Table.Briefing: Climate

Aserbaidschan: Klimapläne völlig unzureichend + Österreich: Gemischte Klimabilanz zur Wahl + China zahlt Milliarden an Klimafinanzierung

Liebe Leserin, lieber Leser,

heute blicken wir vor allem nach (Süd-)Osten: Am Sonntag wählt Österreich ein neues Parlament, wir ziehen eine Klimabilanz der scheidenden Regierung. Tenor: Die Grünen haben in ihrer ersten Regierungsbeteiligung einiges umgesetzt, wovon man in Deutschland nur träumen kann – Klimageld, Senkung der Emissionen im Verkehr -, aber vieles andere ist auf der Strecke geblieben. Und ob die Partei ihre Arbeit in Wählerstimmen umsetzen kann, ist fraglich – immerhin in einem Land, dem die angebliche “Klimahysterie”, wie die Populisten die Erderhitzung nennen, in Form der Überschwemmungen gerade noch bis zum Hals stand.

Weiter im Osten bekommt die Regierung von Aserbaidschan das schlechtestmögliche Zeugnis für ihre Klimapolitik: Beim Gastgeber der COP29 steigen die Emissionen, Gas und Öl dominieren die Wirtschaft, Planungen für die Klimaneutralität gibt es auch nicht, moniert eine neue Studie. Und die Kritik an der COP-Vorbereitung wird auch immer lauter.

Und dann noch interessante News aus dem Fernen Osten: China zahlt offenbar weitaus mehr für die globale Klimafinanzierung als bisher alle annehmen, sagte eine neue Studie. Das könnte die Debatten zum neuen Finanzziel in Baku noch interessanter machen und ein paar Fronten aufweichen. Schließlich stammt die Studie aus den USA.

Ob in Ost, West, Nord oder Süd, wir bleiben dran!

Ihr
Bernhard Pötter
Bild von Bernhard  Pötter

Analyse

Aserbaidschan: Wie der COP-Gastgeber seine Klimapläne verwässert

Große Abhängigkeit von den Fossilen: Aserbaidschans Gasreserve.

Der Gastgeber der COP29 bekommt zwei Monate vor Beginn der Konferenz in Baku für seine Klimapolitik und seine Vorbereitung schlechte Noten: Als “kritisch unzureichend” stuft ein neuer Bericht der Thinktank-Kooperation “Climate Action Tracker” (CAT) die Politik und Pläne des Landes ein. Und in den offiziellen Vorschlägen der COP29-Präsidentschaft für die Ergebnisse der Konferenz fehlen bislang die Klimaziele für 2030, auf die sich die COP28 im vergangenen Jahr geeinigt hat.

Steigende statt sinkende Emissionen bis 2030

Die CAT-Analyse bescheinigt dem Gastgeber der nächsten Klimakonferenz, seine Klimapolitik und Klimaziele “reflektieren minimale bis keine Handlung im Klimaschutz und passen überhaupt nicht zur 1,5-Grad-Grenze des Pariser Abkommens”. Im Einzelnen kritisiert der Bericht:

  • Aserbaidschan plane mehr statt weniger Treibhausgas-Emissionen bis 2030, eine Zunahme von etwa 20 Prozent von den derzeit 72 Millionen Tonnen. Methanemissionen aus dem Öl- und Gasgeschäft steigen demnach bis 2030, statt um 66 Prozent zu fallen, wie für einen 1,5-Grad-Pfad nötig.
  • Aserbaidschan “hat anscheinend sein ursprüngliches NDC aufgegeben“, heißt es in der Analyse, was den Vereinbarungen im Pariser Abkommen widerspreche. Denn das Land hatte ursprünglich aus eigener Kraft bis 2030 eine Reduktion von 28 Prozent gegenüber 1990 schaffen wollen. In seinem 2023 erneuerten Klimaplan NDC legt es nun nur noch minus 22 Prozent fest – und auch das nur unter der Voraussetzung internationaler Hilfe.
  • Allerdings wirbt das Land mit den anderen “Troika”-Mitgliedern um neue und ehrgeizige NDC der Staaten. Zusammen mit den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) und Brasilien hat Aserbaidschan versprochen, Anfang 2025 ein NDC vorzulegen, das auf den 1,5-Grad-Pfad kommt – auch wenn jedes Land selbst definieren soll, was als 1,5-Grad-Pfad gelten kann.
  • Aserbaidschan ist von Öl und Gas abhängig: Sein Strom kommt zu 94 Prozent aus fossilen Quellen, 60 Prozent der Staatseinnahmen stammen aus Fossilen. Die Regierung plant – auch auf Drängen der EU, die russisches Gas ersetzen will – den weiteren Ausbau vor allem der Gasproduktion.
  • Der geplante Ausbau von Erneuerbaren wird laut CAT die Emissionen weltweit kaum verringern – denn das dadurch gesparte Gas werde (vor allem in die EU) exportiert und dann verbrannt.
  • Aserbaidschan hat weder ein Netto-Null-Ziel noch eine Langfriststrategie zur Dekarbonisierung.
  • Eine global vergleichbar “faire” Anstrengung des Landes im Klimaschutz würde laut CAT bedeuten, dass es seine Treibhausgas-Emissionen bis 2030 auf 35 Millionen Tonnen praktisch halbiert – und nicht auf etwa 90 Millionen Tonnen ausweitet, wie derzeit angelegt.

Was bewirkt die “Troika”?

Die CAT-Analyse erscheint nicht zufällig während der UN-Generalversammlung in New York. Dort wollen sich die Mitglieder der “Troika” aus den COP-Präsidentschaften VAE (COP28), Aserbaidschan (COP29) und Brasilien (COP30) treffen. Bislang sind von dieser einmaligen Kooperation von COP-Präsidentschaften noch kaum Impulse in den UN-Klimaprozess sichtbar. Anders als COP28-Präsident Sultan Al Jaber vor einem Jahr ist der designierte Chef der COP29, Umweltminister Mukhtar Babajev, international deutlich weniger präsent. Im Rahmen der Troika “Mission 1.5” kündigte Brasiliens Präsident Lula am Rande der Generalversammlung an, Brasilien werde noch 2024 1,5-Grad-kompatible NDC vorlegen.  

Zeitgleich mahnt die Internationale Energieagentur IEA dazu, die Methanemissionen aus der Öl- und Gasproduktion zu senken. Der dazu eingerichteten “Methane Pledge” ist im Frühjahr auch Aserbaidschan beigetreten – sieht sich aber im eigenen Land schnell steigenden Methanemissionen gegenüber, statt sie zu senken.

Ziele für Baku verschweigen Ziele von Dubai

Auch bei Babajevs Planungen für ein Ergebnis in Baku gibt es Fragezeichen. In einem Brief an die Delegationen hat der designierte COP-Präsident 14 angestrebte Ergebnisse aufgeführt, die jenseits der COP-Verhandlungen erzielt werden können. Allerdings erwähnt er dabei nicht die Umsetzung der zentralen Beschlüsse der COP28: Abkehr von den Fossilen, Verdreifachung der Erneuerbaren und Verdopplung der Energieeffizienz bis 2030. Stattdessen plant er unter anderem

  • einen Klimaschutz-Fonds aus freiwilligen Beiträgen der Länder mit fossilen Produktionen und eine Initiative für grünes Investment,
  • Selbstverpflichtungen der Länder zu “grünen Korridoren” von Erneuerbaren, zum Ausbau von Energiespeichern und Wasserstoff,
  • eine Friedensinitiative während der COP sowie
  • diverse Erklärungen zu Abfall, Landwirtschaft, Digitalisierung, Tourismus, Wasser und “gesunden Städten”.

Klimafonds der Ölländer nur freiwillig

Aserbaidschans Vorstoß für einen freiwilligen Klimafonds der Öl- und Gasländer, der “Climate Finance Action Fund” (CFAF), ist die abgespeckte Vision einer anfänglichen Idee: Ursprünglich sollte eine verpflichtende Abgabe für fossile Produzenten jährlich mehrere Milliarden US-Dollar aufbringen, um grüne Investitionen und Klimahilfen im Schadensfall in armen Ländern zu finanzieren. Diese Idee lehnten die Ölstaaten allerdings ab.

Nun soll der CFAF einmalig mit einer Milliarde US-Dollar gefüllt werden, Aserbaidschan will mit einer bislang ungenannten Summe den Anfang machen. Der Sitz des Fonds soll Baku sein, er wird aktiv, wenn das Geld da ist und mindestens zehn Länder engagiert sind. Die eine Hälfte des Geldes soll für Minderung, Anpassung und Forschung in den armen Ländern genutzt werden, die andere soll für die neuen NDC der Entwicklungsländer fließen. 20 Prozent der Gewinne des Fonds sollen reserviert werden, um schnelle Hilfen bei Klimaschäden etwa in Inselstaaten nach Stürmen zu gewährleisten. Noch ist unklar, wie sich der Fonds vom neuen “Loss and Damage”-Fonds der UN unterscheiden soll, der sich mit etwa 800 Millionen US-Dollar derzeit an seinem Sitz in den Philippinen aufstellt.

Andreas Sieber von der Klimaorganisation 350.org bemängelt, die COP29-Präsidentschaft “erregt wieder ernste Bedenken, ob sie der Energiewende überhaupt verpflichtet ist“. Die 14 Initiativen und die Bestellung einer Tochter des staatlichen aserbaidschanischen Ölkonzerns SOCAR zum Sponsor der COP zeige “wieder die Ignoranz Aserbaidschans und den Mangel an Führung”. Die Botschaft sei, dass “die Tür weit offen ist für Öl- und Gasdeals. Das muss sich dringend ändern.”

  • Aserbaidschan
  • COP28
  • COP29
  • Energiewende
  • Klimadiplomatie
Translation missing.

Wahlcheck Österreich: Klimapolitik senkt Emissionen und Umfragewerte der Grünen

Nach langem Ringen mit dem Koalitionspartner ÖVP hat Klimaministerin Leonore Gewessler (Grüne) am Dienstag die endgültige Version des Nationalen Energie- und Klimaplans vorgestellt.
Stolz oder Wehmut? Hart erarbeiten musste sich Klimaschutzministerin Leonore Gewessler nicht nur den nationalen Klimaplan für Österreich.

Am 29. September wählt Österreich einen neuen Nationalrat. Die Klimabilanz der vergangenen Legislatur ist geprägt von der ersten Regierungsbeteiligung der Grünen, als kleinerer Partner der konservativen ÖVP. Zentral dabei waren die CO₂-Steuer mit Rückzahlung an die Bevölkerung, der nationale Klimaplan (NECP) und die umstrittene Zustimmung zum EU-Renaturierungsgesetz durch Klima- und Umweltministerin Leonore Gewessler. Andere wichtige Gesetze fehlen weiterhin oder wurden abgeschwächt. In der Energiepolitik zeigen manche Trends in die falsche Richtung, dennoch ist der CO₂-Ausstoß deutlich gesunken.

Im Wahlkampf selbst war Klimapolitik kaum ein Thema. Dann kam die Flutkatastrophe – und mit ihr wurden Klimapolitik und Renaturierung doch noch Teil der Debatte. Laut einer aktuellen Studie machte der Klimawandel die Flut zweimal wahrscheinlicher als in einem Szenario ohne Erderwärmung – und erhöhte ihre Intensität um sieben Prozent. Dennoch liegen die Grünen in Umfragen nur bei etwa neun Prozent. Gewinner der Flut ist wohl die ÖVP für ihr Krisenmanagement.

