Table.Briefing: Climate

Finanzen: Ampel bricht Klima-Versprechen + SUVs: Mehr CO2 als Deutschland + Paris: Tubiana als Premier?

Liebe Leserin, lieber Leser,

die Bundesregierung sendet mit ihrem neuen Haushalt keine guten Klimasignale in die Welt. In der neuen Budgetplanung fehlt rund eine Milliarde Euro für die internationale Klimafinanzierung, wie Bernhard Pötter analysiert. Die Sechs-Milliarden-Zusage von Kanzler Scholz ist damit stark gefährdet – für die Finanzverhandlungen auf der COP29 ist das ein schlechtes Vorzeichen. Außerdem hat die Bundesregierung ihre Klima-Berichterstattung nicht pünktlich vorgelegt. Und da klagt natürlich die Deutsche Umwelthilfe. Einen kleinen Hoffnungsschimmer gibt aber auch: Bei den deutschen Emissionen im Emissionshandel verzeichnet das Umweltbundesamt einen Rekordrückgang von 18 Prozent.

Der Wahlkampf in den USA kommt langsam in die richtig heiße Phase. Carsten Hübner hat sich das Wahlprogramm der Republikaner genauer angeschaut: Die Trump-Partei setzt voll auf fossile Rohstoffe und will Regulierungen noch weiter zurückschrauben. Ökonomen warnen vor Trump und seinem Programm.

Auch auf dem europäischen Klimaparkett tut sich einiges: Klima-Champion Laurence Tubiana wird als Premierministerin von Frankreich gehandelt und eine neue Studie zu Flottengrenzwerten heizt die Diskussion um das Verbrenner-Aus weiter an, wie Lukas Scheid und Markus Grabitz berichten.

Wir behalten für Sie auch in der Hitze einen kühlen Kopf und den Überblick!

Ihre
Lisa Kuner
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Analyse

Sparhaushalt: So bricht Deutschland sein Versprechen zur Klimafinanzierung

Außenministerin Annalena Baerbock und Bundeskanzler Olaf Scholz beim Petersberger Klimadialog 2024: “Auf Deutschland ist Verlass”.

Mit dem Entwurf für den Bundeshaushalt 2025, der am Mittwoch im Kabinett verabschiedet wurde, verfehlt Deutschland sein selbstgestecktes Ziel in der Finanzierung des globalen Klimaschutzes. Statt der versprochenen sechs Milliarden Euro aus öffentlichen Mitteln ab 2025 kommt der aktuelle Etat nur auf eine Summe von etwa fünf Milliarden Euro. Das geht aus ersten Analysen des Haushalts hervor.

Die Regierung hat nach eigenen Berechnungen bereits 2022 die sechs Milliarden Euro mit 6,39 Milliarden erreicht und übertroffen. Für die Zeit danach gibt es noch keine offiziellen Daten, weil diese erst im Rückblick erhoben werden. Seit der Etat aber nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts Ende 2023 unter extremem Spardruck steht, gab es Befürchtungen, das Ziel könne für 2025 nicht gehalten werden. Bundeskanzler Olaf Scholz hatte dagegen beim Petersberger Klimadialog gesagt, bei der Finanzierung sei “auch auf Deutschland Verlass“.

Erste Analyse: Lücke von etwa einer Milliarde Euro

Die Erhebung der genauen “Klimafinanzierung” ist schwierig, denn sie hat keinen klaren Haushaltstitel. Sie hängt von vielen Faktoren ab: Welche Projekte haben (auch) einen Klimabezug? Werden nur Barmittel oder auch Verpflichtungsermächtigungen (VE) gezählt, die in den nächsten Jahren wirksam werden? Mit welchen Ländern geht Deutschland in einem bestimmten Jahr welche Projekte der Entwicklungszusammenarbeit an?  

Dennoch lässt sich bei aller Vorsicht sagen: Die Lücke von einer knappen Milliarde Euro stammt vor allem aus den Kürzungen im Haushalt des Entwicklungsministeriums BMZ. Dort ist der Etat auf 10,3 Milliarden geschrumpft, gegenüber dem Höchststand von 13,4 Milliarden im Jahr 2022. Damals wurden im BMZ für die Klimafinanzierung etwa 5,5 Milliarden aufgebracht. Da das BMZ etwa 86 Prozent der Klimafinanzierung ausmacht, schlagen die Kürzungen stark durch. Wenn diese Lücke nicht von anderen Ressorts gefüllt wird (wofür es keine Anzeichen gibt) und nicht im BMZ-Haushalt massiv umgeschichtet wird (was auch nicht geplant ist), landet der BMZ-Klima-Anteil im Haushalt 2025 jetzt bei etwa 4,2 Milliarden.

BMZ: Zu früh für Prognosen

So sank der Titel “multilaterale Hilfen zum Klimaschutz” von 850 auf 751 Millionen Euro. Das Ministerium will durch “finanzielle Zusammenarbeit” die Empfänger bei der Verfolgung eigener Ziele unterstützten, heißt es im Haus. Offiziell erklärte ein Sprecher gegenüber Table.Briefings: “Es ist zu früh, um Prognosen bezüglich der Klimafinanzierung 2025 abzugeben. Das BMZ trägt zum großen Teil zur Klimafinanzierung bei, aber eben nicht alleine. Auch andere Ressorts spielen eine Rolle, deren Beiträge sich ebenfalls erst im Nachhinein erheben lassen.”

Auch aus dem Auswärtigen Amt heißt es, es sei zu früh, um die Auswirkungen der Haushaltskürzungen auf die internationale Klimafinanzierung einzuschätzen. Deutschland sei sich seiner Verantwortung bewusst und handele weiter solidarisch, man leiste einen großen Beitrag zu den 100 Milliarden Klimafinanzierung und “beabsichtige, dies auch in Zukunft zu tun.”

IKI sinkt um 100 Millionen auf 635 Millionen

Bei den anderen Ressorts sieht es nicht viel besser aus: Vor allem traf es hier die Internationale Klima-Initiative (IKI), mit der das Wirtschafts-, Umwelt- und Außenministerium Klimaprojekte im Globalen Süden unterstützen. Diese IKI wurde von 735 Millionen im letzten Haushalt auf nun 635 Millionen gekürzt. Damit bleiben in der Gesamtsumme etwa 4,8 Milliarden statt der geplanten sechs Milliarden.

Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt auch Oxfam-Finanzexperte Jan Kowalzig. Für ihn kommt der aktuelle Haushalt in der Summe auf etwa 4,9 Milliarden für die Klimafinanzierung. In seiner Analyse setzt er an, dass sich in den relevanten Etats keine großen Verschiebungen bei den Verhältnissen von Klima- zu den übrigen Entwicklungsprioritäten ergeben, einige kleinere Beträge fortgesetzt werden und dass die anderen Ministerien jenseits der IKI noch einmal auf etwa 100 Millionen kommen.

“Mit den nun vorgesehenen Kürzungen riskiert die Bundesregierung, ihr international viel beachtetes Versprechen zu brechen. Das dürfte für einige Flurschäden in der internationalen Klimadiplomatie sorgen”, sagt Kowalzig. “Ich gehe selbstverständlich davon aus, dass Bundeskanzler Olaf Scholz mit seiner Regierung weiterhin hinter dem 6-Milliarden-Versprechen steht. Dafür muss nun allerdings der Bundestag in den kommenden Verhandlungen zum Bundeshaushalt 2025 die Kürzungen revidieren.”

AA: Klimaausgaben stabil, humanitäre Hilfe sinkt

Ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums betonte, die IKI sei trotz der Kürzungen um 100 Millionen “für die Folgejahre auf diesem Niveau stabilisiert” worden. Dieser “stabile und weiterhin hohe Ansatz für die IKI zeigt, welche hohe Bedeutung die Bundesregierung dem internationalen Klimaschutz beimisst”. Die aktuelle Ausstattung erlaube die “notwendige Planungssicherheit”.

Das Außenministerium, das die internationalen Klimaverhandlungen führt, hat in seinem ebenfalls vom Rotstift betroffenen Etat die Titel zu internationaler Zusammenarbeit, Klimaschutz, Energie und Umweltschutz unverändert belassen und die Beiträge an die UNO sogar deutlich erhöht. Allerdings wurde der Bereich “humanitäre Hilfe und Krisenprävention” von 2,7 Milliarden auf 1,4 Milliarden zusammengestrichen.

Das deutsche Finanzversprechen wackelt ausgerechnet in einem Jahr, in dem die UN-Staaten auf der COP29 in Baku ein neues Finanzierungsziel (NCQG) für die Zeit ab 2025 beschließen müssen. Dabei gehört Deutschland bislang zu den wichtigsten und zuverlässigsten Zahlern und deshalb zu den lautesten Befürwortern von mehr finanziellem Engagement von den Industriestaaten – aber auch von Schwellenländern wie China, Südkorea, Singapur oder den Ölstaaten. Immerhin bescheinigt der Industrieländerclub OECD den Industriestaaten jetzt offiziell, 2022 die versprochenen 100 Milliarden US-Dollar für Klimahilfen mit 116 Milliarden an die armen Länder zum ersten Mal erreicht und übererfüllt zu haben.

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Wieso die CO₂-Flottengrenzwerte der EU laut Forschern den Pariser Klimazielen widersprechen

Die Forscher gehen davon aus, dass die EU-Gesetzgebung die realen CO₂-Emissionen der Neufahrzeuge insbesondere im Jahr 2030 massiv unterschätzt.

Die Debatte um das Verbrenner-Aus 2035 war im Europawahlkampf ein hart umkämpftes Thema. Auch in der Frage über die Zukunft des Green Deals spielen die CO₂-Flottengrenzwerte, die Autoherstellern Emissionsminderungen vorgeben, eine entscheidende Rolle. Eine Gruppe von Forschern um Thomas Koch, Chef des Instituts für Kolbenmaschinen am Karlsruher Institut für Technologie (KIT), hat nun klare Forderungen für eine Reform der Flottengrenzwerte zu Papier gebracht.

Zwar wird die Rücknahme des Verbrenner-Aus nicht explizit erwähnt, doch Koch gilt als entschiedener Gegner des Verbrennerverbots. Sein Institut spricht sich klar für die Erhaltung der Verbrennertechnologie aus und für den Einsatz von E-Fuels. Er und sein Team fordern eine umfassende Überarbeitung der CO₂-Flottengesetzgebung der EU, da die Klimaziele von Pkw sonst massiv verfehlt würden. Die CO₂-Flottenregulierung der EU sieht vor, dass die Hersteller bis 2035 den durchschnittlichen CO₂-Ausstoß von neuen Pkw mit Zwischenschritten auf null Gramm je gefahrenen Kilometer senken. Andernfalls drohen den Herstellern hohe Strafzahlungen.

Kernaussage von Koch und seinem Team ist, dass die EU-Gesetzgebung die realen CO₂-Emissionen der Neufahrzeuge insbesondere im Jahr 2030 massiv unterschätzt. Die EU-Gesetzgebung sieht vor, dass im Jahr 2030 Neufahrzeuge im Schnitt nicht mehr als 49 Gramm CO₂ je gefahrenen Kilometer ausstoßen dürfen. Die “fehlende physikalische Grundlage der Gesetzgebung” führe zu deutlich höheren realen CO₂-Emissionen im Vergleich zum Emissionsgrenzwert.

Fußabdruck von E-Auto: 157 Gramm CO₂ je Kilometer

Die Gesetzgebung, so die Kritik der Forscher, beziehe nicht alle realen Emissionen von neuen Pkw in die Betrachtung ein, weil ihr eine reine Tank-to-Wheel-Analyse zugrunde liegt. Dafür wird lediglich der CO₂-Ausstoß von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor gewertet, und der CO₂-Ausstoß im Zusammenhang mit der Produktion und dem Betrieb von batterieelektrischen Autos werde komplett ausgeblendet. So verursache ein E-Auto nach einer Laufleistung von 210.000 Kilometern einen CO₂-Ausstoß von 33 Tonnen.

Das entspreche einem Ausstoß von 157 Gramm CO₂ je gefahrenen Kilometer, so Koch. Der Wert von 157 Gramm CO₂ je gefahrenen Kilometer bei einem E-Auto stehe im Widerspruch zur EU-Gesetzgebung, die einen Höchstwert von 49 Gramm im Jahr 2030 festschreibt. Verbrenner hätten bei gleicher Laufleistung nur einen Wert zwischen 90 und 150 gCO2/km. Auch bei einer günstigen Entwicklung des Stromsystems sei ein Elektroauto über Lebenszeit bei der Emissionsbilanz schlechter als ein Verbrenner, so Koch. Dies widerspricht jedoch vorherigen Studien zur Emissionsbilanz über Lebenszeit zwischen E-Autos und Verbrennern.

