heute blicken wir vor allem nach (Süd-)Osten: Am Sonntag wählt Österreich ein neues Parlament, wir ziehen eine Klimabilanz der scheidenden Regierung. Tenor: Die Grünen haben in ihrer ersten Regierungsbeteiligung einiges umgesetzt, wovon man in Deutschland nur träumen kann – Klimageld, Senkung der Emissionen im Verkehr -, aber vieles andere ist auf der Strecke geblieben. Und ob die Partei ihre Arbeit in Wählerstimmen umsetzen kann, ist fraglich – immerhin in einem Land, dem die angebliche “Klimahysterie”, wie die Populisten die Erderhitzung nennen, in Form der Überschwemmungen gerade noch bis zum Hals stand.
Weiter im Osten bekommt die Regierung von Aserbaidschan das schlechtestmögliche Zeugnis für ihre Klimapolitik: Beim Gastgeber der COP29 steigen die Emissionen, Gas und Öl dominieren die Wirtschaft, Planungen für die Klimaneutralität gibt es auch nicht, moniert eine neue Studie. Und die Kritik an der COP-Vorbereitung wird auch immer lauter.
Und dann noch interessante News aus dem Fernen Osten: China zahlt offenbar weitaus mehr für die globale Klimafinanzierung als bisher alle annehmen, sagte eine neue Studie. Das könnte die Debatten zum neuen Finanzziel in Baku noch interessanter machen und ein paar Fronten aufweichen. Schließlich stammt die Studie aus den USA.
Ob in Ost, West, Nord oder Süd, wir bleiben dran!
Der Gastgeber der COP29 bekommt zwei Monate vor Beginn der Konferenz in Baku für seine Klimapolitik und seine Vorbereitung schlechte Noten: Als “kritisch unzureichend” stuft ein neuer Bericht der Thinktank-Kooperation “Climate Action Tracker” (CAT) die Politik und Pläne des Landes ein. Und in den offiziellen Vorschlägen der COP29-Präsidentschaft für die Ergebnisse der Konferenz fehlen bislang die Klimaziele für 2030, auf die sich die COP28 im vergangenen Jahr geeinigt hat.
Die CAT-Analyse bescheinigt dem Gastgeber der nächsten Klimakonferenz, seine Klimapolitik und Klimaziele “reflektieren minimale bis keine Handlung im Klimaschutz und passen überhaupt nicht zur 1,5-Grad-Grenze des Pariser Abkommens”. Im Einzelnen kritisiert der Bericht:
Die CAT-Analyse erscheint nicht zufällig während der UN-Generalversammlung in New York. Dort wollen sich die Mitglieder der “Troika” aus den COP-Präsidentschaften VAE (COP28), Aserbaidschan (COP29) und Brasilien (COP30) treffen. Bislang sind von dieser einmaligen Kooperation von COP-Präsidentschaften noch kaum Impulse in den UN-Klimaprozess sichtbar. Anders als COP28-Präsident Sultan Al Jaber vor einem Jahr ist der designierte Chef der COP29, Umweltminister Mukhtar Babajev, international deutlich weniger präsent. Im Rahmen der Troika “Mission 1.5” kündigte Brasiliens Präsident Lula am Rande der Generalversammlung an, Brasilien werde noch 2024 1,5-Grad-kompatible NDC vorlegen.
Zeitgleich mahnt die Internationale Energieagentur IEA dazu, die Methanemissionen aus der Öl- und Gasproduktion zu senken. Der dazu eingerichteten “Methane Pledge” ist im Frühjahr auch Aserbaidschan beigetreten – sieht sich aber im eigenen Land schnell steigenden Methanemissionen gegenüber, statt sie zu senken.
Auch bei Babajevs Planungen für ein Ergebnis in Baku gibt es Fragezeichen. In einem Brief an die Delegationen hat der designierte COP-Präsident 14 angestrebte Ergebnisse aufgeführt, die jenseits der COP-Verhandlungen erzielt werden können. Allerdings erwähnt er dabei nicht die Umsetzung der zentralen Beschlüsse der COP28: Abkehr von den Fossilen, Verdreifachung der Erneuerbaren und Verdopplung der Energieeffizienz bis 2030. Stattdessen plant er unter anderem
Aserbaidschans Vorstoß für einen freiwilligen Klimafonds der Öl- und Gasländer, der “Climate Finance Action Fund” (CFAF), ist die abgespeckte Vision einer anfänglichen Idee: Ursprünglich sollte eine verpflichtende Abgabe für fossile Produzenten jährlich mehrere Milliarden US-Dollar aufbringen, um grüne Investitionen und Klimahilfen im Schadensfall in armen Ländern zu finanzieren. Diese Idee lehnten die Ölstaaten allerdings ab.
Nun soll der CFAF einmalig mit einer Milliarde US-Dollar gefüllt werden, Aserbaidschan will mit einer bislang ungenannten Summe den Anfang machen. Der Sitz des Fonds soll Baku sein, er wird aktiv, wenn das Geld da ist und mindestens zehn Länder engagiert sind. Die eine Hälfte des Geldes soll für Minderung, Anpassung und Forschung in den armen Ländern genutzt werden, die andere soll für die neuen NDC der Entwicklungsländer fließen. 20 Prozent der Gewinne des Fonds sollen reserviert werden, um schnelle Hilfen bei Klimaschäden etwa in Inselstaaten nach Stürmen zu gewährleisten. Noch ist unklar, wie sich der Fonds vom neuen “Loss and Damage”-Fonds der UN unterscheiden soll, der sich mit etwa 800 Millionen US-Dollar derzeit an seinem Sitz in den Philippinen aufstellt.
Andreas Sieber von der Klimaorganisation 350.org bemängelt, die COP29-Präsidentschaft “erregt wieder ernste Bedenken, ob sie der Energiewende überhaupt verpflichtet ist“. Die 14 Initiativen und die Bestellung einer Tochter des staatlichen aserbaidschanischen Ölkonzerns SOCAR zum Sponsor der COP zeige “wieder die Ignoranz Aserbaidschans und den Mangel an Führung”. Die Botschaft sei, dass “die Tür weit offen ist für Öl- und Gasdeals. Das muss sich dringend ändern.”
Am 29. September wählt Österreich einen neuen Nationalrat. Die Klimabilanz der vergangenen Legislatur ist geprägt von der ersten Regierungsbeteiligung der Grünen, als kleinerer Partner der konservativen ÖVP. Zentral dabei waren die CO₂-Steuer mit Rückzahlung an die Bevölkerung, der nationale Klimaplan (NECP) und die umstrittene Zustimmung zum EU-Renaturierungsgesetz durch Klima- und Umweltministerin Leonore Gewessler. Andere wichtige Gesetze fehlen weiterhin oder wurden abgeschwächt. In der Energiepolitik zeigen manche Trends in die falsche Richtung, dennoch ist der CO₂-Ausstoß deutlich gesunken.
Im Wahlkampf selbst war Klimapolitik kaum ein Thema. Dann kam die Flutkatastrophe – und mit ihr wurden Klimapolitik und Renaturierung doch noch Teil der Debatte. Laut einer aktuellen Studie machte der Klimawandel die Flut zweimal wahrscheinlicher als in einem Szenario ohne Erderwärmung – und erhöhte ihre Intensität um sieben Prozent. Dennoch liegen die Grünen in Umfragen nur bei etwa neun Prozent. Gewinner der Flut ist wohl die ÖVP für ihr Krisenmanagement.
Die grüne Klimaschutzministerin Gewessler war auch für die Ressorts Energie, Verkehr und Infrastruktur zuständig. Vor ihrer überraschenden Regierungsbeteiligung waren die Grünen nicht einmal im Parlament vertreten und in der Organisation geschwächt. Sie mussten mehr als hundert Mitarbeitende entlassen, verloren Budget und Büroräume. Auch ihr informeller Einfluss, etwa über die Sozialpartnerschaft, ist deutlich geringer als bei anderen Parteien.
Österreichs Emissionen sind 2023 um 6,4 Prozent auf 68 Millionen Tonnen gesunken; erstmals in allen Sektoren – auch im Verkehr. “Wir haben in den letzten Jahren klimapolitisch so viel weitergebracht wie noch nie zuvor”, sagt Lukas Hammer, Klima- und Energiesprecher der Grünen, zu Table.Briefings. “Doch das reicht in Intensität und Geschwindigkeit noch nicht aus, um unser Klimaneutralitätsziel zu erfüllen.”