Die grüne Klimaschutzministerin Gewessler war auch für die Ressorts Energie, Verkehr und Infrastruktur zuständig. Vor ihrer überraschenden Regierungsbeteiligung waren die Grünen nicht einmal im Parlament vertreten und in der Organisation geschwächt. Sie mussten mehr als hundert Mitarbeitende entlassen, verloren Budget und Büroräume. Auch ihr informeller Einfluss, etwa über die Sozialpartnerschaft, ist deutlich geringer als bei anderen Parteien.

Emissionen sinken, aber zu langsam

Österreichs Emissionen sind 2023 um 6,4 Prozent auf 68 Millionen Tonnen gesunken; erstmals in allen Sektoren – auch im Verkehr. “Wir haben in den letzten Jahren klimapolitisch so viel weitergebracht wie noch nie zuvor”, sagt Lukas Hammer, Klima- und Energiesprecher der Grünen, zu Table.Briefings. “Doch das reicht in Intensität und Geschwindigkeit noch nicht aus, um unser Klimaneutralitätsziel zu erfüllen.”

Im Koalitionsabkommen hatten ÖVP und Grüne vereinbart, bereits 2040 klimaneutral zu werden. Zum Gesetz wurde dieses Ziel nie. Jedes Jahr müsste dafür der Treibhausgas-Ausstoß um ähnliche Prozentwerte sinken wie im Vorjahr. Innerhalb der EU ist Österreich zudem verpflichtet, die Emissionen bis 2030 um minus 48 Prozent gegenüber 2005 zu senken. Laut Umweltbundesamt braucht es dafür “dringend zusätzliche konkrete und ambitionierte Maßnahmen” im Einklang mit dem nationalen Klimaplan (NECP). Erst im August hatte Österreich als letztes EU-Mitglied einen nachgeschärften Entwurf abgegeben. Der finale, aktualisierte Klimaplan fehlt allerdings weiter.

Plan: Mehr CCS und Wasserstoff, weniger klimaschädliche Subventionen

Im Entwurf ist beispielsweise ein stärkerer Fokus auf CCS und Wasserstoff vorgesehen. Zwei Millionen Tonnen CO₂ pro Jahr soll ein schrittweiser Abbau von fossilen Subventionen einsparen. Die ÖVP will Pendlerpauschale und Dieselprivileg aber beibehalten. “Ich sehe nicht, wie so genug eingespart wird”, sagt Katharina Rogenhofer, Vorständin des Kontext Institut für Klimafragen, im Gespräch mit Table.Briefings.

Mit dem nationalen Klimaplan werden auch die Sektorziele gestrichen. Sie waren im Regierungsabkommen noch für das Klimaschutzgesetz vorgesehen – ein Rahmengesetz, das laut Hammer “Verantwortlichkeiten, Budgets und Mechanismen bei einer Zielabweichung” festlegen sollte. Seit mehr als 1.000 Tagen fehlt es. Die ÖVP blockiert. “Es wäre wichtig, einen Rahmen festzulegen und für nationale Planungssicherheit zu sorgen”, sagt Rogenhofer mit Blick auf die nächste Regierung.

Erneuerbaren-Anteil sinkt, wichtige Gesetze scheiterten

Nun sinken zwar die Emissionen, aber auch der Anteil der erneuerbaren Energie. 2020 lag dieser laut NECP-Plan noch bei 36,5 Prozent, 2022 nur mehr bei 33,8 Prozent. Grund dafür sind neue Berechnungsmethoden, aber auch der steigende Energiebedarf, während der Erneuerbaren-Ausbau in einigen Bereichen stockt:

  • Die Heizwende schreitet nur schleppend voran. Das Erneuerbare-Wärme-Gesetz scheiterte, es wurde nur in abgeschwächter Version beschlossen. Diese regle etwa “nicht mehr den Umstieg von Öl- und Gasheizungen im Bestand”, kritisiert Rogenhofer. Weiter werden 1,3 Millionen Haushalte fossil beheizt. Der Absatz von Wärmepumpen im ersten Halbjahr 2024 ist zudem laut Branchenverband Wärmepumpe Austria um 30 Prozent eingebrochen.
  • Der Windenergie-Ausbau ist zu langsam, um die Ziele des Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes zu erreichen. Mit dem Elektrizitätswirtschaftsgesetz und dem Energiewende-Beschleunigungsgesetz hätten Windkraft- und Netzausbau beschleunigt und rechtliche Hürden beseitigt werden können. Laut Hammer seien die Gesetze “beschlussfertig”, werden aber nicht mehr kommen, weil die ÖVP blockiere.
  • Beim Photovoltaik-Ausbau ist Österreich auf Zielkurs für das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz. Daten der Regulierungsbehörde E-Control zeigen konstante Ausbauraten von 500 bis 600 Megawatt pro Quartal – auch dank Zuschüssen und Steuervorteilen. Für eine Integration ins Stromsystem brauche es aber das Elektrizitätswirtschaftsgesetz, schreibt der Energieexperte Christoph Dolna-Gruber von der Austrian Energy Agency auf X.
  • Der Anteil an russischem Gas ist weiterhin hoch, das Erneuerbares-Gas-Gesetz für mehr klimafreundliches Biogas ist gescheitert. Grüne, ÖVP und SPÖ geben einander die Schuld, das Gesetz, das eine Zweidrittel-Mehrheit bräuchte, blockiert zu haben.
  • Förderung von Wasserstoff wird angekurbelt. Bis 2030 will die Bundesregierung 1 Gigawatt Elektrolysekapazität schaffen, auch mithilfe des Wasserstoffförderungsgesetzes. Derzeit sind laut Umsetzungsbericht des BMK 18 Megawatt Elektrolyseurleistung installiert – weniger als zwei Prozent des Ziels für 2030.

Kein Tempo 100, dafür Klimaticket und erhöhte NoVA-Abgabe

Im Verkehrssektor stiegen die Emissionen seit 1990 um mehr als 50 Prozent. Seit 2019 – auch wegen corona-bedingter Lockdowns – sinken sie wieder. Österreich ist EU-weit das Land, in dem pro Person die meisten Kilometer im Schienenverkehr gefahren werden. Es gibt hier aber auch das dichteste Straßennetz. Für Bundeskanzler Karl Nehammer ist Österreich aber ein “Autoland”. Seine ÖVP ist gegen das geplante Verbrenner-Aus auf EU-Ebene und gegen Tempo 100 auf Autobahnen, sie setzt stattdessen auf E-Fuels für Pkws.

Dementsprechend schwierig hatten es die Grünen, ihre Forderungen durchzusetzen – obwohl Klimaschutzministerin Gewessler auch Verkehrsministerin ist. “Aber es gibt viele Angelegenheiten, die die Bundesländer betreffen”, erklärt Rogenhofer ihren begrenzten Einfluss im föderalistischen Österreich. Nur in zwei der neun Bundesländern regieren die Grünen mit, die ÖPV in sieben.

Wesentliche Veränderungen im Verkehrssektor waren etwa:

  • Einführung des Klimatickets für jährlich 1.095 Euro pro Person für ganz Österreich. Seit 2021 hat sich die Zahl der aktiven Tickets auf 300.000 verdreifacht.
  • Erhöhung des Budgets für den Rad- und Fußverkehr. ÖVP und Grüne wollten bis 2025 den Radverkehrsanteil von sieben auf 13 Prozent erhöhen. Das Budget wurde vervielfacht, Rechte für Radfahrer und Fußgänger ausgeweitet. Derzeit liegt der Radverkehrsanteil laut der Mobilitätsorganisation VCÖ bei zehn Prozent.
  • Absage/Stopp mehrerer klimaschädlicher Verkehrsprojekte. So wurden etwa der Bau von Lobautunnel und -Autobahn sowie der Schnellstraße S18 vorerst gestoppt. Unklar bleibt, wie es mit der dritten Piste für den Flughafen Wien-Schwechat weitergeht.
  • Erhöhung der Normverbrauchsabgabe (NoVA). Für Hammer war die Reform der NoVA eine der “mächtigsten Maßnahmen im Klimaschutz” – unter dem Radar der Öffentlichkeit und der ÖVP. Diese hatte sich stattdessen gefreut, die “Abschaffung des Dieselprivilegs weg verhandelt” zu haben. Während emissionsfreie Fahrzeuge keine NoVA zahlen, erhöht sich die Abgabe bei steigenden CO₂-Werten von Verbrennern. “Da müsstest du aber mehrere Millionen Kilometer mit dem Auto fahren, damit du die höhere NoVA beim Autokauf wieder drinnen hast”, erklärt Hammer. Und eben diese Kaufpreiserhöhung hatte seine Partei in die “Ökosoziale Steuerreform” hineinverhandelt.

Die Ökosoziale Steuerreform war wie das Klimaticket ein Kind der Coronakrise. Beide Parteien brauchten Erfolge: Das Gesetzespaket brachte einerseits Steuererleichterungen für Unternehmen und andererseits eine CO₂-Steuer, deren Einnahmen über den Klimabonus – ähnlich dem Klimageld – ausgeschüttet werden. Eine Tonne CO₂ kostet im Non-ETS Bereich aktuell 45 Euro. Berechnungen des deutschen Umweltbundesamts zufolge müsste eine Tonne aber mehr als 250 Euro kosten, um die ökologischen Kosten einzupreisen und einen Lenkungseffekt zu erzielen.

Klimarat ohne Folgen und erhöhte Klimafinanzierung

Hart erstritten haben sich die Grünen auch den Klimarat. Repräsentativ für Österreich haben 100 Freiwillige 93 Empfehlungen ausgearbeitet. Hammer, der den Entschließungsantrag verhandelt hatte, sieht darin einen Erfolg: “Es ist erstaunlich progressiv, was dieses Mini-Österreich verhandelt hat. Sie hätten auch sagen können, ‘wir wollen nichts ändern’.” Gegen Ende des Klimarats begann die ÖVP allerdings, ihn zu delegitimieren. ÖVP-Klimasprecher Johannes Schmuckenschlager nannte ihn etwa eine “absolut untaugliche Institution”. Die Empfehlungen wurden großteils ignoriert, kaum umgesetzt. Verbindlichkeiten fehlten.

Zudem wurde die öffentliche Klimafinanzierung 2022 um 60 Prozent aufgestockt, der Beitrag zum “Loss and Damage”-Fonds um 15 Millionen auf 25 Millionen Euro erhöht und bis 2030 werden Förderungen von rund 5,7 Milliarden Euro zur Transformation der Industrie bereitgestellt.

Wahlausblick: Trotz Erfolgen weiter einstellig?

Kurz vor den Nationalratswahlen am 29. September sind die Grünen in Umfragen wieder einstellig. Es fehlt ein Momentum wie 2019, als “Fridays for Future” demonstrierten und die Grünen ins Parlament spülten. Zwar gingen nach der Flutkatastrophe wieder mehr Menschen auf die Straße, die Umfragewerte der Grünen stiegen aber kaum.

