am 1. September und in den Tagen danach schaut die Bundesrepublik auf Sachsen und Thüringen. Und es stellt sich die Frage: Welche Auswirkungen haben die Ergebnisse der Landtagswahlen auf die Bildungspolitik? Wie geht es in den Kultusministerien weiter, die aktuell von den Ministern Christian Piwarz (Sachsen, CDU) und Helmut Holter (Thüringen, Linke) geführt werden?
Mein Kollege Maximilian Stascheit hat die Wahlprogramme der Parteien genau unter die Lupe genommen und ihre bildungspolitischen Vorhaben zusammengefasst. Den Auftakt macht sein Beitrag über Thüringen. Sachsen folgt in der kommenden Woche. Brandenburg wählt am 22. September. Auch hier werden wir Ihnen im Vorfeld einen umfassenden Überblick präsentieren.
Merklich in den Fokus der Bildungspolitik rückt aktuell auch die frühkindliche Bildung. Denn die Personalkrise in den Kitas – das haben in dieser Woche Zahlen aus NRW gezeigt – spitzt sich immer weiter zu. Dabei gibt es eine noch zu wenig beachtete, gesamtgesellschaftliche “Systemrelevanz der Kita“. Das zeigt Bernhard Kalicki, Leiter der Abteilung Kinder und Kinderbetreuung beim Deutschen Jugendinstitut, in seinem Beitrag für den Bildung.Table.
Bei all den großen Herausforderungen ist es gut zu wissen, dass es eine eindrucksvoll große Zahl an Personen gibt, die sich beharrlich dafür einsetzen, jungen Menschen gute Bildungschancen zu ermöglichen. In unserer Serie “Top of the Table” stellen wir heute zehn von ihnen aus dem NGO-Bereich vor. Damit endet unsere Serie der 100+10 prägenden Bildungsköpfe. Hier geht es nochmal zu der Übersicht, die auch für viel Zuversicht steht.
Ich wünsche Ihnen eine gehaltvolle Lektüre und ein erholsames Wochenende
Am 1. September finden in Thüringen Landtagswahlen statt. Der Freistaat ist das einzige Bundesland, in dem die Linke mit Bodo Ramelow den amtierenden Ministerpräsidenten stellt; auch Kultusminister Helmut Holter gehört der Partei an. Sie führt das Land derzeit in einer Minderheitsregierung mit SPD und Grünen. Ramelow hat kaum Chancen, im Amt zu bleiben. In Umfragen liegt AfD-Spitzenkandidat Björn Höcke derzeit vorne, gefolgt von der CDU mit Mario Voigt. Die bildungspolitische Landschaft könnte im Freistaat daher vor weitreichenden Veränderungen stehen. Ein Überblick über die zentralen Forderungen der sieben relevantesten Parteien:
Klare Unterschiede gibt es mit Blick auf die Vorstellungen zu Schulformen und dem Umgang mit Inklusion. CDU und AfD plädieren für den Erhalt und die Stärkung des gegliederten Schulsystems, einschließlich der Förderschulen. Beide Parteien sprechen sich in ihren Programmen zudem wortgleich für eine “Inklusion mit Augenmaß” aus.
SPD und Grüne hingegen fördern das Konzept des längeren gemeinsamen Lernens; auch die Linken wollen die Gemeinschaftsschulen weiter ausbauen und als zentrale Schulform etablieren. Das BSW will das gegliederte Schulsystem erhalten, hält die Trennung nach der vierten Klasse aber für zu früh. Die FDP legt den Fokus darauf, die Schulorganisation neu zu strukturieren und unter anderem neben der Schulleitung auch eine kaufmännische Leitung zu installieren.
Hier verlaufen die Trennlinien ähnlich wie beim Schulsystem. CDU und AfD wollen Schulnoten ab der zweiten Klasse wieder einführen – auch Kopfnoten, um etwa Verhalten und Mitarbeit zu bewerten. Die derzeitige Regierungskoalition hat dazu andere Vorstellungen: Linke und Grüne wollen perspektivisch komplett weg vom Ziffernotensystem und fordern dazu in einem ersten Schritt die Abschaffung der Noten in Sport, Kunst und Musik; die SPD möchte die Noten bis zur vierten Klasse durch individuelle Beurteilungen und Gespräche ersetzen.
Drei Parteien machen konkrete Vorschläge zur Personalausstattung: Linke und Grüne wollen eine Quote von 110 Prozent, die CDU spricht sich für eine 105-prozentige Lehrkräfteausstattung an jeder Schule aus. Um Anreize für Lehrkräfte zu verstärken, fordern CDU und SPD eine Übernahmequote für Referendare; die Grünen wollen Lehrer grundsätzlich nur noch unbefristet anstellen.
Auch mit Blick auf die Hochschulen gibt es verschiedene Ideen: Die CDU will die Zulassungsbeschränkungen fürs Lehramtsstudium komplett abschaffen; die Grünen wollen das Studium reformieren und stärker auf den pädagogischen Arbeitsalltag ausrichten. Auch die Linken sprechen sich für mehr Praxisorientierung aus. Das BSW fordert, die Zahl der Quereinsteiger durch duale Ausbildungsformen und die Anerkennung ausländischer Bildungsabschlüsse zu erhöhen. Die AfD will ein Stipendium für Studierende einrichten, die sich verpflichten, längere Zeit in Thüringen zu unterrichten.
Die Digitalisierung ist das Thema, bei dem sich BSW und AfD klar von allen anderen abgrenzen: Beide wollen Smartphones und Tablets in Grundschulen komplett verbieten. Die anderen Parteien überlegen hingegen, wie sich die Digitalisierung verbessern lässt: SPD und Grüne sind sich einig, dass die thüringische Schulcloud weiterentwickelt werden soll, die CDU forderte ein “Sonderprogramm digitale Schule”. Die FDP möchte ein für alle zugängliches “digitales Klassenzimmer” einrichten und plädiert für Informatik beziehungsweise Medienkompetenz als verpflichtendes Schulfach. Auch Linke, Grüne, SPD und CDU wollen die Medienkompetenz der Schülerinnen und Schüler stärken.
Die Parteien sind sich einig, dass der Fachkräfte-Kind-Schlüssel besser werden muss; die Forderungen dazu sind allerdings unterschiedlich konkret. SPD, Linke und FDP fordern eine vollständige Beitragsfreiheit für die frühkindliche Bildung; auch die CDU spricht sich dafür aus, allerdings erst nach der Verbesserung der Fachkräftesituation. SPD, Linke und BSW befürworten ein kostenfreies Mittagessen in Kitas; die CDU will stattdessen die Umsatzsteuer für Kindergartenessen auf 7 Prozent senken. Die AfD fordert “altersgerechtes Spielen” und spricht sich gegen Sexualerziehung im Kindergartenalter aus.
Zur Stärkung der Berufsausbildung machen die Parteien unterschiedliche Vorschläge. Die Linke will einen Ausbildungsunterstützungsfonds einrichten, in den alle Betriebe einen geringen Anteil ihrer Bruttolohnsumme einzahlen und entsprechend ihrer Anzahl an Azubis etwas zurückzubekommen; außerdem fordert sie ein Sonderprogramm für junges Wohnen. Die SPD will eine umlagefinanzierte Ausbildungsgarantie. Die Grünen fordern eine Mindestvergütung für die Ausbildung in Höhe von 80 Prozent der durchschnittlichen Vergütung im ersten Lehrjahr.
Die CDU legt einen Schwerpunkt auf Digitalisierung und spricht sich dafür aus, Azubis Lehrangebote in einer “digitalen Berufsschule” anzubieten. Christdemokraten und FDP wollen zudem die Meisterausbildung kostenlos machen. Auch im AfD-Programm ist diese Forderung enthalten – verbunden mit der Bedingung, dass die Teilnehmer längerfristig in Thüringen bleiben.
Lesen Sie auch: Welche Ziele das BSW für die Bildung verfolgt
Die Petition “Jedes Kind zählt!” fordert mehr Profilstellen in Kitas, verbindliche Mindestpersonalstandards, eine stärkere Praxis- und Fachberatung sowie ausreichend Kita-Plätze für alle Kinder. Sie wurde bis Anfang Juli 2024 von mehr als 216.000 Personen unterzeichnet.
Diese Petition greift die Kernideen des Zwischenberichts der AG Frühe Bildung (2024) auf. Vertreter von Bund und Ländern haben ihn unter Beteiligung der kommunalen Spitzenverbände erarbeitet. Die Jugend- und Familienministerkonferenz der Länder und die Bundesfamilienministerin haben den Bericht im März 2024 in einem “Letter of Intent” bekräftigt. Was ist nun nötig? In meinen Augen geht es um drei Themen:
Mit den Berichten der AG Frühe Bildung und AG Gesamtstrategie Fachkräfte liegen brauchbare Konzepte vor. Offenbar braucht es einen weiteren Anlauf, diese Ideen konzertiert umzusetzen. Die anstehende Bundestagswahl bietet hierzu die nächste Chance.
