Table.Briefing: Climate

BMWK sichert Industrie-Umbau ab + Energiespeicher verteuern Chinas Energiewende + Methanausstoß stieg 2023

Liebe Leserin, lieber Leser,

besondere Dinge sind manchmal auch besonders teuer. So wie die Klimaschutzverträge, die Wirtschaftsminister Robert Habeck jetzt auf den Weg bringt: Einen mittleren zweistelligen Milliardenbetrag will die Bundesregierung bis zum Jahr insgesamt 2041 aufwenden, um Investitionen von Unternehmen in eine klimafreundliche Produktion gegen schwer vorhersagbare Energie- und CO₂-Preise abzusichern. Noch steht das Modell am Anfang. Aber wenn es funktioniert, könnte es ein Vorbild für andere Länder werden, berichtet Malte Kreutzfeldt. Vielleicht läuft es ja besonders gut.

Vor Herausforderungen steht auch die chinesische Energiewende: Das Land steckt viel Geld in Stromspeicher, um volatilen Solar- und Windstrom für alle Fälle vorrätig zu halten. Doch bisher werden die teuren Speicher kaum genutzt, schreibt Nico Beckert, und treiben so die Kosten der chinesischen Energiewende unnötig in die Höhe.

Teuer werden könnte es auch für Unternehmen, die das finanzielle Risiko von Klimaklagen unterschätzen – und das sind laut einer Studie sehr viele.

Vor dem Global Methane Forum der kommenden Woche schauen wir außerdem auf die steigenden Methanemissionen. Und wir greifen einen neuen Report auf, der den schrumpfenden Handlungsspielraum der Zivilgesellschaft weltweit beklagt, was auch deutsche Klimaproteste betrifft.

Damit Sie Ihren Handlungsspielraum gut nutzen können, bleiben wir für Sie am Ball. Bleiben Sie uns gewogen,

Ihre
Alexandra Endres
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Analyse

Klimaschutzverträge: Deutschland übernimmt eine anspruchsvolle Vorreiterrolle

Papierfabrik in Zülpich, Nordrhein-Westfalen
Industrieunternehmen mit Produktion in Deutschland können sich jetzt um Klimaschutzverträge bewerben. Papierfabrik in Zülpich, Nordrhein-Westfalen

Die Erleichterung war Robert Habeck anzumerken, als er am Dienstag den Start der Klimaschutzverträge verkündete. “Es ist wirklich was Neues, Tolles”, sagte der Bundeswirtschaftsminister. Und etwas Teures: Mit einer Summe von 23 Milliarden Euro für die kommenden Jahre stellen die Klimaschutzverträge schon jetzt den größten Posten im deutlich zusammengestrichenen Klima- und Transformationsfonds (KTF). Und in weiteren Ausschreibungen soll die Summe in den nächsten Jahren noch deutlich steigen.

Relativiert wird diese große Summe allerdings dadurch, dass die Gelder über einen Zeitraum bis 2041 ausgezahlt werden. Denn die Klimaschutzverträge, die das BMWK in den nächsten Jahren mit Unternehmen schließen wird, haben eine Laufzeit von 15 Jahren, in denen jeweils ein Teil des Zuschusses ausgezahlt wird. Die Berechnung der Finanzhilfen, die in einer am Dienstag veröffentlichten Richtlinie detailliert geregelt ist, wirkt sehr komplex, folgt jedoch einem einfachen Grundkonzept:

  • Gefördert werden die Mehrkosten, die durch die klimafreundlichere Produktionsweise entstehen.
  • Im Rahmen einer Auktion erklären die Unternehmen, wie viel Geld sie zur Abdeckung dieser Mehrkosten pro Tonne vermiedener CO₂-Emissionen benötigen. Als Vergleichsmaßstab dient dabei ein Referenzsystem, in dem für unterschiedliche Produkte die standardmäßig benötigte Energie und die dabei entstehenden Treibhausgasemissionen definiert werden. Im ersten Förderaufruf sind dazu 51 Produkte aufgelistet. Den Zuschlag bekommen jene Unternehmen, die pro eingesparter Tonne CO₂ die geringste Förderung benötigen.
  • Um zu verhindern, dass die gesamte Förderung auf einzelne Branchen entfällt, in denen die CO₂-Vermeidungskosten vergleichsweise niedrig sind, können bei den einzelnen Runden Vorgaben zur Aufteilung der Gelder auf bestimmte Sektoren gemacht werden. In der am Dienstag gestarteten ersten Runde wird sichergestellt, dass mindestens drei verschiedene Sektoren zum Zuge kommen.
  • Bei der tatsächlichen Zahlung wird später berücksichtigt, wie sich die Energiekosten im Vergleich zu den Annahmen entwickelt haben. Und der CO₂-Preis, der durch die verringerten Emissionen eingespart wird, wird ebenfalls in der Höhe gegengerechnet, die im jeweiligen Jahr tatsächlich erreicht wird.

Absicherung der Unternehmen

Faktisch stellen die Klimaschutzverträge damit eine Absicherung der Unternehmen gegen die Entwicklung bei den Energie- und CO₂-Preisen dar. Das gibt der Industrie die Sicherheit, dass sich ihre Investitionen in Klimaschutzmaßnahmen rechnen, auch wenn die Preise langsamer steigen als erwartet – und die neuen Technologien ohne Finanzhilfen noch nicht rentabel wären. Für den Staat bedeutet es dagegen Unsicherheit über die tatsächlichen Kosten der Förderung, denn diese hängt entscheidend davon ab, wie schnell der CO₂-Preis steigt – und kann dementsprechend auch noch höher ausfallen als die bisher eingeplante Summe.

Umgekehrt wird die Förderung deutlich geringer, wenn Energie- und CO₂-Preise schneller steigen. In den letzten Jahren der Vertragslaufzeit kann sich der Zahlungsstrom dadurch umkehren: Wenn die klimafreundliche Produktion günstiger ist als im Referenzsystem, müssen die Unternehmen die Extra-Gewinne an den Staat abführen. Das gilt allerdings maximal drei Jahre lang.

Deutschland als Vorreiter in der EU

Mit dem Auktionsverfahren für die Klimaschutzverträge beschreitet die Bundesregierung Neuland. Innerhalb der EU planen weitere Mitgliedstaaten ähnliche Instrumente, wollen dabei aber auf die ersten Erfahrungen in Deutschland zurückgreifen. Zudem dürften diese davon profitieren, dass Deutschland die Förderrichtlinie in einem ausführlichen Verfahren detailliert mit der EU-Kommission abgestimmt hat. Dadurch müssen die einzelnen Förderungen nicht mehr notifiziert, also mit der EU abgestimmt werden. Statt zwei Jahre auf eine Förderzusage zu warten, wie es bisher bei einer EU-Notifizierung der Fall ist, bekämen Unternehmen diese bei den Klimaschutzverträgen schon nach vier Monaten, erklärte Habeck.

Die Reaktionen auf das neue Instrument fielen fast durchgängig positiv aus. Nicht nur Industrieverbände wie der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) und der Verband der Chemischen Industrie (VCI) lobten die Klimaschutzverträge als wichtigen Schritt zur Transformation der Wirtschaft. Auch aus der Zivilgesellschaft kam Zustimmung: Germanwatch-Geschäftsführer Christoph Bals erklärte, sie seien ein “wichtiger Schritt, um Treibhausgasneutralität, zukunftsfähige Wirtschaft und gute Arbeitsplätze zusammenzubringen”, Campact-Chef Christoph Bautz sprach von einem “guten Start für das weltweite Rennen um die Clean-Tech-Industrie”.

CDU kritisiert fehlende Absprachen der Regierung

Auch die FDP, die sonst beim Klimaschutz oft einen anderen Weg vertritt als die Grünen, hat diesmal keine Einwände. Vielmehr lobte Parteivize Lukas Köhler das Instrument ausdrücklich: “Die zu erwartenden Rückzahlungen verhindern, dass Unternehmen sich von staatlichen Finanzspritzen abhängig machen”, sagte er.