Bislang scheint die ÖVP als Katastrophenmanager am meisten von der Katastrophe zu profitieren. Zwei neue Umfragen sehen sie Kopf an Kopf mit der FPÖ. Die SPÖ liegt einige Prozentpunkte dahinter bei 20 Prozent, die Grünen bei neun Prozent. Nun werde Klimapolitik aber “auf jeden Fall zum Wahlthema”, meint Rogenhofer. Unwahrscheinlich sei aber, dass es eine Neuauflage von ÖVP und Grünen gibt – am ehesten noch “rechnerisch im Rahmen einer Drei-Parteien-Koalition mit der SPÖ”.

  • CCS
  • Daten
  • Die Grünen
  • E-Fuels
  • Energiepolitik
  • EU-Renaturierungsgesetz
  • Klimageld
  • Klimapolitik
  • Österreich
  • Renaturierung
  • Wahlen
Translation missing.

Termine

26. September, 11 Uhr, Brüssel/Online
Vorstellung Future of the EU ETS: ETS Coverage
Der European Roundtable on Climate Change and Sustainable Transition stellt auf diesem Event seinen “EU ETS Coverage Report” vor. Darin geht es um die Zukunft des EU-ETS-Systems. Infos

26. September, 14 Uhr, Berlin
Kongress Zeit Wissen – Fast Forward! Klimaneutralität und -anpassung gemeinsam realisieren
Die Auswirkungen des Klimawandels nehmen zu und wir handeln zu langsam. Daraus folgt nicht nur, dass Maßnahmen für eine klimaneutrale Zukunft schneller umgesetzt werden müssen, sondern auch, dass es mehr Klimaanpassung braucht. Unter dem Motto “Fast Forward! Klimaneutralität und -anpassung gemeinsam realisieren” wird beim “ZEIT WISSEN Kongress – Mut zur Nachhaltigkeit” darüber diskutiert, wie Best Practises aussehen.  Infos

29. September, Österreich
Wahlen Nationalratswahl
Die Österreicherinnen und Österreicher wählen einen neuen Nationalrat. Der Nationalrat bildet die zweite Kammer des österreichischen Parlaments.

30. September bis 2. Oktober, Genf
Konferenz Drought Resilience +10
Im Anschluss an das erste hochrangige Treffen zur nationalen Dürrepolitik im Jahr 2013 zielt die “Drought Resilience +10”-Konferenz darauf ab, die Maßnahmen gegen Dürre vor Ort zu verstärken und zu beschleunigen. Sie wird Länder und Experten zusammenbringen, um die Fortschritte und Erfahrungen bei der Dürrebewältigung zu überprüfen und einen gemeinsamen Weg in Richtung einer dürreresistenteren Welt zu erkunden und festzulegen. Infos

30. September, 13 Uhr, Berlin
Konferenz An Infrastructural Path to Green Industry and Jobs
Copenhagen Infrastructure Partners (CIP), die Königlich Dänische Botschaft in Berlin und der Thinktank EUROPA veranstalten gemeinsam eine Konferenz über die Zukunft der grenzüberschreitenden Energieinfrastruktur in Europa. Infos

1. Oktober, 9 Uhr, Online
Vorstellung Die Armutslücke Welternährung 2024
Die NGO Misereor stellt auf diesem Webinar die Studie “Die Armutslücke Welternährung 2024” vor. Die Studie berechnet, wie vielen Menschen weltweit das Geld fehlt, um sich eine gesunde Ernährung leisten zu können.   Infos

1. Oktober, 11 Uhr, Online
Webinar Kosten senken, Ausbau beschleunigen – wie weiter mit dem EEG?
Durch die Einspeisung großer Mengen Strom aus Wind und Photovoltaik sinken die Börsenstrompreise immer häufiger in Bereiche, die die Kosten des Stroms nicht mehr abdecken und die Wirtschaftlichkeit der Anlagen bedrohen. Über das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) gleicht der Staat diese Differenzkosten aus. Es kommt zum EEG-Paradoxon: Die kostensenkende Wirkung der Erneuerbaren führt zu einer Mehrbelastung des Bundeshaushalts. Auf der Veranstaltung des Bundesverbands Erneuerbare Energien (BEE) wird darüber diskutiert, welche Wege es aus dieser Dynamik gibt. Infos

1. bis 2. Oktober, Berlin
Tagung Gas 2024 – Moleküle für eine nachhaltige Zukunft?
Auf der Handelsblatt Jahrestagung wird über die Zukunft von Gas und die Frage, welche Rolle es in einer dekarbonisierten Wirtschaft spielt, diskutiert. Infos

1. Oktober, 14 Uhr, Brüssel/Online
Konferenz Bellona Climate Action Conference 2024
Die NGO Bellona veranstaltet diese Konferenz zum 30-jährigen Bestehen. Es soll um Deikarbonisierung der Industrie und die Zukunft von Europas Energiepolitik gehen. Infos

1. bis 3. Oktober, Rio de Janeiro
G20-Treffen Climate and Environmental Sustainablity WG
Im Rahmen des G20-Zyklus trifft sich die Working Group in Climate and Environmental Sustainability. Am 4. Oktober findet dann das Arbeitstreffen zu Energy Transition statt. Infos

News

Klima in Zahlen: Eisschmelze bedroht Walrouten

Unter den Folgen der Erderhitzung leiden besonders stark die größten Säugetiere des Planeten: Vor allem Grönland-, Beluga- und Narwale ziehen im Frühjahr und Herbst wie andere Walarten zu Tausenden Richtung Norden und Süden und bekommen zunehmend Probleme mit der schwindenden Eisdecke. Das zeigt jetzt ein neuer Bericht der Umweltstiftung WWF, der zum ersten Mal die Wanderroute der Wale rund um den Nordpol kartografiert.

Der Bericht warnt: Die “blauen Korridore“, in denen sich die Wale aufhalten und bewegen, sind zu großen Teilen mit den Routen der Schifffahrt identisch. Diese stört aber durch Unterwasserlärm und drohende Kollisionen den Lebensraum der Meeressäuger. Und bei schwindender Eisdecke haben die Fahrten im ehemaligen “ewigen Eis” zwischen 2013 und 2023 um 37 Prozent zugenommen, die zurückgelegten Distanzen haben sich verdoppelt. Der WWF fordert von den Schifffahrtsunternehmen, ihre Routen mit Rücksicht auf die Tiere zu planen, langsamer zu fahren und den Unterwasserlärm zu verringern.

Die drei Walarten, die nur in den arktischen Gewässern vorkommen, werden durch die Eisschmelze zusätzlich bedroht, weil sie Nahrungsgründe und Schutzzonen verlieren. Da sich die Arktis etwa viermal so schnell erwärmt wie der globale Durchschnitt schmilzt das Meereis des hohen Nordens in hohem Tempo: Die Ausdehnung des arktischen Eises hat in den letzten Jahren stark abgenommen. 2024 lag das Minimum nur noch bei 4,3 Millionen Quadratkilometern. Die letzten 18 Jahre waren dabei gleichzeitig die 18 Jahre mit der geringsten Ausdehnung des Eises rund um den Nordpol seit es Aufzeichnungen gibt. bpo  

  • Arktis
  • Biodiversität
  • Eisschmelze
  • Klima in Zahlen
  • Klimawandel

Studie: So viele Milliarden zahlt China für Klimafinanzierung

“Wenn man wie China in der Lage ist, eine Mission zum Mond zu fliegen, dann kann man auch mehr im Bereich Klimaschutz zahlen“, sagte EU-Klimakommissar Wopke Hoekstra in einem Interview mit Bloomberg Television. Peking sei nun reich genug, um zu den weltweiten Bemühungen beizutragen, Finanzmittel für Entwicklungsländer bereitzustellen, um diesen bei der Bewältigung der Auswirkungen der globalen Erwärmung zu helfen. China argumentiert bisher, globale Klimafinanzierung sei die Verantwortung der reichsten Länder, die seit der industriellen Revolution die meisten CO₂-Emissionen verursacht haben.

Gleichzeitig zeigt eine neue Studie, dass die Volksrepublik schon viel Geld in internationale Klimafinanzierung steckt: Etwa 45 Milliarden US-Dollar hat das Land bereits von 2013 bis 2022 bezahlt, also im Schnitt etwa 4,5 Milliarden US-Dollar im Jahr. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Untersuchung des US-Thinktanks “World Ressource Institut” (WRI).

Die Studie weist darauf hin, dass die Datenlage nicht einfach ist. China ist wegen seines offiziellen Status als Schwellenland im Pariser Abkommen nicht zu internationalen Finanzhilfen und zu Transparenz darüber verpflichtet, kann aber freiwillig zahlen. Demnach setzt sich die Summe von 45 Milliarden US-Dollar zusammen aus:

  • bilateralen Finanzhilfen,
  • multilateralen Finanzhilfen,
  • Exportkrediten und
  • mobilisierter privater Finanzierung.

Die Summe von 45 Milliarden macht laut WRI etwa sechs Prozent der gesamten globalen Klimafinanzierung aus. Zum Vergleich: Deutschland zahlt etwa sechs Milliarden Euro, die USA gaben laut US-Regierung 2021 etwa 5,8 Milliarden Dollar und sehen sich auf dem Weg, 2024 bereits 11,4 Milliarden Dollar beizutragen.

Der Bericht wird im Vorfeld der COP29 auf Interesse stoßen, wo ein neues globales Ziel für die Klimafinanzierung (NQCG) beschlossen werden soll. Bisher gibt es unter den Ländern völlig verschiedene Vorstellungen darüber, wie viel Geld jenseits der jetzt versprochenen 100 Milliarden US-Dollar jährlich dafür mobilisiert werden soll – und wer dafür zahlen soll. Besonders die westlichen Industrieländer drängen darauf, dass sich auch China und andere relativ reiche Schwellenländer an den Zahlungen beteiligen. bpo/ari    

  • China
  • CO2-Emissionen
  • COP29
  • Klimafinanzierung
  • Schwellenland

Kühlung: Diese Vorteile haben nachhaltige Lösungen

2,4 Milliarden Menschen sind weltweit einem hohen Risiko durch extreme Hitze ausgesetzt – und durch die Klimaerwärmung werden es immer mehr. Deshalb steigt die Nachfrage nach Kühlungslösungen. In den Entwicklungsländern können nachhaltige Kühllösungen die mit der Kühlung verbundenen Emissionen um fast 50 Prozent senken. Die Kosten für Strom, Geräte und die Investitionen des Energiesektors könnten sich so bis 2050 um acht Billionen US-Dollar reduzieren. Zu diesem Ergebnis, kommt der Bericht “Cooler Finance: How to Fund the Developing World’s Growing Cooling Needs” von dem UN-Umweltprogramm (UNEP) und der Internationalen Finanz-Kooperation (IFC), der am Mittwoch auf der UN-Generalversammlung in New York veröffentlicht wurde.

Auf der COP28 hatten mehr als 60 Länder mit dem “Global Cooling Pledge” die Absicht erklärt, Emissionen aus der Kühlung bis 2050 um 68 Prozent zu reduzieren. Der Kühlungssektor verursacht Treibhausgase unter anderem durch seinen Strombedarf. Hinzu kommt die Klimawirkung von entweichenden Kühlmitteln, die im Vergleich zu CO₂ besonders hoch ist. Dazu gehören beispielsweise Fluorkohlenwasserstoffe. Nach dem Bericht Global Cooling Watch 2023 der UNEP werden aktuell weltweit 20 Prozent des Stroms für Kühlung verwendet, und die Nachfrage nach Kühlung könnte sich bis 2050 verdreifachen.

