaurierung von Süßwasser-Ökosystemen.
  • 11. und 12. Dezember: Die Schlussverhandlungen der Klimakonferenz finden statt. Es ist wahrscheinlich, dass sie ein oder zwei Tage länger dauern als angesetzt.

Die offizielle Agenda für die COP28 gibt es hier, ein Überblick über das thematische Programm findet sich hier.

  • COP28
  • Klimadiplomatie
  • Klimapolitik

Climate.Table Redaktion

REDAKTION CLIMATE.TABLE

Licenses:
    Liebe Leserin, lieber Leser,

    in drei Tagen beginnt die COP28 in Dubai. Wer die Konferenzreihe kennt, der weiß: Die vielleicht größte Herausforderung für die Besucher ist es, einigermaßen den Überblick zu behalten. Das fällt allen schwer und je größer die Veranstaltung ist, desto schlimmer wird es. Für alle, die dorthin unterwegs sind – und erst recht für diejenigen, die zu Hause bleiben – haben wir deshalb dieses Infopaket zusammengestellt. Es hilft Ihnen bei den Planungen rund um die Klimakonferenz.

    Wir bieten damit Orientierung über die vielen Themen, die verhandelt oder nur besprochen werden. Wir weisen auf zehn entscheidende Fragen hin, die vor und hinter den Kulissen gestellt und vielleicht auch beantwortet werden. Wir listen auf, wer denn nun alles kommt – und auch, wer nicht. Und wir geben Ihnen einen kurzen Terminplan für die Tage der Konferenz.

    Und ab kommenden Donnerstag sind wir täglich für Sie da. Mit einem dreiköpfigen Team in Dubai vor Ort und der Redaktion in Berlin verfolgen wir die COP und liefern exklusive Informationen, Einsichten, Hintergründe und Zusammenhänge, die Sie woanders so nicht finden.

    Wir freuen uns auf die spannende Zeit und wünschen anregende Lektüre.

    Ihr
    Bernhard Pötter
    Bild von Bernhard  Pötter

    Analyse

    Fossile Brennstoffe und globale Kapazität für Erneuerbare sind strittige Themen

    Am Donnerstag startet die COP28 in Dubai.

    In Dubai findet in diesem Jahr mit der COP28 die wichtigste UN-Klimakonferenz seit dem Pariser Gipfel von 2015 statt. Erstmals ziehen die etwa 200 Staaten der Rahmenkonvention UNFCCC mit dem “Global Stocktake” (GST) eine offizielle Bilanz ihrer Anstrengungen und legen wichtige Fundamente für künftige Maßnahmen. Zum Treffen vom 30. November bis zum 12. Dezember erwartet der Gastgeber, die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), bis zu 70.000 Besucher aus der ganzen Welt. Hier ein Überblick über die wichtigsten Themen.

    Was steht auf der Tagesordnung?

    Offiziell soll der Global Stocktake (GST) in eine rechtlich bindende Entscheidung der Konferenz münden: Was darin steht und welche Rahmenbedingungen für die Zukunft daraus folgen, wird bis zur letzten Minute hart umkämpft sein. Denn diese Leitplanken sollen sich in den nächsten Klimaplänen der Länder (NDC) wiederfinden, die 2025 vorgelegt werden sollen.

    Wie schon in den letzten Jahren bietet auch die COP28 jeden Tag thematische Schwerpunkte und ein umfangreiches Programm von “Side-Events“, Foren, Gipfeln und Präsentationen: Besondere Thementage gibt es etwa zu Energie, Technologie, Artenschutz, Jugend oder Indigene. Zum ersten Mal wird auch Gesundheit im Fokus stehen. Erstmals gibt es auch einen eigenen Sondergipfel zu Klimaschutzaktionen von Städten und Gemeinden.

    Nicht auf dem offiziellen Programm, aber heiß debattiert werden die geopolitischen Krisen sein: Die Konferenz beginnt mit dem “Climate Action Summit” vieler Staats- und Regierungschefs, die sich am Rande des Treffens auch zur Geopolitik austauschen werden. Der Krieg um Gaza und der russische Angriff auf die Ukraine werden die Atmosphäre ebenso bestimmen wie die Spannungen zwischen den USA und China, die weltweite Inflation und Schuldenkrise und die Alarmsignale der Klimakrise.