Die Forscher um Koch stellen zudem fest, dass beim E-Auto nicht der reale Wert des CO₂-Ausstoßes gemäß der Flottengesetzgebung gemessen wird, sondern der Wert von null Gramm CO₂ je gefahrenen Kilometer angenommen wird, da nur Emissionen am Auspuff gemessen werden. Das Urteil der Forscher: “Die Auswirkungen der Gesetzgebung widersprechen damit den Zielen des Pariser Klimaschutzabkommens, die Treibhausgasemissionen wirksam zu reduzieren.” Allerdings erreichen auch Verbrenner nicht die von der Flottenregulierung geforderten Werte.

Zwar heißt es, die Produktion des Antriebsstrangs von E-Autos schlage bei einer Laufleistung von 210.000 Kilometern mit umgerechnet 76 Gramm CO₂ je gefahrenen Kilometer zu Buche. Beim Verbrenner liege dieser Wert bei 38 Gramm CO₂. Allerdings beziehen Koch und sein Team die Entwicklungen durch Erneuerbare im Strommix nicht mit ein. Der durch die EU vorgegebene Erneuerbaren-Anteil 2030 ist maßgeblich, um die Realemissionen von Elektrofahrzeugen zu diesem Zeitpunkt messen zu können. Laut Koch ändere dies an der Emissionsbemessung jedoch nichts Grundlegendes, da die Produktion der Batterien mit fossilen Energien in China entscheidend sei.

2030: Auf einen Verbrenner müssten 1,24 E-Autos kommen

Das Papier legt zudem dar, wie sich der Hochlauf der E-Auto-Technologie laut EU-Flottengesetzgebung bis im Jahr 2030 entwickeln muss, sollte es bei der bisherigen Gesetzgebung bleiben. Demnach müssen EU-weit für jeden neu zugelassenen Verbrenner im Jahr 2030 rechnerisch 1,24 E-Autos zugelassen werden. Im April hatten rein batterieelektrisch betriebene PKW bei den Neuzulassungen in der EU einen Anteil von 11,9 Prozent. Reine Verbrenner hatten einen Anteil von 48,9 Prozent.

Das Papier fordert den EU-Gesetzgeber auf, die CO₂-Flottengesetzgebung zügig zu ändern. Folgende Ziele müsse die Gesetzesnovelle einhalten:

  • Nachhaltigkeit der Antriebsstränge und Einhalten der Pariser Klimaziele
  • Verschärfung der CO₂-Flottengrenzwerte unter Einbezug der tatsächlichen Emissionen
  • Wiedereinführung des Kohlenstoff-Korrektur-Faktors. Dabei würden Emissionen bei Herstellung und Transport der Antriebsenergie stärker berücksichtigt werden.

Ungarn fordert Subventionen für E-Autos

Die ungarische Ratspräsidentschaft will das Verbrenner-Aus nicht rückgängig machen und fordert stattdessen einen attraktiveren und wettbewerbsfähigeren E-Auto-Markt. In einem Diskussionspapier der Ratspräsidentschaft mahnen die Autoren mehr Unterstützung für den europäischen E-Auto-Markt an. Ungarn gilt als Förderer der Elektromobilität, vor allem da chinesische Hersteller in dem Land in Batteriefabriken und Produktionsstätten investieren wollen.

Darin fordern sie:

  • weiteren Ausbau der Ladeinfrastruktur durch Stärkung der AFIR (Alternative Fuel Infrastructure Regulation)
  • EU-Förderprogramm in Höhe von insgesamt 30 Milliarden Euro bis 2035 für öffentliche Ladestationen für Pkw, Lkw, Busse und Reisebusse sowie für den Netzausbau
  • Vereinfachte und flexiblere Genehmigungsverfahren, um den Ausbau des Stromnetzes zu beschleunigen
  • Staatliche Subventionen in Höhe von 4.500 Euro pro batteriebetriebenen E-Auto, finanziert durch 50 Milliarden aus dem mehrjährigen Finanzrahmen sowie über Einnahmen aus dem Emissionshandel
  • spezifische Subventionen zur Förderung eines Gebrauchtmarktes von E-Autos
  • europäisches Flottenerneuerungsprogramm für gewerbliche Fahrzeuge, insbesondere Lkw und Busse
  • Recycling-Verpflichtung für Altbatterien
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US-Wahlkampf: Donald Trump setzt voll auf Fossile

Ex-Präsident Trump plant “Energiedominanz” der USA durch Deregulierung im Energiesektor.

Donald Trump und die US-Republikaner gehen mit einer radikal rechten Agenda in die heiße Phase des US-Wahlkampfs. Das gilt nicht nur für Themen wie Migration und innere Sicherheit, sondern auch für Klimaschutz und Transformation der Wirtschaft. Das zeigt ein Blick in das Wahlprogramm. Dessen Verabschiedung auf dem Parteitag in Milwaukee war reine Formsache.

Ausbeutung fossiler Energieträger hochfahren

Kernpunkte des Papiers: Die Ausbeutung fossiler Energieträger soll massiv ausgeweitet und die Dekarbonisierung der Industrie zurückgefahren werden. Eine weitreichende Deregulierung im Umwelt- und Energiesektor soll dafür den Weg ebnen – inklusive der Entmachtung der zuständigen US-Bundesbehörden. Inhalt und Duktus lassen keinen Zweifel daran, dass das Programm direkt aus dem Kampagnenbüro von Trump stammt.

Schon die Präambel macht deutlich, worum es geht. Fossile Energieträger sollen als Dreh- und Angelpunkt der amerikanischen Wirtschaft rehabilitiert werden. “We will drill, baby, drill”, heißt es dort in klassischer Trump-Manier.

Dieses Potenzial soll genutzt werden, damit die USA der größte Produzent von Erdöl und Erdgas weltweit bleiben. So soll nicht nur die globale Führungsrolle des Landes gesichert und die Zukunft aus einer Position der Stärke heraus gestaltet werden – etwa, wenn es darum geht, wieder zur “industriellen Supermacht” aufzusteigen. Billige Energie soll außerdem die Inflation senken und damit Abstiegsängsten in der Bevölkerung entgegenwirken.

Abbau der Regulierung, Entmachtung von Behörden

Dazu sei es aber notwendig, die “lähmenden Restriktionen für die amerikanische Energieproduktion” zu beseitigen, so das Wahlprogramm. Entsprechende Regulierungen müssten aufgehoben und der “Socialist Green New Deal” beendet werden. Gemeint, wenn auch nicht explizit erwähnt, ist damit auch der Inflation Reduction Act (IRA). Neben weiteren Maßnahmen der Biden-Administration soll er mit rund 370 Milliarden US-Dollar die Dekarbonisierung des Landes und den sozial-ökologischen Umbau der US-Industrie vorantreiben.

Auch wenn Trump und das republikanische Lager aber Stimmung gegen den IRA machen, ist eine komplette Rückabwicklung kaum vorstellbar. Viele republikanisch regierte Staaten profitieren stärker von neuen Investitionen im Zuge der Förderung durch den Inflation Reduction Act als demokratisch geführte Staaten. Da die Gelder zu großen Teilen schon zugewiesen sind, bräuchte es eine Entscheidung des US-Kongresses, um die Steuererleichterungen für saubere Energien, Elektrofahrzeuge und effiziente Geräte rückgängig zu machen. Die wenigsten Bundesstaaten dürften dem zustimmen.

Einen größeren Effekt für die US-Klimapolitik dürfte die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs der USA zur sogenannten Chevron-Doktrin aus dem frühen Sommer haben. Der Gerichtshof schränkte die Zuständigkeit von Behörden wie der US-Umweltbehörde (EPA) ein, Gesetze und Regeln im Bereich der Klima- und Umweltpolitik auszulegen und Vorschriften beispielsweise zu Emissionsgrenzwerten zu erlassen. Dadurch verlieren die Behörden einen wichtigen Teil ihrer Regulierungsmacht. Experten und Umweltschützer fürchten, dass nach dem Urteil viele andere wichtige Streitfälle zur US-Klimapolitik so entschieden werden, dass sie die staatliche Regulierung in diesem Bereich schwächen. Das Gericht könnte damit Angriffe auf die Klimapolitik in einer möglichen zweiten Amtszeit von Donald Trump als US-Präsident erleichtern.

Trump lässt sich von Öl- und Gasindustrie finanzieren

Obwohl die Öl- und Gasförderung unter der Biden-Administration einen neuen Höchststand erreicht hat, machen die fossilen Energiekonzerne zunehmend Front gegen eine Politik, die ihre zukünftigen Profitinteressen zu gefährden droht. Die republikanisch regierten Bundesstaaten haben dies ausnahmslos aufgegriffen und Gesetze und Verordnungen erlassen, um bestehende Klimaschutz- und ESG-Standards abzusenken.

Da erscheint es nur folgerichtig, dass sich Donald Trump nach Recherchen der Washington Post im April dieses Jahres mit einflussreichen Vertretern der Öl- und Gasbranche in seinem Club Mar-a-Lago traf und ihnen einen Deal vorschlug. Wenn sie eine Milliarde US-Dollar zu seiner Wiederwahl beisteuerten, würde er ihnen im Gegenzug das Geschäft erleichtern. “Sie haben fünf Jahre lang auf eine Genehmigung gewartet, jetzt bekommen Sie sie am ersten Tag”, erinnert sich ein Anwesender laut Washington Post an Trumps Angebot.

Auch die jüngste Ernennung von James David Vance als Kandidat für die US-Vizepräsidentschaft zeigt, in welche Richtung Trumps Energie- und Klimapolitik geht. Der Republikaner aus Ohio hatte im Jahr 2020 zwar noch vor den Folgen des Klimawandels gewarnt, doch mittlerweile zweifelt er den menschengemachten Klimawandel an, unterstützt die Öl- und Gasindustrie und macht Stimmung gegen erneuerbare Energien und E-Autos. Zwar hätte Vance als Vizepräsident wenig direkte Macht, aber sollte der 78-jährige Donald Trump während einer neuen Präsidentschaft sterben, würde Vance als Präsident aufrücken. Und als Vize hätte er eine gute Ausgangsposition für eine Kandidatur um die nächste Präsidentschaft 2028.

Nobelpreisträger warnen vor Trumps Wirtschaftspolitik

In einem gemeinsamen Brief haben sich vor wenigen Wochen 16 Wirtschaftsnobelpreisträger an die Öffentlichkeit gewandt und vor einer Wiederwahl Trumps gewarnt, darunter Claudia Goldin, Robert B. Wilson und Joseph E. Stiglitz.

Biden habe als Präsident “wichtige Investitionen in die US-Wirtschaft beschlossen, unter anderem in die Infrastruktur, die heimische Produktion und den Klimaschutz”. Zusammen würden diese Maßnahmen die Produktivität und das Wirtschaftswachstum steigern, den Inflationsdruck verringern und den Übergang zu erneuerbaren Energien erleichtern, heißt es in dem Brief.

Im Falle einer zweiten Amtszeit Trumps befürchten sie hingegen “negative Auswirkungen auf das wirtschaftliche Ansehen der USA in der Welt und eine destabilisierende Wirkung auf die amerikanische Binnenwirtschaft”. Sollte er seine Agenda erfolgreich umsetzen, würde dies die Inflation erhöhen, so die Nobelpreisträger. Mitarbeit: Nico Beckert

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Termine

19. Juli, 14 Uhr, München
Diskussion Lateinamerikas (neues) Ringen um Ökologie und Autonomie
Lateinamerika befindet sich in sozial-ökologischer Hinsicht an einem Wendepunkt. Einerseits gehen globale Dekarbonisierungs- und Digitalisierungsbestrebungen mit einem wachsenden Bedarf an energierelevanten Rohstoffen wie Lithium, Kupfer und grünem Wasserstoff einher. Welche Herausforderungen und Perspektiven ergeben sich daraus für den Dialog zwischen Wissenschaft, Wirtschaft und Politik? Darüber wird auf dem Event der Heinrich-Böll-Stiftung diskutiert.  Infos

19. Juli, 19 Uhr, Hamburg
Preisverleihung Verleihung Deutscher Preis für Klimajournalismus
Das Netzwerk Klimajournalismus Deutschland und das Netzwerk Recherche vergeben erstmals einen Preis für herausragende Klimaberichterstattung.  Infos

21. Juli, München
Klima.Dult Aktionstag
Die Klima.Dult ist ein Aktionstag im Münchner Westend. Mit im Programm sind unter anderem kostenlose Fahrrad-Checks, verschiedene DIY-Workshops, Energieberatungen und viele Rätsel- und Mitmach-Angebote für Kinder. Infos

22. und 23. Juli, Wuhan, China
Ministertreffen Ministerial on Climate Action (MoCA)
Das regelmäßige Treffen von EU, Kanada und China findet dieses Jahr in Wuhan statt.

