Table.Briefing: Climate

Ampel: Klimacheck für Gesetze + USA: Gericht schwächt Umweltpolitik + TOP100: Stiftungen

Liebe Leserin, lieber Leser,

Anfang Juli, das erste Halbjahr 2024 ist vorbei. Auf EU-Ebene heißt das, Ungarn übernimmt jetzt den Vorsitz im Rat der EU. Wir haben analysiert, was das für die COP29 bedeutet. Denn eine “klimaskeptische Achse” aus Ungarn, Russland und einer möglichen Trump-Regierung in den USA könnte die Klimaverhandlungen bremsen. Wie schwierig die Situation in den USA auch für Klimapolitik ist, zeigt ein anderer Text: Der Oberste Gerichtshof hat die Stellung der Fachbehörden für Umwelt und Klimaschutz geschwächt.

In Deutschland wiederum arbeitet die Ampel leise und vorsichtig an einem heiklen Vorhaben: Dem Klimacheck, der für alle Gesetze einen CO₂-Fußabdruck bringen soll. Und auf dem Weg zum grüneren Abheben gibt es gute Nachrichten: Wir berichten vom ersten marktreifen E-Kerosin aus dem Emsland – und erklären gleichzeitig, warum das nur ein sehr kleiner Schritt in Richtung klimafreundliches Fliegen ist. Außerdem analysieren wir, was die Wahlen in Großbritannien fürs Klima bedeuten könnten. Und stellen Ihnen wieder entscheidende Köpfe aus der Klima-Szene vor. Dieses Mal: Stiftungen.

Bleiben Sie dran!

Ihre
Lisa Kuner
Bild von Lisa  Kuner

Analyse

BMWK: “Klimacheck” soll Gesetze auf CO₂-Ausstoß prüfen

In Zukunft könnte auch der Bundesverkehrswegeplan ein CO₂-Etikett bekommen: Ausbau der A3 bei Erlangen, Brückenneubau über die Aurach.

Das Bundeswirtschafts- und Klimaschutzministerium (BMWK) arbeitet an einem “Klimacheck”, mit dem alle neuen Gesetze des Bundes auf ihre Klimawirkung untersucht werden sollen. Nach den bisherigen Planungen einer Arbeitsgruppe sollen Gesetze bereits während ihrer Entstehung in den zuständigen Ministerien und von externen Gutachtern auf ihre Klimaeffekte untersucht werden. Die Debatte soll helfen, die Klimaziele der Bundesregierung einzuhalten. Das geht aus Unterlagen hervor, die die Initiative “Frag den Staat” aus dem Ministerium hat und die Table.Briefings vorliegen.

Ein “Klimacheck” wurde im Koalitionsvertrag der Ampel-Parteien vereinbart. Dort heißt es: “Wir werden Klimaschutz zu einer Querschnittsaufgabe machen, indem das jeweils federführende Ressort seine Gesetzentwürfe auf ihre Klimawirkung und die Vereinbarkeit mit den nationalen Klimaschutzzielen hin prüft und mit einer entsprechenden Begründung versieht (Klimacheck).”

Bisher ist das Vorhaben aber kaum vorangekommen. Der Check werde “derzeit erarbeitet”, erklärt ein BMWK-Sprecher auf Nachfrage von Table.Briefings. Das werde aber noch etwas Zeit in Anspruch nehmen. Weiter heißt es: “Erste Fragen der Ausrichtung und Ausgestaltung wurden im Rahmen eines Forschungsvorhabens bereits wissenschaftlich geklärt.” Einen genauen Zeitpunkt für die konkrete Umsetzung des Vorhabens könne man aber noch nicht nennen.

CO₂-Etikett für Gesetze

Details des Vorhabens lassen sich aber aus dem Zwischenbericht eines Workshops ableiten, den das Umweltbundesamt im September vergangenen Jahres mit BMWK-Mitarbeitenden durchführte. Demnach solle ein solcher “Klimacheck”:

  • die Klimawirkung von Gesetzesvorhaben realistisch abschätzen,
  • möglichst früh in den Gesetzgebungsprozess hineinwirken und die Bewusstseinsbildung fördern,
  • Transparenz schaffen für Entscheidungsträger,
  • die Anwendbarkeit für alle Ministerien durch die jeweiligen Fachbeamten sicherstellen,
  • für alle Gesetzgebungsvorhaben angewendet werden,
  • möglichst wenig Zeit der Verwaltung in Anspruch nehmen und
  • außerhalb der Verwaltung Transparenz schaffen.

Möglich wäre demnach für Gesetzesvorhaben eine zweistufige Prüfung: Ein Relevanzcheck von nicht mehr als 60 Minuten könnte mit einem Schwellenwert für CO₂-Emissionen Vorhaben aussortieren, die kaum das Klima belasten. Vorhaben, die einen größeren CO₂-Ausstoß nach sich ziehen, müssten dagegen einer “quantitativen Hauptprüfung” unterzogen werden. Darin sollte ein Gutachten klarstellen, wie viele Tonnen Treibhausgase aus diesem Vorhaben zu erwarten sind und wie sich diese Emissionen zum verbleibenden CO₂-Budget Deutschlands beziehungsweise zu den Klimazielen der Bundesregierung (Klimaneutralität bis 2045) verhält.

Gesetze bekämen damit praktisch ein CO₂-Etikett. Die Ergebnisse sollen veröffentlicht werden – aber nicht rechtlich bindend sein. Die Hoffnung der Experten: “Medien und Öffentlichkeit werden auf den Klimacheck aufmerksam. Entscheidungen werden im Einklang mit nationalen Klimazielen getroffen […]. Die Politik kann den Klimacheck nicht ignorieren.”

Wer den Klimacheck durchführt, ist umstritten

Intern ist noch umstritten, wer dieses Gutachten durchführen könnte: die Ministerien selbst oder ein externer Gutachter. Der Koalitionsvertrag nennt die “federführenden Ministerien” als die Akteure. In den Planungen des BMWK ist aber auch die Rede von einer externen Begutachtung in der Hauptprüfung: Das könnte vom Expertenrat für Klimaschutz, dem Sachverständigenrat für Umweltfragen der Bundesregierung oder dem Umweltbundesamt geleistet werden.

Eine Begutachtung innerhalb der Ministerien könnte im Zweifel deutlich weniger scharf ausfallen als von externen Gutachtern. Deshalb ist dieser Punkt in der Regierung auch heikel. Bereits im “Sofortprogramm Klimaschutz 2023” wurde die Einführung des Klimachecks angekündigt, für den die Geschäftsordnung der Ministerien geändert werden solle. Dann könnte jedes Ministerium selbst das Verfahren durchführen. Die grüne Bundestagsabgeordnete Kathrin Henneberger setzt sich etwa dafür ein, den Check extern zu überprüfen und ihn fest im Regierungshandeln zu verankern: “Am besten würden wir den Klimacheck als Gesetz im Bundestag beschließen”.

Rechtliche Zweifel an einem Klimacheck seien aus ihrer Sicht unbegründet, sagt die Rechtsanwältin, ehrenamtliche Hamburger Verfassungsrichterin und Expertin für Klimaschutzrecht, Roda Verheyen. “Eine solche Regelung ist verfassungsrechtlich durchaus möglich”, das folge aus einer Reihe von Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts wie auch aus Artikel 20a des Grundgesetzes (Umweltschutz). “Ein Klimacheck bietet Politikern, Experten und Bürgern wertvolle Informationen und bekämpft die Desinformation im klimapolitischen Diskurs.

Außerdem könne er “verdeckte Klimaauswirkungen und Klimafolgen von Gesetzen frühzeitig sichtbar machen”, so Verheyen. “Hierbei ist es essenziell, dass ein unabhängiges Expert:innengremium ähnlich wie der Expertenrat für Klimafragen die Klimafolgen des Gesetzes wissenschaftlich einordnet.” Methodisch ähnlich erfolge dies bereits bei den Sofortprogrammen nach dem geltenden Paragrafen 8 des Klimaschutzgesetzes.

Schärferer Klimaschutz möglich

Die Anwältin erachtet aber auch eine deutlich schärfere Version eines “Klimachecks”, als die BMWK-Planungen vorsehen, für machbar. Demnach:

  • könnte eine “absolute Unverträglichkeitsschwelle” für bestimmte Emissionsmengen aus einem geplanten Gesetz ein “Klima-Veto” auslösen, das einen Gesetzentwurf der Bundesregierung auf Entwurfsebene stoppt.
  • müsste bei einer “abgeschwächten Unverträglichkeitsschwelle” das Gesetz zusätzlich begründet werden oder das zuständige Ministerium sich erneut damit befassen.
  • könnte ein eigener parlamentarischer Ausschuss die Ergebnisse kontrollieren.
  • könnte die ordnungsgemäße Durchführung des Klimachecks einklagbar sein.

Einen ähnlichen Vorstoß wie den jetzt geplanten Klimacheck hatte 2019 bereits der “Sachverständigenrat für Umweltfragen” der Bundesregierung (SRU) gemacht: Nach den Ideen aus einem SRU Gutachten zu “demokratisch Regieren in ökologischen Grenzen” sollte das Umweltministerium das Recht bekommen, auch für andere Ressorts Gesetze zu schreiben und alle Normen mit großen ökologischen Auswirkungen einzufrieren.

Ein “Rat für Generationengerechtigkeit” aus zufällig ausgelosten Bürgern sollte zudem umstrittene Gesetze während dreier Monate für eine Debatte anhalten können. Die Vorschläge trafen aber in der Politik auf Widerstand und selbst im SRU auf Widerspruch eines Mitglieds.       

  • BMWK
  • CO2-Emissionen
  • Klimaschutz
  • Koalitionsvertrag
Translation missing.

Wahl in Großbritannien: Wie Labour die Transformation anpacken will

London: Aktivisten fordern vor dem Tagungsgebäude der Labour-Party eine konsequente Klimaschutzpolitik.

Vor den britischen Parlamentswahlen am 4. Juli haben mehr als 400 Wissenschaftler die Vorsitzenden der politischen Parteien aufgefordert, “sich zu einem ehrgeizigen klimapolitischen Programm zu verpflichten”. Doch im Wahlkampf zeigten die Parteien bislang nur wenig Klima-Ehrgeiz. Einzig die britischen Grünen haben den Klimawandel zu einem zentralen Thema ihrer Kampagne gemacht. Umfragen sehen sie aber nur bei sechs Prozent der Stimmen und maximal vier Sitzen im Unterhaus.

Für die beiden großen Parteien – die noch regierenden Konservativen und die derzeitige Labour-Opposition – dominieren Themen wie Einwanderung, Lebenshaltungskosten und der Zustand des nationalen Gesundheitsdienstes. Labour könnte Umfragen zufolge über 40 Prozent der Stimmen auf sich vereinen. Dieser Anteil würde vermutlich leicht für eine absolute Mehrheit im Parlament reichen.

Labour: Staatseigenes Unternehmen für die Energiewende

Labours wichtigster Wahlkampfschwerpunkt mit Klimabezug ist die Energiewende. Die Partei verspricht, Großbritannien zu einer “Supermacht für saubere Energie” zu machen. Herzstück soll ein neues staatliches Energieunternehmen namens “Great British Energy” (GBE) werden. Finanzierungsvolumen in der nächsten Legislaturperiode: 8,3 Milliarden britische Pfund. GBE werde Großbritannien helfen, die Onshore-Windkapazität zu verdoppeln, die Solarenergiekapazität zu verdreifachen und die Offshore-Windkapazität zu vervierfachen, so Labour.

Zusätzliche 6,6 Milliarden Pfund will Labour investieren, um die Energieeffizienz von fünf Millionen Haushalten zu verbessern. Ein “Warm Home Plan” soll Zuschüsse und zinsgünstige Darlehen für Isolierung und andere Maßnahmen wie Solarmodule und Batterien anbieten, um den weit verbreiteten Sorgen der Bevölkerung bezüglich steigender Lebenshaltungskosten durch Klimamaßnahmen zu begegnen.

Finanzierung von Labour-Plänen unklar

Wie Labour die Pläne finanzieren will, ist noch unklar. Ursprünglich hatte die Partei angekündigt, jährlich 28 Milliarden Pfund für grüne Energie auszugeben. Im Februar kündigte sie jedoch an, diese Summe aus Gründen der Haushaltsdisziplin deutlich zu kürzen. Schuld sei die konservative Regierung, welche den Staatshaushalt in einem schlechten Zustand hinterlasse.