Ohne Maßnahmen könnten Kühlungsemission stark steigen

Es brauche “energieeffiziente, umweltfreundliche und wirtschaftlich tragfähige Kühllösungen”, heißt es in dem aktuellen Bericht. Dafür sollte man auf passive Kühlungslösungen wie Isolierung setzen, Mindeststandards für Energieeffizienz durchsetzen und klimaschädliche Kältemittel schneller abschaffen. Außerdem brauche es systematische Ansätze für Kühlketten. Nach aktuellen Projektionen würden die mit Kühlung verbundenen Emissionen ansonsten aufgrund von Bevölkerungs- und ökonomischen Wachstum sowie Urbanisierung stark ansteigen.

Für eine “Wende zur nachhaltigen Kühlung” seien demnach erhebliche Finanzmittel von geschätzt 400 bis 800 Milliarden US-Dollar – auch aus dem Privatsektor – nötig. Allerdings sieht der Bericht auch wirtschaftliche Chancen und Investitionsmöglichkeiten: Durch die wachsende Notwendigkeit und Nachfrage von Kühlungslösungen wachse auch der Markt für nachhaltige Kühlungslösungen; bis 2050 könnte er sich von aktuell 300 Milliarden US-Dollar jährlich auf 600 Milliarden verdoppeln. kul

  • COP28
  • Emissionen
  • Klimaanpassung
  • Vereinte Nationen

BMUV: Gesetzesnovelle soll Hochwasser-Vorsorge verbessern

Das Bundesumweltministerium will mit einer Gesetzesnovelle auf die steigende Hochwassergefahr reagieren. “Die vielen Hochwasser in diesem Jahr zeigen uns, dass wir es mit einer neuen Realität zu tun haben”, erklärte Ministerin Steffi Lemke (Grüne) am Mittwoch. “Wir müssen die Menschen und ihr Hab und Gut, aber auch unsere Infrastruktur vor immer größeren Fluten schützen.” Zu diesem Zweck sind Änderungen des Wasserhaushaltsgesetzes geplant; ein Gesetzesentwurf, den das BMUV bereits mit den Ländern abgestimmt hat, geht nun in die Ressortabstimmung. Ihr Ziel sei es, den Entwurf noch in diesem Jahr im Kabinett zu verabschieden.

Nach Angaben des Ministeriums sieht der Entwurf vor, dass Gemeinden künftig verpflichtet werden, Konzepte für die Vorsorge gegen Starkregen und für dessen Management zu erarbeiten. Zudem sollen Brücken künftig größeren Abstand zur Wasseroberfläche einhalten und Genehmigungsverfahren für Hochwasserschutz-Maßnahmen beschleunigt werden. In der Flächennutzungs- und Bebauungsplanung soll Hochwasserschutz künftig verpflichtend beachtet werden. Und Länder bekommen die Möglichkeit, Gebiete festzulegen, in denen aufgrund von Hochwassergefahr überhaupt nicht mehr neu gebaut werden darf. Neue Bundesgelder für die Länder und Gemeinden, die für den Hochwasserschutz zuständig sind, sind im Zusammenhang mit der Novelle nicht vorgesehen.

Meiste Niederschläge in zwölf Monaten seit Aufzeichnungsbeginn

Mit der Zunahme von extremen Wetterereignissen beschäftigt sich derzeit auch der Extremwetterkongress in Hamburg. Zum Auftakt stellten die Veranstalter zusammen mit dem Deutschen Wetterdienst (DWD) ein neues Faktenpapier vor. Darin heißt es, dass seit 1960 in Deutschland jede Dekade wärmer war als die vorherige. 2023 lag die Temperatur um 2,8 Grad höher als im Zeitraum von 1881 bis 1910. “Wir erleben eine ungebremste Erderwärmung mit immer heftigeren Extremwettern”, erklärte DWD-Vorstand Tobias Fuchs.

Auch in Bezug auf Regen und Schnee gab es zuletzt einen Rekord: “Beim Zeitraum Juli 2023 bis Juni 2024 handelte es sich um die niederschlagsreichste Zwölfmonatsepisode in Deutschland seit Auswertungsbeginn 1881”, schreiben die Autoren. Anders als bei der Hitze sei es bei den Niederschlägen aber schwierig, einen eindeutigen Trend nachzuweisen. “Der Zusammenhang zwischen Klimawandel und Starkniederschlägen
ist komplex und daher Gegenstand intensiver Forschung”, heißt es. Für einige Regionen deuteten die
Radardaten zwar auf eine Zunahme der Häufigkeit von Starkniederschlags-Ereignissen hin. Aufgrund der hohen Variabilität von Jahr zu Jahr sowie der kurzen Zeitreihe ließen sich daraus aber noch keine Rückschlüsse auf eine Zunahme von Extremereignissen im Zusammenhang mit dem Klimawandel ziehen. mkr

  • Extremwetter
  • Hochwasser
  • Umweltministerium

Warum sich der Green Deal negativ auf die globalen Emissionen auswirken könnte

Die geplante Reduktion von Treibhausgasen in der EU könnte zu einem massiven Anstieg der Emissionen in anderen Teilen der Welt führen. Zu diesem Schluss kommt ein internationales Wissenschaftlerteam an der Universität Groningen unter der Leitung von Klaus Hubacek. Ihre Analyse wurde gerade im Fachmagazin Nature Sustainability veröffentlicht.

In der Studie wurden die geplanten Maßnahmen des Green New Deal im Bereich der Land- und Forstwirtschaft einschließlich der damit verbundenen Lieferketten untersucht. Dabei hat sich gezeigt, dass der Green Deal in seiner jetzigen Form im Vergleich zum Einsparziel innerhalb der EU zu einem mehr als doppelt so hohen Anstieg der Emissionen in Ländern außerhalb der EU führen würde.

Als Beispiel nannte Hubacek das Pflanzen von drei Milliarden Bäumen, eine Maßnahme zur Erhöhung der Biodiversität in Europa. Da Bäume viel Land brauchen, bedeute dies, dass in Zukunft anderswo, etwa in Afrika oder Südamerika, mehr Nahrungsmittel produziert werden müssten. Dafür werde aber zusätzliches Ackerland benötigt. “Das erhöht den Kohlendioxidausstoß und verringert die Artenvielfalt”, so Hubacek.

Green Deal muss von CO₂-Einsparungen innerhalb der EU begleitet werden

Zwar verbietet die Anti-Entwaldungsverordnung der EU den Import von Produkten, für die Waldflächen in Ackerland umgewandelt wurden. Aber: “Nichts hält diese Länder davon ab, auf bestehenden landwirtschaftlichen Flächen Produkte für Europa anzubauen und Wälder zu fällen, um für den lokalen Markt zu produzieren”, so Hubacek.

Um die befürchteten negativen Auswirkungen des Green Deal zu minimieren, schlagen die Wissenschaftler drei flankierende Maßnahmen vor:

  • Eine Ernährungswende hin zu der überwiegend pflanzenbasierten Planetary Health Diet, was “enorme Mengen an Kohlenstoffemissionen” einsparen würde.
  • Den schrittweisen Ausstieg der EU aus Biokraftstoffen auf Nahrungsmittelbasis, was den Bedarf an landwirtschaftlichen Nutzflächen reduzieren würde.
  • Die Unterstützung der Entwicklungsländer bei der Effizienzsteigerung ihrer Landwirtschaft, was ebenfalls den Flächenverbrauch verringern könnte. ch
  • Anti-Entwaldung
  • Biodiversität
  • Entwaldung
  • Europa
  • Globaler Süden
  • Green Deal

IEA: Verdreifachung der Erneuerbaren machbar

Das auf der COP28 festgelegte Ziel, die Kapazität der erneuerbaren Energien bis 2030 zu verdreifachen, ist machbar, aber die Länder müssen schnell handeln, um mehr Stromnetzanschlüsse und Batteriespeicher zu installieren, so die Internationale Energieagentur (IEA). In einem am Dienstag veröffentlichten Bericht heißt es, dass günstige wirtschaftliche Bedingungen, ein “reichliches” Produktionspotenzial und politische Maßnahmen das Ziel erreichbar machen. Um es jedoch vollständig umzusetzen, müssten die Länder bis 2030 Übertragungsleitungen mit einer Länge 25 Millionen Kilometer bauen und 1.500 Gigawatt an Energiespeicherkapazität hinzufügen, was gegenüber dem heutigen Stand einer 15-fachen Steigerung entspricht.

Der Bericht ist der erste, der die spezifischen Maßnahmen umreißt, die ergriffen werden müssen, um das COP28-Ziel zu erreichen. “Eine weitere internationale Zusammenarbeit ist unerlässlich, um zweckmäßige Netze, ausreichende Energiespeicher und eine schnellere Elektrifizierung zu erreichen, die für einen schnellen und sicheren Übergang zu sauberer Energie unerlässlich sind”, sagte IEA-Exekutivdirektor Fatih Birol. Laut dem Bericht würde eine Verdreifachung der Kapazität der erneuerbaren Energien bis zum Ende des Jahrzehnts die weltweiten Treibhausgasemissionen um zehn Milliarden Tonnen reduzieren. rtr

  • Batterien
  • Batteriespeicher
  • COP28
  • Erneuerbare Energien
  • IEA
  • Vereinte Nationen
Translation missing.

Presseschau

New York Times: Effizient kühlen und heizen. Ein sogenanntes Netzwerk der fünften Generation für Heizung und Kühlung beim Bankside Yards-Projekt in London nutzt ein zukunftsweisendes Energiesystem, das ohne fossile Brennstoffe auskommt. Ein System aus elektrisch betriebenen Wärmepumpen sorgt dafür, dass jederzeit effizient gekühlt oder geheizt werden kann. Zum Artikel

Handelsblatt: Klima bestimmt Stadtplanung. Immer mehr Menschen ziehen in die Großstädte. Wohnungen sind knapp und teuer, es muss mehr gebaut werden. Neubauten sollten jedoch nicht dem Klima schaden. Dach- und Fassadenbegrünungen bieten die Möglichkeit, Wohnungsbau und Klimaschutz miteinander zu verbinden. Zum Artikel

New York Times: Biden warnt vor Trump. US-Präsident Joe Biden feierte am Dienstag seine Rekordbilanz an Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels und warnte davor, dass Donald Trump diese Errungenschaften zunichtemachen würde. Zum Artikel

Vox: Amerika zuerst. Nicht nur der ehemalige US-Präsident Donald Trump setzt auf “Amercia first”. Auch Kamala Harris denkt zuerst an die USA und setzt dabei auch darauf, die heimische Öl- und Erdgas-Industrie zu entwickeln. Zum Artikel

Zeit: Guyanas Klimarechnung. Obwohl es viel Öl exportiert, hat Guyana eine hervorragende Klimabilanz – vor allem, weil in dem Land viel Regenwald steht. Aber auch, weil die Staaten bei der Aufstellung ihrer Klimabilanzen große Freiräume haben. Zum Artikel

Climate.Table Redaktion

CLIMATE.TABLE REDAKTION

Licenses:
    Liebe Leserin, lieber Leser,

    heute blicken wir vor allem nach (Süd-)Osten: Am Sonntag wählt Österreich ein neues Parlament, wir ziehen eine Klimabilanz der scheidenden Regierung. Tenor: Die Grünen haben in ihrer ersten Regierungsbeteiligung einiges umgesetzt, wovon man in Deutschland nur träumen kann – Klimageld, Senkung der Emissionen im Verkehr -, aber vieles andere ist auf der Strecke geblieben. Und ob die Partei ihre Arbeit in Wählerstimmen umsetzen kann, ist fraglich – immerhin in einem Land, dem die angebliche “Klimahysterie”, wie die Populisten die Erderhitzung nennen, in Form der Überschwemmungen gerade noch bis zum Hals stand.

