Table.Briefing: Climate

CAN: Klima-Backlash gefährdet Demokratie + Wärmepumpen: Industrie fordert Hilfe + Forscher glauben nicht an 1,5-Grad

Liebe Leserin, lieber Leser,

bei der anstehenden Europawahl am 9. Juni stehen Klimathemen eher im Hintergrund. Chiara Martinelli, die Chefin des Klimaschutznetzwerks CAN Europe, beklagt einen “Backlash gegen Klima- und Energiethemen”. Er sei eine Bedrohung für die Demokratie. Im Interview mit Bernhard Pötter spricht Martinelli über Lücken im Green Deal und fordert einen Investmentplan zur Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen. Solch ein Plan wäre ihr zufolge auch ein gutes Instrument, um die Wettbewerbsfähigkeit Europas zu stärken.

Große Investitionen sind auch in der Wärmewende nötig. Doch die deutsche Wärmepumpen-Branche befürchtet für 2024 eher Stagnation. Zwar gibt es staatliche Förderung für den Umstieg auf die saubere Heiz-Alternative. Doch die Förderrichtlinien seien zu komplex, beklagen Verbände. Unternehmensvertreter fordern nun steuerliche Anreize, berichtet Carsten Hübner.

Auch die Internationale Energieagentur schlägt politische Anreize zur Förderung von grünen Technologien vor. In einem neuen Bericht zeigt die IEA, welche Sektoren ihre Produktionskapazitäten ausweiten müssen, damit Energie- und Wärmewende gelingen können. Welche Branchen schon gut aufgestellt sind und wo Nachholbedarf ist, zeigen wir in unserer Grafik der Woche.

Beste Grüße und ein schönes Wochenende!

Ihr
Nico Beckert
Bild von Nico  Beckert

Analyse

CAN Europe-Chefin: “Backlash gegen Klima- und Umweltpolitik gefährdet die EU-Demokratie”

Chiara Martinelli, Direktorin des Climate Action Network Europe

Frau Martinelli, vor fünf Jahren gab es bei den EU-Wahlen die “grüne Welle”. Jetzt hat sich die Stimmung bei Umwelt- und Klimathemen gedreht. Fürchten Sie das Wahlergebnis?

Leider sehen wir einen Backlash gegen Klima- und Energiethemen in der EU. Das wird vor allem von den Lobbys der fossilen Industrien und privaten Interessen getrieben. Das ist eine Bedrohung für die Demokratie. Denn beim Vorgehen gegen das Renaturierungsgesetz, der Regelung zu Pestiziden oder den Protesten der Landwirte gab es nach dem üblichen Vorgehen zur Konsensfindung und Beteiligung des Rates Verstöße gegen die normale Konsensfindung in der EU.

Wie zufrieden sind Sie mit dem Green Deal?

Der Green Deal ist ein bislang beispielloses Paket zu Klima- und Energiefragen. Natürlich hätte es noch besser sein können, aber wir müssen auf den Stärken aufbauen und nicht zurückgehen. Wir sehen noch Lücken in der Gesetzgebung und es braucht mehr Geld für den gerechten Übergang, um den Green Deal sozial abzufedern.

“Wir brauchen eine strategische Agenda für Investitionen”

Was wollen Sie verbessern?

Der Green Deal hat eine große Lücke, weil die EU-Agrarpolitik nicht angesprochen wird. Wir haben auch bei der Wiederherstellung der Natur noch nicht alle Möglichkeiten ausgereizt. Am wichtigsten aber: Es fehlt ein Investitionsplan, der die Maßnahmen des Green Deal umsetzt und absichert. Wir brauchen eine strategische Agenda, in der Wettbewerbsfähigkeit und Investmentplan Hand in Hand gehen und nicht gegeneinander arbeiten. Ein solcher Plan für die Umsetzung der Green Deals ist das beste Instrument für Wettbewerbsfähigkeit. Das muss der EU-Gipfel Ende Juni beschließen.

Warum gibt es jetzt diese Stimmung gegen den Green Deal? Ist die Klima- und Umweltbewegung schwächer geworden?

Nein, das denke ich nicht. Wir haben ja nach 2019 den Green Deal bekommen, weil die Jugendbewegung so stark auf der Straße war. Dann kam Covid, das hat nicht geholfen, aber es gibt auch Frustration bei der jungen Generation. Denn die EU hat nicht genug von dem geliefert, was sie gefordert haben.

“Die Bewegung kämpft anders als 2019/2020”

Vielleicht ist es auch andersherum. Weil der Green Deal und die Reform beim Emissionshandel und all die anderen Dinge durchgesetzt wurden, gibt es vielleicht nicht mehr so viel zu tun. War die Klimabewegung zu erfolgreich?

Das denke ich nicht. Erst einmal sollten wir abwarten, wie viele Menschen wir noch auf die Straße bringen. Am letzten Wochenende im Mai sind große Aktionen geplant. Die Klimabewegung kämpft heute auch anders als 2019/2020. Damals haben wir den Klimanotstand auf die Tagesordnung gesetzt. Jetzt ist die Debatte anders, es geht darum, diese Politik umzusetzen und keine Pause bei der Regulierung zu machen. Und das liegt viel mehr bei den Mitgliedsstaaten und den Menschen auf lokaler Ebene. Da merken die Menschen, was sich ändert. Es ist leichter, eine andere Politik zu fordern, als sie dann mit allen Konsequenzen umzusetzen. Das macht Veränderung nicht leichter. Und genau deshalb brauchen wir einen Investitionsplan, um das zu unterstützen.

Wenn wir auf die globale Ebene schauen: Da sind in diesem Jahr Finanzen und im nächsten Jahr die nationalen Klimapläne NDCs ein Thema. Was wird CAN da fordern?

International geht es darum, die NDCs so schnell wie möglich zu verabschieden. Und diese Pläne müssen konkret die Ergebnisse der COP28 reflektieren – also etwa den Ausstieg aus den Fossilen. Für Europa heißt das: Die EU muss endlich einen Zeitpunkt für den Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas in allen Mitgliedsstaaten festlegen. Dazu kommt die Finanzierung: Der “Loss and Damage”-Fonds hat seine Arbeit begonnen, da sehen wir Fortschritte. Aber es gibt immer noch keine Vorstellung, wie viel Geld es dafür geben wird. Als CAN fordern wir, den Fonds vor der COP29 zu füllen und bei der COP29 in Baku ein neues Ziel für die Klimafinanzierung, das NCQG, zu beschließen. Und die Klimabewegung fordert immer lauter Klimasteuern auf CO₂-Ausstoß und Reichtum. Dafür brauchen wir ein Format in der UNFCCC.

Wie viel Geld soll das neue Klimaziel fordern, das bei der COP29 beschlossen werden soll?

Das ist nicht nur eine mathematische Frage, sondern eine der Gerechtigkeit. Dafür brauchen wir einen Wandel in unserem Wirtschaftssystem, das reicht weiter als nur das neue Finanzziel. Es geht darum, dass die reichen Länder ihre Verantwortung für die ökologischen Schulden anerkennen und zurückzahlen.

“Die Klimabewegung ist nicht gespalten”

Die Klimabewegung, die das fordert, hat interne Probleme. In Dubai sorgte die Frage, wie sich die Klimabewegung zum Überfall der Hamas und dem Krieg Israels in Gaza verhält, für lange und schwierige Diskussionen. Eine tiefe Kluft vor allem zwischen deutschen NGOs und anderen Gruppen wurde deutlich. Wie gespalten ist die Klimabewegung?

Die internationale Klimabewegung ist nicht gespalten. Wir wachsen, wir halten zusammen, wir sind im Dialog und versuchen, voranzugehen. Wir setzen auf internen Dialog und arbeiten an den großen Herausforderungen, die wir auf der ganzen Welt sehen. Verglichen mit den Jahren zuvor gibt es ein viel größeres Bewusstsein in der Klimabewegung, dass wir einen Wandel im gesamten System brauchen. Wir fordern: Systemwandel statt Klimawandel. Wir können nicht nur über ökologische Veränderung oder CO₂-Reduktion reden. Das ist sehr wichtig, aber eben nur ein Teil der gesamten Veränderung, die wir brauchen, hin zu mehr Menschenrechten und Gerechtigkeit.

Wegen dieser schwierigen Debatten gab es zumindest bei den deutschen Gruppen in und nach der COP28 in Dubai eine Menge Frustration. Die Zusammenstöße zwischen pro-israelischen und pro-palästinensischen Ansichten hat die Arbeit bei der COP beeinträchtigt.

