oft kommen wir in unserem Briefing um schlechte Nachrichten nicht herum. Anfang der Woche wurde die Aufsehen erregende ifo-Studie veröffentlicht – mit alarmierenden Zahlen zum Thema Bildungsgerechtigkeit. Und eine Entscheidung über den Digitalpakt II ist nach dem Auslaufen seines Vorgängers am Donnerstag immer noch nicht in Sicht.
Aber heute beleuchten wir für Sie auch zwei positive Entwicklungen: Die Initiative #NeustartBildungJetzt hat gestern ein Konzept für einen “Bildungsdialog für Deutschland” vorgestellt. 94 Stiftungen, Verbände und andere Organisationen haben sich dem Bündnis bislang angeschlossen. Ziel ist es, neue Wege zu finden, um im Schulterschluss zwischen Politik und Zivilgesellschaft, Kindern und Jugendlichen Antworten und Lösungen für die großen Herausforderungen in der Bildung zu finden. Und tatsächlich hat die KMK in einer ersten Reaktion bekundet, sich auf einen solchen Dialog einzulassen. Nach einem gescheiterten Bildungsgipfel und einer nie umgesetzten Taskforce Bildung ist das doch mal eine Ansage. Wir haben bei verschiedenen Akteuren nachgefragt, wie der Dialog konkret aussehen soll.
Und noch eine gute Nachricht: Die Quinoa-Schule in Berlin wird zehn Jahre alt. Bei ihrer Gründung dachte kaum jemand, dass eine Privatschule, die sich an Kinder richtet, deren Eltern kein Schulgeld zahlen können, überleben kann. Hat sie aber, und zwar mit großem Erfolg. Welches Konzept dahintersteckt und was andere Schulen von Quinoa lernen können, haben wir uns vor Ort angeschaut. Das Porträt dieser und anderer nachahmenswerter Schulen, Projekte und Initiativen sammeln wir in unserer neuen Serie “Best Practice Bildung”.
Lassen Sie sich inspirieren und kommen Sie gut ins Pfingstwochenende!
Transformation im Bildungssystem scheitert häufig am Streit um die Verantwortlichkeit. Das prominenteste Beispiel dafür dürfte aktuell wohl das Gerangel um den Digitalpakt 2.0 sein. Doch angesichts der “massiven Herausforderungen” brauche es nun einen “Schulterschluss zwischen Politik und Zivilgesellschaft”, um gemeinsam an Lösungen zu arbeiten. Das fordern knapp 100 Organisationen – aus unterschiedlichen Bildungskontexten. Obwohl ihre Rolle in dem Prozess noch nicht ganz klar ist, zeigen sich sowohl die Kultusministerkonferenz als auch die Bundesbildungsministerin in ihren ersten Reaktionen kooperationsbereit.
Verschiedene Bildungs-, Wohlfahrts-, Eltern- und Fachkräfteverbände, Gewerkschaften, Stiftungen und Bildungsinitiativen haben sich zusammengeschlossen und ein Konzept für einen “Bildungsdialog” erarbeitetet. Im Vordergrund stehen keine Inhalte – was die Einigung sicherlich erschwert hätte – sondern die Schaffung einer Struktur. Konkret geht es um ein Format, das den Austausch politischer und zivilgesellschaftlicher Akteure, darunter auch Kinder und Jugendliche, ermöglicht.
Um einen Bildungsdialog über die Grenzen von Ressorts und Ebenen hinweg zu erreichen, wollen die Organisationen:
Die KMK zeigte bereits “eine grundsätzliche Bereitschaft”, sich an den Dialogformaten zu beteiligen. Es gehöre zu den eigenen Aufgaben, “Debatten darüber anstoßen, dass die Transformation in der Bildung nicht nur eine Angelegenheit einzelner Länder oder Institutionen ist, sondern eine gemeinsame Verantwortung aller Akteure auf nationaler Ebene“, sagte Christine Streichert-Clivot, KMK-Präsidentin und Bildungsministerin des Saarlandes.
Stefanie Hubig, Bildungsministerin von Rheinland-Pfalz und A-Länder-Koordinatorin ergänzte im Austausch mit Table.Briefings: “Gemeinsam zu handeln, in den Dialog zu gehen, zuzuhören – das alles ist der Kern von Demokratie, für die wir alle uns mehr denn je stark machen müssen.”
Die Offenheit seitens der Politik dürfte insbesondere daran liegen, dass das Bündnis im Vorfeld viele Gespräche geführt hat. “Zum einen standen wir im Austausch mit KMK und JFMK, zum anderen haben wir auch Gespräche mit ehemaligen Politikerinnen und Politikern geführt”, sagt Dagmar Wolf, Bereichsleiterin Bildung bei der Robert Bosch Stiftung.
Diese Art des Austausches ist bemerkenswert – aus dreierlei Gründen:
Denn entstanden ist die Zusammenarbeit der verschiedenen Organisationen gewissermaßen aus Frust – in erster Linie über einen Bildungsgipfel ohne Strahlkraft. Die Initiative #NeustartBildungJetzt konzentrierte sich vor rund einem Jahr noch primär auf die Forderung, Bildung “zur Chefsache” machen.
Nun haben die Organisationen wohl umgedacht und beschlossen, die Transformation selbst in die Hand zu nehmen. In sechs Treffen, im Zeitraum von September 2023 bis März 2024, diskutierten 30 zivilgesellschaftliche Organisationen in einer Arbeitsgruppe sowohl digital als auch in Präsenz, wie sich eine neue Dialogkultur etablieren lasse. Das dabei entstandene Konzept für einen neuen Dialog hat bislang insgesamt 94 Unterstützer gefunden.
Es bringt eine gewisse Ironie mit sich, dass das Bündnis damit genau das umsetzt, was bei Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger auf dem Bildungsgipfel noch nach einer schwachen Rechtfertigung klang. “Die Arbeit passiert an der Basis”, entgegnete die Ministerin damals der Kritik, dass der Gipfel nicht hochkarätiger besetzt sei. Es ist immerhin konsequent, dass nun auch von ihrer Seite Unterstützung für die Initiative kommt: “Ich finde das Engagement der zivilgesellschaftlichen Organisationen beeindruckend, und wir brauchen das.”
Gleichzeitig schafft das Bündnis damit zumindest den ersten Schritt für etwas, was Stark-Watzinger bereits selbst initiieren wollte. Die Bildungsministerin wollte eine Task-Force von Bund, Ländern und Kommunen einrichten. Statt zu einer neuen “Kultur der Zusammenarbeit” führte diese Idee bislang allerdings nur zu weiterem Streit zwischen Bund und Ländern.
Die große Herausforderung liegt nun darin, den Worten Taten folgen zu lassen. “In einem ersten Schritt wird es nun darum gehen, unter den Beteiligten beispielhaft ein Thema zu verabreden, um einen solchen Bildungsdialog anzustoßen”, sagte KMK-Präsidentin Stefanie Streichert-Clivot. Doch auch darüber hinaus gibt es noch viele offene Fragen, etwa zur Organisation und Finanzierung.
“Wichtig ist auch, dass wir wegkommen, von bilateralen Arbeitsgruppen zwischen einem zivilgesellschaftlichen Initiator und einem Bundesland hin zu multilateralen Gruppen, in denen wir Antworten finden für große Themen“, sagt Dagmar Wolf von der Robert Bosch Stiftung. Es gehe darum, Projekte zu entwickeln und Programme aufzulegen, die länderübergreifend seien.
Zur Gründung der Quinoa-Schule in Berlin vor zehn Jahren dachten viele: Ambitioniert, aber so etwas klappt doch nicht. Hat es aber: Die staatlich anerkannte Schule feiert in diesem Jahr ihr zehnjähriges Bestehen. Es ist eine Privatschule, die sich größtenteils über Spenden finanziert. Eine Privatschule, die sich nicht an privilegierte Kinder richtet. Eine Privatschule mitten in Wedding, in einem sozial benachteiligten Stadtteil mit hoher Armutsquote und hohem Migrantenanteil. Vor zehn Jahren wurden Schlagzeilen wie diese in die Welt geschickt: “Bildung für die Armen”, schrieb der Spiegel. “Deutschlands erste Hartz-IV-Schule”, titelte die BILD.
Bei der Quinoa-Schule kam das nicht gut an. Sie wollten diesen Stempel nicht. Pantelis Pavlakidis, der Schulleiter, beschreibt seine Schule so: “Die erste und einzige spendenfinanzierte Privatschule in Deutschland, die sich an die Kinder des Kiezes richtet – ohne Berücksichtigung der finanziellen oder kulturellen Herkunft.”
