scheitert die Rettung der Welt am fehlenden Geld? In den nächsten Wochen bestreiten die Staatschefs einen Gipfelmarathon aus Klima-COP, Biodiversitäts-COP (COP16) und G20-Gipfel. Claire Stam analysiert heute, warum die Biodiversitätskonferenz vor ähnlichen Herausforderungen steht wie die Klimakonferenz im November: Wer zahlt wie viel und wie können mehr private Gelder für den Schutz der Artenvielfalt mobilisiert werden? Auch auf der Klimakonferenz werden die Verhandler viel Kompromissbereitschaft zeigen müssen, wie wir in den News zum letzten Verhandlungsstand des neuen Klimafinanzziels (NCQG) zeigen.
Dass viele Lösungen für die Klimakrise schon längst vorliegen und “nur” noch finanziert werden müssten, zeigt unser nächster Text der Serie “Ideen fürs Klima”. Nick Nuttall arbeitet die vielfältigen Vorteile von schwimmenden Solaranlagen heraus. Der wohl größte Pluspunkt: Solaranlagen auf Binnengewässern und Stauseen könnten das Problem der Flächenkonkurrenz auflösen.
Till Kellerhoff und Peter Hennicke vom Club of Rome fordern im heutigen Standpunkt fünf Kehrtwenden, um beim Klima- und Umweltschutz doch noch ins richtige Gleis zu kommen. Ein Vorschlag: höhere Steuern für Reiche – die seien ökologisch sinnvoll und würden Zusammenhalt und Demokratie stärken. Und sie könnten zur Finanzierung von Klima- und Umweltschutz beitragen – wo wir wieder beim wohl wichtigsten Thema der nächsten Wochen wären.
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In der kommenden Woche startet die Biodiversitätskonferenz (COP16) in Cali, Kolumbien (21. Oktober bis 1. November). Dabei steht die Mobilisierung von ausreichend Geldern für den Schutz der Biodiversität im Mittelpunkt. Einige Staaten setzen auf neue, innovative Finanzquellen wie Einnahmen aus der Nutzung genetischer Informationen aus Pflanzen und Tieren. Gastgeber Kolumbien will Klimaschutz und Biodiversitätsschutz zusammenbringen und hat kürzlich einen 40-Milliarden-Plan ähnlich den Just Energy Transition Partnerships vorgelegt. Doch viele andere Staaten zeigen weniger Ehrgeiz und haben noch keine nationalen Strategien zur Umsetzung der Beschlüsse der letzten Biodiversitäts-COP Ende 2022 vorgelegt.
Die kolumbianische Umweltministerin und Präsidentin der COP16, Susana Muhamad, will den Biodiversitätsverlust im globalen politischen Diskurs auf die gleiche Ebene wie den Klimawandel heben. Laut Muhamad müsse die Menschheit “einen doppelten Schritt unternehmen: eine gerechte Dekarbonisierung und die Wiederherstellung der Natur”.
Viele der teilnehmenden Staaten der COP16 zeigen jedoch weniger Ehrgeiz. Bisher haben nur 25 Staaten nationale Pläne zur Umsetzung der weitreichenden Beschlüsse der letzten Biodiversitätskonferenz vom Dezember 2022 vorgelegt – darunter viele EU-Staaten, China, Indonesien, Mexiko und die EU. Deutschland hat noch keinen Plan vorgelegt. Die geringe Zahl bleibt weit hinter den Erwartungen zurück. Zudem gibt es zwischen den nationalen und globalen Zielen schon jetzt Lücken, wie Juliette Landry, Forscherin für internationale Biodiversitätsgovernance beim französischen Thinktank Iddri, sagt.
Im Dezember 2022 hatten sich die 195 Unterzeichner des Kunming-Montreal-Abkommens sowie die Europäische Union verpflichtet, “dringende Maßnahmen” für den Schutz der biologischen Vielfalt zu ergreifen. Bis 2030 sollen unter anderem:
Die COP16 zielt darauf ab, dass weitere Staaten detailliertere und ehrgeizigere nationale Pläne vorlegen.
Auch bei der Finanzierung gab es auf der letzten Konferenz bemerkenswerte Fortschritte. Bis 2030 sollen “mindestens 200 Milliarden Dollar pro Jahr” mobilisiert werden. Die Industriestaaten hatten öffentliche Mittel für Entwicklungsländer in Höhe von “mindestens 20 Milliarden Dollar pro Jahr bis 2025” und “mindestens 30 Milliarden Dollar pro Jahr bis 2030” versprochen – letzteres bedeutet eine Verdreifachung der bisherigen Finanzierung. Die hohe Differenz aus dem Bedarf – der von einigen Experten sogar noch höher eingeschätzt wird als die zugesagten 200 Milliarden US-Dollar – und den zugesagten öffentlichen Geldern soll aus privaten Mitteln mobilisiert werden. “Kein Land wird genug öffentliche Mittel haben, um die Ziele dieses Abkommens zu erreichen. Wir müssen uns also auf die Mobilisierung privater Finanzierungen und Investitionen konzentrieren”, sagt Hugo-Maria Schally, Berater für internationale Umweltverhandlungen der Europäischen Kommission. Er verweist auf Biodiversitäts-Projekte der Europäischen Zentralbank und der Europäischen Investitionsbank.
Die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, hielt in ihrer Rede auf der “DLD Nature Conference” am 13. September in München ein Plädoyer für Biodiversitätskredite. Unter Hinweis auf den anhaltenden Kollaps der biologischen Vielfalt und das “klare wirtschaftliche Argument für die Erhaltung und Wiederherstellung der Natur” verteidigte sie das, was sie als ein “Win-Win”-System sieht. Inspiriert vom europäischen Kohlenstoffmarkt würde dieses System es ermöglichen, lokale Gemeinschaften oder Landwirte für die erbrachten Ökosystemleistungen “zu belohnen”. Die Europäische Kommission entwickelt derzeit in Zusammenarbeit mit einigen Mitgliedstaaten Pilotprojekte – eines davon befindet sich in Frankreich. Damit soll gelingen, den Wert von Ökosystemen zu beziffern und Mechanismen zur Vergütung der betroffenen Akteure einzuführen.
COP16-Gastgeber Kolumbien ist jedoch optimistisch, dass es zu Kompromissen bei der Finanzierung kommen werde. Susana Muhamad sagt, Kolumbien sei in einer idealen Position, Brücken zwischen dem “Globalen Süden und dem Globalen Norden” zu schlagen. Sie erinnerte daran, dass Kolumbien sowohl Mitglied der Verhandlungsgruppe G77 als auch Mitglied der OECD ist, “was es ermöglicht, die verschiedenen Blöcke einander näherzubringen”. Kolumbien selbst hatte erst Ende September einen Investitionsplan über 40-Milliarden Dollar vorgelegt, um die Energiewende zu bewältigen und gleichzeitig in den Naturschutz und die Restaurierung von Ökosystemen zu investieren. Der Plan sieht auch Investitionen in nachhaltige Landwirtschaft und Ökotourismus vor und soll von internationalen Gebern – darunter auch Deutschland – unterstützt werden, hofft Kolumbien.
Offen ist die Rolle der Privatwirtschaft bei der Umsetzung des Globalen Biodiversitätsrahmens (Global Biodiversity Framework GBF). Laut dem Future of Nature and Business Report des Weltwirtschaftsforums (WEF) bieten umweltfreundliche Lösungen Geschäftschancen in Höhe von mehr als zehn Billionen US-Dollar. Bis 2030 könnten so 395 Millionen neue Arbeitsplätze entstehen.
Allerdings, so heißt es in einem Transformationsreport des WEF, hätten zwar die meisten der Top-500-Unternehmen der Welt ein Klimaziel, aber nur fünf Prozent eines für Biodiversität. Angesichts der Abhängigkeit der Weltwirtschaft von der Natur müsse der Privatsektor dringend dazu beitragen, den Verlust der Natur in diesem Jahrzehnt aufzuhalten und umzukehren, so das WEF.
Große Hoffnungen werden mit der zunehmenden kommerziellen Nutzung genetischer Ressourcen verbunden. Westliche Firmen entschlüsseln zunehmend die Gendaten von Arten in Ländern des Globalen Südens und nutzen die Erkenntnisse beispielsweise in der Medizin oder Kosmetik. Wie solche aus den natürlichen Ressourcen der Länder des Südens erzielten Gewinne besser zwischen den Unternehmen und Herkunftsländern aufgeteilt werden können, ist eine der großen Herausforderungen der Biodiversitäts-COP.
Die EU-Umweltminister verabschiedeten am 14. Oktober ihre Schlussfolgerungen für das Weltübereinkommen über die biologische Vielfalt. Die Minister bekräftigen ihre Bereitschaft, Modalitäten für die Aufteilung der Gewinne aus “digitalen Sequenzierungsinformationen”, das heißt digitalisierten und in Datenbanken gespeicherten Gensequenzen, zu vereinbaren. Auf der COP15 im Jahr 2022 war es den Unterhändlern nicht gelungen, eine Einigung zu diesem komplexen Thema zu erzielen. Mitarbeit: Carsten Hübner
Der Einsatz der neuen Technologie schwimmender Solarpaneele könnte die Klimabilanz von Wasserkraftwerken erheblich verbessern und dabei möglicherweise CO₂-Emissionen in einer Höhe vermeiden, wie sie heute von fossilen Kraftwerken verursacht werden. Solarmodule, die auf Stauseen oder ruhigen Binnengewässern schwimmen, sind eine neue, vielversprechende Technologie – solange soziale und ökologische Belange berücksichtigt werden.
Einige Länder nutzen diese Chance bereits. BP Batam (eine indonesische Insel zwischen der Straße von Malakka und Singapur) baut an seinem Duriangkang-Reservoir das angeblich größte schwimmende Solarprojekt der Welt. Nach seiner Fertigstellung wird es eine installierte Leistung von 2.000 Megawatt haben.