Ich sehe nur, dass die Klimabewegung über alle Länder und Kontinente so klar wie nie zuvor ist: Wir fordern Klimagerechtigkeit, Frieden und Menschenrechte überall.

Gibt es eine Definition der Klimagerechtigkeit, auf die sich alle in der Bewegung einigen können? Was bedeutet Klimagerechtigkeit mit Bezug auf Palästina?

Klimagerechtigkeit bedeutet, dass wir alle Forderungen nach Klimapolitik und Energiewende durch die Linse der Gerechtigkeit sehen. Das gilt zum Beispiel bei der Klimafinanzierung: Die muss in dem Sinne gerecht sein, dass sie den gerechten Anteil der jeweiligen Länder global und ihre historischen Emissionen berücksichtigt. Sie muss die Menschenrechte aller Menschen berücksichtigen.

“Klimagerechtigkeit bedeutet Veränderung des Systems”

Was bedeutet Klimagerechtigkeit in Bezug auf Palästina?

Klimagerechtigkeit bedeutet eine Veränderung des Systems. Wir können eine systemische Krise im ökonomischen, ökologischen und gesellschaftlichen Feld nicht nur durch Antworten aus den verschiedenen Silos beantworten. Klimagerechtigkeit heißt, klar solidarisch mit Menschen zu sein, die leiden und deren Menschenrechte verletzt werden. Unsere Lösungen für die Klimakrise müssen darin wurzeln, ein würdevolles Leben für alle zu garantieren, die finanzielle Hilfe sicherzustellen, die Verschmutzer zur Kasse zu bitten und zu verhindern, dass die verletzlichsten Gemeinschaften, die kaum etwas zur Krise beitragen, einen hohen Preis zahlen.

Wird es eine gemeinsame Haltung von CAN zur Frage Palästina/Israel geben?

CAN Europe ist wie unsere Kollegen von anderen Kontinenten solidarisch mit allen Opfern von Gewalt. Wir fordern einen sofortigen Waffenstillstand und sofortigen Zugang zu humanitärer Hilfe.

Ist die Bewegung durch diese Debatte geschwächt?

Nein, die Klimabewegung ist absolut nicht geschwächt. Das ist ein wichtiger Moment in der Geschichte der Bewegung. Wir müssen weiter wachsen in unserem Ruf nach Klimagerechtigkeit.  

Chiara Martinelli ist Direktorin des Climate Action Network Europe (CAN). Die Italienerin leitet die Koalition aus über 200 europäischen Umwelt- und Entwicklungsverbänden, die gemeinsam etwa 1700 NGOs mit ca. 40 Millionen Mitgliedern aus 40 europäischen Ländern repräsentieren.

  • COP29
  • EU-Klimapolitik
  • Klimapolitik
  • NGO
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Wärmepumpen: Wie die Unternehmen auf den Einbruch der Nachfrage reagieren

Die Nachfrage nach Wärmepumpen ging im ersten Quartal 2024 im Vergleich zum Vorjahresquartel um 52 Prozent zurück.

Die Quartalszahlen, die der Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie (BDH) vergangene Woche vorgelegt hat, markieren eine Trendwende. Nachdem der Markt für Wärmepumpen mehr als zehn Jahre lang stetig gewachsen ist, brach der Absatz im ersten Quartal 2024 im Vergleich zum Vorjahr um 52 Prozent ein. Wurden von Januar bis März 2023 noch 96.500 Wärmepumpen in Deutschland verkauft, waren es im gleichen Zeitraum dieses Jahres nur noch 46.000 Geräte.

Nach Einschätzung des BDH wird sich der negative Trend in den kommenden Monaten fortsetzen. 2023 wurden 356.000 Wärmepumpen verkauft. Für das laufende Jahr geht der Verband von weniger als 200.000 Geräten aus. Auch Michael Hilpert, Präsident des Zentralverbands Sanitär Heizung Klima (ZVSHK), rechnet mit dieser Größenordnung. “Wenn wir Glück haben, schaffen wir vielleicht zwischen 180.000 und 200.000 Geräte”, so Hilpert gegenüber dpa. Damit droht der von der Ampel-Koalition ausgerufene “beschleunigte Wärmepumpen-Hochlauf” schon kurz nach dem Start zu scheitern.

“Heiz-Hammer”-Debatte sorgt für Absatzeinbruch

Zwar war 2023 insgesamt gesehen noch ein Rekordjahr mit einem Zuwachs von über 50 Prozent. Doch die Kritik einiger Medien und der Opposition vor rund einem Jahr, bekannt als “Heiz-Hammer”-Debatte, führte zu breiter Verunsicherung. Eine lange Zeit unsichere Förderstruktur trug dazu bei. Ab Mitte des Jahres ging der monatliche Absatz zurück. Im Dezember 2023 lag er schließlich um mehr als 40 Prozent unter dem Vorjahreswert. Gleichzeitig stieg im zweiten Halbjahr 2023 der Absatz fossiler Erdgas- und Ölheizungen stark an.

“Die aktuelle Marktentwicklung ist ein Rückschlag für die Wärmewende insgesamt”, sagt BDH-Hauptgeschäftsführer Markus Staudt und macht dafür “die langwierige und öffentliche politische Debatte um den gesetzlichen Rahmen und die Fördermaßnahmen” verantwortlich. Die Heizungsindustrie hingegen habe ihre Hausaufgaben gemacht. “Im vergangenen Jahr haben die Hersteller in nie dagewesener Weise Produktionskapazitäten für Wärmepumpen in Europa mit Investitionen in Milliardenhöhe aufgebaut”, so Staudt.

Gebäudesektor verfehlt auch 2023 die CO₂-Einsparziele

Rund 18 Prozent aller Treibhausgasemissionen in Deutschland werden allein durch das Heizen und Kühlen von Gebäuden sowie die Warmwasserbereitung verursacht. Laut einer Studie des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) liegt der Anteil von Gasheizungen in Deutschland bei 45 Prozent, Öl-Zentralheizungen liegen bei 23 Prozent. Wärmepumpen haben dagegen nur einen Anteil von knapp sechs Prozent. Damit befindet sich Deutschland im europäischen Vergleich auf einem der hinteren Plätze.

Industrie reagiert mit Kurzarbeit und Rabatten

Als “extreme Herausforderung” bezeichnete ein Sprecher des Wärmepumpenherstellers Stiebel Eltron die aktuelle Marktsituation gegenüber Table.Briefings: “Wir haben unseren Teil des Abkommens mit der Politik, die Fertigungskapazitäten im Bereich Wärmepumpe massiv auszubauen, eingehalten. Von den avisierten 500.000 Wärmepumpen, die ab 2024 benötigt werden sollten, ist Deutschland jedoch sehr weit entfernt”. Daher habe die Stiebel-Eltron-Gruppe in einigen Bereichen Kurzarbeit eingeführt. Insgesamt betreffe sie etwa 2.000 der rund 2.500 Mitarbeiter.

Der deutsche Heizungsspezialist Buderus hat währenddessen eine Rabattaktion gestartet. Wer bis Ende November 2024 beim Kaffeeröster Tchibo eine Wärmepumpe der Firma kauft, erhält 1.000 Euro “Cashback”.

Investitionskosten im Vergleich gestiegen

Der aktuelle Absatzeinbruch bei Wärmepumpen ist nicht nur auf mangelndes Kundenvertrauen zurückzuführen, sondern auch auf veränderte wirtschaftliche Rahmenbedingungen. Zum einen ist der Erdgaspreis wieder gesunken. Zum anderen lahmt die Bautätigkeit aufgrund der gestiegenen Zinsen.

Laut Verbraucherzentrale betragen die Kosten einer Wärmepumpe inklusive Installation zwischen 20.000 und 50.000 Euro: “Das liegt deutlich über dem Preis der fossilen Alternativen, die aktuell noch eingebaut werden dürfen”. Der Kostenvorteil einer Wärmepumpe stelle sich erst nach einigen Betriebsjahren ein.

Neue Förderrichtlinien sind zu kompliziert

Vor diesem Hintergrund begrüßt der Bundesverband Wärmepumpe (BWP) zwar die seit Anfang des Jahres geltende Förderrichtlinie, die Zuschüsse von bis zu 70 Prozent ermöglicht. Allerdings sei sie nicht leicht zu verstehen.