173 Schülerinnen und Schüler lernen in der Integrierten Sekundarschule von Klasse 7 bis 10. Nach den aktuellsten Zahlen von 2022 haben 96 Prozent einen Schulabschluss geschafft, mehr als an anderen Schulen im Bezirk.
Das ist auch deshalb beachtlich, weil einige Kinder schon Brüche in ihrer Schulkarriere haben, bevor sie zu Quinoa kommen. Viele haben Lernschwierigkeiten, manche auch schon mehr als einen Schulwechsel hinter sich. Die Schule will den Kindern aber unvoreingenommen begegnen. “Name, Nationalität, Herkunft – all das spielt keine Rolle”, betont Pavlakidis. Und wenn ein Kind nicht gut Deutsch spricht, sei das von Belang, weil danach die Unterstützung im Unterricht geplant werde. Eine Herausforderung, die aber gemeistert werden kann.
Das klingt sehr ambitioniert. Aber die Frage bleibt: Wie funktioniert das?
Hendrikje Lorenz, die Geschäftsführerin der Quinoa Bildung gGmbH, muss da nicht lange überlegen: “Beziehungsarbeit”, das sei der Schlüssel. “An unserer Schule gibt es ein echtes Interesse für die Kids, das durchdringt alles.” Und sorge für eine gute Lernatmosphäre. “Man kann Motivation nicht mit dem Knüppel eintreiben, sondern es flutscht, wenn die Schüler sich wohlfühlen und Selbstvertrauen bekommen.”
Man sollte sich den Unterrichtstag an der Quinoa-Schule nun aber nicht so vorstellen, “dass wir hier den ganzen Tag kuscheln”, wirft Pavlakidis ein. Es gebe auch hier wie an jeder anderen Schule Konflikte. Aber man schaue eben nicht weg und man suche Lösungen für Konflikte, Lernschwierigkeiten und andere Hürden. Damit sich ein soziales Gefüge entwickeln kann, gibt es an der Quinoa-Schule ein wichtiges Aufnahmekriterium: Nicht Noten sind entscheidend, sondern dass Eltern sich bereiterklären, dass ihre Kinder an Klassenfahrten teilnehmen.
Die Beziehungsarbeit schließt auch die Eltern ein. Um sprachliche Hürden zu überwinden, hat die Quinoa-Schule von Beginn an türkischsprachige Kolleginnen im Team und seit fünf Jahren auch eine Kollegin, die Arabisch spricht. “Das hat die Türen zu vielen Familien geöffnet”, sagt Pavlakidis. Und ohne die Eltern gehe es nicht, weil sie selbst häufig negative Erfahrungen in der Schule gemacht hätten. Und dieses “Ich kann eh nix” übertrage sich dann auf die Kinder und wirke sich negativ auf den Lernprozess aus.
Und die Beziehungsarbeit hört auch nicht mit dem Ende der Schulzeit auf. Immer mehr Schulabgänger haben Probleme beim Übergang in eine Ausbildung, der Mismatch zwischen Betrieben und Jugendlichen nimmt zu. Das betrifft genauso Schüler der Quinoa-Schule. Die Schule begleitet die Jugendlichen daher auch noch nach dem Schulabschluss. Verantwortlich dafür ist die Kollegin, die den Bereich Berufsorientierung an der Schule verantwortet. Sie hält den Kontakt zu den Alumni, berät sie, begleitet sie bei Bedarf zu Terminen in Betrieben. Und Teil dieser Anschlussbegleitung ist auch Mathematik-Nachhilfe, die eine Mathematiklehrerin jeden Freitag anbietet. Manchmal kommen die Alumni noch vier Jahre nach ihrem Abschluss. Solange eben, bis sie einen Anschluss gefunden haben.
Man könnte auch sagen, bis ihre Zukunft beginnt. “Zukunft”, so heißt auch ein Fach an der Quinoa-Schule, das sich durch die gesamte Schulzeit zieht und in dem Berufsorientierung im Fokus steht. Das erste Praktikum findet schon in der siebten Klasse statt.
Mal von der “Zukunft” abgesehen, unterscheidet sich der Unterricht aber nicht sehr von anderen Schulen. Wenn man in die Klassenräume schaut, stehen die Tische eher frontal ausgerichtet. “Viele Schüler kommen mit großen Lücken und brauchen viel Förderung und auch eine enge Führung”, erklärt der Schulleiter. Die Schule ist inzwischen auch vom Modulunterricht in Mathematik, Deutsch und Englisch abgerückt. Zu Beginn gab es immer nur ein Hauptfach pro Woche, um ein Thema intensiv zu erarbeiten. “Aber wenn dann Mathe erst wieder nach drei Wochen drankam, haben viele Schüler den Anschluss verloren.” Daher ist die Schule zu einem klassischeren Stundenplan zurückgekehrt.
Das ist typisch für die Quinoa-Schule: Nicht an einem einmal entwickelten Konzept festhalten, sondern immer wieder überprüfen, ob es trägt. Daher evaluiert sich die Schule jedes Jahr und erstellt einen Wirkungsbericht.
Flexibilität braucht sie auch in Bezug auf das Personal. Lange hat die Schule zum Beispiel nach einer Sonderpädagogin oder einem Sonderpädagogen gesucht. “Das ist oft so schwer, wie Feenstaub zu finden”, sagt die Geschäftsführerin. Die Schule hätte warten können – “bis zum St. Nimmerleinstag”. Aber das wollte sie nicht. Daher wurde stattdessen eine Lerntherapeutin angestellt, die nun Fördermaßnahmen entwickelt. Und im Kollegium sind ein Großteil der 27 pädagogischen Fachkräfte Quereinsteiger. Etwa 60 Prozent haben kein grundständiges Lehramtsstudium absolviert.
Pavlakidis selbst ist auch Quereinsteiger. Angefangen hat er bei der Gründung der Schule in der Verwaltung, zuständig fürs Fundraising. Nach zwei Jahren ist er in den pädagogischen Bereich gewechselt, mit den Fächern Interkulturelles Lernen und Weltbürgerkunde. Möglich war dies, weil der Senat seine Zeit als Fellow der Bildungsinitiative Teach First als pädagogische Grundbildung anerkannte. Seit 2018 ist er Schulleiter.
Wenn er jetzt auf die zehn Jahre an der Quinoa-Schule zurückblickt, sagt er: “Das war schon ein kleines Wunder. Wir haben eine Schule an den Start gebracht, die keinen Namen hatte, keinen Ort und zunächst noch keine Lehrkräfte.” Der Name fand sich schnell: Quinoa, so heißt eine besonders robuste Getreidesorte. Die ersten Lehrkräfte und Quereinsteiger fanden sich auch. Mit dem Gebäude war es schwieriger. Das erste Jahr war die Quinoa-Schule mit ihrer ersten siebten Klasse in einer leerstehenden Büro-Etage. Aber es war von vornherein klar, dass sie danach einen neuen Ort brauchte. Den fand die Schule schließlich im Gebäude einer früheren Kosmetikfirma – zwischen Malerbetrieb und Autowerkstatt.
Es gibt beschaulichere Orte für eine Schule, aber von solchen Widrigkeiten lässt sich die Schulleitung nicht beirren. Und der Zulauf gibt ihr recht. Jedes Jahr hat die Schule etwa ein Drittel mehr Bewerber als Plätze zu vergeben.
Die Anerkennung der Schule zeigt sich auch darin, dass sie zu den wenigen Privatschulen gehört, die vom Bonus-Programm profitieren. Damit unterstützt der Berliner Senat Schulen in herausfordernder Lage. Auf Anfrage von Table.Briefings bei der Senatsbildungsverwaltung waren im Jahr 2023 von den insgesamt 264 Bonus-Schulen sieben allgemeinbildende Schulen in privater Trägerschaft. Die Quinoa-Schule ist die einzige Integrierte Sekundarschule. Nun hofft Pavlakidis, dass seine Schule auch beim Startchancen-Programm dabei ist.
Und die Schule hat Zukunftspläne. Die Erweiterungspläne für das Gebäude hängen schon an der Wand des Leitungsbüros: Eine Lernwerkstatt soll im Anbau entstehen. Gerade die praktische Arbeit – mit den eigenen Händen Lösungen zu schaffen – habe für Kinder mit Lernschwierigkeiten eine große pädagogische Relevanz, sagt Pavlakidis.
Aber nicht nur das Schulgebäude wächst. Inzwischen gibt es auch eine zweite Quinoa-Schule in Herne – unabhängig in der Geschäftsführung, aber mit dem Quinoa-Konzept aus Berlin. Lorenz könnte sich noch mehr Quinoa-Schulen vorstellen. Am liebsten auch eine Grundschule. Damit die Kinder mehr Zeit in der Quinoa-Schule und für ihre Entwicklung hätten. Aber das ist nun wirklich Zukunftsmusik.