Im Koalitionsabkommen hatten ÖVP und Grüne vereinbart, bereits 2040 klimaneutral zu werden. Zum Gesetz wurde dieses Ziel nie. Jedes Jahr müsste dafür der Treibhausgas-Ausstoß um ähnliche Prozentwerte sinken wie im Vorjahr. Innerhalb der EU ist Österreich zudem verpflichtet, die Emissionen bis 2030 um minus 48 Prozent gegenüber 2005 zu senken. Laut Umweltbundesamt braucht es dafür “dringend zusätzliche konkrete und ambitionierte Maßnahmen” im Einklang mit dem nationalen Klimaplan (NECP). Erst im August hatte Österreich als letztes EU-Mitglied einen nachgeschärften Entwurf abgegeben. Der finale, aktualisierte Klimaplan fehlt allerdings weiter.
Im Entwurf ist beispielsweise ein stärkerer Fokus auf CCS und Wasserstoff vorgesehen. Zwei Millionen Tonnen CO₂ pro Jahr soll ein schrittweiser Abbau von fossilen Subventionen einsparen. Die ÖVP will Pendlerpauschale und Dieselprivileg aber beibehalten. “Ich sehe nicht, wie so genug eingespart wird”, sagt Katharina Rogenhofer, Vorständin des Kontext Institut für Klimafragen, im Gespräch mit Table.Briefings.
Mit dem nationalen Klimaplan werden auch die Sektorziele gestrichen. Sie waren im Regierungsabkommen noch für das Klimaschutzgesetz vorgesehen – ein Rahmengesetz, das laut Hammer “Verantwortlichkeiten, Budgets und Mechanismen bei einer Zielabweichung” festlegen sollte. Seit mehr als 1.000 Tagen fehlt es. Die ÖVP blockiert. “Es wäre wichtig, einen Rahmen festzulegen und für nationale Planungssicherheit zu sorgen”, sagt Rogenhofer mit Blick auf die nächste Regierung.
Nun sinken zwar die Emissionen, aber auch der Anteil der erneuerbaren Energie. 2020 lag dieser laut NECP-Plan noch bei 36,5 Prozent, 2022 nur mehr bei 33,8 Prozent. Grund dafür sind neue Berechnungsmethoden, aber auch der steigende Energiebedarf, während der Erneuerbaren-Ausbau in einigen Bereichen stockt:
Im Verkehrssektor stiegen die Emissionen seit 1990 um mehr als 50 Prozent. Seit 2019 – auch wegen corona-bedingter Lockdowns – sinken sie wieder. Österreich ist EU-weit das Land, in dem pro Person die meisten Kilometer im Schienenverkehr gefahren werden. Es gibt hier aber auch das dichteste Straßennetz. Für Bundeskanzler Karl Nehammer ist Österreich aber ein “Autoland”. Seine ÖVP ist gegen das geplante Verbrenner-Aus auf EU-Ebene und gegen Tempo 100 auf Autobahnen, sie setzt stattdessen auf E-Fuels für Pkws.
Dementsprechend schwierig hatten es die Grünen, ihre Forderungen durchzusetzen – obwohl Klimaschutzministerin Gewessler auch Verkehrsministerin ist. “Aber es gibt viele Angelegenheiten, die die Bundesländer betreffen”, erklärt Rogenhofer ihren begrenzten Einfluss im föderalistischen Österreich. Nur in zwei der neun Bundesländern regieren die Grünen mit, die ÖPV in sieben.
Wesentliche Veränderungen im Verkehrssektor waren etwa:
Die Ökosoziale Steuerreform war wie das Klimaticket ein Kind der Coronakrise. Beide Parteien brauchten Erfolge: Das Gesetzespaket brachte einerseits Steuererleichterungen für Unternehmen und andererseits eine CO₂-Steuer, deren Einnahmen über den Klimabonus – ähnlich dem Klimageld – ausgeschüttet werden. Eine Tonne CO₂ kostet im Non-ETS Bereich aktuell 45 Euro. Berechnungen des deutschen Umweltbundesamts zufolge müsste eine Tonne aber mehr als 250 Euro kosten, um die ökologischen Kosten einzupreisen und einen Lenkungseffekt zu erzielen.
Hart erstritten haben sich die Grünen auch den Klimarat. Repräsentativ für Österreich haben 100 Freiwillige 93 Empfehlungen ausgearbeitet. Hammer, der den Entschließungsantrag verhandelt hatte, sieht darin einen Erfolg: “Es ist erstaunlich progressiv, was dieses Mini-Österreich verhandelt hat. Sie hätten auch sagen können, ‘wir wollen nichts ändern’.” Gegen Ende des Klimarats begann die ÖVP allerdings, ihn zu delegitimieren. ÖVP-Klimasprecher Johannes Schmuckenschlager nannte ihn etwa eine “absolut untaugliche Institution”. Die Empfehlungen wurden großteils ignoriert, kaum umgesetzt. Verbindlichkeiten fehlten.
Zudem wurde die öffentliche Klimafinanzierung 2022 um 60 Prozent aufgestockt, der Beitrag zum “Loss and Damage”-Fonds um 15 Millionen auf 25 Millionen Euro erhöht und bis 2030 werden Förderungen von rund 5,7 Milliarden Euro zur Transformation der Industrie bereitgestellt.
Kurz vor den Nationalratswahlen am 29. September sind die Grünen in Umfragen wieder einstellig. Es fehlt ein Momentum wie 2019, als “Fridays for Future” demonstrierten und die Grünen ins Parlament spülten. Zwar gingen nach der Flutkatastrophe wieder mehr Menschen auf die Straße, die Umfragewerte der Grünen stiegen aber kaum.
Bislang scheint die ÖVP als Katastrophenmanager am meisten von der Katastrophe zu profitieren. Zwei neue Umfragen sehen sie Kopf an Kopf mit der FPÖ. Die SPÖ liegt einige Prozentpunkte dahinter bei 20 Prozent, die Grünen bei neun Prozent. Nun werde Klimapolitik aber “auf jeden Fall zum Wahlthema”, meint Rogenhofer. Unwahrscheinlich sei aber, dass es eine Neuauflage von ÖVP und Grünen gibt – am ehesten noch “rechnerisch im Rahmen einer Drei-Parteien-Koalition mit der SPÖ”.
26. September, 11 Uhr, Brüssel/Online
Vorstellung Future of the EU ETS: ETS Coverage
Der European Roundtable on Climate Change and Sustainable Transition stellt auf diesem Event seinen “EU ETS Coverage Report” vor. Darin geht es um die Zukunft des EU-ETS-Systems. Infos
26. September, 14 Uhr, Berlin
Kongress Zeit Wissen – Fast Forward! Klimaneutralität und -anpassung gemeinsam realisieren
Die Auswirkungen des Klimawandels nehmen zu und wir handeln zu langsam. Daraus folgt nicht nur, dass Maßnahmen für eine klimaneutrale Zukunft schneller umgesetzt werden müssen, sondern auch, dass es mehr Klimaanpassung braucht. Unter dem Motto “Fast Forward! Klimaneutralität und -anpassung gemeinsam realisieren” wird beim “ZEIT WISSEN Kongress – Mut zur Nachhaltigkeit” darüber diskutiert, wie Best Practises aussehen. Infos
29. September, Österreich
Wahlen Nationalratswahl
Die Österreicherinnen und Österreicher wählen einen neuen Nationalrat. Der Nationalrat bildet die zweite Kammer des österreichischen Parlaments.
30. September bis 2. Oktober, Genf
Konferenz Drought Resilience +10
Im Anschluss an das erste hochrangige Treffen zur nationalen Dürrepolitik im Jahr 2013 zielt die “Drought Resilience +10”-Konferenz darauf ab, die Maßnahmen gegen Dürre vor Ort zu verstärken und zu beschleunigen. Sie wird Länder und Experten zusammenbringen, um die Fortschritte und Erfahrungen bei der Dürrebewältigung zu überprüfen und einen gemeinsamen Weg in Richtung einer dürreresistenteren Welt zu erkunden und festzulegen. Infos
30. September, 13 Uhr, Berlin
Konferenz An Infrastructural Path to Green Industry and Jobs
Copenhagen Infrastructure Partners (CIP), die Königlich Dänische Botschaft in Berlin und der Thinktank EUROPA veranstalten gemeinsam eine Konferenz über die Zukunft der grenzüberschreitenden Energieinfrastruktur in Europa. Infos
1. Oktober, 9 Uhr, Online
Vorstellung Die Armutslücke Welternährung 2024
Die NGO Misereor stellt auf diesem Webinar die Studie “Die Armutslücke Welternährung 2024” vor. Die Studie berechnet, wie vielen Menschen weltweit das Geld fehlt, um sich eine gesunde Ernährung leisten zu können. Infos
1. Oktober, 11 Uhr, Online
Webinar Kosten senken, Ausbau beschleunigen – wie weiter mit dem EEG?