Bernhard Kalicki ist Professor für Frühkindliche Bildung an der Evangelischen Hochschule Dresden (EHS). Beim Deutschen Jugendinstitut (DJI) in München, nach Angaben der Organisation “eines der größten sozialwissenschaftlichen Forschungsinstitute Europas”, leitet er die Abteilung Kinder und Kinderbetreuung.
Um den Beruf des Pflegeassistenten attraktiver zu machen, will die Ampel die Ausbildung vereinheitlichen. Das Bundesfamilien- und das Bundesgesundheitsministerium haben daher einen Referentenentwurf vorgelegt (zum Download), an dem nun mehrere Verbände Kritik üben.
Bisher gibt es laut dem Bundesinstitut für Berufsbildung 27 verschiedene Ausbildungsgänge in den Bundesländern, die sich inhaltlich und auch formal, etwa bei der Ausbildungslänge, unterscheiden. Nur gut die Hälfte der Azubis hat bisher zudem Anspruch auf eine Vergütung. Das will der Bund ändern und dafür laut Entwurf etwa 87 Millionen Euro jährlich in die Hand nehmen. Das wird von den Verbänden grundsätzlich begrüßt.
Uneinigkeit herrscht jedoch, was die Ausbildungsdauer betrifft. Zwölf oder 18 Monate sieht die Ampel hier vor. Zu kurz, findet der Deutsche Pflegerat, ein Dachverband großer Berufsverbände der Pflegebranche. Der Pflegerat spricht sich für 24 Monate aus, wie es in einigen Länder bereits Usus ist. Präsidentin Christine Vogler fürchtet sonst “eine erhebliche Deprofessionalisierung”. Künftig sollen Pflegeassistenten auch einen Teil der medizinischen Behandlungspflege übernehmen.
Von Arbeitgeberseite kommt hingegen Zuspruch zu einer sogar nur einjährigen Ausbildung. Bernd Meurer, Präsident des Bundesverbands privater Anbieter sozialer Dienste, betont, Pflegeeinrichtungen lehnten schon jetzt Anfragen wegen Personalmangels ab. “In dieser Krisensituation zählt jeder Monat.” Ähnlich sieht das der Arbeitgeberverband Pflege. Er verweist auf Möglichkeiten, sich weiterzuqualifizieren und argumentiert, ein Jahr sei “ein Zeitraum, den sich Personen als Vollzeitausbildung vorstellen können, insbesondere dann, wenn sie schon mitten im Berufsleben stehen und entsprechende Fixkosten haben”.
Der Verband Deutscher Privatschulverbände (VDP) spricht sich dafür aus, Lehrpersonal für die neue Ausbildung auch mit einem Abschluss auf Bachelor-Niveau statt wie geplant nur auf Master-Niveau zuzulassen. Schon jetzt hätten Pflegeschulen Engpässe beim Personal, bauten daher Ausbildungsplätze ab oder müssten schließen. Der VDP vertritt bundesweit unter anderem Pflegeschulen in freier Trägerschaft.
Der Mangel würde noch verschärft, wenn an die Lehrkräfte für Pflegeassistenten nun gleiche Maßstäbe angelegt würden. “Es wird weder aktuell noch in naher Zukunft ausreichend qualifiziertes Personal geben”, heißt es in der Stellungnahme. Der VDP plädiert zudem für ein Lehrer-Schüler-Verhältnis von maximal 1:25 – statt wie geplant 1:20.
Durch die Vereinheitlichung der Ausbildung will der Bund den Fachkräftemangel in der Pflege abschwächen, ähnlich wie mit der Reform der Pflegeausbildung 2020. Pflegeassistentinnen und Pflegeassistenten leisten den Großteil der Pflegearbeit – etwa Pflegebedürftige waschen, ankleiden oder Einkäufe erledigen. Der Bund geht davon aus, dass mittelfristig allein für die vollstationäre Langzeitpflege 100.0000 Pflegeassistenten fehlen werden. Anna Parrisius
Lesen Sie auch: Pflegeausbildung: Was die Reform von 2020 bislang bewirkt hat
Die Förderstruktur und -finanzierung für Projekte der außerschulischen politischen Bildung in Sachsen ist nur schwer zu überblicken. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie der John-Dewey-Forschungsstelle für die Didaktik der Demokratie (JoDDiD). Diese extreme Unübersichtlichkeit habe ihn überrascht, sagte Rico Lewerenz Table.Briefings, Autor der Studie mit dem Titel “Demokratische Bildung im ,Förderdickicht’“.
Die Studie versucht im ersten Schritt, einen Überblick für Sachsen zu erstellen – der “keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt”. Allerdings vermittelt schon die Auflistung an Förderstrukturen auf den verschiedenen Ebenen einen deutlichen Eindruck der Herausforderungen. Demnach gibt es eine europäische Ebene, eine bilaterale (Beispiel Deutsch-Polnisches Jugendwerk) und eine bundesdeutsche. Dazu kommen noch Förderungen vom Land, von den Kommunen sowie aus der Privatwirtschaft, von Gewerkschaften und Stiftungen.
Der Studie zugrunde liegen 16 leitfadengestützte Interviews mit insgesamt 20 Akteuren aus dem Bereich der außerschulischen politischen Bildung. Dazu kommen Daten aus einem Forschung-Praxis-Dialog. An ihm nahmen “19 Akteur:innen aus Initiativen, Vereinen, Ministerien, Fördermittelinstitutionen und diversen Netzwerken” teil.
Lewerenz und Mit-Autorin Celina M. Hertel arbeiten vier Spannungsfelder heraus:
Abschließend legt die Arbeit dar, worin die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Studie Lösungen sehen. Ausgewählte Beispiele: Es bräuchte mehr Räume, in denen Projektträger untereinander über Erfahrungen, Herausforderungen und Kooperationsmöglichkeiten sprechen könnten. Zudem sollte es einen breiteren Diskurs geben “zwischen denen, die Förderrichtlinien gestalten, und denen, die damit arbeiten müssen”. Und es brauche dringend digitale Lösungen, um Projekte komplett digital beantragen zu können. Holger Schleper
Viele der geflüchteten Kinder und Jugendlichen in Berlin gehen nicht zur Schule. Von den 915 geflüchteten Kindern und Jugendlichen, die in der Gemeinschaftsunterkunft Tegel untergebracht sind, werden gerade einmal 248, also weniger als ein Drittel, in der extra dafür geschaffenen “Willkommensschule” unterrichtet. Das geht aus der Antwort auf eine Kleine Anfrage der Linken hervor.
Für das neue Schuljahr ist geplant, mehr Räume des Containerbaus für Unterricht zu nutzen. Zudem möchte der Senat den Angaben zufolge ein Ganztagsangebot schaffen. Aktuell befindet sich dieses jedoch noch “in der Planungsphase”. Außerdem soll das Sport- und Freizeitprogramm an der Flüchtlingsschule auf dem früheren Flughafengelände Tegel ausgebaut werden. So sind unter anderem offene AGs am Nachmittag sowie Exkursionen vorgesehen, damit die Kinder und Jugendlichen Berlin kennenlernen können. Kooperationen mit Sportvereinen sind – über ein halbes Jahr nach Eröffnung der Schule – allerdings noch “im Aufbau”.
Die Aussicht, möglichst bald eine reguläre Schule besuchen zu können, fehlt den meisten Kindern und Jugendlichen der Berliner Gemeinschaftsunterkünfte allerdings weiterhin. Zusätzlich zu der Willkommensschule Tegel soll nun auch am ehemaligen Flughafen Tempelhof eine temporäre Schule entstehen.
Franziska Brychcy, Berliner Abgeordnete der Linken, kritisierte via X “die dauerhafte, separierte Beschulung geflüchteter Kinder und Jugendlicher”. Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch argumentierte dagegen bei der Eröffnung der ersten Willkommensschule, diese Maßnahme sei notwendig, um das Recht auf Bildung zu sichern. An den Regelschulen würden schlicht der Platz und die Kapazitäten fehlen.
Für die Willkommensschule in Tegel baue man aktuell eine Kooperation mit einer Grundschule in der Nähe auf, heißt es aus dem Senat. Davon sollen immerhin die geflüchteten Grundschülerinnen und -schüler profitieren. Vera Kraft
Lesen Sie auch: Flüchtlingsschule statt Integration: Diese Folgen hat die separate Beschulung
Der Schulbuchverlag Klett hat eine KI-gestützte Assistenz für Lehrkräfte entwickelt. Am 2. September möchte Klett damit in die Testphase starten, wie Klett Table.Briefings exklusiv mitteilte. Die Anwendung soll Lehrkräften helfen, den Unterricht zu planen und geeignete Aufgaben zu erstellen. Zunächst ist die Assistenz nur für das Fach Erdkunde für die fünften bis zehnten Klassen am Gymnasium verfügbar. Die Beta-Phase soll sechs Monate dauern und zunächst mit rund 3.000 Nutzern stattfinden, wie Klett mitteilte.
“Das Tool soll Lehrkräfte entlasten und Impulse für guten Unterricht geben”, sagt Klett-Geschäftsführer Maximilian Schulyok zu Table.Briefings. Dafür habe man ein eigenes Modell, basierend auf eigenen Inhalten, entwickelt. Konkret heißt das: Klett beauftragte einen externen Dienstleister, 1000 Grad Digital aus Leipzig, ein Modell zu programmieren. Als Basis für die Antworten des Chatbots dienen die Schulbücher und andere Unterrichtsmaterialien von Klett.