Die Verhandlungen zwischen Bund und Ländern zum Digitalpakt II ziehen sich weiter. Nachdem die Länder Ende der vergangenen Woche ihr Positionspapier vorgelegt haben, sollen die Verhandlungen auf Arbeitsebene in der kommenden Wochen fortgesetzt werden, wie Table.Briefings aus informierten Kreisen erfuhr. Demnach trifft sich am Mittwoch und Donnerstag (22./23. Mai) zunächst die Fach-AG. Für den 28. Mai ist dann die nächste Verhandlungsgruppe auf Ebene der Staatssekretäre angesetzt. Der ursprüngliche Zeitplan, demzufolge der Digitalpakt II bis zum Auslaufen seines Vorgängers am 15. Mai stehen sollte, ist nun offiziell gerissen.
Selbst auf das Ziel, den Digitalpakt II zu Beginn des kommenden Jahres an den Start zu bringen, will sich Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger nun nicht mehr festlegen. “Wir wollen alle, dass der Digitalpakt 2.0 2025 kommt”, sagte sie zu Table.Briefings. “Wir müssen aber aus dem ersten Digitalpakt lernen und ihn besser und unbürokratischer machen. Er muss neben der Infrastruktur auch die Frage der Lehrer-Aus- und Weiterbildung und der pädagogischen Konzepte beinhalten”, so Stark-Watzinger. Sie sehe aber auf beiden Seiten “Einigungswillen und konstruktive Gespräche”.
Um den Digitalpakt II effektiver und unbürokratischer zu machen, hat das Bündnis für Bildung, ein Zusammenschluss von Schulträgern und Vertretern der öffentlichen Hand, ein Positionspapier (hier zum Download) mit 15 “Learnings” aus dem Digitalpakt Schule verfasst. Das Papier liegt Table.Briefings exklusiv vor. Darin fordert das Bündnis unter anderem:
“Der Digitalpakt 2.0 muss kommen. Noch wichtiger ist aber, dass er auch in der richtigen Form kommt”, sagte Christian Büttner, Vorsitzender des Bündnisses, zu Table.Briefings.
Der Geduldsfaden für die Verhandlungen scheint insbesondere in den Ländern mittlerweile arg strapaziert. Niedersachsens Kultusministerin Julia Willie Hamburg äußerte sich in einer Landtagssitzung entsprechend: Als Teil der Verhandlungsgruppe rede ihre Landesregierung “seit nunmehr 18 Monaten mit dem Bund”. Dennoch sei das ursprüngliche Ziel eines nahtlosen Übergangs nicht erreicht worden. “Wie Sie wissen, sind die Verhandlungen langwierig, mäandernd, erratisch”, erklärte die Grünen-Politikerin. Maximilian Stascheit/Annette Kuhn
Die Ampel-Koalition will die Bafög-Reform noch vor der parlamentarischen Sommerpause verabschieden. Am Donnerstag fand im Bundestag die erste Lesung zum Gesetzentwurf von Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) statt. Hinter den Kulissen haben die Beratungen zwischen den Ampel-Fraktionen jedoch schon deutlich früher begonnen.
Vor allem SPD und Grüne sind noch nicht einverstanden mit dem Gesetzentwurf des Bundesbildungsministeriums und pochen auf Nachbesserungen. Wie Table.Briefings aus Koalitionskreisen erfuhr, geht es bei den Verhandlungen vor allem um drei Punkte:
Auch in der Parlamentsdebatte am Mittwoch machten SPD und Grüne deutlich, dass eine Erhöhung für sie unverhandelbar sei. “Ich möchte das hier so deutlich formulieren: Es darf keine Nullrunde im Bafög geben“, sagte etwa Lina Seitzl (SPD). Grünen-Politiker Kai Gehring forderte ebenfalls “ein Plus bei den Bedarfssätzen und auch beim Wohnkostenzuschuss”.
Der Zeitplan für die Ampel-Parteien ist eng, da bis zur Sommerpause wenig Zeit bleibt und in den beiden kommenden Wochen keine Bundestagssitzungen stattfinden. Daher sollen im Juni die Anhörung im Bildungsausschuss und die Verabschiedung im Plenum stattfinden, um das Gesetz Anfang Juli durch den Bundesrat zu bringen. Nur dann könnten die Schüler bereits wie geplant zum neuen Schuljahr von den Änderungen profitieren. Für Studierende gelten die neuen Regelungen dann ab dem Wintersemester 2024/25. Maximilian Stascheit
Der Pakt für berufliche Schulen hat in Berlin seine Arbeit aufgenommen. Am Donnerstag konstituierte sich der Fachbeirat. Zu ihm gehören Vertreter von
Sie besprachen unter anderem die Geschäftsordnung, die in der nächsten Sitzung des Fachbeirats, voraussichtlich im September, beschlossen werden soll, wie Table.Briefings aus Teilnehmerkreisen erfuhr.
Jährlich soll es ein Schwerpunktthema für die Paktarbeit geben. Allerdings seien in der konstituierenden Sitzung zunächst nur Vorschläge für Schwerpunktthemen von den Teilnehmern über Mentimeter gesammelt worden. Aus den Vorschlägen soll nun die sogenannte Kerngruppe, in der Vertreter der KMK, des BMBF und des BIBB-Hauptausschusses sitzen, eine Auswahl für die kommende Sitzung treffen.
Am Vortag gab es bereits eine Diskussionsveranstaltung zum Berufsschulpakt auf dem Fachkräftekongress von DIHK und Industrie- und Handelskammern. Dort forderte Brigitte Scheuerle, Geschäftsführerin der IHK Frankfurt am Main, Bund, Länder und Kommunen sollten Standards für die Berufsschulen verabreden, etwa zu deren Ausstattung. Gerd Roser, Leiter des Referats Berufliche Bildung im Sekretariat der KMK, betonte, mit Ausbildungsordnungen und Rahmenlehrplänen gäbe es bereits Standards. Mit Blick auf die Schulträger sagte er: “Stadt und Landkreise sind sich durchaus bewusst, dass gut funktionierende berufliche Schulen ein entscheidender Wirtschaftsfaktor sind.” Zwar hänge es am Ende von der Finanzkraft der Kommune ab, aber diese machten bereits “sehr viel”.
Laut Teilnehmerkreisen könnte die Arbeit des Paktes am Ende vor allem auf Empfehlungen hinauslaufen. Dabei solle darauf geachtet werden, dass es keine Doppelarbeit gibt, etwa mit der Allianz für Aus- und Weiterbildung – in der bereits viele Mitglieder des Fachbeirates sitzen. Im Entwurf der Geschäftsordnung, der Table.Briefings vorliegt, heißt es, der Fachbeirat habe “die Aufgabe, (Handlungs-)Empfehlungen hinsichtlich der gemeinsam von den Paktpartnern zu bearbeitenden Themen- und Gestaltungsfelder abzugeben“. Die Empfehlungen sollten “Grundlage für Selbstverpflichtungen, Kooperationen oder sonstige Umsetzungsformate der Paktpartner” sein. Die Arbeit des Pakts ist zunächst für fünf Jahre angesetzt. Die Federführung liegt bei den Ländern. Anna Parrisius
Schülern solle vermittelt werden, dass das Lehramt in MINT-Fächern ein Zukunftsberuf ist. Und der Beruf brauche einen festen Platz im Angebot der Berufsberatung – das empfiehlt zumindest das Nationale MINT-Forum in einem Impulspapier (zum Download). Mitglieder im Forum sind unter anderem die Hochschulrektorenkonferenz, die Bundesagentur für Arbeit und die Bundesvereinigung Deutscher Arbeitgeberverbände.
In der Einleitung des Papiers heißt es, das Fehlen von MINT-Lehrkräften führe schon jetzt dazu, dass die Leistungen von Schülern rückläufig seien, besonders in Mathematik. Perspektivisch drohe Deutschland eine “Abwärtsspirale, die die Fachkräftelücke immer größer werden lässt”. Am Ende könne es auch zu Innovations- und Wertschöpfungsverlusten kommen.
Lesen Sie auch: MINT-Bildung: Wie KI helfen könnte, den Abwärtstrend zu stoppen
Kurzfristig empfiehlt das Nationale MINT-Forum daher die Einbindung außerschulischer Lernpartner in den Unterricht wie Schullabore oder Maker-Spaces. Die Länder sollten Quer- und Seiteneinsteigende gezielter anwerben und bundesweit einheitliche Bedingungen und Qualitätsstandards für den Quer- und Seiteneinstieg schaffen. Außerdem seien hybride Formate und mehr Selbstlernzeiten sinnvoll – zumindest in höheren Jahrgangsstufen – und der Einsatz KI-basierter digitaler Anwendungen.
