Table.Briefing: Bildung

Startchancen und Bildungsanbieter + Stark-Watzinger im Interview + Didacta und die AfD

Liebe Leserin, lieber Leser,

die AfD hat einen Stand auf der Didacta. Und die Aufregung ist groß. Nicht ganz zu Unrecht. Die AfD ist eine in weiten Teilen rechtsradikale und demokratiefeindliche Partei – und das spiegelt sich auch in ihren bildungspolitischen Vorhaben wider. Was hat die AfD also auf der Didacta zu suchen? Die Antwort dürfte einfach sein: Sie will für genau die Aufregung sorgen, die jetzt rund um diese Aktion entstanden ist. 

Es gibt Boykottaufrufe, Distanzierungen, Forderungen an die Didacta, den AfD-Stand wieder zu kündigen. Aus AfD-Sicht: Ziel erreicht

Auch wir berichten über die Debatte. Aber wir haben uns entschieden, nicht über jedes Stöckchen der AfD zu springen. Sie finden in dieser Ausgabe deshalb nur eine nüchterne Zusammenfassung der Ereignisse von meiner Kollegin Vera Kraft. Ansonsten wollen wir uns im Vorfeld und während der Didacta lieber intensiv um das Schwerpunktthema Demokratiebildung kümmern. Dazu hat die AfD ohnehin wenig zu sagen. Seien Sie gespannt. 

In unserer Analyse beschäftigt sich mein Kollege Holger Schleper intensiv mit den Startchancen-Schulen. Die Frage ist: Wie kommen außerschulische Bildungsanbieter und Schulen so zusammen, dass die Schüler am Ende möglichst viel davon haben? Außerdem hat die ehemalige Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger meiner Research.Table-Kollegin Nicola Kuhrt ein Bilanz-Interview gegeben, das wir Ihnen nicht vorenthalten wollen. 

Bleiben Sie uns gewogen.

Ihr
Thorsten Denkler
Bild von Thorsten  Denkler

Analyse

Startchancen-Programm: Wie Schulen und Bildungsanbieter zusammenkommen

In Summe bis zu sechs Milliarden Euro ist der Topf der Schulbudgets groß, der den bundesweit etwa 4.000 Schulen zur Verfügung stehen soll, die bis 2034 am Startchancen-Programm teilnehmen. Aus diesen sogenannten “Chancenbudgets” (Säule II des Programms, Bund-Länder-Vereinbarung ab Seite 12) können sie auch außerschulische Unterstützungsangebote zahlen. Was heißt: Mit dem Start des Programms im August 2024 haben für die zahlreichen Anbieter in diesem Bereich entscheidende Monate begonnen. 

Es ist daher leicht nachvollziehbar, warum sich 18 zivilgesellschaftliche Bildungsorganisationen zusammengetan haben, um die Herausforderungen, Bedarfe und Erwartungen von Startchancen-Schulen herauszuarbeiten. Am kommenden Montag werden die Ergebnisse aus dem Projekt “Gemeinsam für mehr Chancen” vorgestellt. Die Crespo Foundation und der “Eleven – Verein für Kinder- und Jugendförderung” fördern das Vorhaben, das von edcosystems umgesetzt wird. Table.Briefings erhielt vorab einen Einblick in die Resultate.

Die 18 teilnehmenden Organisationen stehen für die große Bandbreite, die außerschulische Anbieter abdecken. Es geht etwa um Mentoring-Programme, die psychische Gesundheit von Schülerinnen und Schülern, gesunde Ernährung oder Programmiersprachen. Wer in das Orientierungspapier zur Verwendung der Chancenbudgets schaut, das es als Anlage zur Bund-Länder-Vereinbarung zum Startchancen-Programm gibt, findet all das wieder. Die 18 Organisationen sind in Summe an mehr als 650 der über 2.100 Startchancen-Schulen vertreten, die in der ersten Programmphase dabei sind.

Lesen Sie auch: Startchancen-Programm – Wie viele Schulen im August starten

Überregional aktive Kooperationspartner spielen für Schulen untergeordnete Rolle

22 Schulleitungen aus zwölf Bundesländern wurden im Oktober in leitfadengestützten Interviews von den Organisationen befragt. Unter anderem ging es darum, welche Herausforderungen und Bedarfe die Schulen sehen und was zum Gelingen einer Kooperation beitragen kann. Herausgekommen ist unter anderem: “70 Prozent der von den Schulen genannten Kooperationspartner sind lokale Partner“, sagt Tobias Feitkenhauer von edcosystems. Er und Ute Volz, Vorstand des Eleven e.V., schließen daraus zwei Dinge: 

Auf der einen Seite ist Ziel des Startchancen-Programms, dass die Schulen sich in ihren Sozialraum öffnen. Dies kann mit den vorhandenen lokalen Partnern, wie beispielsweise der örtlichen Musikschule, gut gelingen. Auf der anderen Seite sollten die Ministerien der Länder und die Schulen bewährte und wirksame Bildungsprogramme für Kooperationen einbinden und nutzen.

Die Zahlen bezüglich der Kooperationspartner sind ein deutlicher Hinweis darauf, dass es überregionale Anbieter oft schwer haben, an die Schulen zu kommen. “Den Startchancen-Schulen werden vielerorts die Türen von Bildungsanbietern eingerannt“, sagt Volz. Die Schulleitungen gaben in der Befragung an, dass für sie Ortsbezug, Langfristigkeit und Verlässlichkeit für das Gelingen der Kooperation entscheidend sind. Lokale Anbieter sind hier durch ihre Nähe zu den Schulen zunächst im Vorteil.

Dabei können laut Volz überregionale, etablierte Anbieter dank erfolgter Evaluationen bereits zeigen, dass ihre Angebote wirken. Feitkenhauer bringt deshalb die Idee eines Kooperationsmanagers ins Spiel, der an den Schulen präsent ist. Diese Person kann Schulleitungen bei der Auswahl, der Zusammenstellung und der Zusammenarbeit mit außerschulischen Kooperationspartnern entlasten. Angestellt könnte ein Kooperationsmanager zum Beispiel in einem Bildungsbüro, beim Schulträger oder einem lokalen Verein sein und dadurch mehrere Schulen parallel betreuen.

Schulen und Anbieter müssen lernen, über Kosten zu reden

Was die Analyse noch zeigt: Der Wunsch nach Transparenz zu den Angeboten ist vonseiten der Schulleitungen groß. Unter anderem heißt das, sie möchten wissen, was sie die Zusammenarbeit mit außerschulischen Partnern kostet. “Für beide Seiten ist das oft Neuland”, berichtet Volz. Denn häufig ermöglichen es fördernde Stiftungen, dass die Schulen die außerschulischen Angebote aus ihrer Sicht kostenfrei nutzen können. Das Startchancen-Programm führt nun dazu, dass viele Anbieter sich direkt an die Schulen wenden. 

Die Schulleitungen vor Ort müssen dann ausloten, welche Kooperationen sinnvoll sein könnten. Die Chancenbudgets eröffnen hier neue Möglichkeiten, auch weil ein Drittel der Gelder weitgehend frei vergeben werden kann. (Beispiel Chancenbudgets für NRW-Startchancen-Schulen)

Schulleitungen wünschen sich zudem ein Entgegenkommen der Bildungsanbieter. “Ich wünsche mir, dass man uns ernsthaft kennenlernt und mit offenen Karten spielt”, formuliert es eine Schulleitung. Es sei klug, wenn Bildungsanbieter Vorbereitungszeit einplanen würden, um vor Ort zwei Wochen lang die Schule und das Team kennenzulernen. “So könnte man gemeinsam wirklich passende Lösungen entwickeln.”

Bildungsanbieter selbst müssen sich zum Teil professionalisieren

Aber nicht nur für das Zusammenspiel mit den Schulen, auch für den Bereich der zivilgesellschaftlichen Bildungsorganisationen selbst enthält die vorliegende Untersuchung einige Botschaften. Dazu zählt, dass an über 75 Prozent der mehr als 650 Startchancen-Schulen, an denen die 18 Bildungsanbieter tätig sind, jeweils nur eine Organisation vertreten ist. Die Idee, dass die vielen Bildungsanbieter stärker im Verbund denken, wächst langsam. Das Startchancen-Programm erweist sich hier als Treiber. “Grundsätzlich gilt, dass sich auch die Anbieter zum Teil stärker professionalisieren müssen”, sagt Feitkenhauer.

Für ihn und Volz ist das wichtig. Denn in ihren Augen wird die Zivilgesellschaft mit ihren lokalen Vereinen, regionalen Bildungsorganisationen und bundesweiten Netzwerken als Partner der Schulen zu wenig gesehen – nicht zuletzt, weil der Bereich so unübersichtlich ist. Bei der wissenschaftlichen Begleitung des Startchancen-Programms etwa richtet sich der Blick in der Wahrnehmung von Volz und Feitkenhauer, wenn es um zivilgesellschaftlichen Bildungsorganisationen geht, bisher eher auf Stiftungen.

“Wenn es um Wirkungsnachweise geht, gibt es etwa im Bereich von Mentoring schon sehr belastbare Studien von Bildungsanbietern, wie sich die Bildungschancen von Schülerinnen und Schülern verbessern”, sagt Volz. Dieses vorhandene Wissen, gerade der überregionalen Anbieter, ließe sich nutzen. 

Und auch bei den Governance-Strukturen, die aktuell in den Bundesländern nach und nach entstehen, hoffen Feitkenhauer und Volz darauf, stärker einbezogen zu werden. “In einer idealen Welt wäre es so, dass zivilgesellschaftliche Bildungsanbieter im Startchancen-Programm von Beginn an konsequent mitgedacht und einbezogen werden”, schildert Volz ihre Sicht. Und dann stünden zu etwa gleichen Anteilen lokale Akteure und nachgewiesen wirksame, bundesweit aktive Organisationen an der Seite der Schulen.

Am Montag, 10. Februar, werden die Ergebnisse aus dem Projekt “Gemeinsam für mehr Chancen – Zivilgesellschaft im Startchancen-Programm” vorgestellt. Die Online-Veranstaltung findet von 15 bis 16.30 Uhr statt. Hier können Sie sich anmelden.

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Interview

Stark-Watzinger über die Fördermittel-Affäre: “Dass dieser Eindruck entstanden ist, das bedauere ich zutiefst”

Mit Blick auf Ihre Amtszeit: Was würden Sie sagen, was ist geglückt und sollte unbedingt fortgesetzt werden – unabhängig davon, welche Regierung nun folgt? 