22. bis 26. Juli, Rom
Sitzung 27th Session of the FAO Committee on Forestry
Bei den alle zwei Jahre stattfindenden Sitzungen der COFO kommen hochrangige Vertreter, Leiter von Forstdiensten, Regierungsbeamte und Partnerorganisationen zusammen, um neue politische und technische Leitlinien zu ermitteln, nach Lösungen zu suchen und über künftige Strategien und Maßnahmen zu beraten. Infos

23. Juli, 18.30 Uhr, Karlsruhe
Workshop Green Software Development Karlsruhe: Klimabewusste Websites für ein nachhaltigeres Netz
Klimabewusste Websites punkten vierfach: Sie haben einen geringen ökologischen Fußabdruck, sind barrierearm, sozialer und schneller. Die Bluehands GmbH und Co.mmunication KG veranstalten diesen Workshop dazu. Infos

24. Juli, 10 Uhr, Online
Fortbildung Yes we can – Wege in eine ressourcenschonende Baubranche
Die Deutsche Energieagentur (DENA) richtet dieses Webinar aus, das die Baubranche im Bereich ressourcenschonendes Bauen weiterbilden soll.  Infos

24. Juli, 17 Uhr, Online
Webinar Doubling Energy Efficiency Policy Tools for Latin America
Auf dem Webinar der International Energy Agency (IEA) wird darüber diskutiert, welche politischen Instrumente in Lateinamerika zu einer Zunahme von Energieeffizienz führen können. Infos

News

Klima in Zahlen: SUVs verursachen mehr Emissionen als Deutschland

Der SUV-Boom der letzten Jahre hält unvermindert an und hat nennenswerte Klimaauswirkungen. “Wären SUVs ein Land, wären sie der fünftgrößte CO₂-Emittent der Welt“, hat die Internationale Energieagentur (IEA) ausgerechnet. Im Jahr 2023 gab es mehr als 360 Millionen der großen Autos auf den Straßen dieser Welt. Sie waren demnach für eine Milliarde Tonnen CO₂-Emissionen verantwortlich – 100 Millionen Tonnen mehr als noch im Jahr 2022. Verglichen mit einem “durchschnittlichen mittelgroßen Auto” verursache ein SUV 20 Prozent mehr CO₂-Emissionen. “Der Trend zu schwereren und weniger effizienten Fahrzeugen wie SUVs hat die Verbesserungen beim Energieverbrauch und den Emissionen, die in den letzten Jahrzehnten in der weltweiten Pkw-Flotte erzielt wurden, weitgehend zunichtegemacht”, schreibt die IEA. nib

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DUH verklagt Bundesregierung wegen verspäteter Klima-Berichterstattung

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat zum 1. Juli vor dem Verwaltungsgericht Berlin eine weitere Klimaklage gegen die Bundesregierung eingereicht, weil diese ihren zum 30. Juni fälligen Klimaschutzbericht noch nicht vorgelegt hat – aus Sicht der DUH ein “essenzielles Kontrollinstrument des Klimaschutzgesetzes”. Der Bericht werde “jedes Jahr verspätet vorgelegt. Damit ist keine Steuerung mehr zu erreichen“, sagte Rechtsanwalt Remo Klinger, der die DUH in der Sache vertritt, auf einer Pressekonferenz am Dienstag.

Paragraph 10 des Klimaschutzgesetzes verpflichtet die Regierung, dem Bundestag jährlich zum 30. Juni über die Entwicklung der Treibhausgasemissionen im Vorjahr, den Stand der Klimapolitik und den daraus resultierenden erwarteten Emissionsminderungen zu berichten. Auch in der Neufassung des Gesetzes bleibt diese Berichtspflicht grundsätzlich bestehen. Seit 2024 muss der Bericht außerdem über den Stand und die Entwicklung der CO₂-Bepreisung in der EU Auskunft geben.

Der Klimaschutzbericht 2023, der sich auf die Entwicklung des Jahres 2022 bezieht, wurde erst Anfang Juni 2024 veröffentlicht. Eine Sprecherin des zuständigen Bundeswirtschaftsministeriums begründete das auf Anfrage von Table.Briefings damit, dass “die Projektionsdaten, auf die der Bericht aufbaut, erst im Herbst vorlagen”. Dann seien die Klimaschutzprogramme beschlossen worden, und das Urteil des Bundesverfassungsgerichts habe berücksichtigt werden müssen – deshalb sei der Bericht erst im Frühjahr 2024 fertig gewesen. Der 2024er Bericht stehe “kurz vor der Ressortabstimmung und soll nach der Sommerpause in das Kabinett”.

Der Anwalt Klinger sprach von einer “systematischen Verletzung” des Klimaschutzgesetzes, die der Bundesregierung zuzuschreiben sei. Das Gesetz existiere erst seit wenigen Jahren, und “praktisch jede” seiner materiellen Vorgaben sei bereits verletzt worden. Das sei “ein Novum in der Rechtsgeschichte”. Die Bundesregierung sei dafür verantwortlich, dass das Gesetz eingehalten werde. “Entweder ist es ihr egal, oder ihr fehlt der politische Wille.” Die Klage vor dem Verwaltungsgericht (hier die Klageschrift als Pdf) läuft unabhängig von den Verfassungsbeschwerden gegen die am Mittwoch in Kraft getretene Novelle des Klimaschutzgesetzes. ae

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Rekordrückgang der ETS-Emissionen in Deutschland

2023 emittierten die vom Europäischen Emissionshandelssystem (ETS) erfassten 1.725 Anlagen in Deutschland rund 289 Millionen Tonnen Kohlendioxid-Äquivalente (CO₂-Äq). Das entspricht laut den Daten des Umweltbundesamtes (UBA) einer Minderung von etwa 18 Prozent gegenüber dem Vorjahr – ein Rekordrückgang seit Einführung des ETS im Jahr 2005.

Das ETS umfasst Emissionen der energieintensiven Industrie, der Energiewirtschaft und des innereuropäischen Luftverkehrs. Die Emissionen der Energieanlagen sanken laut UBA um 22 Prozent auf 188 Millionen Tonnen CO₂-Äq und damit auf das niedrigste je gemessene Niveau. Dies sei vor allem auf die gesunkene Energienachfrage aus Wirtschaft und privaten Haushalten, einen gestiegenen Erneuerbaren-Anteil und dem damit verbundenen Rückgang der fossilen Energien zurückzuführen.

In den Industriesektoren gingen die Emissionen um 10 Prozent auf 101 Millionen Tonnen CO₂-Äq und damit auf das niedrigste Niveau seit 2013 zurück. Konjunkturell bedingte Produktionsrückgänge in allen Branchen, insbesondere aufgrund der Auswirkungen des Angriffskriegs Russlands auf die Ukraine, seien laut UBA der Grund.

Die Emissionen des Luftverkehrs in Deutschland haben dagegen im Vergleich zum Vorjahr leicht zugenommen. Sie lagen 2023 bei etwa 7,6 Millionen Tonnen CO₂-Äq, ein Anstieg um ungefähr 4,5 Prozent. luk

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Waldbrände: In welchen Regionen es aktuell besonders stark brennt

Schwere Waldbrände in Russland, auch innerhalb des nördlichen Polarkreises, sorgen aktuell für hohe CO₂-Emissionen. Besonders hoch sind die Emissionen in der russischen Region Amur Oblast. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Analyse des EU-Erdbeobachtungsprogramms Copernicus. Durch überdurchschnittlich hohe Temperaturen und wenig Niederschläge breiten sich die Feuer schnell aus. Einige russische Regionen hatten darum bereits vor einigen Woche den Ausnahmezustand ausgerufen.

Eine weitere Analyse von Copernicus betont, dass die zunehmenden Feuer in Sibirien ein Warnsignal seien, dass sich die Region einem “gefährlichen Kipppunkt” nähere. Als direkte Konsequenz der Brände leiden einige Regionen wie Teile von China, die Mongolei und Japan aktuell unter schlechter Luftqualität.

Auch in Kanada und Alaska gibt es demnach aktuell große Feuer. In Kanada sind die Waldbrände aber deutlich weniger schlimm als im vergangenen Jahr – damals war es durch Brände zu Rekordemissionen gekommen. Die Forschenden von Copernicus gehen davon aus, dass es in den kommenden Sommermonaten noch zu weiteren verheerenden Waldbränden kommt. kul

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Wasserstoff in der Industrie: EU-Rechnungshof fordert Strategie

Die Europäische Rechnungshof glaubt laut einem neuen Bericht nicht daran, dass die EU bis 2030 so viel Wasserstoff produzieren und importieren kann wie angestrebt. Die Prüfer fordern die Kommission außerdem auf, ihre Wasserstoffstrategie zu aktualisieren und dabei Prioritäten zu setzen. “Welche Industriezweige sollen – vor dem Hintergrund der geopolitischen Bedeutung der heimischen Produktion gegenüber dem Import aus Drittländern – in der EU gehalten werden und zu welchem Preis?”, lautet eine der drei Leitfragen, auf die die Kommission eine Antwort finden solle.

Für Industriegüter wie Stahl, Chemikalien und Düngemittel lassen sich wasserstoffintensive Vorprodukte oft billiger importieren. Rechnungshof-Mitglied Stef Blok warnt aber auch: “Die EU sollte über den strategischen Weg zur CO₂-Neutralität entscheiden, ohne die Wettbewerbssituation ihrer Schlüsselindustrien zu beeinträchtigen oder neue strategische Abhängigkeiten zu schaffen.”

Ziele von REPowerEU werden verfehlt

Die Prüfer fordern außerdem, die Ziele für Erzeugung und Import einem Realitätscheck zu unterziehen. In REPowerEU hatte die Kommission nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine das EU-Ziel ausgegeben, bis 2030 jeweils 10 Millionen Tonnen Wasserstoff zu produzieren und zu importieren. Diese Vorgaben werden laut den Prüfern voraussichtlich nicht erreicht.

Ob deshalb auch die Sektorziele für den Einsatz von grünem Wasserstoff im Verkehr und der Industrie aus der Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED III) gesenkt werden sollen, bleibt in dem Bericht unklar. Die durch politische Maßnahmen angereizte Nachfrage bis 2030 schätzen die Prüfer auf lediglich 3,8 bis 10,5 Mt – weit weniger als die REPowerEU-Vorgabe, das Angebot auf 20 Mt zu steigern. ber

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Starkregen: China versetzt 15 Provinzen in Alarmbereitschaft

China wird weiterhin von heftigen Starkregenereignissen heimgesucht. Die tödlichen Regenfälle, die den Süden verwüstet haben, sind nach Norden gezogen und haben nun auch die zuvor von der Dürre heimgesuchte zentrale Provinz Henan sowie die nördliche Provinz Hubei getroffen. Am Sonntag kamen etwa in der Stadt Suizhou in Hubei vier Menschen ums Leben, als ihr Auto von den Fluten in einen Fluss gespült wurde. Weite Teile der Getreideprovinz Henan, die zwischen April und Juni noch von einer Dürre heimgesucht worden war, wurden am Dienstag durch einen “extrem starken Regenguss” überschwemmt, berichtete die South China Morning Post. Peking habe 15 Provinzen in höchste Alarmbereitschaft versetzt. Die Gefahr schwerer Überschwemmungen steige.

Das Land steht am Beginn der jährlichen Hauptniederschlagszeit des Jahres. Die Behörden hatten kürzlich angesichts verheerender Regenfälle in der südwestchinesischen Yangtse-Metropole Chongqing mit mehreren Todesopfern bereits den flussabwärts gelegenen Drei-Schluchten-Staudamm in höchste Alarmbereitschaft versetzt. Schon Ende vergangener Woche war der Wasserstand des Stausees hinter dem Damm nach Angaben des Ministeriums für Wasserressourcen auf eine Höhe von 161 Meter angestiegen, so hoch wie noch nie in einem Juli.