Einigen Schätzungen zufolge könnten durch die Installation von schwimmenden Solarsystemen auf zehn Prozent der Stauseen der weltweiten Wasserkraftreservoirs 4.000 Gigawatt Kapazität an grüner Energie installiert werden. Das entspricht in etwa der Stromerzeugungskapazität aller fossilen Kraftwerke der Welt.
In der neuesten Ausgabe von Nature Sustainability und aufbauend auf einer früheren Veröffentlichung in Nature argumentieren Wissenschaftler, dass die gemeinsame Nutzung von schwimmenden Solaranlagen und Wasserkraft ein sinnvoller Schritt sei. Einige Wasserkraftwerke haben einen hohen CO₂-Fußabdruck, der manchmal dem eines herkömmlichen Kohle- oder Gaskraftwerks entspricht. Bei vielen Wasserkraftwerken verrottet Vegetation unter Wasser, was zu erheblichen Methan-Freisetzungen führt – ein Treibhausgas, das bis zu 80-mal klimaschädlicher ist als Kohlendioxid. Durch die Integration von schwimmenden Solarkraftwerken könnten etwa 50 Prozent dieser Wasserkraftwerke eine beträchtliche Menge der Methanemissionen ausgleichen, weil andernorts weniger fossile Kraftwerke laufen müssen.
Die Kopplung mit der Wasserkraft ermöglicht zudem einen einfachen Zugang zum Stromnetz – und es gibt weitere Vorteile:
Bis 2050 könnten die USA bis zu 61.000 Quadratkilometer Land für den Ausbau der Solarkraft benötigen – eine Fläche größer als beispielsweise die der Niederlande. “Länder, in denen Land knapp ist, wie Japan und Südkorea, müssen möglicherweise fünf Prozent ihrer Fläche für Solarparks nutzen”, so die Wissenschaftler.
“Die Frage, wo diese Paneele aufgestellt werden sollen, ist nicht trivial. Es herrscht ein harter Wettbewerb um Land, das auch für die Nahrungsmittelproduktion und die Erhaltung der biologischen Vielfalt benötigt wird”, argumentieren sie.
Derzeit haben einige Entwickler Wüstenstandorte für einen massiven Ausbau der Solarenergie ins Auge gefasst. Modellrechnungen für die Sahara haben jedoch ergeben, dass eine große Anzahl von Solarpanels dort die lokalen Temperaturen und die globalen Luftströme verändern und so beispielsweise Dürren im Amazonas-Gebiet verschlimmern könnte. In der Mojave-Wüste hat der Einsatz von Solarzellen zu Konflikten mit indigenen Völkern geführt, da diese ihre traditionellen Kakteen verloren haben.
Dächer, Autobahnen und Parkplätze sind gute Optionen, aber der Platz ist begrenzt. In der Zwischenzeit ist die Kombination von Solaranlagen mit der Landwirtschaft (“Agri-PV”) eine Option, aber die Auswirkungen auf die Nahrungsmittelproduktion ist noch nicht absehbar.
Schwimmende Solarmodule erfordern im Vergleich zu konventionellen Solaranlagen nur wenig zusätzliche Technik: Schwimmer, Wasserabdichtungen und im Seeboden verankerte Kabel. Wenn das Potenzial der schwimmenden Photovoltaik genutzt werden soll, müssen die Planer allerdings soziale und ökologische Belange berücksichtigen. Wenn beispielsweise zu viele Anlagen auf Stauseen aufgestellt werden, die bei Seglern beliebt sind oder von Fischern in Afrika genutzt werden, könnte dies zu Konflikten führen.
Außerdem müssen Untersuchungen durchgeführt werden, um sicherzustellen, dass die Technologie keine unvorhergesehenen Auswirkungen auf die Artenvielfalt im Süßwasser hat.
Schwimmende Solarpaneele sind heute zwar etwas teurer als landgestützte Solaranlagen, und es gibt Hinweise darauf, dass sie regelmäßiger gereinigt werden müssen. Aber die neue Technologie scheint sich durchzusetzen. Brasilien hat vor kurzem ein Gesetz geändert, sodass schwimmende Photovoltaikanlagen und Wasserkraftwerke gemeinsam reguliert werden können.
Auch in Thailand, Japan und China sind Projekte bereits abgeschlossen oder im Gange, und in den Niederlanden wurde eine kleine schwimmende Solaranlage mit Technologie zur Nachführung der Sonne und zur Steigerung der Stromerzeugung installiert.
17. Oktober, 18 Uhr, Berlin
Paneldiskussion Countdown zur COP29 – Ansätze für einen effizienten und pragmatischen Klimaschutz
Die Konrad-Adenauer-Stiftung lädt in Kooperation mit der Stiftung Allianz für Entwicklung und Klima zu dieser Paneldiskussion ein und will dort erörtern, wie pragmatische Partnerschaften Klimaschutz vorantreiben können. Infos
18. Oktober, 10.30 Uhr, Online
Diskussion Coaching Klimaanpassung – Kleinstadt Klimafit
Der Bundesverband Klimaschutz diskutiert immer freitags regelmäßig über Themen, die die Berufsgruppe beschäftigen. Dieser Termin wird in Zusammenarbeit mit Resilient Cities ausgerichtet. Infos
18. Oktober, Berlin
Briefing Transformation für 1,5 Grad beschleunigen – Briefing zur 29. UN-Klimakonferenz
Das Auswärtige Amt (AA), das Deutsche Klima-Konsortium (DKK) und die Stiftung Klimawirtschaft laden zum Briefing mit Bundesaußenministerin Annalena Baerbock im Vorfeld der 29. UN-Klimakonferenz in Baku, Aserbaidschan, ein. Es steht unter dem Motto “Transformation für 1,5 Grad beschleunigen”. Infos
21. bis 26. Oktober, Washington, D. C.
Jahrestreffen Weltbank und IWF
Die Weltbank und der Internationale Währungsfonds (IWF) spielen in Fragen der Klimafinanzierung eine große Rolle, da sie die nötige Finanzarchitektur stellen. Ihr Jahrestreffen findet 2024 in Washington statt. Die wichtigsten Veranstaltungen, insbesondere die Ministerials, finden zwischen dem 22. und 25. Oktober statt. Infos
21. Oktober bis 1. November, Cali, Kolumbien
Konferenz UN-Biodiversitätskonferenz (COP16)
Unter dem Motto “Peace with Nature” findet die 16. Biodiversitätskonferenz der Vereinten Nationen in Cali statt. Ziel ist es, das “Kunming-Montreal Global Biodiversity Framework” umzusetzen und damit den Verlust von Biodiversität zu stoppen. Infos
23. Oktober, 8.30 Uhr, Offenbach/Online
Tagung DWD-Klimatagung – Deutsche Beiträge zur internationalen Klimaüberwachung
Die Klimatagung des Deutschen Wetterdiensts (DWD) 2024 wird einen Überblick über die deutschen Beiträge zur internationalen Klimabeobachtung im Bereich Atmosphäre und Wasserkreislauf liefern. Es wird über Anwendungsbereiche und Nutzen dieser Aktivitäten diskutiert. Infos
23. Oktober, 14.30 Uhr, Online
Webinar Bigger and Better in Baku: Scaling Up Climate Finance for Developing Nations
Das Webinar des World Resources Institute (WIR) geht der Frage nach, wie es auf der COP29 in Baku gelingen kann, mehr Klimafinanzierung für arme Länder zu erreichen. Infos
23. bis 24. Oktober, Hamburg
Messe Hydrogen Technology Expo Hamburg
Die Messe bringt Akteure der Wasserstoff Wertschöpfungskette zusammen, um über die Entwicklung von Lösungen und Innovationen für die kohlenstoffarme Wasserstoffproduktion sowie für die effiziente Speicherung und Verteilung zu diskutieren. Infos
24. Oktober, Hafen von Odense, Dänemark
Ministertreffen North Seas Ministerial Meeting 2024
Die europäischen Klima- und Energieminister, der EU-Energiekommissar und Vertreter der Windbranche treffen sich am 24. Oktober im Hafen von Odense in Dänemark zur Nordsee-Ministertagung. Sie werden erörtern, wie das Ziel erreicht werden kann, 20.000 Offshore-Windturbinen in der Nordsee zu installieren. Infos
24. Oktober, 16 Uhr, Online
Webinar Zero Waste: The Road to COP29
Das Webinar ist Teil einer Reihe, die gemeinsam von der COP29-Präsidentschaft und dem Beirat für Abfallvermeidung des UN-Generalsekretärs veranstaltet wird, um durch die Förderung innovativer nationaler und lokaler Initiativen einen weltweiten Übergang zur Abfallvermeidung zu unterstützen. Infos
Die Welt steht an der Schwelle zu einem “Zeitalter des Stroms”, wie die Internationale Energieagentur (IEA) in ihrem am Mittwoch vorgestellten World Energy Outlook zeigt. Die Nachfrage nach fossilen Brennstoffen werde bis zum Ende des Jahrzehnts ihren Höhepunkt erreichen und danach sinken. Danach werde ein Überangebot an fossilen Energien wahrscheinlich zu niedrigeren Preisen führen, was den Staaten ermögliche, mehr Geld in den Ausbau sauberer Energien zu investieren, prognostiziert der IEA-Vorsitzende Fatih Birol. Damit die Erneuerbaren weiter so schnell wachsen können, müssten die Investitionen in die Stromnetze und Energiespeicher steigen, so die IEA.
Laut IEA-Szenario, das auf der aktuellen Politik der Regierungen basiert, erreicht die weltweite Ölnachfrage vor 2030 mit knapp 102 Millionen Barrel pro Tag (mb/d) ihren Höhepunkt und fällt dann bis 2035 auf das Niveau von 2023 (99 mb/d) zurück. Das Absinken gehe vor allem auf die Verkehrswende und mehr E-Fahrzeuge zurück. Allerdings bestehe aufgrund des Nahostkonflikts kurzfristig auch die Möglichkeit, dass es zu Lieferengpässen beim Erdöl kommt.