Auf mittlere Sicht fordert die Interessenvertretung für MINT-Bildung, mehr gegen Studienabbrüche im Lehramtsstudium zu tun. Helfen könnten frühere Praxisphasen an Schulen und mehr Veranstaltungen, die explizit auf das Lehramtsstudium abgestimmt sind. Lehrer sollten von Aufgaben der Verwaltung und der Unterrichtsvorbereitung entlastet werden und Schulen zeitgemäß ausgestattet sein – damit sie als Arbeitsorte attraktiv sind. Obendrein empfehlen die Autoren, ein Angebot wie die Digitale Landesschule, die Mecklenburg-Vorpommern 2023 eröffnet hat, bundesweit in Betracht zu ziehen. Schülerinnen und Schüler können dort digitale Angebote nutzen, wenn Unterricht ausfällt.
Lesen Sie hier mehr über die Digitale Landesschule in Mecklenburg-Vorpommern
Langfristig fordert das Nationale MINT-Forum, die Lehramtsausbildung insgesamt zu modernisieren und aufzuwerten. Unumgänglich seien etwa Professuren zur Unterstützung der Lehre in der Fachdidaktik, um Lehramtsstudierende besser zu betreuen. Und es brauche qualitativ hochwertige und praxisnahe Fortbildungsangebote und einen besseren Austausch zwischen den Bundesländern in der Lehrerbildung. anpa
Der Trend der rückläufigen Betreuungsquote der Drei- bis Fünfjährigen in Deutschland setzt sich fort. Zum Stichtag am 1. März 2023 besuchten 90,9 Prozent der Kinder dieser Altersgruppe eine Kindertageseinrichtung. Ein Jahr zuvor waren es noch 92 Prozent, 2014 sogar 94,5 Prozent. Das zeigen Zahlen aus dem aktuellen Familienreport (hier zum Download), den das Bundesfamilienministerium in dieser Woche veröffentlicht hat.
Daraus geht auch hervor, dass viele Kinder keinen Kita-Platz erhalten haben: “Im Jahr 2022 wünschten sich 96,5 Prozent der Eltern mit Kindern in dieser Altersgruppe einen Kita-Platz. Damit lag der Betreuungsbedarf 4,5 Prozentpunkte über der Betreuungsquote“, heißt es in dem Bericht. Ost-West-Unterschiede spielten dabei “kaum eine Rolle”.
Anders sieht die Entwicklung bei den unter Dreijährigen aus: Abgesehen von einem leichten Knick während der Corona-Pandemie steigt die Quote kontinuierlich an. Am 1. März 2023 lag sie bei 36,4 Prozent und damit 1,1 Prozent höher als im Vorjahr. Im Vergleich zu 2006 hat sich die Betreuungsquote in dieser Altersgruppe fast verdreifacht.
Mit Blick auf den subjektiven Betreuungsbedarf der Eltern weist der Bericht hier explizit einen “politischen Handlungsbedarf” aus. Denn obwohl sich etwa die Hälfte der Eltern 2022 mit Kindern in dieser Altersgruppe einen Betreuungsplatz gewünscht hatte, befand sich nur jedes zweite Kind tatsächlich in einer Betreuungseinrichtung. Auffällig ist in dieser Altersgruppe zudem der große Unterschied zwischen Ost- und Westdeutschland. Die Betreuungsquote von 54,2 Prozent im Osten lag im Jahr 2023 21,5 Prozentpunkte über der Quote im Westen (32,7 Prozent).
Noch deutlicher fällt dieser Unterschied bei der Betreuungsquote von Grundschulkindern aus: Im Schuljahr 2021/22 lag die Quote der Kinder, die eine Ganztagsschule oder Tageseinrichtung besuchten, in Ostdeutschland mit 83 Prozent rund 35 Prozentpunkte höher als in Westdeutschland (48 Prozent). Innerhalb Ostdeutschlands variiert die Quote zwischen 75 Prozent in Sachsen-Anhalt und 90 Prozent in Thüringen.
Auch der Ganztagsbedarf liegt in Ostdeutschland (88 Prozent) deutlich über dem Bedarf in Westdeutschland (58 Prozent). Dass die westdeutschen Bundesländer hier Nachholbedarf haben, zeigt die Lücke zwischen Betreuungsquote und -bedarf, die im Westen (zehn Prozent) doppelt so hoch ausfällt wie im Osten (fünf Prozent). Angesichts des ab 2026 in Kraft tretenden Rechtsanspruchs auf Betreuung im Grundschulalter werden laut Bericht bundesweit etwa 470.000 zusätzliche Plätze benötigt, um den Bedarf der Eltern erfüllen zu können. max
Research.Table. Warum sich Hanna Veiler für junges jüdisches Leben in Europa engagiert. Die Vorsitzende der jüdischen Studierendenunion Hanna Veiler wurde vergangene Woche als “Frau Europas” ausgezeichnet. Wie schwer es junge Jüdinnen und Juden aktuell an deutschen Universitäten haben und wie Veiler die aktuellen Proteste an den Hochschulen bewertet, lesen Sie hier.
Research.Table. Mehr Frauen in Hochschulleitungen – doch Gleichberechtigung fehlt noch. Rund die Hälfte der deutschen Universitäten wird von Frauen geführt, meldet das CHE. Das klingt nach einer guten Nachricht. Bei näherer Betrachtung zeigt sich jedoch, dass Gleichberechtigung noch lange nicht erreicht ist. Wieso Parität und Diversität noch fehlen, lesen Sie hier.
Zeit: Warum Gefühle im Schulunterricht eine größere Rolle spielen sollten. Unter anderem in dem Pisa-Vorreiterland Kanada ist “Wirksames Lernen” das pädagogische Ziel. Körperliches und mentales Wohlbefinden genießt hierbei eine hohe Priorität. Zudem sollen auch emotionale und soziale Kompetenzen geschult werden. So können Schüler besser mit anderen und deren Gefühlen umgehen und auch die eigenen Gefühle besser verstehen. In Neuseeland richten Schulen, die einen ähnlichen Weg einschlagen, “Maker Spaces” ein, in denen sich Schüler kreativ ausleben können. Auch neue Stundenpläne werden erstellt, die sich an den jugendlichen Biorhythmus anpassen und mehr Bewegung im Alltag erlauben. (Wer sich gut fühlt, lernt besser!)
Taz: Für Informatik weniger Kunstunterricht in Hamburg. Ab August 2025 wird Informatik zum Pflichtfach in Hamburg. Für das neue Fach wurden aus der Stundentafel für die Mittelstufe 152 Unterrichtsstunden gekürzt – auf Kosten von Fächern wie Kunst, Musik oder dem jeweiligen Schulprofilfach. Die Stundenplanveränderung ging auf einen Antrag der Hamburger Bürgerschaft zurück, um die Schüler auf die digitaler werdende Zukunft vorzubereiten. Der Fachverband für Kunstpädagogik kritisiert die Änderung. Als Alternative schlägt er vor, Informatik in andere Fächer zu integrieren, etwa Robotik in den Physik- oder den Umgang mit ChatGPT in den Deutschunterricht. (Informatik verdrängt Kunstfächer)
SZ: Die Digitalisierung droht an einigen Schulen ins Stocken zu geraten. Die Probleme mit der digitalen Ausstattung an einer Rostocker Schule erscheinen repräsentativ für die Erfahrungen vieler Schüler und Lehrkräfte. Die vom Geld des ersten Digitalpakts gekauften Tablets können für den Unterricht nicht verwendet werden, weil es kein WLAN gibt. Dieses sollte im neuen Schulgebäude vorhanden sein – doch der Umzug verzögert sich seit Jahren. Entscheidend für den Digitalpakt 2.0 ist neben einer gesicherten Finanzierung auch die Reduzierung von Bürokratie. Genehmigungsprozesse benötigten teils Monate – auch wegen fehlendem Personal und mangelnder Erfahrung in der Verwaltung. (60 Tablets – und dann?)
Tagesspiegel: Mangelnde Kommunikation zur Lehrerausbildung. In Berlin soll die Lehrerausbildung reformiert werden. Sie soll zentraler und digitaler stattfinden, um Personal zu sparen. Denn 300 Lehrkräftestellen sollen von der Ausbildung wieder für den Schulunterricht zurückgewonnen werden. Doch wie genau das dafür zuständige Institut aussehen soll, wird kaum kommuniziert. Nachdem minimale Informationen an die Presse gelangt waren, erhielten die Lehrerausbilder die Aufforderung, über das neue Institut nur noch zurückhaltend und mündlich zu kommunizieren. Währenddessen werden die Schulleitungen im Unklaren gelassen – letzte Informationen erhielten sie im Herbst. (Geheimniskrämerei um neues Institut: Berlin will seine Lehrerausbildung reformieren – und verheimlicht, wie)
oft kommen wir in unserem Briefing um schlechte Nachrichten nicht herum. Anfang der Woche wurde die Aufsehen erregende ifo-Studie veröffentlicht – mit alarmierenden Zahlen zum Thema Bildungsgerechtigkeit. Und eine Entscheidung über den Digitalpakt II ist nach dem Auslaufen seines Vorgängers am Donnerstag immer noch nicht in Sicht.