Kritik kommt dagegen von Andreas Jung, dem stellvertretenden Vorsitzenden und Klimaexperten der CDU. Zwar meint auch er: “Differenzverträge können ein Baustein auf dem Weg zu einem klimaneutralen Industrieland sein.” Das Verfahren, wie diese eingeführt wurden, hält er aber für problematisch. “Obwohl die Verträge weit über die Legislaturperiode hinausreichen, gab es keinen Versuch, mit der Opposition darüber zu sprechen”, kritisierte Jung. Zudem werde die am Dienstag erstmals präsentierte Förderrichtlinie direkt umgesetzt, ohne dass es zuvor eine Expertenanhörung oder Befassung im Ausschuss gegeben habe. Ob die Klimaschutzverträge so funktionierten, wie vom BMWK dargestellt, sei darum schwer einzuschätzen.

  • Deutschland
  • Klimaschutz
  • Transformation
  • Wirtschaft
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Kaum genutzte Energiespeicher verteuern Chinas Energiewende

Batterie-Speicher in Kaschgar, China.
Batteriespeicher in Kaschgar, China. Das Land baut sehr viele Stromspeicher, auch weil die Energiewende nicht effizient organisiert wird.

Im vergangenen Jahr hat China mehr Solaranlagen (217 Gigawatt neue Kapazität) gebaut, als die USA überhaupt an Solarkraftwerken installiert haben (175 GW). Doch der chinesische Boom macht die Konstruktionsfehler des nationalen Energiesystems immer deutlicher. Laut einigen Managern aus dem Energiesektor wird China die Stromproduktion von Wind- und Solaranlagen im aktuellen Jahr viel stärker drosseln müssen als in den vorherigen Jahren.

Theoretisch könnte eine Überproduktion von Erneuerbaren durch den Stromhandel recht gut ausgeglichen werden: Weht der Wind im Westen des Landes sehr stark, könnte der Strom in den industriellen Ballungsgebieten im Osten verbraucht werden. In China wehren sich jedoch viele Provinzen gegen Stromimporte von ihren Nachbarn. Reformen des inflexiblen Strommarkts werden schon seit 20 Jahren verschleppt. Stattdessen werden nun massiv Energiespeicher aufgebaut, um die Abregelung von Erneuerbaren zu verringern, also weniger Solar- und Windkraftanlagen abschalten zu müssen, wenn sie insgesamt zu viel Strom erzeugen. Doch das verteuert die Energiewende. Und die Speicher werden bisher kaum genutzt – erfüllen ihren Zweck also kaum.

In den USA und der EU funktioniert es mit weniger Speichern

“Der massive Ausbau der Energiespeicher ist ein sehr kostspieliger Ansatz“, um Erneuerbare in China stärker ins Netz zu bringen, sagt Anders Hove, Forscher am Oxford Institute for Energy Studies zu Table.Briefings. Im Jahr 2023 lag das chinesische Wachstum bei Energiespeichern bei 45 Prozent. Insgesamt sind mittlerweile 86,5 Gigawatt an Pumpspeicherkraftwerken und Batterien installiert. Zwar sind Speicher in einem dekarbonisierten Energiesystem nötig, doch zu viele Speicher verteuern die Energiewende unnötig.

Ein besserer Stromhandel über Provinzgrenzen hinweg wäre ein günstigerer Weg, so Hove. Die Provinzen setzen bisher jedoch häufig auf die Selbstversorgung mit Strom und wollen sich ungern auf Nachbarprovinzen verlassen. Hinzu kommen wirtschaftliche Interessen: Staatliche Kraftwerksbetreiber setzen lieber auf die Kohle aus der eigenen Provinz als auf den grünen Strom vom Nachbarn. Das sichert Arbeitsplätze in den eigenen Kohlekraftwerken und -minen.

Hove verweist auch auf die EU und die USA. In diesen Regionen seien weniger Speicher nötig, weil auf “gut funktionierende Strommärkte und den Ausbau des Stromnetzes” gesetzt werde. Zwar investiert China auch massiv in sein Stromnetz. Aber das starre Strom-Handelssystem stellt eine große Herausforderung für die Energiewende dar.

Speicherausbau wird durch staatliche Vorschriften vorangetrieben

Der Ausbau der Stromspeicher wird durch staatliche Vorschriften vorangetrieben. Seit 2020 schreiben 23 der 34 chinesischen Provinzen den Bau vor, wenn neue, großflächige Wind- und Solaranlagen (“utility-scale”) gebaut werden. Die Projektentwickler – oft Netzbetreiber oder Stromerzeugungsunternehmen – müssen Energiespeicher mit einer Kapazität von zehn bis 20 Prozent der neu zu bauenden Erneuerbaren-Kapazität installieren. Das Problem: Es gibt eigentlich kein Geschäftsmodell für Energiespeicher. Zwischen 2019 und 2021 gingen die Investitionen in Speicher zurück, weil Netzbetreiber die Kosten zum Bau der Speicher nicht an ihre Kunden weitergeben dürfen. Nachdem die Regierung Preisreformen angekündigt hat, stiegen die Investitionen wieder.

Allerdings gibt es auch heute noch kein funktionierendes Geschäftsmodell. Die Preise für Strom aus Speichern sind zu gering, sodass sich Speicher kaum lohnen, schreiben die Analysten der Beratungsagentur Trivium China.

Viele Energiespeicher werden kaum genutzt

Das fehlende Geschäftsmodell führt dazu, dass die Kapazität der vorhandenen Speicher nicht ausgenutzt wird. “Die derzeitige Auslastung von Energiespeichern im Netz beträgt nur 27 bis 32 Prozent der vorgesehenen Stunden”, sagt Kevin Shang, Analyst im Bereich Energiespeichertechnologie und erneuerbare Energien bei der Energie-Beratungsfirma Wood Mackenzie. Die finanziellen Erträge seien gering, sagt Shang zu Table.Briefings. Durch die geringe Nutzung der Speicher werde ihr Zweck – mehr Flexibilität für das Stromnetz zu liefern – unterwandert.

Zudem gehen beim Speichern und anschließenden “Entleeren” der Speicher zehn bis 20 Prozent der Energie verloren, sagt Anders Hove. Solange es keinen Preismechanismus gibt, der die Produzenten für diesen Verlust entschädigt, sind Speicher ein schlechteres Geschäftsmodell, als den Strom direkt zu verkaufen. Hove kritisiert: Die Kosten der Ineffizienz des chinesischen Stromsystems “an die erneuerbaren Energien weiterzureichen – entweder durch höhere Abregelungen oder die Speicherpflicht erhöht die Kosten der Energiewende” in China.

Ein kleiner Lichtblick für die Branche: Batterien und Energiespeicher werden 2024 wohl noch günstiger. Die Batteriehersteller haben so viel investiert, dass es Überkapazitäten gibt. “Der Markt für Energiespeichersysteme wird einen gewaltigen Zufluss von Batteriezellen erleben”, schreibt ein Analyst auf X.