Der IEA zufolge wurde im vergangenen Jahr weltweit eine Rekordmenge an sauberer Energie in Betrieb genommen, darunter mehr als 560 Gigawatt (GW) an erneuerbarer Energiekapazität. Es wird erwartet, dass im Jahr 2024 rund zwei Billionen US-Dollar in saubere Energien investiert werden – fast doppelt so viel wie in fossile Brennstoffe.
Die OPEC senkte am Montag ihre Prognose für das Wachstum der weltweiten Ölnachfrage für das Jahr 2024. Die Organisation erdölexportierender Länder senkte auch ihre Prognose für das nächste Jahr:
Der Großteil des gedämpften Wachstums für 2024 geht auf China zurück. Die OPEC senkte ihre chinesische Wachstumsprognose von 650.000 Barrel pro Tag auf 580.000 Barrel pro Tag. Während die staatlichen Konjunkturmaßnahmen die Nachfrage im vierten Quartal stützen werden, wird der Ölverbrauch durch die wirtschaftlichen Herausforderungen und die Umstellung auf sauberere Kraftstoffe beeinträchtigt, so die OPEC. nib/rtr
Kurz vor der nächsten Klimakonferenz sind beim neuen Klimafinanzziel (New Collective Quantified Goal – NCQG) noch viele Details offen. Die Co-Vorsitzenden der Arbeitsgruppe für das NCQG haben am Dienstag einen “Rahmen für einen Entwurf eines Verhandlungstextes” vorgelegt, der die unterschiedlichen Positionen der Länder zusammenfasst.
Die Verhandlerinnen und Verhandler auf der COP29 müssen Kompromisse bei folgenden Fragen finden:
Einigkeit besteht bei folgenden Aspekten:
Deutschland kann weiterhin wie geplant bis zum Jahr 2045 klimaneutral werden, doch dafür müsste die Politik zusätzliche Maßnahmen ergreifen. Das ist die Kernaussage einer umfangreichen Studie, die Prognos, das Ökoinstitut, das Wuppertal Institut und die Universität Kassel im Auftrag der Agora Thinktanks erstellt haben und die am Dienstag veröffentlicht wurde. Um das Klimaziel zu erreichen, sind demnach jedes Jahr Investitionen von rund elf Prozent des Bruttoinlandsprodukts erforderlich. Allerdings entfallen davon acht Prozent auf ohnehin anstehende Ersatzinvestitionen, die lediglich in klimafreundliche Alternativen umgelenkt werden müssen. Zusätzlich investiert werden müssten nur drei Prozent vom BIP. Das entspricht rund 147 Milliarden Euro pro Jahr, von denen drei Viertel privat und ein Viertel öffentlich sind.
Die Studienautoren gehen davon aus, dass Deutschland das ambitionierte Solar-Ausbauziel im Jahr 2030 erreichen wird. Bei der Windkraft wird dies wegen der geringen Ausbauwerte in den vergangenen Jahren trotz einer deutlichen Beschleunigung in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts verfehlt werden. Der Anteil der erneuerbaren Energien am Strommix wird darum nicht wie geplant im Jahr 2030 bei 80 Prozent liegen, sondern erst 2032. Die produzierte Strommenge wird sich bis 2040 mehr als verdoppeln, um die zusätzliche Nachfrage aus der Industrie sowie dem Gebäude- und Verkehrssektor zu bedienen, wo sich die Elektrifizierung in den nächsten Jahren deutlich bemerkbar machen wird. Der Strompreis inklusive der CO₂-, Netz- und Speicherkosten, aber ohne Steuern, wird dabei zunächst stabil bei durchschnittlich 16 Cent pro Kilowattstunde bleiben und von 2030 bis 2045 auf 13 Cent sinken.
Um den Umstieg zu erreichen, sind dabei neben marktbasierten Instrumenten wie dem CO₂-Preis, der laut Studie im Jahr 2030 bei 134 Euro und im Jahr 2045 bei 194 Euro liegen sollte, auch Marktregulierung erforderlich. Darunter fallen die Einschränkung schädlicher Technologien, finanzielle Unterstützung für Unternehmen und Privatpersonen sowie gezielte staatliche Infrastrukturausgaben. “Unser Zukunftsbild ist kein Selbstläufer. Damit es Realität wird, braucht es entschiedene politische Maßnahmen”, resümiert Simon Müller, Direktor von Agora Energiewende Deutschland. “Der Weg zur Klimaneutralität erfordert eine gesamtgesellschaftliche Kraftanstrengung, von der aber alle Teile der Gesellschaft profitieren werden.” mkr
Ein Sonderbericht des Europäischen Rechnungshofs kritisiert die unzureichende Umsetzung von Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel in der EU. Zwar existiere ein solider Rahmen, und die EU stelle erhebliche finanzielle Mittel bereit, jedoch fehlten klare Berichterstattungsmechanismen und messbare Fortschrittsindikatoren. Besonders problematisch sei der geringe Bekanntheitsgrad der EU-Instrumente wie Climate-ADAPT auf lokaler Ebene, was die effektive Umsetzung erschwere, urteilen die Rechnungsprüfer.
Der Bericht kommt außerdem zu dem Schluss, dass viele der finanzierten Projekte eher kurzfristige Lösungen böten und nicht ausreichend auf langfristige Anpassungsstrategien ausgelegt seien. Das führe zu Fehlanpassungen, wie der Förderung von großflächiger Bewässerung in der Landwirtschaft, statt auf weniger wasserintensive Alternativen zu setzen. Auch die Nutzung naturbasierter Lösungen sei weniger verbreitet, als es angesichts der Herausforderungen des Klimawandels erforderlich wäre. Darüber hinaus wird kritisiert, dass in der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) nicht ausreichend zwischen Klimaschutz und Anpassungsmaßnahmen unterschieden werde.
Um den Klimawandel effizienter zu bekämpfen, empfiehlt der Rechnungshof der EU-Kommission, gemeinsame Indikatoren zur Messung des Fortschritts einzuführen, das Wissen über Anpassungsinstrumente zu verbessern und sicherzustellen, dass EU-finanzierte Projekte auf langfristige Klimaziele ausgerichtet sind.
Der am Dienstag veröffentlichte Climate Adaptation Finance Index 2024 von “Brot für die Welt” zeigt zudem gravierende Ungerechtigkeiten bei der Verteilung internationaler Anpassungsfinanzierung. 90 Prozent der untersuchten Länder erhalten demnach weniger Mittel, als sie angesichts ihrer Klimarisiken benötigen. Besonders betroffen seien arme und klimatisch stark gefährdete Regionen, während wohlhabendere Länder überproportional profitieren.
Obwohl Deutschland einer der größten Geldgeber ist, entspreche auch seine Mittelverteilung nicht den Klimarisiken. Die Autoren fordern eine gerechtere und risikoorientierte Verteilung, um den Globalen Süden besser zu unterstützen. luk
Mit seinem nationalen Energie- und Klimaplan (NECP) werde Deutschland seine Klimaziele verfehlen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Analyse der Experten von Germanwatch. Gerade im Verkehrs- und Gebäudebereich (ESR) sowie bei den natürlichen Senken (LULUCF) hinke Deutschland stark hinterher. Der NECP enthalte nicht genügend Informationen darüber, wie Deutschland beabsichtigt, die Lücken in diesen Sektoren zu schließen.
Germanwatch kritisiert, Deutschland setze stark auf das neue EU-Emissionshandelssystem (ETS 2), ohne jedoch realistische Einschätzungen zu Preisentwicklungen zu bieten und die gesellschaftliche Akzeptanz des CO₂-Preises zu berücksichtigen. Die drohende Verfehlung der ESR-Ziele könnten Zukäufe von Emissionszertifikaten in Milliardenhöhe erforderlich machen und stellten somit auch ein finanzielles Risiko für den Bund dar. Gleichzeitig gefährden Kürzungen im Klima- und Transformationsfonds die Umsetzung vieler Maßnahmen.
Gesellschaftliche Aspekte wie die Energiearmut und der gerechte Übergang würden im NECP nur marginal behandelt. Die fehlende Einbeziehung der Öffentlichkeit und der mangelnde Fokus auf soziale Gerechtigkeit gefährdeten die Umsetzung der Klimaziele. Zudem seien die Pläne rechtlich angreifbar, weil sektorale Bedarfsanalysen genauso fehlten wie detaillierte Informationen darüber, wie die Maßnahmen finanziert werden sollen. Das sei aber von der EU-Governance-Verordnung vorgeschrieben. Es sei daher dringend notwendig, mehr Maßnahmen zu ergreifen und eine klare Finanzierungsstrategie zu entwickeln, fordern die Autoren.
Hinsichtlich der europäischen Ziele für erneuerbare Energien konstatiert der Germanwatch-Bericht eine leichte Verzögerung auf deutscher Seite. Das Ziel von 42,5 Prozent aus der Erneuerbare-Energien-Richtlinie werde Deutschland voraussichtlich erst 2031 statt 2030 erreichen, das indikative Ziel von 45 Prozent erst ein weiteres Jahr später. “Der Ausbau erneuerbarer Stromproduktion hat in dieser Legislaturperiode zwar deutlich Tempo aufgenommen, ist aber noch nicht ausreichend, um die selbstgesteckten Ziele zu erreichen”, schreibt Germanwatch.
Zielverfehlungen seien auch bei der Energieeffizienz absehbar. Selbst im Mit-Weiteren-Maßnahmen-Szenario des NECP werde das Primärenergieverbrauchsziel 2030 um 249 Terawattstunden (TWh) verfehlt. Eine noch größere Lücke sei mit 260 TWh beim Endenergieverbrauch absehbar. luk/ber
Die CO₂-Emissionen durch das Abfackeln von Begleitgas bei der weltweiten Öl- und Gasförderung (“Flaring”) sind zwischen 2022 und 2023 um sieben Prozent gestiegen, wie eine Analyse des Energieforschungsunternehmens Rystadt zeigt. Demnach hat das Abfackeln im Jahr 2023 etwa 300 Millionen Tonnen CO₂ verursacht. Zwischen 2021 und 2022 hatte es noch einen Fortschritt beim Flaring gegeben, der im Jahr 2023 jedoch wieder zunichtegemacht wurde. Seit zehn Jahren kommt die Industrie in diesem Bereich nicht vom Fleck.