Im Bildungsbereich war es mir besonders wichtig, das Thema Chancengerechtigkeit voranzubringen. Mit dem Startchancen-Programm haben wir einen großen Hebel umgelegt, das muss jetzt gut umgesetzt und weitergeführt werden. Ebenso haben wir die berufliche Bildung stärker in den Fokus gerückt. Hier haben wir mit der Exzellenzinitiative Berufliche Bildung erste große Schritte gemacht, aber das ist ein kontinuierlicher Prozess, weil sich dieser Bereich stetig weiterentwickelt. Ein weiterer Punkt ist das Aufstiegs-BAföG. Es muss klar sein, die Gleichwertigkeit der Bildungswege macht unser Land stark. Außerdem haben wir wichtige Weichenstellungen vorgenommen, die weniger im Mittelpunkt der öffentlichen Wahrnehmung standen. Zum Beispiel haben wir begonnen, ein Konzept für Bildung in einem Einwanderungsland zu entwickeln. Da ging es um grundlegende Fragen: Was verändert sich? Welche Anpassungen braucht unser Bildungssystem? Dann gibt es den Digitalpakt, der für uns mehr als nur die Anschaffung von Geräten ist. Es geht darum, dass die Schülerinnen und Schüler die digitalen Zukunftskompetenzen erlernen. Hier braucht es ein Gesamtkonzept.

Wir wollten keinen Schnellschuss, sondern konkrete Projekte entwickeln

Es gab teils heftige Debatten um Priorisierungen, besonders im Forschungsbereich. Beispielsweise wurde die Batterieforschung gekürzt, während die Kernfusionsforschung stärker gefördert wurde. War das die richtige Entscheidung? 

Die Batterieforschung hat in den letzten Jahren große Fortschritte gemacht, und Deutschland hat sich hier wieder eine führende Position erarbeitet. Dass Mittel aus dem Klima- und Transformationsfonds (KTF) gestrichen wurden, war nicht die Entscheidung des BMBF, sondern eine übergeordnete Haushaltsfrage. Der Innovationsanteil im KTF war ohnehin gering, und dass selbst dieser reduziert wurde, sehe ich kritisch. Wir haben versucht, die Folgen im eigenen Etat abzumildern, aber konnten nicht alles kompensieren. Generell ging es mir immer darum, eine langfristige Finanzierung sicherzustellen. Und das haben wir auf die Hochschulen übertragen, mit dem ansteigenden Budget, das ist entscheidend für die langfristige Forschungs- und Lehrplanung. Außerdem haben wir das Forschungsdatengesetz vorangetrieben – das ist ein komplexes Thema, weil es in viele verschiedene Gesetze eingreift. Wir haben hier viele Gespräche geführt und erste Strukturen geschaffen, um eine bessere Nutzung wissenschaftlicher Daten zu ermöglichen – auch das war jetzt vor dem Abschluss.  

Nächste Regierung sollte Dati zügig umsetzen

Dazu ist es aber nicht mehr gekommen. Am 6. November 2024 war die Ampel-Regierung am Ende und Sie damit auch nicht mehr Forschungsministerin. Hätten Sie gerne weitergemacht? 

Ja, ein paar Dinge hätte ich gerne noch weiter vorangebracht. Aber es ist doch grundsätzlich so: Die Aufgabe einer Wissenschaftsministerin ist es, auch weitreichende Prozesse anzustoßen, und da sind wir mutige Schritte gegangen. Große Projekte bedürfen eines kontinuierlichen Arbeitens, wie etwa auch die Deutsche Agentur für Transfer und Innovation (Dati). Wir wollten keinen Schnellschuss, sondern fundierte Konzepte entwickeln. Die Expertenkommission, die uns bei der Dati beraten hat, hat exzellente Arbeit geleistet. Jetzt liegen Konzepte und auch Anträge vor, und es wäre wünschenswert, dass die nächste Regierung sie zügig umsetzt. 

Was würden Sie nächstes Mal anders machen? 

Ein ganz konkretes Beispiel. Bürokratie macht auch vor der Wissenschaft nicht halt. Ich würde mir noch stärker die Förderstrukturen anschauen. Nicht im Sinne einer politischen Steuerung, sondern mit Blick darauf, wie bürokratisch diese sind. Wir haben das in der Abteilung für Lebenswissenschaften bereits einmal getan. Auch dort haben wir moderne Methoden eingeführt, wie sie auch die Agentur für Sprunginnovationen anwendet. Das bedeutet: Man identifiziert ein Problem und startet einen Wettbewerb um die beste Lösung. Das ist unbürokratischer und erlaubt einen breiten Einstieg, aus dem dann die vielversprechendsten Ansätze weitergeführt werden. Ich würde auch die Rolle der Projektträger stärker hinterfragen. Intern haben wir bereits einige Veränderungen vorgenommen und Prozesse vereinfacht. Aber ich glaube, dass kleine Anpassungen nicht ausreichen. Es braucht mehr Freiheit in der Forschungsförderung, um wirklich effizient zu sein. 

Fördermittel-Affäre:  “Das ist etwas, was mich tief berührt hat”

Was vielen im Gedächtnis bleiben wird von Ihrer Amtszeit, sind die Debatten um die Fördermittel-Affäre.   

Zunächst einmal: Ich unterscheide zwischen einer Meinung, die man hat und haben kann, und der Frage der Wissenschaftsfreiheit. In die Wissenschaftsfreiheit darf man nie eingreifen. Das ist elementar und unumstößlich. Auslöser der Diskussion war die Frage des Umgangs mit Antisemitismus in den Räumen der Hochschulen. Hier habe ich eine klare Meinung. Leider hat ein Prüfauftrag per Telefon auf Staatssekretärsebene, der wie von ihr geschildert missverstanden wurde, den Eindruck entstehen lassen, Wissenschaftler sollten in ihrer wissenschaftlichen Arbeit kontrolliert werden. Dass dieser Eindruck entstanden ist, das bedauere ich zutiefst. Es hat aber nicht stattgefunden. Der Bericht der Internen Revision des BMBF und das Verwaltungsgericht bestätigen die Aufklärung, die ich veranlasst hatte.

Hadern Sie mit den Geschehnissen? 

Das ist etwas, was mich tief berührt hat. Es war niemals ein Ansinnen dieses Hauses, in die Wissenschaftsfreiheit einzugreifen, und das würde es unter meiner Führung auch niemals sein. Ich sage das mit voller Überzeugung, weil ich mit vielen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus dem gesamten Spektrum zusammengearbeitet habe. Ich schätze die Wissenschaft in Deutschland sehr und halte sie für ein hohes Gut. Ich möchte aber auch klarstellen, dass mir bis heute niemand konkret sagen konnte, wo ich in die Wissenschaftsfreiheit eingegriffen hätte. Die wissenschaftliche Selbstorganisation ist das Fundament für Fortschritt in unserem Land. 

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News

Didacta: AfD-Präsenz sorgt für Protest

Die geplante Präsenz der AfD auf der Didacta kommende Woche in Stuttgart sorgt für Unmut. Die teils rechtsextremen Positionen der AfD stünden im eklatanten Widerspruch zu einer offenen Bildung und dem diesjährigen Leitmotiv der Demokratiebildung, lautet die Kritik. Zahlreiche Aussteller und Bildungsakteure positionieren sich. Eine Petition, die den Ausschluss der AfD von der Didacta fordert, erhält mehr als 10.000 Unterschriften.

“Die AfD ist eine Partei, die unter der Beobachtung des Verfassungsschutzes steht, die den Holocaust leugnet und die für Werte steht, für die wir Lehrerverbände definitiv nicht stehen“, sagt Gerhard Brand, Bundesvorsitzender des Verbands Bildung und Erziehung (VBE) zu Table.Briefings.

Der VBE hat gemeinsam mit der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) einen Brief an den Didacta-Vorstand geschrieben und ihr Unverständnis über die Präsenz der AfD auf der Didacta ausgedrückt. “Mit Blick auf die jüngste Geschichte” sei es “höchst unangemessen”, dieser Partei eine Plattform auf Europas führender Bildungsmesse zu geben.

Austausch über Bildung oder Wahlkampf?

Der Didacta Verband verweist auf rechtliche Regelungen. Die Teilnahmebedingungen würden die Ablehnung einer politischen Partei oder eines Landesverbands einer Partei als Aussteller nicht zulassen, heißt es in der Antwort, die Table.Briefings vorliegt. Als Unternehmen in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft müsse die Messe Stuttgart alle Aussteller zuzulassen, “solange die gezeigten Inhalte nicht gegen Gesetze verstoßen”. Parteien mit parlamentarischer Repräsentation hätten so grundsätzlich die Möglichkeit, sich zu präsentieren.

Es ist das erste Jahr, in dem auf der Didacta politische Parteien vertreten sein werden. Neben dem baden-württembergischen Landesverband der AfD haben auch der Landesverband der Grünen sowie die Fraktion der CDU Baden-Württemberg einen Stand angemeldet.

Obwohl die AfD auf Anfrage bestritt, aus wahlkampftaktischen Gründen auf der Messe zu sein, teilte der Didacta Verband unserer Redaktion mit: “Alle Parteien haben sich kurzfristig nach Bekanntgabe des vorgezogenen Termins für die Bundestagswahl angemeldet.”

Haltung zeigen statt Boykott

Für die Option, schlicht gar keine parteipolitischen Stände mehr zuzulassen, gibt es sowohl von Bildungsakteuren als auch aus CDU und SPD Zuspruch. Ein nachträglicher Ausschluss sei nun aber rechtlich nicht mehr möglich, teilte der Didacta-Vorstand Table.Briefings mit.

Ein großer Boykott ist für die Bildungsmesse dennoch nicht zu erwarten: Viele Unternehmen und Bildungsakteure kündigten stattdessen an, mit ihrer Präsenz und ihrem demokratischen Bildungsangebot das Didacta-Motto “Demokratie braucht Bildung – Bildung braucht Demokratie” mit Leben füllen zu wollen. Vera Kraft

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Honorarlehrkräfte: Bundestag beschließt überraschend Übergangslösung

Verbände und Politik haben erleichtert auf die überraschende Einigung von SPD, Grünen und Union auf eine Übergangsregelung für Honorarlehrkräfte reagiert. Julia von Westerholt, Direktorin des Deutschen Volkshochschul-Verbands (DBVV) begrüßte die Übergangsregelung. Es sei aber auch klar, dass bis zum Auslaufen der Frist Ende 2026 eine Lösung gefunden werden müsse. Die vorgeschlagene Regelung dürfe keine dauerhafte Feststellung abhängiger Beschäftigung von Lehrkräften zur Folge haben. Es brauche bürokratiearme, pragmatische “und an der Praxis orientierte Lösungen”, die “gleichzeitig” die soziale Absicherung der Lehrkräfte sicherstellten.

Zum Download: Der vom Bundestag beschlossene Gesetzestext zu Honorarlehrkräften

Bettina Martin (SPD), Präsidentin der Wissenschaftsministerkonferenz sowie Wissenschafts- und Kulturministerin in Mecklenburg-Vorpommern, sagte: “Ich bin sehr froh und erleichtert, dass es uns gelungen ist, diese Übergangsregelung mit dem BMAS und der Deutschen Rentenversicherung zu erarbeiten.” Das schaffe die “dringend notwendige Atempause” auch für Musik- und Jugendkunstschulen sowie für Hochschulen. 