  • Batterien
  • China
  • Energiewende
  • Strommarkt

Termine

14. März, 9 Uhr, Hamburg/Online
Diskussion BWO Expertise Energiepolitische Weichenstellung: EU-Vorgaben für den Ausbau der Offshore-Windenergie
Der Bundesverband der Windparkbetreiber Offshore e. V. diskutiert auf dem Event über die Rahmenbedingungen zum Ausbau von Offshore-Windenergie. Infos

15. bis 17. März, Mainz
Tagung Zurück aus der Zukunft: Leben am 1,5 Grad-Limit
Wie lebt es sich am 1,5 Grad-Limit mit einem begrenzten CO₂-Budget? Forscherinnen und Forscher der Helmholtz Klima Initiative sind dieser Frage nachgegangen und haben mit dem sogenannten “Backcasting-Ansatz” eine fiktive Reise ins Jahr 2050 unternommen, in eine Zukunft, in der das Netto-Null-Emissionsziel erreicht wäre. Die Tagung der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands gibt einen detaillierten Blick auf das Backcasting-Szenario. Infos

17. März 2023
Wahlen Präsidentschaftswahlen in Russland

19. bis 20. März, Berlin/Online
Konferenz Europe 2024: Global Competitiveness – European Business Leaders Paving the Way Forward
Wie es mit dem Projekt EU weiter gehen kann, wird Thema sein beim Event “EUROPE 2024” von Die Zeit, Handelsblatt, Tagesspiegel und Wirtschaftswoche. Unter anderem Olaf Scholz und Robert Habeck sprechen auf dem Event.  Infos

19. bis 20. März, Washington/Online
Konferenz Transforming Transportation 2024: Mobilizing Finance for Climate Action
Das World Resources Institute und die Weltbank richten diese Konferenz aus. Im Zentrum steht die Finanzierung von nachhaltigem Transport. Themen werden unter anderem kohlenstoffarmer Verkehr, ein gerechter Übergang, widerstandsfähige Systeme und Infrastrukturen, integrative und sichere Mobilität und grüne Logistik sein. Infos

18. bis 21. März, Genua
Konferenz Global Methane Forum
Die Konferenz ist Teil des UN-Prozesses, Maßnahmen gegen Methan-Ausstoß zu erarbeitet. Sie wird von der Global Methane Initiative zusammen mit der United Nations Economic Comission for Europe ausgerichtet.  Infos

19. bis 20. März, Berlin
Berlin Energy Transition Dialgoue Konferenz
Zum zehnten Mal findet die wichtige Konferenz zur Energiewende im Auswärtigen Amt statt. Sie bringt politische Entscheidungsträger sowie Repräsentanten aus Wirtschaft und Zivilgesellschaft zusammen, um darüber zu diskutieren, wie eine globale Energiewende funktionieren kann. Infos

21. März, 13.30 Uhr, Berlin
Diskussion Between CBAM, equity, and ambition – finding a just way to reach climate targets
Agora Energiewende diskutiert auf diesem Event mit Vertretern von EU und Nicht-EU-Ländern über die Folgen des CBAM.  Infos

21. bis 24. März, Leipzig
Messe Klimabuchmesse
Parallel zur Leipziger Buchmesse findet, ebenfalls in Leipzig, die Klimabuchmesse statt. Sie stellt Literatur und Sachbücher zum Thema “Klima” in den Mittelpunkt. Auch gibt es ein breites Rahmenprogramm. Infos

21. bis 22. März, Kopenhangen
Ministertreffen Copenhagen Climate Ministerial
Auf dem Ministerial werden rund 40 führende Klimaschützer und Minister aus der ganzen Welt zusammenkommen, um sich für Klimaschutzmaßnahmen und ein ehrgeiziges Ergebnis der COP29 einzusetzen. Der Schwerpunkt wird auf der Umsetzung der Verpflichtungen der COP28 liegen. Gleichzeitig sollen die Weichen für COP29 in Aserbaidschan im November gestellt werden. Infos

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News

Klima in Zahlen: Unternehmen vernachlässigen Risiko von Klimaklagen

Klimaklagen sind im Kommen und könnten in Zukunft noch viel häufiger als Instrument für mehr Klimaschutz genutzt werden. “Wenn die Risiken des Klimawandels zunehmen” und “sich die Beweise für den Klimawandel weiterentwickeln” dürfte auch die Zahl von Klimaklagen steigen, heißt es in einer in der Fachzeitschrift “Science” erschienenen Studie. Unternehmen müssten das in ihrer Risikoabschätzung stärker berücksichtigen als bisher, raten die Autoren.

Wenn Unternehmen die finanziellen Risiken des Klimawandels für das eigene Geschäft einschätzen, tun sie das bisher üblicherweise in der Regel auf der Grundlage von physischen Risiken – beispielsweise Ernteausfälle oder Lieferkettenunterbrechungen durch Wetterkatastrophen. Oder auf Basis von Übergangsrisiken durch den Wandel hin zu einer klimafreundlicheren Wirtschaftsform. Dabei vernachlässigen sie derzeit noch das Risiko von Klimaklagen, wie der Artikel zeigt.

Die Science-Studie zählt bisher mehr als 2.485 Klimaklagen in 52 nationalen Gerichtsbarkeiten weltweit, vor allem in den USA. Die meisten richten sich gegen Staaten, doch Klimaklagen gegen Unternehmen nehmen zu. Sie können zum Ziel haben, die Firmen zu niedrigeren Emissionen zu verpflichten, und sie richten sich nicht nur gegen Öl-, Kohle- oder Gasfirmen: So klagte die Umweltorganisation Milieudefensie im Januar in den Niederlanden gegen die ING Diba, weil diese “der einflussreichste Bankier der Klimakrise” sei. Die Bank konterte: Ihre Aktivitäten würden schlicht die globale Wirtschaft reflektieren. In der Vergangenheit waren niederländische Klimaklagen – ob gegen die Regierung oder gegen Unternehmen wie Shell – oft Vorbild für Klagen in anderen Ländern. ae

  • Klimaklagen
  • Unternehmen
  • Wirtschaft

Methan-Emissionen trotz Industrieversprechen fast auf Rekordniveau

Die Methan-Emissionen des Energiesektors bleiben auf einem sehr hohen Level – trotz einer Reihe von Zusagen der Öl- und Gasindustrie, Lecks zu beheben und undichte Infrastruktur erneuern zu wollen. Das geht aus einem neuen Bericht der Internationalen Energieagentur (IEA) vom Mittwoch hervor. Durch die Produktion und Nutzung fossiler Brennstoffe gelangten im vergangenen Jahr 118 Millionen Tonnen Methan in die Atmosphäre – ein leichter Anstieg gegenüber 2022. Im Rekordjahr 2019 lag der Wert bei 119 Millionen Tonnen. Die Zahl großer Methan-Austritte aus undichten Infrastrukturen für fossile Brennstoffe stiegen 2023 im Vergleich zum Vorjahr um 50 Prozent an.

Im vergangenen Jahr hatten sich auf dem Klimagipfel (COP28) in Dubai 50 Öl- und Gasfirmen zur Oil and Gas Decarbonization Charter zusammengeschlossen, um ihre Methan-Emissionen auf “fast null” zu senken und das routinemäßige Abfackeln von Gas zu beenden. Schon in den Jahren zuvor hatten sich zahlreiche Unternehmen zu freiwilliger Methan-Reduktion bekannt. NGOs kritisieren diese Initiativen, weil die Fortschritte bei der Reduktion der Methan-Emissionen zu langsam seien und strenge Maßnahmen zur Überprüfung fehlten.

Hoffnung auf Satelliten, USA mit hohen Emissionen

Künftig sollen Methan-Lecks mithilfe von Satelliten besser erkannt und überwacht werden. Anfang März wurde der Satellit MethaneSAT in seine Umlaufbahn gebracht. Er soll detailliertere Daten liefern und ein viel größeres Sichtfeld haben als bisherige Satelliten zur Methan-Erkennung. “2024 wird ein Wendepunkt für Maßnahmen und Transparenz in Bezug auf Methan sein“, sagte Christophe McGlade, Leiter des Bereichs Energieversorgung bei der IEA.