    Welche Themen sind besonders wichtig?

    Zu den zentralen Themen der COP28 liefert Climate.Table jeweils aktuelle Berichte, aber auch Hintergrundtexte, die den Stand der Dinge zusammenfassen. Die wichtigsten haben wir bereits veröffentlicht und verlinkt:

    Das Ziel, die globale Kapazität der Erneuerbaren bis 2030 zu verdreifachen und die Energieeffizienz zu verdoppeln: Beiden Themen stehen auf der Agenda der Konferenz und sollen die globale Energiewende voranbringen.

    Ein Beschluss zum Ausstieg aus (“Phase out”) oder der Verminderung (“Phase down”) der Nutzung fossiler Brennstoffe. Das wird eines der strittigsten Themen sein, auch weil es das Gastgeberland VAE direkt in seinem Geschäftsmodell berührt.

    Auch die Finanzfrage wird für Debatten sorgen: Das Versprechen der 100 Milliarden US-Dollar Klimahilfen der Industrieländer für den Süden soll mit Verspätung erreicht werden, aber Details und Zukunftsaussichten sind weiter umstritten.

    Die Struktur des “Loss and Damage“-Fonds, der auf der COP27 beschlossen wurde, ist praktisch fertig. Jetzt geht es darum, wer ihn mit wie viel Kapital auffüllt.

    Das Thema Gesundheit im Klimawandel soll erstmals breiten Raum einnehmen. Eine Allianz aus Wissenschaft, Staaten und Zivilgesellschaft will dafür werben, die Risiken aus der Klimakrise für alle Bevölkerungen stärker in den Fokus zu nehmen.

    Der Waldschutz soll ebenfalls prominent vorkommen. Das Ende der Entwaldung ist schon öfter beschlossen, aber nie umgesetzt worden. Denn ohne ein Ende der Waldzerstörung wird es keine Chance auf das 1,5-Grad-Ziel geben. Ob das Thema in Dubai aber ein Teil der offiziellen Entscheidung wird, ist unklar.

    Während der COP28 wird Climate.Table weitere Hintergrundtexte zu aktuellen Themen liefern.

    Alle bisher erschienenen Texte zur COP28 lesen Sie hier. 

    • COP28
    • Klimadiplomatie
    • UNFCCC

    Zehn entscheidende Fragen für die COP28

    Von ihm wird vieles abhängen: Sultan al Jaber, COP28-Präsident.

    Bei einer Klimakonferenz kann man leicht den Überblick verlieren. Vor allem, wenn das Ereignis so gigantisch angelegt ist wie die COP28 in Dubai. Etwa 70.000 Besucher werden erwartet, neben der “Blue Zone” mit den eigentlichen Verhandlungen wird eine “Green Zone” die “Side Events” beherbergen, auf denen Thinktanks, Lobbies, Staaten und Städte, Umweltverbände und wissenschaftliche Organisationen ihre Arbeit präsentieren.

    Auf und hinter den offiziellen Bühnen werden einige Debatten die Konferenz prägen. Sie werden darüber entscheiden, ob das Ergebnis der COP28 mehr oder weniger ehrgeizig wird – aber sie können auch weit darüber hinaus Konsequenzen haben. Denn auch wenn eine Klimakonferenz wie ein UN-Raumschiff für zwei Wochen in einem Teil der Welt landet, findet sie nicht im luftleeren Raum statt: Die Delegationen und die einflussreichen Kräfte bringen ihre ganz eigenen Interessen mit zur COP. Sie repräsentieren und beeinflussen Entwicklungen und Meinungen, die vor der Konferenz gelten und sich auch danach nur selten schnell ändern.

    Diese Fragen werden – auf der offiziellen Konferenz, in den Korridoren des Treffens oder gänzlich an anderen Stellen – die COP28 prägen:

    Welchen Einfluss hat der Krieg in Gaza?