Übergangsregelung gilt bis Ende 2026

Für die Übergangsregelung wird – vorbehaltlich der Zustimmung des Bundesrats – der bisher ungenutzte Paragraf 127 im vierten Sozialgesetzbuch neu gefasst. Demnach können Lehrkräfte, die bereits einen Honorarvertrag abgeschlossen haben, bis Ende 2026 ohne Risiko für den Bildungsträger weiter als Selbständige beschäftigt werden. Und zwar auch dann, wenn die Deutsche Rentenversicherung (DRV) in einer möglichen Statusfeststellung eine Scheinselbstständigkeit annimmt. Es ist zu erwarten, dass die DRV vor diesem Hintergrund bis Ende der Frist ohnehin auf Statusfeststellungen verzichten wird. 

Das Bundessozialgericht (BSG) hatte 2022 festgestellt, dass eine Lehrkraft an einer kommunalen Musikschule scheinselbständig, also sozialversicherungspflichtig beschäftigt war: Für eine unternehmerische Tätigkeit der Lehrerin “fehlen jegliche Anhaltspunkte”, hieß es im sogenannten Herrenberg-Urteil (BSG, 28.06.2022, B 12 R 3/20 R). Viele Bildungsträger haben seither Programme gestrichen und Honorarverträge aufgekündigt aus Sorge, in großem Umfang Beiträge zur Sozialversicherung nachzahlen zu müssen. 

Schulen können aufatmen

Die SPD-Bundestagsabgeordnete und Mitglied im Ausschuss für Arbeit und Soziales, Angela Hohmann, die die Übergangsregelung für ihre Fraktion federführend verhandelt hat, sagte: “Jetzt können die Schulen erst einmal aufatmen.” Eine Nachzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen hätte viele Bildungseinrichtungen “in ihrer Existenz bedroht“. Die Bildungsanbieter hätten jetzt Zeit, “ihre Organisationsmodelle weiterzuentwickeln”. Ziel der SPD sei, “dass Lehrtätigkeit weiterhin sowohl in abhängiger Beschäftigung als auch selbständig ausgeübt werden kann”. In der kommenden Legislaturperiode müsse dazu eine grundsätzliche Neuregelung erarbeitet werden.

Die Gesetzesänderung kam innerhalb weniger Tage zustande. Am 22. Januar hat das Arbeitsministerium im dritten Fachgespräch zur Frage der Honorarlehrkräfte die Fachverbände informiert, dass es doch noch vor der Wahl eine Lösung geben könne. Die Union hatte erklärt, einer solchen Lösung zusammen mit SPD und Grünen zustimmen zu wollen. Das BMAS schickte eine Formulierungshilfe an die drei Fraktionen. Diese erstellten daraus einen Änderungsantrag, der – etwas ungewöhnlich – sachfremd an ein Gesetz über DDR-Opferentschädigungen angeheftet wurde. Vergangenen Mittwoch hat der Ausschuss für Arbeit und Soziales den Antrag zusätzlich mit den Stimmen von Linken und BSW angenommen. Am späten Donnerstag hat der Bundestag dem Gesetz zugestimmt. Thorsten Denkler

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NRW: Wieso Verbände verhalten auf neue Bildungsgänge für Berufskollegs reagieren

Vertreter der Berufskollegs in Nordrhein-Westfalen – der Verband der Lehrerinnen und Lehrer an Wirtschaftsschulen (vLw) und der Verband der Lehrerinnen und Lehrer an Berufskollegs in NRW (vlbs) – halten den Beschluss des Landeskabinetts, zwei neue MINT-Bildungsgänge einzuführen, für keinen großen Wurf gegen den Fachkräftemangel. Schulministerin Dorothee Feller (CDU) hatte gesagt, sie wolle mit dem Schritt NRW “zum Berufsbildungsland Nummer eins machen” und Fachkräfte in MINT-Berufen sichern. “Die beiden vollzeitschulischen Angebote können nur eine Alternative für noch nicht ausbildungsfähige Schülerinnen und Schüler sein, grundsätzlich sollte die duale Berufsausbildung die erste Wahl sein”, sagt Hilmar von Zedlitz-Neukirch, Vorsitzender des vLw.

Das Landeskabinett hatte vergangene Woche beschlossen, dass künftig alle Schulträger die Einrichtung von zwei neuen Bildungsgängen beantragen können, die bisher in Schulversuchen erprobt wurden. Der Schulausschuss muss laut Ministerium der Verordnung noch zustimmen.

Neue Bildungsgänge seien sinnvoll, wenn es zu wenig Lehrstellen gibt

Beide Bildungsgänge führen in zwei Jahren zur Fachhochschulreife. Sie richten sich an Schüler mit Mittlerer Reife oder einer Berechtigung, die gymnasiale Oberstufe zu besuchen

  • Die Fachoberschule für Informatik legt den Schwerpunkt auf IT und sieht dafür Profilfächer und ein Praktikum in einem IT-Unternehmen vor. Die Schüler sollen nach Abschluss zwischen einer Ausbildung oder einem Studium wählen können.
  • Die Berufsfachschule für Ingenieurtechnik bietet nach der Fachhochschulreife in einem dritten Jahr noch den Berufsabschluss als technischer Assistent mit Schwerpunkt Bau-, Elektro- oder Maschinenbautechnik an.

Die schulische Assistenzausbildung dauert normalerweise zwei bis drei Jahre. Allerdings, sagt von Zedlitz-Neukirch, ist sie in Tarifverträgen einer dualen Ausbildung meist nicht gleichgestellt, weshalb viele noch eine duale Lehre anschließen.”Insbesondere in strukturschwachen Regionen, in denen es zu wenige Lehrstellen gibt, sind solche Bildungsgänge – die es für andere Fachbereiche auch schon gibt – durchaus sinnvoll.” Die Industrie- und Handelskammern klagten in NRW allerdings eher über zu wenige Bewerber. Außerdem gebe es in NRW schon gute Optionen, parallel zur Lehre einen höheren Schulabschluss zu erwerben. Sie müssten nur noch bekannter werden.

Wie lässt sich Gleichwertigkeit akademischer und beruflicher Bildung erhöhen?

Schulministerin Feller hatte gesagt, mit der neuen Verordnung wolle die Landesregierung auch dazu beitragen, dass die berufliche Bildung “gleichwertig zur akademischen Bildung” sei. Michael Suermann, Vorsitzender vom Verband der Lehrerinnen und Lehrer an Berufskollegs in NRW (vlbs), hielte für mehr Gleichwertigkeit einen anderen Schritt für viel wichtiger: “Es muss flächendeckend möglich werden, sich Studien- oder Ausbildungsleistungen im jeweils anderen Bildungsbereich anrechnen zu lassen.” Etwa, wenn jemand nach einem Studienabbruch eine Ausbildung beginnen oder nach Abschluss einer Ausbildung noch studieren möchte.

Vorbildhaft sei hier etwa die studienintegrierende Ausbildung, die die Berufliche Hochschule Hamburg mit Berufsschulen anbietet, aber auch einige Berufskollegs mit ausgewählten Hochschulen wie der Universität Duisburg-Essen in NRW. Wer sich hier doch noch für ein Vollzeitstudium umentscheidet, kann sich auch Leistungen vom Berufskolleg als ECTS anrechnen lassen. Anna Parrisius

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Bundeswehr an Schulen: Warum in Bayern jetzt dagegen geklagt wird

Die bayerischen Landesverbände der GEW und der Deutsche-Friedensgesellschaft-Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen DFG-VK wollen an diesem Mittwoch Klage gegen das Gesetz zur Förderung der Bundeswehr in Bayern vor dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof einreichen. Das gaben beide Organisationen Anfang der Woche bekannt. Das seit vergangenem August geltende Gesetz greife “massiv in Universitäten und Schulen ein”, indem es “militärische Kooperation” vorschreibe, heißt es von Seiten der Kläger. 

In dem Gesetz heißt es unter anderem: “Die Schulen arbeiten mit den Jugendoffizierinnen und Jugendoffizieren der Bundeswehr im Rahmen der politischen Bildung zusammen.” Karriereberaterinnen und Karriereberater der Bundeswehr und Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben ist es dem Gesetz nach ausdrücklich erlaubt, “im Rahmen schulischer Veranstaltungen” zur beruflichen Orientierung über Berufs- und Einsatzmöglichkeiten zu informieren. 

Käßmann: Gesetz treibe “Militarisierung der Gesellschaft voran”

Aus Sicht der Kläger werde für Lehrkräfte der Entscheidungsspielraum, ob die Bundeswehr an einzelnen Schulen Zugang und Werbemöglichkeiten erhalte, “nicht nur beschnitten, sondern ganz abgeschafft”. 

Die sogenannte Popularklage wird von mehr als 190 Mitklägern unterstützt. Mitklägerin ist auch die Theologin und die ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland Margot Käßmann. Sie sagt Table.Briefings, das Gesetz treibe “die Militarisierung der Gesellschaft voran”. Statt eng mit Jungoffizieren zusammenzuarbeiten, sollte “an Schulen gelernt werden, Konflikte gewaltfrei zu lösen”. 

Problematisch sei auch das Kooperationsgebot im Gesetz. Die Bundeswehr und die bayerische Staatsregierung könnten etwa einen ungehinderten Zugang zu Forschung und Entwicklung an Hochschulen erzwingen, die Gefahr sei, dass eine militärische Nutzung der Forschungsergebnisse nicht verhindert werden könne. “Das widerspricht einer freien Wissenschaft“, sagt Käßmann. Thorsten Denkler

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Neues Grundsatzprogramm: Was der Landesschülerrat Brandenburg fordert

Der Landesschülerrat Brandenburg hat sich ein neues Grundsatzprogramm gegeben. In dem Papier, das am Montag in Potsdam vorgestellt wurde, fordert der LSR unter anderem die Abschaffung der Prüfungen für den Mittleren Schulabschluss (MSA) an Gymnasien. Diese stellten eine Doppelbelastung für die Schülerinnen und Schüler dar, die sich am Gymnasium vor allem auf das Abitur vorbereiten würden. In vielen Ländern erwerben Gymnasiasten automatisch mit der Versetzung in die elfte Klasse ihren MSA. In Berlin ist die MSA-Prüfung an Gymnasien zum laufenden Schuljahr abgeschafft worden. Die Prüfpflicht galt seit 2006. Hamburg hat ebenfalls zum Beginn des Schuljahres die vor 20 Jahren eingeführten Übergangsprüfungen an Gymnasien abgeschafft. 

Teil des neuen Grundsatzprogramms des LSR-Brandenburg ist die “Vision einer modernen Schule“. Diese ginge auf die individuellen Bedürfnisse der Schüler ein und passe sich den gesellschaftlichen, technologischen und ökologischen Entwicklungen an.