Durch die Einspeisung großer Mengen Strom aus Wind und Photovoltaik sinken die Börsenstrompreise immer häufiger in Bereiche, die die Kosten des Stroms nicht mehr abdecken und die Wirtschaftlichkeit der Anlagen bedrohen. Über das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) gleicht der Staat diese Differenzkosten aus. Es kommt zum EEG-Paradoxon: Die kostensenkende Wirkung der Erneuerbaren führt zu einer Mehrbelastung des Bundeshaushalts. Auf der Veranstaltung des Bundesverbands Erneuerbare Energien (BEE) wird darüber diskutiert, welche Wege es aus dieser Dynamik gibt. Infos
1. bis 2. Oktober, Berlin
Tagung Gas 2024 – Moleküle für eine nachhaltige Zukunft?
Auf der Handelsblatt Jahrestagung wird über die Zukunft von Gas und die Frage, welche Rolle es in einer dekarbonisierten Wirtschaft spielt, diskutiert. Infos
1. Oktober, 14 Uhr, Brüssel/Online
Konferenz Bellona Climate Action Conference 2024
Die NGO Bellona veranstaltet diese Konferenz zum 30-jährigen Bestehen. Es soll um Deikarbonisierung der Industrie und die Zukunft von Europas Energiepolitik gehen. Infos
1. bis 3. Oktober, Rio de Janeiro
G20-Treffen Climate and Environmental Sustainablity WG
Im Rahmen des G20-Zyklus trifft sich die Working Group in Climate and Environmental Sustainability. Am 4. Oktober findet dann das Arbeitstreffen zu Energy Transition statt. Infos
Unter den Folgen der Erderhitzung leiden besonders stark die größten Säugetiere des Planeten: Vor allem Grönland-, Beluga- und Narwale ziehen im Frühjahr und Herbst wie andere Walarten zu Tausenden Richtung Norden und Süden und bekommen zunehmend Probleme mit der schwindenden Eisdecke. Das zeigt jetzt ein neuer Bericht der Umweltstiftung WWF, der zum ersten Mal die Wanderroute der Wale rund um den Nordpol kartografiert.
Der Bericht warnt: Die “blauen Korridore“, in denen sich die Wale aufhalten und bewegen, sind zu großen Teilen mit den Routen der Schifffahrt identisch. Diese stört aber durch Unterwasserlärm und drohende Kollisionen den Lebensraum der Meeressäuger. Und bei schwindender Eisdecke haben die Fahrten im ehemaligen “ewigen Eis” zwischen 2013 und 2023 um 37 Prozent zugenommen, die zurückgelegten Distanzen haben sich verdoppelt. Der WWF fordert von den Schifffahrtsunternehmen, ihre Routen mit Rücksicht auf die Tiere zu planen, langsamer zu fahren und den Unterwasserlärm zu verringern.
Die drei Walarten, die nur in den arktischen Gewässern vorkommen, werden durch die Eisschmelze zusätzlich bedroht, weil sie Nahrungsgründe und Schutzzonen verlieren. Da sich die Arktis etwa viermal so schnell erwärmt wie der globale Durchschnitt schmilzt das Meereis des hohen Nordens in hohem Tempo: Die Ausdehnung des arktischen Eises hat in den letzten Jahren stark abgenommen. 2024 lag das Minimum nur noch bei 4,3 Millionen Quadratkilometern. Die letzten 18 Jahre waren dabei gleichzeitig die 18 Jahre mit der geringsten Ausdehnung des Eises rund um den Nordpol seit es Aufzeichnungen gibt. bpo
“Wenn man wie China in der Lage ist, eine Mission zum Mond zu fliegen, dann kann man auch mehr im Bereich Klimaschutz zahlen“, sagte EU-Klimakommissar Wopke Hoekstra in einem Interview mit Bloomberg Television. Peking sei nun reich genug, um zu den weltweiten Bemühungen beizutragen, Finanzmittel für Entwicklungsländer bereitzustellen, um diesen bei der Bewältigung der Auswirkungen der globalen Erwärmung zu helfen. China argumentiert bisher, globale Klimafinanzierung sei die Verantwortung der reichsten Länder, die seit der industriellen Revolution die meisten CO₂-Emissionen verursacht haben.
Gleichzeitig zeigt eine neue Studie, dass die Volksrepublik schon viel Geld in internationale Klimafinanzierung steckt: Etwa 45 Milliarden US-Dollar hat das Land bereits von 2013 bis 2022 bezahlt, also im Schnitt etwa 4,5 Milliarden US-Dollar im Jahr. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Untersuchung des US-Thinktanks “World Ressource Institut” (WRI).
Die Studie weist darauf hin, dass die Datenlage nicht einfach ist. China ist wegen seines offiziellen Status als Schwellenland im Pariser Abkommen nicht zu internationalen Finanzhilfen und zu Transparenz darüber verpflichtet, kann aber freiwillig zahlen. Demnach setzt sich die Summe von 45 Milliarden US-Dollar zusammen aus:
Die Summe von 45 Milliarden macht laut WRI etwa sechs Prozent der gesamten globalen Klimafinanzierung aus. Zum Vergleich: Deutschland zahlt etwa sechs Milliarden Euro, die USA gaben laut US-Regierung 2021 etwa 5,8 Milliarden Dollar und sehen sich auf dem Weg, 2024 bereits 11,4 Milliarden Dollar beizutragen.
Der Bericht wird im Vorfeld der COP29 auf Interesse stoßen, wo ein neues globales Ziel für die Klimafinanzierung (NQCG) beschlossen werden soll. Bisher gibt es unter den Ländern völlig verschiedene Vorstellungen darüber, wie viel Geld jenseits der jetzt versprochenen 100 Milliarden US-Dollar jährlich dafür mobilisiert werden soll – und wer dafür zahlen soll. Besonders die westlichen Industrieländer drängen darauf, dass sich auch China und andere relativ reiche Schwellenländer an den Zahlungen beteiligen. bpo/ari
2,4 Milliarden Menschen sind weltweit einem hohen Risiko durch extreme Hitze ausgesetzt – und durch die Klimaerwärmung werden es immer mehr. Deshalb steigt die Nachfrage nach Kühlungslösungen. In den Entwicklungsländern können nachhaltige Kühllösungen die mit der Kühlung verbundenen Emissionen um fast 50 Prozent senken. Die Kosten für Strom, Geräte und die Investitionen des Energiesektors könnten sich so bis 2050 um acht Billionen US-Dollar reduzieren. Zu diesem Ergebnis, kommt der Bericht “Cooler Finance: How to Fund the Developing World’s Growing Cooling Needs” von dem UN-Umweltprogramm (UNEP) und der Internationalen Finanz-Kooperation (IFC), der am Mittwoch auf der UN-Generalversammlung in New York veröffentlicht wurde.
Auf der COP28 hatten mehr als 60 Länder mit dem “Global Cooling Pledge” die Absicht erklärt, Emissionen aus der Kühlung bis 2050 um 68 Prozent zu reduzieren. Der Kühlungssektor verursacht Treibhausgase unter anderem durch seinen Strombedarf. Hinzu kommt die Klimawirkung von entweichenden Kühlmitteln, die im Vergleich zu CO₂ besonders hoch ist. Dazu gehören beispielsweise Fluorkohlenwasserstoffe. Nach dem Bericht Global Cooling Watch 2023 der UNEP werden aktuell weltweit 20 Prozent des Stroms für Kühlung verwendet, und die Nachfrage nach Kühlung könnte sich bis 2050 verdreifachen.
Es brauche “energieeffiziente, umweltfreundliche und wirtschaftlich tragfähige Kühllösungen”, heißt es in dem aktuellen Bericht. Dafür sollte man auf passive Kühlungslösungen wie Isolierung setzen, Mindeststandards für Energieeffizienz durchsetzen und klimaschädliche Kältemittel schneller abschaffen. Außerdem brauche es systematische Ansätze für Kühlketten. Nach aktuellen Projektionen würden die mit Kühlung verbundenen Emissionen ansonsten aufgrund von Bevölkerungs- und ökonomischen Wachstum sowie Urbanisierung stark ansteigen.