    Der Krieg zwischen der islamistischen Terrororganisation Hamas und der israelischen Armee in Gaza schwebt als Drohung über der COP28. Israel ist UNFCCC-Mitglied und verhandelt mit. Pro-palästinensische Gruppen haben bereits Demonstrationen angekündigt – die aber auf dem Konferenzgelände nach UN-Regeln untersagt sind. Zu Beginn des Krieges gab es Gerüchte, die Konferenz würde bei einer Eskalation möglicherweise verschoben, davon ist nicht mehr die Rede.

    Neben einer allgemein verschärften Spannungslage birgt der Krieg ein Risiko für die Verhandlungen: Weil Israel als Teil des Globalen Nordens wahrgenommen wird und sich auf der Seite der Palästinenser die meisten Länder des Globalen Südens versammeln, könnte der Konflikt als Teil des Nord-Süd-Konflikts um Entwicklungschancen und historische Verantwortung gelesen werden – was beim Überfall Russlands auf die Ukraine nicht der Fall war. Die COP im letzten Jahr blieb deshalb auch praktisch unberührt von dem Konflikt.

    Agieren die Arabischen Emirate als ehrliche Makler?

    Die Berufung von Sultan al Jaber, Industrieminister der VAE und Chef des Ölkonzerns Adnoc, zum COP-Präsidenten hat viel Kritik ausgelöst: Öl- und Gasinteressen würden die Klimakonferenz übernehmen, so der Vorwurf. Dagegen setzen die VAE eine andere Erzählung: Demnach haben sie sich in eine Zukunft der Erneuerbaren aufgemacht. Die Hoffnung ist, dass sie andere Staaten mitziehen können, deren Volkswirtschaften auf Kohle, Öl und Gas beruhen. Wie sehr al Jaber als COP-Präsident beiden Seiten Zugeständnisse machen und im Gegenzug von ihnen Fortschritte einfordern kann, wird darüber entscheiden, ob es in den zentralen Fragen wirklich vorangeht.

    Zahlen auch die reichen Schwellenländer für Klimaschutz?

    Bisher ist klar: Für Klimaschutz, Anpassung und Technologietransfer zahlen nur die UN-Länder, die 1992 beim Beschluss der Klima-Rahmenkonvention als Industrieländer (“Annex I”) gelten. Weil die Welt sich verändert hat und Staaten wie Korea, Singapur, Mexiko, eventuell China und manche Ölstaaten wie Saudi-Arabien absolut und pro Kopf zu den reichen Ländern mit hohem CO₂-Ausstoß gehören, stellen die Industriestaaten immer lauter die Frage: Wann kommt auch Geld von ihnen?

    Im neuen “Loss and Damage”-Fonds (LDF) etwa ist die Finanzierung ausdrücklich offen formuliert. Aber wenn etwa in der letzten Nacht die VAE als Gastgeber einen Deal absichern wollen und Geld für den LDF versprechen, könnte das System ins Rutschen geraten. Die Konsequenzen wären schwerwiegend: Ist diese Linie einmal gefallen, würde eine internationale Debatte beginnen, wer wann aus welchen Gründen welche finanziellen Hilfen leisten kann.

    Arbeiten die USA und China zusammen?

    Traditionell gibt es auf der COP nur dann Bewegung, wenn sich die beiden größten globalen Verschmutzer einig sind: Das Pariser Abkommen wurde ein Jahr vorher durch eine US-China-Kooperation aufs Gleis gesetzt. Die politischen und wirtschaftlichen Spannungen zwischen Peking und Washington haben in den letzten Jahren allerdings auch die Kooperation beim Klima gebremst. Seit dem Treffen der Präsidenten Xi und Biden im November in Kalifornien ist zumindest klar: Sie reden wieder miteinander, wollen kooperieren und sogar die nationalen Klimaziele auf alle Branchen ausdehnen, was China bislang verweigert hat. Ob dieses leichte Tauwetter ausreicht, andere Differenzen auszugleichen (etwa beim Kohleausstieg, den die USA fordern und der gegen Chinas Interessen geht), wird sich erweisen.

    Ist die globale Finanzreform glaubwürdig?