Der Rückschritt zeigt, wie “wichtig kontinuierliche und verstärkte Anstrengungen von Unternehmen, Ländern und Industrieorganisationen sind, um Ziele festzulegen und Maßnahmen zur Bekämpfung des routinemäßigen Abfackelns umzusetzen”, sagt Magnus Kjemphol Lohne, Senior Vice President der Energiesystemforschung bei Rystad Energy. Russland, Iran und Irak machen den größten Anteil beim Abfackeln von überschüssigem Gas aus. In den USA – dem größten Öl- und Gasproduzenten weltweit – wurde 20 Prozent mehr Gas abgefackelt als noch 2022. Am klimaschädlichsten, gerechnet in Kilogramm CO₂ pro Barrel Öl, ist das Flaring in Venezuela und Libyen. nib
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) habe “eine Rakete abgeschossen”, sagte Robert Habeck bei der Übergabe der ersten Klimaschutzverträge am Dienstag. Vom Beginn des Gebotsverfahrens im März über die Antragsphase bis zur Erteilung der Förderbescheide habe das BMWK nur sieben Monate gebraucht. Damit habe sein Haus das notwendige Tempo für die Transformation der mittelständischen Industrieunternehmen erreicht, an die sich die Förderung richte.
15 Projekte – von der Umstellung auf “grüne” synthetische Ameisensäure bis zu nachhaltigen Ziegeln für den Mauerwerksbau – erhalten mehr als 2,8 Milliarden Euro. Damit sollen neue Anlagen für klimafreundliche Produktion und die erhöhten Kosten für nicht-fossile Energieträger wie Wasserstoff finanziert werden.
Davon profitieren Konzerne wie die Beiersdorf-Tochter Tesa und der Chemiekonzern BASF genauso wie der mittelständische Spezialpapierhersteller Drewsen. Die Spanne der Fördermittel reicht pro Unternehmen von 50 bis 560 Millionen Euro.
Eingespart werden sollen durch die Förderung über die 15-jährige Vertragslaufzeit 17 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalente. Rechnerisch kostet den Steuerzahler jede eingesparte Tonne CO₂ also knapp 165 Euro, das Zweieinhalbfache des derzeitigen Börsenpreises für entsprechende Emissionsrechte. Für Habeck der Preis dafür, die energieintensive industrielle Produktion in Deutschland zu halten und CO₂-freie Technologien zu etablieren.
Zudem rechne man nicht damit, dass die Fördersummen in Gänze ausgezahlt werden. Das Modell der Klimaschutzverträge sieht eine “nachschüssige Auszahlung” vor, die erst greift, wenn die Unternehmen die Treibhausgaseinsparung und die damit verbundenen Kosten im Vergleich zur fossilbasierten Produktion nachgewiesen haben. Daher hängt die tatsächliche Förderung von volatilen Preisen für Energieträger sowie den schwankenden Kosten für Emissionsrechte ab. Schließlich sollen die Unternehmen Mehreinnahmen zurückzahlen, wenn die klimafreundliche Produktion günstiger wird als die fossile.
In der laufenden zweiten Runde für Klimaschutzverträge sind 130 Projekte eingereicht worden. Dafür stehe ein niedriger zweistelliger Milliardenbetrag zur Verfügung, hieß es. Die Mittel seien im Klima- und Transformationsfonds hinterlegt. Habeck hofft auch auf eine dritte und vierte Runde, “bis das Geld alle ist”. Dies müsse aber politisch verhandelt werden. av
RND: Griechenland will Energiewende beschleunigen. Bis 2030 will Griechenland den Anteil erneuerbarer Energien bei der Stromproduktion von 57 Prozent auf über 72 Prozent steigern. 2028 soll das letzte Braunkohlekraftwerk vom Netz gehen und bis 2040 die Stromerzeugung in Gaskraftwerken um fast 70 Prozent reduziert werden. Zum Artikel
Edie: Leitfaden für das Unterhaus. Peers for the Planet und die University of Exeter haben einen Leitfaden entwickelt, der den Mitgliedern des britischen Unterhauses vorgelegt wird. In ihm werden Themen wie der Klimawandel, das Pariser Abkommen und sozioökonomische Risiken einer verfehlten Klimapolitik behandelt. Zum Artikel
Eurasiaview: Dürren erhöhen Migration. Durch den Klimawandel verursachte Dürren führen zu deutlich mehr Migrationsbewegungen. Bei anhaltender Trockenheit sehen viele Menschen in Migration ihre einzige Chance auf stabile Lebensbedingungen. Betroffen sind vor allem Regionen in Südeuropa, Südasien, Afrika und dem Nahen Osten. Zum Artikel
Guardian: Investoren für Dekarbonisierung. Australische Investoren fordern ihre Regierung auf, verstärkt Maßnahmen zur Dekarbonisierung der Industrie zu unterstützen. In Australien sollten CO₂-neutrale Industrien aufgebaut werden, damit das Land eine Großmacht für saubere Energie wird. Zum Artikel
Forbes: KI stützt Kohle und Gas. Der Energiehunger der KI-Rechenzentren gefährdet die Energiewende in den USA. Kohle- und Gaskraftwerke werden später als geplant abgeschaltet. Unternehmen wie Google und Microsoft setzen daher verstärkt auf Kernkraft. Zum Artikel
Schon 1972 warnte der Club of Rome in seinem ersten Bericht “Die Grenzen des Wachstums” vor der Unmöglichkeit unendlichen materiellen Wachstums auf einem begrenzten Planeten. Diese Erkenntnis ist heute aktueller denn je. Global überschreiten wir inzwischen sechs der neun planetaren Grenzen des Planeten, mit der Überschreitung der siebten in Reichweite.
Deutschland hat als reiches Industrieland überproportional zu dieser Überschreitung beigetragen. Dieses Wirtschaftssystem ist nicht einmal in der Lage, das Wohlergehen für alle Menschen zu sichern. Die Kluft zwischen Reich und Arm nimmt zu.
Es ist Zeit für einen radikalen Wandel – einen Giant Leap zu einer sozial-ökologischen Transformation, die das gesellschaftliche Wohlergehen für alle innerhalb der planetaren Grenzen sicherstellt.
Die Vorstellung von unbegrenztem Wirtschaftswachstum als Indikator für die Steigerung von Wohlergehen ist überholt. Wachstum, das nicht zu mehr Lebenszufriedenheit beiträgt, ist Wachstum auf Kosten von Umwelt, Mitwelt und Nachwelt.
Stattdessen braucht es neue Visionen für eine “Wohlergehensgesellschaft”, die nicht den unersättlichen Drang nach mehr Reichtum, Macht, Produktion und Konsum in den Vordergrund stellt, sondern das Wohl aller innerhalb der ökologischen Kapazitäten unseres Planeten. Dafür gilt es, konkrete politische Schritte zu formulieren.
Nach unserer Ansicht müssen, um den Giant Leap zu schaffen, “Kehrtwenden” gemeinsam und zügig angegangen werden. Earth4All zeigt, dass es effektiver, kostengünstiger und einfacher ist, diese Transformation ganzheitlich zu gestalten, anstatt isolierte Maßnahmen umzusetzen. Nur so lassen sich Synergien erschließen und die notwendige Akzeptanz in der Bevölkerung gewinnen.
Die notwendige Transformation bedeutet nicht Verzicht oder Einschränkung, sondern die Chance auf ein besseres Leben für alle. Es geht darum, den gemeinsam erwirtschafteten gesellschaftlichen Reichtum gerechter zu verteilen und gleichzeitig maßvoller mit den Ressourcen umzugehen.
Eine im Auftrag von Earth4All durchgeführte Umfrage zeigt: Diese Veränderungen sind mehrheitsfähig – wenn die Politik die richtigen Rahmenbedingungen schafft. 66 Prozent der Deutschen sind der Meinung, dass die Welt in den nächsten zehn Jahren in allen Wirtschaftssektoren (Stromerzeugung, Verkehr, Gebäude, Industrie, Ernährung) drastische Maßnahmen ergreifen muss. Die Mehrheit ist der Meinung, dass wohlhabende Menschen höhere Steuern zahlen sollten (71 Prozent).
Ein integrativer Ansatz, der den sozialen Zusammenhalt und die Demokratie stärkt, ist der Schlüssel zum Erfolg. Wenn die Transformation auf dem Rücken derjenigen ausgetragen wird, die ohnehin die vergangenen Jahrzehnte kaum von unserem Wirtschaftssystem profitiert haben, gefährdet dies die Demokratie. Der Giant Leap bietet die Chance, gesellschaftliche Gräben zu schließen und den Wandel gemeinsam zu gestalten.
Die Umsetzung dieser Vision erfordert mutige und umfangreiche Zukunftsinvestitionen. Diese sind auch finanzierbar. Der Abbau klimaschädlicher Subventionen und eine gerechtere Verteilung der finanziellen Lasten – insbesondere durch die stärkere Besteuerung von Reichen – sind zentrale Maßnahmen, um die finanziellen Mittel für die Transformation bereitzustellen, aber auch eine Reform der Schuldenbremse ist essenziell.
Trotz multipler Krisen gibt es gute Gründe für mehr Optimismus: drastische Kostensenkungen für erneuerbare Energien und weltweite soziale Bewegungen für einen integrierten Systemwechsel sind nur zwei Beispiele. Die Zeit für Mut, Visionen und entschlossenes Handeln ist jetzt.
