die Klimakrise trifft die Ärmsten dieser Welt am härtesten. Das zeigt sich wieder einmal in dieser Ausgabe des Briefings: Unsere Analyse von Dürren und Extremwettern im südlichen Afrika zeigt diese Realität – nämlich dass mehr als 16 Millionen Menschen von Hunger bedroht sind. Konkrete großflächige Lösungen sind derzeit nicht in Sicht. Aber mit Tobias Bischof-Niemz von Enertrag stellen wir auch einen der Köpfe vor, die an der Energiewende in dieser Region arbeiten.
In Deutschland hingegen tobt die Debatte um zunehmende Importe von LNG aus Fracking mit schlechter Klimabilanz. Wir schauen auf die aktuellen Verträge zu Flüssiggas – und welche Risiken und Schäden diese Importe mit sich bringen.
Auch die neusten Entwicklungen zu CCS lesen Sie bei uns: Wir erklären, warum eine Kohlenstoffbank in Europa gefordert wird und wo derzeit gobale Ölkonzerne nach neuen CO₂-Speicherstätten suchen.
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Ihre Lisa Kuner
Analyse
El Niño und der Klimawandel sorgen für Dürre im südlichen Afrika
Ein ausgetrockneter Fluss in Sambia – das Land rechnet mit vielen Ernteausfällen in diesem Jahr.
Von Malawi und Mosambik über Sambia und Simbabwe bis nach Namibia und hinunter zum Getreidegürtel von Südafrika sorgt eine Kombination aus den Folgen des Klimawandels und dem El Niño-Wetterphänomen seit Monaten für Dürre, Hunger und Elend. Die Region, ohnehin anfällig für extreme Wettersituationen, hatte in den Sommermonaten auf der südlichen Halbkugel von November bis Februar nur 80 Prozent der erwarteten Regenfälle, so die Food and Agriculture Organization (FAO). Der Februar brachte die niedrigsten Regenfälle seit 40 Jahren, mit Temperaturen, die vier bis fünf Grad zu hoch waren. Die Folge: Massive Ernteausfälle und zu wenig Nahrungsmittel.
Das United Nations Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (OCHA) spricht von “verschärfter Ernährungsunsicherheit” und steigenden Lebensmittelpreisen in der Region. Mehr als 16 Millionen Menschen sind von Hunger bedroht, schätzt die OCHA. Besonders betroffen sind jeweils drei bis vier Millionen Menschen in Simbabwe und Mosambik. Bereits Ende vergangenen Jahres hatte das World Food Programme (WFP) vor Nahrungsmittelknappheit für bis zu 50 Millionen Menschen im südlichen Afrika und Teilen von Zentralafrika gewarnt.
El Niño und Klimawandel sorgen für Rekordtemperaturen und Extremwetter
Beobachtungen der World Meteorological Organization (WMO) zeigen, dass der 2023-24 El Niño zu den fünf stärksten seit Beginn der Aufzeichnungen zählt. Ausgelöst durch periodische Erwärmung der Oberflächentemperatur im Ostpazifik mindert El Niño im südlichen Afrika typischerweise die spätsommerlichen Regenfälle.
Auch der Klimawandel spielt zunehmend eine Rolle. In Kombination mit El Niño sorgt dieser für Rekordtemperaturen, infolgedessen sich Extremwetterer häufen und verschlimmern. “Seit Juni 2023 wurde jeden Monat ein neuer monatlicher Temperaturrekord aufgestellt – und 2023 war mit Abstand das wärmste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen. El Niño hat zu diesen Rekordtemperaturen beigetragen, aber Wärme speichernde Treibhausgase sind eindeutig der Hauptverursacher“, sagte WMO-Generalsekretärin Celeste Saulo. Auch im südlichen Afrika war der Februar der wärmste, der je gemessen wurde. Derzeit schwächt sich das Wetterphänomen zwar ab und es ist schon kühler geworden. Aber die Auswirkungen werden weiterhin spürbar sein und für höhere Temperaturen als gewöhnlich bis in den Mai hinein sorgen.
Malawi und Sambia besonders betroffen
Malawi hat am Ende März den Notstand ausgerufen. Es ist das zweite Land nach Sambia. 23 der 28 Distrikte in Malawi sind von der Dürre besonders hart betroffen. Im November, als es noch regnete, wurde der Mais gepflanzt und keimte. Doch der trockene Dezember versengte die Ernte. Jetzt hat sich die Lage zugespitzt. Das Land, eines der ärmsten in der Welt, braucht dringend 200 Millionen US-Dollar für Nothilfe – 600.000 Tonnen Nahrungsmittel fehlen. Mehr als 20 Prozent der Bevölkerung sind von Hunger bedroht. Präsident Lazarus Chakwera sprach von zwei Millionen Haushalten, die von Subsistenzwirtschaft leben und derzeit dringend auf Hilfe angewiesen seien. Er bat die internationale Gemeinschaft um Unterstützung.
Schon Ende Februar musste der sambische Präsident Hakainde Hichilema einen staatlichen Notstand ausrufen. Eine Million Hektar der Maisernte – fast die Hälfte des Anbaus des Landes – wurde aufgrund fehlender Regenfälle vernichtet. “Diese Dürre hat verheerende Folgen für viele Sektoren wie die Landwirtschaft, Wasserverfügbarkeit und die Energieversorgung und gefährdet unsere nationale Ernährungssicherheit und den Lebensunterhalt von Millionen Menschen”, so der Präsident in einer Fernsehansprache.
Stromversorgung gefährdet
Nach der Coronapandemie und einem verheerenden Choleraausbruch im vergangenen Jahr ist die Dürre die dritte Katastrophe, die das 20-Millionen-Land Sambia heimsucht. Der 280 Kilometer lange Karibastausee entlang der Grenze zu Simbabwe, vom Wasservolumen der größte Stausee der Welt, hat laut der Zambezi River Authority derzeit nur einen Wasserstand von 14 Prozent, was die Stromversorgung in beiden Ländern gefährdet. Allein in Sambia, das die zweitgrößten Kupfervorkommen in der Welt hat, wird in diesem Jahr mit einem Stromdefizit von rund 500 Megawatt gerechnet. Derzeit gibt es nur Strom für acht Stunden pro Tag.
In Simbabwe ist die Lage ähnlich ernst. Die Hälfte der Maisernte ist verloren. Die Tabakernte wird zehn Prozent schlechter ausfallen als im vergangenen Jahr. Simbabwe ist Afrikas größter Tabakproduzent und verdient mit dem Anbau wichtige Devisen. Exporte, die zum großen Teil nach China gehen, brachten im vergangenen Jahr 1,2 Milliarden US-Dollar ein. “Die Mengen pro Hektar sind zurückgegangen”, sagte der Vorsitzende des Tobacco Industry Marketing Board (TIMB), Patrick Devenish. Dreiviertel des Tabaks im Land werden von Kleinbauern produziert, die kaum über gute Bewässerungssysteme verfügen, was in Zukunft verbessert werden muss, um gegen die Auswirkungen des Klimawandels standhalten zu können. Ein Notfallprogramm des WFP wurde gerade abgeschlossen. Es soll 2,7 Millionen Menschen mit Nahrungsmittel versorgen.
Südafrika kam bisher glimpflich davon. Überkapazitäten vom vergangenen Jahr können die schlechte Maisernte im Brotkorb der Region auffangen. Aber für den Export in die Nachbarländer wird nichts übrigbleiben, was diesen teuer zu stehen kommen wird. “Wenn die Ernährungssicherheit schlecht ist, geraten die Preise außer Kontrolle”, so Tobias Doyer, Chef des Branchenverbandes Grain SA.
Dürre
Extremwetter
Klimawandel
Simbabwe
Südafrika
WFP
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Anteil von umstrittenem Fracking-Gas an Gasimporten wächst
Fracking im US-Bundesstaat Kalifornien: Erhebliche Umwelt- und Gesundheitsschäden.