    Wenig hat die Verhandlungen in den letzten Jahren so belastet wie das gebrochene Versprechen der Industrieländer, ab 2020 jedes Jahr 100 Milliarden Dollar für den Klimaschutz im globalen Süden zu mobilisieren. Nun hat die OECD verkündet, 2021 habe die Zahl bei 89,6 Milliarden gelegen und laut vorläufigen Daten sehe es so aus, als sei das Ziel “wahrscheinlich 2022 erreicht worden”. Ob die Schwellenländer das als positiven Trend akzeptieren, wird sich zeigen.

    Ebenfalls bleibt spannend, ob sie die angekündigte Reform der Weltbank zu mehr Nachhaltigkeit zumindest als Anfang einer grundlegenden Reform des Weltfinanzsystems akzeptieren. Das hatte die “Bridgetown Intiative” der Premierministerin Mia Mottley von Barbados skizziert. Diese Forderung war seit der COP27 immer wieder laut geworden.

    Wie reagiert die Welt auf den Scheitelpunkt der Emissionen?

    Vor dem Beginn der COP28 gab es aufregende Nachrichten von den Energiemärkten: Hat die Welt tatsächlich 2023 den Höhepunkt der CO₂-Emissionen erreicht? Und sehen wir wirklich gerade den “Peak Coal” in 2023, den “Peak Gas” für 2024 und den “Peak Oil” 2025, wenn die derzeitigen Wachstumsraten bei E-Autos und Erneuerbaren anhalten? Und was bedeutet das? Weiter Rekordgewinne für die fossilen Produzenten? Und investieren diese Unternehmen ihre Profite schließlich in die erneuerbaren Energien und Wasserstoff-Technik der Zukunft – was deren Markthochlauf beschleunigen würde? Über das Ende des fossilen Booms streiten sich zumindest die Energieagentur IEA und die Öl-Organisation OPEC öffentlich.

    Wie sieht ein globales Ziel für die Anpassung aus?

    Auf der nächsten COP soll ein “Global Goal on Adaptation” (GGA) beschlossen werden. Diese Debatte wirft ihre Schatten voraus – auch weil anders als beim 1,5-Grad-Ziel unklar ist, wie ein solches Ziel aussehen könnte. Aber es bringt die lange vernachlässigte und unterfinanzierte Anpassung vor allem in den armen Ländern wieder auf die Tagesordnung. Immerhin ist die Lücke gewaltig: Den Kosten von etwa 210 Milliarden US-Dollar jährlich für Anpassung stehen laut UN-Bericht internationale Gelder in Höhe von 21 Milliarden gegenüber. Und gerade die ärmsten und verletzlichsten Länder bekommen oft nur wenig Hilfe.

    Zerbricht die Klimabewegung am Gaza-Konflikt?

    In der internationalen Bewegung für Klimagerechtigkeit ist ein tiefer Riss offenkundig geworden: Über die Frage, wie sich die Aktivisten zu den Terrorangriffen der Hamas und dem Vorgehen Israels in Gaza verhalten sollen, haben sich etwa die “Fridays for Future” entfremdet: Die Debatte um Greta Thunbergs Positionen zu Palästina haben große Unruhe in die Bewegung gebracht. Auch in anderen NGO-Kreisen stehen die Vertreter des globalen Nordens gegen die aus dem Globalen Süden. Ob diese Trennung zu heilen ist oder ob sie die Protestbewegung nachhaltig lähmt oder schwächt, wird sich in und nach Dubai zeigen.

    Findet die COP29 im nächsten Jahr in Deutschland statt?

    Bisher gibt es keine Lösung für die Blockade, was den Ort der nächsten COP angeht: Sie soll eigentlich turnusgemäß in Osteuropa stattfinden, aber Russland blockiert den EU-Vorschlag Bulgarien. Armenien und Aserbaidschan sind beim gegenwärtigen Konflikt wohl aus dem Rennen. Eigentlich müsste spätestens auf der diesjährigen COP über den nächsten Tagungsort entschieden werden. Gibt es aber keine Einigung, landet die COP im Gastland des UNFCCC-Sekretariats, Deutschland. Hier verfolgt man diese Entwicklung mit Sorge: Eine COP bindet viele Ressourcen und kostet eine dreistellige Millionensumme.  