Aber heute beleuchten wir für Sie auch zwei positive Entwicklungen: Die Initiative #NeustartBildungJetzt hat gestern ein Konzept für einen “Bildungsdialog für Deutschland” vorgestellt. 94 Stiftungen, Verbände und andere Organisationen haben sich dem Bündnis bislang angeschlossen. Ziel ist es, neue Wege zu finden, um im Schulterschluss zwischen Politik und Zivilgesellschaft, Kindern und Jugendlichen Antworten und Lösungen für die großen Herausforderungen in der Bildung zu finden. Und tatsächlich hat die KMK in einer ersten Reaktion bekundet, sich auf einen solchen Dialog einzulassen. Nach einem gescheiterten Bildungsgipfel und einer nie umgesetzten Taskforce Bildung ist das doch mal eine Ansage. Wir haben bei verschiedenen Akteuren nachgefragt, wie der Dialog konkret aussehen soll.
Und noch eine gute Nachricht: Die Quinoa-Schule in Berlin wird zehn Jahre alt. Bei ihrer Gründung dachte kaum jemand, dass eine Privatschule, die sich an Kinder richtet, deren Eltern kein Schulgeld zahlen können, überleben kann. Hat sie aber, und zwar mit großem Erfolg. Welches Konzept dahintersteckt und was andere Schulen von Quinoa lernen können, haben wir uns vor Ort angeschaut. Das Porträt dieser und anderer nachahmenswerter Schulen, Projekte und Initiativen sammeln wir in unserer neuen Serie “Best Practice Bildung”.
Lassen Sie sich inspirieren und kommen Sie gut ins Pfingstwochenende!
Transformation im Bildungssystem scheitert häufig am Streit um die Verantwortlichkeit. Das prominenteste Beispiel dafür dürfte aktuell wohl das Gerangel um den Digitalpakt 2.0 sein. Doch angesichts der “massiven Herausforderungen” brauche es nun einen “Schulterschluss zwischen Politik und Zivilgesellschaft”, um gemeinsam an Lösungen zu arbeiten. Das fordern knapp 100 Organisationen – aus unterschiedlichen Bildungskontexten. Obwohl ihre Rolle in dem Prozess noch nicht ganz klar ist, zeigen sich sowohl die Kultusministerkonferenz als auch die Bundesbildungsministerin in ihren ersten Reaktionen kooperationsbereit.
Verschiedene Bildungs-, Wohlfahrts-, Eltern- und Fachkräfteverbände, Gewerkschaften, Stiftungen und Bildungsinitiativen haben sich zusammengeschlossen und ein Konzept für einen “Bildungsdialog” erarbeitetet. Im Vordergrund stehen keine Inhalte – was die Einigung sicherlich erschwert hätte – sondern die Schaffung einer Struktur. Konkret geht es um ein Format, das den Austausch politischer und zivilgesellschaftlicher Akteure, darunter auch Kinder und Jugendliche, ermöglicht.
Um einen Bildungsdialog über die Grenzen von Ressorts und Ebenen hinweg zu erreichen, wollen die Organisationen:
Die KMK zeigte bereits “eine grundsätzliche Bereitschaft”, sich an den Dialogformaten zu beteiligen. Es gehöre zu den eigenen Aufgaben, “Debatten darüber anstoßen, dass die Transformation in der Bildung nicht nur eine Angelegenheit einzelner Länder oder Institutionen ist, sondern eine gemeinsame Verantwortung aller Akteure auf nationaler Ebene“, sagte Christine Streichert-Clivot, KMK-Präsidentin und Bildungsministerin des Saarlandes.
Stefanie Hubig, Bildungsministerin von Rheinland-Pfalz und A-Länder-Koordinatorin ergänzte im Austausch mit Table.Briefings: “Gemeinsam zu handeln, in den Dialog zu gehen, zuzuhören – das alles ist der Kern von Demokratie, für die wir alle uns mehr denn je stark machen müssen.”
Die Offenheit seitens der Politik dürfte insbesondere daran liegen, dass das Bündnis im Vorfeld viele Gespräche geführt hat. “Zum einen standen wir im Austausch mit KMK und JFMK, zum anderen haben wir auch Gespräche mit ehemaligen Politikerinnen und Politikern geführt”, sagt Dagmar Wolf, Bereichsleiterin Bildung bei der Robert Bosch Stiftung.
Diese Art des Austausches ist bemerkenswert – aus dreierlei Gründen:
Denn entstanden ist die Zusammenarbeit der verschiedenen Organisationen gewissermaßen aus Frust – in erster Linie über einen Bildungsgipfel ohne Strahlkraft. Die Initiative #NeustartBildungJetzt konzentrierte sich vor rund einem Jahr noch primär auf die Forderung, Bildung “zur Chefsache” machen.
Nun haben die Organisationen wohl umgedacht und beschlossen, die Transformation selbst in die Hand zu nehmen. In sechs Treffen, im Zeitraum von September 2023 bis März 2024, diskutierten 30 zivilgesellschaftliche Organisationen in einer Arbeitsgruppe sowohl digital als auch in Präsenz, wie sich eine neue Dialogkultur etablieren lasse. Das dabei entstandene Konzept für einen neuen Dialog hat bislang insgesamt 94 Unterstützer gefunden.
Es bringt eine gewisse Ironie mit sich, dass das Bündnis damit genau das umsetzt, was bei Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger auf dem Bildungsgipfel noch nach einer schwachen Rechtfertigung klang. “Die Arbeit passiert an der Basis”, entgegnete die Ministerin damals der Kritik, dass der Gipfel nicht hochkarätiger besetzt sei. Es ist immerhin konsequent, dass nun auch von ihrer Seite Unterstützung für die Initiative kommt: “Ich finde das Engagement der zivilgesellschaftlichen Organisationen beeindruckend, und wir brauchen das.”
Gleichzeitig schafft das Bündnis damit zumindest den ersten Schritt für etwas, was Stark-Watzinger bereits selbst initiieren wollte. Die Bildungsministerin wollte eine Task-Force von Bund, Ländern und Kommunen einrichten. Statt zu einer neuen “Kultur der Zusammenarbeit” führte diese Idee bislang allerdings nur zu weiterem Streit zwischen Bund und Ländern.
Die große Herausforderung liegt nun darin, den Worten Taten folgen zu lassen. “In einem ersten Schritt wird es nun darum gehen, unter den Beteiligten beispielhaft ein Thema zu verabreden, um einen solchen Bildungsdialog anzustoßen”, sagte KMK-Präsidentin Stefanie Streichert-Clivot. Doch auch darüber hinaus gibt es noch viele offene Fragen, etwa zur Organisation und Finanzierung.
“Wichtig ist auch, dass wir wegkommen, von bilateralen Arbeitsgruppen zwischen einem zivilgesellschaftlichen Initiator und einem Bundesland hin zu multilateralen Gruppen, in denen wir Antworten finden für große Themen“, sagt Dagmar Wolf von der Robert Bosch Stiftung. Es gehe darum, Projekte zu entwickeln und Programme aufzulegen, die länderübergreifend seien.
Zur Gründung der Quinoa-Schule in Berlin vor zehn Jahren dachten viele: Ambitioniert, aber so etwas klappt doch nicht. Hat es aber: Die staatlich anerkannte Schule feiert in diesem Jahr ihr zehnjähriges Bestehen. Es ist eine Privatschule, die sich größtenteils über Spenden finanziert. Eine Privatschule, die sich nicht an privilegierte Kinder richtet. Eine Privatschule mitten in Wedding, in einem sozial benachteiligten Stadtteil mit hoher Armutsquote und hohem Migrantenanteil. Vor zehn Jahren wurden Schlagzeilen wie diese in die Welt geschickt: “Bildung für die Armen”, schrieb der Spiegel. “Deutschlands erste Hartz-IV-Schule”, titelte die BILD.
Bei der Quinoa-Schule kam das nicht gut an. Sie wollten diesen Stempel nicht. Pantelis Pavlakidis, der Schulleiter, beschreibt seine Schule so: “Die erste und einzige spendenfinanzierte Privatschule in Deutschland, die sich an die Kinder des Kiezes richtet – ohne Berücksichtigung der finanziellen oder kulturellen Herkunft.”