Die jetzige Regierung hatte sich verpflichtet, die Stromversorgung bis 2035 vollständig zu dekarbonisieren, sofern die Versorgungssicherheit gewährleistet ist. Dennoch kritisierten Experten für erneuerbare Energien die konservative Regierung, weil sie an einem Verbot von Onshore-Windkraftanlagen festhielt und Lizenzen für die Ausbeutung neuer Öl- und Gasfelder in der Nordsee genehmigte. 

Labour will die Dekarbonisierung der Energieversorgung fünf Jahre früher erreichen. Claire Coutinho, jetzige Ministerin für Energie und Netto-Nullenergie, behauptete, dieses Versprechen würde “fast 100 Milliarden Pfund” mehr kosten als die Pläne ihrer eigenen konservativen Partei. Chris Stark, ehemaliger Vorsitzender des offiziellen Beratergremiums Climate Change Committee, sagte hingegen, das Ziel einer sauberen Energieversorgung sei erreichbar, aber Labour müsse im Falle einer Wahl “alles dafür tun”.

Ähnlich sieht es bei der Frist für den Verbrenner-Ausstieg aus: Nachdem der konservative Premierminister Rishi Sunak diese Frist auf 2035 verschoben hatte, will Labour nun wieder zurück zum ursprünglich avisierten Jahr 2030. Diese Ankündigung deckt sich mit den Plänen der Liberaldemokraten, die als Koalitionspartner infrage kommen würden, sollte es für keine Labour-Mehrheit reichen.

Labour will Ausgaben nur vorsichtig erhöhen

In Bezug auf die Klima- und Naturpolitik insgesamt sieht Greenpeace die Grüne Partei an erster Stelle, gefolgt von den Liberaldemokraten und erst dann der Labour-Partei. Einer der Gründe, warum Labour vergleichsweise schlecht abschneidet (20,5 von 40 Punkten gegenüber 39 für die Grünen und 31,5 für die Liberaldemokraten), ist die heikle Frage, wie die Partei von Keir Starmer ihre Versprechen finanzieren will.

“Ihre Investitionen in den grünen Wandel gehen nicht weit genug”, sagt Greenpeace. “Mit Kleingeld kann man keinen echten Wandel herbeiführen. Die Sanierung unserer bröckelnden öffentlichen Dienste, die Wiederherstellung der Natur und die Unterstützung gefährdeter Gemeinden, die mit den Auswirkungen des Klimawandels konfrontiert sind, erfordern mehr staatliche Investitionen.”

Doch Labour tut sich schwer, weitere Mittel für höhere Ausgaben zu finden. Insgesamt müsse man im Labour-Manifest nicht “nach großen Zahlen suchen”, kommentierte Paul Johnson, Direktor der Forschungseinrichtung “Institute for Fiscal Studies”, die Ankündigungen zur Haushalts- und Steuerpolitik. Das größte Versprechen im Hinblick auf den viel gerühmten “grünen Wohlstandsplan” beläuft sich auf nicht mehr als fünf Milliarden Pfund pro Jahr, die zum Teil durch Kreditaufnahme und zum Teil durch eine Übergewinnsteuer auf Öl- und Gasgewinne finanziert werden sollen.

Pragmatismus und Aufruf zur Abschaffung von Net-Zero

Die konservativen Tories, die laut der Vorhersagen mit den Liberaldemokraten um die Position als größte Oppositionspartei kämpfen, plädieren für einen “pragmatischen” Umgang mit dem Klimawandel. Labours geplanter Energiepolitik spricht Ministerin Coutinho solchen Pragmatismus ab. Auf der Plattform “X” sah sie darin “verrückte Pläne”, die eine “Bedrohung für Tausende von Arbeitsplätzen und die Energiesicherheit des Vereinigten Königreichs” darstellen würden.

Radikaler als die Tories zeigt sich hingegen die rechtsextreme Partei Reform UK unter Nigel Farage. Sie würde Pläne für Net-Zero komplett streichen. Wie viele Sitze Reform UK erhalten könnte, ist unklar. Die Vorhersagen für den Stimmenanteil liegen bei ungefähr 15 Prozent.

Gesetzliche Verpflichtungen

Sollten sie die einschlägigen Gesetze nicht ändern, würden die Wahlgewinner aufgrund des Klimaschutzgesetzes von 2008 auf jeden Fall Maßnahmen ergreifen müssen. Das Gesetz verpflichtet die Regierung, fünfjährige Kohlenstoffbudgets einzuhalten. Im Mai gewannen die Non-Profit-Organisationen ClientEarth, Friends of the Earth und das Good Law Project eine Klage vor dem Obersten Gerichtshof. Dieser stellte fest, dass die derzeitige Strategie zum Kohlenstoffbudget gegen das Klimawandelgesetz verstößt. Auch der Vorgänger des Plans wurde von den Gerichten als rechtswidrig eingestuft. Philippa Nuttall

  • Energiepolitik
  • Europa
  • Greenpeace
  • Klimapolitik
  • Klimaschutzgesetz
  • Transformation
  • Vereinigtes Königreich
Translation missing.

So schwächt der Oberste Gerichtshof die US-Klimapolitik

CO₂-Emissionen vor Gericht: Kohlekraftwerk in Rhode Island.

Der Oberste Gerichtshof der USA hat mit einer weitreichenden Entscheidung die Zuständigkeit von Behörden eingeschränkt, über die Auslegung von Gesetzen und Regeln auch im Klima- und Umweltbereich zu befinden. Mit der konservativen Mehrheit von sechs zu drei Stimmen beendete der Supreme Court am vergangenen Freitag die 40-jährige Praxis der sogenannten “Chevron Doktrin“. Experten und Umweltschützer fürchten, dass nach dem Urteil viele andere wichtige Streitfälle zur US-Klimapolitik so entschieden werden, dass sie die staatliche Regulierung in diesem Bereich schwächen. Das Gericht könnte damit Angriffe auf die Klimapolitik in einer möglichen zweiten Amtszeit von Donald Trump als US-Präsident erleichtern.

Unklarheiten regeln Gerichte, nicht Behörden

Die “Chevron-Doktrin” des Supreme Court stützte sich auf einen Streitfall um die Kompetenz von US-Behörden, auf Fischkuttern eigene Inspektoren einzusetzen, die die Einhaltung der Fangquoten überprüfen und die Bedingungen dafür festzulegen. Aus dem Streit wurde durch ein Urteil des Supreme Court von 1984 eine allgemeine Praxis etabliert, dass es im Normalfall den zuständigen Behörden erlaubt ist, Gesetze auszulegen, wenn der Gesetzgeber Raum für Interpretationen lässt.

Expertenbehörden wie die Umweltbehörde EPA wurden wegen ihrer Fachkompetenz durch diese Praxis gestärkt. Der aktuelle Fall wurde in den vergangenen Jahren wegen seiner grundsätzlichen Bedeutung zur obersten Entscheidungsfindung gebracht, unterstützt auch von Politikern der republikanischen Partei und einer Koalition aus fossilen Energieunternehmen.

Deren Argumenten hat der Oberste Gerichtshof nun weitgehend entsprochen: Der Oberste Gerichtshof habe sich 1984 “ernsthaft geirrt”, schrieb Richter John Roberts, der bereits vor zwei Jahren die EPA bei der Regulierung von CO₂-Emissionen in ihre Schranken gewiesen hatte: Die Annahmen aus dem Chevron-Urteil seien “falsch, weil Behörden keine besondere Kompetenz haben, umstritten Regeln zu lösen. Diese Kompetenz haben Gerichte.”  

Folgen für Klimapolitik und wichtige Umweltprozesse

Das Ende der “Chevron”-Regel, die seit 1984 tausendfach vor Gericht angewandt wurde, kann Konsequenzen weit über den Einzelfall hinaus haben. Die neue höchstrichterliche Linie betrifft beispielsweise die Rechte der Bundesbehörde EPA zur Regulierung etwa von Luftschadstoffen oder CO₂-Emissionen. Diese Vorschriften sind neben dem gigantischen Investmentprogramm IRA die zweite Säule der Energie- und Klimapolitik der demokratischen US-Regierung unter Joe Biden. Seit langem attackieren die republikanische Partei, einige von ihr regierte Bundesstaaten und weite Teile der fossilen Industrie die Macht der EPA.

Laut Experten könnten auch andere wichtige Entscheidungen in der US-Energie- und Klimapolitik betroffen sein:

  • Im Fall “West Virginia vs. EPA” werfen Kohle-Bundesstaaten gemeinsam mit der Industrie der EPA vor, bei der Festlegung von CO₂-Obergrenzen ihre Kompetenzen zu überschreiten.
  • In “Nebraska vs. EPA” greifen 24 Bundesstaaten die CO₂-Emissionsregeln der EPA für schwere Lkw an.
  • Im Fall “Kentucky vs. EPA” attackiert eine Allianz von 26 Bundestaaten, Firmen der Öl- und Ethanolindustrie und Autohändlern die EPA-Regeln zur Senkung von CO₂ und anderen Schadstoffen bei Pkw, die bei neuen Fahrzeugen ab 2027 die Verbreitung von E-Autos fördern soll.
  • In “Iowa vs Council on Environmental Quality” verweigern 20 US-Staaten dem “Umweltqualitätsrat” des Weißen Hauses das Recht, Umwelt- und Klimafragen bei der Begutachtung der Arbeit von Bundesprogrammen einzubeziehen.
  • Im Fall “North Dakota vs Department of the Interior” wehren sich vier US-Staaten mit großer Öl- und Gasindustrie gegen die Bundesregeln zur Vermeidung von Methan-Emissionen bei der Gasproduktion.
  • Mit der Klage “Iowa vs. Securites and Exchange Commission” wenden sich Staaten, Firmen, Aktionäre und auch Umweltgruppen gegen eine Vorschrift der Börsenaufsicht SEC, nach der Unternehmen ihre Klimarisiken offenlegen müssen.
  • Und in “Luisiana vs. Mayorkas” werfen Bundesstaaten der US-Regierung vor, sie habe ihre Kompetenzen überschritten, weil sie bei der Neuberechnung der Prämien für die staatliche Versicherung gegen Überflutungen nun auch künftige Klimaschäden einbeziehen lässt.

Das “Chevron-Urteil” des Supreme Court kann in einigen oder allen diesen Fällen dazu führen, die Position der bundesstaatlichen Regulierungsbehörden zu schwächen. In einer abweichenden Meinung beklagt die Supreme-Court-Richterin Elena Kagan, das Gericht habe “einen Eckstein des Verwaltungsrechts” entfernt und leide unter “juristischer Hybris”. Es sei Teil einer modernen Verwaltung, die in wissenschaftlichen oder technischen Fragen Expertise hat. Gerichte hätten diese nicht. Außerdem seien unabhängige Gerichte politisch nicht zur Rechenschaft zu ziehen und sollten keine Politik machen.

Regierung: Gericht blockiert Umweltschutz

Die Pressesprecherin des Weißen Hauses sagte, das Urteil sei das jüngste Beispiel dafür, wie das Gericht “Regeln blockiert, die auf dem gesunden Menschenverstand beruhen, die uns, unsere Gesundheit, die Umwelt und unser Finanzsystem sichern und amerikanische Kunden und Arbeiter unterstützen.”

Eine Schwächung der Bundesebene im Klima- und Energiebereich würde zu den Plänen einer möglichen zweiten Amtszeit von Donald Trump als US-Präsident passen. Schon in seiner ersten Runde im Weißen Haus von 2017 bis 2021 hatte Trump das Pariser Klimaabkommen verlassen, heimische Regeln für die fossile Industrie gelockert, Standards für saubere Luft und CO₂-Emissionen gesenkt und die Umweltbehörde EPA durch Skandale und Umbesetzungen deutlich geschwächt. Insgesamt hatte die Trump-Regierung nach einer Bilanz des Thinktanks Brooking Institution in 74 Fällen die Regeln zum Umweltschutz gelockert.