“Die neue Heizungsförderung ist in vielerlei Hinsichten verbessert und sehr attraktiv, aber zu wenig bekannt und teilweise zu komplex”, sagt BWP-Geschäftsführer Martin Sabel. “Diese Rahmenbedingungen treffen auf verunsicherte Bürger, die den Überblick verloren haben, welche Regeln nun für sie gelten.” Auch eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey im Auftrag des Herstellers Vaillant ergab, dass mehr als ein Drittel der Hausbesitzer nicht über die Förderung informiert ist. Gut zwei Drittel der Befragten gaben an, dass sie abwarten wollen, ob ihre Kommune ein Fernwärmenetz baut.

Branche: Mehrwertsteuersenkung soll Markt beleben

Monetäre Aspekte spielen auch in der “Berliner Erklärung” eine wichtige Rolle. Sie wurde Ende April von Unternehmensvertretern unterzeichnet und spricht sich für “Maßnahmen zur kurzfristigen Marktbelebung” aus. Ein zentraler Hebel könnte aus ihrer Sicht die Senkung der Strom- und Mehrwertsteuer sein, um ein Verhältnis von Strom- zu Gaspreis von unter 1:2,5 zu erreichen. Erfahrungen aus anderen europäischen Ländern zeigten, dass dadurch Investitionen in erneuerbare Wärme attraktiver würden. ch

  • Energiewende
  • Wärmepumpe
  • Wärmewende

Termine

13. bis 17. Mai, München
Messe IFAT – Weltleitmesse für Umwelttechnologien
Die Messe für Wasser-, Abwasser-, Abfall- und Rohstoffwirtschaft findet in München statt. Die Circular Economy Initiative des Bundesverbands der deutschen Industrie ist Partner der Messe. Infos

14. Mai, 10 Uhr, Online
Webinar Mobilitätswende kommunzieren
Die Nationale Koordinierungsstelle der europäischen Mobilitätswoche beim Umweltbundesamt lädt zu diesem Webinar ein. Es richtet sich besonders an Kommunen. Infos

14. Mai, 14 Uhr, Online
Webinar Was kostet die Verkehrswende?
Für ein leistungsfähiges Verkehrssystem braucht es Investitionen in Fahrzeuge und Infrastruktur sowie Ausgaben für Betrieb, Personal, Energie und Wartung. Welche finanziellen Aufwendungen sind nötig, wenn das Verkehrssystem nicht nur leistungsfähig, sondern innerhalb von 20 Jahren auch klimaneutral sein soll? Diese Frage wird auf dem Webinar von Agora Verkehrswende diskutiert. Infos

15. Mai, 12 Uhr, Brüssel
Seminar Power-To-Heat – How Can it Decarbonise Heating?
Die Dekarbonisierung von Heizung und Kühlung gehört zu den zentralen Themen, um Klimaziele zu erreichen. Auf der Veranstaltung von Euractiv wird diskutiert, welche Rolle Power-To-Heat dabei spielen könnte. Infos

14. und 15. Mai, Berlin
Tagung Deutsche IPPC-Jahrestagung 2024
Dieses Jahr stehen das Arbeitsprogramm des siebten IPCC-Berichtszyklus (einschließlich einer Diskussionsgruppe zum Sonderbericht “Klimawandel und Städte”) unter der Überschrift “Der ⁠IPCC⁠ im politischen Prozess” sowie Fragen vielfältiger Beteiligung und thematischer Abdeckung im IPCC im Fokus. Infos

15. Mai, 15 Uhr, Online
Webinar Bridge Building in Baku: Towards a Transformative Climate Finance Goal
Auf dem Webinar des World Resources Institute wird diskutiert, wie der Weg zu einem “New Collective Quantified Goal” (NCQG) bis zur COP29 in Baku aussehen kann. Infos

15. Mai, Paris
Konferenz Netzintegration von Windenergie und Photovoltaik: Netzplanung, Herausforderungen und Synergien
Das “Deutsch-französische Büro für die Energiewende” organisiert diese Konferenz zur Netzintegration von Erneuerbaren. Es wird diskutiert, wie Stromnetze für das Wachstum der Erneuerbaren angepasst werden müssen. Infos

16. Mai, 14 Uhr, Online
Webinar Powering the Future: Smart Cities Leading on Climate Action
Das Webinar der Internationalen Energieagentur (IEA) stellt Climate Action in Städten in den Vordergrund. Außerdem wird der Bericht “Empowering Urban Energy Transitions” vorgestellt. Infos

16. bis 17. Mai, Berlin
Branchentreffen Nachhaltigkeit in Handel, E-Commerce & Logistik
Unter dem Motto “Nachhaltig ist das neue Profitabel” findet das Branchentreffen von Handel, E-Commerce und Logistik statt. Infos

16. und 17. Mai, Berlin
Forum German-Polish Energy Transition Forum
Wie kann eine soziale Wärmewende in Polen und Deutschland funktionieren? Dieses Forum wird durch die Deutsch-Polnische Energieplattform im Auftrag des Auswärtigen Amtes und in Partnerschaft mit der Deutsch-Polnischen Industrie- und Handelskammer sowie der Botschaft der Republik Polen in Berlin organisiert. Infos

News

Klima in Zahlen: Diese Energiewende-Industrien müssen viel mehr investieren

Eine neue Studie der Internationalen Energieagentur (IEA) zeigt: Schon heute könne die Industrie genug Solarmodule herstellen, um die benötigte Nachfrage für einen Netto-Null-Pfad im Energiesystem zu decken. Allerdings müssten zur Herstellung der Ausgangsgüter für Solarmodule – Polysilizium und Wafer – weitere Fabriken aufgebaut werden.

Im Bereich der Windkraft- und Batteriefabriken sieht es hingegen weniger positiv aus: Hier müsste die Produktionskapazität verdoppelt (Wind) oder gar verdreifacht (Batterien) werden. Der Batteriesektor hat immerhin genug neue Investitionen angekündigt, um in Zukunft so viel produzieren zu können, wie zum Erreichen der Klimaziele nötig wäre.

Auch bei Elektrolyseuren zur Herstellung von Wasserstoff gibt es zahlreiche Ankündigungen für neue Investitionen. Sollten sie alle umgesetzt werden, würde die Produktionskapazität knapp ausreichen, um ausreichend Elektrolyseure herstellen zu können.

Bei Wärmepumpen müssten die Investitionen in naher Zukunft jedoch stark erhöht werden – andernfalls könnte nur gut ein Drittel der benötigten Nachfrage gedeckt werden. nib

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  • Elektrolyseure
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  • Erneuerbare Energien
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  • Windkraft

Umfrage: Warum nur noch wenige IPCC-Forschende an das 1,5-Grad-Ziel glauben

Hunderte weltweit führende Klimaforschende befürchten eine Erderwärmung von über 2,5 Grad Celsius bis zum Ende des Jahrhunderts. Gerade einmal sechs Prozent der Befragten glaubt noch an die Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels. Das zeigt eine aktuelle Umfrage des Guardian, für die alle Klimaforscher kontaktiert wurden, die seit 2018 für den IPCC als Leitautor oder Begutachtungseditor tätig waren. 380 der 843 kontaktierten IPCC-Forschenden antworteten.

Die Hälfte der Befragten geht sogar von einem Temperaturanstieg um zumindest drei Grad Celsius im Vergleich zum vorindustriellen Niveau aus; beinahe 80 Prozent befürchten einen Anstieg um 2,5 Grad Celsius. Dementsprechend düster stellen sich viele die Zukunft vor: Hungersnöte, Konflikte, Massenmigration, angetrieben von Hitzewellen, Waldbränden, Überflutungen und Stürmen – Ereignisse, die wir heute schon sehen, die aber in Zukunft durch den Klimawandel häufiger und stärker auftreten werden.

Fossile Interessen und fehlender politischer Wille als Hauptgründe

Als Gründe für die düsteren Aussichten nannten viele den fehlenden politischen Willen, Interessen von Unternehmen – vor allem aus der fossilen Industrie – und die anhaltende Ungleichheit zwischen Reichen und Armen. Junge sowie weibliche Forschende zeigten sich dabei pessimistischer als ihre Kollegen. Kaum einen Unterschied machte es hingegen, in welchem Land jemand tätig ist.