Flexible und personalisierte Lernwege ermöglichen

Dafür hat der LSR-Brandenburg unter anderem diese Forderungen entwickelt: 

  • Schulen sollen “flexiblere und personalisierte Lernwege” ermöglichen, die den unterschiedlichen Stärken, Schwächen und Interessen der Lernenden gerecht werden. Dies könne mit individualisierten Lernplänen, Wahlmöglichkeiten in den Fächern und modularisierten Unterrichtsinhalten geschehen, die es den Schülern erlaubten, “ihren eigenen Bildungsweg aktiv mitzugestalten”.
  • Schulen sollten “umfassend in moderne technische Ausstattung und digitale Lernplattformen investieren” können, die die Schüler “auf eine digitalisierte Welt vorbereiten”. Lehrkräfte sollten zudem “regelmäßig Fortbildungen im Bereich digitaler und innovativer Lernmethoden erhalten”.
  • Nachhaltigkeit solle ein “fester Bestandteil der Schulkultur und des Unterrichts” werden. Dafür sollten Themen wie Klimaschutz, Ressourcenschonung und Umweltbewusstsein regelmäßig behandelt werden. 
  • Neben fachlichem Wissen sollten auch Teamarbeit, Empathie und Konfliktlösung aktiv gefördert werden. Programme zur Förderung von Resilienz, Stressbewältigung und sozialer Verantwortung “sollen Teil des Schulalltags sein”.
  • Gefordert wird zudem eine “moderne und einladende Architektur”, die offene Lernräume für Gruppenarbeit, kreative Projekte und individuelle Rückzugsorte biete. 
  • Mit einer Reform des Bewertungssystems – weg von Noten hin zu Worteinschätzungen – will der LSR “eine differenzierte Rückmeldung über den individuellen Lernfortschritt” ermöglichen. In Fächern wie Sport, Kunst und Musik solle statt “starrer Bewertungskriterien” die Kreativität, der persönliche Einsatz und die individuelle Entwicklung der Schülerinnen und Schüler stärker gewürdigt werden. 

Der LSR appelliert an die Entscheidungsträger in der Bildungspolitik: Eine “moderne, faire und zukunftsweisende Schule könne nur entstehen, wenn die Bedürfnisse und Ideen der Schüler*innen im Mittelpunkt stehen”. Die Forderungen des LSR seien eine “echte Chance”, das Bildungssystem entscheidend zu verbessern. “Nehmen Sie die Ideen und Visionen der Schüler*innen ernst, denn sie sind es, die die Zukunft gestalten werden”. Thorsten Denkler

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Trump: Neue Attacke auf US-Bildungsministerium

Die Trump-Regierung prüft weitreichende Kürzungen im US-Bildungsministerium. Erwartet wird zudem eine präsidentielle Anordnung (executive order), mit der Programme beendet werden sollen, die nicht gesetzlich geschützt sind. Zudem soll der Kongress aufgefordert werden, das Ministerium aufzulösen. Trump hatte im Wahlkampf die Schließung des Bildungsministeriums versprochen. 

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Die Anordnung könnte bereits in dieser Woche erfolgen, berichtet das “Wall Street Journal“. In den vergangenen Tagen wurden Dutzende Mitarbeiter des Bildungsministeriums vorläufig in den Urlaub geschickt, die für Förderprogramme gegen Diskriminierung und/oder zu Diversitäts-Themen arbeiten. Das kommt auch deshalb überraschend, weil die Senatsanhörung für Trumps designierte Bildungsministerin Linda McMahon noch nicht terminiert ist. 

Trump kann Ministerium nicht ohne Kongress abschaffen

Das Bildungsministerium beschäftigt rund 4.400 Mitarbeiter und verfügt über ein jährliches Budget von 79 Milliarden US-Dollar. Auch wenn die präsidentielle Anordnung erhebliche Einschnitte im Ministerium vorsieht und sogar seine Schließung fordert, kann das Ministerium nicht allein per executive order aufgelöst werden. Es wurde 1979 mit einem Beschluss des Kongresses geschaffen und kann nur vom Kongress gesetzlich wieder abgeschafft werden. 

Ob es dafür eine Mehrheit im Kongress gibt, bleibt fraglich. Die Republikaner im Repräsentantenhaus haben dies bereits in der Vergangenheit erfolglos versucht. Zudem verfügen die Republikaner nur über knappe Mehrheiten in beiden Kammern des Kongresses. Thorsten Denkler

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André Szymkowiak: Warum der Schulleiter auf KI und Empathie setzt

Er wurde für seine vorbildliche Schulleitung ausgezeichnet: André Szymkowiak.

André Szymkowiaks Schule ist eine von 25 Schulen, die das NRW-Bildungsministerium für das Pilotprojekt “Künstliche Intelligenz im Mathematik- und Deutschunterricht” ausgewählt hat. Anfang Februar hat das Projekt am Gymnasium Thusneldastraße Köln-Deutz begonnen, in den kommenden zweieinhalb Jahren soll die Schule mit wissenschaftlicher Begleitung verschiedene Unterrichtsreihen testen und erhält dafür Zugang zu mehreren KI-Sprachmodellen.

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Schulleiter Szykowiak findet wichtig, dass seine Schüler lernen, wie sie KI-Sprachmodelle einsetzen können und wie sie die Antworten von ChatGPT auch hinterfragen sollten. Er erhofft sich durch den Einsatz von KI auch eine bessere Förderung aller Schüler – indem sie durch KI-Tools schneller Feedback erhalten. Oder da Lehrkräfte das Deutsch-Niveau von Texten aus dem Schulbuch einfacher anpassen können, wenn Schüler noch Sprachschwierigkeiten haben. Schon seit zwei Jahren nutzten Lehrkräfte seiner Schule unter anderem die KI-Tools von Fobizz im Unterricht.

Von der Bundeswehr ins Lehrerzimmer

Szymkowiaks Weg zum Schulleiter des Gymnasiums war kein gewöhnlicher. Nach dem Abitur machte der 55-Jährige zunächst seinen Wehrdienst und wurde dann Reserveoffizier. Danach studierter er Chemie. Erst Jahre später kam ihm die Idee, Lehrer zu werden – auch weil er sich daran erinnerte, wie er bei der Bundeswehr Freude daran hatte, junge Wehrdienstleistende in ihrer Ausbildung zu begleiten.

Nach Abschluss seines Studiums in Hamburg – zusätzlich mit den Fächern Geografie und Erziehungswissenschaften – zog es Szymkowiak noch einmal zur Bundeswehr. Eineinhalb Jahre lang war er als Kriegsreporter und Presseoffizier in Bosnien-Herzegowina und dem Kosovo tätig.

Diese Zeit beschreibt Szymkowiak, der den Deutschen Lehrkräftepreis für vorbildliche Schulleitung im vergangenen Jahr erhielt, als “richtig prägend”. Neben Stress- und Krisenbewältigung habe er vor allem viel über Kommunikation und zwischenmenschliche Beziehungen gelernt.

Beziehungen im Fokus

In seiner Rolle als Schulleiter am Gymnasium Thusneldastraße seit 2019 legt Szymkowiak heute großen Wert auf gute Beziehungen in seiner Schule und darauf, auf jede Lehrkraft und jeden Schüler individuell einzugehen. Zuvor war er unter anderem stellvertretender Schulleiter an der Deutschen Auslandsschule in Windhoek in Namibia. Wenn ein Schüler oder ein Kollege zu ihm mit einem Problem käme, sei es ihm immer wichtig, eine individuelle Lösung zu finden. “Bei meinen Entscheidungen gilt das Argument ‘Wenn jetzt jeder käme’ nicht”.  

Empathie in der Zusammenarbeit hält Szymkowiak auch für eine zentrale Bedingung, damit Lehrkräfte ihr volles Potenzial entfalten können. Das komme direkt dem Unterricht zugute. “Wenn die Lehrkräfte gerne in die Schule kommen und gut arbeiten können, spüren das die Kinder”, sagt er.

Außerschulische Kooperationen

Bestätigen können Szymkowiak seine Ergebnisse als Schulleiter: Ein Großteil der Referendare wolle nach Abschluss der zweiten Phase gerne bleiben, Anträge auf Versetzungen gebe es kaum, Lehrkräfte von außerhalb fragten regelmäßig für einen Wechsel an.

Dass sich die meisten Lehrkräfte wohlfühlen, liegt Szymkowiak zufolge auch an vielen außerschulische Kooperationen, zum Beispiel mit dem Kölner Karneval, dem Schokoladenmuseum oder der Jüdischen Gemeinde in Köln. Dabei lernten die Schüler viel in der Praxis.

Was die Zusammenarbeit mit der jüdischen Gemeinde bringt, habe sich deutlich nach dem Massaker der Hamas in Israel am 7. Oktober 2023 gezeigt. Die Schülerschaft seiner Schule ist sehr heterogen, viele Kinder sind palästinensischer Herkunft. Szymkowiak hatte da zunächst Furcht vor Konflikten oder antisemitischen Zwischenfälle, diese blieben aber aus.

Prävention gegen Antisemitismus

Vielleicht auch, weil Szymkowiak noch am selben Wochenende Handlungsempfehlungen an das gesamte Kollegium schickte. Daneben zeigte vermutlich die präventive Arbeit seiner Schule ihre Früchte. “Es gab für keinen Schüler einen Grund, auf Juden in Deutschland sauer zu sein, weil die Abkopplung von Juden und dem Staat Israel bekannt war.” Seit Jahren organisiert die Schule Projekte, um jüdisches Leben in Deutschland erfahrbar zu machen. Sie installierten in einem Projektjahr zum Beispiel eine Klagemauer im Schulgebäude oder besuchten Stolpersteine und jüdische Friedhöfe.

In der Auseinandersetzung mit dem Nahostkonflikt sieht der Schulleiter Schulen in der Pflicht: “Wir müssen gegen jede Form von Antisemitismus ankämpfen.” Dass Szymkowiaks Schule das im Stadtteil Deutz gelingt, würdigte die Stadt Köln schon 2021. Die Schule erhielt damals den Ehrenamtspreis für den Umgang mit jüdischer Kultur und Geschichte. Jasper Bennink

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Best of Table.Media

Europe.Table. Eco-Verband: “Der AI Act muss jetzt praxistauglich werden”. Die ersten Verbote des AI Acts gelten bereits. Doch immer noch ist das Gesetz in Teilen zu unklar, zu vage formuliert, kritisiert Alexander Rabe, Geschäftsführer des Eco-Verbands der Internetwirtschaft. Das berge die Gefahr einer uneinheitlichen nationalen Umsetzung. Mehr lesen Sie hier.

Security.Table. Mehr Freiwilligkeit, mehr Reserve: So reformiert die Ukraine den Wehrdienst. Zwischen 18 und 25 Jahren sollen künftig alle Männer in der Ukraine gedient haben, Frauen können freiwillig mitmachen. Wer sich weigert, muss mit Konsequenzen rechnen. Mehr lesen Sie hier.