“Die Antworten sind damit alle korrekt, altersgerecht und entsprechen den Lehrplänen”, versichert Schulyok. Zudem seien die Daten alle sicher auf deutschen Servern gespeichert. Die Eingaben von Lehrern werden nicht zum Trainieren des KI-Modells verwendet.
Damit geht Klett einen anderen Weg als sein Konkurrent, der Cornelsen Verlag. Dieser startete bereits im April mit einer ähnlichen Anwendung in die Beta-Phase (Table.Briefings berichtete). Die KI-Assistenz von Cornelsen basiert allerdings unter anderem auf den ChatGPT-Modellen der US-amerikanischen Firma OpenAI. Die Daten speichert Cornelsen aber auch auf europäischen Servern und nutzt sie nicht zum Trainieren von KI-Modellen.
Vorteilhaft für Lehrkräfte – und die Marktposition von Klett – ist, dass das neue Tool kein “Stand-alone-Produkt” sein soll. Stattdessen soll es in den bereits existierenden digitalen Unterrichtsassistenten von Klett eingebettet werden. Ziel sei es, die eigenen Produkte damit noch leistungsfähiger zu machen, sagt Schulyok.
Als nächster Schritte soll das Lehrerprodukt auf weitere Fächer ausgeweitet werden. Auf Erdkunde sollen voraussichtlich gesellschafts- und naturwissenschaftliche Fächer, später dann auch Fremdsprachen und Mathematik folgen. “Perspektivisch ist auch eine Schülerlösung geplant“, sagt Klett-Geschäftsführer Schulyok. Diese soll Kinder und Jugendliche beim individuellen Lernen unterstützen. Vera Kraft
Die rückläufigen Studierendenzahlen hängen möglicherweise stark mit der Einführung des 49-Euro-Tickets zusammen. Zu diesem Ergebnis kommt das Statistische Landesamt Nordrhein-Westfalen in einer Kurzanalyse. Vor der Einführung des Deutschlandtickets erhielten Studierende in NRW ein landesweit gültiges Semesterticket; in den meisten anderen Bundesländern gab es ähnliche Regelungen. Viele Arbeitnehmer schrieben sich nur deshalb für einen zulassungsfreien Studiengang an einer Hochschule ein. Da das 49-Euro-Ticket nun preislich etwa auf Höhe des Semesterbeitrags liegt, lohnt sich das nicht mehr.
Als weiteren möglichen Grund führt das Statistische Landesamt den Fachkräftemangel an. Dieser könne dazu führen, dass Studierende die Hochschule schon früher verlassen und beispielsweise bereits mit einem Bachelor-Abschluss ins Berufsleben starten, statt ein mindestens zweijähriges Master-Studium anzuschließen. Denkbar sei zudem, “dass sich die Krisen der vergangenen Jahre wie die Coronapandemie und die Inflation (weiter) auswirken”, heißt es in der Analyse.
Laut bereits im November vergangenen Jahres veröffentlichten Zahlen des Statistischen Bundesamts ist die Zahl der Studierenden deutschlandweit im Wintersemester 2023/24 gegenüber dem Vorjahr von 2,92 auf 2,86 Millionen gesunken. Das entspricht einem Rückgang von etwa 1,8 Prozent. In NRW fiel der Rückgang mit 4,3 Prozent am höchsten aus.
Das einzige Bundesland, in dem die Zahl deutlich stieg, ist Thüringen. Dort waren im Wintersemester 2023/24 rund 144.000 Studierende immatrikuliert. Ein Jahr zuvor waren es lediglich 136.000 – ein Plus von 6,2 Prozent. Wie eine Sprecherin des thüringischen Wissenschaftsministeriums auf Anfrage von Table.Briefings mitteilte, ist dies vor allem auf die steigenden Zahlen der IU Internationalen Hochschule Erfurt zurückzuführen, die auf Fernstudiengänge spezialisiert ist. Hier stieg die Zahl von 87.000 auf 96.000 an, wodurch der gesamte Zuwachs in Thüringen bereits mehr als gedeckt ist. Die IU ist damit zugleich die Hochschule mit den meisten Studierenden im Freistaat. Maximilian Stascheit
Jouanna Hassoun – Geschäftsführerin von Transaidency
Im Alter von sechs Jahren kam Jouanna Hassoun, Tochter palästinensischer Flüchtlinge, aus dem Libanon nach Deutschland. Anliegen der Geschäftsführerin von Transaidency ist es, mehr Sensibilität für Diversität zu schaffen und demokratische Strukturen zu stärken. Der Verein hilft Menschen in Notlagen und befasst sich mit den Themen Antisemitismus, Nahostkonflikt und Demokratieförderung in Schulen. Nach dem 7. Oktober 2023 hat die Deutsch-Palästinenserin Hassoun gemeinsam mit Shai Hoffmann, der israelische Wurzeln hat, die Trialoge ins Leben gerufen. Gemeinsam gehen sie in Schulen, um mit Schülern über den Nahostkonflikt und die aktuelle Situation zu sprechen. Hassoun leistet damit eine wichtige unterstützende Arbeit für Lehrkräfte.
Katja Hintze – Vorstandsvorsitzende Stiftung Bildung
“In Bildung zu investieren und meine persönliche Lebenszeit dort einzusetzen, halte ich für das nachhaltigste Engagement, um unsere Welt enkeltauglich zu erhalten.” Diese vielsagenden Zeilen schrieb Katja Hintze (hier im ausführlichen Porträt) vor einigen Jahren. Hintze ist Vorstandsvorsitzende und Mitgründerin der Spendenorganisation Stiftung Bildung, die es seit 2012 gibt. Die Stiftung, so ist es nachzulesen, “wirkt über das bundesweite Netzwerk der Fördervereine an Kita und Schule direkt an der Basis, stärkt die Handelnden und lässt Ideen vor Ort Wirklichkeit werden”. Die bestens vernetzte Organisation hat sich insbesondere dank des Engagements von Katja Hintze als viel beachtete Stimme und Impulsgeberin im bildungspolitischen Diskurs fest etabliert. Aktuelles Beispiel: Der Förderpreis “Verein(t) für gute Kita und Schule” wird im November in Berlin verliehen. Thema: “Demokratie gestalten – Frieden und Freiheit l(i)eben”.
Shai Hoffmann – bietet Trialoge zum Nahostkonflikt an Schulen an
Er möchte Schülerinnen und Schüler empathischer machen gegenüber Menschen mit anderen Meinungen – und hat dafür kurz nach dem 7. Oktober 2023 Trialoge an Schulen gestartet. Mit Jouanna Hassoun spricht der Deutsch-Jude mit jeder Klasse 90 Minuten über den Nahostkonflikt. Sein Interesse an der Politik rührt aus seiner Zeit als Künstler, sagt Shai Hoffmann selbst. Denn bevor der Sozialunternehmer und gelernte Hotelfachmann seine politische Arbeit startete, arbeitete er als Schauspieler – unter anderem in mehreren TV-Soaps. Seit 2017 fährt Hoffmann aber mit einem Tinyhouse auf Rädern durch Deutschland und spricht mit Menschen über die Demokratie und über Israel und Palästina. Mehr über Shai Hoffmann erfahren Sie in diesem Porträt.
Stephanie Kowitz-Harms – Leiterin der Geschäftsstelle von MINTvernetzt
Stephanie Kowitz-Harms leitet die zentrale Anlaufstelle für außerschulische MINT-Bildung. Der Unterricht in Fächern wie Physik, Chemie und Mathematik sei in der Schule oft nicht zeitgemäß, sagt Kowitz-Harms. Ihre Organisation vernetzt und unterstützt daher außerschulische MINT-Akteure. Finanziert vom BMBF, bietet MINTvernetzt etwa ein Service-Telefon und Einzelberatung an. Ihre Geschäftsstelle hat die promovierte Historikerin in der Körber-Stiftung, die sich neben anderen an MINTvernetzt beteiligt. Kowitz-Harms ist es ein besonderes Anliegen, mehr Mädchen und Frauen für MINT zu begeistern. Ein ausführliches Porträt gibt es hier.
Kai Lanz – Geschäftsführer und Gründer von Krisenchat
Gerade sein Abitur in der Tasche, gründete Kai Lanz im ersten Corona-Lockdown 2020 mit ehemaligen Mitschülern das gemeinnützige Unternehmen Krisenchat. Seitdem können sich Jugendliche per SMS oder Whatsapp an ehrenamtliche Berater wenden – darunter extra geschulte Psychotherapeuten, Ärzte und Pädagogen. Die Idee: Ein zeitgemäßes Angebot, das einfach erreichbar ist – und das zu jeder Tages- und Nachtzeit. Rund 4.000 Anfragen kommen monatlich. Anfangs sprang Lanz noch hin und wieder selbst als Berater ein. Inzwischen kümmert er sich um das Fundraising und pflegt Kontakte. Wie Lanz auf die Idee für Krisenchat kam, lesen Sie in diesem Porträt.