Lisa Schipper von der Universität Bonn rechnet etwa mit einem Temperaturanstieg von mehr als drei Grad Celsius. “Hoffnung gibt mir einzig, dass ich als Lehrende dafür sorgen kann, dass die nächste Generation intelligent genug ist, um die Politik zu verstehen”, sagte sie. lb

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Erneuerbare: Warum 30 Prozent des weltweiten Stroms nun grün sind

2023 kamen erstmals mehr als 30 Prozent des Stroms weltweit aus Erneuerbaren. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Auswertung des Thinktanks Ember Climate. Grund dafür sei das Rekordwachstum bei Solar- und Windenergie, die demnach schneller wachsen als alle anderen Stromquellen in der Geschichte. Allerdings müssten die Erneuerbaren noch schneller wachsen, um das Ziel ihrer Verdreifachung bis 2030 zu erreichen. Die Stromerzeugung aus Wasserkraft fiel im vergangenen Jahr dagegen auf ein Fünfjahrestief – zurückzuführen auf Dürren unter anderem in China, Indien, Vietnam und Mexiko.

Der Rückgang bei der Wasserkraft wurde durch vermehrte Kohleverstromung ausgeglichen, was zu einem Anstieg der Emissionen im Stromsektor um ein Prozent führte. Während die Stromproduktion aus Solarenergie um 23 Prozent wuchs und die aus Windenergie um zehn Prozent, stieg Strom aus Fossilen nur um 0,8 Prozent. “Eine neue Ära des Rückgangs der Stromerzeugung aus fossilen Brennstoffen” stehe bevor, schreibt Ember in dem Bericht. Wind- und Solarenergie tragen demnach dazu bei, das Wachstum von Fossilen auszubremsen. 2023 sei wahrscheinlich das Jahr mit den höchsten Emissionen im Elektrizitätssektor gewesen, bevor sie nun wieder Jahr für Jahr sinken könnten. dpa/kul

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  • Erneuerbare Energien
  • Fossile Industrien
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Neue Regierungspläne: So lange will Australien Gas fördern

Australien setzt weiterhin auf eine langfristige Gasförderung. Die Regierung verwies bei der Vorstellung ihrer neuen Förderstrategie auf die Nachfrage wichtiger asiatischer Handelspartner. Ressourcenministerin Madeline King sagte, Gas werde “bis 2050 und darüber hinaus” im Rahmen der globalen Umstellung auf sauberere Energie benötigt. Australien ist einer der weltweit größten Exporteure von verflüssigtem Erdgas (LNG).

“Es ist klar, dass wir die Exploration, die Investitionen und die Entwicklung des Sektors fortsetzen müssen, um den Weg zu einer Netto-Nullproduktion für Australien und unsere Exportpartner zu unterstützen und einen Engpass in der Gasversorgung zu vermeiden”, sagte sie bei der Vorstellung der Future Gas Strategy der Regierung.

Australien lieferte im vergangenen Jahr rund ein Fünftel des weltweit verschifften Flüssiggases. Die größten Projekte werden von Chevron und Woodside Energy Group in Westaustralien betrieben. Die größten Abnehmer liegen in China, Japan und Südkorea. rtr/seh

  • Australien
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Studie: Warum sich Malariagebiete im Klimawandel verkleinern

Malaria wird von Anopheles-Mücken übertragen. Insgesamt entfallen 94 Prozent aller globalen Fälle auf den afrikanischen Kontinent. Eine neue Studie im Fachjournal Science kommt zu dem Ergebnis, dass künftige Malariagebiete trotz Klimawandel kleiner sein könnten, als bisher angenommen. Gleichzeitig werden aufgrund der globalen Erderwärmung die Regionen größer, in denen die Erreger mindestens neun Monate pro Jahr übertragen werden können – vor allem entlang großer Flüsse. Demnach könnten mehr Menschen an Malaria erkranken, da traditionell mehr Menschen entlang dieser Flüsse leben.

Experten bewerten die Studie als neuen, sehr hilfreichen Ansatz. Trotzdem gebe es in der Forschung viele Ungenauigkeiten. “Die Studie berücksichtigt weder die Vielfalt der malariaübertragenden Stechmückenarten, noch andere bekannte Faktoren, die die Malariaübertragung beeinflussen, einschließlich Interventionsmaßnahmen”, sagt etwa Mario Recker, Professor für Computergestützte Biologie an der Universität von Exeter. Zudem gebe es auch in den Klimavorhersagemodellen einige Unsicherheiten.

Insgesamt wird erwartet, dass sich die Verbreitungsregionen der Mücken und damit der Krankheit mit fortschreitendem Klimawandel verändern werden. Die Insekten könnten auch in Europa, Nordamerika und Teilen Chinas heimisch werden. In Teilen Afrikas dagegen könnten sich die Infektionszeiten durch zunehmende Trockenheit und Dürre verändern. seh

  • Afrika
  • Gesundheit
  • Klimawandel
  • Malaria

Direct Air Capture: So viel CO₂ filtert Climeworks mit einer neuen Anlage

Das Unternehmen Climeworks hat eine zweite kommerzielle Anlage zum Auffangen und Speichern von CO₂ aus der Atmosphäre (Direct Air Capture – DAC) in Betrieb genommen. Die Anlage werde modular gebaut. Ende 2024 soll sie komplett fertiggestellt werden und dann jährlich 36.000 Tonnen CO₂ aus der Atmosphäre entfernen können, gab das Unternehmen am Mittwoch bekannt. Damit wäre es die größte DAC-Anlage weltweit.

Die Kapazität der neuen DAC-Anlage ist dann laut Unternehmensangaben zehnmal größer als die Kapazität der ersten Anlage. Beide stehen auf Island. Das Unternehmen will ab 2030 jährlich mindestens eine Million Tonnen CO₂ auffangen und speichern. Bis 2050 sollen sogar so viele Anlagen installiert werden, dass jährlich eine Milliarde Tonnen CO₂ aufgefangen und gespeichert werden kann. Zum Vergleich: Deutschland hat 2023 noch 674 Millionen Tonnen CO₂ verursacht. Das Unternehmen ist Teil eines Konsortiums aus drei Unternehmen, das eine DAC-Anlage in den USA bauen soll und dafür öffentliche Förderung in Höhe von 50 Millionen US-Dollar erhält. nib

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  • Klimaschutz

Studie: Wie der Luftverkehr klimafreundlicher werden kann

Die Studie “Innovative Antriebe und Kraftstoffe für einen klimaverträglicheren Luftverkehr” des Büros für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB) gibt verschiedene Handlungsempfehlungen zur Verringerung der Klimaschädlichkeit der Luftfahrtindustrie. “Ein zentrales Ergebnis der Studie ist die Erkenntnis, dass ein Technologiemix notwendig erscheint, um die unterschiedlichen Potenziale der Innovationsbereiche erschließen zu können”, schreiben die Autoren der am Mittwoch veröffentlichten Studie.

Sie schlagen deshalb sowohl kurzfristige als auch mittel- und langfristige Maßnahmen vor. Zu den zunächst umsetzbaren Handlungsoptionen zählen sie unter anderem:

  • eine stärkere Nutzung nachhaltiger Flugkraftstoffe (SAF), also von Biokraftstoffen, E-Fuels und Wasserstoff,
  • die Einführung von Zertifikaten für die Nutzung von SAF,
  • die Erhebung einer Kerosinsteuer sowie
  • die Optimierung von Flugrouten.

Darüber hinaus müssten bereits jetzt die Weichen für eine weitergehende Transformation gestellt werden. Zentrale Elemente einer solchen Strategie wären:

  • die Anpassung von Standards und Normen sowie der Sicherheitszertifizierungen von bislang nicht zugelassenen SAF,
  • der Aufbau einer ausreichenden Infrastruktur und
  • die gezielte Nutzung von Potenzialen der Digitalisierung.

Luftfahrtindustrie muss klare Ziele einhalten

Die Zahl der Flugreisen nimmt weltweit zu. Zwar ist der Anteil des Luftverkehrs an den globalen Treibhausgasemissionen mit 3,5 bis fünf Prozent im Vergleich zu anderen Verkehrsträgern relativ gering. Im Hinblick auf das Ziel der Klimaneutralität bis 2050 stellt er jedoch eine große Herausforderung dar.