  • Inflation Reduction Act
  • Joe Biden
  • Klimaklagen
  • Klimapolitik
  • Pariser Klimaabkommen
  • Regulierung
  • Trump 2024
  • USA

News

Atmosfair: Wie die Produktion von fast CO₂-neutralem Kerosin aussehen soll

Die ersten fünf Tonnen fast CO₂-neutrales Rohkerosin hat die gemeinnützige Organisation Atmosfair in einer Anlage in Werlte im Emsland hergestellt. Es ist das erste Mal, dass CO₂-neutrales Kerosin in größeren Mengen und für die kommerzielle Nutzung außerhalb einer Forschungseinrichtung hergestellt wird.

Die Anlage dafür war 2021 eingeweiht worden und wird durch die Firma Solarbelt betrieben und von Atmosfair mitfinanziert. CO₂-neutrales Kerosin wird dort aus Wasserstoff, Ökostrom und aus der Luft gefiltertem CO₂ hergestellt. Per Fischer-Tropsch-Synthese wird aus Kohlendioxid und Wasserstoff ein Synthesegas und daraus synthetisches Rohöl.

Das E-Kerosin ist CO₂-neutral, weil bei seiner Verbrennung nur die Menge des Treibhausgases emittiert wird, die bei der Herstellung der Atmosphäre entnommen wurde. Restemissionen bleiben allerdings durch Transport und Verarbeitung in einer Raffinerie.

Große Hürden für klimaneutrales Fliegen

E-Kerosin ist deutlich teurer, aber auch umweltfreundlicher als alternatives Kerosin aus fetthaltigen Pflanzen- und Speiseresten. Die Produktion von strombasiertem Kerosin ist sehr energieintensiv: Atmosfair muss fünfmal so viel Energie aus Erneuerbaren aufwenden, wie am Ende im Kerosin enthalten ist. Aus Sicht von Atmosfair ist diese erste Produktion dennoch ein wichtiger Meilenstein für einen Markthochlauf von E-Kerosin, es gebe es aber noch viele Hürden. Vor allem müssten die Airlines ihre Nachfrage nach synthetischen Kraftstoffen erhöhen. Eine aktuelle Studie zeigt aber, dass die Fluggesellschaften bisher noch nicht einmal ihre schon tief gesteckten Ziele zur Beimischung von nachhaltigen Kraftstoffen (SAF) erreichen. Deshalb sei es laut Atmosfair weiterhin notwendig, die Zahl der Flüge zu reduzieren, um Klimaziele einzuhalten.

Ab 2026 sollen in Werlte jährlich zwar 250 Tonnen CO₂-neutrales Kerosin produziert werden; gemessen am Kerosin-Bedarf des Flugverkehrs ist das verschwindend gering. Allein die deutschen Airlines verbrauchten 2020 mehr als zehn Millionen Tonnen Kerosin. kul

  • CO2-Emissionen
  • Flugverkehr
  • Klimaneutralität

Ungarn übernimmt Ratsvorsitz der EU: Was das für die COP29 bedeutet

Ungarn wird turnusmäßig bis Ende des Jahres dem Rat der Europäischen Union vorsitzen. Die ungarische Ratspräsidentschaft findet allerdings zu einem kritischen Zeitpunkt statt: während EU-Kommission und Parlament nach der Europawahl neu besetzt werden. “Die Ratspräsidentschaft bestimmt, was im Ministerrat auf den Verhandlungstisch kommt und setzt Prioritäten, sie kann bestimmte Themen verzögern und andere vorantreiben”, erklärt Manon Dufour, Leiterin des Brüsseler Büros des Thinktanks E3G. “Ungarn kann diese Hebel beim Umweltrat im Oktober nutzen.” Dort sollen die Positionen der EU-Staaten für die COP29 in Baku sowie zum Emissionsreduktionsziel bis 2040 festgelegt werden.

Ungarn kann bei diesen entscheidenden Fragen also massiven Einfluss nehmen. Beim EU-Klimaziel 2040 können sie zwar nicht die einzelnen Gesetzgebungen mitgestalten – diese will die Kommission erst 2026 vorstellen. Doch das grundsätzliche numerische Reduktionsziel soll entweder von den Ministern oder von den Staats- und Regierungschefs beim Gipfel im Dezember unter ungarischer Beteiligung festgelegt werden. Kommission und einige Mitgliedstaaten fordern 90 Prozent; Budapest gilt als weniger ambitioniert.

COP29: Spannungen bei der Klimafinanzierung

Bei der COP29 wird der europäische Beitrag zur globalen Klimafinanzierung das heikelste Thema werden, mit dem sich Ungarn befassen muss, beobachtet Dufour. Welche Länder zahlen dafür und welche Länder empfangen künftig Gelder für Anpassung an den Klimawandel und Vermeidung von Emissionen – diese Frage sowie die Höhe der Klimafinanzierung sind das wichtigste Thema in Baku. “Auf europäischer Ebene ist hier eine Entscheidung der Finanzminister im Ecofin-Rat erforderlich, und diese muss von der ungarischen Präsidentschaft koordiniert werden.”

Völlig offen ist laut Dufour, wie sich die ungarische Präsidentschaft hier positionieren wird. Vor allem, wenn Donald Trump im November wiedergewählt werden sollte. Die USA sind bei Finanzierungsfragen für Klimaschutz die zögerlichste Industrienation. Unter Trump dürfte sich dies kaum ändern – eher im Gegenteil. “Klar ist, dass die EU nicht der einzige Beitragszahler zur Klimafinanzierung werden will”, sagt die E3G-Klimaexpertin.

Auswirkungen der US-Wahlen

Auf der COP29 wird Ungarn als Ratspräsident den Verhandlungen für die EU-Staaten vorsitzen. Fehlende Koordination durch Budapest könnte die Rolle Europas schwächen, warnt Dufour. Andere einflussreiche EU-Minister sowie der Klimakommissar könnten daher statt des klimapolitisch schwachen Ungarn mehr Verantwortung übernehmen. Die Spanierin Teresa Ribera, der Däne Dan Jørgensen sowie Bundesaußenministerin Annalena Baerbock und ihre Staatssekretärin Jennifer Morgan könnten in diese Rollen schlüpfen.

Dufour warnt jedoch vor einer “neuen Dynamik” auf der COP29 durch eine klimaskeptische Achse aus Ungarn, USA und China. “Man muss abwarten, wie Budapest reagiert, wenn Donald Trump wiedergewählt wird”, sagt Linda Kalcher, Exekutivdirektorin des Thinktanks Strategic Perspectives. Da Ungarn eine informelle Ratssitzung für den 7. und 8. November geplant hat, also unmittelbar nach den US-Wahlen, würden dort die Auswirkungen der US-Wahlen auf die EU besprochen werden, glaubt sie. cst/luk

  • COP29
  • Donald Trump
  • EU-Klimapolitik
  • EU-Klimaziel 2040
  • Green Deal
  • Klima & Umwelt
  • Umweltpolitik
  • Ungarn
  • USA

Nationale Energie- und Klimapläne: Nur vier Länder halten Frist ein

Die Niederlande, Dänemark, Finnland und Schweden haben als einzige EU-Staaten die Frist zur Abgabe ihrer nationalen Energie- und Klimapläne (NECP) eingehalten. Das teilte die Kommission Table.Briefings auf Anfrage mit. Bis Sonntag hätten die Pläne laut Governance-Verordnung an die EU-Kommission übermittelt werden müssen. Auch Deutschland ist in Verzug.

Die NECPs sind die nationalen Fahrpläne zur Umsetzung der EU-Klimaziele für 2030. Die rechtzeitige Vorlage werde dazu beitragen, die notwendigen Investitionen auszulösen, “um den sauberen Übergang und die Dekarbonisierung der Industrie voranzutreiben“, sagte ein Kommissionssprecher. Man habe hart daran gearbeitet, ehrgeizige und wissenschaftlich fundierte gesetzgeberische Ziele zu vereinbaren. “Jetzt ist es an der Zeit, dass die nationalen Behörden diese in konkrete Pläne umsetzen und die Vorteile des grünen Übergangs für unsere europäischen Bürger und Unternehmen nutzen”, heißt es aus dem Berlaymont in Brüssel.

NECP-Entwürfe sorgten für Kritik

Bereits im vergangenen Jahr hatten die Mitgliedstaaten die Entwürfe für ihre NECPs eingereicht. Die Kommission bewertete die Entwürfe und mahnte anschließend zu mehr Ambitionen. Auch zivilgesellschaftliche Beobachter hielten etwa den deutschen Entwurf für nicht ausreichend. In den nun fälligen finalen Plänen sollen die Mängel behoben und die Anmerkungen der Kommission berücksichtigt werden.

Dass derlei Fristen nicht eingehalten werden, ist nicht unüblich. Aus Kreisen der Bundesregierung war zu hören, dass Berlin seinen Plan in den kommenden Wochen nach Brüssel schicken werde. Ein Vertragsverletzungsverfahren droht bei einer kurzen Fristüberziehung nicht. Dennoch fordert die Kommission alle anderen Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, ihre Pläne so bald wie möglich vorzulegen. Zu finden sind alle bereits eingereichten Pläne hier. luk

  • Energiepolitik
  • EU-Klimapolitik
  • Klima & Umwelt
  • Klimapolitik

FÖS-Kurzstudie: So verschwendet die Verkehrsplanung Geld

Das Bundesverkehrsministerium sollte die aktuelle Debatte um den Bundeshaushalt zum Anlass nehmen, “geplante Fernstraßenprojekte neu zu bewerten und konsequent zu streichen”, vor allem im Bereich Neu- und Ausbau von Straßen. So könnten bis 2030 rund 20 Milliarden Euro eingespart werden und finanzielle Mittel für Investitionen in die Verkehrswende würden frei. Zu diesem Ergebnis kommt das Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) in einer neuen Kurzstudie, erstellt im Auftrag von Klima-Allianz, BUND, dem Auto-Club Europa (ACE) und Verdi.

Für die Studie hat Autor Matthias Runkel, Leiter Verkehrs- und Finanzpolitik bei der FÖS, den Bundesverkehrswegeplan 2030 analysiert. Der Plan bestimmt die Prioritäten in der Verkehrspolitik und legt fest, welche Projekte im Einzelnen bis zum Ende des Jahrzehnts umgesetzt werden sollen. Durch die vorgeschlagenen Streichungen könne der Verkehrssektor einen “substanziellen Beitrag zu den geforderten Kürzungen im Bundeshaushalt” leisten, schreibt Runkel. Zugleich würden Mittel für “Erhaltungs- und Sanierungsmaßnahmen gegen den weiteren Verfall der maroden deutschen Infrastruktur sowie die für die Klimaziele unerlässlichen Zukunftsinvestitionen in ein modernes Schienennetz” frei.

Runkel kritisiert, dass der Bundesverkehrswegeplan auf teils falschen und überholten Annahmen basiere: Ein Großteil der darin enthaltenen Projekte weise “mit aktualisierten Zahlen ein negatives Kosten-Nutzen-Verhältnis auf und sollte nicht weiterverfolgt werden”. Allein die Baukosten dürften demnach um 110 Milliarden Euro steigen.

Die Klimakosten würden im Bundesverkehrswegeplan unterschätzt, was dazu führe, dass Schienenprojekte gegenüber Straßenbauvorhaben systematisch schlechter gestellt würden. Zudem stünden die Verkehrsprognosen im Plan in starkem Widerspruch zu den verkehrs- und umweltpolitischen Zielen der Bundesregierung, die eine starke Verlagerung des Verkehrs auf die Schiene vorsähen. Schließlich sei es “aufgrund der massiven Kostensteigerungen sowie begrenzter Personal- und Planungskapazitäten völlig unrealistisch”, alle darin enthaltenen Projekte umzusetzen. ae

  • Klima & Umwelt
  • Klimaschutz
  • Verkehrspolitik
  • Verkehrswende

Geothermie-Gesetz: Das plant die Bundesregierung

Die Geothermie gilt als Kerntechnologie der Wärmewende – um ihren Ausbau schneller voranzutreiben, hat das Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) einen Entwurf für ein Geothermie-Beschleunigungsgesetz vorgelegt und am vergangenen Freitag in die Verbände- und Länderabstimmung gegeben. Das Gesetz (GeoWG) befasst sich sowohl mit der tiefen Geothermie, die ab 400 Metern Bodentiefe beginnt, als auch mit der oberflächennahen Variante der Technik (bis 400 Meter). Laut Ministerium soll es die Grundlagen dafür schaffen, dass bis 2030 zehn Terawattstunden Energie aus Erdwärme gewonnen werden können. Das seien etwa zehnmal so viel wie derzeit. Parallel zur Verbändeabstimmung läuft momentan auch die Ressortabstimmung zwischen den Ministerien. Im August soll der Gesetzentwurf ins Kabinett.