173 Schülerinnen und Schüler lernen in der Integrierten Sekundarschule von Klasse 7 bis 10. Nach den aktuellsten Zahlen von 2022 haben 96 Prozent einen Schulabschluss geschafft, mehr als an anderen Schulen im Bezirk.
Das ist auch deshalb beachtlich, weil einige Kinder schon Brüche in ihrer Schulkarriere haben, bevor sie zu Quinoa kommen. Viele haben Lernschwierigkeiten, manche auch schon mehr als einen Schulwechsel hinter sich. Die Schule will den Kindern aber unvoreingenommen begegnen. “Name, Nationalität, Herkunft – all das spielt keine Rolle”, betont Pavlakidis. Und wenn ein Kind nicht gut Deutsch spricht, sei das von Belang, weil danach die Unterstützung im Unterricht geplant werde. Eine Herausforderung, die aber gemeistert werden kann.
Das klingt sehr ambitioniert. Aber die Frage bleibt: Wie funktioniert das?
Hendrikje Lorenz, die Geschäftsführerin der Quinoa Bildung gGmbH, muss da nicht lange überlegen: “Beziehungsarbeit”, das sei der Schlüssel. “An unserer Schule gibt es ein echtes Interesse für die Kids, das durchdringt alles.” Und sorge für eine gute Lernatmosphäre. “Man kann Motivation nicht mit dem Knüppel eintreiben, sondern es flutscht, wenn die Schüler sich wohlfühlen und Selbstvertrauen bekommen.”
Man sollte sich den Unterrichtstag an der Quinoa-Schule nun aber nicht so vorstellen, “dass wir hier den ganzen Tag kuscheln”, wirft Pavlakidis ein. Es gebe auch hier wie an jeder anderen Schule Konflikte. Aber man schaue eben nicht weg und man suche Lösungen für Konflikte, Lernschwierigkeiten und andere Hürden. Damit sich ein soziales Gefüge entwickeln kann, gibt es an der Quinoa-Schule ein wichtiges Aufnahmekriterium: Nicht Noten sind entscheidend, sondern dass Eltern sich bereiterklären, dass ihre Kinder an Klassenfahrten teilnehmen.
Die Beziehungsarbeit schließt auch die Eltern ein. Um sprachliche Hürden zu überwinden, hat die Quinoa-Schule von Beginn an türkischsprachige Kolleginnen im Team und seit fünf Jahren auch eine Kollegin, die Arabisch spricht. “Das hat die Türen zu vielen Familien geöffnet”, sagt Pavlakidis. Und ohne die Eltern gehe es nicht, weil sie selbst häufig negative Erfahrungen in der Schule gemacht hätten. Und dieses “Ich kann eh nix” übertrage sich dann auf die Kinder und wirke sich negativ auf den Lernprozess aus.
Und die Beziehungsarbeit hört auch nicht mit dem Ende der Schulzeit auf. Immer mehr Schulabgänger haben Probleme beim Übergang in eine Ausbildung, der Mismatch zwischen Betrieben und Jugendlichen nimmt zu. Das betrifft genauso Schüler der Quinoa-Schule. Die Schule begleitet die Jugendlichen daher auch noch nach dem Schulabschluss. Verantwortlich dafür ist die Kollegin, die den Bereich Berufsorientierung an der Schule verantwortet. Sie hält den Kontakt zu den Alumni, berät sie, begleitet sie bei Bedarf zu Terminen in Betrieben. Und Teil dieser Anschlussbegleitung ist auch Mathematik-Nachhilfe, die eine Mathematiklehrerin jeden Freitag anbietet. Manchmal kommen die Alumni noch vier Jahre nach ihrem Abschluss. Solange eben, bis sie einen Anschluss gefunden haben.
Man könnte auch sagen, bis ihre Zukunft beginnt. “Zukunft”, so heißt auch ein Fach an der Quinoa-Schule, das sich durch die gesamte Schulzeit zieht und in dem Berufsorientierung im Fokus steht. Das erste Praktikum findet schon in der siebten Klasse statt.
Mal von der “Zukunft” abgesehen, unterscheidet sich der Unterricht aber nicht sehr von anderen Schulen. Wenn man in die Klassenräume schaut, stehen die Tische eher frontal ausgerichtet. “Viele Schüler kommen mit großen Lücken und brauchen viel Förderung und auch eine enge Führung”, erklärt der Schulleiter. Die Schule ist inzwischen auch vom Modulunterricht in Mathematik, Deutsch und Englisch abgerückt. Zu Beginn gab es immer nur ein Hauptfach pro Woche, um ein Thema intensiv zu erarbeiten. “Aber wenn dann Mathe erst wieder nach drei Wochen drankam, haben viele Schüler den Anschluss verloren.” Daher ist die Schule zu einem klassischeren Stundenplan zurückgekehrt.
Das ist typisch für die Quinoa-Schule: Nicht an einem einmal entwickelten Konzept festhalten, sondern immer wieder überprüfen, ob es trägt. Daher evaluiert sich die Schule jedes Jahr und erstellt einen Wirkungsbericht.
Flexibilität braucht sie auch in Bezug auf das Personal. Lange hat die Schule zum Beispiel nach einer Sonderpädagogin oder einem Sonderpädagogen gesucht. “Das ist oft so schwer, wie Feenstaub zu finden”, sagt die Geschäftsführerin. Die Schule hätte warten können – “bis zum St. Nimmerleinstag”. Aber das wollte sie nicht. Daher wurde stattdessen eine Lerntherapeutin angestellt, die nun Fördermaßnahmen entwickelt. Und im Kollegium sind ein Großteil der 27 pädagogischen Fachkräfte Quereinsteiger. Etwa 60 Prozent haben kein grundständiges Lehramtsstudium absolviert.
Pavlakidis selbst ist auch Quereinsteiger. Angefangen hat er bei der Gründung der Schule in der Verwaltung, zuständig fürs Fundraising. Nach zwei Jahren ist er in den pädagogischen Bereich gewechselt, mit den Fächern Interkulturelles Lernen und Weltbürgerkunde. Möglich war dies, weil der Senat seine Zeit als Fellow der Bildungsinitiative Teach First als pädagogische Grundbildung anerkannte. Seit 2018 ist er Schulleiter.
Wenn er jetzt auf die zehn Jahre an der Quinoa-Schule zurückblickt, sagt er: “Das war schon ein kleines Wunder. Wir haben eine Schule an den Start gebracht, die keinen Namen hatte, keinen Ort und zunächst noch keine Lehrkräfte.” Der Name fand sich schnell: Quinoa, so heißt eine besonders robuste Getreidesorte. Die ersten Lehrkräfte und Quereinsteiger fanden sich auch. Mit dem Gebäude war es schwieriger. Das erste Jahr war die Quinoa-Schule mit ihrer ersten siebten Klasse in einer leerstehenden Büro-Etage. Aber es war von vornherein klar, dass sie danach einen neuen Ort brauchte. Den fand die Schule schließlich im Gebäude einer früheren Kosmetikfirma – zwischen Malerbetrieb und Autowerkstatt.
Es gibt beschaulichere Orte für eine Schule, aber von solchen Widrigkeiten lässt sich die Schulleitung nicht beirren. Und der Zulauf gibt ihr recht. Jedes Jahr hat die Schule etwa ein Drittel mehr Bewerber als Plätze zu vergeben.
Die Anerkennung der Schule zeigt sich auch darin, dass sie zu den wenigen Privatschulen gehört, die vom Bonus-Programm profitieren. Damit unterstützt der Berliner Senat Schulen in herausfordernder Lage. Auf Anfrage von Table.Briefings bei der Senatsbildungsverwaltung waren im Jahr 2023 von den insgesamt 264 Bonus-Schulen sieben allgemeinbildende Schulen in privater Trägerschaft. Die Quinoa-Schule ist die einzige Integrierte Sekundarschule. Nun hofft Pavlakidis, dass seine Schule auch beim Startchancen-Programm dabei ist.
Und die Schule hat Zukunftspläne. Die Erweiterungspläne für das Gebäude hängen schon an der Wand des Leitungsbüros: Eine Lernwerkstatt soll im Anbau entstehen. Gerade die praktische Arbeit – mit den eigenen Händen Lösungen zu schaffen – habe für Kinder mit Lernschwierigkeiten eine große pädagogische Relevanz, sagt Pavlakidis.
Aber nicht nur das Schulgebäude wächst. Inzwischen gibt es auch eine zweite Quinoa-Schule in Herne – unabhängig in der Geschäftsführung, aber mit dem Quinoa-Konzept aus Berlin. Lorenz könnte sich noch mehr Quinoa-Schulen vorstellen. Am liebsten auch eine Grundschule. Damit die Kinder mehr Zeit in der Quinoa-Schule und für ihre Entwicklung hätten. Aber das ist nun wirklich Zukunftsmusik.