Jens Friedrichs, Professor am Institut für Flugantriebe und Strömungsmaschinen der TU Braunschweig, begrüßte den Ansatz der Studie, das komplexe Thema nicht nur zu analysieren, sondern auch Handlungsempfehlungen abzuleiten. “Einen Verbleib beim business as usual kann es meiner Ansicht nach nicht geben, dazu sind die nationalen und europäischen Vorgaben und Erwartungshaltungen zu klar definiert”, meint Friedrichs. ch

  • Klimaschutz
  • Luftfahrt
  • Verkehrswende

Climate.Table Redaktion

CLIMATE.TABLE REDAKTION

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    bei der anstehenden Europawahl am 9. Juni stehen Klimathemen eher im Hintergrund. Chiara Martinelli, die Chefin des Klimaschutznetzwerks CAN Europe, beklagt einen “Backlash gegen Klima- und Energiethemen”. Er sei eine Bedrohung für die Demokratie. Im Interview mit Bernhard Pötter spricht Martinelli über Lücken im Green Deal und fordert einen Investmentplan zur Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen. Solch ein Plan wäre ihr zufolge auch ein gutes Instrument, um die Wettbewerbsfähigkeit Europas zu stärken.

    Große Investitionen sind auch in der Wärmewende nötig. Doch die deutsche Wärmepumpen-Branche befürchtet für 2024 eher Stagnation. Zwar gibt es staatliche Förderung für den Umstieg auf die saubere Heiz-Alternative. Doch die Förderrichtlinien seien zu komplex, beklagen Verbände. Unternehmensvertreter fordern nun steuerliche Anreize, berichtet Carsten Hübner.

    Auch die Internationale Energieagentur schlägt politische Anreize zur Förderung von grünen Technologien vor. In einem neuen Bericht zeigt die IEA, welche Sektoren ihre Produktionskapazitäten ausweiten müssen, damit Energie- und Wärmewende gelingen können. Welche Branchen schon gut aufgestellt sind und wo Nachholbedarf ist, zeigen wir in unserer Grafik der Woche.

    Beste Grüße und ein schönes Wochenende!

    Ihr
    Nico Beckert
    Bild von Nico  Beckert

    Analyse

    CAN Europe-Chefin: “Backlash gegen Klima- und Umweltpolitik gefährdet die EU-Demokratie”

    Chiara Martinelli, Direktorin des Climate Action Network Europe

    Frau Martinelli, vor fünf Jahren gab es bei den EU-Wahlen die “grüne Welle”. Jetzt hat sich die Stimmung bei Umwelt- und Klimathemen gedreht. Fürchten Sie das Wahlergebnis?

    Leider sehen wir einen Backlash gegen Klima- und Energiethemen in der EU. Das wird vor allem von den Lobbys der fossilen Industrien und privaten Interessen getrieben. Das ist eine Bedrohung für die Demokratie. Denn beim Vorgehen gegen das Renaturierungsgesetz, der Regelung zu Pestiziden oder den Protesten der Landwirte gab es nach dem üblichen Vorgehen zur Konsensfindung und Beteiligung des Rates Verstöße gegen die normale Konsensfindung in der EU.

    Wie zufrieden sind Sie mit dem Green Deal?

    Der Green Deal ist ein bislang beispielloses Paket zu Klima- und Energiefragen. Natürlich hätte es noch besser sein können, aber wir müssen auf den Stärken aufbauen und nicht zurückgehen. Wir sehen noch Lücken in der Gesetzgebung und es braucht mehr Geld für den gerechten Übergang, um den Green Deal sozial abzufedern.

    “Wir brauchen eine strategische Agenda für Investitionen”

    Was wollen Sie verbessern?

    Der Green Deal hat eine große Lücke, weil die EU-Agrarpolitik nicht angesprochen wird. Wir haben auch bei der Wiederherstellung der Natur noch nicht alle Möglichkeiten ausgereizt. Am wichtigsten aber: Es fehlt ein Investitionsplan, der die Maßnahmen des Green Deal umsetzt und absichert. Wir brauchen eine strategische Agenda, in der Wettbewerbsfähigkeit und Investmentplan Hand in Hand gehen und nicht gegeneinander arbeiten. Ein solcher Plan für die Umsetzung der Green Deals ist das beste Instrument für Wettbewerbsfähigkeit. Das muss der EU-Gipfel Ende Juni beschließen.

    Warum gibt es jetzt diese Stimmung gegen den Green Deal? Ist die Klima- und Umweltbewegung schwächer geworden?

    Nein, das denke ich nicht. Wir haben ja nach 2019 den Green Deal bekommen, weil die Jugendbewegung so stark auf der Straße war. Dann kam Covid, das hat nicht geholfen, aber es gibt auch Frustration bei der jungen Generation. Denn die EU hat nicht genug von dem geliefert, was sie gefordert haben.

    “Die Bewegung kämpft anders als 2019/2020”

    Vielleicht ist es auch andersherum. Weil der Green Deal und die Reform beim Emissionshandel und all die anderen Dinge durchgesetzt wurden, gibt es vielleicht nicht mehr so viel zu tun. War die Klimabewegung zu erfolgreich?

    Das denke ich nicht. Erst einmal sollten wir abwarten, wie viele Menschen wir noch auf die Straße bringen. Am letzten Wochenende im Mai sind große Aktionen geplant. Die Klimabewegung kämpft heute auch anders als 2019/2020. Damals haben wir den Klimanotstand auf die Tagesordnung gesetzt. Jetzt ist die Debatte anders, es geht darum, diese Politik umzusetzen und keine Pause bei der Regulierung zu machen. Und das liegt viel mehr bei den Mitgliedsstaaten und den Menschen auf lokaler Ebene. Da merken die Menschen, was sich ändert. Es ist leichter, eine andere Politik zu fordern, als sie dann mit allen Konsequenzen umzusetzen. Das macht Veränderung nicht leichter. Und genau deshalb brauchen wir einen Investitionsplan, um das zu unterstützen.

    Wenn wir auf die globale Ebene schauen: Da sind in diesem Jahr Finanzen und im nächsten Jahr die nationalen Klimapläne NDCs ein Thema. Was wird CAN da fordern?

    International geht es darum, die NDCs so schnell wie möglich zu verabschieden. Und diese Pläne müssen konkret die Ergebnisse der COP28 reflektieren – also etwa den Ausstieg aus den Fossilen. Für Europa heißt das: Die EU muss endlich einen Zeitpunkt für den Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas in allen Mitgliedsstaaten festlegen. Dazu kommt die Finanzierung: Der “Loss and Damage”-Fonds hat seine Arbeit begonnen, da sehen wir Fortschritte. Aber es gibt immer noch keine Vorstellung, wie viel Geld es dafür geben wird. Als CAN fordern wir, den Fonds vor der COP29 zu füllen und bei der COP29 in Baku ein neues Ziel für die Klimafinanzierung, das NCQG, zu beschließen. Und die Klimabewegung fordert immer lauter Klimasteuern auf CO₂-Ausstoß und Reichtum. Dafür brauchen wir ein Format in der UNFCCC.

    Wie viel Geld soll das neue Klimaziel fordern, das bei der COP29 beschlossen werden soll?

    Das ist nicht nur eine mathematische Frage, sondern eine der Gerechtigkeit. Dafür brauchen wir einen Wandel in unserem Wirtschaftssystem, das reicht weiter als nur das neue Finanzziel. Es geht darum, dass die reichen Länder ihre Verantwortung für die ökologischen Schulden anerkennen und zurückzahlen.

    “Die Klimabewegung ist nicht gespalten”

    Die Klimabewegung, die das fordert, hat interne Probleme. In Dubai sorgte die Frage, wie sich die Klimabewegung zum Überfall der Hamas und dem Krieg Israels in Gaza verhält, für lange und schwierige Diskussionen. Eine tiefe Kluft vor allem zwischen deutschen NGOs und anderen Gruppen wurde deutlich. Wie gespalten ist die Klimabewegung?

    Die internationale Klimabewegung ist nicht gespalten. Wir wachsen, wir halten zusammen, wir sind im Dialog und versuchen, voranzugehen. Wir setzen auf internen Dialog und arbeiten an den großen Herausforderungen, die wir auf der ganzen Welt sehen. Verglichen mit den Jahren zuvor gibt es ein viel größeres Bewusstsein in der Klimabewegung, dass wir einen Wandel im gesamten System brauchen. Wir fordern: Systemwandel statt Klimawandel. Wir können nicht nur über ökologische Veränderung oder CO₂-Reduktion reden. Das ist sehr wichtig, aber eben nur ein Teil der gesamten Veränderung, die wir brauchen, hin zu mehr Menschenrechten und Gerechtigkeit.

    Wegen dieser schwierigen Debatten gab es zumindest bei den deutschen Gruppen in und nach der COP28 in Dubai eine Menge Frustration. Die Zusammenstöße zwischen pro-israelischen und pro-palästinensischen Ansichten hat die Arbeit bei der COP beeinträchtigt.