Wie wichtig die genaue Erfassung und Messung von Methan-Austritten ist, zeigt eine neue Nature-Studie. Sie belegt, dass in sechs Förderregionen in den USA fast drei Prozent des geförderten Gases austreten – dreimal mehr als von der US-Regierung bislang angenommen. Die Messungen für die Studie wurden 2020 und 2021 vorgenommen. Das war vor Verabschiedung des Global Methane Pledge, mit dem über 155 Mitgliedsstaaten die Methan-Emissionen bis 2030 um 30 Prozent senken wollen. nib/rtr

  • IEA
  • Methan
  • Treibhausgase
  • Wirtschaft

Deutsche Vermögensverwalter investieren 28 Milliarden US-Dollar klimaschädlich

Die vier größten deutschen Fondsgesellschaften haben trotz gegenteiliger Versprechen noch immer viele Milliarden US-Dollar in Unternehmen im Bereich der fossilen Energien angelegt. Zu diesem Ergebnis kommt ein aktueller Bericht der NGO Greenpeace. Die deutschen Fondsgesellschaften investieren beispielsweise noch immer Geld in Kohleunternehmen, die keine Ausstiegspläne haben, und halten weiterhin Investments in Öl- und Gasfirmen, die ihre Förderung ausweiten wollen.

DWS, Allianz Global, Deka und Union Investment verwalten zusammen mehr als zwei Billionen US-Dollar und haben sich im Zuge der Net Zero Asset Managers Initiative verpflichtet, ihren Beitrag zur Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels zu leisten. Zusammen halten die Vermögensverwalter laut Greenpeace jedoch noch immer 28 Milliarden US-Dollar an Investments in klimaschädlichen Unternehmen. Das sind drei Milliarden US-Dollar weniger als 2022. Greenpeace zufolge sei die Reduktion aber nicht eine Folge von Klimaschutzambitionen der Fondsgesellschaften. Vielmehr sei dieses Abziehen von Investments aus finanziellen Motiven geschehen. Grundlage für die Auswertung ist die Datenbank “Investing in Climate Chaos”.

Die meisten schmutzigen Anlagen hält laut Bericht der Vermögensverwalter DWS, ein Tochterunternehmen der Deutschen Bank. Die DWS hält 16,8 Milliarden US-Dollar an Investments in Firmen aus dem fossilen Energiesektor. Die genossenschaftliche Union Investment hat dagegen das geringste Engagement in Kohleunternehmen, was sich als Erfolg ihrer vergleichsweise strengen Anlagerichtlinie interpretieren lässt. Im Januar hatte bereits die Europäische Zentralbank (EZB) analysiert, dass neun von zehn Banken ihre Investments nicht im Einklang mit dem Pariser Abkommen tätigen. kul

  • ESG-Investments
  • Finanzen
  • Investitionen
  • Union Investment

Viele Unternehmen haben keine Pläne zur Reduktion von Flugreisen

271 von 328 multinationalen Unternehmen haben keine konkreten Pläne zur Verringerung der CO₂-Emissionen, die durch Flugreisen ihrer Mitarbeitenden entstehen. Das zeigt eine Analyse der europäischen NGO Transport & Environment. Gleichzeitig verursachten 25 Unternehmen ohne konkrete Ziele über ein Drittel aller Emissionen der Firmen im Ranking.

Die NGO fordert deshalb Regierungen auf, Unternehmen zwingende Vorgaben zur Reduzierung der Emissionen durch Geschäftsreisen zu machen. Zudem sollten sie verpflichtet werden, über die Klimaauswirkungen der Reisen zu berichten und entsprechende Emissionsreduktionsziele in ihren Transformationsplänen zu formulieren.

Laut der Analyse haben sich 57 Firmen verpflichtet, ihren Treibhausgasausstoß zu reduzieren, 45 davon mit einem spezifischen Ziel, zwölf speziell mit Bezug auf Flugreisen. Aber nur fünf Unternehmen erhielten die höchste Wertung: Sie legten ihre Flugemissionen offen und streben eine Reduzierung von 50 Prozent oder mehr bis 2025 an. nh

  • Flugverkehr
  • Transformation
  • Verkehrswende

“Unverhältnismäßig harte Umgang”: Bericht sieht Recht auf Klimaprotest in Deutschland “beeinträchtigt”

Die Ausübung der Grundrechte, etwa Versammlungs-, Vereinigungs- oder Meinungsfreiheit, ist in Deutschland erstmals nur “beeinträchtigt” möglich. Zu dem Schluss kommt der am Mittwoch veröffentlichte Atlas der Zivilgesellschaft des evangelischen Hilfswerks Brot für die Welt. Frühere Ausgaben des Atlas hatten Deutschland noch als “offene Gesellschaft” bewertet.

Als ein Grund für die Herabstufung wird der “unverhältnismäßig harte Umgang mit einigen Klimaprotesten” genannt. So seien Mitglieder der “Letzten Generation” teils mit “langer, menschenrechtlich umstrittener Präventivhaft” belegt worden, und Gerichte hätten Gefängnisstrafen ohne Bewährung verhängt. Ein weiterer Grund ist, dass “Medienschaffende […] nicht ausreichend vor Gewalt auf Demonstrationen geschützt” worden seien.

Sieben Länder herabgestuft

Deutschland ist eines von sieben Ländern, die im aktuellen Report herabgestuft wurden. Demgegenüber stehen fünf Länder, die sich verbessert haben, vier davon in Afrika.

Laut Report leben:

  • 2,1 Prozent der Menschen in offenen Gesellschaften (u. a. Österreich, Schweiz)
  • 12,1 Prozent in Ländern, in denen der Handlungsspielraum für die Zivilgesellschaft beeinträchtigt ist (u. a. Deutschland, USA)
  • 14,8 Prozent in Ländern mit beschränktem Handlungsspielraum (u. a. Brasilien, Großbritannien)
  • 40,3 Prozent in Ländern mit unterdrücktem Handlungsspielraum (u. a. Äthiopien, Türkei)
  • 30,6 Prozent in Ländern ohne zivilgesellschaftlichen Handlungsspielraum (u. a. Aserbaidschan, China, Russland)

Dem Atlas zufolge gerät die Zivilgesellschaft weltweit immer mehr unter Druck. Das Engagement für die Umwelt kann dabei tödlich sein: Der NGO Global Witness zufolge, auf deren Daten sich Brot für die Welt im Atlas bezieht, wurden 2022 weltweit 177 Umweltschützerinnen und Umweltschützer ermordet – vor allem in Lateinamerika. Daten für 2023 liegen noch nicht vor. Mehr als ein Drittel der Mordopfer waren demnach Indigene. Oft bleiben die Taten ungeklärt und damit ungestraft. lb

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  • Klima & Umwelt
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Klimarisiken: EU-Kommission will Klarheit über Verantwortlichkeiten

Die EU-Kommission hat am Dienstag eine Strategie vorgestellt, um die Probleme der mangelnden Klimaresilienz Europas anzugehen. Sie reagiert damit auf den am Montag erschienenen Bericht der Europäischen Umweltagentur (EEA) über zunehmende Klimarisiken in Europa. In ihrer Mitteilung arbeitet sie folgende Handlungsfelder heraus:

  • Verbesserte Governance: Mitgliedstaaten sollen die Verantwortlichen für Klimarisiken (“risk owners”) identifizieren und ihnen Ressourcen zur Verfügung stellen, die Resilienz zu erhöhen.
  • Strukturpolitische Maßnahmen: Klimarisiken sollen sektorübergreifend besser koordiniert und in Strategien einbezogen werden, etwa in der Raumplanung, im Bau neuer Infrastrukturen, im Katastrophenmanagement und in Solidaritätsmechanismen auf EU-Ebene.
  • Finanzierung von Klimaresilienz: Die Kommission will Mitgliedstaaten finanziell unterstützen, um Klimarisiken zu minimieren. Industrie sowie öffentliche und private Finanzinstitute sollen in einer Arbeitsgruppe an Finanzierungsmöglichkeiten arbeiten.

Mangelhafte Umsetzung in den Mitgliedstaaten

Insbesondere die Zuständigkeiten für die Minimierung von Klimarisiken scheinen bislang ungeklärt zu sein. Die Kommission will die Verantwortlichkeiten zwischen EU und Mitgliedstaaten prüfen, da diese je nach Politikbereich variieren. Es gebe etwa Mängel bei der Umsetzung in den Mitgliedstaaten, schreibt die Kommission. Sie fordert Verbesserungen und ganz konkret, “bestehende Verpflichtungen zu Klimaanpassung in vollem Umfang umzusetzen”.