    Die COP ist immer für eine Überraschung gut

    Die “Wild Card” sollte man nicht außer Acht lassen: In einer engen und umstrittenen Konferenz können überraschende Entwicklungen innerhalb oder außerhalb des COP-Zirkus manches bewegen. Bei den COP18 und COP19 verwüstete just zur Konferenzzeit ein Taifun die Philippinen – emotionale Reden des Delegierten Yeb Sano dazu, dessen Familie betroffen war, halfen schließlich, Ergebnisse in Vorbereitung des “Loss and Damage”-Fonds zu beschließen. Auch nach den islamistischen Terroranschläge in Paris 2015 zwei Wochen vor der Konferenz herrschte eine Atmosphäre der Solidarität unter den Delegationen, die die Gespräche voranbrachte.         

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    Wer kommt zur COP28?

    Erderwärmung Klimakrise Klimaziele 1,5 Grad Umweltschutz Klimaproteste
    Acht Jahre nach dem Pariser Klimaabkommen wird auf der COP28 Bilanz gezogen.

    Vertreterinnen und Vertreter aus der EU und 197 Ländern nehmen an der Klimakonferenz teil. Die Veranstalter rechnen mit mehr als 70.000 Besucherinnen und Besuchern. Das wäre eine Rekordzahl. Zur COP27 in Ägypten kamen rund 45.000 Menschen. Unter den Gästen der diesjährigen Klimakonferenz sind:

    • König Charles aus Großbritannien, der am 1. Dezember auf der COP sprechen wird. Er gilt als ambitionierter Klimaschützer. Im vergangenen Jahr war er der Klimakonferenz ferngeblieben. Interessant wird sein, ob er einen anderen Ton setzt als der britische Premier Rishi Sunak, der in der Klimapolitik bremst – und ebenfalls nach Dubai kommt.
    • Papst Franziskus will als erster Papst überhaupt zur COP fliegen. Das Thema Religion und Klimaschutz wird auf dieser COP zum ersten Mal eine klare Rolle spielen. Im November kamen mehr als 150 Repräsentanten und Repräsentantinnen zum Global Faith Leaders Summit zusammen. Auf der COP soll es zum ersten Mal einen Faith Pavillon geben. Der Glaubenspavillon wird vom Umweltprogramm der Vereinten Nationen, dem Rat der Ältesten der Muslime, dem Interfaith Center for Sustainable Development, der Episkopaldiözese von Kalifornien und Dutzenden anderer Glaubensgemeinschaften veranstaltet.
    • Deutschland schickt eine ganze Reihe hochrangiger Repräsentanten nach Dubai. Neben Bundeskanzler Olaf Scholz beim “Leaders Summit” am Beginn der Konferenz kommen auch Außenministerin Annalena Baerbock, Klima- und Wirtschaftsminister Robert Habeck, Umweltministerin Steffi Lemke, Entwicklungsministerin Svenja Schulze und Landwirtschaftsminister Cem Özdemir.
    • Für die EU verhandeln Klimakommissar Wopke Hoekstra, Kabinettschef Diederik Samsom, Delegationsleiter Jacob Werksman sowie die spanische Umweltministerin Teresa Ribera.
    • Mia Mottley, Premierministerin von Barbados, wird eine der wichtigsten Vertreterinnen für die Interessen der Inselstaaten sein.
    • Der brasilianische Präsident Luiz Inácio da Silva will auf der Konferenz einen Plan zur Renaturierung von Weideland vorstellen. Im vergangenen Jahr nahm er nach seiner Wahl, und noch bevor er wieder Präsident war, eine Einladung zur COP27 an. Nachdem die Entwaldung zuvor unter der Regierung von Jair Bolsonaro stark zugenommen hatte, kündigte er damals an, dass sich Brasilien nun wieder stärker im Klimaschutz engagieren wolle.
    • Indiens Premierminister Narendra Modi wird ebenfalls auf dem World Climate Action Summit erwartet. Vermutlich will er für Indiens Mission LiFE (lifestyle for environment)-Ansatz werben.
    • Die Umweltaktivistin Vanessa Nakate wird erwartet, nicht dagegen “Fridays for Future”-Ikone Greta Thunberg. Eine deutsche FFF-Delegation ist unterwegs, ebenso junge Klimabotschafter aus Deutschland.
    • Bill Gates hat sich angekündigt, ebenso wie viele internationale Geschäftsleute.
    • Israel hatte ursprünglich geplant, sich auf der COP als Climate Leader zu präsentieren und mit einer Delegation von rund 1.000 Personen anzureisen. Die Prioritäten des Landes haben sich aber durch den Krieg im Gazastreifen verschoben.
    • Unklar ist, ob Syriens Machthaber Bashar al Assad kommen wird. Beim letzten Treffen der arabischen Liga war er dabei, gilt aber wegen seines Krieges gegen die eigene Bevölkerung für westliche Länder als inakzeptabel.