    Weiter im Osten bekommt die Regierung von Aserbaidschan das schlechtestmögliche Zeugnis für ihre Klimapolitik: Beim Gastgeber der COP29 steigen die Emissionen, Gas und Öl dominieren die Wirtschaft, Planungen für die Klimaneutralität gibt es auch nicht, moniert eine neue Studie. Und die Kritik an der COP-Vorbereitung wird auch immer lauter.

    Und dann noch interessante News aus dem Fernen Osten: China zahlt offenbar weitaus mehr für die globale Klimafinanzierung als bisher alle annehmen, sagte eine neue Studie. Das könnte die Debatten zum neuen Finanzziel in Baku noch interessanter machen und ein paar Fronten aufweichen. Schließlich stammt die Studie aus den USA.

    Ob in Ost, West, Nord oder Süd, wir bleiben dran!

    Ihr
    Bernhard Pötter
    Bild von Bernhard  Pötter

    Analyse

    Aserbaidschan: Wie der COP-Gastgeber seine Klimapläne verwässert

    Große Abhängigkeit von den Fossilen: Aserbaidschans Gasreserve.

    Der Gastgeber der COP29 bekommt zwei Monate vor Beginn der Konferenz in Baku für seine Klimapolitik und seine Vorbereitung schlechte Noten: Als “kritisch unzureichend” stuft ein neuer Bericht der Thinktank-Kooperation “Climate Action Tracker” (CAT) die Politik und Pläne des Landes ein. Und in den offiziellen Vorschlägen der COP29-Präsidentschaft für die Ergebnisse der Konferenz fehlen bislang die Klimaziele für 2030, auf die sich die COP28 im vergangenen Jahr geeinigt hat.

    Steigende statt sinkende Emissionen bis 2030

    Die CAT-Analyse bescheinigt dem Gastgeber der nächsten Klimakonferenz, seine Klimapolitik und Klimaziele “reflektieren minimale bis keine Handlung im Klimaschutz und passen überhaupt nicht zur 1,5-Grad-Grenze des Pariser Abkommens”. Im Einzelnen kritisiert der Bericht:

    • Aserbaidschan plane mehr statt weniger Treibhausgas-Emissionen bis 2030, eine Zunahme von etwa 20 Prozent von den derzeit 72 Millionen Tonnen. Methanemissionen aus dem Öl- und Gasgeschäft steigen demnach bis 2030, statt um 66 Prozent zu fallen, wie für einen 1,5-Grad-Pfad nötig.
    • Aserbaidschan “hat anscheinend sein ursprüngliches NDC aufgegeben“, heißt es in der Analyse, was den Vereinbarungen im Pariser Abkommen widerspreche. Denn das Land hatte ursprünglich aus eigener Kraft bis 2030 eine Reduktion von 28 Prozent gegenüber 1990 schaffen wollen. In seinem 2023 erneuerten Klimaplan NDC legt es nun nur noch minus 22 Prozent fest – und auch das nur unter der Voraussetzung internationaler Hilfe.
    • Allerdings wirbt das Land mit den anderen “Troika”-Mitgliedern um neue und ehrgeizige NDC der Staaten. Zusammen mit den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) und Brasilien hat Aserbaidschan versprochen, Anfang 2025 ein NDC vorzulegen, das auf den 1,5-Grad-Pfad kommt – auch wenn jedes Land selbst definieren soll, was als 1,5-Grad-Pfad gelten kann.
    • Aserbaidschan ist von Öl und Gas abhängig: Sein Strom kommt zu 94 Prozent aus fossilen Quellen, 60 Prozent der Staatseinnahmen stammen aus Fossilen. Die Regierung plant – auch auf Drängen der EU, die russisches Gas ersetzen will – den weiteren Ausbau vor allem der Gasproduktion.
    • Der geplante Ausbau von Erneuerbaren wird laut CAT die Emissionen weltweit kaum verringern – denn das dadurch gesparte Gas werde (vor allem in die EU) exportiert und dann verbrannt.
    • Aserbaidschan hat weder ein Netto-Null-Ziel noch eine Langfriststrategie zur Dekarbonisierung.
    • Eine global vergleichbar “faire” Anstrengung des Landes im Klimaschutz würde laut CAT bedeuten, dass es seine Treibhausgas-Emissionen bis 2030 auf 35 Millionen Tonnen praktisch halbiert – und nicht auf etwa 90 Millionen Tonnen ausweitet, wie derzeit angelegt.

    Was bewirkt die “Troika”?

    Die CAT-Analyse erscheint nicht zufällig während der UN-Generalversammlung in New York. Dort wollen sich die Mitglieder der “Troika” aus den COP-Präsidentschaften VAE (COP28), Aserbaidschan (COP29) und Brasilien (COP30) treffen. Bislang sind von dieser einmaligen Kooperation von COP-Präsidentschaften noch kaum Impulse in den UN-Klimaprozess sichtbar. Anders als COP28-Präsident Sultan Al Jaber vor einem Jahr ist der designierte Chef der COP29, Umweltminister Mukhtar Babajev, international deutlich weniger präsent. Im Rahmen der Troika “Mission 1.5” kündigte Brasiliens Präsident Lula am Rande der Generalversammlung an, Brasilien werde noch 2024 1,5-Grad-kompatible NDC vorlegen.  

    Zeitgleich mahnt die Internationale Energieagentur IEA dazu, die Methanemissionen aus der Öl- und Gasproduktion zu senken. Der dazu eingerichteten “Methane Pledge” ist im Frühjahr auch Aserbaidschan beigetreten – sieht sich aber im eigenen Land schnell steigenden Methanemissionen gegenüber, statt sie zu senken.

    Ziele für Baku verschweigen Ziele von Dubai

    Auch bei Babajevs Planungen für ein Ergebnis in Baku gibt es Fragezeichen. In einem Brief an die Delegationen hat der designierte COP-Präsident 14 angestrebte Ergebnisse aufgeführt, die jenseits der COP-Verhandlungen erzielt werden können. Allerdings erwähnt er dabei nicht die Umsetzung der zentralen Beschlüsse der COP28: Abkehr von den Fossilen, Verdreifachung der Erneuerbaren und Verdopplung der Energieeffizienz bis 2030. Stattdessen plant er unter anderem

    • einen Klimaschutz-Fonds aus freiwilligen Beiträgen der Länder mit fossilen Produktionen und eine Initiative für grünes Investment,
    • Selbstverpflichtungen der Länder zu “grünen Korridoren” von Erneuerbaren, zum Ausbau von Energiespeichern und Wasserstoff,
    • eine Friedensinitiative während der COP sowie
    • diverse Erklärungen zu Abfall, Landwirtschaft, Digitalisierung, Tourismus, Wasser und “gesunden Städten”.

    Klimafonds der Ölländer nur freiwillig

    Aserbaidschans Vorstoß für einen freiwilligen Klimafonds der Öl- und Gasländer, der “Climate Finance Action Fund” (CFAF), ist die abgespeckte Vision einer anfänglichen Idee: Ursprünglich sollte eine verpflichtende Abgabe für fossile Produzenten jährlich mehrere Milliarden US-Dollar aufbringen, um grüne Investitionen und Klimahilfen im Schadensfall in armen Ländern zu finanzieren. Diese Idee lehnten die Ölstaaten allerdings ab.

    Nun soll der CFAF einmalig mit einer Milliarde US-Dollar gefüllt werden, Aserbaidschan will mit einer bislang ungenannten Summe den Anfang machen. Der Sitz des Fonds soll Baku sein, er wird aktiv, wenn das Geld da ist und mindestens zehn Länder engagiert sind. Die eine Hälfte des Geldes soll für Minderung, Anpassung und Forschung in den armen Ländern genutzt werden, die andere soll für die neuen NDC der Entwicklungsländer fließen. 20 Prozent der Gewinne des Fonds sollen reserviert werden, um schnelle Hilfen bei Klimaschäden etwa in Inselstaaten nach Stürmen zu gewährleisten. Noch ist unklar, wie sich der Fonds vom neuen “Loss and Damage”-Fonds der UN unterscheiden soll, der sich mit etwa 800 Millionen US-Dollar derzeit an seinem Sitz in den Philippinen aufstellt.

    Andreas Sieber von der Klimaorganisation 350.org bemängelt, die COP29-Präsidentschaft “erregt wieder ernste Bedenken, ob sie der Energiewende überhaupt verpflichtet ist“. Die 14 Initiativen und die Bestellung einer Tochter des staatlichen aserbaidschanischen Ölkonzerns SOCAR zum Sponsor der COP zeige “wieder die Ignoranz Aserbaidschans und den Mangel an Führung”. Die Botschaft sei, dass “die Tür weit offen ist für Öl- und Gasdeals. Das muss sich dringend ändern.”

    • Aserbaidschan
    • COP28
    • COP29
    • Energiewende
    • Klimadiplomatie
    Translation missing.

    Wahlcheck Österreich: Klimapolitik senkt Emissionen und Umfragewerte der Grünen

    Nach langem Ringen mit dem Koalitionspartner ÖVP hat Klimaministerin Leonore Gewessler (Grüne) am Dienstag die endgültige Version des Nationalen Energie- und Klimaplans vorgestellt.
    Stolz oder Wehmut? Hart erarbeiten musste sich Klimaschutzministerin Leonore Gewessler nicht nur den nationalen Klimaplan für Österreich.

    Am 29. September wählt Österreich einen neuen Nationalrat. Die Klimabilanz der vergangenen Legislatur ist geprägt von der ersten Regierungsbeteiligung der Grünen, als kleinerer Partner der konservativen ÖVP. Zentral dabei waren die CO₂-Steuer mit Rückzahlung an die Bevölkerung, der nationale Klimaplan (NECP) und die umstrittene Zustimmung zum EU-Renaturierungsgesetz durch Klima- und Umweltministerin Leonore Gewessler. Andere wichtige Gesetze fehlen weiterhin oder wurden abgeschwächt. In der Energiepolitik zeigen manche Trends in die falsche Richtung, dennoch ist der CO₂-Ausstoß deutlich gesunken.

    Im Wahlkampf selbst war Klimapolitik kaum ein Thema. Dann kam die Flutkatastrophe – und mit ihr wurden Klimapolitik und Renaturierung doch noch Teil der Debatte. Laut einer aktuellen Studie machte der Klimawandel die Flut zweimal wahrscheinlicher als in einem Szenario ohne Erderwärmung – und erhöhte ihre Intensität um sieben Prozent. Dennoch liegen die Grünen in Umfragen nur bei etwa neun Prozent. Gewinner der Flut ist wohl die ÖVP für ihr Krisenmanagement.