Die Verhandlungen zwischen Bund und Ländern zum Digitalpakt II ziehen sich weiter. Nachdem die Länder Ende der vergangenen Woche ihr Positionspapier vorgelegt haben, sollen die Verhandlungen auf Arbeitsebene in der kommenden Wochen fortgesetzt werden, wie Table.Briefings aus informierten Kreisen erfuhr. Demnach trifft sich am Mittwoch und Donnerstag (22./23. Mai) zunächst die Fach-AG. Für den 28. Mai ist dann die nächste Verhandlungsgruppe auf Ebene der Staatssekretäre angesetzt. Der ursprüngliche Zeitplan, demzufolge der Digitalpakt II bis zum Auslaufen seines Vorgängers am 15. Mai stehen sollte, ist nun offiziell gerissen.
Selbst auf das Ziel, den Digitalpakt II zu Beginn des kommenden Jahres an den Start zu bringen, will sich Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger nun nicht mehr festlegen. “Wir wollen alle, dass der Digitalpakt 2.0 2025 kommt”, sagte sie zu Table.Briefings. “Wir müssen aber aus dem ersten Digitalpakt lernen und ihn besser und unbürokratischer machen. Er muss neben der Infrastruktur auch die Frage der Lehrer-Aus- und Weiterbildung und der pädagogischen Konzepte beinhalten”, so Stark-Watzinger. Sie sehe aber auf beiden Seiten “Einigungswillen und konstruktive Gespräche”.
Um den Digitalpakt II effektiver und unbürokratischer zu machen, hat das Bündnis für Bildung, ein Zusammenschluss von Schulträgern und Vertretern der öffentlichen Hand, ein Positionspapier (hier zum Download) mit 15 “Learnings” aus dem Digitalpakt Schule verfasst. Das Papier liegt Table.Briefings exklusiv vor. Darin fordert das Bündnis unter anderem:
“Der Digitalpakt 2.0 muss kommen. Noch wichtiger ist aber, dass er auch in der richtigen Form kommt”, sagte Christian Büttner, Vorsitzender des Bündnisses, zu Table.Briefings.
Der Geduldsfaden für die Verhandlungen scheint insbesondere in den Ländern mittlerweile arg strapaziert. Niedersachsens Kultusministerin Julia Willie Hamburg äußerte sich in einer Landtagssitzung entsprechend: Als Teil der Verhandlungsgruppe rede ihre Landesregierung “seit nunmehr 18 Monaten mit dem Bund”. Dennoch sei das ursprüngliche Ziel eines nahtlosen Übergangs nicht erreicht worden. “Wie Sie wissen, sind die Verhandlungen langwierig, mäandernd, erratisch”, erklärte die Grünen-Politikerin. Maximilian Stascheit/Annette Kuhn
Die Ampel-Koalition will die Bafög-Reform noch vor der parlamentarischen Sommerpause verabschieden. Am Donnerstag fand im Bundestag die erste Lesung zum Gesetzentwurf von Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) statt. Hinter den Kulissen haben die Beratungen zwischen den Ampel-Fraktionen jedoch schon deutlich früher begonnen.
Vor allem SPD und Grüne sind noch nicht einverstanden mit dem Gesetzentwurf des Bundesbildungsministeriums und pochen auf Nachbesserungen. Wie Table.Briefings aus Koalitionskreisen erfuhr, geht es bei den Verhandlungen vor allem um drei Punkte:
Auch in der Parlamentsdebatte am Mittwoch machten SPD und Grüne deutlich, dass eine Erhöhung für sie unverhandelbar sei. “Ich möchte das hier so deutlich formulieren: Es darf keine Nullrunde im Bafög geben“, sagte etwa Lina Seitzl (SPD). Grünen-Politiker Kai Gehring forderte ebenfalls “ein Plus bei den Bedarfssätzen und auch beim Wohnkostenzuschuss”.
Der Zeitplan für die Ampel-Parteien ist eng, da bis zur Sommerpause wenig Zeit bleibt und in den beiden kommenden Wochen keine Bundestagssitzungen stattfinden. Daher sollen im Juni die Anhörung im Bildungsausschuss und die Verabschiedung im Plenum stattfinden, um das Gesetz Anfang Juli durch den Bundesrat zu bringen. Nur dann könnten die Schüler bereits wie geplant zum neuen Schuljahr von den Änderungen profitieren. Für Studierende gelten die neuen Regelungen dann ab dem Wintersemester 2024/25. Maximilian Stascheit
Der Pakt für berufliche Schulen hat in Berlin seine Arbeit aufgenommen. Am Donnerstag konstituierte sich der Fachbeirat. Zu ihm gehören Vertreter von
Sie besprachen unter anderem die Geschäftsordnung, die in der nächsten Sitzung des Fachbeirats, voraussichtlich im September, beschlossen werden soll, wie Table.Briefings aus Teilnehmerkreisen erfuhr.
Jährlich soll es ein Schwerpunktthema für die Paktarbeit geben. Allerdings seien in der konstituierenden Sitzung zunächst nur Vorschläge für Schwerpunktthemen von den Teilnehmern über Mentimeter gesammelt worden. Aus den Vorschlägen soll nun die sogenannte Kerngruppe, in der Vertreter der KMK, des BMBF und des BIBB-Hauptausschusses sitzen, eine Auswahl für die kommende Sitzung treffen.
Am Vortag gab es bereits eine Diskussionsveranstaltung zum Berufsschulpakt auf dem Fachkräftekongress von DIHK und Industrie- und Handelskammern. Dort forderte Brigitte Scheuerle, Geschäftsführerin der IHK Frankfurt am Main, Bund, Länder und Kommunen sollten Standards für die Berufsschulen verabreden, etwa zu deren Ausstattung. Gerd Roser, Leiter des Referats Berufliche Bildung im Sekretariat der KMK, betonte, mit Ausbildungsordnungen und Rahmenlehrplänen gäbe es bereits Standards. Mit Blick auf die Schulträger sagte er: “Stadt und Landkreise sind sich durchaus bewusst, dass gut funktionierende berufliche Schulen ein entscheidender Wirtschaftsfaktor sind.” Zwar hänge es am Ende von der Finanzkraft der Kommune ab, aber diese machten bereits “sehr viel”.
Laut Teilnehmerkreisen könnte die Arbeit des Paktes am Ende vor allem auf Empfehlungen hinauslaufen. Dabei solle darauf geachtet werden, dass es keine Doppelarbeit gibt, etwa mit der Allianz für Aus- und Weiterbildung – in der bereits viele Mitglieder des Fachbeirates sitzen. Im Entwurf der Geschäftsordnung, der Table.Briefings vorliegt, heißt es, der Fachbeirat habe “die Aufgabe, (Handlungs-)Empfehlungen hinsichtlich der gemeinsam von den Paktpartnern zu bearbeitenden Themen- und Gestaltungsfelder abzugeben“. Die Empfehlungen sollten “Grundlage für Selbstverpflichtungen, Kooperationen oder sonstige Umsetzungsformate der Paktpartner” sein. Die Arbeit des Pakts ist zunächst für fünf Jahre angesetzt. Die Federführung liegt bei den Ländern. Anna Parrisius
Schülern solle vermittelt werden, dass das Lehramt in MINT-Fächern ein Zukunftsberuf ist. Und der Beruf brauche einen festen Platz im Angebot der Berufsberatung – das empfiehlt zumindest das Nationale MINT-Forum in einem Impulspapier (zum Download). Mitglieder im Forum sind unter anderem die Hochschulrektorenkonferenz, die Bundesagentur für Arbeit und die Bundesvereinigung Deutscher Arbeitgeberverbände.
In der Einleitung des Papiers heißt es, das Fehlen von MINT-Lehrkräften führe schon jetzt dazu, dass die Leistungen von Schülern rückläufig seien, besonders in Mathematik. Perspektivisch drohe Deutschland eine “Abwärtsspirale, die die Fachkräftelücke immer größer werden lässt”. Am Ende könne es auch zu Innovations- und Wertschöpfungsverlusten kommen.
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Kurzfristig empfiehlt das Nationale MINT-Forum daher die Einbindung außerschulischer Lernpartner in den Unterricht wie Schullabore oder Maker-Spaces. Die Länder sollten Quer- und Seiteneinsteigende gezielter anwerben und bundesweit einheitliche Bedingungen und Qualitätsstandards für den Quer- und Seiteneinstieg schaffen. Außerdem seien hybride Formate und mehr Selbstlernzeiten sinnvoll – zumindest in höheren Jahrgangsstufen – und der Einsatz KI-basierter digitaler Anwendungen.