Am Samstagabend haben erneut dutzende Menschen gegen das umstrittene LNG-Terminal auf Rügen demonstriert. Vor wenigen Tagen legte dort der erste Tanker für den Testbetrieb an. Deutschland deckt 95 Prozent seines Bedarfs an Erdgasaus dem Ausland, doch Russland liefert seit Ende August 2022 nichts mehr. Deshalb beschaffen die Energieunternehmen kurzfristig vor allem am Spotmarkt Liquefied Natural Gas (LNG). Für die Bundesnetzagentur sind die LNG-Terminals in der Ostsee für die Versorgungssicherheit notwendig, Umweltorganisationen und Forschende widersprechen.
Ein großer Teil des LNG stammt aus den USA – wo es durch die umweltschädigende und gesundheitsgefährdende Methode des Frackings aus den Gesteinsschichten geholt wird. Das Gas wird anschließend entweder über die im Bau befindlichen Terminals an der deutschen Nord- und Ostseeküste importiert; hier lag der Anteil laut Jahresbericht 2023 des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) bei 84 Prozent. Oder es wird in den Häfen Rotterdam (Niederlande) und Seebrügge (Belgien) angelandet und über das Gasnetz nach Deutschland transportiert – weshalb es dann offiziell nicht mehr als LNG, sondern als Pipelinegas gilt.
Belgien selbst fördert kein Erdgas in nennenswertem Umfang. Die Niederlande haben im vergangenen Herbst ihr letztes Gasfeld geschlossen. Dennoch hatten beide Länder laut Bundesnetzagentur im Jahr 2023 einen Anteil von 48 Prozent an den gesamten deutschen Gasimporten. Obwohl eigentlich nur die USA und Katar in der Lage sind, kurzfristig größere Mengen LNG auf den Spotmärkten anzubieten, können jedoch weder die Bundesnetzagentur noch das Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) Auskunft über die tatsächliche Herkunft der Erdgaslieferungen geben.
Langfristig immer mehr US-Fracking-Gas
“Auf dem Weltmarkt für LNG gibt es verschiedene Länder, aus denen LNG angeboten wird”, so eine Sprecherin des BMWK zu Table.Briefings. “Die Verträge werden hier von den Unternehmen gemacht. Sie sind verantwortlich und zuständig für die Lieferungen. Wir haben keinen Einblick in die Verträge.”
Mit der Zunahme langfristiger LNG-Lieferverträge wird sich das ändern. Denn anders als bei den schwer nachvollziehbaren Einkäufen am Spotmarkt berichten die Unternehmen über den Abschluss solcher Importverträge öffentlich. Und sie sind bereits mit einer Reihe von US-Firmen handelseinig geworden:
EnBW bezieht ab 2026 jährlich 1,5 Millionen Tonnen LNG von Venture Global. Laufzeit: 20 Jahre.
SEFE bekommt ab 2026 jährlich 2,25 Millionen Tonnen LNG von Venture Global. Laufzeit: 20 Jahre.
BASF werden ab 2026 jährlich 800.000 Tonnen LNG von Cheniere geliefert. Laufzeit: 17 Jahre.
RWE erhält ab 2027 jährlich 2,25 Millionen Tonnen LNG von Sempra Infrastructure. Laufzeit: 15 Jahre.
Rund zehn Milliarden Euro investiert die Bundesregierung in die dafür notwendige Infrastruktur. Drei schwimmende Terminals, sogenannte “Floating Storage and Regasification Units” (FSRU), arbeiten in Wilhelmshaven, Lubmin und Brunsbüttel bereits im Regelbetrieb. Stade und Mukran auf Rügen werden in Kürze folgen. Ab 2026 sollen dann einige der FSRUs durch stationäre, leistungsfähigere Terminals ersetzt werden.
Erhebliche Umwelt- und Gesundheitsschäden
Die zunehmenden LNG-Importe aus den USA sind vor allem aber aus zwei Gründen umstritten. Zum einen, weil dort rund 80 Prozent der Erdgasförderung durch Fracking erfolgt. Dabei wird Wasser mit Chemikalien vermischt und unter hohem Druck in gasführende Gesteinsschichten gepumpt, um diese aufzubrechen und das Gas freizusetzen.
Die Umweltauswirkungen von Fracking sind erheblich: Eine Studie der Yale University aus dem Jahr 2022 zeigt etwa, dass Kinder, die in der Nähe von Fracking-Standorten leben, ein zwei- bis dreifach erhöhtes Risiko haben, an einer schweren Form von Kinderleukämie zu erkranken. Auch Neugeborene kommen dort häufiger mit niedrigem Geburtsgewicht und schlechterem Gesundheitszustand zur Welt, wie eine in “Science Advances” veröffentlichte Studie zeigt.
Von den direkten Umwelt- und Gesundheitsgefahren bei der Förderung fossiler Energien sind besonders arme Gemeinden und Minderheiten betroffen. Die Umweltschutzorganisation Greenpeace USA hat dazu 2021 einen Bericht mit dem Titel “Fossil Fuel Racism” vorlegt. Er zeige, so die Autoren, “dass die fossile Brennstoffindustrie zu Gesundheitsschäden beiträgt, die jedes Jahr Hunderttausende von Menschen in den USA töten und schwarze, braune, indigene und arme Gemeinschaften unverhältnismäßig stark gefährden”.
In Deutschland ist Fracking seit 2017 gesetzlich verboten. Dieses Verbot möchte beispielsweise Ludwig Möhring, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Erdgas, Erdöl und Geoenergie (BVEG) kippen, da er von einer umweltverträglichen Förderung in Deutschland überzeugt ist. Damit könnten die “Abhängigkeiten von internationalen Erdgasbeschaffungsmärkten verringert werden”, so Möhring. Dem Bundesumweltministerium zufolge reichen die Umweltrisiken von Fracking aber auch in Deutschland von der Verunreinigung von Grund- und Trinkwasser über Lärm- und Luftemissionen bis hin zu einem hohen Flächen- und Wasserverbrauch.
Hohe CO₂-Emissionen bei Fracking-Gas
Ein weiterer Aspekt sind die hohen Methanemissionen von gefracktem LNG aus den USA. Methan gilt als bis zu 80-mal klimaschädlicher als CO₂. Die Emissionen von LNG entlang der Lieferkette könnten um bis zu 274 Prozent höher als bei Kohle sein, berücksichtigt man Leckagen und den Energieverbrauch bei Förderung, Verarbeitung und Transport. Das zeigt eine noch nicht veröffentlichte Studie von Robert Howarth, der als Klimawissenschaftler an der Cornell University forscht. Die Studie befindet sich derzeit im Review-Prozess, steht aber auch unter Kritik. Beispielsweise sei der Methanaustritt an Bohrstellen zu hoch angesetzt und Erdgas und Kohle seien aufgrund unterschiedlicher Wirkungsgrade nicht so einfach miteinander vergleichbar.
Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) rät in einer aktuellen Studie von einem übermäßigen Ausbau der LNG-Infrastruktur in Deutschland ab. “Vielmehr sollten langfristig wirksame Investitionen nur in Projekte fließen, die vollständig mit dem Ziel von 100 Prozent erneuerbarer Energien vereinbar sind”, heißt es dort. “Weitere Ausbaupläne von LNG-Terminals an der deutschen Nord- und Ostseeküste erscheinen daher aus energiewirtschaftlicher und aus klimapolitischer Perspektive kontraproduktiv.”