Für eine “Wende zur nachhaltigen Kühlung” seien demnach erhebliche Finanzmittel von geschätzt 400 bis 800 Milliarden US-Dollar – auch aus dem Privatsektor – nötig. Allerdings sieht der Bericht auch wirtschaftliche Chancen und Investitionsmöglichkeiten: Durch die wachsende Notwendigkeit und Nachfrage von Kühlungslösungen wachse auch der Markt für nachhaltige Kühlungslösungen; bis 2050 könnte er sich von aktuell 300 Milliarden US-Dollar jährlich auf 600 Milliarden verdoppeln. kul
Das Bundesumweltministerium will mit einer Gesetzesnovelle auf die steigende Hochwassergefahr reagieren. “Die vielen Hochwasser in diesem Jahr zeigen uns, dass wir es mit einer neuen Realität zu tun haben”, erklärte Ministerin Steffi Lemke (Grüne) am Mittwoch. “Wir müssen die Menschen und ihr Hab und Gut, aber auch unsere Infrastruktur vor immer größeren Fluten schützen.” Zu diesem Zweck sind Änderungen des Wasserhaushaltsgesetzes geplant; ein Gesetzesentwurf, den das BMUV bereits mit den Ländern abgestimmt hat, geht nun in die Ressortabstimmung. Ihr Ziel sei es, den Entwurf noch in diesem Jahr im Kabinett zu verabschieden.
Nach Angaben des Ministeriums sieht der Entwurf vor, dass Gemeinden künftig verpflichtet werden, Konzepte für die Vorsorge gegen Starkregen und für dessen Management zu erarbeiten. Zudem sollen Brücken künftig größeren Abstand zur Wasseroberfläche einhalten und Genehmigungsverfahren für Hochwasserschutz-Maßnahmen beschleunigt werden. In der Flächennutzungs- und Bebauungsplanung soll Hochwasserschutz künftig verpflichtend beachtet werden. Und Länder bekommen die Möglichkeit, Gebiete festzulegen, in denen aufgrund von Hochwassergefahr überhaupt nicht mehr neu gebaut werden darf. Neue Bundesgelder für die Länder und Gemeinden, die für den Hochwasserschutz zuständig sind, sind im Zusammenhang mit der Novelle nicht vorgesehen.
Mit der Zunahme von extremen Wetterereignissen beschäftigt sich derzeit auch der Extremwetterkongress in Hamburg. Zum Auftakt stellten die Veranstalter zusammen mit dem Deutschen Wetterdienst (DWD) ein neues Faktenpapier vor. Darin heißt es, dass seit 1960 in Deutschland jede Dekade wärmer war als die vorherige. 2023 lag die Temperatur um 2,8 Grad höher als im Zeitraum von 1881 bis 1910. “Wir erleben eine ungebremste Erderwärmung mit immer heftigeren Extremwettern”, erklärte DWD-Vorstand Tobias Fuchs.
Auch in Bezug auf Regen und Schnee gab es zuletzt einen Rekord: “Beim Zeitraum Juli 2023 bis Juni 2024 handelte es sich um die niederschlagsreichste Zwölfmonatsepisode in Deutschland seit Auswertungsbeginn 1881”, schreiben die Autoren. Anders als bei der Hitze sei es bei den Niederschlägen aber schwierig, einen eindeutigen Trend nachzuweisen. “Der Zusammenhang zwischen Klimawandel und Starkniederschlägen
ist komplex und daher Gegenstand intensiver Forschung”, heißt es. Für einige Regionen deuteten die
Radardaten zwar auf eine Zunahme der Häufigkeit von Starkniederschlags-Ereignissen hin. Aufgrund der hohen Variabilität von Jahr zu Jahr sowie der kurzen Zeitreihe ließen sich daraus aber noch keine Rückschlüsse auf eine Zunahme von Extremereignissen im Zusammenhang mit dem Klimawandel ziehen. mkr
Die geplante Reduktion von Treibhausgasen in der EU könnte zu einem massiven Anstieg der Emissionen in anderen Teilen der Welt führen. Zu diesem Schluss kommt ein internationales Wissenschaftlerteam an der Universität Groningen unter der Leitung von Klaus Hubacek. Ihre Analyse wurde gerade im Fachmagazin Nature Sustainability veröffentlicht.
In der Studie wurden die geplanten Maßnahmen des Green New Deal im Bereich der Land- und Forstwirtschaft einschließlich der damit verbundenen Lieferketten untersucht. Dabei hat sich gezeigt, dass der Green Deal in seiner jetzigen Form im Vergleich zum Einsparziel innerhalb der EU zu einem mehr als doppelt so hohen Anstieg der Emissionen in Ländern außerhalb der EU führen würde.
Als Beispiel nannte Hubacek das Pflanzen von drei Milliarden Bäumen, eine Maßnahme zur Erhöhung der Biodiversität in Europa. Da Bäume viel Land brauchen, bedeute dies, dass in Zukunft anderswo, etwa in Afrika oder Südamerika, mehr Nahrungsmittel produziert werden müssten. Dafür werde aber zusätzliches Ackerland benötigt. “Das erhöht den Kohlendioxidausstoß und verringert die Artenvielfalt”, so Hubacek.
Zwar verbietet die Anti-Entwaldungsverordnung der EU den Import von Produkten, für die Waldflächen in Ackerland umgewandelt wurden. Aber: “Nichts hält diese Länder davon ab, auf bestehenden landwirtschaftlichen Flächen Produkte für Europa anzubauen und Wälder zu fällen, um für den lokalen Markt zu produzieren”, so Hubacek.
Um die befürchteten negativen Auswirkungen des Green Deal zu minimieren, schlagen die Wissenschaftler drei flankierende Maßnahmen vor:
Das auf der COP28 festgelegte Ziel, die Kapazität der erneuerbaren Energien bis 2030 zu verdreifachen, ist machbar, aber die Länder müssen schnell handeln, um mehr Stromnetzanschlüsse und Batteriespeicher zu installieren, so die Internationale Energieagentur (IEA). In einem am Dienstag veröffentlichten Bericht heißt es, dass günstige wirtschaftliche Bedingungen, ein “reichliches” Produktionspotenzial und politische Maßnahmen das Ziel erreichbar machen. Um es jedoch vollständig umzusetzen, müssten die Länder bis 2030 Übertragungsleitungen mit einer Länge 25 Millionen Kilometer bauen und 1.500 Gigawatt an Energiespeicherkapazität hinzufügen, was gegenüber dem heutigen Stand einer 15-fachen Steigerung entspricht.
Der Bericht ist der erste, der die spezifischen Maßnahmen umreißt, die ergriffen werden müssen, um das COP28-Ziel zu erreichen. “Eine weitere internationale Zusammenarbeit ist unerlässlich, um zweckmäßige Netze, ausreichende Energiespeicher und eine schnellere Elektrifizierung zu erreichen, die für einen schnellen und sicheren Übergang zu sauberer Energie unerlässlich sind”, sagte IEA-Exekutivdirektor Fatih Birol. Laut dem Bericht würde eine Verdreifachung der Kapazität der erneuerbaren Energien bis zum Ende des Jahrzehnts die weltweiten Treibhausgasemissionen um zehn Milliarden Tonnen reduzieren. rtr
New York Times: Effizient kühlen und heizen. Ein sogenanntes Netzwerk der fünften Generation für Heizung und Kühlung beim Bankside Yards-Projekt in London nutzt ein zukunftsweisendes Energiesystem, das ohne fossile Brennstoffe auskommt. Ein System aus elektrisch betriebenen Wärmepumpen sorgt dafür, dass jederzeit effizient gekühlt oder geheizt werden kann. Zum Artikel
Handelsblatt: Klima bestimmt Stadtplanung. Immer mehr Menschen ziehen in die Großstädte. Wohnungen sind knapp und teuer, es muss mehr gebaut werden. Neubauten sollten jedoch nicht dem Klima schaden. Dach- und Fassadenbegrünungen bieten die Möglichkeit, Wohnungsbau und Klimaschutz miteinander zu verbinden. Zum Artikel
New York Times: Biden warnt vor Trump. US-Präsident Joe Biden feierte am Dienstag seine Rekordbilanz an Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels und warnte davor, dass Donald Trump diese Errungenschaften zunichtemachen würde. Zum Artikel
Vox: Amerika zuerst. Nicht nur der ehemalige US-Präsident Donald Trump setzt auf “Amercia first”. Auch Kamala Harris denkt zuerst an die USA und setzt dabei auch darauf, die heimische Öl- und Erdgas-Industrie zu entwickeln. Zum Artikel
Zeit: Guyanas Klimarechnung. Obwohl es viel Öl exportiert, hat Guyana eine hervorragende Klimabilanz – vor allem, weil in dem Land viel Regenwald steht. Aber auch, weil die Staaten bei der Aufstellung ihrer Klimabilanzen große Freiräume haben. Zum Artikel
heute blicken wir vor allem nach (Süd-)Osten: Am Sonntag wählt Österreich ein neues Parlament, wir ziehen eine Klimabilanz der scheidenden Regierung. Tenor: Die Grünen haben in ihrer ersten Regierungsbeteiligung einiges umgesetzt, wovon man in Deutschland nur träumen kann – Klimageld, Senkung der Emissionen im Verkehr -, aber vieles andere ist auf der Strecke geblieben. Und ob die Partei ihre Arbeit in Wählerstimmen umsetzen kann, ist fraglich – immerhin in einem Land, dem die angebliche “Klimahysterie”, wie die Populisten die Erderhitzung nennen, in Form der Überschwemmungen gerade noch bis zum Hals stand.