Rund ein Viertel der Wärme könne in Deutschland “unter bestimmten Bedingungen mithilfe tiefengeothermischer Systeme erzeugt werden”, teilte das BMWK mit. Um die Klimaziele zu erreichen, komme der Geothermie als klimaneutrale, unerschöpfliche, zuverlässige und über das gesamte Jahr verfügbare Energiequelle eine wichtige Rolle zu. Doch ihr Potenzial sei bislang noch unzureichend erschlossen. Derzeit könne es Jahre dauern, bis eine Geothermie-Anlage genehmigt sei; der bürokratische Aufwand sei hoch.

Das GeoWG soll nun Genehmigungsverfahren für Geothermieanlagen, Wärmepumpen und Wärmespeicher beschleunigen, indem es beispielsweise Fristen verkürzt. Zudem sollen Geothermieanlagen in den Abwägungen der Genehmigungsbehörden mehr Gewicht erhalten, indem ihnen beispielsweise ein überragendes öffentliches Interesse zugesprochen wird, ähnlich wie der Windenergie und Photovoltaik. ae

  • Klima & Umwelt
  • Klimaziele
  • Wärmewende

Brasilien: Warum es aktuell zu Rekordfeuern im Sumpfgebiet Pantanal kommt

Aus dem Pantanal, dem weltweit größten tropischen Feuchtgebiet, wird eine Rekordanzahl an Waldbränden gemeldet – obwohl die Waldbrandsaison offiziell noch gar nicht begonnen hat. Expertinnen und Experten gehen davon aus, dass in Feuer in diesem Jahr die schlimmsten seit Jahrzehnten werden.

Normalerweise trocknet das Sumpfgebiet erst zwischen Juli und September aus. Aktuelle Daten des brasilianischen Instituts für Weltraumforschung (INPE) zeigten nun aber schon im Juni mehr als 2600 Brandherde – im vergangenen Jahr gab es im Juni gerade mal 77 Brände, im vorigen Rekordjahr 2020 etwas mehr als 400. Brasiliens Umweltministerin Marina Silva nennt den Klimawandel sowie lang anhaltende Auswirkungen der Klimaphänomene El Niño und La Niña als Gründe für die ungewöhnlich starke und frühe Feuersaison. Allerdings seien in den meisten Fällen Menschen dafür verantwortlich, dass die Brände überhaupt ausbrächen. Das Pantanal liegt im Grenzgebiet zwischen Brasilien, Paraguay und Bolivien. Es gilt als einer der Biodiversitätshotspots weltweit und beheimatet tausende Arte von Tieren und Pflanzen, die teils vom Aussterben bedroht sind. Außerdem ist das Feuchtgebiet ein wichtiger, natürlicher Speicher von CO₂.

Der Wasserstand des Rio Paraguay, der große Teile des Pantanals mit Wasser versorgt, ist schon seit Monaten niedrig. Viele Flächen wurden deshalb nicht wie gewöhnlich überschwemmt und in den trockenen Sträuchern können sich die Feuer jetzt besonders gut ausbreiten. Die letzten schlimmen Waldbrände hatte es in der Region 2020 unter der Regierung des rechtsextremen Präsidenten Jair Bolsonaro gegeben. Damals brannte rund ein Drittel der Fläche des Pantanals, 17 Millionen Tiere verendeten in den Feuern und mehr als 100 Millionen Tonnen CO₂ wurden freigesetzt. Viele warfen Bolsonaro vor, die Katastrophe durch Untätigkeit befeuert zu haben. Jetzt ist die Region etwas besser vorbereitet: In den vergangenen Monaten waren beispielsweise schon präventiv zusätzliche Feuerwehrstationen errichtet worden. kul

  • Brasilien
  • Waldbrände

Heads

Die entscheidenden Köpfe der Klima-Szene – Stiftungen

Laurence Tubiana – CEO, European Climate Foundation

Die Ökonomin Laurence Tubiana war 2015 als französische Verhandlungsführerin eine der Architektinnen des Pariser Klimaabkommens. Heute leitet sie die European Climate Foundation, die sich für die klimafreundliche Transformation Europas starkmacht, und lehrt an der Elitehochschule Sciences Po in Paris, wo sie einst selbst studierte. Tubiana ist seit Jahrzehnten in der Klima-, Energie- und Entwicklungspolitik aktiv. Zu Beginn ihrer Karriere engagierte sie sich mit einer eigenen NGO für globale Ernährungssicherheit; 2002 gründete sie in Paris das Institute of Sustainable Development and International Relations (IDDRI), das sie bis 2014 leitete. Sie beriet den früheren Premierminister Lionel Jospin umwelt- und klimapolitisch, ebenso wie sie den heutigen Präsidenten Emmanuel Macron berät.

Rainer Baake – Direktor, Stiftung Klimaneutralität

Rainer Baake ist seit mehr als 30 Jahren eine entscheidende Figur der deutschen Energiepolitik. Der studierte Volkswirt verhandelte ab 1998 als Staatssekretär im Bundesumweltministerium unter Jürgen Trittin den Atomausstieg. Er prägte den Ausbau der Erneuerbaren über das EEG und gestaltete den EU-Emissionshandel mit, nacheinander auch als Chef des Umweltverbands Deutsche Umwelthilfe, Gründer der Agora Energiewende, und dann 2014-2017 trotz grünen Parteibuchs wieder als Staatssekretär im SPD-Wirtschaftsministerium. Seit 2020 ist er Direktor der Stiftung Klimaneutralität. Er arbeitet ehrenamtlich als Sonderbeauftragter der Bundesregierung für Fragen von Energiekooperation und Wasserstoff in Namibia und Südafrika.    

Eckart von Hirschhausen – Fernsehmoderator und Gründer von Gesunde Erde Gesunde Menschen

Die Klimakrise besser und auch humorvoller zu kommunizieren, dafür setzt sich Eckart von Hirschhausen ein. Besonders am Herzen liegt ihm dabei der Schnittpunkt zwischen Medizin und Gesundheit – 2020 gründete er darum die Stiftung “Gesunde Erde Gesunde Menschen”, die Bewusstsein dafür schaffen will, dass die Klimakrise die größte Gesundheitsgefahr ist. Aber auch sonst mischt er sich immer wieder mit kreativen Ideen in politischen Diskurs ein: Mit der Kampagne “Bring die Oma mit zur Urne” hatte er kurz vor der Europawahl Aufsehen erregt.

Lars Grotewold – Director Climate Action, Mercator-Stiftung

Lars Grotewold ist promovierter Biologe und Stammzellenforscher. Von der University of Edinburgh hat er sich in der deutschen Wissenschafts- und Klimaszene über Beratungstätigkeiten bis zum Sprecher des Rats für Ökologie im katholischen Bistum Essen und die Verkehrs-NGO International Council on Clean Transportation zur Mercator-Stiftung bewegt. Dort arbeitet er seit 15 Jahren als Director Climate Action daran, die Klimaszene zu vernetzen und Strategien zur Kommunikation von Klimapolitik zu erarbeiten. Offiziell zuständig ist er neben Energie, Klima und Verkehr auch für “strategic Philanthropy”.

Andrew Steer – Vorsitzender des CEO Bezos Earth Fund

Andrew Steer ist CEO und Präsident des Bezos Earth Fund, ein Fonds im Wert von zehn Milliarden US-Dollar,
der für die Bekämpfung der Klimakrise verwendet wird. Als promovierter Ökonom hat Steer unter anderem als Generaldirektor im britischen Ministerium für internationale Entwicklung gearbeitet. Über acht Jahre war er CEO des World Resources Institute. Davor war Steer von 2010 bis 2012 Sondergesandter für
Klimawandel bei der Weltbank.

Louisa Prause – Senior Expert for Climate Change, Robert Bosch Stiftung

Louisa Prause beschäftigt sich als leitende Expertin für Klimawandel bei der Robert Bosch
Stiftung vor allem mit der sozial-ökologischen Transformation des Agrar- und Ernährungssystems,
globaler Gerechtigkeit und Afrika-Europa Beziehungen. Die Stiftung versucht in West- und Ostafrika besonders lokale Gemeinschaften, Indigene, Frauen und junge Menschen zu unterstützen. Davor hat sie an der
Humboldt-Universität zu Berlin geforscht und promoviert sowie unter anderem für Powershift e. V. gearbeitet.

Alexander Bonde – Generalsekretär, Deutsche Bundesstiftung Umwelt

In einem Interview verglich Alexander Bonde die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) einmal mit “Bob dem Baumeister”: Der DBU gehe es “immer darum, mit einem neuen Geschäftsmodell, einer Technologie, einem Kommunikations- und Bildungsvorhaben ganz konkret was Nachmachbares zu generieren, womit man Umweltprobleme löst” – für die Energiewende, die Kreislaufwirtschaft, den Klimaschutz. Bevor er das Amt bei der DBU übernahm, machte der Jurist und Verwaltungswirt Bonde in der Parteipolitik Karriere: Für Bündnis 90/Die Grünen saß er von 2002 bis 2011 im Bundestag. Von 2011 bis 2016 war er unter Winfried Kretschmann Minister für den Ländlichen Raum und Verbraucherschutz in Baden-Württemberg. Seit 2018 leitet er als Generalsekretär die DBU.

Michael Otto – Unternehmer, Mäzen, Präsident der Stiftung Klimawirtschaft

Michael Otto ist Unternehmer und Stifter mit besonderem Interesse an Nachhaltigkeit. Er leitete das familieneigene Versandhandels-Unternehmen der “Otto-Group” mit Milliarden-Umsatz und überführte es 2015 in eine Stiftung. Das sichert den Einfluss der Familie Otto auf die Geschäftspolitik und wirft Renditen ab, die in soziale, kulturelle und ökologische Projekte investiert werden. Otto ist Ehrenvorsitzender der WWF-Stiftung, Mitglied beim World Future Council und Präsident der Stiftung Klimawirtschaft, die sich für eine klimaneutrale Wirtschaft einsetzt. Seine “Umweltstiftung Michael Otto” fördert vor allem Projekte rund um Gewässer- und Meeresschutz und Moorvernässung.   

Oliver Geden – Senior Fellow, Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP)

Ob deutsche Klimaaußenpolitik, der Hochlauf von CCS-Technologien oder die Bewertung der europäischen Klimaziele – Oliver Geden gilt als eine der wichtigsten wissenschaftlichen Stimmen, sowohl in Deutschland als auch international. Bei SWP leitet er den Forschungscluster Klimapolitik; er ist Vize-Chef der Arbeitsgruppe 3 (Mitigation) im 7. Berichtszyklus des IPCC und war Leitautor des AR3-Berichts im 6. Sachstandsbericht. Seine fundierten Analysen für SWP prägen politische Entscheidungen und bekämpfen Falschinformationen zum Klimawandel.

Rajiv Shah – Präsident, Rockefeller Foundation

Als Präsident der Rockefeller Foundation setzt sich Rajiv Shah auch für die Energieversorgung in armen Staaten ein. Die Stiftung und ihre Partner investieren laut eigenen Angaben zehn Milliarden US-Dollar in die Global Energy Alliance for People and Planet (GEAPP), um die Stromversorgung von bis zu 800 Millionen Menschen zu ermöglichen. Die Allianz investiert in Capacity Building und die Absicherung von Finanzierungen, aber auch in Batteriespeicherprojekte und dezentrale erneuerbare Energien. Vor seiner Zeit bei der Rockefeller Stiftung war Shah Leiter von USAID. Er hat Latitude Capital gegründet, eine Private-Equity-Firma, die sich auf Energie- und Infrastrukturprojekte in Afrika und Asien konzentriert.