    Die grüne Klimaschutzministerin Gewessler war auch für die Ressorts Energie, Verkehr und Infrastruktur zuständig. Vor ihrer überraschenden Regierungsbeteiligung waren die Grünen nicht einmal im Parlament vertreten und in der Organisation geschwächt. Sie mussten mehr als hundert Mitarbeitende entlassen, verloren Budget und Büroräume. Auch ihr informeller Einfluss, etwa über die Sozialpartnerschaft, ist deutlich geringer als bei anderen Parteien.

    Emissionen sinken, aber zu langsam

    Österreichs Emissionen sind 2023 um 6,4 Prozent auf 68 Millionen Tonnen gesunken; erstmals in allen Sektoren – auch im Verkehr. “Wir haben in den letzten Jahren klimapolitisch so viel weitergebracht wie noch nie zuvor”, sagt Lukas Hammer, Klima- und Energiesprecher der Grünen, zu Table.Briefings. “Doch das reicht in Intensität und Geschwindigkeit noch nicht aus, um unser Klimaneutralitätsziel zu erfüllen.”

    Im Koalitionsabkommen hatten ÖVP und Grüne vereinbart, bereits 2040 klimaneutral zu werden. Zum Gesetz wurde dieses Ziel nie. Jedes Jahr müsste dafür der Treibhausgas-Ausstoß um ähnliche Prozentwerte sinken wie im Vorjahr. Innerhalb der EU ist Österreich zudem verpflichtet, die Emissionen bis 2030 um minus 48 Prozent gegenüber 2005 zu senken. Laut Umweltbundesamt braucht es dafür “dringend zusätzliche konkrete und ambitionierte Maßnahmen” im Einklang mit dem nationalen Klimaplan (NECP). Erst im August hatte Österreich als letztes EU-Mitglied einen nachgeschärften Entwurf abgegeben. Der finale, aktualisierte Klimaplan fehlt allerdings weiter.

    Plan: Mehr CCS und Wasserstoff, weniger klimaschädliche Subventionen

    Im Entwurf ist beispielsweise ein stärkerer Fokus auf CCS und Wasserstoff vorgesehen. Zwei Millionen Tonnen CO₂ pro Jahr soll ein schrittweiser Abbau von fossilen Subventionen einsparen. Die ÖVP will Pendlerpauschale und Dieselprivileg aber beibehalten. “Ich sehe nicht, wie so genug eingespart wird”, sagt Katharina Rogenhofer, Vorständin des Kontext Institut für Klimafragen, im Gespräch mit Table.Briefings.

    Mit dem nationalen Klimaplan werden auch die Sektorziele gestrichen. Sie waren im Regierungsabkommen noch für das Klimaschutzgesetz vorgesehen – ein Rahmengesetz, das laut Hammer “Verantwortlichkeiten, Budgets und Mechanismen bei einer Zielabweichung” festlegen sollte. Seit mehr als 1.000 Tagen fehlt es. Die ÖVP blockiert. “Es wäre wichtig, einen Rahmen festzulegen und für nationale Planungssicherheit zu sorgen”, sagt Rogenhofer mit Blick auf die nächste Regierung.

    Erneuerbaren-Anteil sinkt, wichtige Gesetze scheiterten

    Nun sinken zwar die Emissionen, aber auch der Anteil der erneuerbaren Energie. 2020 lag dieser laut NECP-Plan noch bei 36,5 Prozent, 2022 nur mehr bei 33,8 Prozent. Grund dafür sind neue Berechnungsmethoden, aber auch der steigende Energiebedarf, während der Erneuerbaren-Ausbau in einigen Bereichen stockt:

    • Die Heizwende schreitet nur schleppend voran. Das Erneuerbare-Wärme-Gesetz scheiterte, es wurde nur in abgeschwächter Version beschlossen. Diese regle etwa “nicht mehr den Umstieg von Öl- und Gasheizungen im Bestand”, kritisiert Rogenhofer. Weiter werden 1,3 Millionen Haushalte fossil beheizt. Der Absatz von Wärmepumpen im ersten Halbjahr 2024 ist zudem laut Branchenverband Wärmepumpe Austria um 30 Prozent eingebrochen.
    • Der Windenergie-Ausbau ist zu langsam, um die Ziele des Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes zu erreichen. Mit dem Elektrizitätswirtschaftsgesetz und dem Energiewende-Beschleunigungsgesetz hätten Windkraft- und Netzausbau beschleunigt und rechtliche Hürden beseitigt werden können. Laut Hammer seien die Gesetze “beschlussfertig”, werden aber nicht mehr kommen, weil die ÖVP blockiere.
    • Beim Photovoltaik-Ausbau ist Österreich auf Zielkurs für das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz. Daten der Regulierungsbehörde E-Control zeigen konstante Ausbauraten von 500 bis 600 Megawatt pro Quartal – auch dank Zuschüssen und Steuervorteilen. Für eine Integration ins Stromsystem brauche es aber das Elektrizitätswirtschaftsgesetz, schreibt der Energieexperte Christoph Dolna-Gruber von der Austrian Energy Agency auf X.
    • Der Anteil an russischem Gas ist weiterhin hoch, das Erneuerbares-Gas-Gesetz für mehr klimafreundliches Biogas ist gescheitert. Grüne, ÖVP und SPÖ geben einander die Schuld, das Gesetz, das eine Zweidrittel-Mehrheit bräuchte, blockiert zu haben.
    • Förderung von Wasserstoff wird angekurbelt. Bis 2030 will die Bundesregierung 1 Gigawatt Elektrolysekapazität schaffen, auch mithilfe des Wasserstoffförderungsgesetzes. Derzeit sind laut Umsetzungsbericht des BMK 18 Megawatt Elektrolyseurleistung installiert – weniger als zwei Prozent des Ziels für 2030.

    Kein Tempo 100, dafür Klimaticket und erhöhte NoVA-Abgabe

    Im Verkehrssektor stiegen die Emissionen seit 1990 um mehr als 50 Prozent. Seit 2019 – auch wegen corona-bedingter Lockdowns – sinken sie wieder. Österreich ist EU-weit das Land, in dem pro Person die meisten Kilometer im Schienenverkehr gefahren werden. Es gibt hier aber auch das dichteste Straßennetz. Für Bundeskanzler Karl Nehammer ist Österreich aber ein “Autoland”. Seine ÖVP ist gegen das geplante Verbrenner-Aus auf EU-Ebene und gegen Tempo 100 auf Autobahnen, sie setzt stattdessen auf E-Fuels für Pkws.

    Dementsprechend schwierig hatten es die Grünen, ihre Forderungen durchzusetzen – obwohl Klimaschutzministerin Gewessler auch Verkehrsministerin ist. “Aber es gibt viele Angelegenheiten, die die Bundesländer betreffen”, erklärt Rogenhofer ihren begrenzten Einfluss im föderalistischen Österreich. Nur in zwei der neun Bundesländern regieren die Grünen mit, die ÖPV in sieben.

    Wesentliche Veränderungen im Verkehrssektor waren etwa:

    • Einführung des Klimatickets für jährlich 1.095 Euro pro Person für ganz Österreich. Seit 2021 hat sich die Zahl der aktiven Tickets auf 300.000 verdreifacht.
    • Erhöhung des Budgets für den Rad- und Fußverkehr. ÖVP und Grüne wollten bis 2025 den Radverkehrsanteil von sieben auf 13 Prozent erhöhen. Das Budget wurde vervielfacht, Rechte für Radfahrer und Fußgänger ausgeweitet. Derzeit liegt der Radverkehrsanteil laut der Mobilitätsorganisation VCÖ bei zehn Prozent.
    • Absage/Stopp mehrerer klimaschädlicher Verkehrsprojekte. So wurden etwa der Bau von Lobautunnel und -Autobahn sowie der Schnellstraße S18 vorerst gestoppt. Unklar bleibt, wie es mit der dritten Piste für den Flughafen Wien-Schwechat weitergeht.
    • Erhöhung der Normverbrauchsabgabe (NoVA). Für Hammer war die Reform der NoVA eine der “mächtigsten Maßnahmen im Klimaschutz” – unter dem Radar der Öffentlichkeit und der ÖVP. Diese hatte sich stattdessen gefreut, die “Abschaffung des Dieselprivilegs weg verhandelt” zu haben. Während emissionsfreie Fahrzeuge keine NoVA zahlen, erhöht sich die Abgabe bei steigenden CO₂-Werten von Verbrennern. “Da müsstest du aber mehrere Millionen Kilometer mit dem Auto fahren, damit du die höhere NoVA beim Autokauf wieder drinnen hast”, erklärt Hammer. Und eben diese Kaufpreiserhöhung hatte seine Partei in die “Ökosoziale Steuerreform” hineinverhandelt.

    Die Ökosoziale Steuerreform war wie das Klimaticket ein Kind der Coronakrise. Beide Parteien brauchten Erfolge: Das Gesetzespaket brachte einerseits Steuererleichterungen für Unternehmen und andererseits eine CO₂-Steuer, deren Einnahmen über den Klimabonus – ähnlich dem Klimageld – ausgeschüttet werden. Eine Tonne CO₂ kostet im Non-ETS Bereich aktuell 45 Euro. Berechnungen des deutschen Umweltbundesamts zufolge müsste eine Tonne aber mehr als 250 Euro kosten, um die ökologischen Kosten einzupreisen und einen Lenkungseffekt zu erzielen.

    Klimarat ohne Folgen und erhöhte Klimafinanzierung

    Hart erstritten haben sich die Grünen auch den Klimarat. Repräsentativ für Österreich haben 100 Freiwillige 93 Empfehlungen ausgearbeitet. Hammer, der den Entschließungsantrag verhandelt hatte, sieht darin einen Erfolg: “Es ist erstaunlich progressiv, was dieses Mini-Österreich verhandelt hat. Sie hätten auch sagen können, ‘wir wollen nichts ändern’.” Gegen Ende des Klimarats begann die ÖVP allerdings, ihn zu delegitimieren. ÖVP-Klimasprecher Johannes Schmuckenschlager nannte ihn etwa eine “absolut untaugliche Institution”. Die Empfehlungen wurden großteils ignoriert, kaum umgesetzt. Verbindlichkeiten fehlten.

    Zudem wurde die öffentliche Klimafinanzierung 2022 um 60 Prozent aufgestockt, der Beitrag zum “Loss and Damage”-Fonds um 15 Millionen auf 25 Millionen Euro erhöht und bis 2030 werden Förderungen von rund 5,7 Milliarden Euro zur Transformation der Industrie bereitgestellt.

    Wahlausblick: Trotz Erfolgen weiter einstellig?

    Kurz vor den Nationalratswahlen am 29. September sind die Grünen in Umfragen wieder einstellig. Es fehlt ein Momentum wie 2019, als “Fridays for Future” demonstrierten und die Grünen ins Parlament spülten. Zwar gingen nach der Flutkatastrophe wieder mehr Menschen auf die Straße, die Umfragewerte der Grünen stiegen aber kaum.

    Bislang scheint die ÖVP als Katastrophenmanager am meisten von der Katastrophe zu profitieren. Zwei neue Umfragen sehen sie Kopf an Kopf mit der FPÖ. Die SPÖ liegt einige Prozentpunkte dahinter bei 20 Prozent, die Grünen bei neun Prozent. Nun werde Klimapolitik aber “auf jeden Fall zum Wahlthema”, meint Rogenhofer. Unwahrscheinlich sei aber, dass es eine Neuauflage von ÖVP und Grünen gibt – am ehesten noch “rechnerisch im Rahmen einer Drei-Parteien-Koalition mit der SPÖ”.