Weiter im Osten bekommt die Regierung von Aserbaidschan das schlechtestmögliche Zeugnis für ihre Klimapolitik: Beim Gastgeber der COP29 steigen die Emissionen, Gas und Öl dominieren die Wirtschaft, Planungen für die Klimaneutralität gibt es auch nicht, moniert eine neue Studie. Und die Kritik an der COP-Vorbereitung wird auch immer lauter.
Und dann noch interessante News aus dem Fernen Osten: China zahlt offenbar weitaus mehr für die globale Klimafinanzierung als bisher alle annehmen, sagte eine neue Studie. Das könnte die Debatten zum neuen Finanzziel in Baku noch interessanter machen und ein paar Fronten aufweichen. Schließlich stammt die Studie aus den USA.
Ob in Ost, West, Nord oder Süd, wir bleiben dran!
Der Gastgeber der COP29 bekommt zwei Monate vor Beginn der Konferenz in Baku für seine Klimapolitik und seine Vorbereitung schlechte Noten: Als “kritisch unzureichend” stuft ein neuer Bericht der Thinktank-Kooperation “Climate Action Tracker” (CAT) die Politik und Pläne des Landes ein. Und in den offiziellen Vorschlägen der COP29-Präsidentschaft für die Ergebnisse der Konferenz fehlen bislang die Klimaziele für 2030, auf die sich die COP28 im vergangenen Jahr geeinigt hat.
Die CAT-Analyse bescheinigt dem Gastgeber der nächsten Klimakonferenz, seine Klimapolitik und Klimaziele “reflektieren minimale bis keine Handlung im Klimaschutz und passen überhaupt nicht zur 1,5-Grad-Grenze des Pariser Abkommens”. Im Einzelnen kritisiert der Bericht:
Die CAT-Analyse erscheint nicht zufällig während der UN-Generalversammlung in New York. Dort wollen sich die Mitglieder der “Troika” aus den COP-Präsidentschaften VAE (COP28), Aserbaidschan (COP29) und Brasilien (COP30) treffen. Bislang sind von dieser einmaligen Kooperation von COP-Präsidentschaften noch kaum Impulse in den UN-Klimaprozess sichtbar. Anders als COP28-Präsident Sultan Al Jaber vor einem Jahr ist der designierte Chef der COP29, Umweltminister Mukhtar Babajev, international deutlich weniger präsent. Im Rahmen der Troika “Mission 1.5” kündigte Brasiliens Präsident Lula am Rande der Generalversammlung an, Brasilien werde noch 2024 1,5-Grad-kompatible NDC vorlegen.
Zeitgleich mahnt die Internationale Energieagentur IEA dazu, die Methanemissionen aus der Öl- und Gasproduktion zu senken. Der dazu eingerichteten “Methane Pledge” ist im Frühjahr auch Aserbaidschan beigetreten – sieht sich aber im eigenen Land schnell steigenden Methanemissionen gegenüber, statt sie zu senken.
Auch bei Babajevs Planungen für ein Ergebnis in Baku gibt es Fragezeichen. In einem Brief an die Delegationen hat der designierte COP-Präsident 14 angestrebte Ergebnisse aufgeführt, die jenseits der COP-Verhandlungen erzielt werden können. Allerdings erwähnt er dabei nicht die Umsetzung der zentralen Beschlüsse der COP28: Abkehr von den Fossilen, Verdreifachung der Erneuerbaren und Verdopplung der Energieeffizienz bis 2030. Stattdessen plant er unter anderem
Aserbaidschans Vorstoß für einen freiwilligen Klimafonds der Öl- und Gasländer, der “Climate Finance Action Fund” (CFAF), ist die abgespeckte Vision einer anfänglichen Idee: Ursprünglich sollte eine verpflichtende Abgabe für fossile Produzenten jährlich mehrere Milliarden US-Dollar aufbringen, um grüne Investitionen und Klimahilfen im Schadensfall in armen Ländern zu finanzieren. Diese Idee lehnten die Ölstaaten allerdings ab.
Nun soll der CFAF einmalig mit einer Milliarde US-Dollar gefüllt werden, Aserbaidschan will mit einer bislang ungenannten Summe den Anfang machen. Der Sitz des Fonds soll Baku sein, er wird aktiv, wenn das Geld da ist und mindestens zehn Länder engagiert sind. Die eine Hälfte des Geldes soll für Minderung, Anpassung und Forschung in den armen Ländern genutzt werden, die andere soll für die neuen NDC der Entwicklungsländer fließen. 20 Prozent der Gewinne des Fonds sollen reserviert werden, um schnelle Hilfen bei Klimaschäden etwa in Inselstaaten nach Stürmen zu gewährleisten. Noch ist unklar, wie sich der Fonds vom neuen “Loss and Damage”-Fonds der UN unterscheiden soll, der sich mit etwa 800 Millionen US-Dollar derzeit an seinem Sitz in den Philippinen aufstellt.
Andreas Sieber von der Klimaorganisation 350.org bemängelt, die COP29-Präsidentschaft “erregt wieder ernste Bedenken, ob sie der Energiewende überhaupt verpflichtet ist“. Die 14 Initiativen und die Bestellung einer Tochter des staatlichen aserbaidschanischen Ölkonzerns SOCAR zum Sponsor der COP zeige “wieder die Ignoranz Aserbaidschans und den Mangel an Führung”. Die Botschaft sei, dass “die Tür weit offen ist für Öl- und Gasdeals. Das muss sich dringend ändern.”
Am 29. September wählt Österreich einen neuen Nationalrat. Die Klimabilanz der vergangenen Legislatur ist geprägt von der ersten Regierungsbeteiligung der Grünen, als kleinerer Partner der konservativen ÖVP. Zentral dabei waren die CO₂-Steuer mit Rückzahlung an die Bevölkerung, der nationale Klimaplan (NECP) und die umstrittene Zustimmung zum EU-Renaturierungsgesetz durch Klima- und Umweltministerin Leonore Gewessler. Andere wichtige Gesetze fehlen weiterhin oder wurden abgeschwächt. In der Energiepolitik zeigen manche Trends in die falsche Richtung, dennoch ist der CO₂-Ausstoß deutlich gesunken.
Im Wahlkampf selbst war Klimapolitik kaum ein Thema. Dann kam die Flutkatastrophe – und mit ihr wurden Klimapolitik und Renaturierung doch noch Teil der Debatte. Laut einer aktuellen Studie machte der Klimawandel die Flut zweimal wahrscheinlicher als in einem Szenario ohne Erderwärmung – und erhöhte ihre Intensität um sieben Prozent. Dennoch liegen die Grünen in Umfragen nur bei etwa neun Prozent. Gewinner der Flut ist wohl die ÖVP für ihr Krisenmanagement.
Die grüne Klimaschutzministerin Gewessler war auch für die Ressorts Energie, Verkehr und Infrastruktur zuständig. Vor ihrer überraschenden Regierungsbeteiligung waren die Grünen nicht einmal im Parlament vertreten und in der Organisation geschwächt. Sie mussten mehr als hundert Mitarbeitende entlassen, verloren Budget und Büroräume. Auch ihr informeller Einfluss, etwa über die Sozialpartnerschaft, ist deutlich geringer als bei anderen Parteien.
Österreichs Emissionen sind 2023 um 6,4 Prozent auf 68 Millionen Tonnen gesunken; erstmals in allen Sektoren – auch im Verkehr. “Wir haben in den letzten Jahren klimapolitisch so viel weitergebracht wie noch nie zuvor”, sagt Lukas Hammer, Klima- und Energiesprecher der Grünen, zu Table.Briefings. “Doch das reicht in Intensität und Geschwindigkeit noch nicht aus, um unser Klimaneutralitätsziel zu erfüllen.”