    Ich sehe nur, dass die Klimabewegung über alle Länder und Kontinente so klar wie nie zuvor ist: Wir fordern Klimagerechtigkeit, Frieden und Menschenrechte überall.

    Gibt es eine Definition der Klimagerechtigkeit, auf die sich alle in der Bewegung einigen können? Was bedeutet Klimagerechtigkeit mit Bezug auf Palästina?

    Klimagerechtigkeit bedeutet, dass wir alle Forderungen nach Klimapolitik und Energiewende durch die Linse der Gerechtigkeit sehen. Das gilt zum Beispiel bei der Klimafinanzierung: Die muss in dem Sinne gerecht sein, dass sie den gerechten Anteil der jeweiligen Länder global und ihre historischen Emissionen berücksichtigt. Sie muss die Menschenrechte aller Menschen berücksichtigen.

    “Klimagerechtigkeit bedeutet Veränderung des Systems”

    Was bedeutet Klimagerechtigkeit in Bezug auf Palästina?

    Klimagerechtigkeit bedeutet eine Veränderung des Systems. Wir können eine systemische Krise im ökonomischen, ökologischen und gesellschaftlichen Feld nicht nur durch Antworten aus den verschiedenen Silos beantworten. Klimagerechtigkeit heißt, klar solidarisch mit Menschen zu sein, die leiden und deren Menschenrechte verletzt werden. Unsere Lösungen für die Klimakrise müssen darin wurzeln, ein würdevolles Leben für alle zu garantieren, die finanzielle Hilfe sicherzustellen, die Verschmutzer zur Kasse zu bitten und zu verhindern, dass die verletzlichsten Gemeinschaften, die kaum etwas zur Krise beitragen, einen hohen Preis zahlen.

    Wird es eine gemeinsame Haltung von CAN zur Frage Palästina/Israel geben?

    CAN Europe ist wie unsere Kollegen von anderen Kontinenten solidarisch mit allen Opfern von Gewalt. Wir fordern einen sofortigen Waffenstillstand und sofortigen Zugang zu humanitärer Hilfe.

    Ist die Bewegung durch diese Debatte geschwächt?

    Nein, die Klimabewegung ist absolut nicht geschwächt. Das ist ein wichtiger Moment in der Geschichte der Bewegung. Wir müssen weiter wachsen in unserem Ruf nach Klimagerechtigkeit.  

    Chiara Martinelli ist Direktorin des Climate Action Network Europe (CAN). Die Italienerin leitet die Koalition aus über 200 europäischen Umwelt- und Entwicklungsverbänden, die gemeinsam etwa 1700 NGOs mit ca. 40 Millionen Mitgliedern aus 40 europäischen Ländern repräsentieren.

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    Wärmepumpen: Wie die Unternehmen auf den Einbruch der Nachfrage reagieren

    Die Nachfrage nach Wärmepumpen ging im ersten Quartal 2024 im Vergleich zum Vorjahresquartel um 52 Prozent zurück.

    Die Quartalszahlen, die der Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie (BDH) vergangene Woche vorgelegt hat, markieren eine Trendwende. Nachdem der Markt für Wärmepumpen mehr als zehn Jahre lang stetig gewachsen ist, brach der Absatz im ersten Quartal 2024 im Vergleich zum Vorjahr um 52 Prozent ein. Wurden von Januar bis März 2023 noch 96.500 Wärmepumpen in Deutschland verkauft, waren es im gleichen Zeitraum dieses Jahres nur noch 46.000 Geräte.

    Nach Einschätzung des BDH wird sich der negative Trend in den kommenden Monaten fortsetzen. 2023 wurden 356.000 Wärmepumpen verkauft. Für das laufende Jahr geht der Verband von weniger als 200.000 Geräten aus. Auch Michael Hilpert, Präsident des Zentralverbands Sanitär Heizung Klima (ZVSHK), rechnet mit dieser Größenordnung. “Wenn wir Glück haben, schaffen wir vielleicht zwischen 180.000 und 200.000 Geräte”, so Hilpert gegenüber dpa. Damit droht der von der Ampel-Koalition ausgerufene “beschleunigte Wärmepumpen-Hochlauf” schon kurz nach dem Start zu scheitern.

    “Heiz-Hammer”-Debatte sorgt für Absatzeinbruch

    Zwar war 2023 insgesamt gesehen noch ein Rekordjahr mit einem Zuwachs von über 50 Prozent. Doch die Kritik einiger Medien und der Opposition vor rund einem Jahr, bekannt als “Heiz-Hammer”-Debatte, führte zu breiter Verunsicherung. Eine lange Zeit unsichere Förderstruktur trug dazu bei. Ab Mitte des Jahres ging der monatliche Absatz zurück. Im Dezember 2023 lag er schließlich um mehr als 40 Prozent unter dem Vorjahreswert. Gleichzeitig stieg im zweiten Halbjahr 2023 der Absatz fossiler Erdgas- und Ölheizungen stark an.

    “Die aktuelle Marktentwicklung ist ein Rückschlag für die Wärmewende insgesamt”, sagt BDH-Hauptgeschäftsführer Markus Staudt und macht dafür “die langwierige und öffentliche politische Debatte um den gesetzlichen Rahmen und die Fördermaßnahmen” verantwortlich. Die Heizungsindustrie hingegen habe ihre Hausaufgaben gemacht. “Im vergangenen Jahr haben die Hersteller in nie dagewesener Weise Produktionskapazitäten für Wärmepumpen in Europa mit Investitionen in Milliardenhöhe aufgebaut”, so Staudt.

    Gebäudesektor verfehlt auch 2023 die CO₂-Einsparziele

    Rund 18 Prozent aller Treibhausgasemissionen in Deutschland werden allein durch das Heizen und Kühlen von Gebäuden sowie die Warmwasserbereitung verursacht. Laut einer Studie des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) liegt der Anteil von Gasheizungen in Deutschland bei 45 Prozent, Öl-Zentralheizungen liegen bei 23 Prozent. Wärmepumpen haben dagegen nur einen Anteil von knapp sechs Prozent. Damit befindet sich Deutschland im europäischen Vergleich auf einem der hinteren Plätze.

    Industrie reagiert mit Kurzarbeit und Rabatten

    Als “extreme Herausforderung” bezeichnete ein Sprecher des Wärmepumpenherstellers Stiebel Eltron die aktuelle Marktsituation gegenüber Table.Briefings: “Wir haben unseren Teil des Abkommens mit der Politik, die Fertigungskapazitäten im Bereich Wärmepumpe massiv auszubauen, eingehalten. Von den avisierten 500.000 Wärmepumpen, die ab 2024 benötigt werden sollten, ist Deutschland jedoch sehr weit entfernt”. Daher habe die Stiebel-Eltron-Gruppe in einigen Bereichen Kurzarbeit eingeführt. Insgesamt betreffe sie etwa 2.000 der rund 2.500 Mitarbeiter.

    Der deutsche Heizungsspezialist Buderus hat währenddessen eine Rabattaktion gestartet. Wer bis Ende November 2024 beim Kaffeeröster Tchibo eine Wärmepumpe der Firma kauft, erhält 1.000 Euro “Cashback”.

    Investitionskosten im Vergleich gestiegen

    Der aktuelle Absatzeinbruch bei Wärmepumpen ist nicht nur auf mangelndes Kundenvertrauen zurückzuführen, sondern auch auf veränderte wirtschaftliche Rahmenbedingungen. Zum einen ist der Erdgaspreis wieder gesunken. Zum anderen lahmt die Bautätigkeit aufgrund der gestiegenen Zinsen.

    Laut Verbraucherzentrale betragen die Kosten einer Wärmepumpe inklusive Installation zwischen 20.000 und 50.000 Euro: “Das liegt deutlich über dem Preis der fossilen Alternativen, die aktuell noch eingebaut werden dürfen”. Der Kostenvorteil einer Wärmepumpe stelle sich erst nach einigen Betriebsjahren ein.

    Neue Förderrichtlinien sind zu kompliziert

    Vor diesem Hintergrund begrüßt der Bundesverband Wärmepumpe (BWP) zwar die seit Anfang des Jahres geltende Förderrichtlinie, die Zuschüsse von bis zu 70 Prozent ermöglicht. Allerdings sei sie nicht leicht zu verstehen.