  • IPCC
  • Pariser Klimaabkommen
  • SWP

Climate.Table Redaktion

CLIMATE.TABLE REDAKTION

Licenses:
    Liebe Leserin, lieber Leser,

    Anfang Juli, das erste Halbjahr 2024 ist vorbei. Auf EU-Ebene heißt das, Ungarn übernimmt jetzt den Vorsitz im Rat der EU. Wir haben analysiert, was das für die COP29 bedeutet. Denn eine “klimaskeptische Achse” aus Ungarn, Russland und einer möglichen Trump-Regierung in den USA könnte die Klimaverhandlungen bremsen. Wie schwierig die Situation in den USA auch für Klimapolitik ist, zeigt ein anderer Text: Der Oberste Gerichtshof hat die Stellung der Fachbehörden für Umwelt und Klimaschutz geschwächt.

    In Deutschland wiederum arbeitet die Ampel leise und vorsichtig an einem heiklen Vorhaben: Dem Klimacheck, der für alle Gesetze einen CO₂-Fußabdruck bringen soll. Und auf dem Weg zum grüneren Abheben gibt es gute Nachrichten: Wir berichten vom ersten marktreifen E-Kerosin aus dem Emsland – und erklären gleichzeitig, warum das nur ein sehr kleiner Schritt in Richtung klimafreundliches Fliegen ist. Außerdem analysieren wir, was die Wahlen in Großbritannien fürs Klima bedeuten könnten. Und stellen Ihnen wieder entscheidende Köpfe aus der Klima-Szene vor. Dieses Mal: Stiftungen.

    Bleiben Sie dran!

    Ihre
    Lisa Kuner
    Bild von Lisa  Kuner

    Analyse

    BMWK: “Klimacheck” soll Gesetze auf CO₂-Ausstoß prüfen

    In Zukunft könnte auch der Bundesverkehrswegeplan ein CO₂-Etikett bekommen: Ausbau der A3 bei Erlangen, Brückenneubau über die Aurach.

    Das Bundeswirtschafts- und Klimaschutzministerium (BMWK) arbeitet an einem “Klimacheck”, mit dem alle neuen Gesetze des Bundes auf ihre Klimawirkung untersucht werden sollen. Nach den bisherigen Planungen einer Arbeitsgruppe sollen Gesetze bereits während ihrer Entstehung in den zuständigen Ministerien und von externen Gutachtern auf ihre Klimaeffekte untersucht werden. Die Debatte soll helfen, die Klimaziele der Bundesregierung einzuhalten. Das geht aus Unterlagen hervor, die die Initiative “Frag den Staat” aus dem Ministerium hat und die Table.Briefings vorliegen.

    Ein “Klimacheck” wurde im Koalitionsvertrag der Ampel-Parteien vereinbart. Dort heißt es: “Wir werden Klimaschutz zu einer Querschnittsaufgabe machen, indem das jeweils federführende Ressort seine Gesetzentwürfe auf ihre Klimawirkung und die Vereinbarkeit mit den nationalen Klimaschutzzielen hin prüft und mit einer entsprechenden Begründung versieht (Klimacheck).”

    Bisher ist das Vorhaben aber kaum vorangekommen. Der Check werde “derzeit erarbeitet”, erklärt ein BMWK-Sprecher auf Nachfrage von Table.Briefings. Das werde aber noch etwas Zeit in Anspruch nehmen. Weiter heißt es: “Erste Fragen der Ausrichtung und Ausgestaltung wurden im Rahmen eines Forschungsvorhabens bereits wissenschaftlich geklärt.” Einen genauen Zeitpunkt für die konkrete Umsetzung des Vorhabens könne man aber noch nicht nennen.

    CO₂-Etikett für Gesetze

    Details des Vorhabens lassen sich aber aus dem Zwischenbericht eines Workshops ableiten, den das Umweltbundesamt im September vergangenen Jahres mit BMWK-Mitarbeitenden durchführte. Demnach solle ein solcher “Klimacheck”:

    • die Klimawirkung von Gesetzesvorhaben realistisch abschätzen,
    • möglichst früh in den Gesetzgebungsprozess hineinwirken und die Bewusstseinsbildung fördern,
    • Transparenz schaffen für Entscheidungsträger,
    • die Anwendbarkeit für alle Ministerien durch die jeweiligen Fachbeamten sicherstellen,
    • für alle Gesetzgebungsvorhaben angewendet werden,
    • möglichst wenig Zeit der Verwaltung in Anspruch nehmen und
    • außerhalb der Verwaltung Transparenz schaffen.

    Möglich wäre demnach für Gesetzesvorhaben eine zweistufige Prüfung: Ein Relevanzcheck von nicht mehr als 60 Minuten könnte mit einem Schwellenwert für CO₂-Emissionen Vorhaben aussortieren, die kaum das Klima belasten. Vorhaben, die einen größeren CO₂-Ausstoß nach sich ziehen, müssten dagegen einer “quantitativen Hauptprüfung” unterzogen werden. Darin sollte ein Gutachten klarstellen, wie viele Tonnen Treibhausgase aus diesem Vorhaben zu erwarten sind und wie sich diese Emissionen zum verbleibenden CO₂-Budget Deutschlands beziehungsweise zu den Klimazielen der Bundesregierung (Klimaneutralität bis 2045) verhält.

    Gesetze bekämen damit praktisch ein CO₂-Etikett. Die Ergebnisse sollen veröffentlicht werden – aber nicht rechtlich bindend sein. Die Hoffnung der Experten: “Medien und Öffentlichkeit werden auf den Klimacheck aufmerksam. Entscheidungen werden im Einklang mit nationalen Klimazielen getroffen […]. Die Politik kann den Klimacheck nicht ignorieren.”

    Wer den Klimacheck durchführt, ist umstritten

    Intern ist noch umstritten, wer dieses Gutachten durchführen könnte: die Ministerien selbst oder ein externer Gutachter. Der Koalitionsvertrag nennt die “federführenden Ministerien” als die Akteure. In den Planungen des BMWK ist aber auch die Rede von einer externen Begutachtung in der Hauptprüfung: Das könnte vom Expertenrat für Klimaschutz, dem Sachverständigenrat für Umweltfragen der Bundesregierung oder dem Umweltbundesamt geleistet werden.

    Eine Begutachtung innerhalb der Ministerien könnte im Zweifel deutlich weniger scharf ausfallen als von externen Gutachtern. Deshalb ist dieser Punkt in der Regierung auch heikel. Bereits im “Sofortprogramm Klimaschutz 2023” wurde die Einführung des Klimachecks angekündigt, für den die Geschäftsordnung der Ministerien geändert werden solle. Dann könnte jedes Ministerium selbst das Verfahren durchführen. Die grüne Bundestagsabgeordnete Kathrin Henneberger setzt sich etwa dafür ein, den Check extern zu überprüfen und ihn fest im Regierungshandeln zu verankern: “Am besten würden wir den Klimacheck als Gesetz im Bundestag beschließen”.

    Rechtliche Zweifel an einem Klimacheck seien aus ihrer Sicht unbegründet, sagt die Rechtsanwältin, ehrenamtliche Hamburger Verfassungsrichterin und Expertin für Klimaschutzrecht, Roda Verheyen. “Eine solche Regelung ist verfassungsrechtlich durchaus möglich”, das folge aus einer Reihe von Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts wie auch aus Artikel 20a des Grundgesetzes (Umweltschutz). “Ein Klimacheck bietet Politikern, Experten und Bürgern wertvolle Informationen und bekämpft die Desinformation im klimapolitischen Diskurs.

    Außerdem könne er “verdeckte Klimaauswirkungen und Klimafolgen von Gesetzen frühzeitig sichtbar machen”, so Verheyen. “Hierbei ist es essenziell, dass ein unabhängiges Expert:innengremium ähnlich wie der Expertenrat für Klimafragen die Klimafolgen des Gesetzes wissenschaftlich einordnet.” Methodisch ähnlich erfolge dies bereits bei den Sofortprogrammen nach dem geltenden Paragrafen 8 des Klimaschutzgesetzes.

    Schärferer Klimaschutz möglich

    Die Anwältin erachtet aber auch eine deutlich schärfere Version eines “Klimachecks”, als die BMWK-Planungen vorsehen, für machbar. Demnach:

    • könnte eine “absolute Unverträglichkeitsschwelle” für bestimmte Emissionsmengen aus einem geplanten Gesetz ein “Klima-Veto” auslösen, das einen Gesetzentwurf der Bundesregierung auf Entwurfsebene stoppt.
    • müsste bei einer “abgeschwächten Unverträglichkeitsschwelle” das Gesetz zusätzlich begründet werden oder das zuständige Ministerium sich erneut damit befassen.
    • könnte ein eigener parlamentarischer Ausschuss die Ergebnisse kontrollieren.
    • könnte die ordnungsgemäße Durchführung des Klimachecks einklagbar sein.

    Einen ähnlichen Vorstoß wie den jetzt geplanten Klimacheck hatte 2019 bereits der “Sachverständigenrat für Umweltfragen” der Bundesregierung (SRU) gemacht: Nach den Ideen aus einem SRU Gutachten zu “demokratisch Regieren in ökologischen Grenzen” sollte das Umweltministerium das Recht bekommen, auch für andere Ressorts Gesetze zu schreiben und alle Normen mit großen ökologischen Auswirkungen einzufrieren.

    Ein “Rat für Generationengerechtigkeit” aus zufällig ausgelosten Bürgern sollte zudem umstrittene Gesetze während dreier Monate für eine Debatte anhalten können. Die Vorschläge trafen aber in der Politik auf Widerstand und selbst im SRU auf Widerspruch eines Mitglieds.       

    • BMWK
    • CO2-Emissionen
    • Klimaschutz
    • Koalitionsvertrag
    Translation missing.

    Wahl in Großbritannien: Wie Labour die Transformation anpacken will

    London: Aktivisten fordern vor dem Tagungsgebäude der Labour-Party eine konsequente Klimaschutzpolitik.

    Vor den britischen Parlamentswahlen am 4. Juli haben mehr als 400 Wissenschaftler die Vorsitzenden der politischen Parteien aufgefordert, “sich zu einem ehrgeizigen klimapolitischen Programm zu verpflichten”. Doch im Wahlkampf zeigten die Parteien bislang nur wenig Klima-Ehrgeiz. Einzig die britischen Grünen haben den Klimawandel zu einem zentralen Thema ihrer Kampagne gemacht. Umfragen sehen sie aber nur bei sechs Prozent der Stimmen und maximal vier Sitzen im Unterhaus.

    Für die beiden großen Parteien – die noch regierenden Konservativen und die derzeitige Labour-Opposition – dominieren Themen wie Einwanderung, Lebenshaltungskosten und der Zustand des nationalen Gesundheitsdienstes. Labour könnte Umfragen zufolge über 40 Prozent der Stimmen auf sich vereinen. Dieser Anteil würde vermutlich leicht für eine absolute Mehrheit im Parlament reichen.

    Labour: Staatseigenes Unternehmen für die Energiewende

    Labours wichtigster Wahlkampfschwerpunkt mit Klimabezug ist die Energiewende. Die Partei verspricht, Großbritannien zu einer “Supermacht für saubere Energie” zu machen. Herzstück soll ein neues staatliches Energieunternehmen namens “Great British Energy” (GBE) werden. Finanzierungsvolumen in der nächsten Legislaturperiode: 8,3 Milliarden britische Pfund. GBE werde Großbritannien helfen, die Onshore-Windkapazität zu verdoppeln, die Solarenergiekapazität zu verdreifachen und die Offshore-Windkapazität zu vervierfachen, so Labour.

    Zusätzliche 6,6 Milliarden Pfund will Labour investieren, um die Energieeffizienz von fünf Millionen Haushalten zu verbessern. Ein “Warm Home Plan” soll Zuschüsse und zinsgünstige Darlehen für Isolierung und andere Maßnahmen wie Solarmodule und Batterien anbieten, um den weit verbreiteten Sorgen der Bevölkerung bezüglich steigender Lebenshaltungskosten durch Klimamaßnahmen zu begegnen.

    Finanzierung von Labour-Plänen unklar

    Wie Labour die Pläne finanzieren will, ist noch unklar. Ursprünglich hatte die Partei angekündigt, jährlich 28 Milliarden Pfund für grüne Energie auszugeben. Im Februar kündigte sie jedoch an, diese Summe aus Gründen der Haushaltsdisziplin deutlich zu kürzen. Schuld sei die konservative Regierung, welche den Staatshaushalt in einem schlechten Zustand hinterlasse.