In Deutschland soll das erste Bundesgesetz für Klimaanpassung diese als zentrale Aufgabe aller staatlichen Ebenen gesetzlich verankern, sagt Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne). Zudem arbeite die Bundesregierung an einer neuen “vorsorgenden Klimaanpassungsstrategie”, die noch in diesem Jahr vorgestellt werden soll. luk

  • Europäische Kommission

Climate.Table Redaktion

CLIMATE.TABLE REDAKTION

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    Vor Herausforderungen steht auch die chinesische Energiewende: Das Land steckt viel Geld in Stromspeicher, um volatilen Solar- und Windstrom für alle Fälle vorrätig zu halten. Doch bisher werden die teuren Speicher kaum genutzt, schreibt Nico Beckert, und treiben so die Kosten der chinesischen Energiewende unnötig in die Höhe.

    Teuer werden könnte es auch für Unternehmen, die das finanzielle Risiko von Klimaklagen unterschätzen – und das sind laut einer Studie sehr viele.

    Vor dem Global Methane Forum der kommenden Woche schauen wir außerdem auf die steigenden Methanemissionen. Und wir greifen einen neuen Report auf, der den schrumpfenden Handlungsspielraum der Zivilgesellschaft weltweit beklagt, was auch deutsche Klimaproteste betrifft.

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    Klimaschutzverträge: Deutschland übernimmt eine anspruchsvolle Vorreiterrolle

    Papierfabrik in Zülpich, Nordrhein-Westfalen
    Industrieunternehmen mit Produktion in Deutschland können sich jetzt um Klimaschutzverträge bewerben. Papierfabrik in Zülpich, Nordrhein-Westfalen

    Die Erleichterung war Robert Habeck anzumerken, als er am Dienstag den Start der Klimaschutzverträge verkündete. “Es ist wirklich was Neues, Tolles”, sagte der Bundeswirtschaftsminister. Und etwas Teures: Mit einer Summe von 23 Milliarden Euro für die kommenden Jahre stellen die Klimaschutzverträge schon jetzt den größten Posten im deutlich zusammengestrichenen Klima- und Transformationsfonds (KTF). Und in weiteren Ausschreibungen soll die Summe in den nächsten Jahren noch deutlich steigen.

    Relativiert wird diese große Summe allerdings dadurch, dass die Gelder über einen Zeitraum bis 2041 ausgezahlt werden. Denn die Klimaschutzverträge, die das BMWK in den nächsten Jahren mit Unternehmen schließen wird, haben eine Laufzeit von 15 Jahren, in denen jeweils ein Teil des Zuschusses ausgezahlt wird. Die Berechnung der Finanzhilfen, die in einer am Dienstag veröffentlichten Richtlinie detailliert geregelt ist, wirkt sehr komplex, folgt jedoch einem einfachen Grundkonzept:

    • Gefördert werden die Mehrkosten, die durch die klimafreundlichere Produktionsweise entstehen.
    • Im Rahmen einer Auktion erklären die Unternehmen, wie viel Geld sie zur Abdeckung dieser Mehrkosten pro Tonne vermiedener CO₂-Emissionen benötigen. Als Vergleichsmaßstab dient dabei ein Referenzsystem, in dem für unterschiedliche Produkte die standardmäßig benötigte Energie und die dabei entstehenden Treibhausgasemissionen definiert werden. Im ersten Förderaufruf sind dazu 51 Produkte aufgelistet. Den Zuschlag bekommen jene Unternehmen, die pro eingesparter Tonne CO₂ die geringste Förderung benötigen.
    • Um zu verhindern, dass die gesamte Förderung auf einzelne Branchen entfällt, in denen die CO₂-Vermeidungskosten vergleichsweise niedrig sind, können bei den einzelnen Runden Vorgaben zur Aufteilung der Gelder auf bestimmte Sektoren gemacht werden. In der am Dienstag gestarteten ersten Runde wird sichergestellt, dass mindestens drei verschiedene Sektoren zum Zuge kommen.
    • Bei der tatsächlichen Zahlung wird später berücksichtigt, wie sich die Energiekosten im Vergleich zu den Annahmen entwickelt haben. Und der CO₂-Preis, der durch die verringerten Emissionen eingespart wird, wird ebenfalls in der Höhe gegengerechnet, die im jeweiligen Jahr tatsächlich erreicht wird.

    Absicherung der Unternehmen

    Faktisch stellen die Klimaschutzverträge damit eine Absicherung der Unternehmen gegen die Entwicklung bei den Energie- und CO₂-Preisen dar. Das gibt der Industrie die Sicherheit, dass sich ihre Investitionen in Klimaschutzmaßnahmen rechnen, auch wenn die Preise langsamer steigen als erwartet – und die neuen Technologien ohne Finanzhilfen noch nicht rentabel wären. Für den Staat bedeutet es dagegen Unsicherheit über die tatsächlichen Kosten der Förderung, denn diese hängt entscheidend davon ab, wie schnell der CO₂-Preis steigt – und kann dementsprechend auch noch höher ausfallen als die bisher eingeplante Summe.

    Umgekehrt wird die Förderung deutlich geringer, wenn Energie- und CO₂-Preise schneller steigen. In den letzten Jahren der Vertragslaufzeit kann sich der Zahlungsstrom dadurch umkehren: Wenn die klimafreundliche Produktion günstiger ist als im Referenzsystem, müssen die Unternehmen die Extra-Gewinne an den Staat abführen. Das gilt allerdings maximal drei Jahre lang.

    Deutschland als Vorreiter in der EU

    Mit dem Auktionsverfahren für die Klimaschutzverträge beschreitet die Bundesregierung Neuland. Innerhalb der EU planen weitere Mitgliedstaaten ähnliche Instrumente, wollen dabei aber auf die ersten Erfahrungen in Deutschland zurückgreifen. Zudem dürften diese davon profitieren, dass Deutschland die Förderrichtlinie in einem ausführlichen Verfahren detailliert mit der EU-Kommission abgestimmt hat. Dadurch müssen die einzelnen Förderungen nicht mehr notifiziert, also mit der EU abgestimmt werden. Statt zwei Jahre auf eine Förderzusage zu warten, wie es bisher bei einer EU-Notifizierung der Fall ist, bekämen Unternehmen diese bei den Klimaschutzverträgen schon nach vier Monaten, erklärte Habeck.

    Die Reaktionen auf das neue Instrument fielen fast durchgängig positiv aus. Nicht nur Industrieverbände wie der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) und der Verband der Chemischen Industrie (VCI) lobten die Klimaschutzverträge als wichtigen Schritt zur Transformation der Wirtschaft. Auch aus der Zivilgesellschaft kam Zustimmung: Germanwatch-Geschäftsführer Christoph Bals erklärte, sie seien ein “wichtiger Schritt, um Treibhausgasneutralität, zukunftsfähige Wirtschaft und gute Arbeitsplätze zusammenzubringen”, Campact-Chef Christoph Bautz sprach von einem “guten Start für das weltweite Rennen um die Clean-Tech-Industrie”.

    CDU kritisiert fehlende Absprachen der Regierung

    Auch die FDP, die sonst beim Klimaschutz oft einen anderen Weg vertritt als die Grünen, hat diesmal keine Einwände. Vielmehr lobte Parteivize Lukas Köhler das Instrument ausdrücklich: “Die zu erwartenden Rückzahlungen verhindern, dass Unternehmen sich von staatlichen Finanzspritzen abhängig machen”, sagte er.