    Auffällige Abwesenheiten

    Fast genauso interessant wie die bestätigten Teilnahmen an der Klimakonferenz ist, welche Spitzenpolitiker und -politikerinnen nicht nach Dubai reisen wollen:

    • Zurzeit wird vermutet, dass US-Präsident Joe Biden nicht zur COP reist. Stattdessen wird der Klima-Sondergesandte John Kerry die Agenda der USA vorantreiben.
    • Auch Chinas Präsident Xi Jinping wird sich von seinem Klimagesandten Xie Zhenhua vertreten lassen. Für Xi und Kerry wird es wahrscheinlich der letzte Auftritt auf der COP-Bühne sein.
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    Die wichtigsten Termine der COP28 im Überblick

    COP28
    • 24. bis 29. November: Vorverhandlungen (Pre-sessionals) der Klimakonferenz
    • 30. November: Eröffnungszeremonie
    • 1. und 2. Dezember: World Action Climate Summit + Local Climate Action Summit
      An den beiden Tagen finden High-Level-Gespräche statt. Gleichzeitig findet zum ersten Mal der “Local Climate Action Summit” statt, der regionale und nationale Führungspersönlichkeiten zusammen bringt und auf dem lokale Lösungen für den Klimaschutz diskutiert werden.
    • 3. Dezember: Health, Relief, Recovery and Peace:
      Zum ersten Mal findet auf einer COP ein Thementag mit dem Schwerpunkt Gesundheit statt. An diesem Tag gibt es außerdem ein High-Level Ministerial zu Just Transition geben.
    • 4. Dezember: Finance / Trade / Gender Equality / Accountability:
      An diesem Thementag geht es unter anderen um den Genderaspekt von Finanzierung. Zusätzlich findet auch ein High-Level-Event zu nationalen Anpassungsplänen statt.
    • 5. Dezember: Energy, Industry / Just Transition / Indigenous People:
      Verschiedene Aspekte von Energie werden an diesem Tag in multilateralen Einschätzungen verhandelt. Unter anderem gibt es auch einen runden Tisch zu Wasserstoff, Dekarbonisierung und Energieeffizienz.  
    • 6. Dezember: Multilevel Action, Urbanization and Built Environment / Transport: 
      Dieser Thementag rückt unter anderem die Rolle von Städten im Klimawandel in den Fokus. Es finden auch Verhandlungen zum Flugverkehr statt.
    • 7. Dezember: Ruhetag
    • 8. Dezember: Youth / Children / Education and Skills:
      Die Rolle der Jugend beim Klimaschutz ist eines der wichtigen Themen an diesem Tag. Außerdem findet ein Ministerial zu Klimafinanzierung und Bildung statt.
    • 9. Dezember: Nature, Land Use and Oceans:
      Auf dem Programm steht ein runder Tisch zu Pre-2030 Ambitionen. Ansonsten richtet sich das Programm nach dem Thementag und Ozeane, Nature-Based Solutions und Biodiversität stehen im Fokus.
    • 10. Dezember: Food, Agriculture and Water:  
      An dem letzten Thementag gibt es einen Ministerial zu “Water-Resilient Food Systems” sowie einen runden Tisch zum Schutz und der Restaurierung von Süßwasser-Ökosystemen.
    • 11. und 12. Dezember: Die Schlussverhandlungen der Klimakonferenz finden statt. Es ist wahrscheinlich, dass sie ein oder zwei Tage länger dauern als angesetzt.

    Die offizielle Agenda für die COP28 gibt es hier, ein Überblick über das thematische Programm findet sich hier.

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    Climate.Table Redaktion

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