Durch neun Hochwasserabflusstore im Drei-Schluchten-Damm wurde bereits kontrolliert Wasser aus dem Stausee abgelassen, um darin mehr Kapazität für ankommende Hochwasser aus dem Oberlauf zu haben. Furcht vor einem Bersten des gewaltigen Dammes begleiten das Projekt seit seiner Planung. Es ist bereits das zweite Hochwasser am Yangtse in diesem Jahr. ck

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Standpunkt

Der Green Deal sichert Europas Zukunft

Von Marc Weissgerber
Marc Weissgerber ist Geschäftsführer des Thinktanks E3G in Berlin.

Europa befindet sich an einem Scheideweg. Angesichts einer sich rapide wandelnden globalen Ordnung, einer technologischen Revolution und der Klimakrise sind entschlossene Maßnahmen nötig. Die Gesetzgeber in ganz Europa müssen an der Verbesserung der Sicherheit und Lebensqualität der Menschen arbeiten. Dies kann nur durch gesteigerte Anstrengungen im Klimaschutz und die Einbettung von Klimapolitik in den weiteren Kontext von Industriepolitik, Handel, Sicherheitspolitik und Außenpolitik gelingen.

Die Wahlen zum Europäischen Parlament haben gezeigt, dass neben dem Klima die Lebenshaltungskosten, internationale Konflikte und Migration die Hauptanliegen der Bürger sind. Vor diesem Hintergrund kommen die neu gewählten Mitglieder des Europäischen Parlaments diese Woche erstmals in Straßburg zusammen und werden unter anderem darüber entscheiden, ob sie Ursula von der Leyen und ihre politischen Prioritäten unterstützen.

Angesichts der Sorgen der Europäer muss der Klimaschutz oberste Priorität haben – dies ist auch ökonomisch geboten. Betrachten wir die Energiekosten: Von 2021 bis 2023 sparten europäische Verbraucher durch den Ausbau erneuerbarer Energien 100 Milliarden Euro. Dennoch bleibt die EU-Wirtschaft laut Internationaler Energieagentur der Preisvolatilität fossiler Brennstoffe zu sehr ausgesetzt. Nur eine dekarbonisierte Energieversorgung wird die Energiepreise weiter senken und stabilisieren können.

Internationale Partnerschaften aufbauen

Die Gesetzgeber müssen die zunehmenden Klimaauswirkungen klar im Blick haben und die Resilienz unserer Gesellschaft verbessern. Extreme Wetterereignisse beeinträchtigen bereits jetzt Infrastruktur, Landwirtschaft und Gesundheit. Die Hitzewelle 2022 führte zu wirtschaftlichen Schäden von 40 Milliarden Euro und mehr als 60.000 hitzebedingten Todesfällen, wobei der größte Anteil auf Italien, Spanien, Deutschland und Frankreich entfiel.

Um Europa zu schützen, reicht eine ambitionierte Verteidigungspolitik allein nicht aus. Ohne aktive Unterstützung des globalen Klimakampfes wird die EU ein kleiner Block sein, der in einer sich erhitzenden Welt in einem zunehmend fragilen geopolitischen und geoökonomischen Umfeld um Ressourcen konkurriert. Die EU muss das Klima in ihre Strategie einbeziehen und internationale Partnerschaften aufbauen. Aber Umfragen von Money Talks zeigen, dass das Vertrauen von Schwellenländern und führenden afrikanischen Ländern in europäische Investoren geringer ist als in Investoren aus den USA, Kanada, dem Vereinigten Königreich, Japan und den Vereinigten Arabischen Emiraten.

Zusammenarbeit bei der Wiederbelebung einer europäischen Industriepolitik ist unerlässlich. Laut dem European Climate Risk Assessment der Europäischen Umweltagentur sind die südeuropäischen Länder vom Klimawandel deutlich stärker betroffen als der Norden. Zur ökonomischen Kluft in der EU gesellt sich also die Kluft der Klimafolgen. Dabei ergeben sich etwa für die Küsten- und südlichen Regionen auch neue Wirtschaftspotenziale, wenn sie sich zu Drehscheiben für die Wasserstoffproduktion entwickeln.

Grüne Industrie-Revolution vorantreiben

Es wird erwartet, dass die europäische Wettbewerbsfähigkeit, Verteidigung, der Binnenmarkt und die multilaterale Rechtsordnung im Programm von Ursula von der Leyen Prioritäten sein werden. Doch was ist mit dem Europäischen Green Deal? Das gesamtwirtschaftliche Projekt der EU zur Klimaneutralität hat die COVID-Pandemie und Russlands Angriff auf die Ukraine überlebt, ist jedoch nach der Europawahl ins Hintertreffen geraten. Aber nur ein erneuerter Green Deal wird die EU zukunftsfähig machen!

Deutschland als größter EU-Mitgliedstaat und wichtiges Industrieland ist in einer starken Position, um die Debatten um eine “grüne Industrie-Revolution” in der EU voranzutreiben, unterstützt durch eine offene und faire Handelspolitik. Deutschland ist, oft unbemerkt, ein wichtiger GreenTech-Produzent und Exporteur: Der Anteil von “GreenTech made in Germany” übersteigt den Anteil Deutschlands an der globalen Wirtschaftsleistung um ein Vielfaches.

Der europäische Green Deal braucht aber auch eine soziale Ausrichtung: Nur wenn wir uns auf ein soziales Europa konzentrieren, das die Bürger vor den Auswirkungen des Klimawandels schützt, wir eine wirklich grüne europäische Industriepolitik betreiben und eine ambitionierte Außenpolitik verfolgen, erhält die Transformation zur klimaneutralen Wirtschaft die erforderliche Unterstützung. 

Laut Umfragen zur Europawahl erwarten mehr als 8 von 10 Europäern, dass mehr für den Klimaschutz getan wird. Wird die EU diese Erwartungen erfüllen?

Marc Weissgerber ist Geschäftsführer des Thinktanks E3G in Berlin.

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Heads

Laurence Tubiana: Klima-Champion als französische Premierministerin im Gespräch

Laurence Tubiana
Laurence Tubiana auf einem G20-Event in Washington.

Als neue Premierministerin von Frankreich ist eine Frau im Gespräch, die in der internationalen Klimaszene alle wichtigen Personen kennt – und mit der die meisten wichtigen Akteure schon einmal zu tun hatten: Laurence Tubiana, Chefin der European Climate Foundation (ECF) und eine der Architektinnen des Pariser Klimaabkommens von 2015. Die Französin ist extrem gut vernetzt, nicht nur in der Klimaszene, sondern auch in der europäischen und französischen Politik. Sie verbindet wissenschaftliche Expertise mit politischem Gespür und einer charmanten Art. Und sie gilt als jemand mit einem kurzen Draht in den Élysée-Palast und zu Emmanuel Macron.

Genau das ist derzeit aber auch ein Hindernis für einen möglichen Weg zur Premierministerin: Während sich die Sozialistische Partei, die Grünen und die Kommunistische Partei auf Tubiana als Kandidatin für das Amt der Premierministerin geeinigt haben, kritisiert die radikale Linke von “La France Insoumise” (LFI), Tubiana sei zu nah am Lager von Macron. So bezeichnete der LFI-Vorsitzende Manuel Bompard die Idee, sie für das Amt der Premierministerin vorzuschlagen, als “nicht seriös”, da dies “die Macronisten durch das Fenster hereinholen” würde. Tubiana hat den Ministerinnenposten für die ökologische Wende unter Macron zuvor bereits zweimal abgelehnt. Im Linksbündnis Nouveau Front Populaire (NFP), das die Parlamentswahlen gewonnen hat, ist LFI der stärkste Teil. Die Kritik der Linkspartei an Tubiana führt im NFP jetzt zu großen Spannungen.

Architektin des Pariser Abkommens

Tubiana wurde in Oran im heutigen Algerien geboren und kam als Kind nach Paris. Sie studierte an der Eliteschule ScienesPo, ist promovierte Wirtschaftswissenschaftlerin und Diplomatin, in der Klimaszene bekannt als Architektin des Pariser Abkommens aus dem Jahr 2015. In Frankreich sind Tubianas Verhandlungsgeschick und ihre Expertise über Klimafragen hinaus bekannt. Lola Vallejo, Sonderberaterin für Klimafragen am Institut für nachhaltige Entwicklung und internationale Beziehungen (IDDRI) – dessen Chefin Tubiana bis 2015 war -, betont Tubianas Kenntnisse zu wirtschaftlichen, industriellen, finanziellen, landwirtschaftlichen und sozialen Fragen. “Sie kann sich in sehr unterschiedlichen Kreisen bewegen, von Diplomaten über politische Vertreter und Industriebosse bis hin zu NGOs”, so Vallejo.

Auch als Chefin der ECF hat Tubiana sich vor den Europawahlen für eine Stärkung von Sozialstaat und demokratischen Rechten engagiert. Sie forderte, Maßnahmen zum Klimaschutz müssten die konkrete Lebenssituation der Menschen verbessern. Nur so könne man Soziales und Klimaschutz zusammenführen und Protestbewegungen wie den in Frankreich mächtigen “gelben Westen” begegnen.

Während der COP21 arbeitete Tubiana zusammen mit der UNFCCC-Chefin Christiana Figueres erfolgreich hinter den Kulissen als Architektin des Pariser Abkommens. Kein COP-Plenum, kein bilaterales Treffen des damaligen französischen Außenministers Laurent Fabius ohne seine Botschafterin für Klimaverhandlungen. Wegen eines schweren Sturzes von einem Reitpferd trug sie bei der Konferenz nur Turnschuhe – jeden Tag in einer anderen Farbe. bpo/cst

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Dessert

Effekt der Erdrotation: Sternenspuren, durch Langzeit- und Mehrfachbelichtung sichtbar gemacht.

Aus der exakten Schweiz kommt diese Woche eine Forschungsnachricht, die uns innehalten ließ: Durch den Klimawandel verlangsamt sich die Rotationsgeschwindigkeit der Erde. Dadurch erhöht sich die Tageslänge von derzeit rund 86.400 Sekunden um einige Millisekunden. Zum Vergleich: Ein Wimpernschlag währt etwa 100 Millisekunden. Es handelt sich also um einen bescheidenen Zeitgewinn. Aufs Jahr gerechnet kommen aber schon ein paar Momente zusammen, in denen man zum Beispiel nicht erledigte Aufgaben angehen oder einfach mal die Augen schließen kann. Noch besser wäre, etwas für den Klimaschutz zu tun.

Denn Klimawandel und Erderwärmung haben einen größeren Einfluss auf die Drehgeschwindigkeit der Erde als die Wirkung des Mondes, der seit Milliarden von Jahren die Zunahme der Tageslänge bestimmt. Der vom Team der ETH Zürich in PNAS und Nature Geoscience dargelegte Mechanismus: Durch den Klimawandel schmelzen die Eismassen in Grönland und der Antarktis. Das Wasser aus den Polgegenden fließt in die globalen Ozeane und vor allem auch in den Äquatorbereich. Das bewirkt eine Massenverlagerung, und diese wirkt sich auf die Erdrotation aus.

Wichtig auch für das Navigieren im Weltall

“Man kann sich das so vorstellen, wie wenn eine Eiskunstläuferin bei einer Pirouette die Arme zuerst am Körper hält und dann ausstreckt”, erläutert Benedikt Soja, Professor für Weltraumgeodäsie am Departement Bau, Umwelt und Geomatik der ETH Zürich. “Die anfänglich schnelle Drehung wird dadurch langsamer, weil die Massen sich von der Drehachse entfernen und die physikalische Trägheit zunimmt.”

Ähnlich bildhaft erklärt Soja auch mögliche Anwendungen der Erkenntnisse, etwa bei der Navigation im Weltraum. Die sich verändernde Erdrotation sei zu berücksichtigen, wenn beispielsweise eine Raumsonde auf einem anderen Planeten landen will, sagt Soja. Denn eine Abweichung von nur einem Zentimeter auf der Erde könne über die riesigen Distanzen zu einer Abweichung von Hunderten von Metern anwachsen. “Die Landung in einem bestimmten Krater auf dem Mars würde dann nicht klappen.” abg

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Climate.Table Redaktion

CLIMATE.TABLE REDAKTION

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    Liebe Leserin, lieber Leser,

    die Bundesregierung sendet mit ihrem neuen Haushalt keine guten Klimasignale in die Welt. In der neuen Budgetplanung fehlt rund eine Milliarde Euro für die internationale Klimafinanzierung, wie Bernhard Pötter analysiert. Die Sechs-Milliarden-Zusage von Kanzler Scholz ist damit stark gefährdet – für die Finanzverhandlungen auf der COP29 ist das ein schlechtes Vorzeichen. Außerdem hat die Bundesregierung ihre Klima-Berichterstattung nicht pünktlich vorgelegt. Und da klagt natürlich die Deutsche Umwelthilfe. Einen kleinen Hoffnungsschimmer gibt aber auch: Bei den deutschen Emissionen im Emissionshandel verzeichnet das Umweltbundesamt einen Rekordrückgang von 18 Prozent.