Im Koalitionsabkommen hatten ÖVP und Grüne vereinbart, bereits 2040 klimaneutral zu werden. Zum Gesetz wurde dieses Ziel nie. Jedes Jahr müsste dafür der Treibhausgas-Ausstoß um ähnliche Prozentwerte sinken wie im Vorjahr. Innerhalb der EU ist Österreich zudem verpflichtet, die Emissionen bis 2030 um minus 48 Prozent gegenüber 2005 zu senken. Laut Umweltbundesamt braucht es dafür “dringend zusätzliche konkrete und ambitionierte Maßnahmen” im Einklang mit dem nationalen Klimaplan (NECP). Erst im August hatte Österreich als letztes EU-Mitglied einen nachgeschärften Entwurf abgegeben. Der finale, aktualisierte Klimaplan fehlt allerdings weiter.
Im Entwurf ist beispielsweise ein stärkerer Fokus auf CCS und Wasserstoff vorgesehen. Zwei Millionen Tonnen CO₂ pro Jahr soll ein schrittweiser Abbau von fossilen Subventionen einsparen. Die ÖVP will Pendlerpauschale und Dieselprivileg aber beibehalten. “Ich sehe nicht, wie so genug eingespart wird”, sagt Katharina Rogenhofer, Vorständin des Kontext Institut für Klimafragen, im Gespräch mit Table.Briefings.
Mit dem nationalen Klimaplan werden auch die Sektorziele gestrichen. Sie waren im Regierungsabkommen noch für das Klimaschutzgesetz vorgesehen – ein Rahmengesetz, das laut Hammer “Verantwortlichkeiten, Budgets und Mechanismen bei einer Zielabweichung” festlegen sollte. Seit mehr als 1.000 Tagen fehlt es. Die ÖVP blockiert. “Es wäre wichtig, einen Rahmen festzulegen und für nationale Planungssicherheit zu sorgen”, sagt Rogenhofer mit Blick auf die nächste Regierung.
Nun sinken zwar die Emissionen, aber auch der Anteil der erneuerbaren Energie. 2020 lag dieser laut NECP-Plan noch bei 36,5 Prozent, 2022 nur mehr bei 33,8 Prozent. Grund dafür sind neue Berechnungsmethoden, aber auch der steigende Energiebedarf, während der Erneuerbaren-Ausbau in einigen Bereichen stockt:
Im Verkehrssektor stiegen die Emissionen seit 1990 um mehr als 50 Prozent. Seit 2019 – auch wegen corona-bedingter Lockdowns – sinken sie wieder. Österreich ist EU-weit das Land, in dem pro Person die meisten Kilometer im Schienenverkehr gefahren werden. Es gibt hier aber auch das dichteste Straßennetz. Für Bundeskanzler Karl Nehammer ist Österreich aber ein “Autoland”. Seine ÖVP ist gegen das geplante Verbrenner-Aus auf EU-Ebene und gegen Tempo 100 auf Autobahnen, sie setzt stattdessen auf E-Fuels für Pkws.
Dementsprechend schwierig hatten es die Grünen, ihre Forderungen durchzusetzen – obwohl Klimaschutzministerin Gewessler auch Verkehrsministerin ist. “Aber es gibt viele Angelegenheiten, die die Bundesländer betreffen”, erklärt Rogenhofer ihren begrenzten Einfluss im föderalistischen Österreich. Nur in zwei der neun Bundesländern regieren die Grünen mit, die ÖPV in sieben.
Wesentliche Veränderungen im Verkehrssektor waren etwa:
Die Ökosoziale Steuerreform war wie das Klimaticket ein Kind der Coronakrise. Beide Parteien brauchten Erfolge: Das Gesetzespaket brachte einerseits Steuererleichterungen für Unternehmen und andererseits eine CO₂-Steuer, deren Einnahmen über den Klimabonus – ähnlich dem Klimageld – ausgeschüttet werden. Eine Tonne CO₂ kostet im Non-ETS Bereich aktuell 45 Euro. Berechnungen des deutschen Umweltbundesamts zufolge müsste eine Tonne aber mehr als 250 Euro kosten, um die ökologischen Kosten einzupreisen und einen Lenkungseffekt zu erzielen.
Hart erstritten haben sich die Grünen auch den Klimarat. Repräsentativ für Österreich haben 100 Freiwillige 93 Empfehlungen ausgearbeitet. Hammer, der den Entschließungsantrag verhandelt hatte, sieht darin einen Erfolg: “Es ist erstaunlich progressiv, was dieses Mini-Österreich verhandelt hat. Sie hätten auch sagen können, ‘wir wollen nichts ändern’.” Gegen Ende des Klimarats begann die ÖVP allerdings, ihn zu delegitimieren. ÖVP-Klimasprecher Johannes Schmuckenschlager nannte ihn etwa eine “absolut untaugliche Institution”. Die Empfehlungen wurden großteils ignoriert, kaum umgesetzt. Verbindlichkeiten fehlten.
Zudem wurde die öffentliche Klimafinanzierung 2022 um 60 Prozent aufgestockt, der Beitrag zum “Loss and Damage”-Fonds um 15 Millionen auf 25 Millionen Euro erhöht und bis 2030 werden Förderungen von rund 5,7 Milliarden Euro zur Transformation der Industrie bereitgestellt.
Kurz vor den Nationalratswahlen am 29. September sind die Grünen in Umfragen wieder einstellig. Es fehlt ein Momentum wie 2019, als “Fridays for Future” demonstrierten und die Grünen ins Parlament spülten. Zwar gingen nach der Flutkatastrophe wieder mehr Menschen auf die Straße, die Umfragewerte der Grünen stiegen aber kaum.
Bislang scheint die ÖVP als Katastrophenmanager am meisten von der Katastrophe zu profitieren. Zwei neue Umfragen sehen sie Kopf an Kopf mit der FPÖ. Die SPÖ liegt einige Prozentpunkte dahinter bei 20 Prozent, die Grünen bei neun Prozent. Nun werde Klimapolitik aber “auf jeden Fall zum Wahlthema”, meint Rogenhofer. Unwahrscheinlich sei aber, dass es eine Neuauflage von ÖVP und Grünen gibt – am ehesten noch “rechnerisch im Rahmen einer Drei-Parteien-Koalition mit der SPÖ”.
26. September, 11 Uhr, Brüssel/Online
Vorstellung Future of the EU ETS: ETS Coverage
Der European Roundtable on Climate Change and Sustainable Transition stellt auf diesem Event seinen “EU ETS Coverage Report” vor. Darin geht es um die Zukunft des EU-ETS-Systems. Infos
26. September, 14 Uhr, Berlin
Kongress Zeit Wissen – Fast Forward! Klimaneutralität und -anpassung gemeinsam realisieren
Die Auswirkungen des Klimawandels nehmen zu und wir handeln zu langsam. Daraus folgt nicht nur, dass Maßnahmen für eine klimaneutrale Zukunft schneller umgesetzt werden müssen, sondern auch, dass es mehr Klimaanpassung braucht. Unter dem Motto “Fast Forward! Klimaneutralität und -anpassung gemeinsam realisieren” wird beim “ZEIT WISSEN Kongress – Mut zur Nachhaltigkeit” darüber diskutiert, wie Best Practises aussehen. Infos
29. September, Österreich
Wahlen Nationalratswahl
Die Österreicherinnen und Österreicher wählen einen neuen Nationalrat. Der Nationalrat bildet die zweite Kammer des österreichischen Parlaments.
30. September bis 2. Oktober, Genf
Konferenz Drought Resilience +10
Im Anschluss an das erste hochrangige Treffen zur nationalen Dürrepolitik im Jahr 2013 zielt die “Drought Resilience +10”-Konferenz darauf ab, die Maßnahmen gegen Dürre vor Ort zu verstärken und zu beschleunigen. Sie wird Länder und Experten zusammenbringen, um die Fortschritte und Erfahrungen bei der Dürrebewältigung zu überprüfen und einen gemeinsamen Weg in Richtung einer dürreresistenteren Welt zu erkunden und festzulegen. Infos
30. September, 13 Uhr, Berlin
Konferenz An Infrastructural Path to Green Industry and Jobs
Copenhagen Infrastructure Partners (CIP), die Königlich Dänische Botschaft in Berlin und der Thinktank EUROPA veranstalten gemeinsam eine Konferenz über die Zukunft der grenzüberschreitenden Energieinfrastruktur in Europa. Infos
1. Oktober, 9 Uhr, Online
Vorstellung Die Armutslücke Welternährung 2024
Die NGO Misereor stellt auf diesem Webinar die Studie “Die Armutslücke Welternährung 2024” vor. Die Studie berechnet, wie vielen Menschen weltweit das Geld fehlt, um sich eine gesunde Ernährung leisten zu können. Infos
1. Oktober, 11 Uhr, Online
Webinar Kosten senken, Ausbau beschleunigen – wie weiter mit dem EEG?