Angesichts des tendenziell sinkenden Erdgasbedarfs Deutschlands wäre es laut DIW stattdessen möglich, die Versorgung mittelfristig vor allem durch norwegisches Pipelinegas sicherzustellen. Dieses sei “preiswerter und weniger umweltschädlich”, so die Forscher. Mitarbeit Lukas Bayer
Energie
Erdöl
Gas
LNG
News
DUH und Böll-Stiftung: EU-Aktionsplan für 100 Prozent Erneuerbare
Mit einem “Aktionsplan 100 Prozent Erneuerbare Energie für die nächste Europäische Kommission” legen die Deutsche Umwelthilfe (DUH) und die grünen-nahe Heinrich-Böll-Stiftung eine Planung für den schnelleren Ausbau der Öko-Energien vor. Kurz vor den Wahlen zum Europäischen Parlament haben die beiden Organisationen eine Gruppe von mehr als 20 Experten aus Wissenschaft, Industrie, EU-Behörden und Zivilgesellschaft zusammengeholt, um Argumente für eine Konzentration auf die Erneuerbaren zusammenzutragen. Der Aktionsplan liegt Table.Briefing exklusiv vorab vor.
Demnach hat der Ausbau von Erneuerbaren große Vorteile:
Eine mittelfristige Senkung der Energiekosten für Strom, Heizung und Verkehr
Mehr geopolitische Sicherheit und Unabhängigkeit von Energieimporten
Stärkung der lokalen Wertschöpfung durch weniger Importe von fossilen und nuklearen Energieformen
Vermeidung von Gesundheitskosten von fossilen und nuklearen Technologien.
Im Detail schlägt das Konzept vor:
Den Ausbau der Erneuerbaren zu beschleunigen: Von derzeit geplanten 42 Prozent Erneuerbaren im Energieverbrauch 2030 solle der Anteil auf 55 bis 58 Prozent steigen und 2040 100 Prozent erreichen. Dafür bräuchte es unter anderem bindende Erneuerbaren-Ziele für EU und Mitgliederstaaten sowie Umsetzung der europäischen Wind- und Solarstrategien, Aktionspläne für Investitionen und Energiesparen und einen verbindlichen Zeitrahmen für das Auslaufen fossiler Subventionen.
Infrastruktur und Flexibilität zu verbessern: Dafür brauche es unter anderem unabhängige Betreiber der Netze, Druck für mehr Flexibilitätslösungen in den EU-Ländern, bessere Integration von Wasserstoff, eine Reform der Netzentgelte und Regeln für Kapazitätsmärkte.
Lokale Behörden zu unterstützen: Dazu gehöre etwa ein erweiterter Zugang zum Just Transition Fonds, eine Reform der EU-Kohäsionsfonds und bessere Finanzierungsmöglichkeiten für lokale Behörden. bpo
Europäische Kommission
PIK fordert EU-Zentralbank für Emissionshandel und CO₂-Entnahmen
Mit einer neuen europäischen “Kohlenstoff-Zentralbank” sollen nach den Vorstellungen des Potsdam Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) die CO₂-Menge, die Entnahme von Kohlenstoff aus der Atmosphäre und Haftungsfragen reguliert werden. Das fordern Forscher des PIK in einer neuen Studie.
So wie die Europäische Union den CO₂-Ausstoß durch einen CO₂-Preis verteuert, sollte sie demnach die CO₂-Entnahme in der gleichen Höhe subventionieren. 0,3 bis drei Prozent der globalen Wirtschaftsleistung wird es laut dem PIK-Direktor und Klimaökonomen Ottmar Edenhofer kosten, unvermeidbare Restemissionen technologisch der Atmosphäre zu entziehen und einzulagern. Die Studie solle ein konkretes Konzept für die Finanzierung liefern, so das PIK.
Um zu verhindern, dass kostengünstige landbasierte Entnahme-Methoden gegenüber teuren technologischen an Attraktivität verlieren, empfehlen die Forschenden zunächst, die Subventionen an die Speicherdauer des entnommenen Kohlenstoffs zu koppeln. Emissionen im Agrar- und Landnutzungssektor unterliegen derzeit noch nicht der CO₂-Bepreisung der EU. Daher ist der Anreiz gering, diese zu verhindern oder zu kompensieren. Erst wenn auch die CO₂-Emissionen im Landsektor umfassend ermittelt seien und der Bepreisung unterliegen, könnten Entnahmen unterschiedslos gefördert werden, so die Forschenden.
CO₂-Zentralbank zur besseren Steuerung
Um eine integre und wirksame Entnahme-Förderung aufzubauen, legt die Studie vier Schlüsselempfehlungen für eine europäische Governance-Struktur vor:
Mengensteuerung der Netto-Emissionen über die Emissionsobergrenze (Cap) im EU-Emissionshandel inklusive der Integration von CO₂-Entnahmen sollten zwar vom Gesetzgeber beschlossen, aber von einer unabhängigen Stelle verwaltet werden. Dies solle die Einflussnahme von Lobbygruppen oder politischen Entscheidungsträgern auf ein Minimum reduzieren. Hierfür schlagen die Forscher eine Kohlenstoff-Zentralbank vor.
Regelung der Haftung bei nicht permanenten Entnahmen: Die Aufteilung des Haftungsrisikos zwischen Unternehmen und Gesellschaft könne ebenfalls von der CO₂-Zentralbank geregelt werden. Falls CO₂ schneller zurück in die Atmosphäre gelangt als vorgesehen, wäre die Zentralbank verantwortlich dafür, die Haftung zu regeln.
Finanzielle Förderung für Innovation zum Entnahme-Hochlauf durch eine “Green Leap Innovation Authority (GLIA)” nach dem Vorbild der IPCEI (Important Projects of Common European Interest).
Eine Zertifizierungsstelle für Kohlenstoffentfernung sollte unabhängig und auf wissenschaftlicher Grundlage integre Anbieter von CO₂-Entnahmen attestieren und so sicherstellen, dass Entnahmen auch dem Prinzip der Zusätzlichkeit (“additionality”) entsprechen. luk
Carbon Removal
CO2-Emissionen
EU-Klimapolitik
IPCEI
Klima & Umwelt
LULUCF
Ölkonzerne sichern sich CCS-Lager in Südostasien
Internationale Ölkonzerne engagieren sich verstärkt bei der Suche und Erkundung von CO₂-Lagerstätten in Südostasien. Nach einem Bericht der Nachrichtenagentur Bloomberg suchen die Konzerne in der Nähe von Großemittenten wie Japan und Korea günstige geologische Lagerstätten für das Treibhausgas, um ihre Produktion von Öl und Gas klimafreundlicher zu gestalten:
Shell hat einen Vertrag mit der nationalen Ölgesellschaft von Malaysia Petronas geschlossen, um nach Lagerstätten zu suchen.
ExxonMobil hat angekündigt, man habe sich “exklusive Lagerrechte in Malaysia und Indonesien gesichert.”
Chevron hat konkrete Pläne für ein CCS-Projekt in der Region.
TotalEnergies erkundet ebenfalls “aktiv Potenziale in der Region”.
Die Firmen geben an, zusammen mit den jeweiligen Regierungen an den Regeln für die Speicherung zu arbeiten. Malaysia plant, Anfang 2025 ein Gesetz zu Import und Lagerung von CO₂ vorzulegen. Indonesien hat gerade erst einen Erlass des Präsidenten durchgesetzt, der staatliche Subventionen für CCS-Betreiber vorsieht. 70 Prozent der indonesischen Speicherkapazität soll für heimische Emissionen reserviert werden.
Nach IEA-Zahlen müssten bis 2030 jährlich mehr als eine Milliarde Tonnen CO₂ aufgefangen und gespeichert werden, um die 1,5-Grad-Grenze zu halten. Bisher sind allerdings erst vier Prozent der dafür nötigen Kapazität vorhanden. bpo
CCS
Indonesien
Südostasien
Neuer “Clean Tech Tracker” für den europäischen Green Deal
Ein neuer “European Clean Tech Tracker” soll Orientierung zur Entwicklung des grünen Umbaus und der Umsetzung des Green Deals in Europa geben. Das Informationsportal des Brüsseler Thinktanks Bruegel soll einen “klaren, aktuellen und politikrelevanten Überblick” über Innovationen, Herstellung und Aufbau der wichtigsten grünen Techniken bieten. Der Tracker solle Informationen für öffentliche und private Entscheidungen liefern, da die Datenlage zu grüner Technologie in Europa derzeit häufig zersplittert, schwer zu erreichen und oft nur kommerziell zu bekommen sei, heißt es auf der Website von Bruegel.