Jörg F. Maas – Hauptgeschäftsführer der Stiftung Lesen
Mangelnde Lesekompetenz, davon ist Jörg F. Maas überzeugt, ist nicht nur Thema einzelner Bildungswege, sondern betreffe den gesamten Bildungs-, Forschungs- und Wirtschaftsstandort Deutschland. Seit 2011 setzt sich Maas als Hauptgeschäftsführer der Stiftung Lesen in Mainz für bessere Leseförderung ein. Ziel der Stiftung Lesen ist es, Lesekompetenz und Zugänge zum Lesen für alle Alters- und Bevölkerungsgruppen in allen Medien zu stärken. Zuvor war Maas geschäftsführender Vorstand der Stiftung Jugend forscht in Hamburg. Außerdem arbeitete er als Europakoordinator der Bill & Melinda Gates Stiftung in Seattle und als Geschäftsführer der Deutschen Stiftung Weltbevölkerung (DSW).
Alix Puhl – Co-Geschäftsführerin und Gründerin von tomoni mental health
Die Juristin Alix Puhl gründete 2022 mit ihrem Ehemann Oliver Puhl ein Sozialunternehmen. Das Ziel: Psychische Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen sollen früher erkannt und behandelt und Suizide so verhindert werden. Die Motivation für diese Arbeit gründet in einem eigenen Schicksalsschlag: 2020 nahm sich der 16-jährige Sohn der Puhls das Leben. Die tomoni mental health gGmbh schult heute Lehrkräfte in interaktiven Online-Workshops. Sie lernen, wie sie psychische Erkrankungen frühzeitig erkennen können und erfahren, was bei einem Verdacht zu tun ist. Insgesamt soll so die Zusammenarbeit mit Eltern, Therapeuten und dem Umfeld junger Erkrankter besser werden.
Milad Tabesch – Gründer der Initiative “Ruhrpott für Europa”
Milad Tabesch leistet einen wichtigen Beitrag zur Demokratiebildung an Schulen. Er will vor allem jugendliche Erstwähler aufklären und motivieren, ihre Stimme abzugeben. Und er will ihnen zeigen, wie wichtig es ist, dass sie die Zukunft Europas mitgestalten. Zur Gründung der Initiative “Ruhrpott für Europa” hat Tabesch vor allem der starke Zulauf gerade junger Menschen zur AfD motiviert. Dem will er mit Aufklärung in Schulen entgegentreten. Sein Start-up wollte er anfangs eigentlich nebenbei betreiben, aber es wurde schnell sein Lebensinhalt. Und auch nach der Europawahl setzt die Initiative ihre Aufklärungsarbeit fort. Ein ausführliches Porträt gibt es hier.
Kadim Tas – CEO der Joblinge
Seine gemeinnützige Organisation bringt junge arbeitslose Menschen in Ausbildung oder Arbeit. Zur Initiative kam Geschäftsführer Kadim Tas nach dem Politikstudium und ersten Jobs für ein Jugendamt und mehrere Bildungsträger. Er wollte Sozialarbeit näher an den Jugendlichen unterstützen. Joblinge finanziert sich aus öffentlichem Fördergeld und privaten Spenden, deutschlandweit gibt es über 30 Standorte. Mehr als 12.000 Jugendliche wurden schon unterstützt. Die meisten beziehen anfangs Grundsicherung. Im Programm müssen sie ehrenamtlich arbeiten, danach folgt eine Orientierungsphase, in der sie Unternehmen und Mentoren kennenlernen. Die meisten kommen über Praktika zum Ausbildungsplatz. Tas will noch mehr erreichen und fordert, dass Joblinge langfristige Förderung erhält.
Marina Weisband – Projektleiterin von Aula
Die Grünenpolitikerin und Diplom-Psychologin Marina Weisband möchte die Partizipation junger Menschen fördern. Dafür gründete sie vor zehn Jahren Aula, ein Projekt, das Jugendliche in ihrer Selbstwirksamkeit stärken soll. Auf einer Plattform können bereits Fünftklässler Ideen einbringen, was sich an ihrer Schule ändern soll. Grundlage der Plattform war ein Tool der Piratenpartei – deren politische Geschäftsführerin Weisband früher war. Wie sie darüber hinaus die Partizipation von Schülern stärkt, lesen Sie in diesem Porträt.
Research.Table: Bundestagsresolution: Irritationen über mögliche Antisemitismusklausel in der Forschungsförderung. Eine Resolution zum Schutz jüdischen Lebens wollen die Fraktionen der Ampelregierung zusammen mit der CDU/CSU-Fraktion verabschieden. Warum der derzeit kursierende Entwurf mit Blick auf die Wissenschaftsfreiheit zunehmend auf Kritik trifft, lesen Sie hier.
Research.Table: Fördermittelaffäre: Warum Bettina Stark-Watzinger allein zur Sondersitzung geht. Sie kommt zu einer weiteren Forschungsausschuss-Sondersitzung zur Fördermittelaffäre. Das ist die Botschaft von Stark-Watzinger in einer Antwort an den Vorsitzenden Kai Gehring. Welchen weiteren Wünschen der Opposition die Ministerin jedoch nicht entsprechen will, lesen Sie hier.
Zeit: Taliban hindert Mädchen am Schulbesuch. Seit der Machtübernahme der radikalislamischen Taliban 2021 sind mindestens 1,4 Millionen Mädchen vom Besuch einer weiterführenden Schule ausgeschlossen, ein Anstieg von 300.000 seit der letzten Zählung im April 2023. Das teilte die Unesco mit. Auch vom Zugang zu Grundschulbildung seien immer mehr Kinder ausgeschlossen. Afghanistan ist das einzige Land der Welt, das Mädchen über zwölf Jahren den Zugang zur Bildung verwehrt. Seit 2021 ist laut Bericht außerdem die Anzahl der an Universitäten eingeschriebenen Studenten um 53 Prozent zurückgegangen. Für Frauen ist die Ausbildung an einer Universität seit Dezember 2022 verboten. (Dramatische Zahlen der UN für Afghanistan: Taliban verwehren mindestens 1,4 Millionen Mädchen den Schulbesuch)
MDR: Unterrichtsausfall in Sachsen-Anhalt durch Lehrerüberlastung. Elf Prozent der Unterrichtsstunden konnten in dem Bundesland im vergangenen Jahr nicht wie geplant unterrichtet werden. Fünf Prozent aller Unterrichtsstunden sind sogar ersatzlos ausgefallen. Ursache dafür ist der krankheitsbedingte Ausfall von Lehrkräften. Der bildungspolitische Sprecher Thomas Lippmann von der Linken sieht eine Ursache für den erhöhten Lehrausfall in einer zusätzlichen Belastung etwa durch die Vorgriffsstunde. Besonders oft fiel der Unterricht an Förder-, Sekundar- und Grundschulen aus – am seltensten an Gymnasien. (Fünf Prozent des Unterrichts im vergangenen Schuljahr ausgefallen)
New York Times: Extremwetterereignisse führen immer häufiger zu Schulschließungen. In Pakistan, Bangladesch oder auf den Philippinen schlossen Schulen teils mehrere Tage aufgrund von Temperaturen von über 40 Grad Celsius. Besonders arme Länder leiden vermehrt unter den hohen Temperaturen. Auch Überschwemmungen wie in Brasilien oder Indien führen teils zu Schulschließungen. Daher ist es wichtig, Schulgebäude für die veränderten Wetterbedingungen und den Anstieg an Extremwetterereignissen in den kommenden Jahren auszustatten. (How Extreme Heat Is Threatening Education Progress Worldwide)
Dlf: Fachkräftemangel im Ingenieurswesen – trotz ausländischer Fachkräfte. Der neu veröffentlichte Ingenieurmonitor zeigt, dass die Zahl der ausländischen Fachkräfte im Ingenieurswesen seit 2012 um 150 Prozent gestiegen ist. Die Zahl der offenen Stellen sank konjunkturell bedingt zwar zuletzt, durch demografische Veränderungen und neue Herausforderungen wie den Klimawandel oder die Digitalisierung wird der Bedarf aber künftig steigen. Zu wenige Ingenieure und Informatiker führen schon jetzt zu einem Verlust an Innovationskraft: 100.000 nicht besetzte Stellen führen jedes Jahr zu einem Wertschöpfungsverlust von 13 Milliarden Euro. (Deutschland braucht mehr Ingenieure, Int. Axel Plünnecke)
Zeit: Sollten Sommerferientermine auf veränderte Temperaturen reagieren? Vor dem Hintergrund der steigenden Temperaturen an deutschen Lieblingsurlaubszielen stellt sich die Frage, ob sechs Wochen Sommerferien überholt sind. Stattdessen könnte es angemessen sein, diesen langen Zeitraum über das Jahr aufzuteilen. Doch die Planung der Sommerferien ist bereits eine langwierige Kompromissfindung der KMK. Und eine Alternative zu finden, ist schwierig. Laut Berichterstatterin der KMK für die Ferienregelung sei entscheidend, dass zwischen den Ferien genug Abstand ist, damit Zeit für die Lehrinhalte bleibt und gleichzeitig auch dafür, das Gelernte in Prüfungen abzufragen. (Brauchen wir andere Sommerferien?)
am 1. September und in den Tagen danach schaut die Bundesrepublik auf Sachsen und Thüringen. Und es stellt sich die Frage: Welche Auswirkungen haben die Ergebnisse der Landtagswahlen auf die Bildungspolitik? Wie geht es in den Kultusministerien weiter, die aktuell von den Ministern Christian Piwarz (Sachsen, CDU) und Helmut Holter (Thüringen, Linke) geführt werden?