    Der Wahlkampf in den USA kommt langsam in die richtig heiße Phase. Carsten Hübner hat sich das Wahlprogramm der Republikaner genauer angeschaut: Die Trump-Partei setzt voll auf fossile Rohstoffe und will Regulierungen noch weiter zurückschrauben. Ökonomen warnen vor Trump und seinem Programm.

    Auch auf dem europäischen Klimaparkett tut sich einiges: Klima-Champion Laurence Tubiana wird als Premierministerin von Frankreich gehandelt und eine neue Studie zu Flottengrenzwerten heizt die Diskussion um das Verbrenner-Aus weiter an, wie Lukas Scheid und Markus Grabitz berichten.

    Wir behalten für Sie auch in der Hitze einen kühlen Kopf und den Überblick!

    Ihre
    Lisa Kuner
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    Analyse

    Sparhaushalt: So bricht Deutschland sein Versprechen zur Klimafinanzierung

    Außenministerin Annalena Baerbock und Bundeskanzler Olaf Scholz beim Petersberger Klimadialog 2024: “Auf Deutschland ist Verlass”.

    Mit dem Entwurf für den Bundeshaushalt 2025, der am Mittwoch im Kabinett verabschiedet wurde, verfehlt Deutschland sein selbstgestecktes Ziel in der Finanzierung des globalen Klimaschutzes. Statt der versprochenen sechs Milliarden Euro aus öffentlichen Mitteln ab 2025 kommt der aktuelle Etat nur auf eine Summe von etwa fünf Milliarden Euro. Das geht aus ersten Analysen des Haushalts hervor.

    Die Regierung hat nach eigenen Berechnungen bereits 2022 die sechs Milliarden Euro mit 6,39 Milliarden erreicht und übertroffen. Für die Zeit danach gibt es noch keine offiziellen Daten, weil diese erst im Rückblick erhoben werden. Seit der Etat aber nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts Ende 2023 unter extremem Spardruck steht, gab es Befürchtungen, das Ziel könne für 2025 nicht gehalten werden. Bundeskanzler Olaf Scholz hatte dagegen beim Petersberger Klimadialog gesagt, bei der Finanzierung sei “auch auf Deutschland Verlass“.

    Erste Analyse: Lücke von etwa einer Milliarde Euro

    Die Erhebung der genauen “Klimafinanzierung” ist schwierig, denn sie hat keinen klaren Haushaltstitel. Sie hängt von vielen Faktoren ab: Welche Projekte haben (auch) einen Klimabezug? Werden nur Barmittel oder auch Verpflichtungsermächtigungen (VE) gezählt, die in den nächsten Jahren wirksam werden? Mit welchen Ländern geht Deutschland in einem bestimmten Jahr welche Projekte der Entwicklungszusammenarbeit an?  

    Dennoch lässt sich bei aller Vorsicht sagen: Die Lücke von einer knappen Milliarde Euro stammt vor allem aus den Kürzungen im Haushalt des Entwicklungsministeriums BMZ. Dort ist der Etat auf 10,3 Milliarden geschrumpft, gegenüber dem Höchststand von 13,4 Milliarden im Jahr 2022. Damals wurden im BMZ für die Klimafinanzierung etwa 5,5 Milliarden aufgebracht. Da das BMZ etwa 86 Prozent der Klimafinanzierung ausmacht, schlagen die Kürzungen stark durch. Wenn diese Lücke nicht von anderen Ressorts gefüllt wird (wofür es keine Anzeichen gibt) und nicht im BMZ-Haushalt massiv umgeschichtet wird (was auch nicht geplant ist), landet der BMZ-Klima-Anteil im Haushalt 2025 jetzt bei etwa 4,2 Milliarden.

    BMZ: Zu früh für Prognosen

    So sank der Titel “multilaterale Hilfen zum Klimaschutz” von 850 auf 751 Millionen Euro. Das Ministerium will durch “finanzielle Zusammenarbeit” die Empfänger bei der Verfolgung eigener Ziele unterstützten, heißt es im Haus. Offiziell erklärte ein Sprecher gegenüber Table.Briefings: “Es ist zu früh, um Prognosen bezüglich der Klimafinanzierung 2025 abzugeben. Das BMZ trägt zum großen Teil zur Klimafinanzierung bei, aber eben nicht alleine. Auch andere Ressorts spielen eine Rolle, deren Beiträge sich ebenfalls erst im Nachhinein erheben lassen.”

    Auch aus dem Auswärtigen Amt heißt es, es sei zu früh, um die Auswirkungen der Haushaltskürzungen auf die internationale Klimafinanzierung einzuschätzen. Deutschland sei sich seiner Verantwortung bewusst und handele weiter solidarisch, man leiste einen großen Beitrag zu den 100 Milliarden Klimafinanzierung und “beabsichtige, dies auch in Zukunft zu tun.”

    IKI sinkt um 100 Millionen auf 635 Millionen

    Bei den anderen Ressorts sieht es nicht viel besser aus: Vor allem traf es hier die Internationale Klima-Initiative (IKI), mit der das Wirtschafts-, Umwelt- und Außenministerium Klimaprojekte im Globalen Süden unterstützen. Diese IKI wurde von 735 Millionen im letzten Haushalt auf nun 635 Millionen gekürzt. Damit bleiben in der Gesamtsumme etwa 4,8 Milliarden statt der geplanten sechs Milliarden.

    Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt auch Oxfam-Finanzexperte Jan Kowalzig. Für ihn kommt der aktuelle Haushalt in der Summe auf etwa 4,9 Milliarden für die Klimafinanzierung. In seiner Analyse setzt er an, dass sich in den relevanten Etats keine großen Verschiebungen bei den Verhältnissen von Klima- zu den übrigen Entwicklungsprioritäten ergeben, einige kleinere Beträge fortgesetzt werden und dass die anderen Ministerien jenseits der IKI noch einmal auf etwa 100 Millionen kommen.

    “Mit den nun vorgesehenen Kürzungen riskiert die Bundesregierung, ihr international viel beachtetes Versprechen zu brechen. Das dürfte für einige Flurschäden in der internationalen Klimadiplomatie sorgen”, sagt Kowalzig. “Ich gehe selbstverständlich davon aus, dass Bundeskanzler Olaf Scholz mit seiner Regierung weiterhin hinter dem 6-Milliarden-Versprechen steht. Dafür muss nun allerdings der Bundestag in den kommenden Verhandlungen zum Bundeshaushalt 2025 die Kürzungen revidieren.”

    AA: Klimaausgaben stabil, humanitäre Hilfe sinkt

    Ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums betonte, die IKI sei trotz der Kürzungen um 100 Millionen “für die Folgejahre auf diesem Niveau stabilisiert” worden. Dieser “stabile und weiterhin hohe Ansatz für die IKI zeigt, welche hohe Bedeutung die Bundesregierung dem internationalen Klimaschutz beimisst”. Die aktuelle Ausstattung erlaube die “notwendige Planungssicherheit”.

    Das Außenministerium, das die internationalen Klimaverhandlungen führt, hat in seinem ebenfalls vom Rotstift betroffenen Etat die Titel zu internationaler Zusammenarbeit, Klimaschutz, Energie und Umweltschutz unverändert belassen und die Beiträge an die UNO sogar deutlich erhöht. Allerdings wurde der Bereich “humanitäre Hilfe und Krisenprävention” von 2,7 Milliarden auf 1,4 Milliarden zusammengestrichen.

    Das deutsche Finanzversprechen wackelt ausgerechnet in einem Jahr, in dem die UN-Staaten auf der COP29 in Baku ein neues Finanzierungsziel (NCQG) für die Zeit ab 2025 beschließen müssen. Dabei gehört Deutschland bislang zu den wichtigsten und zuverlässigsten Zahlern und deshalb zu den lautesten Befürwortern von mehr finanziellem Engagement von den Industriestaaten – aber auch von Schwellenländern wie China, Südkorea, Singapur oder den Ölstaaten. Immerhin bescheinigt der Industrieländerclub OECD den Industriestaaten jetzt offiziell, 2022 die versprochenen 100 Milliarden US-Dollar für Klimahilfen mit 116 Milliarden an die armen Länder zum ersten Mal erreicht und übererfüllt zu haben.

    • BMZ
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    • Klimafinanzierung
    • OECD
    • Petersberger Klimadialog
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    Wieso die CO₂-Flottengrenzwerte der EU laut Forschern den Pariser Klimazielen widersprechen

    Die Forscher gehen davon aus, dass die EU-Gesetzgebung die realen CO₂-Emissionen der Neufahrzeuge insbesondere im Jahr 2030 massiv unterschätzt.

    Die Debatte um das Verbrenner-Aus 2035 war im Europawahlkampf ein hart umkämpftes Thema. Auch in der Frage über die Zukunft des Green Deals spielen die CO₂-Flottengrenzwerte, die Autoherstellern Emissionsminderungen vorgeben, eine entscheidende Rolle. Eine Gruppe von Forschern um Thomas Koch, Chef des Instituts für Kolbenmaschinen am Karlsruher Institut für Technologie (KIT), hat nun klare Forderungen für eine Reform der Flottengrenzwerte zu Papier gebracht.

    Zwar wird die Rücknahme des Verbrenner-Aus nicht explizit erwähnt, doch Koch gilt als entschiedener Gegner des Verbrennerverbots. Sein Institut spricht sich klar für die Erhaltung der Verbrennertechnologie aus und für den Einsatz von E-Fuels. Er und sein Team fordern eine umfassende Überarbeitung der CO₂-Flottengesetzgebung der EU, da die Klimaziele von Pkw sonst massiv verfehlt würden. Die CO₂-Flottenregulierung der EU sieht vor, dass die Hersteller bis 2035 den durchschnittlichen CO₂-Ausstoß von neuen Pkw mit Zwischenschritten auf null Gramm je gefahrenen Kilometer senken. Andernfalls drohen den Herstellern hohe Strafzahlungen.

    Kernaussage von Koch und seinem Team ist, dass die EU-Gesetzgebung die realen CO₂-Emissionen der Neufahrzeuge insbesondere im Jahr 2030 massiv unterschätzt. Die EU-Gesetzgebung sieht vor, dass im Jahr 2030 Neufahrzeuge im Schnitt nicht mehr als 49 Gramm CO₂ je gefahrenen Kilometer ausstoßen dürfen. Die “fehlende physikalische Grundlage der Gesetzgebung” führe zu deutlich höheren realen CO₂-Emissionen im Vergleich zum Emissionsgrenzwert.

    Fußabdruck von E-Auto: 157 Gramm CO₂ je Kilometer

    Die Gesetzgebung, so die Kritik der Forscher, beziehe nicht alle realen Emissionen von neuen Pkw in die Betrachtung ein, weil ihr eine reine Tank-to-Wheel-Analyse zugrunde liegt. Dafür wird lediglich der CO₂-Ausstoß von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor gewertet, und der CO₂-Ausstoß im Zusammenhang mit der Produktion und dem Betrieb von batterieelektrischen Autos werde komplett ausgeblendet. So verursache ein E-Auto nach einer Laufleistung von 210.000 Kilometern einen CO₂-Ausstoß von 33 Tonnen.

    Das entspreche einem Ausstoß von 157 Gramm CO₂ je gefahrenen Kilometer, so Koch. Der Wert von 157 Gramm CO₂ je gefahrenen Kilometer bei einem E-Auto stehe im Widerspruch zur EU-Gesetzgebung, die einen Höchstwert von 49 Gramm im Jahr 2030 festschreibt. Verbrenner hätten bei gleicher Laufleistung nur einen Wert zwischen 90 und 150 gCO2/km. Auch bei einer günstigen Entwicklung des Stromsystems sei ein Elektroauto über Lebenszeit bei der Emissionsbilanz schlechter als ein Verbrenner, so Koch. Dies widerspricht jedoch vorherigen Studien zur Emissionsbilanz über Lebenszeit zwischen E-Autos und Verbrennern.