    “Die neue Heizungsförderung ist in vielerlei Hinsichten verbessert und sehr attraktiv, aber zu wenig bekannt und teilweise zu komplex”, sagt BWP-Geschäftsführer Martin Sabel. “Diese Rahmenbedingungen treffen auf verunsicherte Bürger, die den Überblick verloren haben, welche Regeln nun für sie gelten.” Auch eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey im Auftrag des Herstellers Vaillant ergab, dass mehr als ein Drittel der Hausbesitzer nicht über die Förderung informiert ist. Gut zwei Drittel der Befragten gaben an, dass sie abwarten wollen, ob ihre Kommune ein Fernwärmenetz baut.

    Branche: Mehrwertsteuersenkung soll Markt beleben

    Monetäre Aspekte spielen auch in der “Berliner Erklärung” eine wichtige Rolle. Sie wurde Ende April von Unternehmensvertretern unterzeichnet und spricht sich für “Maßnahmen zur kurzfristigen Marktbelebung” aus. Ein zentraler Hebel könnte aus ihrer Sicht die Senkung der Strom- und Mehrwertsteuer sein, um ein Verhältnis von Strom- zu Gaspreis von unter 1:2,5 zu erreichen. Erfahrungen aus anderen europäischen Ländern zeigten, dass dadurch Investitionen in erneuerbare Wärme attraktiver würden. ch

    • Energiewende
    • Wärmepumpe
    • Wärmewende

    Termine

    13. bis 17. Mai, München
    Messe IFAT – Weltleitmesse für Umwelttechnologien
    Die Messe für Wasser-, Abwasser-, Abfall- und Rohstoffwirtschaft findet in München statt. Die Circular Economy Initiative des Bundesverbands der deutschen Industrie ist Partner der Messe. Infos

    14. Mai, 10 Uhr, Online
    Webinar Mobilitätswende kommunzieren
    Die Nationale Koordinierungsstelle der europäischen Mobilitätswoche beim Umweltbundesamt lädt zu diesem Webinar ein. Es richtet sich besonders an Kommunen. Infos

    14. Mai, 14 Uhr, Online
    Webinar Was kostet die Verkehrswende?
    Für ein leistungsfähiges Verkehrssystem braucht es Investitionen in Fahrzeuge und Infrastruktur sowie Ausgaben für Betrieb, Personal, Energie und Wartung. Welche finanziellen Aufwendungen sind nötig, wenn das Verkehrssystem nicht nur leistungsfähig, sondern innerhalb von 20 Jahren auch klimaneutral sein soll? Diese Frage wird auf dem Webinar von Agora Verkehrswende diskutiert. Infos

    15. Mai, 12 Uhr, Brüssel
    Seminar Power-To-Heat – How Can it Decarbonise Heating?
    Die Dekarbonisierung von Heizung und Kühlung gehört zu den zentralen Themen, um Klimaziele zu erreichen. Auf der Veranstaltung von Euractiv wird diskutiert, welche Rolle Power-To-Heat dabei spielen könnte. Infos

    14. und 15. Mai, Berlin
    Tagung Deutsche IPPC-Jahrestagung 2024
    Dieses Jahr stehen das Arbeitsprogramm des siebten IPCC-Berichtszyklus (einschließlich einer Diskussionsgruppe zum Sonderbericht “Klimawandel und Städte”) unter der Überschrift “Der ⁠IPCC⁠ im politischen Prozess” sowie Fragen vielfältiger Beteiligung und thematischer Abdeckung im IPCC im Fokus. Infos

    15. Mai, 15 Uhr, Online
    Webinar Bridge Building in Baku: Towards a Transformative Climate Finance Goal
    Auf dem Webinar des World Resources Institute wird diskutiert, wie der Weg zu einem “New Collective Quantified Goal” (NCQG) bis zur COP29 in Baku aussehen kann. Infos

    15. Mai, Paris
    Konferenz Netzintegration von Windenergie und Photovoltaik: Netzplanung, Herausforderungen und Synergien
    Das “Deutsch-französische Büro für die Energiewende” organisiert diese Konferenz zur Netzintegration von Erneuerbaren. Es wird diskutiert, wie Stromnetze für das Wachstum der Erneuerbaren angepasst werden müssen. Infos

    16. Mai, 14 Uhr, Online
    Webinar Powering the Future: Smart Cities Leading on Climate Action
    Das Webinar der Internationalen Energieagentur (IEA) stellt Climate Action in Städten in den Vordergrund. Außerdem wird der Bericht “Empowering Urban Energy Transitions” vorgestellt. Infos

    16. bis 17. Mai, Berlin
    Branchentreffen Nachhaltigkeit in Handel, E-Commerce & Logistik
    Unter dem Motto “Nachhaltig ist das neue Profitabel” findet das Branchentreffen von Handel, E-Commerce und Logistik statt. Infos

    16. und 17. Mai, Berlin
    Forum German-Polish Energy Transition Forum
    Wie kann eine soziale Wärmewende in Polen und Deutschland funktionieren? Dieses Forum wird durch die Deutsch-Polnische Energieplattform im Auftrag des Auswärtigen Amtes und in Partnerschaft mit der Deutsch-Polnischen Industrie- und Handelskammer sowie der Botschaft der Republik Polen in Berlin organisiert. Infos

    News

    Klima in Zahlen: Diese Energiewende-Industrien müssen viel mehr investieren

    Eine neue Studie der Internationalen Energieagentur (IEA) zeigt: Schon heute könne die Industrie genug Solarmodule herstellen, um die benötigte Nachfrage für einen Netto-Null-Pfad im Energiesystem zu decken. Allerdings müssten zur Herstellung der Ausgangsgüter für Solarmodule – Polysilizium und Wafer – weitere Fabriken aufgebaut werden.

    Im Bereich der Windkraft- und Batteriefabriken sieht es hingegen weniger positiv aus: Hier müsste die Produktionskapazität verdoppelt (Wind) oder gar verdreifacht (Batterien) werden. Der Batteriesektor hat immerhin genug neue Investitionen angekündigt, um in Zukunft so viel produzieren zu können, wie zum Erreichen der Klimaziele nötig wäre.

    Auch bei Elektrolyseuren zur Herstellung von Wasserstoff gibt es zahlreiche Ankündigungen für neue Investitionen. Sollten sie alle umgesetzt werden, würde die Produktionskapazität knapp ausreichen, um ausreichend Elektrolyseure herstellen zu können.

    Bei Wärmepumpen müssten die Investitionen in naher Zukunft jedoch stark erhöht werden – andernfalls könnte nur gut ein Drittel der benötigten Nachfrage gedeckt werden. nib

    • Batterien
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    Umfrage: Warum nur noch wenige IPCC-Forschende an das 1,5-Grad-Ziel glauben

    Hunderte weltweit führende Klimaforschende befürchten eine Erderwärmung von über 2,5 Grad Celsius bis zum Ende des Jahrhunderts. Gerade einmal sechs Prozent der Befragten glaubt noch an die Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels. Das zeigt eine aktuelle Umfrage des Guardian, für die alle Klimaforscher kontaktiert wurden, die seit 2018 für den IPCC als Leitautor oder Begutachtungseditor tätig waren. 380 der 843 kontaktierten IPCC-Forschenden antworteten.

    Die Hälfte der Befragten geht sogar von einem Temperaturanstieg um zumindest drei Grad Celsius im Vergleich zum vorindustriellen Niveau aus; beinahe 80 Prozent befürchten einen Anstieg um 2,5 Grad Celsius. Dementsprechend düster stellen sich viele die Zukunft vor: Hungersnöte, Konflikte, Massenmigration, angetrieben von Hitzewellen, Waldbränden, Überflutungen und Stürmen – Ereignisse, die wir heute schon sehen, die aber in Zukunft durch den Klimawandel häufiger und stärker auftreten werden.

    Fossile Interessen und fehlender politischer Wille als Hauptgründe

    Als Gründe für die düsteren Aussichten nannten viele den fehlenden politischen Willen, Interessen von Unternehmen – vor allem aus der fossilen Industrie – und die anhaltende Ungleichheit zwischen Reichen und Armen. Junge sowie weibliche Forschende zeigten sich dabei pessimistischer als ihre Kollegen. Kaum einen Unterschied machte es hingegen, in welchem Land jemand tätig ist.