Till Kellerhoff ist Programmdirektor des Club of Rome und Autor von “Tax the Rich”, und Peter Hennicke ist Senior Advisor am Wuppertal Institut und Mitglied des Club of Rome. Beide sind Autoren im Mitte Oktober erschienen Sammelband “Earth For All Deutschland”.
scheitert die Rettung der Welt am fehlenden Geld? In den nächsten Wochen bestreiten die Staatschefs einen Gipfelmarathon aus Klima-COP, Biodiversitäts-COP (COP16) und G20-Gipfel. Claire Stam analysiert heute, warum die Biodiversitätskonferenz vor ähnlichen Herausforderungen steht wie die Klimakonferenz im November: Wer zahlt wie viel und wie können mehr private Gelder für den Schutz der Artenvielfalt mobilisiert werden? Auch auf der Klimakonferenz werden die Verhandler viel Kompromissbereitschaft zeigen müssen, wie wir in den News zum letzten Verhandlungsstand des neuen Klimafinanzziels (NCQG) zeigen.
Dass viele Lösungen für die Klimakrise schon längst vorliegen und “nur” noch finanziert werden müssten, zeigt unser nächster Text der Serie “Ideen fürs Klima”. Nick Nuttall arbeitet die vielfältigen Vorteile von schwimmenden Solaranlagen heraus. Der wohl größte Pluspunkt: Solaranlagen auf Binnengewässern und Stauseen könnten das Problem der Flächenkonkurrenz auflösen.
Till Kellerhoff und Peter Hennicke vom Club of Rome fordern im heutigen Standpunkt fünf Kehrtwenden, um beim Klima- und Umweltschutz doch noch ins richtige Gleis zu kommen. Ein Vorschlag: höhere Steuern für Reiche – die seien ökologisch sinnvoll und würden Zusammenhalt und Demokratie stärken. Und sie könnten zur Finanzierung von Klima- und Umweltschutz beitragen – wo wir wieder beim wohl wichtigsten Thema der nächsten Wochen wären.
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In der kommenden Woche startet die Biodiversitätskonferenz (COP16) in Cali, Kolumbien (21. Oktober bis 1. November). Dabei steht die Mobilisierung von ausreichend Geldern für den Schutz der Biodiversität im Mittelpunkt. Einige Staaten setzen auf neue, innovative Finanzquellen wie Einnahmen aus der Nutzung genetischer Informationen aus Pflanzen und Tieren. Gastgeber Kolumbien will Klimaschutz und Biodiversitätsschutz zusammenbringen und hat kürzlich einen 40-Milliarden-Plan ähnlich den Just Energy Transition Partnerships vorgelegt. Doch viele andere Staaten zeigen weniger Ehrgeiz und haben noch keine nationalen Strategien zur Umsetzung der Beschlüsse der letzten Biodiversitäts-COP Ende 2022 vorgelegt.
Die kolumbianische Umweltministerin und Präsidentin der COP16, Susana Muhamad, will den Biodiversitätsverlust im globalen politischen Diskurs auf die gleiche Ebene wie den Klimawandel heben. Laut Muhamad müsse die Menschheit “einen doppelten Schritt unternehmen: eine gerechte Dekarbonisierung und die Wiederherstellung der Natur”.
Viele der teilnehmenden Staaten der COP16 zeigen jedoch weniger Ehrgeiz. Bisher haben nur 25 Staaten nationale Pläne zur Umsetzung der weitreichenden Beschlüsse der letzten Biodiversitätskonferenz vom Dezember 2022 vorgelegt – darunter viele EU-Staaten, China, Indonesien, Mexiko und die EU. Deutschland hat noch keinen Plan vorgelegt. Die geringe Zahl bleibt weit hinter den Erwartungen zurück. Zudem gibt es zwischen den nationalen und globalen Zielen schon jetzt Lücken, wie Juliette Landry, Forscherin für internationale Biodiversitätsgovernance beim französischen Thinktank Iddri, sagt.
Im Dezember 2022 hatten sich die 195 Unterzeichner des Kunming-Montreal-Abkommens sowie die Europäische Union verpflichtet, “dringende Maßnahmen” für den Schutz der biologischen Vielfalt zu ergreifen. Bis 2030 sollen unter anderem:
Die COP16 zielt darauf ab, dass weitere Staaten detailliertere und ehrgeizigere nationale Pläne vorlegen.
Auch bei der Finanzierung gab es auf der letzten Konferenz bemerkenswerte Fortschritte. Bis 2030 sollen “mindestens 200 Milliarden Dollar pro Jahr” mobilisiert werden. Die Industriestaaten hatten öffentliche Mittel für Entwicklungsländer in Höhe von “mindestens 20 Milliarden Dollar pro Jahr bis 2025” und “mindestens 30 Milliarden Dollar pro Jahr bis 2030” versprochen – letzteres bedeutet eine Verdreifachung der bisherigen Finanzierung. Die hohe Differenz aus dem Bedarf – der von einigen Experten sogar noch höher eingeschätzt wird als die zugesagten 200 Milliarden US-Dollar – und den zugesagten öffentlichen Geldern soll aus privaten Mitteln mobilisiert werden. “Kein Land wird genug öffentliche Mittel haben, um die Ziele dieses Abkommens zu erreichen. Wir müssen uns also auf die Mobilisierung privater Finanzierungen und Investitionen konzentrieren”, sagt Hugo-Maria Schally, Berater für internationale Umweltverhandlungen der Europäischen Kommission. Er verweist auf Biodiversitäts-Projekte der Europäischen Zentralbank und der Europäischen Investitionsbank.
Die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, hielt in ihrer Rede auf der “DLD Nature Conference” am 13. September in München ein Plädoyer für Biodiversitätskredite. Unter Hinweis auf den anhaltenden Kollaps der biologischen Vielfalt und das “klare wirtschaftliche Argument für die Erhaltung und Wiederherstellung der Natur” verteidigte sie das, was sie als ein “Win-Win”-System sieht. Inspiriert vom europäischen Kohlenstoffmarkt würde dieses System es ermöglichen, lokale Gemeinschaften oder Landwirte für die erbrachten Ökosystemleistungen “zu belohnen”. Die Europäische Kommission entwickelt derzeit in Zusammenarbeit mit einigen Mitgliedstaaten Pilotprojekte – eines davon befindet sich in Frankreich. Damit soll gelingen, den Wert von Ökosystemen zu beziffern und Mechanismen zur Vergütung der betroffenen Akteure einzuführen.
COP16-Gastgeber Kolumbien ist jedoch optimistisch, dass es zu Kompromissen bei der Finanzierung kommen werde. Susana Muhamad sagt, Kolumbien sei in einer idealen Position, Brücken zwischen dem “Globalen Süden und dem Globalen Norden” zu schlagen. Sie erinnerte daran, dass Kolumbien sowohl Mitglied der Verhandlungsgruppe G77 als auch Mitglied der OECD ist, “was es ermöglicht, die verschiedenen Blöcke einander näherzubringen”. Kolumbien selbst hatte erst Ende September einen Investitionsplan über 40-Milliarden Dollar vorgelegt, um die Energiewende zu bewältigen und gleichzeitig in den Naturschutz und die Restaurierung von Ökosystemen zu investieren. Der Plan sieht auch Investitionen in nachhaltige Landwirtschaft und Ökotourismus vor und soll von internationalen Gebern – darunter auch Deutschland – unterstützt werden, hofft Kolumbien.
Offen ist die Rolle der Privatwirtschaft bei der Umsetzung des Globalen Biodiversitätsrahmens (Global Biodiversity Framework GBF). Laut dem Future of Nature and Business Report des Weltwirtschaftsforums (WEF) bieten umweltfreundliche Lösungen Geschäftschancen in Höhe von mehr als zehn Billionen US-Dollar. Bis 2030 könnten so 395 Millionen neue Arbeitsplätze entstehen.
Allerdings, so heißt es in einem Transformationsreport des WEF, hätten zwar die meisten der Top-500-Unternehmen der Welt ein Klimaziel, aber nur fünf Prozent eines für Biodiversität. Angesichts der Abhängigkeit der Weltwirtschaft von der Natur müsse der Privatsektor dringend dazu beitragen, den Verlust der Natur in diesem Jahrzehnt aufzuhalten und umzukehren, so das WEF.
Große Hoffnungen werden mit der zunehmenden kommerziellen Nutzung genetischer Ressourcen verbunden. Westliche Firmen entschlüsseln zunehmend die Gendaten von Arten in Ländern des Globalen Südens und nutzen die Erkenntnisse beispielsweise in der Medizin oder Kosmetik. Wie solche aus den natürlichen Ressourcen der Länder des Südens erzielten Gewinne besser zwischen den Unternehmen und Herkunftsländern aufgeteilt werden können, ist eine der großen Herausforderungen der Biodiversitäts-COP.
Die EU-Umweltminister verabschiedeten am 14. Oktober ihre Schlussfolgerungen für das Weltübereinkommen über die biologische Vielfalt. Die Minister bekräftigen ihre Bereitschaft, Modalitäten für die Aufteilung der Gewinne aus “digitalen Sequenzierungsinformationen”, das heißt digitalisierten und in Datenbanken gespeicherten Gensequenzen, zu vereinbaren. Auf der COP15 im Jahr 2022 war es den Unterhändlern nicht gelungen, eine Einigung zu diesem komplexen Thema zu erzielen. Mitarbeit: Carsten Hübner
Der Einsatz der neuen Technologie schwimmender Solarpaneele könnte die Klimabilanz von Wasserkraftwerken erheblich verbessern und dabei möglicherweise CO₂-Emissionen in einer Höhe vermeiden, wie sie heute von fossilen Kraftwerken verursacht werden. Solarmodule, die auf Stauseen oder ruhigen Binnengewässern schwimmen, sind eine neue, vielversprechende Technologie – solange soziale und ökologische Belange berücksichtigt werden.
Einige Länder nutzen diese Chance bereits. BP Batam (eine indonesische Insel zwischen der Straße von Malakka und Singapur) baut an seinem Duriangkang-Reservoir das angeblich größte schwimmende Solarprojekt der Welt. Nach seiner Fertigstellung wird es eine installierte Leistung von 2.000 Megawatt haben.