    Kritik kommt dagegen von Andreas Jung, dem stellvertretenden Vorsitzenden und Klimaexperten der CDU. Zwar meint auch er: “Differenzverträge können ein Baustein auf dem Weg zu einem klimaneutralen Industrieland sein.” Das Verfahren, wie diese eingeführt wurden, hält er aber für problematisch. “Obwohl die Verträge weit über die Legislaturperiode hinausreichen, gab es keinen Versuch, mit der Opposition darüber zu sprechen”, kritisierte Jung. Zudem werde die am Dienstag erstmals präsentierte Förderrichtlinie direkt umgesetzt, ohne dass es zuvor eine Expertenanhörung oder Befassung im Ausschuss gegeben habe. Ob die Klimaschutzverträge so funktionierten, wie vom BMWK dargestellt, sei darum schwer einzuschätzen.

    • Deutschland
    • Klimaschutz
    • Transformation
    • Wirtschaft
    Translation missing.

    Kaum genutzte Energiespeicher verteuern Chinas Energiewende

    Batterie-Speicher in Kaschgar, China.
    Batteriespeicher in Kaschgar, China. Das Land baut sehr viele Stromspeicher, auch weil die Energiewende nicht effizient organisiert wird.

    Im vergangenen Jahr hat China mehr Solaranlagen (217 Gigawatt neue Kapazität) gebaut, als die USA überhaupt an Solarkraftwerken installiert haben (175 GW). Doch der chinesische Boom macht die Konstruktionsfehler des nationalen Energiesystems immer deutlicher. Laut einigen Managern aus dem Energiesektor wird China die Stromproduktion von Wind- und Solaranlagen im aktuellen Jahr viel stärker drosseln müssen als in den vorherigen Jahren.

    Theoretisch könnte eine Überproduktion von Erneuerbaren durch den Stromhandel recht gut ausgeglichen werden: Weht der Wind im Westen des Landes sehr stark, könnte der Strom in den industriellen Ballungsgebieten im Osten verbraucht werden. In China wehren sich jedoch viele Provinzen gegen Stromimporte von ihren Nachbarn. Reformen des inflexiblen Strommarkts werden schon seit 20 Jahren verschleppt. Stattdessen werden nun massiv Energiespeicher aufgebaut, um die Abregelung von Erneuerbaren zu verringern, also weniger Solar- und Windkraftanlagen abschalten zu müssen, wenn sie insgesamt zu viel Strom erzeugen. Doch das verteuert die Energiewende. Und die Speicher werden bisher kaum genutzt – erfüllen ihren Zweck also kaum.

    In den USA und der EU funktioniert es mit weniger Speichern

    “Der massive Ausbau der Energiespeicher ist ein sehr kostspieliger Ansatz“, um Erneuerbare in China stärker ins Netz zu bringen, sagt Anders Hove, Forscher am Oxford Institute for Energy Studies zu Table.Briefings. Im Jahr 2023 lag das chinesische Wachstum bei Energiespeichern bei 45 Prozent. Insgesamt sind mittlerweile 86,5 Gigawatt an Pumpspeicherkraftwerken und Batterien installiert. Zwar sind Speicher in einem dekarbonisierten Energiesystem nötig, doch zu viele Speicher verteuern die Energiewende unnötig.

    Ein besserer Stromhandel über Provinzgrenzen hinweg wäre ein günstigerer Weg, so Hove. Die Provinzen setzen bisher jedoch häufig auf die Selbstversorgung mit Strom und wollen sich ungern auf Nachbarprovinzen verlassen. Hinzu kommen wirtschaftliche Interessen: Staatliche Kraftwerksbetreiber setzen lieber auf die Kohle aus der eigenen Provinz als auf den grünen Strom vom Nachbarn. Das sichert Arbeitsplätze in den eigenen Kohlekraftwerken und -minen.

    Hove verweist auch auf die EU und die USA. In diesen Regionen seien weniger Speicher nötig, weil auf “gut funktionierende Strommärkte und den Ausbau des Stromnetzes” gesetzt werde. Zwar investiert China auch massiv in sein Stromnetz. Aber das starre Strom-Handelssystem stellt eine große Herausforderung für die Energiewende dar.

    Speicherausbau wird durch staatliche Vorschriften vorangetrieben

    Der Ausbau der Stromspeicher wird durch staatliche Vorschriften vorangetrieben. Seit 2020 schreiben 23 der 34 chinesischen Provinzen den Bau vor, wenn neue, großflächige Wind- und Solaranlagen (“utility-scale”) gebaut werden. Die Projektentwickler – oft Netzbetreiber oder Stromerzeugungsunternehmen – müssen Energiespeicher mit einer Kapazität von zehn bis 20 Prozent der neu zu bauenden Erneuerbaren-Kapazität installieren. Das Problem: Es gibt eigentlich kein Geschäftsmodell für Energiespeicher. Zwischen 2019 und 2021 gingen die Investitionen in Speicher zurück, weil Netzbetreiber die Kosten zum Bau der Speicher nicht an ihre Kunden weitergeben dürfen. Nachdem die Regierung Preisreformen angekündigt hat, stiegen die Investitionen wieder.

    Allerdings gibt es auch heute noch kein funktionierendes Geschäftsmodell. Die Preise für Strom aus Speichern sind zu gering, sodass sich Speicher kaum lohnen, schreiben die Analysten der Beratungsagentur Trivium China.

    Viele Energiespeicher werden kaum genutzt

    Das fehlende Geschäftsmodell führt dazu, dass die Kapazität der vorhandenen Speicher nicht ausgenutzt wird. “Die derzeitige Auslastung von Energiespeichern im Netz beträgt nur 27 bis 32 Prozent der vorgesehenen Stunden”, sagt Kevin Shang, Analyst im Bereich Energiespeichertechnologie und erneuerbare Energien bei der Energie-Beratungsfirma Wood Mackenzie. Die finanziellen Erträge seien gering, sagt Shang zu Table.Briefings. Durch die geringe Nutzung der Speicher werde ihr Zweck – mehr Flexibilität für das Stromnetz zu liefern – unterwandert.

    Zudem gehen beim Speichern und anschließenden “Entleeren” der Speicher zehn bis 20 Prozent der Energie verloren, sagt Anders Hove. Solange es keinen Preismechanismus gibt, der die Produzenten für diesen Verlust entschädigt, sind Speicher ein schlechteres Geschäftsmodell, als den Strom direkt zu verkaufen. Hove kritisiert: Die Kosten der Ineffizienz des chinesischen Stromsystems “an die erneuerbaren Energien weiterzureichen – entweder durch höhere Abregelungen oder die Speicherpflicht erhöht die Kosten der Energiewende” in China.

    Ein kleiner Lichtblick für die Branche: Batterien und Energiespeicher werden 2024 wohl noch günstiger. Die Batteriehersteller haben so viel investiert, dass es Überkapazitäten gibt. “Der Markt für Energiespeichersysteme wird einen gewaltigen Zufluss von Batteriezellen erleben”, schreibt ein Analyst auf X.