    Lisa Schipper von der Universität Bonn rechnet etwa mit einem Temperaturanstieg von mehr als drei Grad Celsius. “Hoffnung gibt mir einzig, dass ich als Lehrende dafür sorgen kann, dass die nächste Generation intelligent genug ist, um die Politik zu verstehen”, sagte sie. lb

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    Erneuerbare: Warum 30 Prozent des weltweiten Stroms nun grün sind

    2023 kamen erstmals mehr als 30 Prozent des Stroms weltweit aus Erneuerbaren. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Auswertung des Thinktanks Ember Climate. Grund dafür sei das Rekordwachstum bei Solar- und Windenergie, die demnach schneller wachsen als alle anderen Stromquellen in der Geschichte. Allerdings müssten die Erneuerbaren noch schneller wachsen, um das Ziel ihrer Verdreifachung bis 2030 zu erreichen. Die Stromerzeugung aus Wasserkraft fiel im vergangenen Jahr dagegen auf ein Fünfjahrestief – zurückzuführen auf Dürren unter anderem in China, Indien, Vietnam und Mexiko.

    Der Rückgang bei der Wasserkraft wurde durch vermehrte Kohleverstromung ausgeglichen, was zu einem Anstieg der Emissionen im Stromsektor um ein Prozent führte. Während die Stromproduktion aus Solarenergie um 23 Prozent wuchs und die aus Windenergie um zehn Prozent, stieg Strom aus Fossilen nur um 0,8 Prozent. “Eine neue Ära des Rückgangs der Stromerzeugung aus fossilen Brennstoffen” stehe bevor, schreibt Ember in dem Bericht. Wind- und Solarenergie tragen demnach dazu bei, das Wachstum von Fossilen auszubremsen. 2023 sei wahrscheinlich das Jahr mit den höchsten Emissionen im Elektrizitätssektor gewesen, bevor sie nun wieder Jahr für Jahr sinken könnten. dpa/kul

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    Neue Regierungspläne: So lange will Australien Gas fördern

    Australien setzt weiterhin auf eine langfristige Gasförderung. Die Regierung verwies bei der Vorstellung ihrer neuen Förderstrategie auf die Nachfrage wichtiger asiatischer Handelspartner. Ressourcenministerin Madeline King sagte, Gas werde “bis 2050 und darüber hinaus” im Rahmen der globalen Umstellung auf sauberere Energie benötigt. Australien ist einer der weltweit größten Exporteure von verflüssigtem Erdgas (LNG).

    “Es ist klar, dass wir die Exploration, die Investitionen und die Entwicklung des Sektors fortsetzen müssen, um den Weg zu einer Netto-Nullproduktion für Australien und unsere Exportpartner zu unterstützen und einen Engpass in der Gasversorgung zu vermeiden”, sagte sie bei der Vorstellung der Future Gas Strategy der Regierung.

    Australien lieferte im vergangenen Jahr rund ein Fünftel des weltweit verschifften Flüssiggases. Die größten Projekte werden von Chevron und Woodside Energy Group in Westaustralien betrieben. Die größten Abnehmer liegen in China, Japan und Südkorea. rtr/seh

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    Studie: Warum sich Malariagebiete im Klimawandel verkleinern

    Malaria wird von Anopheles-Mücken übertragen. Insgesamt entfallen 94 Prozent aller globalen Fälle auf den afrikanischen Kontinent. Eine neue Studie im Fachjournal Science kommt zu dem Ergebnis, dass künftige Malariagebiete trotz Klimawandel kleiner sein könnten, als bisher angenommen. Gleichzeitig werden aufgrund der globalen Erderwärmung die Regionen größer, in denen die Erreger mindestens neun Monate pro Jahr übertragen werden können – vor allem entlang großer Flüsse. Demnach könnten mehr Menschen an Malaria erkranken, da traditionell mehr Menschen entlang dieser Flüsse leben.

    Experten bewerten die Studie als neuen, sehr hilfreichen Ansatz. Trotzdem gebe es in der Forschung viele Ungenauigkeiten. “Die Studie berücksichtigt weder die Vielfalt der malariaübertragenden Stechmückenarten, noch andere bekannte Faktoren, die die Malariaübertragung beeinflussen, einschließlich Interventionsmaßnahmen”, sagt etwa Mario Recker, Professor für Computergestützte Biologie an der Universität von Exeter. Zudem gebe es auch in den Klimavorhersagemodellen einige Unsicherheiten.

    Insgesamt wird erwartet, dass sich die Verbreitungsregionen der Mücken und damit der Krankheit mit fortschreitendem Klimawandel verändern werden. Die Insekten könnten auch in Europa, Nordamerika und Teilen Chinas heimisch werden. In Teilen Afrikas dagegen könnten sich die Infektionszeiten durch zunehmende Trockenheit und Dürre verändern. seh

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    Direct Air Capture: So viel CO₂ filtert Climeworks mit einer neuen Anlage

    Das Unternehmen Climeworks hat eine zweite kommerzielle Anlage zum Auffangen und Speichern von CO₂ aus der Atmosphäre (Direct Air Capture – DAC) in Betrieb genommen. Die Anlage werde modular gebaut. Ende 2024 soll sie komplett fertiggestellt werden und dann jährlich 36.000 Tonnen CO₂ aus der Atmosphäre entfernen können, gab das Unternehmen am Mittwoch bekannt. Damit wäre es die größte DAC-Anlage weltweit.

    Die Kapazität der neuen DAC-Anlage ist dann laut Unternehmensangaben zehnmal größer als die Kapazität der ersten Anlage. Beide stehen auf Island. Das Unternehmen will ab 2030 jährlich mindestens eine Million Tonnen CO₂ auffangen und speichern. Bis 2050 sollen sogar so viele Anlagen installiert werden, dass jährlich eine Milliarde Tonnen CO₂ aufgefangen und gespeichert werden kann. Zum Vergleich: Deutschland hat 2023 noch 674 Millionen Tonnen CO₂ verursacht. Das Unternehmen ist Teil eines Konsortiums aus drei Unternehmen, das eine DAC-Anlage in den USA bauen soll und dafür öffentliche Förderung in Höhe von 50 Millionen US-Dollar erhält. nib

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    Studie: Wie der Luftverkehr klimafreundlicher werden kann

    Die Studie “Innovative Antriebe und Kraftstoffe für einen klimaverträglicheren Luftverkehr” des Büros für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB) gibt verschiedene Handlungsempfehlungen zur Verringerung der Klimaschädlichkeit der Luftfahrtindustrie. “Ein zentrales Ergebnis der Studie ist die Erkenntnis, dass ein Technologiemix notwendig erscheint, um die unterschiedlichen Potenziale der Innovationsbereiche erschließen zu können”, schreiben die Autoren der am Mittwoch veröffentlichten Studie.

    Sie schlagen deshalb sowohl kurzfristige als auch mittel- und langfristige Maßnahmen vor. Zu den zunächst umsetzbaren Handlungsoptionen zählen sie unter anderem:

    • eine stärkere Nutzung nachhaltiger Flugkraftstoffe (SAF), also von Biokraftstoffen, E-Fuels und Wasserstoff,
    • die Einführung von Zertifikaten für die Nutzung von SAF,
    • die Erhebung einer Kerosinsteuer sowie
    • die Optimierung von Flugrouten.

    Darüber hinaus müssten bereits jetzt die Weichen für eine weitergehende Transformation gestellt werden. Zentrale Elemente einer solchen Strategie wären:

    • die Anpassung von Standards und Normen sowie der Sicherheitszertifizierungen von bislang nicht zugelassenen SAF,
    • der Aufbau einer ausreichenden Infrastruktur und
    • die gezielte Nutzung von Potenzialen der Digitalisierung.

    Luftfahrtindustrie muss klare Ziele einhalten

    Die Zahl der Flugreisen nimmt weltweit zu. Zwar ist der Anteil des Luftverkehrs an den globalen Treibhausgasemissionen mit 3,5 bis fünf Prozent im Vergleich zu anderen Verkehrsträgern relativ gering. Im Hinblick auf das Ziel der Klimaneutralität bis 2050 stellt er jedoch eine große Herausforderung dar.

    Jens Friedrichs, Professor am Institut für Flugantriebe und Strömungsmaschinen der TU Braunschweig, begrüßte den Ansatz der Studie, das komplexe Thema nicht nur zu analysieren, sondern auch Handlungsempfehlungen abzuleiten. “Einen Verbleib beim business as usual kann es meiner Ansicht nach nicht geben, dazu sind die nationalen und europäischen Vorgaben und Erwartungshaltungen zu klar definiert”, meint Friedrichs. ch

    • Klimaschutz
    • Luftfahrt
    • Verkehrswende

    Climate.Table Redaktion

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