Einigen Schätzungen zufolge könnten durch die Installation von schwimmenden Solarsystemen auf zehn Prozent der Stauseen der weltweiten Wasserkraftreservoirs 4.000 Gigawatt Kapazität an grüner Energie installiert werden. Das entspricht in etwa der Stromerzeugungskapazität aller fossilen Kraftwerke der Welt.
In der neuesten Ausgabe von Nature Sustainability und aufbauend auf einer früheren Veröffentlichung in Nature argumentieren Wissenschaftler, dass die gemeinsame Nutzung von schwimmenden Solaranlagen und Wasserkraft ein sinnvoller Schritt sei. Einige Wasserkraftwerke haben einen hohen CO₂-Fußabdruck, der manchmal dem eines herkömmlichen Kohle- oder Gaskraftwerks entspricht. Bei vielen Wasserkraftwerken verrottet Vegetation unter Wasser, was zu erheblichen Methan-Freisetzungen führt – ein Treibhausgas, das bis zu 80-mal klimaschädlicher ist als Kohlendioxid. Durch die Integration von schwimmenden Solarkraftwerken könnten etwa 50 Prozent dieser Wasserkraftwerke eine beträchtliche Menge der Methanemissionen ausgleichen, weil andernorts weniger fossile Kraftwerke laufen müssen.
Die Kopplung mit der Wasserkraft ermöglicht zudem einen einfachen Zugang zum Stromnetz – und es gibt weitere Vorteile:
Bis 2050 könnten die USA bis zu 61.000 Quadratkilometer Land für den Ausbau der Solarkraft benötigen – eine Fläche größer als beispielsweise die der Niederlande. “Länder, in denen Land knapp ist, wie Japan und Südkorea, müssen möglicherweise fünf Prozent ihrer Fläche für Solarparks nutzen”, so die Wissenschaftler.
“Die Frage, wo diese Paneele aufgestellt werden sollen, ist nicht trivial. Es herrscht ein harter Wettbewerb um Land, das auch für die Nahrungsmittelproduktion und die Erhaltung der biologischen Vielfalt benötigt wird”, argumentieren sie.
Derzeit haben einige Entwickler Wüstenstandorte für einen massiven Ausbau der Solarenergie ins Auge gefasst. Modellrechnungen für die Sahara haben jedoch ergeben, dass eine große Anzahl von Solarpanels dort die lokalen Temperaturen und die globalen Luftströme verändern und so beispielsweise Dürren im Amazonas-Gebiet verschlimmern könnte. In der Mojave-Wüste hat der Einsatz von Solarzellen zu Konflikten mit indigenen Völkern geführt, da diese ihre traditionellen Kakteen verloren haben.
Dächer, Autobahnen und Parkplätze sind gute Optionen, aber der Platz ist begrenzt. In der Zwischenzeit ist die Kombination von Solaranlagen mit der Landwirtschaft (“Agri-PV”) eine Option, aber die Auswirkungen auf die Nahrungsmittelproduktion ist noch nicht absehbar.
Schwimmende Solarmodule erfordern im Vergleich zu konventionellen Solaranlagen nur wenig zusätzliche Technik: Schwimmer, Wasserabdichtungen und im Seeboden verankerte Kabel. Wenn das Potenzial der schwimmenden Photovoltaik genutzt werden soll, müssen die Planer allerdings soziale und ökologische Belange berücksichtigen. Wenn beispielsweise zu viele Anlagen auf Stauseen aufgestellt werden, die bei Seglern beliebt sind oder von Fischern in Afrika genutzt werden, könnte dies zu Konflikten führen.
Außerdem müssen Untersuchungen durchgeführt werden, um sicherzustellen, dass die Technologie keine unvorhergesehenen Auswirkungen auf die Artenvielfalt im Süßwasser hat.
Schwimmende Solarpaneele sind heute zwar etwas teurer als landgestützte Solaranlagen, und es gibt Hinweise darauf, dass sie regelmäßiger gereinigt werden müssen. Aber die neue Technologie scheint sich durchzusetzen. Brasilien hat vor kurzem ein Gesetz geändert, sodass schwimmende Photovoltaikanlagen und Wasserkraftwerke gemeinsam reguliert werden können.
Auch in Thailand, Japan und China sind Projekte bereits abgeschlossen oder im Gange, und in den Niederlanden wurde eine kleine schwimmende Solaranlage mit Technologie zur Nachführung der Sonne und zur Steigerung der Stromerzeugung installiert.
17. Oktober, 18 Uhr, Berlin
Paneldiskussion Countdown zur COP29 – Ansätze für einen effizienten und pragmatischen Klimaschutz
Die Konrad-Adenauer-Stiftung lädt in Kooperation mit der Stiftung Allianz für Entwicklung und Klima zu dieser Paneldiskussion ein und will dort erörtern, wie pragmatische Partnerschaften Klimaschutz vorantreiben können. Infos
18. Oktober, 10.30 Uhr, Online
Diskussion Coaching Klimaanpassung – Kleinstadt Klimafit
Der Bundesverband Klimaschutz diskutiert immer freitags regelmäßig über Themen, die die Berufsgruppe beschäftigen. Dieser Termin wird in Zusammenarbeit mit Resilient Cities ausgerichtet. Infos
18. Oktober, Berlin
Briefing Transformation für 1,5 Grad beschleunigen – Briefing zur 29. UN-Klimakonferenz
Das Auswärtige Amt (AA), das Deutsche Klima-Konsortium (DKK) und die Stiftung Klimawirtschaft laden zum Briefing mit Bundesaußenministerin Annalena Baerbock im Vorfeld der 29. UN-Klimakonferenz in Baku, Aserbaidschan, ein. Es steht unter dem Motto “Transformation für 1,5 Grad beschleunigen”. Infos
21. bis 26. Oktober, Washington, D. C.
Jahrestreffen Weltbank und IWF
Die Weltbank und der Internationale Währungsfonds (IWF) spielen in Fragen der Klimafinanzierung eine große Rolle, da sie die nötige Finanzarchitektur stellen. Ihr Jahrestreffen findet 2024 in Washington statt. Die wichtigsten Veranstaltungen, insbesondere die Ministerials, finden zwischen dem 22. und 25. Oktober statt. Infos
21. Oktober bis 1. November, Cali, Kolumbien
Konferenz UN-Biodiversitätskonferenz (COP16)
Unter dem Motto “Peace with Nature” findet die 16. Biodiversitätskonferenz der Vereinten Nationen in Cali statt. Ziel ist es, das “Kunming-Montreal Global Biodiversity Framework” umzusetzen und damit den Verlust von Biodiversität zu stoppen. Infos
23. Oktober, 8.30 Uhr, Offenbach/Online
Tagung DWD-Klimatagung – Deutsche Beiträge zur internationalen Klimaüberwachung
Die Klimatagung des Deutschen Wetterdiensts (DWD) 2024 wird einen Überblick über die deutschen Beiträge zur internationalen Klimabeobachtung im Bereich Atmosphäre und Wasserkreislauf liefern. Es wird über Anwendungsbereiche und Nutzen dieser Aktivitäten diskutiert. Infos
23. Oktober, 14.30 Uhr, Online
Webinar Bigger and Better in Baku: Scaling Up Climate Finance for Developing Nations
Das Webinar des World Resources Institute (WIR) geht der Frage nach, wie es auf der COP29 in Baku gelingen kann, mehr Klimafinanzierung für arme Länder zu erreichen. Infos
23. bis 24. Oktober, Hamburg
Messe Hydrogen Technology Expo Hamburg
Die Messe bringt Akteure der Wasserstoff Wertschöpfungskette zusammen, um über die Entwicklung von Lösungen und Innovationen für die kohlenstoffarme Wasserstoffproduktion sowie für die effiziente Speicherung und Verteilung zu diskutieren. Infos
24. Oktober, Hafen von Odense, Dänemark
Ministertreffen North Seas Ministerial Meeting 2024
Die europäischen Klima- und Energieminister, der EU-Energiekommissar und Vertreter der Windbranche treffen sich am 24. Oktober im Hafen von Odense in Dänemark zur Nordsee-Ministertagung. Sie werden erörtern, wie das Ziel erreicht werden kann, 20.000 Offshore-Windturbinen in der Nordsee zu installieren. Infos
24. Oktober, 16 Uhr, Online
Webinar Zero Waste: The Road to COP29
Das Webinar ist Teil einer Reihe, die gemeinsam von der COP29-Präsidentschaft und dem Beirat für Abfallvermeidung des UN-Generalsekretärs veranstaltet wird, um durch die Förderung innovativer nationaler und lokaler Initiativen einen weltweiten Übergang zur Abfallvermeidung zu unterstützen. Infos
Die Welt steht an der Schwelle zu einem “Zeitalter des Stroms”, wie die Internationale Energieagentur (IEA) in ihrem am Mittwoch vorgestellten World Energy Outlook zeigt. Die Nachfrage nach fossilen Brennstoffen werde bis zum Ende des Jahrzehnts ihren Höhepunkt erreichen und danach sinken. Danach werde ein Überangebot an fossilen Energien wahrscheinlich zu niedrigeren Preisen führen, was den Staaten ermögliche, mehr Geld in den Ausbau sauberer Energien zu investieren, prognostiziert der IEA-Vorsitzende Fatih Birol. Damit die Erneuerbaren weiter so schnell wachsen können, müssten die Investitionen in die Stromnetze und Energiespeicher steigen, so die IEA.
Laut IEA-Szenario, das auf der aktuellen Politik der Regierungen basiert, erreicht die weltweite Ölnachfrage vor 2030 mit knapp 102 Millionen Barrel pro Tag (mb/d) ihren Höhepunkt und fällt dann bis 2035 auf das Niveau von 2023 (99 mb/d) zurück. Das Absinken gehe vor allem auf die Verkehrswende und mehr E-Fahrzeuge zurück. Allerdings bestehe aufgrund des Nahostkonflikts kurzfristig auch die Möglichkeit, dass es zu Lieferengpässen beim Erdöl kommt.