    Die Forscher um Koch stellen zudem fest, dass beim E-Auto nicht der reale Wert des CO₂-Ausstoßes gemäß der Flottengesetzgebung gemessen wird, sondern der Wert von null Gramm CO₂ je gefahrenen Kilometer angenommen wird, da nur Emissionen am Auspuff gemessen werden. Das Urteil der Forscher: “Die Auswirkungen der Gesetzgebung widersprechen damit den Zielen des Pariser Klimaschutzabkommens, die Treibhausgasemissionen wirksam zu reduzieren.” Allerdings erreichen auch Verbrenner nicht die von der Flottenregulierung geforderten Werte.

    Zwar heißt es, die Produktion des Antriebsstrangs von E-Autos schlage bei einer Laufleistung von 210.000 Kilometern mit umgerechnet 76 Gramm CO₂ je gefahrenen Kilometer zu Buche. Beim Verbrenner liege dieser Wert bei 38 Gramm CO₂. Allerdings beziehen Koch und sein Team die Entwicklungen durch Erneuerbare im Strommix nicht mit ein. Der durch die EU vorgegebene Erneuerbaren-Anteil 2030 ist maßgeblich, um die Realemissionen von Elektrofahrzeugen zu diesem Zeitpunkt messen zu können. Laut Koch ändere dies an der Emissionsbemessung jedoch nichts Grundlegendes, da die Produktion der Batterien mit fossilen Energien in China entscheidend sei.

    2030: Auf einen Verbrenner müssten 1,24 E-Autos kommen

    Das Papier legt zudem dar, wie sich der Hochlauf der E-Auto-Technologie laut EU-Flottengesetzgebung bis im Jahr 2030 entwickeln muss, sollte es bei der bisherigen Gesetzgebung bleiben. Demnach müssen EU-weit für jeden neu zugelassenen Verbrenner im Jahr 2030 rechnerisch 1,24 E-Autos zugelassen werden. Im April hatten rein batterieelektrisch betriebene PKW bei den Neuzulassungen in der EU einen Anteil von 11,9 Prozent. Reine Verbrenner hatten einen Anteil von 48,9 Prozent.

    Das Papier fordert den EU-Gesetzgeber auf, die CO₂-Flottengesetzgebung zügig zu ändern. Folgende Ziele müsse die Gesetzesnovelle einhalten:

    • Nachhaltigkeit der Antriebsstränge und Einhalten der Pariser Klimaziele
    • Verschärfung der CO₂-Flottengrenzwerte unter Einbezug der tatsächlichen Emissionen
    • Wiedereinführung des Kohlenstoff-Korrektur-Faktors. Dabei würden Emissionen bei Herstellung und Transport der Antriebsenergie stärker berücksichtigt werden.

    Ungarn fordert Subventionen für E-Autos

    Die ungarische Ratspräsidentschaft will das Verbrenner-Aus nicht rückgängig machen und fordert stattdessen einen attraktiveren und wettbewerbsfähigeren E-Auto-Markt. In einem Diskussionspapier der Ratspräsidentschaft mahnen die Autoren mehr Unterstützung für den europäischen E-Auto-Markt an. Ungarn gilt als Förderer der Elektromobilität, vor allem da chinesische Hersteller in dem Land in Batteriefabriken und Produktionsstätten investieren wollen.

    Darin fordern sie:

    • weiteren Ausbau der Ladeinfrastruktur durch Stärkung der AFIR (Alternative Fuel Infrastructure Regulation)
    • EU-Förderprogramm in Höhe von insgesamt 30 Milliarden Euro bis 2035 für öffentliche Ladestationen für Pkw, Lkw, Busse und Reisebusse sowie für den Netzausbau
    • Vereinfachte und flexiblere Genehmigungsverfahren, um den Ausbau des Stromnetzes zu beschleunigen
    • Staatliche Subventionen in Höhe von 4.500 Euro pro batteriebetriebenen E-Auto, finanziert durch 50 Milliarden aus dem mehrjährigen Finanzrahmen sowie über Einnahmen aus dem Emissionshandel
    • spezifische Subventionen zur Förderung eines Gebrauchtmarktes von E-Autos
    • europäisches Flottenerneuerungsprogramm für gewerbliche Fahrzeuge, insbesondere Lkw und Busse
    • Recycling-Verpflichtung für Altbatterien
    • CO2-Emissionen
    • CO₂-Flottengrenzwerte
    • E-Autos
    • E-Fuels
    • Europäischer Rat
    • Europäisches Parlament
    • Flottengrenzwerte
    • Green Deal
    • Klima & Umwelt
    • Ungarn
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    US-Wahlkampf: Donald Trump setzt voll auf Fossile

    Ex-Präsident Trump plant “Energiedominanz” der USA durch Deregulierung im Energiesektor.

    Donald Trump und die US-Republikaner gehen mit einer radikal rechten Agenda in die heiße Phase des US-Wahlkampfs. Das gilt nicht nur für Themen wie Migration und innere Sicherheit, sondern auch für Klimaschutz und Transformation der Wirtschaft. Das zeigt ein Blick in das Wahlprogramm. Dessen Verabschiedung auf dem Parteitag in Milwaukee war reine Formsache.

    Ausbeutung fossiler Energieträger hochfahren

    Kernpunkte des Papiers: Die Ausbeutung fossiler Energieträger soll massiv ausgeweitet und die Dekarbonisierung der Industrie zurückgefahren werden. Eine weitreichende Deregulierung im Umwelt- und Energiesektor soll dafür den Weg ebnen – inklusive der Entmachtung der zuständigen US-Bundesbehörden. Inhalt und Duktus lassen keinen Zweifel daran, dass das Programm direkt aus dem Kampagnenbüro von Trump stammt.

    Schon die Präambel macht deutlich, worum es geht. Fossile Energieträger sollen als Dreh- und Angelpunkt der amerikanischen Wirtschaft rehabilitiert werden. “We will drill, baby, drill”, heißt es dort in klassischer Trump-Manier.

    Dieses Potenzial soll genutzt werden, damit die USA der größte Produzent von Erdöl und Erdgas weltweit bleiben. So soll nicht nur die globale Führungsrolle des Landes gesichert und die Zukunft aus einer Position der Stärke heraus gestaltet werden – etwa, wenn es darum geht, wieder zur “industriellen Supermacht” aufzusteigen. Billige Energie soll außerdem die Inflation senken und damit Abstiegsängsten in der Bevölkerung entgegenwirken.

    Abbau der Regulierung, Entmachtung von Behörden

    Dazu sei es aber notwendig, die “lähmenden Restriktionen für die amerikanische Energieproduktion” zu beseitigen, so das Wahlprogramm. Entsprechende Regulierungen müssten aufgehoben und der “Socialist Green New Deal” beendet werden. Gemeint, wenn auch nicht explizit erwähnt, ist damit auch der Inflation Reduction Act (IRA). Neben weiteren Maßnahmen der Biden-Administration soll er mit rund 370 Milliarden US-Dollar die Dekarbonisierung des Landes und den sozial-ökologischen Umbau der US-Industrie vorantreiben.

    Auch wenn Trump und das republikanische Lager aber Stimmung gegen den IRA machen, ist eine komplette Rückabwicklung kaum vorstellbar. Viele republikanisch regierte Staaten profitieren stärker von neuen Investitionen im Zuge der Förderung durch den Inflation Reduction Act als demokratisch geführte Staaten. Da die Gelder zu großen Teilen schon zugewiesen sind, bräuchte es eine Entscheidung des US-Kongresses, um die Steuererleichterungen für saubere Energien, Elektrofahrzeuge und effiziente Geräte rückgängig zu machen. Die wenigsten Bundesstaaten dürften dem zustimmen.

    Einen größeren Effekt für die US-Klimapolitik dürfte die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs der USA zur sogenannten Chevron-Doktrin aus dem frühen Sommer haben. Der Gerichtshof schränkte die Zuständigkeit von Behörden wie der US-Umweltbehörde (EPA) ein, Gesetze und Regeln im Bereich der Klima- und Umweltpolitik auszulegen und Vorschriften beispielsweise zu Emissionsgrenzwerten zu erlassen. Dadurch verlieren die Behörden einen wichtigen Teil ihrer Regulierungsmacht. Experten und Umweltschützer fürchten, dass nach dem Urteil viele andere wichtige Streitfälle zur US-Klimapolitik so entschieden werden, dass sie die staatliche Regulierung in diesem Bereich schwächen. Das Gericht könnte damit Angriffe auf die Klimapolitik in einer möglichen zweiten Amtszeit von Donald Trump als US-Präsident erleichtern.

    Trump lässt sich von Öl- und Gasindustrie finanzieren

    Obwohl die Öl- und Gasförderung unter der Biden-Administration einen neuen Höchststand erreicht hat, machen die fossilen Energiekonzerne zunehmend Front gegen eine Politik, die ihre zukünftigen Profitinteressen zu gefährden droht. Die republikanisch regierten Bundesstaaten haben dies ausnahmslos aufgegriffen und Gesetze und Verordnungen erlassen, um bestehende Klimaschutz- und ESG-Standards abzusenken.

    Da erscheint es nur folgerichtig, dass sich Donald Trump nach Recherchen der Washington Post im April dieses Jahres mit einflussreichen Vertretern der Öl- und Gasbranche in seinem Club Mar-a-Lago traf und ihnen einen Deal vorschlug. Wenn sie eine Milliarde US-Dollar zu seiner Wiederwahl beisteuerten, würde er ihnen im Gegenzug das Geschäft erleichtern. “Sie haben fünf Jahre lang auf eine Genehmigung gewartet, jetzt bekommen Sie sie am ersten Tag”, erinnert sich ein Anwesender laut Washington Post an Trumps Angebot.

    Auch die jüngste Ernennung von James David Vance als Kandidat für die US-Vizepräsidentschaft zeigt, in welche Richtung Trumps Energie- und Klimapolitik geht. Der Republikaner aus Ohio hatte im Jahr 2020 zwar noch vor den Folgen des Klimawandels gewarnt, doch mittlerweile zweifelt er den menschengemachten Klimawandel an, unterstützt die Öl- und Gasindustrie und macht Stimmung gegen erneuerbare Energien und E-Autos. Zwar hätte Vance als Vizepräsident wenig direkte Macht, aber sollte der 78-jährige Donald Trump während einer neuen Präsidentschaft sterben, würde Vance als Präsident aufrücken. Und als Vize hätte er eine gute Ausgangsposition für eine Kandidatur um die nächste Präsidentschaft 2028.

    Nobelpreisträger warnen vor Trumps Wirtschaftspolitik

    In einem gemeinsamen Brief haben sich vor wenigen Wochen 16 Wirtschaftsnobelpreisträger an die Öffentlichkeit gewandt und vor einer Wiederwahl Trumps gewarnt, darunter Claudia Goldin, Robert B. Wilson und Joseph E. Stiglitz.

    Biden habe als Präsident “wichtige Investitionen in die US-Wirtschaft beschlossen, unter anderem in die Infrastruktur, die heimische Produktion und den Klimaschutz”. Zusammen würden diese Maßnahmen die Produktivität und das Wirtschaftswachstum steigern, den Inflationsdruck verringern und den Übergang zu erneuerbaren Energien erleichtern, heißt es in dem Brief.

    Im Falle einer zweiten Amtszeit Trumps befürchten sie hingegen “negative Auswirkungen auf das wirtschaftliche Ansehen der USA in der Welt und eine destabilisierende Wirkung auf die amerikanische Binnenwirtschaft”. Sollte er seine Agenda erfolgreich umsetzen, würde dies die Inflation erhöhen, so die Nobelpreisträger. Mitarbeit: Nico Beckert

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    Termine

    19. Juli, 14 Uhr, München
    Diskussion Lateinamerikas (neues) Ringen um Ökologie und Autonomie
    Lateinamerika befindet sich in sozial-ökologischer Hinsicht an einem Wendepunkt. Einerseits gehen globale Dekarbonisierungs- und Digitalisierungsbestrebungen mit einem wachsenden Bedarf an energierelevanten Rohstoffen wie Lithium, Kupfer und grünem Wasserstoff einher. Welche Herausforderungen und Perspektiven ergeben sich daraus für den Dialog zwischen Wissenschaft, Wirtschaft und Politik? Darüber wird auf dem Event der Heinrich-Böll-Stiftung diskutiert.  Infos

    19. Juli, 19 Uhr, Hamburg
    Preisverleihung Verleihung Deutscher Preis für Klimajournalismus
    Das Netzwerk Klimajournalismus Deutschland und das Netzwerk Recherche vergeben erstmals einen Preis für herausragende Klimaberichterstattung.  Infos

    21. Juli, München
    Klima.Dult Aktionstag
    Die Klima.Dult ist ein Aktionstag im Münchner Westend. Mit im Programm sind unter anderem kostenlose Fahrrad-Checks, verschiedene DIY-Workshops, Energieberatungen und viele Rätsel- und Mitmach-Angebote für Kinder. Infos

    22. und 23. Juli, Wuhan, China
    Ministertreffen Ministerial on Climate Action (MoCA)
    Das regelmäßige Treffen von EU, Kanada und China findet dieses Jahr in Wuhan statt.