Mein Kollege Maximilian Stascheit hat die Wahlprogramme der Parteien genau unter die Lupe genommen und ihre bildungspolitischen Vorhaben zusammengefasst. Den Auftakt macht sein Beitrag über Thüringen. Sachsen folgt in der kommenden Woche. Brandenburg wählt am 22. September. Auch hier werden wir Ihnen im Vorfeld einen umfassenden Überblick präsentieren.
Merklich in den Fokus der Bildungspolitik rückt aktuell auch die frühkindliche Bildung. Denn die Personalkrise in den Kitas – das haben in dieser Woche Zahlen aus NRW gezeigt – spitzt sich immer weiter zu. Dabei gibt es eine noch zu wenig beachtete, gesamtgesellschaftliche “Systemrelevanz der Kita“. Das zeigt Bernhard Kalicki, Leiter der Abteilung Kinder und Kinderbetreuung beim Deutschen Jugendinstitut, in seinem Beitrag für den Bildung.Table.
Bei all den großen Herausforderungen ist es gut zu wissen, dass es eine eindrucksvoll große Zahl an Personen gibt, die sich beharrlich dafür einsetzen, jungen Menschen gute Bildungschancen zu ermöglichen. In unserer Serie “Top of the Table” stellen wir heute zehn von ihnen aus dem NGO-Bereich vor. Damit endet unsere Serie der 100+10 prägenden Bildungsköpfe. Hier geht es nochmal zu der Übersicht, die auch für viel Zuversicht steht.
Ich wünsche Ihnen eine gehaltvolle Lektüre und ein erholsames Wochenende
Am 1. September finden in Thüringen Landtagswahlen statt. Der Freistaat ist das einzige Bundesland, in dem die Linke mit Bodo Ramelow den amtierenden Ministerpräsidenten stellt; auch Kultusminister Helmut Holter gehört der Partei an. Sie führt das Land derzeit in einer Minderheitsregierung mit SPD und Grünen. Ramelow hat kaum Chancen, im Amt zu bleiben. In Umfragen liegt AfD-Spitzenkandidat Björn Höcke derzeit vorne, gefolgt von der CDU mit Mario Voigt. Die bildungspolitische Landschaft könnte im Freistaat daher vor weitreichenden Veränderungen stehen. Ein Überblick über die zentralen Forderungen der sieben relevantesten Parteien:
Klare Unterschiede gibt es mit Blick auf die Vorstellungen zu Schulformen und dem Umgang mit Inklusion. CDU und AfD plädieren für den Erhalt und die Stärkung des gegliederten Schulsystems, einschließlich der Förderschulen. Beide Parteien sprechen sich in ihren Programmen zudem wortgleich für eine “Inklusion mit Augenmaß” aus.
SPD und Grüne hingegen fördern das Konzept des längeren gemeinsamen Lernens; auch die Linken wollen die Gemeinschaftsschulen weiter ausbauen und als zentrale Schulform etablieren. Das BSW will das gegliederte Schulsystem erhalten, hält die Trennung nach der vierten Klasse aber für zu früh. Die FDP legt den Fokus darauf, die Schulorganisation neu zu strukturieren und unter anderem neben der Schulleitung auch eine kaufmännische Leitung zu installieren.
Hier verlaufen die Trennlinien ähnlich wie beim Schulsystem. CDU und AfD wollen Schulnoten ab der zweiten Klasse wieder einführen – auch Kopfnoten, um etwa Verhalten und Mitarbeit zu bewerten. Die derzeitige Regierungskoalition hat dazu andere Vorstellungen: Linke und Grüne wollen perspektivisch komplett weg vom Ziffernotensystem und fordern dazu in einem ersten Schritt die Abschaffung der Noten in Sport, Kunst und Musik; die SPD möchte die Noten bis zur vierten Klasse durch individuelle Beurteilungen und Gespräche ersetzen.
Drei Parteien machen konkrete Vorschläge zur Personalausstattung: Linke und Grüne wollen eine Quote von 110 Prozent, die CDU spricht sich für eine 105-prozentige Lehrkräfteausstattung an jeder Schule aus. Um Anreize für Lehrkräfte zu verstärken, fordern CDU und SPD eine Übernahmequote für Referendare; die Grünen wollen Lehrer grundsätzlich nur noch unbefristet anstellen.
Auch mit Blick auf die Hochschulen gibt es verschiedene Ideen: Die CDU will die Zulassungsbeschränkungen fürs Lehramtsstudium komplett abschaffen; die Grünen wollen das Studium reformieren und stärker auf den pädagogischen Arbeitsalltag ausrichten. Auch die Linken sprechen sich für mehr Praxisorientierung aus. Das BSW fordert, die Zahl der Quereinsteiger durch duale Ausbildungsformen und die Anerkennung ausländischer Bildungsabschlüsse zu erhöhen. Die AfD will ein Stipendium für Studierende einrichten, die sich verpflichten, längere Zeit in Thüringen zu unterrichten.
Die Digitalisierung ist das Thema, bei dem sich BSW und AfD klar von allen anderen abgrenzen: Beide wollen Smartphones und Tablets in Grundschulen komplett verbieten. Die anderen Parteien überlegen hingegen, wie sich die Digitalisierung verbessern lässt: SPD und Grüne sind sich einig, dass die thüringische Schulcloud weiterentwickelt werden soll, die CDU forderte ein “Sonderprogramm digitale Schule”. Die FDP möchte ein für alle zugängliches “digitales Klassenzimmer” einrichten und plädiert für Informatik beziehungsweise Medienkompetenz als verpflichtendes Schulfach. Auch Linke, Grüne, SPD und CDU wollen die Medienkompetenz der Schülerinnen und Schüler stärken.
Die Parteien sind sich einig, dass der Fachkräfte-Kind-Schlüssel besser werden muss; die Forderungen dazu sind allerdings unterschiedlich konkret. SPD, Linke und FDP fordern eine vollständige Beitragsfreiheit für die frühkindliche Bildung; auch die CDU spricht sich dafür aus, allerdings erst nach der Verbesserung der Fachkräftesituation. SPD, Linke und BSW befürworten ein kostenfreies Mittagessen in Kitas; die CDU will stattdessen die Umsatzsteuer für Kindergartenessen auf 7 Prozent senken. Die AfD fordert “altersgerechtes Spielen” und spricht sich gegen Sexualerziehung im Kindergartenalter aus.
Zur Stärkung der Berufsausbildung machen die Parteien unterschiedliche Vorschläge. Die Linke will einen Ausbildungsunterstützungsfonds einrichten, in den alle Betriebe einen geringen Anteil ihrer Bruttolohnsumme einzahlen und entsprechend ihrer Anzahl an Azubis etwas zurückzubekommen; außerdem fordert sie ein Sonderprogramm für junges Wohnen. Die SPD will eine umlagefinanzierte Ausbildungsgarantie. Die Grünen fordern eine Mindestvergütung für die Ausbildung in Höhe von 80 Prozent der durchschnittlichen Vergütung im ersten Lehrjahr.
Die CDU legt einen Schwerpunkt auf Digitalisierung und spricht sich dafür aus, Azubis Lehrangebote in einer “digitalen Berufsschule” anzubieten. Christdemokraten und FDP wollen zudem die Meisterausbildung kostenlos machen. Auch im AfD-Programm ist diese Forderung enthalten – verbunden mit der Bedingung, dass die Teilnehmer längerfristig in Thüringen bleiben.
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Die Petition “Jedes Kind zählt!” fordert mehr Profilstellen in Kitas, verbindliche Mindestpersonalstandards, eine stärkere Praxis- und Fachberatung sowie ausreichend Kita-Plätze für alle Kinder. Sie wurde bis Anfang Juli 2024 von mehr als 216.000 Personen unterzeichnet.
Diese Petition greift die Kernideen des Zwischenberichts der AG Frühe Bildung (2024) auf. Vertreter von Bund und Ländern haben ihn unter Beteiligung der kommunalen Spitzenverbände erarbeitet. Die Jugend- und Familienministerkonferenz der Länder und die Bundesfamilienministerin haben den Bericht im März 2024 in einem “Letter of Intent” bekräftigt. Was ist nun nötig? In meinen Augen geht es um drei Themen:
Mit den Berichten der AG Frühe Bildung und AG Gesamtstrategie Fachkräfte liegen brauchbare Konzepte vor. Offenbar braucht es einen weiteren Anlauf, diese Ideen konzertiert umzusetzen. Die anstehende Bundestagswahl bietet hierzu die nächste Chance.