    Die jetzige Regierung hatte sich verpflichtet, die Stromversorgung bis 2035 vollständig zu dekarbonisieren, sofern die Versorgungssicherheit gewährleistet ist. Dennoch kritisierten Experten für erneuerbare Energien die konservative Regierung, weil sie an einem Verbot von Onshore-Windkraftanlagen festhielt und Lizenzen für die Ausbeutung neuer Öl- und Gasfelder in der Nordsee genehmigte. 

    Labour will die Dekarbonisierung der Energieversorgung fünf Jahre früher erreichen. Claire Coutinho, jetzige Ministerin für Energie und Netto-Nullenergie, behauptete, dieses Versprechen würde “fast 100 Milliarden Pfund” mehr kosten als die Pläne ihrer eigenen konservativen Partei. Chris Stark, ehemaliger Vorsitzender des offiziellen Beratergremiums Climate Change Committee, sagte hingegen, das Ziel einer sauberen Energieversorgung sei erreichbar, aber Labour müsse im Falle einer Wahl “alles dafür tun”.

    Ähnlich sieht es bei der Frist für den Verbrenner-Ausstieg aus: Nachdem der konservative Premierminister Rishi Sunak diese Frist auf 2035 verschoben hatte, will Labour nun wieder zurück zum ursprünglich avisierten Jahr 2030. Diese Ankündigung deckt sich mit den Plänen der Liberaldemokraten, die als Koalitionspartner infrage kommen würden, sollte es für keine Labour-Mehrheit reichen.

    Labour will Ausgaben nur vorsichtig erhöhen

    In Bezug auf die Klima- und Naturpolitik insgesamt sieht Greenpeace die Grüne Partei an erster Stelle, gefolgt von den Liberaldemokraten und erst dann der Labour-Partei. Einer der Gründe, warum Labour vergleichsweise schlecht abschneidet (20,5 von 40 Punkten gegenüber 39 für die Grünen und 31,5 für die Liberaldemokraten), ist die heikle Frage, wie die Partei von Keir Starmer ihre Versprechen finanzieren will.

    “Ihre Investitionen in den grünen Wandel gehen nicht weit genug”, sagt Greenpeace. “Mit Kleingeld kann man keinen echten Wandel herbeiführen. Die Sanierung unserer bröckelnden öffentlichen Dienste, die Wiederherstellung der Natur und die Unterstützung gefährdeter Gemeinden, die mit den Auswirkungen des Klimawandels konfrontiert sind, erfordern mehr staatliche Investitionen.”

    Doch Labour tut sich schwer, weitere Mittel für höhere Ausgaben zu finden. Insgesamt müsse man im Labour-Manifest nicht “nach großen Zahlen suchen”, kommentierte Paul Johnson, Direktor der Forschungseinrichtung “Institute for Fiscal Studies”, die Ankündigungen zur Haushalts- und Steuerpolitik. Das größte Versprechen im Hinblick auf den viel gerühmten “grünen Wohlstandsplan” beläuft sich auf nicht mehr als fünf Milliarden Pfund pro Jahr, die zum Teil durch Kreditaufnahme und zum Teil durch eine Übergewinnsteuer auf Öl- und Gasgewinne finanziert werden sollen.

    Pragmatismus und Aufruf zur Abschaffung von Net-Zero

    Die konservativen Tories, die laut der Vorhersagen mit den Liberaldemokraten um die Position als größte Oppositionspartei kämpfen, plädieren für einen “pragmatischen” Umgang mit dem Klimawandel. Labours geplanter Energiepolitik spricht Ministerin Coutinho solchen Pragmatismus ab. Auf der Plattform “X” sah sie darin “verrückte Pläne”, die eine “Bedrohung für Tausende von Arbeitsplätzen und die Energiesicherheit des Vereinigten Königreichs” darstellen würden.

    Radikaler als die Tories zeigt sich hingegen die rechtsextreme Partei Reform UK unter Nigel Farage. Sie würde Pläne für Net-Zero komplett streichen. Wie viele Sitze Reform UK erhalten könnte, ist unklar. Die Vorhersagen für den Stimmenanteil liegen bei ungefähr 15 Prozent.

    Gesetzliche Verpflichtungen

    Sollten sie die einschlägigen Gesetze nicht ändern, würden die Wahlgewinner aufgrund des Klimaschutzgesetzes von 2008 auf jeden Fall Maßnahmen ergreifen müssen. Das Gesetz verpflichtet die Regierung, fünfjährige Kohlenstoffbudgets einzuhalten. Im Mai gewannen die Non-Profit-Organisationen ClientEarth, Friends of the Earth und das Good Law Project eine Klage vor dem Obersten Gerichtshof. Dieser stellte fest, dass die derzeitige Strategie zum Kohlenstoffbudget gegen das Klimawandelgesetz verstößt. Auch der Vorgänger des Plans wurde von den Gerichten als rechtswidrig eingestuft. Philippa Nuttall

    • Energiepolitik
    • Europa
    • Greenpeace
    • Klimapolitik
    • Klimaschutzgesetz
    • Transformation
    • Vereinigtes Königreich
    Translation missing.

    So schwächt der Oberste Gerichtshof die US-Klimapolitik

    CO₂-Emissionen vor Gericht: Kohlekraftwerk in Rhode Island.

    Der Oberste Gerichtshof der USA hat mit einer weitreichenden Entscheidung die Zuständigkeit von Behörden eingeschränkt, über die Auslegung von Gesetzen und Regeln auch im Klima- und Umweltbereich zu befinden. Mit der konservativen Mehrheit von sechs zu drei Stimmen beendete der Supreme Court am vergangenen Freitag die 40-jährige Praxis der sogenannten “Chevron Doktrin“. Experten und Umweltschützer fürchten, dass nach dem Urteil viele andere wichtige Streitfälle zur US-Klimapolitik so entschieden werden, dass sie die staatliche Regulierung in diesem Bereich schwächen. Das Gericht könnte damit Angriffe auf die Klimapolitik in einer möglichen zweiten Amtszeit von Donald Trump als US-Präsident erleichtern.

    Unklarheiten regeln Gerichte, nicht Behörden

    Die “Chevron-Doktrin” des Supreme Court stützte sich auf einen Streitfall um die Kompetenz von US-Behörden, auf Fischkuttern eigene Inspektoren einzusetzen, die die Einhaltung der Fangquoten überprüfen und die Bedingungen dafür festzulegen. Aus dem Streit wurde durch ein Urteil des Supreme Court von 1984 eine allgemeine Praxis etabliert, dass es im Normalfall den zuständigen Behörden erlaubt ist, Gesetze auszulegen, wenn der Gesetzgeber Raum für Interpretationen lässt.

    Expertenbehörden wie die Umweltbehörde EPA wurden wegen ihrer Fachkompetenz durch diese Praxis gestärkt. Der aktuelle Fall wurde in den vergangenen Jahren wegen seiner grundsätzlichen Bedeutung zur obersten Entscheidungsfindung gebracht, unterstützt auch von Politikern der republikanischen Partei und einer Koalition aus fossilen Energieunternehmen.

    Deren Argumenten hat der Oberste Gerichtshof nun weitgehend entsprochen: Der Oberste Gerichtshof habe sich 1984 “ernsthaft geirrt”, schrieb Richter John Roberts, der bereits vor zwei Jahren die EPA bei der Regulierung von CO₂-Emissionen in ihre Schranken gewiesen hatte: Die Annahmen aus dem Chevron-Urteil seien “falsch, weil Behörden keine besondere Kompetenz haben, umstritten Regeln zu lösen. Diese Kompetenz haben Gerichte.”  

    Folgen für Klimapolitik und wichtige Umweltprozesse

    Das Ende der “Chevron”-Regel, die seit 1984 tausendfach vor Gericht angewandt wurde, kann Konsequenzen weit über den Einzelfall hinaus haben. Die neue höchstrichterliche Linie betrifft beispielsweise die Rechte der Bundesbehörde EPA zur Regulierung etwa von Luftschadstoffen oder CO₂-Emissionen. Diese Vorschriften sind neben dem gigantischen Investmentprogramm IRA die zweite Säule der Energie- und Klimapolitik der demokratischen US-Regierung unter Joe Biden. Seit langem attackieren die republikanische Partei, einige von ihr regierte Bundesstaaten und weite Teile der fossilen Industrie die Macht der EPA.

    Laut Experten könnten auch andere wichtige Entscheidungen in der US-Energie- und Klimapolitik betroffen sein:

    • Im Fall “West Virginia vs. EPA” werfen Kohle-Bundesstaaten gemeinsam mit der Industrie der EPA vor, bei der Festlegung von CO₂-Obergrenzen ihre Kompetenzen zu überschreiten.
    • In “Nebraska vs. EPA” greifen 24 Bundesstaaten die CO₂-Emissionsregeln der EPA für schwere Lkw an.
    • Im Fall “Kentucky vs. EPA” attackiert eine Allianz von 26 Bundestaaten, Firmen der Öl- und Ethanolindustrie und Autohändlern die EPA-Regeln zur Senkung von CO₂ und anderen Schadstoffen bei Pkw, die bei neuen Fahrzeugen ab 2027 die Verbreitung von E-Autos fördern soll.
    • In “Iowa vs Council on Environmental Quality” verweigern 20 US-Staaten dem “Umweltqualitätsrat” des Weißen Hauses das Recht, Umwelt- und Klimafragen bei der Begutachtung der Arbeit von Bundesprogrammen einzubeziehen.
    • Im Fall “North Dakota vs Department of the Interior” wehren sich vier US-Staaten mit großer Öl- und Gasindustrie gegen die Bundesregeln zur Vermeidung von Methan-Emissionen bei der Gasproduktion.
    • Mit der Klage “Iowa vs. Securites and Exchange Commission” wenden sich Staaten, Firmen, Aktionäre und auch Umweltgruppen gegen eine Vorschrift der Börsenaufsicht SEC, nach der Unternehmen ihre Klimarisiken offenlegen müssen.
    • Und in “Luisiana vs. Mayorkas” werfen Bundesstaaten der US-Regierung vor, sie habe ihre Kompetenzen überschritten, weil sie bei der Neuberechnung der Prämien für die staatliche Versicherung gegen Überflutungen nun auch künftige Klimaschäden einbeziehen lässt.

    Das “Chevron-Urteil” des Supreme Court kann in einigen oder allen diesen Fällen dazu führen, die Position der bundesstaatlichen Regulierungsbehörden zu schwächen. In einer abweichenden Meinung beklagt die Supreme-Court-Richterin Elena Kagan, das Gericht habe “einen Eckstein des Verwaltungsrechts” entfernt und leide unter “juristischer Hybris”. Es sei Teil einer modernen Verwaltung, die in wissenschaftlichen oder technischen Fragen Expertise hat. Gerichte hätten diese nicht. Außerdem seien unabhängige Gerichte politisch nicht zur Rechenschaft zu ziehen und sollten keine Politik machen.

    Regierung: Gericht blockiert Umweltschutz

    Die Pressesprecherin des Weißen Hauses sagte, das Urteil sei das jüngste Beispiel dafür, wie das Gericht “Regeln blockiert, die auf dem gesunden Menschenverstand beruhen, die uns, unsere Gesundheit, die Umwelt und unser Finanzsystem sichern und amerikanische Kunden und Arbeiter unterstützen.”

    Eine Schwächung der Bundesebene im Klima- und Energiebereich würde zu den Plänen einer möglichen zweiten Amtszeit von Donald Trump als US-Präsident passen. Schon in seiner ersten Runde im Weißen Haus von 2017 bis 2021 hatte Trump das Pariser Klimaabkommen verlassen, heimische Regeln für die fossile Industrie gelockert, Standards für saubere Luft und CO₂-Emissionen gesenkt und die Umweltbehörde EPA durch Skandale und Umbesetzungen deutlich geschwächt. Insgesamt hatte die Trump-Regierung nach einer Bilanz des Thinktanks Brooking Institution in 74 Fällen die Regeln zum Umweltschutz gelockert.

    • Inflation Reduction Act
    • Joe Biden
    • Klimaklagen
    • Klimapolitik
    • Pariser Klimaabkommen
    • Regulierung
    • Trump 2024
    • USA

    News

    Atmosfair: Wie die Produktion von fast CO₂-neutralem Kerosin aussehen soll

    Die ersten fünf Tonnen fast CO₂-neutrales Rohkerosin hat die gemeinnützige Organisation Atmosfair in einer Anlage in Werlte im Emsland hergestellt. Es ist das erste Mal, dass CO₂-neutrales Kerosin in größeren Mengen und für die kommerzielle Nutzung außerhalb einer Forschungseinrichtung hergestellt wird.