Durch die Einspeisung großer Mengen Strom aus Wind und Photovoltaik sinken die Börsenstrompreise immer häufiger in Bereiche, die die Kosten des Stroms nicht mehr abdecken und die Wirtschaftlichkeit der Anlagen bedrohen. Über das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) gleicht der Staat diese Differenzkosten aus. Es kommt zum EEG-Paradoxon: Die kostensenkende Wirkung der Erneuerbaren führt zu einer Mehrbelastung des Bundeshaushalts. Auf der Veranstaltung des Bundesverbands Erneuerbare Energien (BEE) wird darüber diskutiert, welche Wege es aus dieser Dynamik gibt. Infos
1. bis 2. Oktober, Berlin
Tagung Gas 2024 – Moleküle für eine nachhaltige Zukunft?
Auf der Handelsblatt Jahrestagung wird über die Zukunft von Gas und die Frage, welche Rolle es in einer dekarbonisierten Wirtschaft spielt, diskutiert. Infos
1. Oktober, 14 Uhr, Brüssel/Online
Konferenz Bellona Climate Action Conference 2024
Die NGO Bellona veranstaltet diese Konferenz zum 30-jährigen Bestehen. Es soll um Deikarbonisierung der Industrie und die Zukunft von Europas Energiepolitik gehen. Infos
1. bis 3. Oktober, Rio de Janeiro
G20-Treffen Climate and Environmental Sustainablity WG
Im Rahmen des G20-Zyklus trifft sich die Working Group in Climate and Environmental Sustainability. Am 4. Oktober findet dann das Arbeitstreffen zu Energy Transition statt. Infos
Unter den Folgen der Erderhitzung leiden besonders stark die größten Säugetiere des Planeten: Vor allem Grönland-, Beluga- und Narwale ziehen im Frühjahr und Herbst wie andere Walarten zu Tausenden Richtung Norden und Süden und bekommen zunehmend Probleme mit der schwindenden Eisdecke. Das zeigt jetzt ein neuer Bericht der Umweltstiftung WWF, der zum ersten Mal die Wanderroute der Wale rund um den Nordpol kartografiert.
Der Bericht warnt: Die “blauen Korridore“, in denen sich die Wale aufhalten und bewegen, sind zu großen Teilen mit den Routen der Schifffahrt identisch. Diese stört aber durch Unterwasserlärm und drohende Kollisionen den Lebensraum der Meeressäuger. Und bei schwindender Eisdecke haben die Fahrten im ehemaligen “ewigen Eis” zwischen 2013 und 2023 um 37 Prozent zugenommen, die zurückgelegten Distanzen haben sich verdoppelt. Der WWF fordert von den Schifffahrtsunternehmen, ihre Routen mit Rücksicht auf die Tiere zu planen, langsamer zu fahren und den Unterwasserlärm zu verringern.
Die drei Walarten, die nur in den arktischen Gewässern vorkommen, werden durch die Eisschmelze zusätzlich bedroht, weil sie Nahrungsgründe und Schutzzonen verlieren. Da sich die Arktis etwa viermal so schnell erwärmt wie der globale Durchschnitt schmilzt das Meereis des hohen Nordens in hohem Tempo: Die Ausdehnung des arktischen Eises hat in den letzten Jahren stark abgenommen. 2024 lag das Minimum nur noch bei 4,3 Millionen Quadratkilometern. Die letzten 18 Jahre waren dabei gleichzeitig die 18 Jahre mit der geringsten Ausdehnung des Eises rund um den Nordpol seit es Aufzeichnungen gibt. bpo
“Wenn man wie China in der Lage ist, eine Mission zum Mond zu fliegen, dann kann man auch mehr im Bereich Klimaschutz zahlen“, sagte EU-Klimakommissar Wopke Hoekstra in einem Interview mit Bloomberg Television. Peking sei nun reich genug, um zu den weltweiten Bemühungen beizutragen, Finanzmittel für Entwicklungsländer bereitzustellen, um diesen bei der Bewältigung der Auswirkungen der globalen Erwärmung zu helfen. China argumentiert bisher, globale Klimafinanzierung sei die Verantwortung der reichsten Länder, die seit der industriellen Revolution die meisten CO₂-Emissionen verursacht haben.
Gleichzeitig zeigt eine neue Studie, dass die Volksrepublik schon viel Geld in internationale Klimafinanzierung steckt: Etwa 45 Milliarden US-Dollar hat das Land bereits von 2013 bis 2022 bezahlt, also im Schnitt etwa 4,5 Milliarden US-Dollar im Jahr. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Untersuchung des US-Thinktanks “World Ressource Institut” (WRI).
Die Studie weist darauf hin, dass die Datenlage nicht einfach ist. China ist wegen seines offiziellen Status als Schwellenland im Pariser Abkommen nicht zu internationalen Finanzhilfen und zu Transparenz darüber verpflichtet, kann aber freiwillig zahlen. Demnach setzt sich die Summe von 45 Milliarden US-Dollar zusammen aus:
Die Summe von 45 Milliarden macht laut WRI etwa sechs Prozent der gesamten globalen Klimafinanzierung aus. Zum Vergleich: Deutschland zahlt etwa sechs Milliarden Euro, die USA gaben laut US-Regierung 2021 etwa 5,8 Milliarden Dollar und sehen sich auf dem Weg, 2024 bereits 11,4 Milliarden Dollar beizutragen.
Der Bericht wird im Vorfeld der COP29 auf Interesse stoßen, wo ein neues globales Ziel für die Klimafinanzierung (NQCG) beschlossen werden soll. Bisher gibt es unter den Ländern völlig verschiedene Vorstellungen darüber, wie viel Geld jenseits der jetzt versprochenen 100 Milliarden US-Dollar jährlich dafür mobilisiert werden soll – und wer dafür zahlen soll. Besonders die westlichen Industrieländer drängen darauf, dass sich auch China und andere relativ reiche Schwellenländer an den Zahlungen beteiligen. bpo/ari
2,4 Milliarden Menschen sind weltweit einem hohen Risiko durch extreme Hitze ausgesetzt – und durch die Klimaerwärmung werden es immer mehr. Deshalb steigt die Nachfrage nach Kühlungslösungen. In den Entwicklungsländern können nachhaltige Kühllösungen die mit der Kühlung verbundenen Emissionen um fast 50 Prozent senken. Die Kosten für Strom, Geräte und die Investitionen des Energiesektors könnten sich so bis 2050 um acht Billionen US-Dollar reduzieren. Zu diesem Ergebnis, kommt der Bericht “Cooler Finance: How to Fund the Developing World’s Growing Cooling Needs” von dem UN-Umweltprogramm (UNEP) und der Internationalen Finanz-Kooperation (IFC), der am Mittwoch auf der UN-Generalversammlung in New York veröffentlicht wurde.
Auf der COP28 hatten mehr als 60 Länder mit dem “Global Cooling Pledge” die Absicht erklärt, Emissionen aus der Kühlung bis 2050 um 68 Prozent zu reduzieren. Der Kühlungssektor verursacht Treibhausgase unter anderem durch seinen Strombedarf. Hinzu kommt die Klimawirkung von entweichenden Kühlmitteln, die im Vergleich zu CO₂ besonders hoch ist. Dazu gehören beispielsweise Fluorkohlenwasserstoffe. Nach dem Bericht Global Cooling Watch 2023 der UNEP werden aktuell weltweit 20 Prozent des Stroms für Kühlung verwendet, und die Nachfrage nach Kühlung könnte sich bis 2050 verdreifachen.
Es brauche “energieeffiziente, umweltfreundliche und wirtschaftlich tragfähige Kühllösungen”, heißt es in dem aktuellen Bericht. Dafür sollte man auf passive Kühlungslösungen wie Isolierung setzen, Mindeststandards für Energieeffizienz durchsetzen und klimaschädliche Kältemittel schneller abschaffen. Außerdem brauche es systematische Ansätze für Kühlketten. Nach aktuellen Projektionen würden die mit Kühlung verbundenen Emissionen ansonsten aufgrund von Bevölkerungs- und ökonomischen Wachstum sowie Urbanisierung stark ansteigen.