Bernhard Kalicki ist Professor für Frühkindliche Bildung an der Evangelischen Hochschule Dresden (EHS). Beim Deutschen Jugendinstitut (DJI) in München, nach Angaben der Organisation “eines der größten sozialwissenschaftlichen Forschungsinstitute Europas”, leitet er die Abteilung Kinder und Kinderbetreuung.
Um den Beruf des Pflegeassistenten attraktiver zu machen, will die Ampel die Ausbildung vereinheitlichen. Das Bundesfamilien- und das Bundesgesundheitsministerium haben daher einen Referentenentwurf vorgelegt (zum Download), an dem nun mehrere Verbände Kritik üben.
Bisher gibt es laut dem Bundesinstitut für Berufsbildung 27 verschiedene Ausbildungsgänge in den Bundesländern, die sich inhaltlich und auch formal, etwa bei der Ausbildungslänge, unterscheiden. Nur gut die Hälfte der Azubis hat bisher zudem Anspruch auf eine Vergütung. Das will der Bund ändern und dafür laut Entwurf etwa 87 Millionen Euro jährlich in die Hand nehmen. Das wird von den Verbänden grundsätzlich begrüßt.
Uneinigkeit herrscht jedoch, was die Ausbildungsdauer betrifft. Zwölf oder 18 Monate sieht die Ampel hier vor. Zu kurz, findet der Deutsche Pflegerat, ein Dachverband großer Berufsverbände der Pflegebranche. Der Pflegerat spricht sich für 24 Monate aus, wie es in einigen Länder bereits Usus ist. Präsidentin Christine Vogler fürchtet sonst “eine erhebliche Deprofessionalisierung”. Künftig sollen Pflegeassistenten auch einen Teil der medizinischen Behandlungspflege übernehmen.
Von Arbeitgeberseite kommt hingegen Zuspruch zu einer sogar nur einjährigen Ausbildung. Bernd Meurer, Präsident des Bundesverbands privater Anbieter sozialer Dienste, betont, Pflegeeinrichtungen lehnten schon jetzt Anfragen wegen Personalmangels ab. “In dieser Krisensituation zählt jeder Monat.” Ähnlich sieht das der Arbeitgeberverband Pflege. Er verweist auf Möglichkeiten, sich weiterzuqualifizieren und argumentiert, ein Jahr sei “ein Zeitraum, den sich Personen als Vollzeitausbildung vorstellen können, insbesondere dann, wenn sie schon mitten im Berufsleben stehen und entsprechende Fixkosten haben”.
Der Verband Deutscher Privatschulverbände (VDP) spricht sich dafür aus, Lehrpersonal für die neue Ausbildung auch mit einem Abschluss auf Bachelor-Niveau statt wie geplant nur auf Master-Niveau zuzulassen. Schon jetzt hätten Pflegeschulen Engpässe beim Personal, bauten daher Ausbildungsplätze ab oder müssten schließen. Der VDP vertritt bundesweit unter anderem Pflegeschulen in freier Trägerschaft.
Der Mangel würde noch verschärft, wenn an die Lehrkräfte für Pflegeassistenten nun gleiche Maßstäbe angelegt würden. “Es wird weder aktuell noch in naher Zukunft ausreichend qualifiziertes Personal geben”, heißt es in der Stellungnahme. Der VDP plädiert zudem für ein Lehrer-Schüler-Verhältnis von maximal 1:25 – statt wie geplant 1:20.
Durch die Vereinheitlichung der Ausbildung will der Bund den Fachkräftemangel in der Pflege abschwächen, ähnlich wie mit der Reform der Pflegeausbildung 2020. Pflegeassistentinnen und Pflegeassistenten leisten den Großteil der Pflegearbeit – etwa Pflegebedürftige waschen, ankleiden oder Einkäufe erledigen. Der Bund geht davon aus, dass mittelfristig allein für die vollstationäre Langzeitpflege 100.0000 Pflegeassistenten fehlen werden. Anna Parrisius
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Die Förderstruktur und -finanzierung für Projekte der außerschulischen politischen Bildung in Sachsen ist nur schwer zu überblicken. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie der John-Dewey-Forschungsstelle für die Didaktik der Demokratie (JoDDiD). Diese extreme Unübersichtlichkeit habe ihn überrascht, sagte Rico Lewerenz Table.Briefings, Autor der Studie mit dem Titel “Demokratische Bildung im ,Förderdickicht’“.
Die Studie versucht im ersten Schritt, einen Überblick für Sachsen zu erstellen – der “keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt”. Allerdings vermittelt schon die Auflistung an Förderstrukturen auf den verschiedenen Ebenen einen deutlichen Eindruck der Herausforderungen. Demnach gibt es eine europäische Ebene, eine bilaterale (Beispiel Deutsch-Polnisches Jugendwerk) und eine bundesdeutsche. Dazu kommen noch Förderungen vom Land, von den Kommunen sowie aus der Privatwirtschaft, von Gewerkschaften und Stiftungen.
Der Studie zugrunde liegen 16 leitfadengestützte Interviews mit insgesamt 20 Akteuren aus dem Bereich der außerschulischen politischen Bildung. Dazu kommen Daten aus einem Forschung-Praxis-Dialog. An ihm nahmen “19 Akteur:innen aus Initiativen, Vereinen, Ministerien, Fördermittelinstitutionen und diversen Netzwerken” teil.
Lewerenz und Mit-Autorin Celina M. Hertel arbeiten vier Spannungsfelder heraus:
Abschließend legt die Arbeit dar, worin die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Studie Lösungen sehen. Ausgewählte Beispiele: Es bräuchte mehr Räume, in denen Projektträger untereinander über Erfahrungen, Herausforderungen und Kooperationsmöglichkeiten sprechen könnten. Zudem sollte es einen breiteren Diskurs geben “zwischen denen, die Förderrichtlinien gestalten, und denen, die damit arbeiten müssen”. Und es brauche dringend digitale Lösungen, um Projekte komplett digital beantragen zu können. Holger Schleper
Viele der geflüchteten Kinder und Jugendlichen in Berlin gehen nicht zur Schule. Von den 915 geflüchteten Kindern und Jugendlichen, die in der Gemeinschaftsunterkunft Tegel untergebracht sind, werden gerade einmal 248, also weniger als ein Drittel, in der extra dafür geschaffenen “Willkommensschule” unterrichtet. Das geht aus der Antwort auf eine Kleine Anfrage der Linken hervor.
Für das neue Schuljahr ist geplant, mehr Räume des Containerbaus für Unterricht zu nutzen. Zudem möchte der Senat den Angaben zufolge ein Ganztagsangebot schaffen. Aktuell befindet sich dieses jedoch noch “in der Planungsphase”. Außerdem soll das Sport- und Freizeitprogramm an der Flüchtlingsschule auf dem früheren Flughafengelände Tegel ausgebaut werden. So sind unter anderem offene AGs am Nachmittag sowie Exkursionen vorgesehen, damit die Kinder und Jugendlichen Berlin kennenlernen können. Kooperationen mit Sportvereinen sind – über ein halbes Jahr nach Eröffnung der Schule – allerdings noch “im Aufbau”.
Die Aussicht, möglichst bald eine reguläre Schule besuchen zu können, fehlt den meisten Kindern und Jugendlichen der Berliner Gemeinschaftsunterkünfte allerdings weiterhin. Zusätzlich zu der Willkommensschule Tegel soll nun auch am ehemaligen Flughafen Tempelhof eine temporäre Schule entstehen.
Franziska Brychcy, Berliner Abgeordnete der Linken, kritisierte via X “die dauerhafte, separierte Beschulung geflüchteter Kinder und Jugendlicher”. Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch argumentierte dagegen bei der Eröffnung der ersten Willkommensschule, diese Maßnahme sei notwendig, um das Recht auf Bildung zu sichern. An den Regelschulen würden schlicht der Platz und die Kapazitäten fehlen.
Für die Willkommensschule in Tegel baue man aktuell eine Kooperation mit einer Grundschule in der Nähe auf, heißt es aus dem Senat. Davon sollen immerhin die geflüchteten Grundschülerinnen und -schüler profitieren. Vera Kraft
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Der Schulbuchverlag Klett hat eine KI-gestützte Assistenz für Lehrkräfte entwickelt. Am 2. September möchte Klett damit in die Testphase starten, wie Klett Table.Briefings exklusiv mitteilte. Die Anwendung soll Lehrkräften helfen, den Unterricht zu planen und geeignete Aufgaben zu erstellen. Zunächst ist die Assistenz nur für das Fach Erdkunde für die fünften bis zehnten Klassen am Gymnasium verfügbar. Die Beta-Phase soll sechs Monate dauern und zunächst mit rund 3.000 Nutzern stattfinden, wie Klett mitteilte.
“Das Tool soll Lehrkräfte entlasten und Impulse für guten Unterricht geben”, sagt Klett-Geschäftsführer Maximilian Schulyok zu Table.Briefings. Dafür habe man ein eigenes Modell, basierend auf eigenen Inhalten, entwickelt. Konkret heißt das: Klett beauftragte einen externen Dienstleister, 1000 Grad Digital aus Leipzig, ein Modell zu programmieren. Als Basis für die Antworten des Chatbots dienen die Schulbücher und andere Unterrichtsmaterialien von Klett.