Der IEA zufolge wurde im vergangenen Jahr weltweit eine Rekordmenge an sauberer Energie in Betrieb genommen, darunter mehr als 560 Gigawatt (GW) an erneuerbarer Energiekapazität. Es wird erwartet, dass im Jahr 2024 rund zwei Billionen US-Dollar in saubere Energien investiert werden – fast doppelt so viel wie in fossile Brennstoffe.
Die OPEC senkte am Montag ihre Prognose für das Wachstum der weltweiten Ölnachfrage für das Jahr 2024. Die Organisation erdölexportierender Länder senkte auch ihre Prognose für das nächste Jahr:
Der Großteil des gedämpften Wachstums für 2024 geht auf China zurück. Die OPEC senkte ihre chinesische Wachstumsprognose von 650.000 Barrel pro Tag auf 580.000 Barrel pro Tag. Während die staatlichen Konjunkturmaßnahmen die Nachfrage im vierten Quartal stützen werden, wird der Ölverbrauch durch die wirtschaftlichen Herausforderungen und die Umstellung auf sauberere Kraftstoffe beeinträchtigt, so die OPEC. nib/rtr
Kurz vor der nächsten Klimakonferenz sind beim neuen Klimafinanzziel (New Collective Quantified Goal – NCQG) noch viele Details offen. Die Co-Vorsitzenden der Arbeitsgruppe für das NCQG haben am Dienstag einen “Rahmen für einen Entwurf eines Verhandlungstextes” vorgelegt, der die unterschiedlichen Positionen der Länder zusammenfasst.
Die Verhandlerinnen und Verhandler auf der COP29 müssen Kompromisse bei folgenden Fragen finden:
Einigkeit besteht bei folgenden Aspekten:
Deutschland kann weiterhin wie geplant bis zum Jahr 2045 klimaneutral werden, doch dafür müsste die Politik zusätzliche Maßnahmen ergreifen. Das ist die Kernaussage einer umfangreichen Studie, die Prognos, das Ökoinstitut, das Wuppertal Institut und die Universität Kassel im Auftrag der Agora Thinktanks erstellt haben und die am Dienstag veröffentlicht wurde. Um das Klimaziel zu erreichen, sind demnach jedes Jahr Investitionen von rund elf Prozent des Bruttoinlandsprodukts erforderlich. Allerdings entfallen davon acht Prozent auf ohnehin anstehende Ersatzinvestitionen, die lediglich in klimafreundliche Alternativen umgelenkt werden müssen. Zusätzlich investiert werden müssten nur drei Prozent vom BIP. Das entspricht rund 147 Milliarden Euro pro Jahr, von denen drei Viertel privat und ein Viertel öffentlich sind.
Die Studienautoren gehen davon aus, dass Deutschland das ambitionierte Solar-Ausbauziel im Jahr 2030 erreichen wird. Bei der Windkraft wird dies wegen der geringen Ausbauwerte in den vergangenen Jahren trotz einer deutlichen Beschleunigung in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts verfehlt werden. Der Anteil der erneuerbaren Energien am Strommix wird darum nicht wie geplant im Jahr 2030 bei 80 Prozent liegen, sondern erst 2032. Die produzierte Strommenge wird sich bis 2040 mehr als verdoppeln, um die zusätzliche Nachfrage aus der Industrie sowie dem Gebäude- und Verkehrssektor zu bedienen, wo sich die Elektrifizierung in den nächsten Jahren deutlich bemerkbar machen wird. Der Strompreis inklusive der CO₂-, Netz- und Speicherkosten, aber ohne Steuern, wird dabei zunächst stabil bei durchschnittlich 16 Cent pro Kilowattstunde bleiben und von 2030 bis 2045 auf 13 Cent sinken.
Um den Umstieg zu erreichen, sind dabei neben marktbasierten Instrumenten wie dem CO₂-Preis, der laut Studie im Jahr 2030 bei 134 Euro und im Jahr 2045 bei 194 Euro liegen sollte, auch Marktregulierung erforderlich. Darunter fallen die Einschränkung schädlicher Technologien, finanzielle Unterstützung für Unternehmen und Privatpersonen sowie gezielte staatliche Infrastrukturausgaben. “Unser Zukunftsbild ist kein Selbstläufer. Damit es Realität wird, braucht es entschiedene politische Maßnahmen”, resümiert Simon Müller, Direktor von Agora Energiewende Deutschland. “Der Weg zur Klimaneutralität erfordert eine gesamtgesellschaftliche Kraftanstrengung, von der aber alle Teile der Gesellschaft profitieren werden.” mkr
Ein Sonderbericht des Europäischen Rechnungshofs kritisiert die unzureichende Umsetzung von Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel in der EU. Zwar existiere ein solider Rahmen, und die EU stelle erhebliche finanzielle Mittel bereit, jedoch fehlten klare Berichterstattungsmechanismen und messbare Fortschrittsindikatoren. Besonders problematisch sei der geringe Bekanntheitsgrad der EU-Instrumente wie Climate-ADAPT auf lokaler Ebene, was die effektive Umsetzung erschwere, urteilen die Rechnungsprüfer.
Der Bericht kommt außerdem zu dem Schluss, dass viele der finanzierten Projekte eher kurzfristige Lösungen böten und nicht ausreichend auf langfristige Anpassungsstrategien ausgelegt seien. Das führe zu Fehlanpassungen, wie der Förderung von großflächiger Bewässerung in der Landwirtschaft, statt auf weniger wasserintensive Alternativen zu setzen. Auch die Nutzung naturbasierter Lösungen sei weniger verbreitet, als es angesichts der Herausforderungen des Klimawandels erforderlich wäre. Darüber hinaus wird kritisiert, dass in der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) nicht ausreichend zwischen Klimaschutz und Anpassungsmaßnahmen unterschieden werde.
Um den Klimawandel effizienter zu bekämpfen, empfiehlt der Rechnungshof der EU-Kommission, gemeinsame Indikatoren zur Messung des Fortschritts einzuführen, das Wissen über Anpassungsinstrumente zu verbessern und sicherzustellen, dass EU-finanzierte Projekte auf langfristige Klimaziele ausgerichtet sind.
Der am Dienstag veröffentlichte Climate Adaptation Finance Index 2024 von “Brot für die Welt” zeigt zudem gravierende Ungerechtigkeiten bei der Verteilung internationaler Anpassungsfinanzierung. 90 Prozent der untersuchten Länder erhalten demnach weniger Mittel, als sie angesichts ihrer Klimarisiken benötigen. Besonders betroffen seien arme und klimatisch stark gefährdete Regionen, während wohlhabendere Länder überproportional profitieren.
Obwohl Deutschland einer der größten Geldgeber ist, entspreche auch seine Mittelverteilung nicht den Klimarisiken. Die Autoren fordern eine gerechtere und risikoorientierte Verteilung, um den Globalen Süden besser zu unterstützen. luk
Mit seinem nationalen Energie- und Klimaplan (NECP) werde Deutschland seine Klimaziele verfehlen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Analyse der Experten von Germanwatch. Gerade im Verkehrs- und Gebäudebereich (ESR) sowie bei den natürlichen Senken (LULUCF) hinke Deutschland stark hinterher. Der NECP enthalte nicht genügend Informationen darüber, wie Deutschland beabsichtigt, die Lücken in diesen Sektoren zu schließen.
Germanwatch kritisiert, Deutschland setze stark auf das neue EU-Emissionshandelssystem (ETS 2), ohne jedoch realistische Einschätzungen zu Preisentwicklungen zu bieten und die gesellschaftliche Akzeptanz des CO₂-Preises zu berücksichtigen. Die drohende Verfehlung der ESR-Ziele könnten Zukäufe von Emissionszertifikaten in Milliardenhöhe erforderlich machen und stellten somit auch ein finanzielles Risiko für den Bund dar. Gleichzeitig gefährden Kürzungen im Klima- und Transformationsfonds die Umsetzung vieler Maßnahmen.
Gesellschaftliche Aspekte wie die Energiearmut und der gerechte Übergang würden im NECP nur marginal behandelt. Die fehlende Einbeziehung der Öffentlichkeit und der mangelnde Fokus auf soziale Gerechtigkeit gefährdeten die Umsetzung der Klimaziele. Zudem seien die Pläne rechtlich angreifbar, weil sektorale Bedarfsanalysen genauso fehlten wie detaillierte Informationen darüber, wie die Maßnahmen finanziert werden sollen. Das sei aber von der EU-Governance-Verordnung vorgeschrieben. Es sei daher dringend notwendig, mehr Maßnahmen zu ergreifen und eine klare Finanzierungsstrategie zu entwickeln, fordern die Autoren.
Hinsichtlich der europäischen Ziele für erneuerbare Energien konstatiert der Germanwatch-Bericht eine leichte Verzögerung auf deutscher Seite. Das Ziel von 42,5 Prozent aus der Erneuerbare-Energien-Richtlinie werde Deutschland voraussichtlich erst 2031 statt 2030 erreichen, das indikative Ziel von 45 Prozent erst ein weiteres Jahr später. “Der Ausbau erneuerbarer Stromproduktion hat in dieser Legislaturperiode zwar deutlich Tempo aufgenommen, ist aber noch nicht ausreichend, um die selbstgesteckten Ziele zu erreichen”, schreibt Germanwatch.
Zielverfehlungen seien auch bei der Energieeffizienz absehbar. Selbst im Mit-Weiteren-Maßnahmen-Szenario des NECP werde das Primärenergieverbrauchsziel 2030 um 249 Terawattstunden (TWh) verfehlt. Eine noch größere Lücke sei mit 260 TWh beim Endenergieverbrauch absehbar. luk/ber
Die CO₂-Emissionen durch das Abfackeln von Begleitgas bei der weltweiten Öl- und Gasförderung (“Flaring”) sind zwischen 2022 und 2023 um sieben Prozent gestiegen, wie eine Analyse des Energieforschungsunternehmens Rystadt zeigt. Demnach hat das Abfackeln im Jahr 2023 etwa 300 Millionen Tonnen CO₂ verursacht. Zwischen 2021 und 2022 hatte es noch einen Fortschritt beim Flaring gegeben, der im Jahr 2023 jedoch wieder zunichtegemacht wurde. Seit zehn Jahren kommt die Industrie in diesem Bereich nicht vom Fleck.