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    Termine

    14. März, 9 Uhr, Hamburg/Online
    Diskussion BWO Expertise Energiepolitische Weichenstellung: EU-Vorgaben für den Ausbau der Offshore-Windenergie
    Der Bundesverband der Windparkbetreiber Offshore e. V. diskutiert auf dem Event über die Rahmenbedingungen zum Ausbau von Offshore-Windenergie. Infos

    15. bis 17. März, Mainz
    Tagung Zurück aus der Zukunft: Leben am 1,5 Grad-Limit
    Wie lebt es sich am 1,5 Grad-Limit mit einem begrenzten CO₂-Budget? Forscherinnen und Forscher der Helmholtz Klima Initiative sind dieser Frage nachgegangen und haben mit dem sogenannten “Backcasting-Ansatz” eine fiktive Reise ins Jahr 2050 unternommen, in eine Zukunft, in der das Netto-Null-Emissionsziel erreicht wäre. Die Tagung der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands gibt einen detaillierten Blick auf das Backcasting-Szenario. Infos

    17. März 2023
    Wahlen Präsidentschaftswahlen in Russland

    19. bis 20. März, Berlin/Online
    Konferenz Europe 2024: Global Competitiveness – European Business Leaders Paving the Way Forward
    Wie es mit dem Projekt EU weiter gehen kann, wird Thema sein beim Event “EUROPE 2024” von Die Zeit, Handelsblatt, Tagesspiegel und Wirtschaftswoche. Unter anderem Olaf Scholz und Robert Habeck sprechen auf dem Event.  Infos

    19. bis 20. März, Washington/Online
    Konferenz Transforming Transportation 2024: Mobilizing Finance for Climate Action
    Das World Resources Institute und die Weltbank richten diese Konferenz aus. Im Zentrum steht die Finanzierung von nachhaltigem Transport. Themen werden unter anderem kohlenstoffarmer Verkehr, ein gerechter Übergang, widerstandsfähige Systeme und Infrastrukturen, integrative und sichere Mobilität und grüne Logistik sein. Infos

    18. bis 21. März, Genua
    Konferenz Global Methane Forum
    Die Konferenz ist Teil des UN-Prozesses, Maßnahmen gegen Methan-Ausstoß zu erarbeitet. Sie wird von der Global Methane Initiative zusammen mit der United Nations Economic Comission for Europe ausgerichtet.  Infos

    19. bis 20. März, Berlin
    Berlin Energy Transition Dialgoue Konferenz
    Zum zehnten Mal findet die wichtige Konferenz zur Energiewende im Auswärtigen Amt statt. Sie bringt politische Entscheidungsträger sowie Repräsentanten aus Wirtschaft und Zivilgesellschaft zusammen, um darüber zu diskutieren, wie eine globale Energiewende funktionieren kann. Infos

    21. März, 13.30 Uhr, Berlin
    Diskussion Between CBAM, equity, and ambition – finding a just way to reach climate targets
    Agora Energiewende diskutiert auf diesem Event mit Vertretern von EU und Nicht-EU-Ländern über die Folgen des CBAM.  Infos

    21. bis 24. März, Leipzig
    Messe Klimabuchmesse
    Parallel zur Leipziger Buchmesse findet, ebenfalls in Leipzig, die Klimabuchmesse statt. Sie stellt Literatur und Sachbücher zum Thema “Klima” in den Mittelpunkt. Auch gibt es ein breites Rahmenprogramm. Infos

    21. bis 22. März, Kopenhangen
    Ministertreffen Copenhagen Climate Ministerial
    Auf dem Ministerial werden rund 40 führende Klimaschützer und Minister aus der ganzen Welt zusammenkommen, um sich für Klimaschutzmaßnahmen und ein ehrgeiziges Ergebnis der COP29 einzusetzen. Der Schwerpunkt wird auf der Umsetzung der Verpflichtungen der COP28 liegen. Gleichzeitig sollen die Weichen für COP29 in Aserbaidschan im November gestellt werden. Infos

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    News

    Klima in Zahlen: Unternehmen vernachlässigen Risiko von Klimaklagen

    Klimaklagen sind im Kommen und könnten in Zukunft noch viel häufiger als Instrument für mehr Klimaschutz genutzt werden. “Wenn die Risiken des Klimawandels zunehmen” und “sich die Beweise für den Klimawandel weiterentwickeln” dürfte auch die Zahl von Klimaklagen steigen, heißt es in einer in der Fachzeitschrift “Science” erschienenen Studie. Unternehmen müssten das in ihrer Risikoabschätzung stärker berücksichtigen als bisher, raten die Autoren.

    Wenn Unternehmen die finanziellen Risiken des Klimawandels für das eigene Geschäft einschätzen, tun sie das bisher üblicherweise in der Regel auf der Grundlage von physischen Risiken – beispielsweise Ernteausfälle oder Lieferkettenunterbrechungen durch Wetterkatastrophen. Oder auf Basis von Übergangsrisiken durch den Wandel hin zu einer klimafreundlicheren Wirtschaftsform. Dabei vernachlässigen sie derzeit noch das Risiko von Klimaklagen, wie der Artikel zeigt.

    Die Science-Studie zählt bisher mehr als 2.485 Klimaklagen in 52 nationalen Gerichtsbarkeiten weltweit, vor allem in den USA. Die meisten richten sich gegen Staaten, doch Klimaklagen gegen Unternehmen nehmen zu. Sie können zum Ziel haben, die Firmen zu niedrigeren Emissionen zu verpflichten, und sie richten sich nicht nur gegen Öl-, Kohle- oder Gasfirmen: So klagte die Umweltorganisation Milieudefensie im Januar in den Niederlanden gegen die ING Diba, weil diese “der einflussreichste Bankier der Klimakrise” sei. Die Bank konterte: Ihre Aktivitäten würden schlicht die globale Wirtschaft reflektieren. In der Vergangenheit waren niederländische Klimaklagen – ob gegen die Regierung oder gegen Unternehmen wie Shell – oft Vorbild für Klagen in anderen Ländern. ae

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    Methan-Emissionen trotz Industrieversprechen fast auf Rekordniveau

    Die Methan-Emissionen des Energiesektors bleiben auf einem sehr hohen Level – trotz einer Reihe von Zusagen der Öl- und Gasindustrie, Lecks zu beheben und undichte Infrastruktur erneuern zu wollen. Das geht aus einem neuen Bericht der Internationalen Energieagentur (IEA) vom Mittwoch hervor. Durch die Produktion und Nutzung fossiler Brennstoffe gelangten im vergangenen Jahr 118 Millionen Tonnen Methan in die Atmosphäre – ein leichter Anstieg gegenüber 2022. Im Rekordjahr 2019 lag der Wert bei 119 Millionen Tonnen. Die Zahl großer Methan-Austritte aus undichten Infrastrukturen für fossile Brennstoffe stiegen 2023 im Vergleich zum Vorjahr um 50 Prozent an.

    Im vergangenen Jahr hatten sich auf dem Klimagipfel (COP28) in Dubai 50 Öl- und Gasfirmen zur Oil and Gas Decarbonization Charter zusammengeschlossen, um ihre Methan-Emissionen auf “fast null” zu senken und das routinemäßige Abfackeln von Gas zu beenden. Schon in den Jahren zuvor hatten sich zahlreiche Unternehmen zu freiwilliger Methan-Reduktion bekannt. NGOs kritisieren diese Initiativen, weil die Fortschritte bei der Reduktion der Methan-Emissionen zu langsam seien und strenge Maßnahmen zur Überprüfung fehlten.

    Hoffnung auf Satelliten, USA mit hohen Emissionen

    Künftig sollen Methan-Lecks mithilfe von Satelliten besser erkannt und überwacht werden. Anfang März wurde der Satellit MethaneSAT in seine Umlaufbahn gebracht. Er soll detailliertere Daten liefern und ein viel größeres Sichtfeld haben als bisherige Satelliten zur Methan-Erkennung. “2024 wird ein Wendepunkt für Maßnahmen und Transparenz in Bezug auf Methan sein“, sagte Christophe McGlade, Leiter des Bereichs Energieversorgung bei der IEA.

    Wie wichtig die genaue Erfassung und Messung von Methan-Austritten ist, zeigt eine neue Nature-Studie. Sie belegt, dass in sechs Förderregionen in den USA fast drei Prozent des geförderten Gases austreten – dreimal mehr als von der US-Regierung bislang angenommen. Die Messungen für die Studie wurden 2020 und 2021 vorgenommen. Das war vor Verabschiedung des Global Methane Pledge, mit dem über 155 Mitgliedsstaaten die Methan-Emissionen bis 2030 um 30 Prozent senken wollen. nib/rtr

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    Deutsche Vermögensverwalter investieren 28 Milliarden US-Dollar klimaschädlich

    Die vier größten deutschen Fondsgesellschaften haben trotz gegenteiliger Versprechen noch immer viele Milliarden US-Dollar in Unternehmen im Bereich der fossilen Energien angelegt. Zu diesem Ergebnis kommt ein aktueller Bericht der NGO Greenpeace. Die deutschen Fondsgesellschaften investieren beispielsweise noch immer Geld in Kohleunternehmen, die keine Ausstiegspläne haben, und halten weiterhin Investments in Öl- und Gasfirmen, die ihre Förderung ausweiten wollen.