Die Datenbank, die noch im Aufbau ist und auch auf die Rückmeldung aus der Öffentlichkeit angewiesen sei, will vor allem Informationen in folgenden Gebieten liefern:
Herstellungsprozesse
Ausbauraten
Innovationstrends
Beschäftigungsstatistiken
Subventionen
Internationale Vergleiche
Die Informationen sollen sich vor allem auf folgende Techniken beziehen und regelmäßig aktualisiert werden:
Photovoltaik
Wind
Elektroautos
Elektrolyseure
Wärmepumpen
Kernenergie
Stromnetze
CCS
Wasserkraft
In seiner ersten Version konzentriert sich der Tracker auf die ersten fünf dieser Themen. Rückmeldungen und zusätzliche Daten von Interessierten sind ausdrücklich erwünscht. bpo
Atomkraft
CCS
Elektromobilität
Erneuerbare Energien
Green Deal
Presseschau
Analyse: Chevron ist Eigentümer der Nachrichtenseite dieser Stadt. Viele Geschichten werden nicht erzählt NPR Podcast: Ist das wirklich das Aus für das Nature Restoration Law und die Vorzeigepolitik des Green Deal? Euractiv Video: Japans Kirschblüte könnte bis 2100 verschwinden South China Morning Post Analyse: Warum einige Länder “netto-negative” Emissionen anstreben CarbonBrief Analyse: EU stößt bei der Erreichung des grünen Meilensteins auf Hindernisse, da Wahlen bevorstehen Financial Times Analyse: Gibt es technische Lösungen für die Klimakrise? New York Times Analyse: CBAM – 252 Seiten Leitfaden für eine Tonne Schrauben Die Zeit Podcast: Nach der Kohle – Wie geht der Strukturwandel im Mitteldeutschen Braunkohlerevier voran? Detektor.FM Video: Klimajuristin Roda Verheyen im Interview Jung & Naiv
Heads
Tobias Bischof-Niemz arbeitet an Erneuerbaren in Afrika
Tobias Bischof-Niemz wird demnächst öfter in Namibia unterwegs sein.
Tobias Bischof-Niemz organisiert Energiewende-Projekte des Unternehmens Enertrag von der Planung bis zur Inbetriebnahme. Am 1. April rückt er in den Vorstand der europäischen Aktiengesellschaft der Firma auf, für die er seit 2017 aktiv ist. Er wird dann für internationale Projekte und neue Technologie verantwortlich sein.
Enertrag hat große Pläne: Das Unternehmen mit 209 Millionen Euro Umsatz im Geschäftsjahr 2022/23 plant Investitionen in erneuerbare Energien auf beinahe allen Kontinenten. In Spanien, Vietnam, Südafrika und Uruguay ist das Unternehmen aus der Brandenburger Uckermark bereits mit Büros vertreten. Allein ein Wasserstoffprojekt in Namibia hat ein Investitionsvolumen von mindestens zehn Milliarden US-Dollar. In weiteren Märkten laufen Erkundungen.
Mit Blick auf die Projekte, wie jenes in Namibia, sieht Bischof-Niemz eine große Verantwortung bei sich und seinem Unternehmen: “Namibia könnte sich innerhalb von einer Generation industrialisieren”, sagt er. Er rechnet vor, dass mit Investitionen wie denen von Enertrag das Bruttoinlandsprodukt von Namibia, bislang pro Jahr etwa 12,5 Milliarden US-Dollar, vervielfacht werden könnte. Tatsächlich plant die Regierung, basierend auf den sehr guten natürlichen Bedingungen für Sonnen- und Windstrom und viel Platz in dem dünn besiedelten Land, viele weitere Wasserstoff- und Industrialisierungsprojekte. Enertrag liefert dafür eine Blaupause.
Wasserstoff aus Erneuerbaren
Bischof-Niemz erklärt den systemischen Ansatz des Unternehmens: Solarpanele und Windräder sollen den Strom für Elektrolyseure herstellen, die Wasserstoff produzieren. Eine Meerwasser-Entsalzungsanlage liefert das benötigte Wasser, Pipelines verbinden die Anlagen. An deren Endpunkt steht die Umwandlung des Wasserstoffs zu Ammoniak, der schließlich für den industriellen Einsatz exportiert werden kann.
Systeme faszinieren den 47 Jahre alten Bischof-Niemz schon seit Langem. “Während meines Studiums und der Promotion habe ich immer sehr funktional auf Systeme geschaut”, erklärt er. “Das gibt es im Deutschen nicht, aber im Englischen wäre ich ein Systems Engineer”. In seiner Promotionsforschung an der TU Darmstadt untersuchte er, ob sich der Bremsweg von Kraftfahrzeugen mittels “systemdynamisch abgeleiteter Regelungstechnik” von Stoßdämpfern verkürzen ließe – zwar erfolgreich, doch während der Forschung fragte er sich, ob er den Rest seines Berufslebens “mit der zweiprozentigen Restoptimierung von PKWs” zubringen wolle.
Er entschied, sich stattdessen dem Bremsen des Klimawandels durch erneuerbare Energien zu widmen. Zunächst sattelte er noch einen Master an der Columbia-Universität in New York auf, in dem er sich mit der Regulierung von Energiemärkten auseinandersetzte, um anschließend bei der Boston Consulting Group Unternehmen dazu zu beraten. Ein Kunde war der südafrikanische staatliche Energiekonzern Eskom, der daraufhin sein nächster Arbeitgeber wurde. Bei Eskom in Johannesburg sollte Bischof-Niemz den Ausbau von Wind- und Sonnenstrom voranbringen – in dem Land mit großen Kohlevorkommen ein von Vielen belächeltes Vorhaben, so der Ingenieur.
Transformation und Geopolitik
Das war keine einfache Zeit für ihn, denn die südafrikanische Energiepolitik zeigte sich widersprüchlich: Auf der einen Seite standen die Unternehmen des Kohlebergbaus. Auf der anderen Seite beschloss der regierende African National Congress (ANC) aus geostrategischen Gründen genau zu dieser Zeit (Mitte der 2010er Jahre) den Ausbau der Atomkraft. Dazwischen standen Wind und Sonne, ohne mächtige Lobby, aber mit dem Argument unschlagbar billigen Stroms. Am Ende setzte sich keine Seite durch: Die Atompläne wurden inzwischen massiv abgespeckt, während die Kohlemeiler zerbröselten und der Ausbau der Erneuerbaren zu langsam voranging. Eine emotional aufreibende Erfahrung. “Es war am Ende schon ein maßgeblicher Grund, warum wir das Land dann verlassen haben”, sagt Bischof-Niemz.
Viel optimistischer blickt er auf das Namibia-Projekt, das kürzlich vom deutschen Wirtschaftsministerium zu einem potenziellen “strategischen Projekt” der Wirtschaftsförderung auserkoren wurde. Denn in Namibia, sagt Bischof-Niemz, gäbe es keine althergebrachten Interessen im Energiebereich. Vielmehr müsse das Land Kohlestrom aus Südafrika importieren. Auch diesen Nachteil will er umkehren: Mit überschüssigem Strom aus dem Enertrag-Projekt könne Namibia sich zu einem guten Teil selbst versorgen, vielleicht sogar zum Stromexporteur in das Nachbarland werden.