“Die Antworten sind damit alle korrekt, altersgerecht und entsprechen den Lehrplänen”, versichert Schulyok. Zudem seien die Daten alle sicher auf deutschen Servern gespeichert. Die Eingaben von Lehrern werden nicht zum Trainieren des KI-Modells verwendet.
Damit geht Klett einen anderen Weg als sein Konkurrent, der Cornelsen Verlag. Dieser startete bereits im April mit einer ähnlichen Anwendung in die Beta-Phase (Table.Briefings berichtete). Die KI-Assistenz von Cornelsen basiert allerdings unter anderem auf den ChatGPT-Modellen der US-amerikanischen Firma OpenAI. Die Daten speichert Cornelsen aber auch auf europäischen Servern und nutzt sie nicht zum Trainieren von KI-Modellen.
Vorteilhaft für Lehrkräfte – und die Marktposition von Klett – ist, dass das neue Tool kein “Stand-alone-Produkt” sein soll. Stattdessen soll es in den bereits existierenden digitalen Unterrichtsassistenten von Klett eingebettet werden. Ziel sei es, die eigenen Produkte damit noch leistungsfähiger zu machen, sagt Schulyok.
Als nächster Schritte soll das Lehrerprodukt auf weitere Fächer ausgeweitet werden. Auf Erdkunde sollen voraussichtlich gesellschafts- und naturwissenschaftliche Fächer, später dann auch Fremdsprachen und Mathematik folgen. “Perspektivisch ist auch eine Schülerlösung geplant“, sagt Klett-Geschäftsführer Schulyok. Diese soll Kinder und Jugendliche beim individuellen Lernen unterstützen. Vera Kraft
Die rückläufigen Studierendenzahlen hängen möglicherweise stark mit der Einführung des 49-Euro-Tickets zusammen. Zu diesem Ergebnis kommt das Statistische Landesamt Nordrhein-Westfalen in einer Kurzanalyse. Vor der Einführung des Deutschlandtickets erhielten Studierende in NRW ein landesweit gültiges Semesterticket; in den meisten anderen Bundesländern gab es ähnliche Regelungen. Viele Arbeitnehmer schrieben sich nur deshalb für einen zulassungsfreien Studiengang an einer Hochschule ein. Da das 49-Euro-Ticket nun preislich etwa auf Höhe des Semesterbeitrags liegt, lohnt sich das nicht mehr.
Als weiteren möglichen Grund führt das Statistische Landesamt den Fachkräftemangel an. Dieser könne dazu führen, dass Studierende die Hochschule schon früher verlassen und beispielsweise bereits mit einem Bachelor-Abschluss ins Berufsleben starten, statt ein mindestens zweijähriges Master-Studium anzuschließen. Denkbar sei zudem, “dass sich die Krisen der vergangenen Jahre wie die Coronapandemie und die Inflation (weiter) auswirken”, heißt es in der Analyse.
Laut bereits im November vergangenen Jahres veröffentlichten Zahlen des Statistischen Bundesamts ist die Zahl der Studierenden deutschlandweit im Wintersemester 2023/24 gegenüber dem Vorjahr von 2,92 auf 2,86 Millionen gesunken. Das entspricht einem Rückgang von etwa 1,8 Prozent. In NRW fiel der Rückgang mit 4,3 Prozent am höchsten aus.
Das einzige Bundesland, in dem die Zahl deutlich stieg, ist Thüringen. Dort waren im Wintersemester 2023/24 rund 144.000 Studierende immatrikuliert. Ein Jahr zuvor waren es lediglich 136.000 – ein Plus von 6,2 Prozent. Wie eine Sprecherin des thüringischen Wissenschaftsministeriums auf Anfrage von Table.Briefings mitteilte, ist dies vor allem auf die steigenden Zahlen der IU Internationalen Hochschule Erfurt zurückzuführen, die auf Fernstudiengänge spezialisiert ist. Hier stieg die Zahl von 87.000 auf 96.000 an, wodurch der gesamte Zuwachs in Thüringen bereits mehr als gedeckt ist. Die IU ist damit zugleich die Hochschule mit den meisten Studierenden im Freistaat. Maximilian Stascheit
Jouanna Hassoun – Geschäftsführerin von Transaidency
Im Alter von sechs Jahren kam Jouanna Hassoun, Tochter palästinensischer Flüchtlinge, aus dem Libanon nach Deutschland. Anliegen der Geschäftsführerin von Transaidency ist es, mehr Sensibilität für Diversität zu schaffen und demokratische Strukturen zu stärken. Der Verein hilft Menschen in Notlagen und befasst sich mit den Themen Antisemitismus, Nahostkonflikt und Demokratieförderung in Schulen. Nach dem 7. Oktober 2023 hat die Deutsch-Palästinenserin Hassoun gemeinsam mit Shai Hoffmann, der israelische Wurzeln hat, die Trialoge ins Leben gerufen. Gemeinsam gehen sie in Schulen, um mit Schülern über den Nahostkonflikt und die aktuelle Situation zu sprechen. Hassoun leistet damit eine wichtige unterstützende Arbeit für Lehrkräfte.
Katja Hintze – Vorstandsvorsitzende Stiftung Bildung
“In Bildung zu investieren und meine persönliche Lebenszeit dort einzusetzen, halte ich für das nachhaltigste Engagement, um unsere Welt enkeltauglich zu erhalten.” Diese vielsagenden Zeilen schrieb Katja Hintze (hier im ausführlichen Porträt) vor einigen Jahren. Hintze ist Vorstandsvorsitzende und Mitgründerin der Spendenorganisation Stiftung Bildung, die es seit 2012 gibt. Die Stiftung, so ist es nachzulesen, “wirkt über das bundesweite Netzwerk der Fördervereine an Kita und Schule direkt an der Basis, stärkt die Handelnden und lässt Ideen vor Ort Wirklichkeit werden”. Die bestens vernetzte Organisation hat sich insbesondere dank des Engagements von Katja Hintze als viel beachtete Stimme und Impulsgeberin im bildungspolitischen Diskurs fest etabliert. Aktuelles Beispiel: Der Förderpreis “Verein(t) für gute Kita und Schule” wird im November in Berlin verliehen. Thema: “Demokratie gestalten – Frieden und Freiheit l(i)eben”.
Shai Hoffmann – bietet Trialoge zum Nahostkonflikt an Schulen an
Er möchte Schülerinnen und Schüler empathischer machen gegenüber Menschen mit anderen Meinungen – und hat dafür kurz nach dem 7. Oktober 2023 Trialoge an Schulen gestartet. Mit Jouanna Hassoun spricht der Deutsch-Jude mit jeder Klasse 90 Minuten über den Nahostkonflikt. Sein Interesse an der Politik rührt aus seiner Zeit als Künstler, sagt Shai Hoffmann selbst. Denn bevor der Sozialunternehmer und gelernte Hotelfachmann seine politische Arbeit startete, arbeitete er als Schauspieler – unter anderem in mehreren TV-Soaps. Seit 2017 fährt Hoffmann aber mit einem Tinyhouse auf Rädern durch Deutschland und spricht mit Menschen über die Demokratie und über Israel und Palästina. Mehr über Shai Hoffmann erfahren Sie in diesem Porträt.
Stephanie Kowitz-Harms – Leiterin der Geschäftsstelle von MINTvernetzt
Stephanie Kowitz-Harms leitet die zentrale Anlaufstelle für außerschulische MINT-Bildung. Der Unterricht in Fächern wie Physik, Chemie und Mathematik sei in der Schule oft nicht zeitgemäß, sagt Kowitz-Harms. Ihre Organisation vernetzt und unterstützt daher außerschulische MINT-Akteure. Finanziert vom BMBF, bietet MINTvernetzt etwa ein Service-Telefon und Einzelberatung an. Ihre Geschäftsstelle hat die promovierte Historikerin in der Körber-Stiftung, die sich neben anderen an MINTvernetzt beteiligt. Kowitz-Harms ist es ein besonderes Anliegen, mehr Mädchen und Frauen für MINT zu begeistern. Ein ausführliches Porträt gibt es hier.
Kai Lanz – Geschäftsführer und Gründer von Krisenchat
Gerade sein Abitur in der Tasche, gründete Kai Lanz im ersten Corona-Lockdown 2020 mit ehemaligen Mitschülern das gemeinnützige Unternehmen Krisenchat. Seitdem können sich Jugendliche per SMS oder Whatsapp an ehrenamtliche Berater wenden – darunter extra geschulte Psychotherapeuten, Ärzte und Pädagogen. Die Idee: Ein zeitgemäßes Angebot, das einfach erreichbar ist – und das zu jeder Tages- und Nachtzeit. Rund 4.000 Anfragen kommen monatlich. Anfangs sprang Lanz noch hin und wieder selbst als Berater ein. Inzwischen kümmert er sich um das Fundraising und pflegt Kontakte. Wie Lanz auf die Idee für Krisenchat kam, lesen Sie in diesem Porträt.