Research.Table. BuWiK: Warum Befristungen für Institutionen zum Fachkräfte-Problem werden. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in frühen Karrierephasen sind weiter überwiegend befristet beschäftigt. Das zeigt der Bericht “BuWik 2025”, der am Donnerstag veröffentlicht wurde. Das könnte für die Wissenschaft zum Fachkräfte-Problem werden. Es gibt aber auch einige positive Trends. Mehr lesen Sie hier.

Presseschau

Welt: Plädoyer für zweite Fremdsprachen. Alan Posener kritisiert den Vorstoß des Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg, Winfried Kretschmann, angesichts von KI-gesteuerten Übersetzungsprogrammen die zweite Fremdsprache abzuschaffen. Posener mahnt an, Bildung sei ein Wert an sich. Beim Erlernen von Sprache ginge es nicht bloß um Vokabeln, sondern um das Kennenlernen einer ganzen Kultur. Nur weil KI Aufgaben übernehmen könne, hieße das nicht, dass wir sie nicht mehr allein lösen können sollten. (Wer mehr KI an Schulen fordert, hat nicht verstanden, was Bildung ist

dpa: Weniger Kinder im Hamburg eingeschult. In Hamburg sinkt die Zahl der eingeschulten Kinder im Vergleich zum Rekordstand der beiden Vorjahre um mehr als 600. Eine ähnliche Entwicklung lässt sich in den Vorschulen beobachten. Dort sank die Zahl der Kinder ein weiteres Jahr in Folge um 300. Bildungssenatorin Bekeris sieht jedoch keine Entspannung der Situation und fordert weitere Investitionen in die Bildung. (Weniger Erstklässler an Hamburgs Schulen erwartet

DW: Lehrplanänderung in Syrien. Die HTS-Miliz in Syrien hat das Prüfungsthema “Syrischer Nationalismus” gestrichen. Dieses glorifizierte vor allem das bisherige Regime Assads. Unklar ist jedoch, wie die angebliche Übergangsregierung den Lehrplan noch anpassen will. Es besteht die Sorge vor ideologischer Beeinflussung. Doch das syrische Bildungssystem steht noch vor weiteren Herausforderungen. Während des Kriegs konnten 2,5 Millionen Kinder keine Schule besuchen. (Syrien im Umbruch: Bildung zwischen Ideologie und Neubeginn)

dpa: Staatlicher Islamunterricht in Rheinland-Pfalz. In Rheinland-Pfalz soll es Schulen nach einem Pilotprojekt ab kommendem Schuljahr möglich sein, islamischen Religionsunterricht anzubieten. Zuvor müssen sich noch Bildungsministerium und Vertragspartner auf Unterrichtsmaterialien und Lehrplan einigen. Die benötigte Zahl an Lehrkräften ist noch unklar. Bisher haben muslimische Lehrkräfte anderer Fächer die Möglichkeit, sich im Fach Religion fortzubilden. (Islamischer Religionsunterricht: Gibt’s genügend Lehrkräfte?

dpa: Mehr Prämien für Meisterabschlüsse in Thüringen. Thüringens Regierung will die Meisterprämie und den Meisterbonus ausweiten. Bisher gingen Handwerker, die nach einer Fortbildung den Titel “Master Professional” erhielten, leer aus. Neben dem Erreichen eines Meisterabschlusses werden zudem die Jahrgangsbesten in den jeweiligen Handwerkskammerbezirken prämiert. Neben den Meisterausbildungen im Handwerk gibt es die Prämie ebenfalls für Ausbildungen der IHK und der grünen Berufe. (Ministerin: Anspruch auf Meisterprämie wird ausgeweitet

dpa: Schülervertreter gegen Noten im Sport. Der Landesschülerrat in Mecklenburg-Vorpommern will die Noten im Sportunterricht bis zur achten Klasse abschaffen. Zudem soll der Unterricht mehr Wahlmöglichkeiten und Sportangebote beinhalten. Der derzeitige Sportunterricht schaffe es nur selten, Spaß an Bewegung zu vermitteln und sei stattdessen häufig eine Belastung. (Frust beim Sportunterricht – Landesschülerrat will Reform

Termine

13. Februar, 13.30 Uhr bis 14.30 Uhr, online
Webinar SWK Talk Sprachliche Bildung für neu zugewanderte Kinder und Jugendliche
In diesem Webinar präsentieren und diskutieren Mitglieder der SWK ihre neu veröffentlichte Stellungnahme zur Gestaltung der sprachlichen Bildung von neu zugewanderten Kindern und Jugendlichen. INFOS & ANMELDUNG

18. Februar, 16 Uhr bis 17.30 Uhr, online
Webinar Lehrkräftebildung in Hamburg
Nach der Bundestagswahl steht in Hamburg im März die Bürgerschaftswahl an. Der Stifterverband lädt Parteienvertreter ein, um seine Pläne für die Bildung in Hamburg zu diskutieren und vorzustellen, wie er den Lehrermangel bekämpfen will. INFOS

20. bis 21. Februar, Nürnberg
Tagung Digitalität und Deutsch als Zweitsprache – mehr als ein Werkzeug zur Sprachaneignung
Digitale Medien können insbesondere bei der Vermittlung von Deutsch als Zweitsprache unterstützen. Doch wie gelingt ein angemessener Umgang etwa mit KI-Programmen? Dieser und anderen Fragen geht die Tagung der AG Deutsch als Fremdsprache nach. INFOS & ANMELDUNG

24. bis 26. Februar, Frankfurt am Main
Tagung Ökonomische Bildung und Transformation
Immer mehr Schüler wünschen sich wirtschaftliche Bildung in den Schulen. Doch wie gelingt die erfolgreiche Umsetzung im Schulalltag? Die Deutsche Gesellschaft für ökonomische Bildung lädt anlässlich ihrer Jahrestagung zur differenzierten Auseinandersetzung mit dem Thema ein und bietet eine Vielzahl von Vorträgen an. INFOS & ANMELDUNG

Bildung.Table Redaktion

BILDUNG.TABLE REDAKTION

Licenses:
    Liebe Leserin, lieber Leser,

    die AfD hat einen Stand auf der Didacta. Und die Aufregung ist groß. Nicht ganz zu Unrecht. Die AfD ist eine in weiten Teilen rechtsradikale und demokratiefeindliche Partei – und das spiegelt sich auch in ihren bildungspolitischen Vorhaben wider. Was hat die AfD also auf der Didacta zu suchen? Die Antwort dürfte einfach sein: Sie will für genau die Aufregung sorgen, die jetzt rund um diese Aktion entstanden ist. 

    Es gibt Boykottaufrufe, Distanzierungen, Forderungen an die Didacta, den AfD-Stand wieder zu kündigen. Aus AfD-Sicht: Ziel erreicht

    Auch wir berichten über die Debatte. Aber wir haben uns entschieden, nicht über jedes Stöckchen der AfD zu springen. Sie finden in dieser Ausgabe deshalb nur eine nüchterne Zusammenfassung der Ereignisse von meiner Kollegin Vera Kraft. Ansonsten wollen wir uns im Vorfeld und während der Didacta lieber intensiv um das Schwerpunktthema Demokratiebildung kümmern. Dazu hat die AfD ohnehin wenig zu sagen. Seien Sie gespannt. 

    In unserer Analyse beschäftigt sich mein Kollege Holger Schleper intensiv mit den Startchancen-Schulen. Die Frage ist: Wie kommen außerschulische Bildungsanbieter und Schulen so zusammen, dass die Schüler am Ende möglichst viel davon haben? Außerdem hat die ehemalige Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger meiner Research.Table-Kollegin Nicola Kuhrt ein Bilanz-Interview gegeben, das wir Ihnen nicht vorenthalten wollen. 

    Bleiben Sie uns gewogen.

    Ihr
    Thorsten Denkler
    Bild von Thorsten  Denkler

    Analyse

    Startchancen-Programm: Wie Schulen und Bildungsanbieter zusammenkommen

    In Summe bis zu sechs Milliarden Euro ist der Topf der Schulbudgets groß, der den bundesweit etwa 4.000 Schulen zur Verfügung stehen soll, die bis 2034 am Startchancen-Programm teilnehmen. Aus diesen sogenannten “Chancenbudgets” (Säule II des Programms, Bund-Länder-Vereinbarung ab Seite 12) können sie auch außerschulische Unterstützungsangebote zahlen. Was heißt: Mit dem Start des Programms im August 2024 haben für die zahlreichen Anbieter in diesem Bereich entscheidende Monate begonnen. 

    Es ist daher leicht nachvollziehbar, warum sich 18 zivilgesellschaftliche Bildungsorganisationen zusammengetan haben, um die Herausforderungen, Bedarfe und Erwartungen von Startchancen-Schulen herauszuarbeiten. Am kommenden Montag werden die Ergebnisse aus dem Projekt “Gemeinsam für mehr Chancen” vorgestellt. Die Crespo Foundation und der “Eleven – Verein für Kinder- und Jugendförderung” fördern das Vorhaben, das von edcosystems umgesetzt wird. Table.Briefings erhielt vorab einen Einblick in die Resultate.

    Die 18 teilnehmenden Organisationen stehen für die große Bandbreite, die außerschulische Anbieter abdecken. Es geht etwa um Mentoring-Programme, die psychische Gesundheit von Schülerinnen und Schülern, gesunde Ernährung oder Programmiersprachen. Wer in das Orientierungspapier zur Verwendung der Chancenbudgets schaut, das es als Anlage zur Bund-Länder-Vereinbarung zum Startchancen-Programm gibt, findet all das wieder. Die 18 Organisationen sind in Summe an mehr als 650 der über 2.100 Startchancen-Schulen vertreten, die in der ersten Programmphase dabei sind.

    Lesen Sie auch: Startchancen-Programm – Wie viele Schulen im August starten

    Überregional aktive Kooperationspartner spielen für Schulen untergeordnete Rolle

    22 Schulleitungen aus zwölf Bundesländern wurden im Oktober in leitfadengestützten Interviews von den Organisationen befragt. Unter anderem ging es darum, welche Herausforderungen und Bedarfe die Schulen sehen und was zum Gelingen einer Kooperation beitragen kann. Herausgekommen ist unter anderem: “70 Prozent der von den Schulen genannten Kooperationspartner sind lokale Partner“, sagt Tobias Feitkenhauer von edcosystems. Er und Ute Volz, Vorstand des Eleven e.V., schließen daraus zwei Dinge: 

    Auf der einen Seite ist Ziel des Startchancen-Programms, dass die Schulen sich in ihren Sozialraum öffnen. Dies kann mit den vorhandenen lokalen Partnern, wie beispielsweise der örtlichen Musikschule, gut gelingen. Auf der anderen Seite sollten die Ministerien der Länder und die Schulen bewährte und wirksame Bildungsprogramme für Kooperationen einbinden und nutzen.