    DWS, Allianz Global, Deka und Union Investment verwalten zusammen mehr als zwei Billionen US-Dollar und haben sich im Zuge der Net Zero Asset Managers Initiative verpflichtet, ihren Beitrag zur Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels zu leisten. Zusammen halten die Vermögensverwalter laut Greenpeace jedoch noch immer 28 Milliarden US-Dollar an Investments in klimaschädlichen Unternehmen. Das sind drei Milliarden US-Dollar weniger als 2022. Greenpeace zufolge sei die Reduktion aber nicht eine Folge von Klimaschutzambitionen der Fondsgesellschaften. Vielmehr sei dieses Abziehen von Investments aus finanziellen Motiven geschehen. Grundlage für die Auswertung ist die Datenbank “Investing in Climate Chaos”.

    Die meisten schmutzigen Anlagen hält laut Bericht der Vermögensverwalter DWS, ein Tochterunternehmen der Deutschen Bank. Die DWS hält 16,8 Milliarden US-Dollar an Investments in Firmen aus dem fossilen Energiesektor. Die genossenschaftliche Union Investment hat dagegen das geringste Engagement in Kohleunternehmen, was sich als Erfolg ihrer vergleichsweise strengen Anlagerichtlinie interpretieren lässt. Im Januar hatte bereits die Europäische Zentralbank (EZB) analysiert, dass neun von zehn Banken ihre Investments nicht im Einklang mit dem Pariser Abkommen tätigen. kul

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    Viele Unternehmen haben keine Pläne zur Reduktion von Flugreisen

    271 von 328 multinationalen Unternehmen haben keine konkreten Pläne zur Verringerung der CO₂-Emissionen, die durch Flugreisen ihrer Mitarbeitenden entstehen. Das zeigt eine Analyse der europäischen NGO Transport & Environment. Gleichzeitig verursachten 25 Unternehmen ohne konkrete Ziele über ein Drittel aller Emissionen der Firmen im Ranking.

    Die NGO fordert deshalb Regierungen auf, Unternehmen zwingende Vorgaben zur Reduzierung der Emissionen durch Geschäftsreisen zu machen. Zudem sollten sie verpflichtet werden, über die Klimaauswirkungen der Reisen zu berichten und entsprechende Emissionsreduktionsziele in ihren Transformationsplänen zu formulieren.

    Laut der Analyse haben sich 57 Firmen verpflichtet, ihren Treibhausgasausstoß zu reduzieren, 45 davon mit einem spezifischen Ziel, zwölf speziell mit Bezug auf Flugreisen. Aber nur fünf Unternehmen erhielten die höchste Wertung: Sie legten ihre Flugemissionen offen und streben eine Reduzierung von 50 Prozent oder mehr bis 2025 an. nh

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    “Unverhältnismäßig harte Umgang”: Bericht sieht Recht auf Klimaprotest in Deutschland “beeinträchtigt”

    Die Ausübung der Grundrechte, etwa Versammlungs-, Vereinigungs- oder Meinungsfreiheit, ist in Deutschland erstmals nur “beeinträchtigt” möglich. Zu dem Schluss kommt der am Mittwoch veröffentlichte Atlas der Zivilgesellschaft des evangelischen Hilfswerks Brot für die Welt. Frühere Ausgaben des Atlas hatten Deutschland noch als “offene Gesellschaft” bewertet.

    Als ein Grund für die Herabstufung wird der “unverhältnismäßig harte Umgang mit einigen Klimaprotesten” genannt. So seien Mitglieder der “Letzten Generation” teils mit “langer, menschenrechtlich umstrittener Präventivhaft” belegt worden, und Gerichte hätten Gefängnisstrafen ohne Bewährung verhängt. Ein weiterer Grund ist, dass “Medienschaffende […] nicht ausreichend vor Gewalt auf Demonstrationen geschützt” worden seien.

    Sieben Länder herabgestuft

    Deutschland ist eines von sieben Ländern, die im aktuellen Report herabgestuft wurden. Demgegenüber stehen fünf Länder, die sich verbessert haben, vier davon in Afrika.

    Laut Report leben:

    • 2,1 Prozent der Menschen in offenen Gesellschaften (u. a. Österreich, Schweiz)
    • 12,1 Prozent in Ländern, in denen der Handlungsspielraum für die Zivilgesellschaft beeinträchtigt ist (u. a. Deutschland, USA)
    • 14,8 Prozent in Ländern mit beschränktem Handlungsspielraum (u. a. Brasilien, Großbritannien)
    • 40,3 Prozent in Ländern mit unterdrücktem Handlungsspielraum (u. a. Äthiopien, Türkei)
    • 30,6 Prozent in Ländern ohne zivilgesellschaftlichen Handlungsspielraum (u. a. Aserbaidschan, China, Russland)

    Dem Atlas zufolge gerät die Zivilgesellschaft weltweit immer mehr unter Druck. Das Engagement für die Umwelt kann dabei tödlich sein: Der NGO Global Witness zufolge, auf deren Daten sich Brot für die Welt im Atlas bezieht, wurden 2022 weltweit 177 Umweltschützerinnen und Umweltschützer ermordet – vor allem in Lateinamerika. Daten für 2023 liegen noch nicht vor. Mehr als ein Drittel der Mordopfer waren demnach Indigene. Oft bleiben die Taten ungeklärt und damit ungestraft. lb

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    Klimarisiken: EU-Kommission will Klarheit über Verantwortlichkeiten

    Die EU-Kommission hat am Dienstag eine Strategie vorgestellt, um die Probleme der mangelnden Klimaresilienz Europas anzugehen. Sie reagiert damit auf den am Montag erschienenen Bericht der Europäischen Umweltagentur (EEA) über zunehmende Klimarisiken in Europa. In ihrer Mitteilung arbeitet sie folgende Handlungsfelder heraus:

    • Verbesserte Governance: Mitgliedstaaten sollen die Verantwortlichen für Klimarisiken (“risk owners”) identifizieren und ihnen Ressourcen zur Verfügung stellen, die Resilienz zu erhöhen.
    • Strukturpolitische Maßnahmen: Klimarisiken sollen sektorübergreifend besser koordiniert und in Strategien einbezogen werden, etwa in der Raumplanung, im Bau neuer Infrastrukturen, im Katastrophenmanagement und in Solidaritätsmechanismen auf EU-Ebene.
    • Finanzierung von Klimaresilienz: Die Kommission will Mitgliedstaaten finanziell unterstützen, um Klimarisiken zu minimieren. Industrie sowie öffentliche und private Finanzinstitute sollen in einer Arbeitsgruppe an Finanzierungsmöglichkeiten arbeiten.

    Mangelhafte Umsetzung in den Mitgliedstaaten

    Insbesondere die Zuständigkeiten für die Minimierung von Klimarisiken scheinen bislang ungeklärt zu sein. Die Kommission will die Verantwortlichkeiten zwischen EU und Mitgliedstaaten prüfen, da diese je nach Politikbereich variieren. Es gebe etwa Mängel bei der Umsetzung in den Mitgliedstaaten, schreibt die Kommission. Sie fordert Verbesserungen und ganz konkret, “bestehende Verpflichtungen zu Klimaanpassung in vollem Umfang umzusetzen”.

    In Deutschland soll das erste Bundesgesetz für Klimaanpassung diese als zentrale Aufgabe aller staatlichen Ebenen gesetzlich verankern, sagt Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne). Zudem arbeite die Bundesregierung an einer neuen “vorsorgenden Klimaanpassungsstrategie”, die noch in diesem Jahr vorgestellt werden soll. luk

    • Europäische Kommission

    Climate.Table Redaktion

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