Auf mittlere Sicht fordert die Interessenvertretung für MINT-Bildung, mehr gegen Studienabbrüche im Lehramtsstudium zu tun. Helfen könnten frühere Praxisphasen an Schulen und mehr Veranstaltungen, die explizit auf das Lehramtsstudium abgestimmt sind. Lehrer sollten von Aufgaben der Verwaltung und der Unterrichtsvorbereitung entlastet werden und Schulen zeitgemäß ausgestattet sein – damit sie als Arbeitsorte attraktiv sind. Obendrein empfehlen die Autoren, ein Angebot wie die Digitale Landesschule, die Mecklenburg-Vorpommern 2023 eröffnet hat, bundesweit in Betracht zu ziehen. Schülerinnen und Schüler können dort digitale Angebote nutzen, wenn Unterricht ausfällt.
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Langfristig fordert das Nationale MINT-Forum, die Lehramtsausbildung insgesamt zu modernisieren und aufzuwerten. Unumgänglich seien etwa Professuren zur Unterstützung der Lehre in der Fachdidaktik, um Lehramtsstudierende besser zu betreuen. Und es brauche qualitativ hochwertige und praxisnahe Fortbildungsangebote und einen besseren Austausch zwischen den Bundesländern in der Lehrerbildung. anpa
Der Trend der rückläufigen Betreuungsquote der Drei- bis Fünfjährigen in Deutschland setzt sich fort. Zum Stichtag am 1. März 2023 besuchten 90,9 Prozent der Kinder dieser Altersgruppe eine Kindertageseinrichtung. Ein Jahr zuvor waren es noch 92 Prozent, 2014 sogar 94,5 Prozent. Das zeigen Zahlen aus dem aktuellen Familienreport (hier zum Download), den das Bundesfamilienministerium in dieser Woche veröffentlicht hat.
Daraus geht auch hervor, dass viele Kinder keinen Kita-Platz erhalten haben: “Im Jahr 2022 wünschten sich 96,5 Prozent der Eltern mit Kindern in dieser Altersgruppe einen Kita-Platz. Damit lag der Betreuungsbedarf 4,5 Prozentpunkte über der Betreuungsquote“, heißt es in dem Bericht. Ost-West-Unterschiede spielten dabei “kaum eine Rolle”.
Anders sieht die Entwicklung bei den unter Dreijährigen aus: Abgesehen von einem leichten Knick während der Corona-Pandemie steigt die Quote kontinuierlich an. Am 1. März 2023 lag sie bei 36,4 Prozent und damit 1,1 Prozent höher als im Vorjahr. Im Vergleich zu 2006 hat sich die Betreuungsquote in dieser Altersgruppe fast verdreifacht.
Mit Blick auf den subjektiven Betreuungsbedarf der Eltern weist der Bericht hier explizit einen “politischen Handlungsbedarf” aus. Denn obwohl sich etwa die Hälfte der Eltern 2022 mit Kindern in dieser Altersgruppe einen Betreuungsplatz gewünscht hatte, befand sich nur jedes zweite Kind tatsächlich in einer Betreuungseinrichtung. Auffällig ist in dieser Altersgruppe zudem der große Unterschied zwischen Ost- und Westdeutschland. Die Betreuungsquote von 54,2 Prozent im Osten lag im Jahr 2023 21,5 Prozentpunkte über der Quote im Westen (32,7 Prozent).
Noch deutlicher fällt dieser Unterschied bei der Betreuungsquote von Grundschulkindern aus: Im Schuljahr 2021/22 lag die Quote der Kinder, die eine Ganztagsschule oder Tageseinrichtung besuchten, in Ostdeutschland mit 83 Prozent rund 35 Prozentpunkte höher als in Westdeutschland (48 Prozent). Innerhalb Ostdeutschlands variiert die Quote zwischen 75 Prozent in Sachsen-Anhalt und 90 Prozent in Thüringen.
Auch der Ganztagsbedarf liegt in Ostdeutschland (88 Prozent) deutlich über dem Bedarf in Westdeutschland (58 Prozent). Dass die westdeutschen Bundesländer hier Nachholbedarf haben, zeigt die Lücke zwischen Betreuungsquote und -bedarf, die im Westen (zehn Prozent) doppelt so hoch ausfällt wie im Osten (fünf Prozent). Angesichts des ab 2026 in Kraft tretenden Rechtsanspruchs auf Betreuung im Grundschulalter werden laut Bericht bundesweit etwa 470.000 zusätzliche Plätze benötigt, um den Bedarf der Eltern erfüllen zu können. max
Research.Table. Warum sich Hanna Veiler für junges jüdisches Leben in Europa engagiert. Die Vorsitzende der jüdischen Studierendenunion Hanna Veiler wurde vergangene Woche als “Frau Europas” ausgezeichnet. Wie schwer es junge Jüdinnen und Juden aktuell an deutschen Universitäten haben und wie Veiler die aktuellen Proteste an den Hochschulen bewertet, lesen Sie hier.
Research.Table. Mehr Frauen in Hochschulleitungen – doch Gleichberechtigung fehlt noch. Rund die Hälfte der deutschen Universitäten wird von Frauen geführt, meldet das CHE. Das klingt nach einer guten Nachricht. Bei näherer Betrachtung zeigt sich jedoch, dass Gleichberechtigung noch lange nicht erreicht ist. Wieso Parität und Diversität noch fehlen, lesen Sie hier.
Zeit: Warum Gefühle im Schulunterricht eine größere Rolle spielen sollten. Unter anderem in dem Pisa-Vorreiterland Kanada ist “Wirksames Lernen” das pädagogische Ziel. Körperliches und mentales Wohlbefinden genießt hierbei eine hohe Priorität. Zudem sollen auch emotionale und soziale Kompetenzen geschult werden. So können Schüler besser mit anderen und deren Gefühlen umgehen und auch die eigenen Gefühle besser verstehen. In Neuseeland richten Schulen, die einen ähnlichen Weg einschlagen, “Maker Spaces” ein, in denen sich Schüler kreativ ausleben können. Auch neue Stundenpläne werden erstellt, die sich an den jugendlichen Biorhythmus anpassen und mehr Bewegung im Alltag erlauben. (Wer sich gut fühlt, lernt besser!)
Taz: Für Informatik weniger Kunstunterricht in Hamburg. Ab August 2025 wird Informatik zum Pflichtfach in Hamburg. Für das neue Fach wurden aus der Stundentafel für die Mittelstufe 152 Unterrichtsstunden gekürzt – auf Kosten von Fächern wie Kunst, Musik oder dem jeweiligen Schulprofilfach. Die Stundenplanveränderung ging auf einen Antrag der Hamburger Bürgerschaft zurück, um die Schüler auf die digitaler werdende Zukunft vorzubereiten. Der Fachverband für Kunstpädagogik kritisiert die Änderung. Als Alternative schlägt er vor, Informatik in andere Fächer zu integrieren, etwa Robotik in den Physik- oder den Umgang mit ChatGPT in den Deutschunterricht. (Informatik verdrängt Kunstfächer)
SZ: Die Digitalisierung droht an einigen Schulen ins Stocken zu geraten. Die Probleme mit der digitalen Ausstattung an einer Rostocker Schule erscheinen repräsentativ für die Erfahrungen vieler Schüler und Lehrkräfte. Die vom Geld des ersten Digitalpakts gekauften Tablets können für den Unterricht nicht verwendet werden, weil es kein WLAN gibt. Dieses sollte im neuen Schulgebäude vorhanden sein – doch der Umzug verzögert sich seit Jahren. Entscheidend für den Digitalpakt 2.0 ist neben einer gesicherten Finanzierung auch die Reduzierung von Bürokratie. Genehmigungsprozesse benötigten teils Monate – auch wegen fehlendem Personal und mangelnder Erfahrung in der Verwaltung. (60 Tablets – und dann?)
Tagesspiegel: Mangelnde Kommunikation zur Lehrerausbildung. In Berlin soll die Lehrerausbildung reformiert werden. Sie soll zentraler und digitaler stattfinden, um Personal zu sparen. Denn 300 Lehrkräftestellen sollen von der Ausbildung wieder für den Schulunterricht zurückgewonnen werden. Doch wie genau das dafür zuständige Institut aussehen soll, wird kaum kommuniziert. Nachdem minimale Informationen an die Presse gelangt waren, erhielten die Lehrerausbilder die Aufforderung, über das neue Institut nur noch zurückhaltend und mündlich zu kommunizieren. Währenddessen werden die Schulleitungen im Unklaren gelassen – letzte Informationen erhielten sie im Herbst. (Geheimniskrämerei um neues Institut: Berlin will seine Lehrerausbildung reformieren – und verheimlicht, wie)