    Die Anlage dafür war 2021 eingeweiht worden und wird durch die Firma Solarbelt betrieben und von Atmosfair mitfinanziert. CO₂-neutrales Kerosin wird dort aus Wasserstoff, Ökostrom und aus der Luft gefiltertem CO₂ hergestellt. Per Fischer-Tropsch-Synthese wird aus Kohlendioxid und Wasserstoff ein Synthesegas und daraus synthetisches Rohöl.

    Das E-Kerosin ist CO₂-neutral, weil bei seiner Verbrennung nur die Menge des Treibhausgases emittiert wird, die bei der Herstellung der Atmosphäre entnommen wurde. Restemissionen bleiben allerdings durch Transport und Verarbeitung in einer Raffinerie.

    Große Hürden für klimaneutrales Fliegen

    E-Kerosin ist deutlich teurer, aber auch umweltfreundlicher als alternatives Kerosin aus fetthaltigen Pflanzen- und Speiseresten. Die Produktion von strombasiertem Kerosin ist sehr energieintensiv: Atmosfair muss fünfmal so viel Energie aus Erneuerbaren aufwenden, wie am Ende im Kerosin enthalten ist. Aus Sicht von Atmosfair ist diese erste Produktion dennoch ein wichtiger Meilenstein für einen Markthochlauf von E-Kerosin, es gebe es aber noch viele Hürden. Vor allem müssten die Airlines ihre Nachfrage nach synthetischen Kraftstoffen erhöhen. Eine aktuelle Studie zeigt aber, dass die Fluggesellschaften bisher noch nicht einmal ihre schon tief gesteckten Ziele zur Beimischung von nachhaltigen Kraftstoffen (SAF) erreichen. Deshalb sei es laut Atmosfair weiterhin notwendig, die Zahl der Flüge zu reduzieren, um Klimaziele einzuhalten.

    Ab 2026 sollen in Werlte jährlich zwar 250 Tonnen CO₂-neutrales Kerosin produziert werden; gemessen am Kerosin-Bedarf des Flugverkehrs ist das verschwindend gering. Allein die deutschen Airlines verbrauchten 2020 mehr als zehn Millionen Tonnen Kerosin. kul

    • CO2-Emissionen
    • Flugverkehr
    • Klimaneutralität

    Ungarn übernimmt Ratsvorsitz der EU: Was das für die COP29 bedeutet

    Ungarn wird turnusmäßig bis Ende des Jahres dem Rat der Europäischen Union vorsitzen. Die ungarische Ratspräsidentschaft findet allerdings zu einem kritischen Zeitpunkt statt: während EU-Kommission und Parlament nach der Europawahl neu besetzt werden. “Die Ratspräsidentschaft bestimmt, was im Ministerrat auf den Verhandlungstisch kommt und setzt Prioritäten, sie kann bestimmte Themen verzögern und andere vorantreiben”, erklärt Manon Dufour, Leiterin des Brüsseler Büros des Thinktanks E3G. “Ungarn kann diese Hebel beim Umweltrat im Oktober nutzen.” Dort sollen die Positionen der EU-Staaten für die COP29 in Baku sowie zum Emissionsreduktionsziel bis 2040 festgelegt werden.

    Ungarn kann bei diesen entscheidenden Fragen also massiven Einfluss nehmen. Beim EU-Klimaziel 2040 können sie zwar nicht die einzelnen Gesetzgebungen mitgestalten – diese will die Kommission erst 2026 vorstellen. Doch das grundsätzliche numerische Reduktionsziel soll entweder von den Ministern oder von den Staats- und Regierungschefs beim Gipfel im Dezember unter ungarischer Beteiligung festgelegt werden. Kommission und einige Mitgliedstaaten fordern 90 Prozent; Budapest gilt als weniger ambitioniert.

    COP29: Spannungen bei der Klimafinanzierung

    Bei der COP29 wird der europäische Beitrag zur globalen Klimafinanzierung das heikelste Thema werden, mit dem sich Ungarn befassen muss, beobachtet Dufour. Welche Länder zahlen dafür und welche Länder empfangen künftig Gelder für Anpassung an den Klimawandel und Vermeidung von Emissionen – diese Frage sowie die Höhe der Klimafinanzierung sind das wichtigste Thema in Baku. “Auf europäischer Ebene ist hier eine Entscheidung der Finanzminister im Ecofin-Rat erforderlich, und diese muss von der ungarischen Präsidentschaft koordiniert werden.”

    Völlig offen ist laut Dufour, wie sich die ungarische Präsidentschaft hier positionieren wird. Vor allem, wenn Donald Trump im November wiedergewählt werden sollte. Die USA sind bei Finanzierungsfragen für Klimaschutz die zögerlichste Industrienation. Unter Trump dürfte sich dies kaum ändern – eher im Gegenteil. “Klar ist, dass die EU nicht der einzige Beitragszahler zur Klimafinanzierung werden will”, sagt die E3G-Klimaexpertin.

    Auswirkungen der US-Wahlen

    Auf der COP29 wird Ungarn als Ratspräsident den Verhandlungen für die EU-Staaten vorsitzen. Fehlende Koordination durch Budapest könnte die Rolle Europas schwächen, warnt Dufour. Andere einflussreiche EU-Minister sowie der Klimakommissar könnten daher statt des klimapolitisch schwachen Ungarn mehr Verantwortung übernehmen. Die Spanierin Teresa Ribera, der Däne Dan Jørgensen sowie Bundesaußenministerin Annalena Baerbock und ihre Staatssekretärin Jennifer Morgan könnten in diese Rollen schlüpfen.

    Dufour warnt jedoch vor einer “neuen Dynamik” auf der COP29 durch eine klimaskeptische Achse aus Ungarn, USA und China. “Man muss abwarten, wie Budapest reagiert, wenn Donald Trump wiedergewählt wird”, sagt Linda Kalcher, Exekutivdirektorin des Thinktanks Strategic Perspectives. Da Ungarn eine informelle Ratssitzung für den 7. und 8. November geplant hat, also unmittelbar nach den US-Wahlen, würden dort die Auswirkungen der US-Wahlen auf die EU besprochen werden, glaubt sie. cst/luk

    • COP29
    • Donald Trump
    • EU-Klimapolitik
    • EU-Klimaziel 2040
    • Green Deal
    • Klima & Umwelt
    • Umweltpolitik
    • Ungarn
    • USA

    Nationale Energie- und Klimapläne: Nur vier Länder halten Frist ein

    Die Niederlande, Dänemark, Finnland und Schweden haben als einzige EU-Staaten die Frist zur Abgabe ihrer nationalen Energie- und Klimapläne (NECP) eingehalten. Das teilte die Kommission Table.Briefings auf Anfrage mit. Bis Sonntag hätten die Pläne laut Governance-Verordnung an die EU-Kommission übermittelt werden müssen. Auch Deutschland ist in Verzug.

    Die NECPs sind die nationalen Fahrpläne zur Umsetzung der EU-Klimaziele für 2030. Die rechtzeitige Vorlage werde dazu beitragen, die notwendigen Investitionen auszulösen, “um den sauberen Übergang und die Dekarbonisierung der Industrie voranzutreiben“, sagte ein Kommissionssprecher. Man habe hart daran gearbeitet, ehrgeizige und wissenschaftlich fundierte gesetzgeberische Ziele zu vereinbaren. “Jetzt ist es an der Zeit, dass die nationalen Behörden diese in konkrete Pläne umsetzen und die Vorteile des grünen Übergangs für unsere europäischen Bürger und Unternehmen nutzen”, heißt es aus dem Berlaymont in Brüssel.

    NECP-Entwürfe sorgten für Kritik

    Bereits im vergangenen Jahr hatten die Mitgliedstaaten die Entwürfe für ihre NECPs eingereicht. Die Kommission bewertete die Entwürfe und mahnte anschließend zu mehr Ambitionen. Auch zivilgesellschaftliche Beobachter hielten etwa den deutschen Entwurf für nicht ausreichend. In den nun fälligen finalen Plänen sollen die Mängel behoben und die Anmerkungen der Kommission berücksichtigt werden.

    Dass derlei Fristen nicht eingehalten werden, ist nicht unüblich. Aus Kreisen der Bundesregierung war zu hören, dass Berlin seinen Plan in den kommenden Wochen nach Brüssel schicken werde. Ein Vertragsverletzungsverfahren droht bei einer kurzen Fristüberziehung nicht. Dennoch fordert die Kommission alle anderen Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, ihre Pläne so bald wie möglich vorzulegen. Zu finden sind alle bereits eingereichten Pläne hier. luk

    • Energiepolitik
    • EU-Klimapolitik
    • Klima & Umwelt
    • Klimapolitik

    FÖS-Kurzstudie: So verschwendet die Verkehrsplanung Geld

    Das Bundesverkehrsministerium sollte die aktuelle Debatte um den Bundeshaushalt zum Anlass nehmen, “geplante Fernstraßenprojekte neu zu bewerten und konsequent zu streichen”, vor allem im Bereich Neu- und Ausbau von Straßen. So könnten bis 2030 rund 20 Milliarden Euro eingespart werden und finanzielle Mittel für Investitionen in die Verkehrswende würden frei. Zu diesem Ergebnis kommt das Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) in einer neuen Kurzstudie, erstellt im Auftrag von Klima-Allianz, BUND, dem Auto-Club Europa (ACE) und Verdi.

    Für die Studie hat Autor Matthias Runkel, Leiter Verkehrs- und Finanzpolitik bei der FÖS, den Bundesverkehrswegeplan 2030 analysiert. Der Plan bestimmt die Prioritäten in der Verkehrspolitik und legt fest, welche Projekte im Einzelnen bis zum Ende des Jahrzehnts umgesetzt werden sollen. Durch die vorgeschlagenen Streichungen könne der Verkehrssektor einen “substanziellen Beitrag zu den geforderten Kürzungen im Bundeshaushalt” leisten, schreibt Runkel. Zugleich würden Mittel für “Erhaltungs- und Sanierungsmaßnahmen gegen den weiteren Verfall der maroden deutschen Infrastruktur sowie die für die Klimaziele unerlässlichen Zukunftsinvestitionen in ein modernes Schienennetz” frei.

    Runkel kritisiert, dass der Bundesverkehrswegeplan auf teils falschen und überholten Annahmen basiere: Ein Großteil der darin enthaltenen Projekte weise “mit aktualisierten Zahlen ein negatives Kosten-Nutzen-Verhältnis auf und sollte nicht weiterverfolgt werden”. Allein die Baukosten dürften demnach um 110 Milliarden Euro steigen.

    Die Klimakosten würden im Bundesverkehrswegeplan unterschätzt, was dazu führe, dass Schienenprojekte gegenüber Straßenbauvorhaben systematisch schlechter gestellt würden. Zudem stünden die Verkehrsprognosen im Plan in starkem Widerspruch zu den verkehrs- und umweltpolitischen Zielen der Bundesregierung, die eine starke Verlagerung des Verkehrs auf die Schiene vorsähen. Schließlich sei es “aufgrund der massiven Kostensteigerungen sowie begrenzter Personal- und Planungskapazitäten völlig unrealistisch”, alle darin enthaltenen Projekte umzusetzen. ae

    • Klima & Umwelt
    • Klimaschutz
    • Verkehrspolitik
    • Verkehrswende

    Geothermie-Gesetz: Das plant die Bundesregierung

    Die Geothermie gilt als Kerntechnologie der Wärmewende – um ihren Ausbau schneller voranzutreiben, hat das Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) einen Entwurf für ein Geothermie-Beschleunigungsgesetz vorgelegt und am vergangenen Freitag in die Verbände- und Länderabstimmung gegeben. Das Gesetz (GeoWG) befasst sich sowohl mit der tiefen Geothermie, die ab 400 Metern Bodentiefe beginnt, als auch mit der oberflächennahen Variante der Technik (bis 400 Meter). Laut Ministerium soll es die Grundlagen dafür schaffen, dass bis 2030 zehn Terawattstunden Energie aus Erdwärme gewonnen werden können. Das seien etwa zehnmal so viel wie derzeit. Parallel zur Verbändeabstimmung läuft momentan auch die Ressortabstimmung zwischen den Ministerien. Im August soll der Gesetzentwurf ins Kabinett.