    Die Zahlen bezüglich der Kooperationspartner sind ein deutlicher Hinweis darauf, dass es überregionale Anbieter oft schwer haben, an die Schulen zu kommen. “Den Startchancen-Schulen werden vielerorts die Türen von Bildungsanbietern eingerannt“, sagt Volz. Die Schulleitungen gaben in der Befragung an, dass für sie Ortsbezug, Langfristigkeit und Verlässlichkeit für das Gelingen der Kooperation entscheidend sind. Lokale Anbieter sind hier durch ihre Nähe zu den Schulen zunächst im Vorteil.

    Dabei können laut Volz überregionale, etablierte Anbieter dank erfolgter Evaluationen bereits zeigen, dass ihre Angebote wirken. Feitkenhauer bringt deshalb die Idee eines Kooperationsmanagers ins Spiel, der an den Schulen präsent ist. Diese Person kann Schulleitungen bei der Auswahl, der Zusammenstellung und der Zusammenarbeit mit außerschulischen Kooperationspartnern entlasten. Angestellt könnte ein Kooperationsmanager zum Beispiel in einem Bildungsbüro, beim Schulträger oder einem lokalen Verein sein und dadurch mehrere Schulen parallel betreuen.

    Schulen und Anbieter müssen lernen, über Kosten zu reden

    Was die Analyse noch zeigt: Der Wunsch nach Transparenz zu den Angeboten ist vonseiten der Schulleitungen groß. Unter anderem heißt das, sie möchten wissen, was sie die Zusammenarbeit mit außerschulischen Partnern kostet. “Für beide Seiten ist das oft Neuland”, berichtet Volz. Denn häufig ermöglichen es fördernde Stiftungen, dass die Schulen die außerschulischen Angebote aus ihrer Sicht kostenfrei nutzen können. Das Startchancen-Programm führt nun dazu, dass viele Anbieter sich direkt an die Schulen wenden. 

    Die Schulleitungen vor Ort müssen dann ausloten, welche Kooperationen sinnvoll sein könnten. Die Chancenbudgets eröffnen hier neue Möglichkeiten, auch weil ein Drittel der Gelder weitgehend frei vergeben werden kann. (Beispiel Chancenbudgets für NRW-Startchancen-Schulen)

    Schulleitungen wünschen sich zudem ein Entgegenkommen der Bildungsanbieter. “Ich wünsche mir, dass man uns ernsthaft kennenlernt und mit offenen Karten spielt”, formuliert es eine Schulleitung. Es sei klug, wenn Bildungsanbieter Vorbereitungszeit einplanen würden, um vor Ort zwei Wochen lang die Schule und das Team kennenzulernen. “So könnte man gemeinsam wirklich passende Lösungen entwickeln.”

    Bildungsanbieter selbst müssen sich zum Teil professionalisieren

    Aber nicht nur für das Zusammenspiel mit den Schulen, auch für den Bereich der zivilgesellschaftlichen Bildungsorganisationen selbst enthält die vorliegende Untersuchung einige Botschaften. Dazu zählt, dass an über 75 Prozent der mehr als 650 Startchancen-Schulen, an denen die 18 Bildungsanbieter tätig sind, jeweils nur eine Organisation vertreten ist. Die Idee, dass die vielen Bildungsanbieter stärker im Verbund denken, wächst langsam. Das Startchancen-Programm erweist sich hier als Treiber. “Grundsätzlich gilt, dass sich auch die Anbieter zum Teil stärker professionalisieren müssen”, sagt Feitkenhauer.

    Für ihn und Volz ist das wichtig. Denn in ihren Augen wird die Zivilgesellschaft mit ihren lokalen Vereinen, regionalen Bildungsorganisationen und bundesweiten Netzwerken als Partner der Schulen zu wenig gesehen – nicht zuletzt, weil der Bereich so unübersichtlich ist. Bei der wissenschaftlichen Begleitung des Startchancen-Programms etwa richtet sich der Blick in der Wahrnehmung von Volz und Feitkenhauer, wenn es um zivilgesellschaftlichen Bildungsorganisationen geht, bisher eher auf Stiftungen.

    “Wenn es um Wirkungsnachweise geht, gibt es etwa im Bereich von Mentoring schon sehr belastbare Studien von Bildungsanbietern, wie sich die Bildungschancen von Schülerinnen und Schülern verbessern”, sagt Volz. Dieses vorhandene Wissen, gerade der überregionalen Anbieter, ließe sich nutzen. 

    Und auch bei den Governance-Strukturen, die aktuell in den Bundesländern nach und nach entstehen, hoffen Feitkenhauer und Volz darauf, stärker einbezogen zu werden. “In einer idealen Welt wäre es so, dass zivilgesellschaftliche Bildungsanbieter im Startchancen-Programm von Beginn an konsequent mitgedacht und einbezogen werden”, schildert Volz ihre Sicht. Und dann stünden zu etwa gleichen Anteilen lokale Akteure und nachgewiesen wirksame, bundesweit aktive Organisationen an der Seite der Schulen.

    Am Montag, 10. Februar, werden die Ergebnisse aus dem Projekt “Gemeinsam für mehr Chancen – Zivilgesellschaft im Startchancen-Programm” vorgestellt. Die Online-Veranstaltung findet von 15 bis 16.30 Uhr statt. Hier können Sie sich anmelden.

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    Interview

    Stark-Watzinger über die Fördermittel-Affäre: “Dass dieser Eindruck entstanden ist, das bedauere ich zutiefst”

    Mit Blick auf Ihre Amtszeit: Was würden Sie sagen, was ist geglückt und sollte unbedingt fortgesetzt werden – unabhängig davon, welche Regierung nun folgt? 

    Im Bildungsbereich war es mir besonders wichtig, das Thema Chancengerechtigkeit voranzubringen. Mit dem Startchancen-Programm haben wir einen großen Hebel umgelegt, das muss jetzt gut umgesetzt und weitergeführt werden. Ebenso haben wir die berufliche Bildung stärker in den Fokus gerückt. Hier haben wir mit der Exzellenzinitiative Berufliche Bildung erste große Schritte gemacht, aber das ist ein kontinuierlicher Prozess, weil sich dieser Bereich stetig weiterentwickelt. Ein weiterer Punkt ist das Aufstiegs-BAföG. Es muss klar sein, die Gleichwertigkeit der Bildungswege macht unser Land stark. Außerdem haben wir wichtige Weichenstellungen vorgenommen, die weniger im Mittelpunkt der öffentlichen Wahrnehmung standen. Zum Beispiel haben wir begonnen, ein Konzept für Bildung in einem Einwanderungsland zu entwickeln. Da ging es um grundlegende Fragen: Was verändert sich? Welche Anpassungen braucht unser Bildungssystem? Dann gibt es den Digitalpakt, der für uns mehr als nur die Anschaffung von Geräten ist. Es geht darum, dass die Schülerinnen und Schüler die digitalen Zukunftskompetenzen erlernen. Hier braucht es ein Gesamtkonzept.

    Wir wollten keinen Schnellschuss, sondern konkrete Projekte entwickeln

    Es gab teils heftige Debatten um Priorisierungen, besonders im Forschungsbereich. Beispielsweise wurde die Batterieforschung gekürzt, während die Kernfusionsforschung stärker gefördert wurde. War das die richtige Entscheidung? 

    Die Batterieforschung hat in den letzten Jahren große Fortschritte gemacht, und Deutschland hat sich hier wieder eine führende Position erarbeitet. Dass Mittel aus dem Klima- und Transformationsfonds (KTF) gestrichen wurden, war nicht die Entscheidung des BMBF, sondern eine übergeordnete Haushaltsfrage. Der Innovationsanteil im KTF war ohnehin gering, und dass selbst dieser reduziert wurde, sehe ich kritisch. Wir haben versucht, die Folgen im eigenen Etat abzumildern, aber konnten nicht alles kompensieren. Generell ging es mir immer darum, eine langfristige Finanzierung sicherzustellen. Und das haben wir auf die Hochschulen übertragen, mit dem ansteigenden Budget, das ist entscheidend für die langfristige Forschungs- und Lehrplanung. Außerdem haben wir das Forschungsdatengesetz vorangetrieben – das ist ein komplexes Thema, weil es in viele verschiedene Gesetze eingreift. Wir haben hier viele Gespräche geführt und erste Strukturen geschaffen, um eine bessere Nutzung wissenschaftlicher Daten zu ermöglichen – auch das war jetzt vor dem Abschluss.  

    Nächste Regierung sollte Dati zügig umsetzen

    Dazu ist es aber nicht mehr gekommen. Am 6. November 2024 war die Ampel-Regierung am Ende und Sie damit auch nicht mehr Forschungsministerin. Hätten Sie gerne weitergemacht? 

    Ja, ein paar Dinge hätte ich gerne noch weiter vorangebracht. Aber es ist doch grundsätzlich so: Die Aufgabe einer Wissenschaftsministerin ist es, auch weitreichende Prozesse anzustoßen, und da sind wir mutige Schritte gegangen. Große Projekte bedürfen eines kontinuierlichen Arbeitens, wie etwa auch die Deutsche Agentur für Transfer und Innovation (Dati). Wir wollten keinen Schnellschuss, sondern fundierte Konzepte entwickeln. Die Expertenkommission, die uns bei der Dati beraten hat, hat exzellente Arbeit geleistet. Jetzt liegen Konzepte und auch Anträge vor, und es wäre wünschenswert, dass die nächste Regierung sie zügig umsetzt. 

    Was würden Sie nächstes Mal anders machen? 

    Ein ganz konkretes Beispiel. Bürokratie macht auch vor der Wissenschaft nicht halt. Ich würde mir noch stärker die Förderstrukturen anschauen. Nicht im Sinne einer politischen Steuerung, sondern mit Blick darauf, wie bürokratisch diese sind. Wir haben das in der Abteilung für Lebenswissenschaften bereits einmal getan. Auch dort haben wir moderne Methoden eingeführt, wie sie auch die Agentur für Sprunginnovationen anwendet. Das bedeutet: Man identifiziert ein Problem und startet einen Wettbewerb um die beste Lösung. Das ist unbürokratischer und erlaubt einen breiten Einstieg, aus dem dann die vielversprechendsten Ansätze weitergeführt werden. Ich würde auch die Rolle der Projektträger stärker hinterfragen. Intern haben wir bereits einige Veränderungen vorgenommen und Prozesse vereinfacht. Aber ich glaube, dass kleine Anpassungen nicht ausreichen. Es braucht mehr Freiheit in der Forschungsförderung, um wirklich effizient zu sein. 

    Fördermittel-Affäre:  “Das ist etwas, was mich tief berührt hat”

    Was vielen im Gedächtnis bleiben wird von Ihrer Amtszeit, sind die Debatten um die Fördermittel-Affäre.   