Der Rückschritt zeigt, wie “wichtig kontinuierliche und verstärkte Anstrengungen von Unternehmen, Ländern und Industrieorganisationen sind, um Ziele festzulegen und Maßnahmen zur Bekämpfung des routinemäßigen Abfackelns umzusetzen”, sagt Magnus Kjemphol Lohne, Senior Vice President der Energiesystemforschung bei Rystad Energy. Russland, Iran und Irak machen den größten Anteil beim Abfackeln von überschüssigem Gas aus. In den USA – dem größten Öl- und Gasproduzenten weltweit – wurde 20 Prozent mehr Gas abgefackelt als noch 2022. Am klimaschädlichsten, gerechnet in Kilogramm CO₂ pro Barrel Öl, ist das Flaring in Venezuela und Libyen. nib
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) habe “eine Rakete abgeschossen”, sagte Robert Habeck bei der Übergabe der ersten Klimaschutzverträge am Dienstag. Vom Beginn des Gebotsverfahrens im März über die Antragsphase bis zur Erteilung der Förderbescheide habe das BMWK nur sieben Monate gebraucht. Damit habe sein Haus das notwendige Tempo für die Transformation der mittelständischen Industrieunternehmen erreicht, an die sich die Förderung richte.
15 Projekte – von der Umstellung auf “grüne” synthetische Ameisensäure bis zu nachhaltigen Ziegeln für den Mauerwerksbau – erhalten mehr als 2,8 Milliarden Euro. Damit sollen neue Anlagen für klimafreundliche Produktion und die erhöhten Kosten für nicht-fossile Energieträger wie Wasserstoff finanziert werden.
Davon profitieren Konzerne wie die Beiersdorf-Tochter Tesa und der Chemiekonzern BASF genauso wie der mittelständische Spezialpapierhersteller Drewsen. Die Spanne der Fördermittel reicht pro Unternehmen von 50 bis 560 Millionen Euro.
Eingespart werden sollen durch die Förderung über die 15-jährige Vertragslaufzeit 17 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalente. Rechnerisch kostet den Steuerzahler jede eingesparte Tonne CO₂ also knapp 165 Euro, das Zweieinhalbfache des derzeitigen Börsenpreises für entsprechende Emissionsrechte. Für Habeck der Preis dafür, die energieintensive industrielle Produktion in Deutschland zu halten und CO₂-freie Technologien zu etablieren.
Zudem rechne man nicht damit, dass die Fördersummen in Gänze ausgezahlt werden. Das Modell der Klimaschutzverträge sieht eine “nachschüssige Auszahlung” vor, die erst greift, wenn die Unternehmen die Treibhausgaseinsparung und die damit verbundenen Kosten im Vergleich zur fossilbasierten Produktion nachgewiesen haben. Daher hängt die tatsächliche Förderung von volatilen Preisen für Energieträger sowie den schwankenden Kosten für Emissionsrechte ab. Schließlich sollen die Unternehmen Mehreinnahmen zurückzahlen, wenn die klimafreundliche Produktion günstiger wird als die fossile.
In der laufenden zweiten Runde für Klimaschutzverträge sind 130 Projekte eingereicht worden. Dafür stehe ein niedriger zweistelliger Milliardenbetrag zur Verfügung, hieß es. Die Mittel seien im Klima- und Transformationsfonds hinterlegt. Habeck hofft auch auf eine dritte und vierte Runde, “bis das Geld alle ist”. Dies müsse aber politisch verhandelt werden. av
RND: Griechenland will Energiewende beschleunigen. Bis 2030 will Griechenland den Anteil erneuerbarer Energien bei der Stromproduktion von 57 Prozent auf über 72 Prozent steigern. 2028 soll das letzte Braunkohlekraftwerk vom Netz gehen und bis 2040 die Stromerzeugung in Gaskraftwerken um fast 70 Prozent reduziert werden. Zum Artikel
Edie: Leitfaden für das Unterhaus. Peers for the Planet und die University of Exeter haben einen Leitfaden entwickelt, der den Mitgliedern des britischen Unterhauses vorgelegt wird. In ihm werden Themen wie der Klimawandel, das Pariser Abkommen und sozioökonomische Risiken einer verfehlten Klimapolitik behandelt. Zum Artikel
Eurasiaview: Dürren erhöhen Migration. Durch den Klimawandel verursachte Dürren führen zu deutlich mehr Migrationsbewegungen. Bei anhaltender Trockenheit sehen viele Menschen in Migration ihre einzige Chance auf stabile Lebensbedingungen. Betroffen sind vor allem Regionen in Südeuropa, Südasien, Afrika und dem Nahen Osten. Zum Artikel
Guardian: Investoren für Dekarbonisierung. Australische Investoren fordern ihre Regierung auf, verstärkt Maßnahmen zur Dekarbonisierung der Industrie zu unterstützen. In Australien sollten CO₂-neutrale Industrien aufgebaut werden, damit das Land eine Großmacht für saubere Energie wird. Zum Artikel
Forbes: KI stützt Kohle und Gas. Der Energiehunger der KI-Rechenzentren gefährdet die Energiewende in den USA. Kohle- und Gaskraftwerke werden später als geplant abgeschaltet. Unternehmen wie Google und Microsoft setzen daher verstärkt auf Kernkraft. Zum Artikel
Schon 1972 warnte der Club of Rome in seinem ersten Bericht “Die Grenzen des Wachstums” vor der Unmöglichkeit unendlichen materiellen Wachstums auf einem begrenzten Planeten. Diese Erkenntnis ist heute aktueller denn je. Global überschreiten wir inzwischen sechs der neun planetaren Grenzen des Planeten, mit der Überschreitung der siebten in Reichweite.
Deutschland hat als reiches Industrieland überproportional zu dieser Überschreitung beigetragen. Dieses Wirtschaftssystem ist nicht einmal in der Lage, das Wohlergehen für alle Menschen zu sichern. Die Kluft zwischen Reich und Arm nimmt zu.
Es ist Zeit für einen radikalen Wandel – einen Giant Leap zu einer sozial-ökologischen Transformation, die das gesellschaftliche Wohlergehen für alle innerhalb der planetaren Grenzen sicherstellt.
Die Vorstellung von unbegrenztem Wirtschaftswachstum als Indikator für die Steigerung von Wohlergehen ist überholt. Wachstum, das nicht zu mehr Lebenszufriedenheit beiträgt, ist Wachstum auf Kosten von Umwelt, Mitwelt und Nachwelt.
Stattdessen braucht es neue Visionen für eine “Wohlergehensgesellschaft”, die nicht den unersättlichen Drang nach mehr Reichtum, Macht, Produktion und Konsum in den Vordergrund stellt, sondern das Wohl aller innerhalb der ökologischen Kapazitäten unseres Planeten. Dafür gilt es, konkrete politische Schritte zu formulieren.
Nach unserer Ansicht müssen, um den Giant Leap zu schaffen, “Kehrtwenden” gemeinsam und zügig angegangen werden. Earth4All zeigt, dass es effektiver, kostengünstiger und einfacher ist, diese Transformation ganzheitlich zu gestalten, anstatt isolierte Maßnahmen umzusetzen. Nur so lassen sich Synergien erschließen und die notwendige Akzeptanz in der Bevölkerung gewinnen.
Die notwendige Transformation bedeutet nicht Verzicht oder Einschränkung, sondern die Chance auf ein besseres Leben für alle. Es geht darum, den gemeinsam erwirtschafteten gesellschaftlichen Reichtum gerechter zu verteilen und gleichzeitig maßvoller mit den Ressourcen umzugehen.
Eine im Auftrag von Earth4All durchgeführte Umfrage zeigt: Diese Veränderungen sind mehrheitsfähig – wenn die Politik die richtigen Rahmenbedingungen schafft. 66 Prozent der Deutschen sind der Meinung, dass die Welt in den nächsten zehn Jahren in allen Wirtschaftssektoren (Stromerzeugung, Verkehr, Gebäude, Industrie, Ernährung) drastische Maßnahmen ergreifen muss. Die Mehrheit ist der Meinung, dass wohlhabende Menschen höhere Steuern zahlen sollten (71 Prozent).
Ein integrativer Ansatz, der den sozialen Zusammenhalt und die Demokratie stärkt, ist der Schlüssel zum Erfolg. Wenn die Transformation auf dem Rücken derjenigen ausgetragen wird, die ohnehin die vergangenen Jahrzehnte kaum von unserem Wirtschaftssystem profitiert haben, gefährdet dies die Demokratie. Der Giant Leap bietet die Chance, gesellschaftliche Gräben zu schließen und den Wandel gemeinsam zu gestalten.
Die Umsetzung dieser Vision erfordert mutige und umfangreiche Zukunftsinvestitionen. Diese sind auch finanzierbar. Der Abbau klimaschädlicher Subventionen und eine gerechtere Verteilung der finanziellen Lasten – insbesondere durch die stärkere Besteuerung von Reichen – sind zentrale Maßnahmen, um die finanziellen Mittel für die Transformation bereitzustellen, aber auch eine Reform der Schuldenbremse ist essenziell.
Trotz multipler Krisen gibt es gute Gründe für mehr Optimismus: drastische Kostensenkungen für erneuerbare Energien und weltweite soziale Bewegungen für einen integrierten Systemwechsel sind nur zwei Beispiele. Die Zeit für Mut, Visionen und entschlossenes Handeln ist jetzt.
Till Kellerhoff ist Programmdirektor des Club of Rome und Autor von “Tax the Rich”, und Peter Hennicke ist Senior Advisor am Wuppertal Institut und Mitglied des Club of Rome. Beide sind Autoren im Mitte Oktober erschienen Sammelband “Earth For All Deutschland”.