Selbstverständlich schlägt der “Systems Engineer” vor, mit dem potenziellen Energiereichtum systemisch umzugehen. Schließlich könnten rund um Ammoniak und Wasserstoff ganze Industrien neu entstehen, etwa für grünen Stahl. “Es gibt ja in der Region nicht nur in Namibia, auch in Südafrika sehr viel Eisenerz, was heute schon für die Stahlherstellung, auch für den Export, verwendet wird. Und natürlich kann sich da auch Namibia positionieren als ein großer Stahlhersteller.” Alex Veit
die Klimakrise trifft die Ärmsten dieser Welt am härtesten. Das zeigt sich wieder einmal in dieser Ausgabe des Briefings: Unsere Analyse von Dürren und Extremwettern im südlichen Afrika zeigt diese Realität – nämlich dass mehr als 16 Millionen Menschen von Hunger bedroht sind. Konkrete großflächige Lösungen sind derzeit nicht in Sicht. Aber mit Tobias Bischof-Niemz von Enertrag stellen wir auch einen der Köpfe vor, die an der Energiewende in dieser Region arbeiten.
In Deutschland hingegen tobt die Debatte um zunehmende Importe von LNG aus Fracking mit schlechter Klimabilanz. Wir schauen auf die aktuellen Verträge zu Flüssiggas – und welche Risiken und Schäden diese Importe mit sich bringen.
Auch die neusten Entwicklungen zu CCS lesen Sie bei uns: Wir erklären, warum eine Kohlenstoffbank in Europa gefordert wird und wo derzeit gobale Ölkonzerne nach neuen CO₂-Speicherstätten suchen.
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Analyse
El Niño und der Klimawandel sorgen für Dürre im südlichen Afrika
Ein ausgetrockneter Fluss in Sambia – das Land rechnet mit vielen Ernteausfällen in diesem Jahr.
Von Malawi und Mosambik über Sambia und Simbabwe bis nach Namibia und hinunter zum Getreidegürtel von Südafrika sorgt eine Kombination aus den Folgen des Klimawandels und dem El Niño-Wetterphänomen seit Monaten für Dürre, Hunger und Elend. Die Region, ohnehin anfällig für extreme Wettersituationen, hatte in den Sommermonaten auf der südlichen Halbkugel von November bis Februar nur 80 Prozent der erwarteten Regenfälle, so die Food and Agriculture Organization (FAO). Der Februar brachte die niedrigsten Regenfälle seit 40 Jahren, mit Temperaturen, die vier bis fünf Grad zu hoch waren. Die Folge: Massive Ernteausfälle und zu wenig Nahrungsmittel.
Das United Nations Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (OCHA) spricht von “verschärfter Ernährungsunsicherheit” und steigenden Lebensmittelpreisen in der Region. Mehr als 16 Millionen Menschen sind von Hunger bedroht, schätzt die OCHA. Besonders betroffen sind jeweils drei bis vier Millionen Menschen in Simbabwe und Mosambik. Bereits Ende vergangenen Jahres hatte das World Food Programme (WFP) vor Nahrungsmittelknappheit für bis zu 50 Millionen Menschen im südlichen Afrika und Teilen von Zentralafrika gewarnt.
El Niño und Klimawandel sorgen für Rekordtemperaturen und Extremwetter
Beobachtungen der World Meteorological Organization (WMO) zeigen, dass der 2023-24 El Niño zu den fünf stärksten seit Beginn der Aufzeichnungen zählt. Ausgelöst durch periodische Erwärmung der Oberflächentemperatur im Ostpazifik mindert El Niño im südlichen Afrika typischerweise die spätsommerlichen Regenfälle.
Auch der Klimawandel spielt zunehmend eine Rolle. In Kombination mit El Niño sorgt dieser für Rekordtemperaturen, infolgedessen sich Extremwetterer häufen und verschlimmern. “Seit Juni 2023 wurde jeden Monat ein neuer monatlicher Temperaturrekord aufgestellt – und 2023 war mit Abstand das wärmste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen. El Niño hat zu diesen Rekordtemperaturen beigetragen, aber Wärme speichernde Treibhausgase sind eindeutig der Hauptverursacher“, sagte WMO-Generalsekretärin Celeste Saulo. Auch im südlichen Afrika war der Februar der wärmste, der je gemessen wurde. Derzeit schwächt sich das Wetterphänomen zwar ab und es ist schon kühler geworden. Aber die Auswirkungen werden weiterhin spürbar sein und für höhere Temperaturen als gewöhnlich bis in den Mai hinein sorgen.
Malawi und Sambia besonders betroffen
Malawi hat am Ende März den Notstand ausgerufen. Es ist das zweite Land nach Sambia. 23 der 28 Distrikte in Malawi sind von der Dürre besonders hart betroffen. Im November, als es noch regnete, wurde der Mais gepflanzt und keimte. Doch der trockene Dezember versengte die Ernte. Jetzt hat sich die Lage zugespitzt. Das Land, eines der ärmsten in der Welt, braucht dringend 200 Millionen US-Dollar für Nothilfe – 600.000 Tonnen Nahrungsmittel fehlen. Mehr als 20 Prozent der Bevölkerung sind von Hunger bedroht. Präsident Lazarus Chakwera sprach von zwei Millionen Haushalten, die von Subsistenzwirtschaft leben und derzeit dringend auf Hilfe angewiesen seien. Er bat die internationale Gemeinschaft um Unterstützung.
Schon Ende Februar musste der sambische Präsident Hakainde Hichilema einen staatlichen Notstand ausrufen. Eine Million Hektar der Maisernte – fast die Hälfte des Anbaus des Landes – wurde aufgrund fehlender Regenfälle vernichtet. “Diese Dürre hat verheerende Folgen für viele Sektoren wie die Landwirtschaft, Wasserverfügbarkeit und die Energieversorgung und gefährdet unsere nationale Ernährungssicherheit und den Lebensunterhalt von Millionen Menschen”, so der Präsident in einer Fernsehansprache.
Stromversorgung gefährdet
Nach der Coronapandemie und einem verheerenden Choleraausbruch im vergangenen Jahr ist die Dürre die dritte Katastrophe, die das 20-Millionen-Land Sambia heimsucht. Der 280 Kilometer lange Karibastausee entlang der Grenze zu Simbabwe, vom Wasservolumen der größte Stausee der Welt, hat laut der Zambezi River Authority derzeit nur einen Wasserstand von 14 Prozent, was die Stromversorgung in beiden Ländern gefährdet. Allein in Sambia, das die zweitgrößten Kupfervorkommen in der Welt hat, wird in diesem Jahr mit einem Stromdefizit von rund 500 Megawatt gerechnet. Derzeit gibt es nur Strom für acht Stunden pro Tag.
In Simbabwe ist die Lage ähnlich ernst. Die Hälfte der Maisernte ist verloren. Die Tabakernte wird zehn Prozent schlechter ausfallen als im vergangenen Jahr. Simbabwe ist Afrikas größter Tabakproduzent und verdient mit dem Anbau wichtige Devisen. Exporte, die zum großen Teil nach China gehen, brachten im vergangenen Jahr 1,2 Milliarden US-Dollar ein. “Die Mengen pro Hektar sind zurückgegangen”, sagte der Vorsitzende des Tobacco Industry Marketing Board (TIMB), Patrick Devenish. Dreiviertel des Tabaks im Land werden von Kleinbauern produziert, die kaum über gute Bewässerungssysteme verfügen, was in Zukunft verbessert werden muss, um gegen die Auswirkungen des Klimawandels standhalten zu können. Ein Notfallprogramm des WFP wurde gerade abgeschlossen. Es soll 2,7 Millionen Menschen mit Nahrungsmittel versorgen.
Südafrika kam bisher glimpflich davon. Überkapazitäten vom vergangenen Jahr können die schlechte Maisernte im Brotkorb der Region auffangen. Aber für den Export in die Nachbarländer wird nichts übrigbleiben, was diesen teuer zu stehen kommen wird. “Wenn die Ernährungssicherheit schlecht ist, geraten die Preise außer Kontrolle”, so Tobias Doyer, Chef des Branchenverbandes Grain SA.
Dürre
Extremwetter
Klimawandel
Simbabwe
Südafrika
WFP
Translation missing.
Anteil von umstrittenem Fracking-Gas an Gasimporten wächst
Fracking im US-Bundesstaat Kalifornien: Erhebliche Umwelt- und Gesundheitsschäden.