Jörg F. Maas – Hauptgeschäftsführer der Stiftung Lesen
Mangelnde Lesekompetenz, davon ist Jörg F. Maas überzeugt, ist nicht nur Thema einzelner Bildungswege, sondern betreffe den gesamten Bildungs-, Forschungs- und Wirtschaftsstandort Deutschland. Seit 2011 setzt sich Maas als Hauptgeschäftsführer der Stiftung Lesen in Mainz für bessere Leseförderung ein. Ziel der Stiftung Lesen ist es, Lesekompetenz und Zugänge zum Lesen für alle Alters- und Bevölkerungsgruppen in allen Medien zu stärken. Zuvor war Maas geschäftsführender Vorstand der Stiftung Jugend forscht in Hamburg. Außerdem arbeitete er als Europakoordinator der Bill & Melinda Gates Stiftung in Seattle und als Geschäftsführer der Deutschen Stiftung Weltbevölkerung (DSW).
Alix Puhl – Co-Geschäftsführerin und Gründerin von tomoni mental health
Die Juristin Alix Puhl gründete 2022 mit ihrem Ehemann Oliver Puhl ein Sozialunternehmen. Das Ziel: Psychische Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen sollen früher erkannt und behandelt und Suizide so verhindert werden. Die Motivation für diese Arbeit gründet in einem eigenen Schicksalsschlag: 2020 nahm sich der 16-jährige Sohn der Puhls das Leben. Die tomoni mental health gGmbh schult heute Lehrkräfte in interaktiven Online-Workshops. Sie lernen, wie sie psychische Erkrankungen frühzeitig erkennen können und erfahren, was bei einem Verdacht zu tun ist. Insgesamt soll so die Zusammenarbeit mit Eltern, Therapeuten und dem Umfeld junger Erkrankter besser werden.
Milad Tabesch – Gründer der Initiative “Ruhrpott für Europa”
Milad Tabesch leistet einen wichtigen Beitrag zur Demokratiebildung an Schulen. Er will vor allem jugendliche Erstwähler aufklären und motivieren, ihre Stimme abzugeben. Und er will ihnen zeigen, wie wichtig es ist, dass sie die Zukunft Europas mitgestalten. Zur Gründung der Initiative “Ruhrpott für Europa” hat Tabesch vor allem der starke Zulauf gerade junger Menschen zur AfD motiviert. Dem will er mit Aufklärung in Schulen entgegentreten. Sein Start-up wollte er anfangs eigentlich nebenbei betreiben, aber es wurde schnell sein Lebensinhalt. Und auch nach der Europawahl setzt die Initiative ihre Aufklärungsarbeit fort. Ein ausführliches Porträt gibt es hier.
Kadim Tas – CEO der Joblinge
Seine gemeinnützige Organisation bringt junge arbeitslose Menschen in Ausbildung oder Arbeit. Zur Initiative kam Geschäftsführer Kadim Tas nach dem Politikstudium und ersten Jobs für ein Jugendamt und mehrere Bildungsträger. Er wollte Sozialarbeit näher an den Jugendlichen unterstützen. Joblinge finanziert sich aus öffentlichem Fördergeld und privaten Spenden, deutschlandweit gibt es über 30 Standorte. Mehr als 12.000 Jugendliche wurden schon unterstützt. Die meisten beziehen anfangs Grundsicherung. Im Programm müssen sie ehrenamtlich arbeiten, danach folgt eine Orientierungsphase, in der sie Unternehmen und Mentoren kennenlernen. Die meisten kommen über Praktika zum Ausbildungsplatz. Tas will noch mehr erreichen und fordert, dass Joblinge langfristige Förderung erhält.
Marina Weisband – Projektleiterin von Aula
Die Grünenpolitikerin und Diplom-Psychologin Marina Weisband möchte die Partizipation junger Menschen fördern. Dafür gründete sie vor zehn Jahren Aula, ein Projekt, das Jugendliche in ihrer Selbstwirksamkeit stärken soll. Auf einer Plattform können bereits Fünftklässler Ideen einbringen, was sich an ihrer Schule ändern soll. Grundlage der Plattform war ein Tool der Piratenpartei – deren politische Geschäftsführerin Weisband früher war. Wie sie darüber hinaus die Partizipation von Schülern stärkt, lesen Sie in diesem Porträt.
Research.Table: Bundestagsresolution: Irritationen über mögliche Antisemitismusklausel in der Forschungsförderung. Eine Resolution zum Schutz jüdischen Lebens wollen die Fraktionen der Ampelregierung zusammen mit der CDU/CSU-Fraktion verabschieden. Warum der derzeit kursierende Entwurf mit Blick auf die Wissenschaftsfreiheit zunehmend auf Kritik trifft, lesen Sie hier.
Research.Table: Fördermittelaffäre: Warum Bettina Stark-Watzinger allein zur Sondersitzung geht. Sie kommt zu einer weiteren Forschungsausschuss-Sondersitzung zur Fördermittelaffäre. Das ist die Botschaft von Stark-Watzinger in einer Antwort an den Vorsitzenden Kai Gehring. Welchen weiteren Wünschen der Opposition die Ministerin jedoch nicht entsprechen will, lesen Sie hier.
Zeit: Taliban hindert Mädchen am Schulbesuch. Seit der Machtübernahme der radikalislamischen Taliban 2021 sind mindestens 1,4 Millionen Mädchen vom Besuch einer weiterführenden Schule ausgeschlossen, ein Anstieg von 300.000 seit der letzten Zählung im April 2023. Das teilte die Unesco mit. Auch vom Zugang zu Grundschulbildung seien immer mehr Kinder ausgeschlossen. Afghanistan ist das einzige Land der Welt, das Mädchen über zwölf Jahren den Zugang zur Bildung verwehrt. Seit 2021 ist laut Bericht außerdem die Anzahl der an Universitäten eingeschriebenen Studenten um 53 Prozent zurückgegangen. Für Frauen ist die Ausbildung an einer Universität seit Dezember 2022 verboten. (Dramatische Zahlen der UN für Afghanistan: Taliban verwehren mindestens 1,4 Millionen Mädchen den Schulbesuch)
MDR: Unterrichtsausfall in Sachsen-Anhalt durch Lehrerüberlastung. Elf Prozent der Unterrichtsstunden konnten in dem Bundesland im vergangenen Jahr nicht wie geplant unterrichtet werden. Fünf Prozent aller Unterrichtsstunden sind sogar ersatzlos ausgefallen. Ursache dafür ist der krankheitsbedingte Ausfall von Lehrkräften. Der bildungspolitische Sprecher Thomas Lippmann von der Linken sieht eine Ursache für den erhöhten Lehrausfall in einer zusätzlichen Belastung etwa durch die Vorgriffsstunde. Besonders oft fiel der Unterricht an Förder-, Sekundar- und Grundschulen aus – am seltensten an Gymnasien. (Fünf Prozent des Unterrichts im vergangenen Schuljahr ausgefallen)
New York Times: Extremwetterereignisse führen immer häufiger zu Schulschließungen. In Pakistan, Bangladesch oder auf den Philippinen schlossen Schulen teils mehrere Tage aufgrund von Temperaturen von über 40 Grad Celsius. Besonders arme Länder leiden vermehrt unter den hohen Temperaturen. Auch Überschwemmungen wie in Brasilien oder Indien führen teils zu Schulschließungen. Daher ist es wichtig, Schulgebäude für die veränderten Wetterbedingungen und den Anstieg an Extremwetterereignissen in den kommenden Jahren auszustatten. (How Extreme Heat Is Threatening Education Progress Worldwide)
Dlf: Fachkräftemangel im Ingenieurswesen – trotz ausländischer Fachkräfte. Der neu veröffentlichte Ingenieurmonitor zeigt, dass die Zahl der ausländischen Fachkräfte im Ingenieurswesen seit 2012 um 150 Prozent gestiegen ist. Die Zahl der offenen Stellen sank konjunkturell bedingt zwar zuletzt, durch demografische Veränderungen und neue Herausforderungen wie den Klimawandel oder die Digitalisierung wird der Bedarf aber künftig steigen. Zu wenige Ingenieure und Informatiker führen schon jetzt zu einem Verlust an Innovationskraft: 100.000 nicht besetzte Stellen führen jedes Jahr zu einem Wertschöpfungsverlust von 13 Milliarden Euro. (Deutschland braucht mehr Ingenieure, Int. Axel Plünnecke)
Zeit: Sollten Sommerferientermine auf veränderte Temperaturen reagieren? Vor dem Hintergrund der steigenden Temperaturen an deutschen Lieblingsurlaubszielen stellt sich die Frage, ob sechs Wochen Sommerferien überholt sind. Stattdessen könnte es angemessen sein, diesen langen Zeitraum über das Jahr aufzuteilen. Doch die Planung der Sommerferien ist bereits eine langwierige Kompromissfindung der KMK. Und eine Alternative zu finden, ist schwierig. Laut Berichterstatterin der KMK für die Ferienregelung sei entscheidend, dass zwischen den Ferien genug Abstand ist, damit Zeit für die Lehrinhalte bleibt und gleichzeitig auch dafür, das Gelernte in Prüfungen abzufragen. (Brauchen wir andere Sommerferien?)