    Zunächst einmal: Ich unterscheide zwischen einer Meinung, die man hat und haben kann, und der Frage der Wissenschaftsfreiheit. In die Wissenschaftsfreiheit darf man nie eingreifen. Das ist elementar und unumstößlich. Auslöser der Diskussion war die Frage des Umgangs mit Antisemitismus in den Räumen der Hochschulen. Hier habe ich eine klare Meinung. Leider hat ein Prüfauftrag per Telefon auf Staatssekretärsebene, der wie von ihr geschildert missverstanden wurde, den Eindruck entstehen lassen, Wissenschaftler sollten in ihrer wissenschaftlichen Arbeit kontrolliert werden. Dass dieser Eindruck entstanden ist, das bedauere ich zutiefst. Es hat aber nicht stattgefunden. Der Bericht der Internen Revision des BMBF und das Verwaltungsgericht bestätigen die Aufklärung, die ich veranlasst hatte.

    Hadern Sie mit den Geschehnissen? 

    Das ist etwas, was mich tief berührt hat. Es war niemals ein Ansinnen dieses Hauses, in die Wissenschaftsfreiheit einzugreifen, und das würde es unter meiner Führung auch niemals sein. Ich sage das mit voller Überzeugung, weil ich mit vielen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus dem gesamten Spektrum zusammengearbeitet habe. Ich schätze die Wissenschaft in Deutschland sehr und halte sie für ein hohes Gut. Ich möchte aber auch klarstellen, dass mir bis heute niemand konkret sagen konnte, wo ich in die Wissenschaftsfreiheit eingegriffen hätte. Die wissenschaftliche Selbstorganisation ist das Fundament für Fortschritt in unserem Land. 

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    News

    Didacta: AfD-Präsenz sorgt für Protest

    Die geplante Präsenz der AfD auf der Didacta kommende Woche in Stuttgart sorgt für Unmut. Die teils rechtsextremen Positionen der AfD stünden im eklatanten Widerspruch zu einer offenen Bildung und dem diesjährigen Leitmotiv der Demokratiebildung, lautet die Kritik. Zahlreiche Aussteller und Bildungsakteure positionieren sich. Eine Petition, die den Ausschluss der AfD von der Didacta fordert, erhält mehr als 10.000 Unterschriften.

    “Die AfD ist eine Partei, die unter der Beobachtung des Verfassungsschutzes steht, die den Holocaust leugnet und die für Werte steht, für die wir Lehrerverbände definitiv nicht stehen“, sagt Gerhard Brand, Bundesvorsitzender des Verbands Bildung und Erziehung (VBE) zu Table.Briefings.

    Der VBE hat gemeinsam mit der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) einen Brief an den Didacta-Vorstand geschrieben und ihr Unverständnis über die Präsenz der AfD auf der Didacta ausgedrückt. “Mit Blick auf die jüngste Geschichte” sei es “höchst unangemessen”, dieser Partei eine Plattform auf Europas führender Bildungsmesse zu geben.

    Austausch über Bildung oder Wahlkampf?

    Der Didacta Verband verweist auf rechtliche Regelungen. Die Teilnahmebedingungen würden die Ablehnung einer politischen Partei oder eines Landesverbands einer Partei als Aussteller nicht zulassen, heißt es in der Antwort, die Table.Briefings vorliegt. Als Unternehmen in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft müsse die Messe Stuttgart alle Aussteller zuzulassen, “solange die gezeigten Inhalte nicht gegen Gesetze verstoßen”. Parteien mit parlamentarischer Repräsentation hätten so grundsätzlich die Möglichkeit, sich zu präsentieren.

    Es ist das erste Jahr, in dem auf der Didacta politische Parteien vertreten sein werden. Neben dem baden-württembergischen Landesverband der AfD haben auch der Landesverband der Grünen sowie die Fraktion der CDU Baden-Württemberg einen Stand angemeldet.

    Obwohl die AfD auf Anfrage bestritt, aus wahlkampftaktischen Gründen auf der Messe zu sein, teilte der Didacta Verband unserer Redaktion mit: “Alle Parteien haben sich kurzfristig nach Bekanntgabe des vorgezogenen Termins für die Bundestagswahl angemeldet.”

    Haltung zeigen statt Boykott

    Für die Option, schlicht gar keine parteipolitischen Stände mehr zuzulassen, gibt es sowohl von Bildungsakteuren als auch aus CDU und SPD Zuspruch. Ein nachträglicher Ausschluss sei nun aber rechtlich nicht mehr möglich, teilte der Didacta-Vorstand Table.Briefings mit.

    Ein großer Boykott ist für die Bildungsmesse dennoch nicht zu erwarten: Viele Unternehmen und Bildungsakteure kündigten stattdessen an, mit ihrer Präsenz und ihrem demokratischen Bildungsangebot das Didacta-Motto “Demokratie braucht Bildung – Bildung braucht Demokratie” mit Leben füllen zu wollen. Vera Kraft

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    Honorarlehrkräfte: Bundestag beschließt überraschend Übergangslösung

    Verbände und Politik haben erleichtert auf die überraschende Einigung von SPD, Grünen und Union auf eine Übergangsregelung für Honorarlehrkräfte reagiert. Julia von Westerholt, Direktorin des Deutschen Volkshochschul-Verbands (DBVV) begrüßte die Übergangsregelung. Es sei aber auch klar, dass bis zum Auslaufen der Frist Ende 2026 eine Lösung gefunden werden müsse. Die vorgeschlagene Regelung dürfe keine dauerhafte Feststellung abhängiger Beschäftigung von Lehrkräften zur Folge haben. Es brauche bürokratiearme, pragmatische “und an der Praxis orientierte Lösungen”, die “gleichzeitig” die soziale Absicherung der Lehrkräfte sicherstellten.

    Zum Download: Der vom Bundestag beschlossene Gesetzestext zu Honorarlehrkräften

    Bettina Martin (SPD), Präsidentin der Wissenschaftsministerkonferenz sowie Wissenschafts- und Kulturministerin in Mecklenburg-Vorpommern, sagte: “Ich bin sehr froh und erleichtert, dass es uns gelungen ist, diese Übergangsregelung mit dem BMAS und der Deutschen Rentenversicherung zu erarbeiten.” Das schaffe die “dringend notwendige Atempause” auch für Musik- und Jugendkunstschulen sowie für Hochschulen. 

    Übergangsregelung gilt bis Ende 2026

    Für die Übergangsregelung wird – vorbehaltlich der Zustimmung des Bundesrats – der bisher ungenutzte Paragraf 127 im vierten Sozialgesetzbuch neu gefasst. Demnach können Lehrkräfte, die bereits einen Honorarvertrag abgeschlossen haben, bis Ende 2026 ohne Risiko für den Bildungsträger weiter als Selbständige beschäftigt werden. Und zwar auch dann, wenn die Deutsche Rentenversicherung (DRV) in einer möglichen Statusfeststellung eine Scheinselbstständigkeit annimmt. Es ist zu erwarten, dass die DRV vor diesem Hintergrund bis Ende der Frist ohnehin auf Statusfeststellungen verzichten wird. 

    Das Bundessozialgericht (BSG) hatte 2022 festgestellt, dass eine Lehrkraft an einer kommunalen Musikschule scheinselbständig, also sozialversicherungspflichtig beschäftigt war: Für eine unternehmerische Tätigkeit der Lehrerin “fehlen jegliche Anhaltspunkte”, hieß es im sogenannten Herrenberg-Urteil (BSG, 28.06.2022, B 12 R 3/20 R). Viele Bildungsträger haben seither Programme gestrichen und Honorarverträge aufgekündigt aus Sorge, in großem Umfang Beiträge zur Sozialversicherung nachzahlen zu müssen. 

    Schulen können aufatmen

    Die SPD-Bundestagsabgeordnete und Mitglied im Ausschuss für Arbeit und Soziales, Angela Hohmann, die die Übergangsregelung für ihre Fraktion federführend verhandelt hat, sagte: “Jetzt können die Schulen erst einmal aufatmen.” Eine Nachzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen hätte viele Bildungseinrichtungen “in ihrer Existenz bedroht“. Die Bildungsanbieter hätten jetzt Zeit, “ihre Organisationsmodelle weiterzuentwickeln”. Ziel der SPD sei, “dass Lehrtätigkeit weiterhin sowohl in abhängiger Beschäftigung als auch selbständig ausgeübt werden kann”. In der kommenden Legislaturperiode müsse dazu eine grundsätzliche Neuregelung erarbeitet werden.

    Die Gesetzesänderung kam innerhalb weniger Tage zustande. Am 22. Januar hat das Arbeitsministerium im dritten Fachgespräch zur Frage der Honorarlehrkräfte die Fachverbände informiert, dass es doch noch vor der Wahl eine Lösung geben könne. Die Union hatte erklärt, einer solchen Lösung zusammen mit SPD und Grünen zustimmen zu wollen. Das BMAS schickte eine Formulierungshilfe an die drei Fraktionen. Diese erstellten daraus einen Änderungsantrag, der – etwas ungewöhnlich – sachfremd an ein Gesetz über DDR-Opferentschädigungen angeheftet wurde. Vergangenen Mittwoch hat der Ausschuss für Arbeit und Soziales den Antrag zusätzlich mit den Stimmen von Linken und BSW angenommen. Am späten Donnerstag hat der Bundestag dem Gesetz zugestimmt. Thorsten Denkler

    Lesen Sie auch: Sprachkurse: Wie das Arbeitsministerium Scheinselbstständigkeit umgehen will

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    NRW: Wieso Verbände verhalten auf neue Bildungsgänge für Berufskollegs reagieren

    Vertreter der Berufskollegs in Nordrhein-Westfalen – der Verband der Lehrerinnen und Lehrer an Wirtschaftsschulen (vLw) und der Verband der Lehrerinnen und Lehrer an Berufskollegs in NRW (vlbs) – halten den Beschluss des Landeskabinetts, zwei neue MINT-Bildungsgänge einzuführen, für keinen großen Wurf gegen den Fachkräftemangel. Schulministerin Dorothee Feller (CDU) hatte gesagt, sie wolle mit dem Schritt NRW “zum Berufsbildungsland Nummer eins machen” und Fachkräfte in MINT-Berufen sichern. “Die beiden vollzeitschulischen Angebote können nur eine Alternative für noch nicht ausbildungsfähige Schülerinnen und Schüler sein, grundsätzlich sollte die duale Berufsausbildung die erste Wahl sein”, sagt Hilmar von Zedlitz-Neukirch, Vorsitzender des vLw.

    Das Landeskabinett hatte vergangene Woche beschlossen, dass künftig alle Schulträger die Einrichtung von zwei neuen Bildungsgängen beantragen können, die bisher in Schulversuchen erprobt wurden. Der Schulausschuss muss laut Ministerium der Verordnung noch zustimmen.