Am Samstagabend haben erneut dutzende Menschen gegen das umstrittene LNG-Terminal auf Rügen demonstriert. Vor wenigen Tagen legte dort der erste Tanker für den Testbetrieb an. Deutschland deckt 95 Prozent seines Bedarfs an Erdgasaus dem Ausland, doch Russland liefert seit Ende August 2022 nichts mehr. Deshalb beschaffen die Energieunternehmen kurzfristig vor allem am Spotmarkt Liquefied Natural Gas (LNG). Für die Bundesnetzagentur sind die LNG-Terminals in der Ostsee für die Versorgungssicherheit notwendig, Umweltorganisationen und Forschende widersprechen.
Ein großer Teil des LNG stammt aus den USA – wo es durch die umweltschädigende und gesundheitsgefährdende Methode des Frackings aus den Gesteinsschichten geholt wird. Das Gas wird anschließend entweder über die im Bau befindlichen Terminals an der deutschen Nord- und Ostseeküste importiert; hier lag der Anteil laut Jahresbericht 2023 des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) bei 84 Prozent. Oder es wird in den Häfen Rotterdam (Niederlande) und Seebrügge (Belgien) angelandet und über das Gasnetz nach Deutschland transportiert – weshalb es dann offiziell nicht mehr als LNG, sondern als Pipelinegas gilt.
Belgien selbst fördert kein Erdgas in nennenswertem Umfang. Die Niederlande haben im vergangenen Herbst ihr letztes Gasfeld geschlossen. Dennoch hatten beide Länder laut Bundesnetzagentur im Jahr 2023 einen Anteil von 48 Prozent an den gesamten deutschen Gasimporten. Obwohl eigentlich nur die USA und Katar in der Lage sind, kurzfristig größere Mengen LNG auf den Spotmärkten anzubieten, können jedoch weder die Bundesnetzagentur noch das Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) Auskunft über die tatsächliche Herkunft der Erdgaslieferungen geben.
Langfristig immer mehr US-Fracking-Gas
“Auf dem Weltmarkt für LNG gibt es verschiedene Länder, aus denen LNG angeboten wird”, so eine Sprecherin des BMWK zu Table.Briefings. “Die Verträge werden hier von den Unternehmen gemacht. Sie sind verantwortlich und zuständig für die Lieferungen. Wir haben keinen Einblick in die Verträge.”
Mit der Zunahme langfristiger LNG-Lieferverträge wird sich das ändern. Denn anders als bei den schwer nachvollziehbaren Einkäufen am Spotmarkt berichten die Unternehmen über den Abschluss solcher Importverträge öffentlich. Und sie sind bereits mit einer Reihe von US-Firmen handelseinig geworden:
EnBW bezieht ab 2026 jährlich 1,5 Millionen Tonnen LNG von Venture Global. Laufzeit: 20 Jahre.
SEFE bekommt ab 2026 jährlich 2,25 Millionen Tonnen LNG von Venture Global. Laufzeit: 20 Jahre.
BASF werden ab 2026 jährlich 800.000 Tonnen LNG von Cheniere geliefert. Laufzeit: 17 Jahre.
RWE erhält ab 2027 jährlich 2,25 Millionen Tonnen LNG von Sempra Infrastructure. Laufzeit: 15 Jahre.
Rund zehn Milliarden Euro investiert die Bundesregierung in die dafür notwendige Infrastruktur. Drei schwimmende Terminals, sogenannte “Floating Storage and Regasification Units” (FSRU), arbeiten in Wilhelmshaven, Lubmin und Brunsbüttel bereits im Regelbetrieb. Stade und Mukran auf Rügen werden in Kürze folgen. Ab 2026 sollen dann einige der FSRUs durch stationäre, leistungsfähigere Terminals ersetzt werden.
Erhebliche Umwelt- und Gesundheitsschäden
Die zunehmenden LNG-Importe aus den USA sind vor allem aber aus zwei Gründen umstritten. Zum einen, weil dort rund 80 Prozent der Erdgasförderung durch Fracking erfolgt. Dabei wird Wasser mit Chemikalien vermischt und unter hohem Druck in gasführende Gesteinsschichten gepumpt, um diese aufzubrechen und das Gas freizusetzen.
Die Umweltauswirkungen von Fracking sind erheblich: Eine Studie der Yale University aus dem Jahr 2022 zeigt etwa, dass Kinder, die in der Nähe von Fracking-Standorten leben, ein zwei- bis dreifach erhöhtes Risiko haben, an einer schweren Form von Kinderleukämie zu erkranken. Auch Neugeborene kommen dort häufiger mit niedrigem Geburtsgewicht und schlechterem Gesundheitszustand zur Welt, wie eine in “Science Advances” veröffentlichte Studie zeigt.
Von den direkten Umwelt- und Gesundheitsgefahren bei der Förderung fossiler Energien sind besonders arme Gemeinden und Minderheiten betroffen. Die Umweltschutzorganisation Greenpeace USA hat dazu 2021 einen Bericht mit dem Titel “Fossil Fuel Racism” vorlegt. Er zeige, so die Autoren, “dass die fossile Brennstoffindustrie zu Gesundheitsschäden beiträgt, die jedes Jahr Hunderttausende von Menschen in den USA töten und schwarze, braune, indigene und arme Gemeinschaften unverhältnismäßig stark gefährden”.
In Deutschland ist Fracking seit 2017 gesetzlich verboten. Dieses Verbot möchte beispielsweise Ludwig Möhring, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Erdgas, Erdöl und Geoenergie (BVEG) kippen, da er von einer umweltverträglichen Förderung in Deutschland überzeugt ist. Damit könnten die “Abhängigkeiten von internationalen Erdgasbeschaffungsmärkten verringert werden”, so Möhring. Dem Bundesumweltministerium zufolge reichen die Umweltrisiken von Fracking aber auch in Deutschland von der Verunreinigung von Grund- und Trinkwasser über Lärm- und Luftemissionen bis hin zu einem hohen Flächen- und Wasserverbrauch.
Hohe CO₂-Emissionen bei Fracking-Gas
Ein weiterer Aspekt sind die hohen Methanemissionen von gefracktem LNG aus den USA. Methan gilt als bis zu 80-mal klimaschädlicher als CO₂. Die Emissionen von LNG entlang der Lieferkette könnten um bis zu 274 Prozent höher als bei Kohle sein, berücksichtigt man Leckagen und den Energieverbrauch bei Förderung, Verarbeitung und Transport. Das zeigt eine noch nicht veröffentlichte Studie von Robert Howarth, der als Klimawissenschaftler an der Cornell University forscht. Die Studie befindet sich derzeit im Review-Prozess, steht aber auch unter Kritik. Beispielsweise sei der Methanaustritt an Bohrstellen zu hoch angesetzt und Erdgas und Kohle seien aufgrund unterschiedlicher Wirkungsgrade nicht so einfach miteinander vergleichbar.
Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) rät in einer aktuellen Studie von einem übermäßigen Ausbau der LNG-Infrastruktur in Deutschland ab. “Vielmehr sollten langfristig wirksame Investitionen nur in Projekte fließen, die vollständig mit dem Ziel von 100 Prozent erneuerbarer Energien vereinbar sind”, heißt es dort. “Weitere Ausbaupläne von LNG-Terminals an der deutschen Nord- und Ostseeküste erscheinen daher aus energiewirtschaftlicher und aus klimapolitischer Perspektive kontraproduktiv.”