    • CCS
    • Daten
    • Die Grünen
    • E-Fuels
    • Energiepolitik
    • EU-Renaturierungsgesetz
    • Klimageld
    • Klimapolitik
    • Österreich
    • Renaturierung
    • Wahlen
    Translation missing.

    Termine

    26. September, 11 Uhr, Brüssel/Online
    Vorstellung Future of the EU ETS: ETS Coverage
    Der European Roundtable on Climate Change and Sustainable Transition stellt auf diesem Event seinen “EU ETS Coverage Report” vor. Darin geht es um die Zukunft des EU-ETS-Systems. Infos

    26. September, 14 Uhr, Berlin
    Kongress Zeit Wissen – Fast Forward! Klimaneutralität und -anpassung gemeinsam realisieren
    Die Auswirkungen des Klimawandels nehmen zu und wir handeln zu langsam. Daraus folgt nicht nur, dass Maßnahmen für eine klimaneutrale Zukunft schneller umgesetzt werden müssen, sondern auch, dass es mehr Klimaanpassung braucht. Unter dem Motto “Fast Forward! Klimaneutralität und -anpassung gemeinsam realisieren” wird beim “ZEIT WISSEN Kongress – Mut zur Nachhaltigkeit” darüber diskutiert, wie Best Practises aussehen.  Infos

    29. September, Österreich
    Wahlen Nationalratswahl
    Die Österreicherinnen und Österreicher wählen einen neuen Nationalrat. Der Nationalrat bildet die zweite Kammer des österreichischen Parlaments.

    30. September bis 2. Oktober, Genf
    Konferenz Drought Resilience +10
    Im Anschluss an das erste hochrangige Treffen zur nationalen Dürrepolitik im Jahr 2013 zielt die “Drought Resilience +10”-Konferenz darauf ab, die Maßnahmen gegen Dürre vor Ort zu verstärken und zu beschleunigen. Sie wird Länder und Experten zusammenbringen, um die Fortschritte und Erfahrungen bei der Dürrebewältigung zu überprüfen und einen gemeinsamen Weg in Richtung einer dürreresistenteren Welt zu erkunden und festzulegen. Infos

    30. September, 13 Uhr, Berlin
    Konferenz An Infrastructural Path to Green Industry and Jobs
    Copenhagen Infrastructure Partners (CIP), die Königlich Dänische Botschaft in Berlin und der Thinktank EUROPA veranstalten gemeinsam eine Konferenz über die Zukunft der grenzüberschreitenden Energieinfrastruktur in Europa. Infos

    1. Oktober, 9 Uhr, Online
    Vorstellung Die Armutslücke Welternährung 2024
    Die NGO Misereor stellt auf diesem Webinar die Studie “Die Armutslücke Welternährung 2024” vor. Die Studie berechnet, wie vielen Menschen weltweit das Geld fehlt, um sich eine gesunde Ernährung leisten zu können.   Infos

    1. Oktober, 11 Uhr, Online
    Webinar Kosten senken, Ausbau beschleunigen – wie weiter mit dem EEG?
    Durch die Einspeisung großer Mengen Strom aus Wind und Photovoltaik sinken die Börsenstrompreise immer häufiger in Bereiche, die die Kosten des Stroms nicht mehr abdecken und die Wirtschaftlichkeit der Anlagen bedrohen. Über das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) gleicht der Staat diese Differenzkosten aus. Es kommt zum EEG-Paradoxon: Die kostensenkende Wirkung der Erneuerbaren führt zu einer Mehrbelastung des Bundeshaushalts. Auf der Veranstaltung des Bundesverbands Erneuerbare Energien (BEE) wird darüber diskutiert, welche Wege es aus dieser Dynamik gibt. Infos

    1. bis 2. Oktober, Berlin
    Tagung Gas 2024 – Moleküle für eine nachhaltige Zukunft?
    Auf der Handelsblatt Jahrestagung wird über die Zukunft von Gas und die Frage, welche Rolle es in einer dekarbonisierten Wirtschaft spielt, diskutiert. Infos

    1. Oktober, 14 Uhr, Brüssel/Online
    Konferenz Bellona Climate Action Conference 2024
    Die NGO Bellona veranstaltet diese Konferenz zum 30-jährigen Bestehen. Es soll um Deikarbonisierung der Industrie und die Zukunft von Europas Energiepolitik gehen. Infos

    1. bis 3. Oktober, Rio de Janeiro
    G20-Treffen Climate and Environmental Sustainablity WG
    Im Rahmen des G20-Zyklus trifft sich die Working Group in Climate and Environmental Sustainability. Am 4. Oktober findet dann das Arbeitstreffen zu Energy Transition statt. Infos

    News

    Klima in Zahlen: Eisschmelze bedroht Walrouten

    Unter den Folgen der Erderhitzung leiden besonders stark die größten Säugetiere des Planeten: Vor allem Grönland-, Beluga- und Narwale ziehen im Frühjahr und Herbst wie andere Walarten zu Tausenden Richtung Norden und Süden und bekommen zunehmend Probleme mit der schwindenden Eisdecke. Das zeigt jetzt ein neuer Bericht der Umweltstiftung WWF, der zum ersten Mal die Wanderroute der Wale rund um den Nordpol kartografiert.

    Der Bericht warnt: Die “blauen Korridore“, in denen sich die Wale aufhalten und bewegen, sind zu großen Teilen mit den Routen der Schifffahrt identisch. Diese stört aber durch Unterwasserlärm und drohende Kollisionen den Lebensraum der Meeressäuger. Und bei schwindender Eisdecke haben die Fahrten im ehemaligen “ewigen Eis” zwischen 2013 und 2023 um 37 Prozent zugenommen, die zurückgelegten Distanzen haben sich verdoppelt. Der WWF fordert von den Schifffahrtsunternehmen, ihre Routen mit Rücksicht auf die Tiere zu planen, langsamer zu fahren und den Unterwasserlärm zu verringern.

    Die drei Walarten, die nur in den arktischen Gewässern vorkommen, werden durch die Eisschmelze zusätzlich bedroht, weil sie Nahrungsgründe und Schutzzonen verlieren. Da sich die Arktis etwa viermal so schnell erwärmt wie der globale Durchschnitt schmilzt das Meereis des hohen Nordens in hohem Tempo: Die Ausdehnung des arktischen Eises hat in den letzten Jahren stark abgenommen. 2024 lag das Minimum nur noch bei 4,3 Millionen Quadratkilometern. Die letzten 18 Jahre waren dabei gleichzeitig die 18 Jahre mit der geringsten Ausdehnung des Eises rund um den Nordpol seit es Aufzeichnungen gibt. bpo  

    • Arktis
    • Biodiversität
    • Eisschmelze
    • Klima in Zahlen
    • Klimawandel

    Studie: So viele Milliarden zahlt China für Klimafinanzierung

    “Wenn man wie China in der Lage ist, eine Mission zum Mond zu fliegen, dann kann man auch mehr im Bereich Klimaschutz zahlen“, sagte EU-Klimakommissar Wopke Hoekstra in einem Interview mit Bloomberg Television. Peking sei nun reich genug, um zu den weltweiten Bemühungen beizutragen, Finanzmittel für Entwicklungsländer bereitzustellen, um diesen bei der Bewältigung der Auswirkungen der globalen Erwärmung zu helfen. China argumentiert bisher, globale Klimafinanzierung sei die Verantwortung der reichsten Länder, die seit der industriellen Revolution die meisten CO₂-Emissionen verursacht haben.

    Gleichzeitig zeigt eine neue Studie, dass die Volksrepublik schon viel Geld in internationale Klimafinanzierung steckt: Etwa 45 Milliarden US-Dollar hat das Land bereits von 2013 bis 2022 bezahlt, also im Schnitt etwa 4,5 Milliarden US-Dollar im Jahr. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Untersuchung des US-Thinktanks “World Ressource Institut” (WRI).

    Die Studie weist darauf hin, dass die Datenlage nicht einfach ist. China ist wegen seines offiziellen Status als Schwellenland im Pariser Abkommen nicht zu internationalen Finanzhilfen und zu Transparenz darüber verpflichtet, kann aber freiwillig zahlen. Demnach setzt sich die Summe von 45 Milliarden US-Dollar zusammen aus:

    • bilateralen Finanzhilfen,
    • multilateralen Finanzhilfen,
    • Exportkrediten und
    • mobilisierter privater Finanzierung.

    Die Summe von 45 Milliarden macht laut WRI etwa sechs Prozent der gesamten globalen Klimafinanzierung aus. Zum Vergleich: Deutschland zahlt etwa sechs Milliarden Euro, die USA gaben laut US-Regierung 2021 etwa 5,8 Milliarden Dollar und sehen sich auf dem Weg, 2024 bereits 11,4 Milliarden Dollar beizutragen.

    Der Bericht wird im Vorfeld der COP29 auf Interesse stoßen, wo ein neues globales Ziel für die Klimafinanzierung (NQCG) beschlossen werden soll. Bisher gibt es unter den Ländern völlig verschiedene Vorstellungen darüber, wie viel Geld jenseits der jetzt versprochenen 100 Milliarden US-Dollar jährlich dafür mobilisiert werden soll – und wer dafür zahlen soll. Besonders die westlichen Industrieländer drängen darauf, dass sich auch China und andere relativ reiche Schwellenländer an den Zahlungen beteiligen. bpo/ari    

    • China
    • CO2-Emissionen
    • COP29
    • Klimafinanzierung
    • Schwellenland

    Kühlung: Diese Vorteile haben nachhaltige Lösungen

    2,4 Milliarden Menschen sind weltweit einem hohen Risiko durch extreme Hitze ausgesetzt – und durch die Klimaerwärmung werden es immer mehr. Deshalb steigt die Nachfrage nach Kühlungslösungen. In den Entwicklungsländern können nachhaltige Kühllösungen die mit der Kühlung verbundenen Emissionen um fast 50 Prozent senken. Die Kosten für Strom, Geräte und die Investitionen des Energiesektors könnten sich so bis 2050 um acht Billionen US-Dollar reduzieren. Zu diesem Ergebnis, kommt der Bericht “Cooler Finance: How to Fund the Developing World’s Growing Cooling Needs” von dem UN-Umweltprogramm (UNEP) und der Internationalen Finanz-Kooperation (IFC), der am Mittwoch auf der UN-Generalversammlung in New York veröffentlicht wurde.

    Auf der COP28 hatten mehr als 60 Länder mit dem “Global Cooling Pledge” die Absicht erklärt, Emissionen aus der Kühlung bis 2050 um 68 Prozent zu reduzieren. Der Kühlungssektor verursacht Treibhausgase unter anderem durch seinen Strombedarf. Hinzu kommt die Klimawirkung von entweichenden Kühlmitteln, die im Vergleich zu CO₂ besonders hoch ist. Dazu gehören beispielsweise Fluorkohlenwasserstoffe. Nach dem Bericht Global Cooling Watch 2023 der UNEP werden aktuell weltweit 20 Prozent des Stroms für Kühlung verwendet, und die Nachfrage nach Kühlung könnte sich bis 2050 verdreifachen.