Für eine “Wende zur nachhaltigen Kühlung” seien demnach erhebliche Finanzmittel von geschätzt 400 bis 800 Milliarden US-Dollar – auch aus dem Privatsektor – nötig. Allerdings sieht der Bericht auch wirtschaftliche Chancen und Investitionsmöglichkeiten: Durch die wachsende Notwendigkeit und Nachfrage von Kühlungslösungen wachse auch der Markt für nachhaltige Kühlungslösungen; bis 2050 könnte er sich von aktuell 300 Milliarden US-Dollar jährlich auf 600 Milliarden verdoppeln. kul
Das Bundesumweltministerium will mit einer Gesetzesnovelle auf die steigende Hochwassergefahr reagieren. “Die vielen Hochwasser in diesem Jahr zeigen uns, dass wir es mit einer neuen Realität zu tun haben”, erklärte Ministerin Steffi Lemke (Grüne) am Mittwoch. “Wir müssen die Menschen und ihr Hab und Gut, aber auch unsere Infrastruktur vor immer größeren Fluten schützen.” Zu diesem Zweck sind Änderungen des Wasserhaushaltsgesetzes geplant; ein Gesetzesentwurf, den das BMUV bereits mit den Ländern abgestimmt hat, geht nun in die Ressortabstimmung. Ihr Ziel sei es, den Entwurf noch in diesem Jahr im Kabinett zu verabschieden.
Nach Angaben des Ministeriums sieht der Entwurf vor, dass Gemeinden künftig verpflichtet werden, Konzepte für die Vorsorge gegen Starkregen und für dessen Management zu erarbeiten. Zudem sollen Brücken künftig größeren Abstand zur Wasseroberfläche einhalten und Genehmigungsverfahren für Hochwasserschutz-Maßnahmen beschleunigt werden. In der Flächennutzungs- und Bebauungsplanung soll Hochwasserschutz künftig verpflichtend beachtet werden. Und Länder bekommen die Möglichkeit, Gebiete festzulegen, in denen aufgrund von Hochwassergefahr überhaupt nicht mehr neu gebaut werden darf. Neue Bundesgelder für die Länder und Gemeinden, die für den Hochwasserschutz zuständig sind, sind im Zusammenhang mit der Novelle nicht vorgesehen.
Mit der Zunahme von extremen Wetterereignissen beschäftigt sich derzeit auch der Extremwetterkongress in Hamburg. Zum Auftakt stellten die Veranstalter zusammen mit dem Deutschen Wetterdienst (DWD) ein neues Faktenpapier vor. Darin heißt es, dass seit 1960 in Deutschland jede Dekade wärmer war als die vorherige. 2023 lag die Temperatur um 2,8 Grad höher als im Zeitraum von 1881 bis 1910. “Wir erleben eine ungebremste Erderwärmung mit immer heftigeren Extremwettern”, erklärte DWD-Vorstand Tobias Fuchs.
Auch in Bezug auf Regen und Schnee gab es zuletzt einen Rekord: “Beim Zeitraum Juli 2023 bis Juni 2024 handelte es sich um die niederschlagsreichste Zwölfmonatsepisode in Deutschland seit Auswertungsbeginn 1881”, schreiben die Autoren. Anders als bei der Hitze sei es bei den Niederschlägen aber schwierig, einen eindeutigen Trend nachzuweisen. “Der Zusammenhang zwischen Klimawandel und Starkniederschlägen
ist komplex und daher Gegenstand intensiver Forschung”, heißt es. Für einige Regionen deuteten die
Radardaten zwar auf eine Zunahme der Häufigkeit von Starkniederschlags-Ereignissen hin. Aufgrund der hohen Variabilität von Jahr zu Jahr sowie der kurzen Zeitreihe ließen sich daraus aber noch keine Rückschlüsse auf eine Zunahme von Extremereignissen im Zusammenhang mit dem Klimawandel ziehen. mkr
Die geplante Reduktion von Treibhausgasen in der EU könnte zu einem massiven Anstieg der Emissionen in anderen Teilen der Welt führen. Zu diesem Schluss kommt ein internationales Wissenschaftlerteam an der Universität Groningen unter der Leitung von Klaus Hubacek. Ihre Analyse wurde gerade im Fachmagazin Nature Sustainability veröffentlicht.
In der Studie wurden die geplanten Maßnahmen des Green New Deal im Bereich der Land- und Forstwirtschaft einschließlich der damit verbundenen Lieferketten untersucht. Dabei hat sich gezeigt, dass der Green Deal in seiner jetzigen Form im Vergleich zum Einsparziel innerhalb der EU zu einem mehr als doppelt so hohen Anstieg der Emissionen in Ländern außerhalb der EU führen würde.
Als Beispiel nannte Hubacek das Pflanzen von drei Milliarden Bäumen, eine Maßnahme zur Erhöhung der Biodiversität in Europa. Da Bäume viel Land brauchen, bedeute dies, dass in Zukunft anderswo, etwa in Afrika oder Südamerika, mehr Nahrungsmittel produziert werden müssten. Dafür werde aber zusätzliches Ackerland benötigt. “Das erhöht den Kohlendioxidausstoß und verringert die Artenvielfalt”, so Hubacek.
Zwar verbietet die Anti-Entwaldungsverordnung der EU den Import von Produkten, für die Waldflächen in Ackerland umgewandelt wurden. Aber: “Nichts hält diese Länder davon ab, auf bestehenden landwirtschaftlichen Flächen Produkte für Europa anzubauen und Wälder zu fällen, um für den lokalen Markt zu produzieren”, so Hubacek.
Um die befürchteten negativen Auswirkungen des Green Deal zu minimieren, schlagen die Wissenschaftler drei flankierende Maßnahmen vor:
Das auf der COP28 festgelegte Ziel, die Kapazität der erneuerbaren Energien bis 2030 zu verdreifachen, ist machbar, aber die Länder müssen schnell handeln, um mehr Stromnetzanschlüsse und Batteriespeicher zu installieren, so die Internationale Energieagentur (IEA). In einem am Dienstag veröffentlichten Bericht heißt es, dass günstige wirtschaftliche Bedingungen, ein “reichliches” Produktionspotenzial und politische Maßnahmen das Ziel erreichbar machen. Um es jedoch vollständig umzusetzen, müssten die Länder bis 2030 Übertragungsleitungen mit einer Länge 25 Millionen Kilometer bauen und 1.500 Gigawatt an Energiespeicherkapazität hinzufügen, was gegenüber dem heutigen Stand einer 15-fachen Steigerung entspricht.
Der Bericht ist der erste, der die spezifischen Maßnahmen umreißt, die ergriffen werden müssen, um das COP28-Ziel zu erreichen. “Eine weitere internationale Zusammenarbeit ist unerlässlich, um zweckmäßige Netze, ausreichende Energiespeicher und eine schnellere Elektrifizierung zu erreichen, die für einen schnellen und sicheren Übergang zu sauberer Energie unerlässlich sind”, sagte IEA-Exekutivdirektor Fatih Birol. Laut dem Bericht würde eine Verdreifachung der Kapazität der erneuerbaren Energien bis zum Ende des Jahrzehnts die weltweiten Treibhausgasemissionen um zehn Milliarden Tonnen reduzieren. rtr
New York Times: Effizient kühlen und heizen. Ein sogenanntes Netzwerk der fünften Generation für Heizung und Kühlung beim Bankside Yards-Projekt in London nutzt ein zukunftsweisendes Energiesystem, das ohne fossile Brennstoffe auskommt. Ein System aus elektrisch betriebenen Wärmepumpen sorgt dafür, dass jederzeit effizient gekühlt oder geheizt werden kann. Zum Artikel
Handelsblatt: Klima bestimmt Stadtplanung. Immer mehr Menschen ziehen in die Großstädte. Wohnungen sind knapp und teuer, es muss mehr gebaut werden. Neubauten sollten jedoch nicht dem Klima schaden. Dach- und Fassadenbegrünungen bieten die Möglichkeit, Wohnungsbau und Klimaschutz miteinander zu verbinden. Zum Artikel
New York Times: Biden warnt vor Trump. US-Präsident Joe Biden feierte am Dienstag seine Rekordbilanz an Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels und warnte davor, dass Donald Trump diese Errungenschaften zunichtemachen würde. Zum Artikel
Vox: Amerika zuerst. Nicht nur der ehemalige US-Präsident Donald Trump setzt auf “Amercia first”. Auch Kamala Harris denkt zuerst an die USA und setzt dabei auch darauf, die heimische Öl- und Erdgas-Industrie zu entwickeln. Zum Artikel
Zeit: Guyanas Klimarechnung. Obwohl es viel Öl exportiert, hat Guyana eine hervorragende Klimabilanz – vor allem, weil in dem Land viel Regenwald steht. Aber auch, weil die Staaten bei der Aufstellung ihrer Klimabilanzen große Freiräume haben. Zum Artikel