    22. bis 26. Juli, Rom
    Sitzung 27th Session of the FAO Committee on Forestry
    Bei den alle zwei Jahre stattfindenden Sitzungen der COFO kommen hochrangige Vertreter, Leiter von Forstdiensten, Regierungsbeamte und Partnerorganisationen zusammen, um neue politische und technische Leitlinien zu ermitteln, nach Lösungen zu suchen und über künftige Strategien und Maßnahmen zu beraten. Infos

    23. Juli, 18.30 Uhr, Karlsruhe
    Workshop Green Software Development Karlsruhe: Klimabewusste Websites für ein nachhaltigeres Netz
    Klimabewusste Websites punkten vierfach: Sie haben einen geringen ökologischen Fußabdruck, sind barrierearm, sozialer und schneller. Die Bluehands GmbH und Co.mmunication KG veranstalten diesen Workshop dazu. Infos

    24. Juli, 10 Uhr, Online
    Fortbildung Yes we can – Wege in eine ressourcenschonende Baubranche
    Die Deutsche Energieagentur (DENA) richtet dieses Webinar aus, das die Baubranche im Bereich ressourcenschonendes Bauen weiterbilden soll.  Infos

    24. Juli, 17 Uhr, Online
    Webinar Doubling Energy Efficiency Policy Tools for Latin America
    Auf dem Webinar der International Energy Agency (IEA) wird darüber diskutiert, welche politischen Instrumente in Lateinamerika zu einer Zunahme von Energieeffizienz führen können. Infos

    News

    Klima in Zahlen: SUVs verursachen mehr Emissionen als Deutschland

    Der SUV-Boom der letzten Jahre hält unvermindert an und hat nennenswerte Klimaauswirkungen. “Wären SUVs ein Land, wären sie der fünftgrößte CO₂-Emittent der Welt“, hat die Internationale Energieagentur (IEA) ausgerechnet. Im Jahr 2023 gab es mehr als 360 Millionen der großen Autos auf den Straßen dieser Welt. Sie waren demnach für eine Milliarde Tonnen CO₂-Emissionen verantwortlich – 100 Millionen Tonnen mehr als noch im Jahr 2022. Verglichen mit einem “durchschnittlichen mittelgroßen Auto” verursache ein SUV 20 Prozent mehr CO₂-Emissionen. “Der Trend zu schwereren und weniger effizienten Fahrzeugen wie SUVs hat die Verbesserungen beim Energieverbrauch und den Emissionen, die in den letzten Jahrzehnten in der weltweiten Pkw-Flotte erzielt wurden, weitgehend zunichtegemacht”, schreibt die IEA. nib

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    DUH verklagt Bundesregierung wegen verspäteter Klima-Berichterstattung

    Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat zum 1. Juli vor dem Verwaltungsgericht Berlin eine weitere Klimaklage gegen die Bundesregierung eingereicht, weil diese ihren zum 30. Juni fälligen Klimaschutzbericht noch nicht vorgelegt hat – aus Sicht der DUH ein “essenzielles Kontrollinstrument des Klimaschutzgesetzes”. Der Bericht werde “jedes Jahr verspätet vorgelegt. Damit ist keine Steuerung mehr zu erreichen“, sagte Rechtsanwalt Remo Klinger, der die DUH in der Sache vertritt, auf einer Pressekonferenz am Dienstag.

    Paragraph 10 des Klimaschutzgesetzes verpflichtet die Regierung, dem Bundestag jährlich zum 30. Juni über die Entwicklung der Treibhausgasemissionen im Vorjahr, den Stand der Klimapolitik und den daraus resultierenden erwarteten Emissionsminderungen zu berichten. Auch in der Neufassung des Gesetzes bleibt diese Berichtspflicht grundsätzlich bestehen. Seit 2024 muss der Bericht außerdem über den Stand und die Entwicklung der CO₂-Bepreisung in der EU Auskunft geben.

    Der Klimaschutzbericht 2023, der sich auf die Entwicklung des Jahres 2022 bezieht, wurde erst Anfang Juni 2024 veröffentlicht. Eine Sprecherin des zuständigen Bundeswirtschaftsministeriums begründete das auf Anfrage von Table.Briefings damit, dass “die Projektionsdaten, auf die der Bericht aufbaut, erst im Herbst vorlagen”. Dann seien die Klimaschutzprogramme beschlossen worden, und das Urteil des Bundesverfassungsgerichts habe berücksichtigt werden müssen – deshalb sei der Bericht erst im Frühjahr 2024 fertig gewesen. Der 2024er Bericht stehe “kurz vor der Ressortabstimmung und soll nach der Sommerpause in das Kabinett”.

    Der Anwalt Klinger sprach von einer “systematischen Verletzung” des Klimaschutzgesetzes, die der Bundesregierung zuzuschreiben sei. Das Gesetz existiere erst seit wenigen Jahren, und “praktisch jede” seiner materiellen Vorgaben sei bereits verletzt worden. Das sei “ein Novum in der Rechtsgeschichte”. Die Bundesregierung sei dafür verantwortlich, dass das Gesetz eingehalten werde. “Entweder ist es ihr egal, oder ihr fehlt der politische Wille.” Die Klage vor dem Verwaltungsgericht (hier die Klageschrift als Pdf) läuft unabhängig von den Verfassungsbeschwerden gegen die am Mittwoch in Kraft getretene Novelle des Klimaschutzgesetzes. ae

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    Rekordrückgang der ETS-Emissionen in Deutschland

    2023 emittierten die vom Europäischen Emissionshandelssystem (ETS) erfassten 1.725 Anlagen in Deutschland rund 289 Millionen Tonnen Kohlendioxid-Äquivalente (CO₂-Äq). Das entspricht laut den Daten des Umweltbundesamtes (UBA) einer Minderung von etwa 18 Prozent gegenüber dem Vorjahr – ein Rekordrückgang seit Einführung des ETS im Jahr 2005.

    Das ETS umfasst Emissionen der energieintensiven Industrie, der Energiewirtschaft und des innereuropäischen Luftverkehrs. Die Emissionen der Energieanlagen sanken laut UBA um 22 Prozent auf 188 Millionen Tonnen CO₂-Äq und damit auf das niedrigste je gemessene Niveau. Dies sei vor allem auf die gesunkene Energienachfrage aus Wirtschaft und privaten Haushalten, einen gestiegenen Erneuerbaren-Anteil und dem damit verbundenen Rückgang der fossilen Energien zurückzuführen.

    In den Industriesektoren gingen die Emissionen um 10 Prozent auf 101 Millionen Tonnen CO₂-Äq und damit auf das niedrigste Niveau seit 2013 zurück. Konjunkturell bedingte Produktionsrückgänge in allen Branchen, insbesondere aufgrund der Auswirkungen des Angriffskriegs Russlands auf die Ukraine, seien laut UBA der Grund.

    Die Emissionen des Luftverkehrs in Deutschland haben dagegen im Vergleich zum Vorjahr leicht zugenommen. Sie lagen 2023 bei etwa 7,6 Millionen Tonnen CO₂-Äq, ein Anstieg um ungefähr 4,5 Prozent. luk

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    Waldbrände: In welchen Regionen es aktuell besonders stark brennt

    Schwere Waldbrände in Russland, auch innerhalb des nördlichen Polarkreises, sorgen aktuell für hohe CO₂-Emissionen. Besonders hoch sind die Emissionen in der russischen Region Amur Oblast. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Analyse des EU-Erdbeobachtungsprogramms Copernicus. Durch überdurchschnittlich hohe Temperaturen und wenig Niederschläge breiten sich die Feuer schnell aus. Einige russische Regionen hatten darum bereits vor einigen Woche den Ausnahmezustand ausgerufen.

    Eine weitere Analyse von Copernicus betont, dass die zunehmenden Feuer in Sibirien ein Warnsignal seien, dass sich die Region einem “gefährlichen Kipppunkt” nähere. Als direkte Konsequenz der Brände leiden einige Regionen wie Teile von China, die Mongolei und Japan aktuell unter schlechter Luftqualität.

    Auch in Kanada und Alaska gibt es demnach aktuell große Feuer. In Kanada sind die Waldbrände aber deutlich weniger schlimm als im vergangenen Jahr – damals war es durch Brände zu Rekordemissionen gekommen. Die Forschenden von Copernicus gehen davon aus, dass es in den kommenden Sommermonaten noch zu weiteren verheerenden Waldbränden kommt. kul

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    Wasserstoff in der Industrie: EU-Rechnungshof fordert Strategie

    Die Europäische Rechnungshof glaubt laut einem neuen Bericht nicht daran, dass die EU bis 2030 so viel Wasserstoff produzieren und importieren kann wie angestrebt. Die Prüfer fordern die Kommission außerdem auf, ihre Wasserstoffstrategie zu aktualisieren und dabei Prioritäten zu setzen. “Welche Industriezweige sollen – vor dem Hintergrund der geopolitischen Bedeutung der heimischen Produktion gegenüber dem Import aus Drittländern – in der EU gehalten werden und zu welchem Preis?”, lautet eine der drei Leitfragen, auf die die Kommission eine Antwort finden solle.

    Für Industriegüter wie Stahl, Chemikalien und Düngemittel lassen sich wasserstoffintensive Vorprodukte oft billiger importieren. Rechnungshof-Mitglied Stef Blok warnt aber auch: “Die EU sollte über den strategischen Weg zur CO₂-Neutralität entscheiden, ohne die Wettbewerbssituation ihrer Schlüsselindustrien zu beeinträchtigen oder neue strategische Abhängigkeiten zu schaffen.”

    Ziele von REPowerEU werden verfehlt

    Die Prüfer fordern außerdem, die Ziele für Erzeugung und Import einem Realitätscheck zu unterziehen. In REPowerEU hatte die Kommission nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine das EU-Ziel ausgegeben, bis 2030 jeweils 10 Millionen Tonnen Wasserstoff zu produzieren und zu importieren. Diese Vorgaben werden laut den Prüfern voraussichtlich nicht erreicht.

    Ob deshalb auch die Sektorziele für den Einsatz von grünem Wasserstoff im Verkehr und der Industrie aus der Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED III) gesenkt werden sollen, bleibt in dem Bericht unklar. Die durch politische Maßnahmen angereizte Nachfrage bis 2030 schätzen die Prüfer auf lediglich 3,8 bis 10,5 Mt – weit weniger als die REPowerEU-Vorgabe, das Angebot auf 20 Mt zu steigern. ber

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    Starkregen: China versetzt 15 Provinzen in Alarmbereitschaft

    China wird weiterhin von heftigen Starkregenereignissen heimgesucht. Die tödlichen Regenfälle, die den Süden verwüstet haben, sind nach Norden gezogen und haben nun auch die zuvor von der Dürre heimgesuchte zentrale Provinz Henan sowie die nördliche Provinz Hubei getroffen. Am Sonntag kamen etwa in der Stadt Suizhou in Hubei vier Menschen ums Leben, als ihr Auto von den Fluten in einen Fluss gespült wurde. Weite Teile der Getreideprovinz Henan, die zwischen April und Juni noch von einer Dürre heimgesucht worden war, wurden am Dienstag durch einen “extrem starken Regenguss” überschwemmt, berichtete die South China Morning Post. Peking habe 15 Provinzen in höchste Alarmbereitschaft versetzt. Die Gefahr schwerer Überschwemmungen steige.

    Das Land steht am Beginn der jährlichen Hauptniederschlagszeit des Jahres. Die Behörden hatten kürzlich angesichts verheerender Regenfälle in der südwestchinesischen Yangtse-Metropole Chongqing mit mehreren Todesopfern bereits den flussabwärts gelegenen Drei-Schluchten-Staudamm in höchste Alarmbereitschaft versetzt. Schon Ende vergangener Woche war der Wasserstand des Stausees hinter dem Damm nach Angaben des Ministeriums für Wasserressourcen auf eine Höhe von 161 Meter angestiegen, so hoch wie noch nie in einem Juli.