Angesichts des tendenziell sinkenden Erdgasbedarfs Deutschlands wäre es laut DIW stattdessen möglich, die Versorgung mittelfristig vor allem durch norwegisches Pipelinegas sicherzustellen. Dieses sei “preiswerter und weniger umweltschädlich”, so die Forscher. Mitarbeit Lukas Bayer
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DUH und Böll-Stiftung: EU-Aktionsplan für 100 Prozent Erneuerbare
Mit einem “Aktionsplan 100 Prozent Erneuerbare Energie für die nächste Europäische Kommission” legen die Deutsche Umwelthilfe (DUH) und die grünen-nahe Heinrich-Böll-Stiftung eine Planung für den schnelleren Ausbau der Öko-Energien vor. Kurz vor den Wahlen zum Europäischen Parlament haben die beiden Organisationen eine Gruppe von mehr als 20 Experten aus Wissenschaft, Industrie, EU-Behörden und Zivilgesellschaft zusammengeholt, um Argumente für eine Konzentration auf die Erneuerbaren zusammenzutragen. Der Aktionsplan liegt Table.Briefing exklusiv vorab vor.
Demnach hat der Ausbau von Erneuerbaren große Vorteile:
Eine mittelfristige Senkung der Energiekosten für Strom, Heizung und Verkehr
Mehr geopolitische Sicherheit und Unabhängigkeit von Energieimporten
Stärkung der lokalen Wertschöpfung durch weniger Importe von fossilen und nuklearen Energieformen
Vermeidung von Gesundheitskosten von fossilen und nuklearen Technologien.
Im Detail schlägt das Konzept vor:
Den Ausbau der Erneuerbaren zu beschleunigen: Von derzeit geplanten 42 Prozent Erneuerbaren im Energieverbrauch 2030 solle der Anteil auf 55 bis 58 Prozent steigen und 2040 100 Prozent erreichen. Dafür bräuchte es unter anderem bindende Erneuerbaren-Ziele für EU und Mitgliederstaaten sowie Umsetzung der europäischen Wind- und Solarstrategien, Aktionspläne für Investitionen und Energiesparen und einen verbindlichen Zeitrahmen für das Auslaufen fossiler Subventionen.
Infrastruktur und Flexibilität zu verbessern: Dafür brauche es unter anderem unabhängige Betreiber der Netze, Druck für mehr Flexibilitätslösungen in den EU-Ländern, bessere Integration von Wasserstoff, eine Reform der Netzentgelte und Regeln für Kapazitätsmärkte.
Lokale Behörden zu unterstützen: Dazu gehöre etwa ein erweiterter Zugang zum Just Transition Fonds, eine Reform der EU-Kohäsionsfonds und bessere Finanzierungsmöglichkeiten für lokale Behörden. bpo
Europäische Kommission
PIK fordert EU-Zentralbank für Emissionshandel und CO₂-Entnahmen
Mit einer neuen europäischen “Kohlenstoff-Zentralbank” sollen nach den Vorstellungen des Potsdam Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) die CO₂-Menge, die Entnahme von Kohlenstoff aus der Atmosphäre und Haftungsfragen reguliert werden. Das fordern Forscher des PIK in einer neuen Studie.
So wie die Europäische Union den CO₂-Ausstoß durch einen CO₂-Preis verteuert, sollte sie demnach die CO₂-Entnahme in der gleichen Höhe subventionieren. 0,3 bis drei Prozent der globalen Wirtschaftsleistung wird es laut dem PIK-Direktor und Klimaökonomen Ottmar Edenhofer kosten, unvermeidbare Restemissionen technologisch der Atmosphäre zu entziehen und einzulagern. Die Studie solle ein konkretes Konzept für die Finanzierung liefern, so das PIK.
Um zu verhindern, dass kostengünstige landbasierte Entnahme-Methoden gegenüber teuren technologischen an Attraktivität verlieren, empfehlen die Forschenden zunächst, die Subventionen an die Speicherdauer des entnommenen Kohlenstoffs zu koppeln. Emissionen im Agrar- und Landnutzungssektor unterliegen derzeit noch nicht der CO₂-Bepreisung der EU. Daher ist der Anreiz gering, diese zu verhindern oder zu kompensieren. Erst wenn auch die CO₂-Emissionen im Landsektor umfassend ermittelt seien und der Bepreisung unterliegen, könnten Entnahmen unterschiedslos gefördert werden, so die Forschenden.
CO₂-Zentralbank zur besseren Steuerung
Um eine integre und wirksame Entnahme-Förderung aufzubauen, legt die Studie vier Schlüsselempfehlungen für eine europäische Governance-Struktur vor:
Mengensteuerung der Netto-Emissionen über die Emissionsobergrenze (Cap) im EU-Emissionshandel inklusive der Integration von CO₂-Entnahmen sollten zwar vom Gesetzgeber beschlossen, aber von einer unabhängigen Stelle verwaltet werden. Dies solle die Einflussnahme von Lobbygruppen oder politischen Entscheidungsträgern auf ein Minimum reduzieren. Hierfür schlagen die Forscher eine Kohlenstoff-Zentralbank vor.
Regelung der Haftung bei nicht permanenten Entnahmen: Die Aufteilung des Haftungsrisikos zwischen Unternehmen und Gesellschaft könne ebenfalls von der CO₂-Zentralbank geregelt werden. Falls CO₂ schneller zurück in die Atmosphäre gelangt als vorgesehen, wäre die Zentralbank verantwortlich dafür, die Haftung zu regeln.
Finanzielle Förderung für Innovation zum Entnahme-Hochlauf durch eine “Green Leap Innovation Authority (GLIA)” nach dem Vorbild der IPCEI (Important Projects of Common European Interest).
Eine Zertifizierungsstelle für Kohlenstoffentfernung sollte unabhängig und auf wissenschaftlicher Grundlage integre Anbieter von CO₂-Entnahmen attestieren und so sicherstellen, dass Entnahmen auch dem Prinzip der Zusätzlichkeit (“additionality”) entsprechen. luk
Carbon Removal
CO2-Emissionen
EU-Klimapolitik
IPCEI
Klima & Umwelt
LULUCF
Ölkonzerne sichern sich CCS-Lager in Südostasien
Internationale Ölkonzerne engagieren sich verstärkt bei der Suche und Erkundung von CO₂-Lagerstätten in Südostasien. Nach einem Bericht der Nachrichtenagentur Bloomberg suchen die Konzerne in der Nähe von Großemittenten wie Japan und Korea günstige geologische Lagerstätten für das Treibhausgas, um ihre Produktion von Öl und Gas klimafreundlicher zu gestalten:
Shell hat einen Vertrag mit der nationalen Ölgesellschaft von Malaysia Petronas geschlossen, um nach Lagerstätten zu suchen.
ExxonMobil hat angekündigt, man habe sich “exklusive Lagerrechte in Malaysia und Indonesien gesichert.”
Chevron hat konkrete Pläne für ein CCS-Projekt in der Region.
TotalEnergies erkundet ebenfalls “aktiv Potenziale in der Region”.
Die Firmen geben an, zusammen mit den jeweiligen Regierungen an den Regeln für die Speicherung zu arbeiten. Malaysia plant, Anfang 2025 ein Gesetz zu Import und Lagerung von CO₂ vorzulegen. Indonesien hat gerade erst einen Erlass des Präsidenten durchgesetzt, der staatliche Subventionen für CCS-Betreiber vorsieht. 70 Prozent der indonesischen Speicherkapazität soll für heimische Emissionen reserviert werden.
Nach IEA-Zahlen müssten bis 2030 jährlich mehr als eine Milliarde Tonnen CO₂ aufgefangen und gespeichert werden, um die 1,5-Grad-Grenze zu halten. Bisher sind allerdings erst vier Prozent der dafür nötigen Kapazität vorhanden. bpo
CCS
Indonesien
Südostasien
Neuer “Clean Tech Tracker” für den europäischen Green Deal
Ein neuer “European Clean Tech Tracker” soll Orientierung zur Entwicklung des grünen Umbaus und der Umsetzung des Green Deals in Europa geben. Das Informationsportal des Brüsseler Thinktanks Bruegel soll einen “klaren, aktuellen und politikrelevanten Überblick” über Innovationen, Herstellung und Aufbau der wichtigsten grünen Techniken bieten. Der Tracker solle Informationen für öffentliche und private Entscheidungen liefern, da die Datenlage zu grüner Technologie in Europa derzeit häufig zersplittert, schwer zu erreichen und oft nur kommerziell zu bekommen sei, heißt es auf der Website von Bruegel.