    Ohne Maßnahmen könnten Kühlungsemission stark steigen

    Es brauche “energieeffiziente, umweltfreundliche und wirtschaftlich tragfähige Kühllösungen”, heißt es in dem aktuellen Bericht. Dafür sollte man auf passive Kühlungslösungen wie Isolierung setzen, Mindeststandards für Energieeffizienz durchsetzen und klimaschädliche Kältemittel schneller abschaffen. Außerdem brauche es systematische Ansätze für Kühlketten. Nach aktuellen Projektionen würden die mit Kühlung verbundenen Emissionen ansonsten aufgrund von Bevölkerungs- und ökonomischen Wachstum sowie Urbanisierung stark ansteigen.

    Für eine “Wende zur nachhaltigen Kühlung” seien demnach erhebliche Finanzmittel von geschätzt 400 bis 800 Milliarden US-Dollar – auch aus dem Privatsektor – nötig. Allerdings sieht der Bericht auch wirtschaftliche Chancen und Investitionsmöglichkeiten: Durch die wachsende Notwendigkeit und Nachfrage von Kühlungslösungen wachse auch der Markt für nachhaltige Kühlungslösungen; bis 2050 könnte er sich von aktuell 300 Milliarden US-Dollar jährlich auf 600 Milliarden verdoppeln. kul

    • COP28
    • Emissionen
    • Klimaanpassung
    • Vereinte Nationen

    BMUV: Gesetzesnovelle soll Hochwasser-Vorsorge verbessern

    Das Bundesumweltministerium will mit einer Gesetzesnovelle auf die steigende Hochwassergefahr reagieren. “Die vielen Hochwasser in diesem Jahr zeigen uns, dass wir es mit einer neuen Realität zu tun haben”, erklärte Ministerin Steffi Lemke (Grüne) am Mittwoch. “Wir müssen die Menschen und ihr Hab und Gut, aber auch unsere Infrastruktur vor immer größeren Fluten schützen.” Zu diesem Zweck sind Änderungen des Wasserhaushaltsgesetzes geplant; ein Gesetzesentwurf, den das BMUV bereits mit den Ländern abgestimmt hat, geht nun in die Ressortabstimmung. Ihr Ziel sei es, den Entwurf noch in diesem Jahr im Kabinett zu verabschieden.

    Nach Angaben des Ministeriums sieht der Entwurf vor, dass Gemeinden künftig verpflichtet werden, Konzepte für die Vorsorge gegen Starkregen und für dessen Management zu erarbeiten. Zudem sollen Brücken künftig größeren Abstand zur Wasseroberfläche einhalten und Genehmigungsverfahren für Hochwasserschutz-Maßnahmen beschleunigt werden. In der Flächennutzungs- und Bebauungsplanung soll Hochwasserschutz künftig verpflichtend beachtet werden. Und Länder bekommen die Möglichkeit, Gebiete festzulegen, in denen aufgrund von Hochwassergefahr überhaupt nicht mehr neu gebaut werden darf. Neue Bundesgelder für die Länder und Gemeinden, die für den Hochwasserschutz zuständig sind, sind im Zusammenhang mit der Novelle nicht vorgesehen.

    Meiste Niederschläge in zwölf Monaten seit Aufzeichnungsbeginn

    Mit der Zunahme von extremen Wetterereignissen beschäftigt sich derzeit auch der Extremwetterkongress in Hamburg. Zum Auftakt stellten die Veranstalter zusammen mit dem Deutschen Wetterdienst (DWD) ein neues Faktenpapier vor. Darin heißt es, dass seit 1960 in Deutschland jede Dekade wärmer war als die vorherige. 2023 lag die Temperatur um 2,8 Grad höher als im Zeitraum von 1881 bis 1910. “Wir erleben eine ungebremste Erderwärmung mit immer heftigeren Extremwettern”, erklärte DWD-Vorstand Tobias Fuchs.

    Auch in Bezug auf Regen und Schnee gab es zuletzt einen Rekord: “Beim Zeitraum Juli 2023 bis Juni 2024 handelte es sich um die niederschlagsreichste Zwölfmonatsepisode in Deutschland seit Auswertungsbeginn 1881”, schreiben die Autoren. Anders als bei der Hitze sei es bei den Niederschlägen aber schwierig, einen eindeutigen Trend nachzuweisen. “Der Zusammenhang zwischen Klimawandel und Starkniederschlägen
    ist komplex und daher Gegenstand intensiver Forschung”, heißt es. Für einige Regionen deuteten die
    Radardaten zwar auf eine Zunahme der Häufigkeit von Starkniederschlags-Ereignissen hin. Aufgrund der hohen Variabilität von Jahr zu Jahr sowie der kurzen Zeitreihe ließen sich daraus aber noch keine Rückschlüsse auf eine Zunahme von Extremereignissen im Zusammenhang mit dem Klimawandel ziehen. mkr

    • Extremwetter
    • Hochwasser
    • Umweltministerium

    Warum sich der Green Deal negativ auf die globalen Emissionen auswirken könnte

    Die geplante Reduktion von Treibhausgasen in der EU könnte zu einem massiven Anstieg der Emissionen in anderen Teilen der Welt führen. Zu diesem Schluss kommt ein internationales Wissenschaftlerteam an der Universität Groningen unter der Leitung von Klaus Hubacek. Ihre Analyse wurde gerade im Fachmagazin Nature Sustainability veröffentlicht.

    In der Studie wurden die geplanten Maßnahmen des Green New Deal im Bereich der Land- und Forstwirtschaft einschließlich der damit verbundenen Lieferketten untersucht. Dabei hat sich gezeigt, dass der Green Deal in seiner jetzigen Form im Vergleich zum Einsparziel innerhalb der EU zu einem mehr als doppelt so hohen Anstieg der Emissionen in Ländern außerhalb der EU führen würde.

    Als Beispiel nannte Hubacek das Pflanzen von drei Milliarden Bäumen, eine Maßnahme zur Erhöhung der Biodiversität in Europa. Da Bäume viel Land brauchen, bedeute dies, dass in Zukunft anderswo, etwa in Afrika oder Südamerika, mehr Nahrungsmittel produziert werden müssten. Dafür werde aber zusätzliches Ackerland benötigt. “Das erhöht den Kohlendioxidausstoß und verringert die Artenvielfalt”, so Hubacek.

    Green Deal muss von CO₂-Einsparungen innerhalb der EU begleitet werden

    Zwar verbietet die Anti-Entwaldungsverordnung der EU den Import von Produkten, für die Waldflächen in Ackerland umgewandelt wurden. Aber: “Nichts hält diese Länder davon ab, auf bestehenden landwirtschaftlichen Flächen Produkte für Europa anzubauen und Wälder zu fällen, um für den lokalen Markt zu produzieren”, so Hubacek.

    Um die befürchteten negativen Auswirkungen des Green Deal zu minimieren, schlagen die Wissenschaftler drei flankierende Maßnahmen vor:

    • Eine Ernährungswende hin zu der überwiegend pflanzenbasierten Planetary Health Diet, was “enorme Mengen an Kohlenstoffemissionen” einsparen würde.
    • Den schrittweisen Ausstieg der EU aus Biokraftstoffen auf Nahrungsmittelbasis, was den Bedarf an landwirtschaftlichen Nutzflächen reduzieren würde.
    • Die Unterstützung der Entwicklungsländer bei der Effizienzsteigerung ihrer Landwirtschaft, was ebenfalls den Flächenverbrauch verringern könnte. ch
    • Anti-Entwaldung
    • Biodiversität
    • Entwaldung
    • Europa
    • Globaler Süden
    • Green Deal

    IEA: Verdreifachung der Erneuerbaren machbar

    Das auf der COP28 festgelegte Ziel, die Kapazität der erneuerbaren Energien bis 2030 zu verdreifachen, ist machbar, aber die Länder müssen schnell handeln, um mehr Stromnetzanschlüsse und Batteriespeicher zu installieren, so die Internationale Energieagentur (IEA). In einem am Dienstag veröffentlichten Bericht heißt es, dass günstige wirtschaftliche Bedingungen, ein “reichliches” Produktionspotenzial und politische Maßnahmen das Ziel erreichbar machen. Um es jedoch vollständig umzusetzen, müssten die Länder bis 2030 Übertragungsleitungen mit einer Länge 25 Millionen Kilometer bauen und 1.500 Gigawatt an Energiespeicherkapazität hinzufügen, was gegenüber dem heutigen Stand einer 15-fachen Steigerung entspricht.

    Der Bericht ist der erste, der die spezifischen Maßnahmen umreißt, die ergriffen werden müssen, um das COP28-Ziel zu erreichen. “Eine weitere internationale Zusammenarbeit ist unerlässlich, um zweckmäßige Netze, ausreichende Energiespeicher und eine schnellere Elektrifizierung zu erreichen, die für einen schnellen und sicheren Übergang zu sauberer Energie unerlässlich sind”, sagte IEA-Exekutivdirektor Fatih Birol. Laut dem Bericht würde eine Verdreifachung der Kapazität der erneuerbaren Energien bis zum Ende des Jahrzehnts die weltweiten Treibhausgasemissionen um zehn Milliarden Tonnen reduzieren. rtr

    • Batterien
    • Batteriespeicher
    • COP28
    • Erneuerbare Energien
    • IEA
    • Vereinte Nationen
    Translation missing.

    Presseschau

    New York Times: Effizient kühlen und heizen. Ein sogenanntes Netzwerk der fünften Generation für Heizung und Kühlung beim Bankside Yards-Projekt in London nutzt ein zukunftsweisendes Energiesystem, das ohne fossile Brennstoffe auskommt. Ein System aus elektrisch betriebenen Wärmepumpen sorgt dafür, dass jederzeit effizient gekühlt oder geheizt werden kann. Zum Artikel

    Handelsblatt: Klima bestimmt Stadtplanung. Immer mehr Menschen ziehen in die Großstädte. Wohnungen sind knapp und teuer, es muss mehr gebaut werden. Neubauten sollten jedoch nicht dem Klima schaden. Dach- und Fassadenbegrünungen bieten die Möglichkeit, Wohnungsbau und Klimaschutz miteinander zu verbinden. Zum Artikel

    New York Times: Biden warnt vor Trump. US-Präsident Joe Biden feierte am Dienstag seine Rekordbilanz an Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels und warnte davor, dass Donald Trump diese Errungenschaften zunichtemachen würde. Zum Artikel

    Vox: Amerika zuerst. Nicht nur der ehemalige US-Präsident Donald Trump setzt auf “Amercia first”. Auch Kamala Harris denkt zuerst an die USA und setzt dabei auch darauf, die heimische Öl- und Erdgas-Industrie zu entwickeln. Zum Artikel

    Zeit: Guyanas Klimarechnung. Obwohl es viel Öl exportiert, hat Guyana eine hervorragende Klimabilanz – vor allem, weil in dem Land viel Regenwald steht. Aber auch, weil die Staaten bei der Aufstellung ihrer Klimabilanzen große Freiräume haben. Zum Artikel

    Climate.Table Redaktion

    CLIMATE.TABLE REDAKTION

    Licenses:

      Jetzt kostenlos anmelden und sofort weiterlesen

      Keine Bankdaten. Keine automatische Verlängerung.

      Sie haben bereits das Table.Briefing Abonnement?

      Anmelden und weiterlesen