    Durch neun Hochwasserabflusstore im Drei-Schluchten-Damm wurde bereits kontrolliert Wasser aus dem Stausee abgelassen, um darin mehr Kapazität für ankommende Hochwasser aus dem Oberlauf zu haben. Furcht vor einem Bersten des gewaltigen Dammes begleiten das Projekt seit seiner Planung. Es ist bereits das zweite Hochwasser am Yangtse in diesem Jahr. ck

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    Standpunkt

    Der Green Deal sichert Europas Zukunft

    Von Marc Weissgerber
    Marc Weissgerber ist Geschäftsführer des Thinktanks E3G in Berlin.

    Europa befindet sich an einem Scheideweg. Angesichts einer sich rapide wandelnden globalen Ordnung, einer technologischen Revolution und der Klimakrise sind entschlossene Maßnahmen nötig. Die Gesetzgeber in ganz Europa müssen an der Verbesserung der Sicherheit und Lebensqualität der Menschen arbeiten. Dies kann nur durch gesteigerte Anstrengungen im Klimaschutz und die Einbettung von Klimapolitik in den weiteren Kontext von Industriepolitik, Handel, Sicherheitspolitik und Außenpolitik gelingen.

    Die Wahlen zum Europäischen Parlament haben gezeigt, dass neben dem Klima die Lebenshaltungskosten, internationale Konflikte und Migration die Hauptanliegen der Bürger sind. Vor diesem Hintergrund kommen die neu gewählten Mitglieder des Europäischen Parlaments diese Woche erstmals in Straßburg zusammen und werden unter anderem darüber entscheiden, ob sie Ursula von der Leyen und ihre politischen Prioritäten unterstützen.

    Angesichts der Sorgen der Europäer muss der Klimaschutz oberste Priorität haben – dies ist auch ökonomisch geboten. Betrachten wir die Energiekosten: Von 2021 bis 2023 sparten europäische Verbraucher durch den Ausbau erneuerbarer Energien 100 Milliarden Euro. Dennoch bleibt die EU-Wirtschaft laut Internationaler Energieagentur der Preisvolatilität fossiler Brennstoffe zu sehr ausgesetzt. Nur eine dekarbonisierte Energieversorgung wird die Energiepreise weiter senken und stabilisieren können.

    Internationale Partnerschaften aufbauen

    Die Gesetzgeber müssen die zunehmenden Klimaauswirkungen klar im Blick haben und die Resilienz unserer Gesellschaft verbessern. Extreme Wetterereignisse beeinträchtigen bereits jetzt Infrastruktur, Landwirtschaft und Gesundheit. Die Hitzewelle 2022 führte zu wirtschaftlichen Schäden von 40 Milliarden Euro und mehr als 60.000 hitzebedingten Todesfällen, wobei der größte Anteil auf Italien, Spanien, Deutschland und Frankreich entfiel.

    Um Europa zu schützen, reicht eine ambitionierte Verteidigungspolitik allein nicht aus. Ohne aktive Unterstützung des globalen Klimakampfes wird die EU ein kleiner Block sein, der in einer sich erhitzenden Welt in einem zunehmend fragilen geopolitischen und geoökonomischen Umfeld um Ressourcen konkurriert. Die EU muss das Klima in ihre Strategie einbeziehen und internationale Partnerschaften aufbauen. Aber Umfragen von Money Talks zeigen, dass das Vertrauen von Schwellenländern und führenden afrikanischen Ländern in europäische Investoren geringer ist als in Investoren aus den USA, Kanada, dem Vereinigten Königreich, Japan und den Vereinigten Arabischen Emiraten.

    Zusammenarbeit bei der Wiederbelebung einer europäischen Industriepolitik ist unerlässlich. Laut dem European Climate Risk Assessment der Europäischen Umweltagentur sind die südeuropäischen Länder vom Klimawandel deutlich stärker betroffen als der Norden. Zur ökonomischen Kluft in der EU gesellt sich also die Kluft der Klimafolgen. Dabei ergeben sich etwa für die Küsten- und südlichen Regionen auch neue Wirtschaftspotenziale, wenn sie sich zu Drehscheiben für die Wasserstoffproduktion entwickeln.

    Grüne Industrie-Revolution vorantreiben

    Es wird erwartet, dass die europäische Wettbewerbsfähigkeit, Verteidigung, der Binnenmarkt und die multilaterale Rechtsordnung im Programm von Ursula von der Leyen Prioritäten sein werden. Doch was ist mit dem Europäischen Green Deal? Das gesamtwirtschaftliche Projekt der EU zur Klimaneutralität hat die COVID-Pandemie und Russlands Angriff auf die Ukraine überlebt, ist jedoch nach der Europawahl ins Hintertreffen geraten. Aber nur ein erneuerter Green Deal wird die EU zukunftsfähig machen!

    Deutschland als größter EU-Mitgliedstaat und wichtiges Industrieland ist in einer starken Position, um die Debatten um eine “grüne Industrie-Revolution” in der EU voranzutreiben, unterstützt durch eine offene und faire Handelspolitik. Deutschland ist, oft unbemerkt, ein wichtiger GreenTech-Produzent und Exporteur: Der Anteil von “GreenTech made in Germany” übersteigt den Anteil Deutschlands an der globalen Wirtschaftsleistung um ein Vielfaches.

    Der europäische Green Deal braucht aber auch eine soziale Ausrichtung: Nur wenn wir uns auf ein soziales Europa konzentrieren, das die Bürger vor den Auswirkungen des Klimawandels schützt, wir eine wirklich grüne europäische Industriepolitik betreiben und eine ambitionierte Außenpolitik verfolgen, erhält die Transformation zur klimaneutralen Wirtschaft die erforderliche Unterstützung. 

    Laut Umfragen zur Europawahl erwarten mehr als 8 von 10 Europäern, dass mehr für den Klimaschutz getan wird. Wird die EU diese Erwartungen erfüllen?

    Marc Weissgerber ist Geschäftsführer des Thinktanks E3G in Berlin.

    • EU-Klimapolitik

    Heads

    Laurence Tubiana: Klima-Champion als französische Premierministerin im Gespräch

    Laurence Tubiana
    Laurence Tubiana auf einem G20-Event in Washington.

    Als neue Premierministerin von Frankreich ist eine Frau im Gespräch, die in der internationalen Klimaszene alle wichtigen Personen kennt – und mit der die meisten wichtigen Akteure schon einmal zu tun hatten: Laurence Tubiana, Chefin der European Climate Foundation (ECF) und eine der Architektinnen des Pariser Klimaabkommens von 2015. Die Französin ist extrem gut vernetzt, nicht nur in der Klimaszene, sondern auch in der europäischen und französischen Politik. Sie verbindet wissenschaftliche Expertise mit politischem Gespür und einer charmanten Art. Und sie gilt als jemand mit einem kurzen Draht in den Élysée-Palast und zu Emmanuel Macron.

    Genau das ist derzeit aber auch ein Hindernis für einen möglichen Weg zur Premierministerin: Während sich die Sozialistische Partei, die Grünen und die Kommunistische Partei auf Tubiana als Kandidatin für das Amt der Premierministerin geeinigt haben, kritisiert die radikale Linke von “La France Insoumise” (LFI), Tubiana sei zu nah am Lager von Macron. So bezeichnete der LFI-Vorsitzende Manuel Bompard die Idee, sie für das Amt der Premierministerin vorzuschlagen, als “nicht seriös”, da dies “die Macronisten durch das Fenster hereinholen” würde. Tubiana hat den Ministerinnenposten für die ökologische Wende unter Macron zuvor bereits zweimal abgelehnt. Im Linksbündnis Nouveau Front Populaire (NFP), das die Parlamentswahlen gewonnen hat, ist LFI der stärkste Teil. Die Kritik der Linkspartei an Tubiana führt im NFP jetzt zu großen Spannungen.

    Architektin des Pariser Abkommens

    Tubiana wurde in Oran im heutigen Algerien geboren und kam als Kind nach Paris. Sie studierte an der Eliteschule ScienesPo, ist promovierte Wirtschaftswissenschaftlerin und Diplomatin, in der Klimaszene bekannt als Architektin des Pariser Abkommens aus dem Jahr 2015. In Frankreich sind Tubianas Verhandlungsgeschick und ihre Expertise über Klimafragen hinaus bekannt. Lola Vallejo, Sonderberaterin für Klimafragen am Institut für nachhaltige Entwicklung und internationale Beziehungen (IDDRI) – dessen Chefin Tubiana bis 2015 war -, betont Tubianas Kenntnisse zu wirtschaftlichen, industriellen, finanziellen, landwirtschaftlichen und sozialen Fragen. “Sie kann sich in sehr unterschiedlichen Kreisen bewegen, von Diplomaten über politische Vertreter und Industriebosse bis hin zu NGOs”, so Vallejo.

    Auch als Chefin der ECF hat Tubiana sich vor den Europawahlen für eine Stärkung von Sozialstaat und demokratischen Rechten engagiert. Sie forderte, Maßnahmen zum Klimaschutz müssten die konkrete Lebenssituation der Menschen verbessern. Nur so könne man Soziales und Klimaschutz zusammenführen und Protestbewegungen wie den in Frankreich mächtigen “gelben Westen” begegnen.

    Während der COP21 arbeitete Tubiana zusammen mit der UNFCCC-Chefin Christiana Figueres erfolgreich hinter den Kulissen als Architektin des Pariser Abkommens. Kein COP-Plenum, kein bilaterales Treffen des damaligen französischen Außenministers Laurent Fabius ohne seine Botschafterin für Klimaverhandlungen. Wegen eines schweren Sturzes von einem Reitpferd trug sie bei der Konferenz nur Turnschuhe – jeden Tag in einer anderen Farbe. bpo/cst

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    • Klimapolitik
    • Pariser Klimaabkommen

    Dessert

    Effekt der Erdrotation: Sternenspuren, durch Langzeit- und Mehrfachbelichtung sichtbar gemacht.

    Aus der exakten Schweiz kommt diese Woche eine Forschungsnachricht, die uns innehalten ließ: Durch den Klimawandel verlangsamt sich die Rotationsgeschwindigkeit der Erde. Dadurch erhöht sich die Tageslänge von derzeit rund 86.400 Sekunden um einige Millisekunden. Zum Vergleich: Ein Wimpernschlag währt etwa 100 Millisekunden. Es handelt sich also um einen bescheidenen Zeitgewinn. Aufs Jahr gerechnet kommen aber schon ein paar Momente zusammen, in denen man zum Beispiel nicht erledigte Aufgaben angehen oder einfach mal die Augen schließen kann. Noch besser wäre, etwas für den Klimaschutz zu tun.

    Denn Klimawandel und Erderwärmung haben einen größeren Einfluss auf die Drehgeschwindigkeit der Erde als die Wirkung des Mondes, der seit Milliarden von Jahren die Zunahme der Tageslänge bestimmt. Der vom Team der ETH Zürich in PNAS und Nature Geoscience dargelegte Mechanismus: Durch den Klimawandel schmelzen die Eismassen in Grönland und der Antarktis. Das Wasser aus den Polgegenden fließt in die globalen Ozeane und vor allem auch in den Äquatorbereich. Das bewirkt eine Massenverlagerung, und diese wirkt sich auf die Erdrotation aus.

    Wichtig auch für das Navigieren im Weltall

    “Man kann sich das so vorstellen, wie wenn eine Eiskunstläuferin bei einer Pirouette die Arme zuerst am Körper hält und dann ausstreckt”, erläutert Benedikt Soja, Professor für Weltraumgeodäsie am Departement Bau, Umwelt und Geomatik der ETH Zürich. “Die anfänglich schnelle Drehung wird dadurch langsamer, weil die Massen sich von der Drehachse entfernen und die physikalische Trägheit zunimmt.”

    Ähnlich bildhaft erklärt Soja auch mögliche Anwendungen der Erkenntnisse, etwa bei der Navigation im Weltraum. Die sich verändernde Erdrotation sei zu berücksichtigen, wenn beispielsweise eine Raumsonde auf einem anderen Planeten landen will, sagt Soja. Denn eine Abweichung von nur einem Zentimeter auf der Erde könne über die riesigen Distanzen zu einer Abweichung von Hunderten von Metern anwachsen. “Die Landung in einem bestimmten Krater auf dem Mars würde dann nicht klappen.” abg

    • Forschung
    • Klimawandel

    Climate.Table Redaktion

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