Die Datenbank, die noch im Aufbau ist und auch auf die Rückmeldung aus der Öffentlichkeit angewiesen sei, will vor allem Informationen in folgenden Gebieten liefern:
Herstellungsprozesse
Ausbauraten
Innovationstrends
Beschäftigungsstatistiken
Subventionen
Internationale Vergleiche
Die Informationen sollen sich vor allem auf folgende Techniken beziehen und regelmäßig aktualisiert werden:
Photovoltaik
Wind
Elektroautos
Elektrolyseure
Wärmepumpen
Kernenergie
Stromnetze
CCS
Wasserkraft
In seiner ersten Version konzentriert sich der Tracker auf die ersten fünf dieser Themen. Rückmeldungen und zusätzliche Daten von Interessierten sind ausdrücklich erwünscht. bpo
Atomkraft
CCS
Elektromobilität
Erneuerbare Energien
Green Deal
Presseschau
Analyse: Chevron ist Eigentümer der Nachrichtenseite dieser Stadt. Viele Geschichten werden nicht erzählt NPR Podcast: Ist das wirklich das Aus für das Nature Restoration Law und die Vorzeigepolitik des Green Deal? Euractiv Video: Japans Kirschblüte könnte bis 2100 verschwinden South China Morning Post Analyse: Warum einige Länder “netto-negative” Emissionen anstreben CarbonBrief Analyse: EU stößt bei der Erreichung des grünen Meilensteins auf Hindernisse, da Wahlen bevorstehen Financial Times Analyse: Gibt es technische Lösungen für die Klimakrise? New York Times Analyse: CBAM – 252 Seiten Leitfaden für eine Tonne Schrauben Die Zeit Podcast: Nach der Kohle – Wie geht der Strukturwandel im Mitteldeutschen Braunkohlerevier voran? Detektor.FM Video: Klimajuristin Roda Verheyen im Interview Jung & Naiv
Heads
Tobias Bischof-Niemz arbeitet an Erneuerbaren in Afrika
Tobias Bischof-Niemz wird demnächst öfter in Namibia unterwegs sein.
Tobias Bischof-Niemz organisiert Energiewende-Projekte des Unternehmens Enertrag von der Planung bis zur Inbetriebnahme. Am 1. April rückt er in den Vorstand der europäischen Aktiengesellschaft der Firma auf, für die er seit 2017 aktiv ist. Er wird dann für internationale Projekte und neue Technologie verantwortlich sein.
Enertrag hat große Pläne: Das Unternehmen mit 209 Millionen Euro Umsatz im Geschäftsjahr 2022/23 plant Investitionen in erneuerbare Energien auf beinahe allen Kontinenten. In Spanien, Vietnam, Südafrika und Uruguay ist das Unternehmen aus der Brandenburger Uckermark bereits mit Büros vertreten. Allein ein Wasserstoffprojekt in Namibia hat ein Investitionsvolumen von mindestens zehn Milliarden US-Dollar. In weiteren Märkten laufen Erkundungen.
Mit Blick auf die Projekte, wie jenes in Namibia, sieht Bischof-Niemz eine große Verantwortung bei sich und seinem Unternehmen: “Namibia könnte sich innerhalb von einer Generation industrialisieren”, sagt er. Er rechnet vor, dass mit Investitionen wie denen von Enertrag das Bruttoinlandsprodukt von Namibia, bislang pro Jahr etwa 12,5 Milliarden US-Dollar, vervielfacht werden könnte. Tatsächlich plant die Regierung, basierend auf den sehr guten natürlichen Bedingungen für Sonnen- und Windstrom und viel Platz in dem dünn besiedelten Land, viele weitere Wasserstoff- und Industrialisierungsprojekte. Enertrag liefert dafür eine Blaupause.
Wasserstoff aus Erneuerbaren
Bischof-Niemz erklärt den systemischen Ansatz des Unternehmens: Solarpanele und Windräder sollen den Strom für Elektrolyseure herstellen, die Wasserstoff produzieren. Eine Meerwasser-Entsalzungsanlage liefert das benötigte Wasser, Pipelines verbinden die Anlagen. An deren Endpunkt steht die Umwandlung des Wasserstoffs zu Ammoniak, der schließlich für den industriellen Einsatz exportiert werden kann.
Systeme faszinieren den 47 Jahre alten Bischof-Niemz schon seit Langem. “Während meines Studiums und der Promotion habe ich immer sehr funktional auf Systeme geschaut”, erklärt er. “Das gibt es im Deutschen nicht, aber im Englischen wäre ich ein Systems Engineer”. In seiner Promotionsforschung an der TU Darmstadt untersuchte er, ob sich der Bremsweg von Kraftfahrzeugen mittels “systemdynamisch abgeleiteter Regelungstechnik” von Stoßdämpfern verkürzen ließe – zwar erfolgreich, doch während der Forschung fragte er sich, ob er den Rest seines Berufslebens “mit der zweiprozentigen Restoptimierung von PKWs” zubringen wolle.
Er entschied, sich stattdessen dem Bremsen des Klimawandels durch erneuerbare Energien zu widmen. Zunächst sattelte er noch einen Master an der Columbia-Universität in New York auf, in dem er sich mit der Regulierung von Energiemärkten auseinandersetzte, um anschließend bei der Boston Consulting Group Unternehmen dazu zu beraten. Ein Kunde war der südafrikanische staatliche Energiekonzern Eskom, der daraufhin sein nächster Arbeitgeber wurde. Bei Eskom in Johannesburg sollte Bischof-Niemz den Ausbau von Wind- und Sonnenstrom voranbringen – in dem Land mit großen Kohlevorkommen ein von Vielen belächeltes Vorhaben, so der Ingenieur.
Transformation und Geopolitik
Das war keine einfache Zeit für ihn, denn die südafrikanische Energiepolitik zeigte sich widersprüchlich: Auf der einen Seite standen die Unternehmen des Kohlebergbaus. Auf der anderen Seite beschloss der regierende African National Congress (ANC) aus geostrategischen Gründen genau zu dieser Zeit (Mitte der 2010er Jahre) den Ausbau der Atomkraft. Dazwischen standen Wind und Sonne, ohne mächtige Lobby, aber mit dem Argument unschlagbar billigen Stroms. Am Ende setzte sich keine Seite durch: Die Atompläne wurden inzwischen massiv abgespeckt, während die Kohlemeiler zerbröselten und der Ausbau der Erneuerbaren zu langsam voranging. Eine emotional aufreibende Erfahrung. “Es war am Ende schon ein maßgeblicher Grund, warum wir das Land dann verlassen haben”, sagt Bischof-Niemz.
Viel optimistischer blickt er auf das Namibia-Projekt, das kürzlich vom deutschen Wirtschaftsministerium zu einem potenziellen “strategischen Projekt” der Wirtschaftsförderung auserkoren wurde. Denn in Namibia, sagt Bischof-Niemz, gäbe es keine althergebrachten Interessen im Energiebereich. Vielmehr müsse das Land Kohlestrom aus Südafrika importieren. Auch diesen Nachteil will er umkehren: Mit überschüssigem Strom aus dem Enertrag-Projekt könne Namibia sich zu einem guten Teil selbst versorgen, vielleicht sogar zum Stromexporteur in das Nachbarland werden.
Selbstverständlich schlägt der “Systems Engineer” vor, mit dem potenziellen Energiereichtum systemisch umzugehen. Schließlich könnten rund um Ammoniak und Wasserstoff ganze Industrien neu entstehen, etwa für grünen Stahl. “Es gibt ja in der Region nicht nur in Namibia, auch in Südafrika sehr viel Eisenerz, was heute schon für die Stahlherstellung, auch für den Export, verwendet wird. Und natürlich kann sich da auch Namibia positionieren als ein großer Stahlhersteller.” Alex Veit