    Rund ein Viertel der Wärme könne in Deutschland “unter bestimmten Bedingungen mithilfe tiefengeothermischer Systeme erzeugt werden”, teilte das BMWK mit. Um die Klimaziele zu erreichen, komme der Geothermie als klimaneutrale, unerschöpfliche, zuverlässige und über das gesamte Jahr verfügbare Energiequelle eine wichtige Rolle zu. Doch ihr Potenzial sei bislang noch unzureichend erschlossen. Derzeit könne es Jahre dauern, bis eine Geothermie-Anlage genehmigt sei; der bürokratische Aufwand sei hoch.

    Das GeoWG soll nun Genehmigungsverfahren für Geothermieanlagen, Wärmepumpen und Wärmespeicher beschleunigen, indem es beispielsweise Fristen verkürzt. Zudem sollen Geothermieanlagen in den Abwägungen der Genehmigungsbehörden mehr Gewicht erhalten, indem ihnen beispielsweise ein überragendes öffentliches Interesse zugesprochen wird, ähnlich wie der Windenergie und Photovoltaik. ae

    • Klima & Umwelt
    • Klimaziele
    • Wärmewende

    Brasilien: Warum es aktuell zu Rekordfeuern im Sumpfgebiet Pantanal kommt

    Aus dem Pantanal, dem weltweit größten tropischen Feuchtgebiet, wird eine Rekordanzahl an Waldbränden gemeldet – obwohl die Waldbrandsaison offiziell noch gar nicht begonnen hat. Expertinnen und Experten gehen davon aus, dass in Feuer in diesem Jahr die schlimmsten seit Jahrzehnten werden.

    Normalerweise trocknet das Sumpfgebiet erst zwischen Juli und September aus. Aktuelle Daten des brasilianischen Instituts für Weltraumforschung (INPE) zeigten nun aber schon im Juni mehr als 2600 Brandherde – im vergangenen Jahr gab es im Juni gerade mal 77 Brände, im vorigen Rekordjahr 2020 etwas mehr als 400. Brasiliens Umweltministerin Marina Silva nennt den Klimawandel sowie lang anhaltende Auswirkungen der Klimaphänomene El Niño und La Niña als Gründe für die ungewöhnlich starke und frühe Feuersaison. Allerdings seien in den meisten Fällen Menschen dafür verantwortlich, dass die Brände überhaupt ausbrächen. Das Pantanal liegt im Grenzgebiet zwischen Brasilien, Paraguay und Bolivien. Es gilt als einer der Biodiversitätshotspots weltweit und beheimatet tausende Arte von Tieren und Pflanzen, die teils vom Aussterben bedroht sind. Außerdem ist das Feuchtgebiet ein wichtiger, natürlicher Speicher von CO₂.

    Der Wasserstand des Rio Paraguay, der große Teile des Pantanals mit Wasser versorgt, ist schon seit Monaten niedrig. Viele Flächen wurden deshalb nicht wie gewöhnlich überschwemmt und in den trockenen Sträuchern können sich die Feuer jetzt besonders gut ausbreiten. Die letzten schlimmen Waldbrände hatte es in der Region 2020 unter der Regierung des rechtsextremen Präsidenten Jair Bolsonaro gegeben. Damals brannte rund ein Drittel der Fläche des Pantanals, 17 Millionen Tiere verendeten in den Feuern und mehr als 100 Millionen Tonnen CO₂ wurden freigesetzt. Viele warfen Bolsonaro vor, die Katastrophe durch Untätigkeit befeuert zu haben. Jetzt ist die Region etwas besser vorbereitet: In den vergangenen Monaten waren beispielsweise schon präventiv zusätzliche Feuerwehrstationen errichtet worden. kul

    • Brasilien
    • Waldbrände

    Heads

    Die entscheidenden Köpfe der Klima-Szene – Stiftungen

    Laurence Tubiana – CEO, European Climate Foundation

    Die Ökonomin Laurence Tubiana war 2015 als französische Verhandlungsführerin eine der Architektinnen des Pariser Klimaabkommens. Heute leitet sie die European Climate Foundation, die sich für die klimafreundliche Transformation Europas starkmacht, und lehrt an der Elitehochschule Sciences Po in Paris, wo sie einst selbst studierte. Tubiana ist seit Jahrzehnten in der Klima-, Energie- und Entwicklungspolitik aktiv. Zu Beginn ihrer Karriere engagierte sie sich mit einer eigenen NGO für globale Ernährungssicherheit; 2002 gründete sie in Paris das Institute of Sustainable Development and International Relations (IDDRI), das sie bis 2014 leitete. Sie beriet den früheren Premierminister Lionel Jospin umwelt- und klimapolitisch, ebenso wie sie den heutigen Präsidenten Emmanuel Macron berät.

    Rainer Baake – Direktor, Stiftung Klimaneutralität

    Rainer Baake ist seit mehr als 30 Jahren eine entscheidende Figur der deutschen Energiepolitik. Der studierte Volkswirt verhandelte ab 1998 als Staatssekretär im Bundesumweltministerium unter Jürgen Trittin den Atomausstieg. Er prägte den Ausbau der Erneuerbaren über das EEG und gestaltete den EU-Emissionshandel mit, nacheinander auch als Chef des Umweltverbands Deutsche Umwelthilfe, Gründer der Agora Energiewende, und dann 2014-2017 trotz grünen Parteibuchs wieder als Staatssekretär im SPD-Wirtschaftsministerium. Seit 2020 ist er Direktor der Stiftung Klimaneutralität. Er arbeitet ehrenamtlich als Sonderbeauftragter der Bundesregierung für Fragen von Energiekooperation und Wasserstoff in Namibia und Südafrika.    

    Eckart von Hirschhausen – Fernsehmoderator und Gründer von Gesunde Erde Gesunde Menschen

    Die Klimakrise besser und auch humorvoller zu kommunizieren, dafür setzt sich Eckart von Hirschhausen ein. Besonders am Herzen liegt ihm dabei der Schnittpunkt zwischen Medizin und Gesundheit – 2020 gründete er darum die Stiftung “Gesunde Erde Gesunde Menschen”, die Bewusstsein dafür schaffen will, dass die Klimakrise die größte Gesundheitsgefahr ist. Aber auch sonst mischt er sich immer wieder mit kreativen Ideen in politischen Diskurs ein: Mit der Kampagne “Bring die Oma mit zur Urne” hatte er kurz vor der Europawahl Aufsehen erregt.

    Lars Grotewold – Director Climate Action, Mercator-Stiftung

    Lars Grotewold ist promovierter Biologe und Stammzellenforscher. Von der University of Edinburgh hat er sich in der deutschen Wissenschafts- und Klimaszene über Beratungstätigkeiten bis zum Sprecher des Rats für Ökologie im katholischen Bistum Essen und die Verkehrs-NGO International Council on Clean Transportation zur Mercator-Stiftung bewegt. Dort arbeitet er seit 15 Jahren als Director Climate Action daran, die Klimaszene zu vernetzen und Strategien zur Kommunikation von Klimapolitik zu erarbeiten. Offiziell zuständig ist er neben Energie, Klima und Verkehr auch für “strategic Philanthropy”.

    Andrew Steer – Vorsitzender des CEO Bezos Earth Fund

    Andrew Steer ist CEO und Präsident des Bezos Earth Fund, ein Fonds im Wert von zehn Milliarden US-Dollar,
    der für die Bekämpfung der Klimakrise verwendet wird. Als promovierter Ökonom hat Steer unter anderem als Generaldirektor im britischen Ministerium für internationale Entwicklung gearbeitet. Über acht Jahre war er CEO des World Resources Institute. Davor war Steer von 2010 bis 2012 Sondergesandter für
    Klimawandel bei der Weltbank.

    Louisa Prause – Senior Expert for Climate Change, Robert Bosch Stiftung

    Louisa Prause beschäftigt sich als leitende Expertin für Klimawandel bei der Robert Bosch
    Stiftung vor allem mit der sozial-ökologischen Transformation des Agrar- und Ernährungssystems,
    globaler Gerechtigkeit und Afrika-Europa Beziehungen. Die Stiftung versucht in West- und Ostafrika besonders lokale Gemeinschaften, Indigene, Frauen und junge Menschen zu unterstützen. Davor hat sie an der
    Humboldt-Universität zu Berlin geforscht und promoviert sowie unter anderem für Powershift e. V. gearbeitet.

    Alexander Bonde – Generalsekretär, Deutsche Bundesstiftung Umwelt

    In einem Interview verglich Alexander Bonde die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) einmal mit “Bob dem Baumeister”: Der DBU gehe es “immer darum, mit einem neuen Geschäftsmodell, einer Technologie, einem Kommunikations- und Bildungsvorhaben ganz konkret was Nachmachbares zu generieren, womit man Umweltprobleme löst” – für die Energiewende, die Kreislaufwirtschaft, den Klimaschutz. Bevor er das Amt bei der DBU übernahm, machte der Jurist und Verwaltungswirt Bonde in der Parteipolitik Karriere: Für Bündnis 90/Die Grünen saß er von 2002 bis 2011 im Bundestag. Von 2011 bis 2016 war er unter Winfried Kretschmann Minister für den Ländlichen Raum und Verbraucherschutz in Baden-Württemberg. Seit 2018 leitet er als Generalsekretär die DBU.

    Michael Otto – Unternehmer, Mäzen, Präsident der Stiftung Klimawirtschaft

    Michael Otto ist Unternehmer und Stifter mit besonderem Interesse an Nachhaltigkeit. Er leitete das familieneigene Versandhandels-Unternehmen der “Otto-Group” mit Milliarden-Umsatz und überführte es 2015 in eine Stiftung. Das sichert den Einfluss der Familie Otto auf die Geschäftspolitik und wirft Renditen ab, die in soziale, kulturelle und ökologische Projekte investiert werden. Otto ist Ehrenvorsitzender der WWF-Stiftung, Mitglied beim World Future Council und Präsident der Stiftung Klimawirtschaft, die sich für eine klimaneutrale Wirtschaft einsetzt. Seine “Umweltstiftung Michael Otto” fördert vor allem Projekte rund um Gewässer- und Meeresschutz und Moorvernässung.   

    Oliver Geden – Senior Fellow, Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP)

    Ob deutsche Klimaaußenpolitik, der Hochlauf von CCS-Technologien oder die Bewertung der europäischen Klimaziele – Oliver Geden gilt als eine der wichtigsten wissenschaftlichen Stimmen, sowohl in Deutschland als auch international. Bei SWP leitet er den Forschungscluster Klimapolitik; er ist Vize-Chef der Arbeitsgruppe 3 (Mitigation) im 7. Berichtszyklus des IPCC und war Leitautor des AR3-Berichts im 6. Sachstandsbericht. Seine fundierten Analysen für SWP prägen politische Entscheidungen und bekämpfen Falschinformationen zum Klimawandel.

    Rajiv Shah – Präsident, Rockefeller Foundation

    Als Präsident der Rockefeller Foundation setzt sich Rajiv Shah auch für die Energieversorgung in armen Staaten ein. Die Stiftung und ihre Partner investieren laut eigenen Angaben zehn Milliarden US-Dollar in die Global Energy Alliance for People and Planet (GEAPP), um die Stromversorgung von bis zu 800 Millionen Menschen zu ermöglichen. Die Allianz investiert in Capacity Building und die Absicherung von Finanzierungen, aber auch in Batteriespeicherprojekte und dezentrale erneuerbare Energien. Vor seiner Zeit bei der Rockefeller Stiftung war Shah Leiter von USAID. Er hat Latitude Capital gegründet, eine Private-Equity-Firma, die sich auf Energie- und Infrastrukturprojekte in Afrika und Asien konzentriert.

    • IPCC
    • Pariser Klimaabkommen
    • SWP

    Climate.Table Redaktion

    CLIMATE.TABLE REDAKTION

    Licenses:

      Jetzt kostenlos anmelden und sofort weiterlesen

      Keine Bankdaten. Keine automatische Verlängerung.

      Sie haben bereits das Table.Briefing Abonnement?

      Anmelden und weiterlesen