    Neue Bildungsgänge seien sinnvoll, wenn es zu wenig Lehrstellen gibt

    Beide Bildungsgänge führen in zwei Jahren zur Fachhochschulreife. Sie richten sich an Schüler mit Mittlerer Reife oder einer Berechtigung, die gymnasiale Oberstufe zu besuchen

    • Die Fachoberschule für Informatik legt den Schwerpunkt auf IT und sieht dafür Profilfächer und ein Praktikum in einem IT-Unternehmen vor. Die Schüler sollen nach Abschluss zwischen einer Ausbildung oder einem Studium wählen können.
    • Die Berufsfachschule für Ingenieurtechnik bietet nach der Fachhochschulreife in einem dritten Jahr noch den Berufsabschluss als technischer Assistent mit Schwerpunkt Bau-, Elektro- oder Maschinenbautechnik an.

    Die schulische Assistenzausbildung dauert normalerweise zwei bis drei Jahre. Allerdings, sagt von Zedlitz-Neukirch, ist sie in Tarifverträgen einer dualen Ausbildung meist nicht gleichgestellt, weshalb viele noch eine duale Lehre anschließen.”Insbesondere in strukturschwachen Regionen, in denen es zu wenige Lehrstellen gibt, sind solche Bildungsgänge – die es für andere Fachbereiche auch schon gibt – durchaus sinnvoll.” Die Industrie- und Handelskammern klagten in NRW allerdings eher über zu wenige Bewerber. Außerdem gebe es in NRW schon gute Optionen, parallel zur Lehre einen höheren Schulabschluss zu erwerben. Sie müssten nur noch bekannter werden.

    Wie lässt sich Gleichwertigkeit akademischer und beruflicher Bildung erhöhen?

    Schulministerin Feller hatte gesagt, mit der neuen Verordnung wolle die Landesregierung auch dazu beitragen, dass die berufliche Bildung “gleichwertig zur akademischen Bildung” sei. Michael Suermann, Vorsitzender vom Verband der Lehrerinnen und Lehrer an Berufskollegs in NRW (vlbs), hielte für mehr Gleichwertigkeit einen anderen Schritt für viel wichtiger: “Es muss flächendeckend möglich werden, sich Studien- oder Ausbildungsleistungen im jeweils anderen Bildungsbereich anrechnen zu lassen.” Etwa, wenn jemand nach einem Studienabbruch eine Ausbildung beginnen oder nach Abschluss einer Ausbildung noch studieren möchte.

    Vorbildhaft sei hier etwa die studienintegrierende Ausbildung, die die Berufliche Hochschule Hamburg mit Berufsschulen anbietet, aber auch einige Berufskollegs mit ausgewählten Hochschulen wie der Universität Duisburg-Essen in NRW. Wer sich hier doch noch für ein Vollzeitstudium umentscheidet, kann sich auch Leistungen vom Berufskolleg als ECTS anrechnen lassen. Anna Parrisius

    Lesen Sie auch: Neue Uni verknüpft Studium und Ausbildung

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    Bundeswehr an Schulen: Warum in Bayern jetzt dagegen geklagt wird

    Die bayerischen Landesverbände der GEW und der Deutsche-Friedensgesellschaft-Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen DFG-VK wollen an diesem Mittwoch Klage gegen das Gesetz zur Förderung der Bundeswehr in Bayern vor dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof einreichen. Das gaben beide Organisationen Anfang der Woche bekannt. Das seit vergangenem August geltende Gesetz greife “massiv in Universitäten und Schulen ein”, indem es “militärische Kooperation” vorschreibe, heißt es von Seiten der Kläger. 

    In dem Gesetz heißt es unter anderem: “Die Schulen arbeiten mit den Jugendoffizierinnen und Jugendoffizieren der Bundeswehr im Rahmen der politischen Bildung zusammen.” Karriereberaterinnen und Karriereberater der Bundeswehr und Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben ist es dem Gesetz nach ausdrücklich erlaubt, “im Rahmen schulischer Veranstaltungen” zur beruflichen Orientierung über Berufs- und Einsatzmöglichkeiten zu informieren. 

    Käßmann: Gesetz treibe “Militarisierung der Gesellschaft voran”

    Aus Sicht der Kläger werde für Lehrkräfte der Entscheidungsspielraum, ob die Bundeswehr an einzelnen Schulen Zugang und Werbemöglichkeiten erhalte, “nicht nur beschnitten, sondern ganz abgeschafft”. 

    Die sogenannte Popularklage wird von mehr als 190 Mitklägern unterstützt. Mitklägerin ist auch die Theologin und die ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland Margot Käßmann. Sie sagt Table.Briefings, das Gesetz treibe “die Militarisierung der Gesellschaft voran”. Statt eng mit Jungoffizieren zusammenzuarbeiten, sollte “an Schulen gelernt werden, Konflikte gewaltfrei zu lösen”. 

    Problematisch sei auch das Kooperationsgebot im Gesetz. Die Bundeswehr und die bayerische Staatsregierung könnten etwa einen ungehinderten Zugang zu Forschung und Entwicklung an Hochschulen erzwingen, die Gefahr sei, dass eine militärische Nutzung der Forschungsergebnisse nicht verhindert werden könne. “Das widerspricht einer freien Wissenschaft“, sagt Käßmann. Thorsten Denkler

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    Neues Grundsatzprogramm: Was der Landesschülerrat Brandenburg fordert

    Der Landesschülerrat Brandenburg hat sich ein neues Grundsatzprogramm gegeben. In dem Papier, das am Montag in Potsdam vorgestellt wurde, fordert der LSR unter anderem die Abschaffung der Prüfungen für den Mittleren Schulabschluss (MSA) an Gymnasien. Diese stellten eine Doppelbelastung für die Schülerinnen und Schüler dar, die sich am Gymnasium vor allem auf das Abitur vorbereiten würden. In vielen Ländern erwerben Gymnasiasten automatisch mit der Versetzung in die elfte Klasse ihren MSA. In Berlin ist die MSA-Prüfung an Gymnasien zum laufenden Schuljahr abgeschafft worden. Die Prüfpflicht galt seit 2006. Hamburg hat ebenfalls zum Beginn des Schuljahres die vor 20 Jahren eingeführten Übergangsprüfungen an Gymnasien abgeschafft. 

    Teil des neuen Grundsatzprogramms des LSR-Brandenburg ist die “Vision einer modernen Schule“. Diese ginge auf die individuellen Bedürfnisse der Schüler ein und passe sich den gesellschaftlichen, technologischen und ökologischen Entwicklungen an.

    Flexible und personalisierte Lernwege ermöglichen

    Dafür hat der LSR-Brandenburg unter anderem diese Forderungen entwickelt: 

    • Schulen sollen “flexiblere und personalisierte Lernwege” ermöglichen, die den unterschiedlichen Stärken, Schwächen und Interessen der Lernenden gerecht werden. Dies könne mit individualisierten Lernplänen, Wahlmöglichkeiten in den Fächern und modularisierten Unterrichtsinhalten geschehen, die es den Schülern erlaubten, “ihren eigenen Bildungsweg aktiv mitzugestalten”.
    • Schulen sollten “umfassend in moderne technische Ausstattung und digitale Lernplattformen investieren” können, die die Schüler “auf eine digitalisierte Welt vorbereiten”. Lehrkräfte sollten zudem “regelmäßig Fortbildungen im Bereich digitaler und innovativer Lernmethoden erhalten”.
    • Nachhaltigkeit solle ein “fester Bestandteil der Schulkultur und des Unterrichts” werden. Dafür sollten Themen wie Klimaschutz, Ressourcenschonung und Umweltbewusstsein regelmäßig behandelt werden. 
    • Neben fachlichem Wissen sollten auch Teamarbeit, Empathie und Konfliktlösung aktiv gefördert werden. Programme zur Förderung von Resilienz, Stressbewältigung und sozialer Verantwortung “sollen Teil des Schulalltags sein”.
    • Gefordert wird zudem eine “moderne und einladende Architektur”, die offene Lernräume für Gruppenarbeit, kreative Projekte und individuelle Rückzugsorte biete. 
    • Mit einer Reform des Bewertungssystems – weg von Noten hin zu Worteinschätzungen – will der LSR “eine differenzierte Rückmeldung über den individuellen Lernfortschritt” ermöglichen. In Fächern wie Sport, Kunst und Musik solle statt “starrer Bewertungskriterien” die Kreativität, der persönliche Einsatz und die individuelle Entwicklung der Schülerinnen und Schüler stärker gewürdigt werden. 

    Der LSR appelliert an die Entscheidungsträger in der Bildungspolitik: Eine “moderne, faire und zukunftsweisende Schule könne nur entstehen, wenn die Bedürfnisse und Ideen der Schüler*innen im Mittelpunkt stehen”. Die Forderungen des LSR seien eine “echte Chance”, das Bildungssystem entscheidend zu verbessern. “Nehmen Sie die Ideen und Visionen der Schüler*innen ernst, denn sie sind es, die die Zukunft gestalten werden”. Thorsten Denkler

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    Trump: Neue Attacke auf US-Bildungsministerium

    Die Trump-Regierung prüft weitreichende Kürzungen im US-Bildungsministerium. Erwartet wird zudem eine präsidentielle Anordnung (executive order), mit der Programme beendet werden sollen, die nicht gesetzlich geschützt sind. Zudem soll der Kongress aufgefordert werden, das Ministerium aufzulösen. Trump hatte im Wahlkampf die Schließung des Bildungsministeriums versprochen. 

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    Die Anordnung könnte bereits in dieser Woche erfolgen, berichtet das “Wall Street Journal“. In den vergangenen Tagen wurden Dutzende Mitarbeiter des Bildungsministeriums vorläufig in den Urlaub geschickt, die für Förderprogramme gegen Diskriminierung und/oder zu Diversitäts-Themen arbeiten. Das kommt auch deshalb überraschend, weil die Senatsanhörung für Trumps designierte Bildungsministerin Linda McMahon noch nicht terminiert ist. 

    Trump kann Ministerium nicht ohne Kongress abschaffen

    Das Bildungsministerium beschäftigt rund 4.400 Mitarbeiter und verfügt über ein jährliches Budget von 79 Milliarden US-Dollar. Auch wenn die präsidentielle Anordnung erhebliche Einschnitte im Ministerium vorsieht und sogar seine Schließung fordert, kann das Ministerium nicht allein per executive order aufgelöst werden. Es wurde 1979 mit einem Beschluss des Kongresses geschaffen und kann nur vom Kongress gesetzlich wieder abgeschafft werden. 

    Ob es dafür eine Mehrheit im Kongress gibt, bleibt fraglich. Die Republikaner im Repräsentantenhaus haben dies bereits in der Vergangenheit erfolglos versucht. Zudem verfügen die Republikaner nur über knappe Mehrheiten in beiden Kammern des Kongresses. Thorsten Denkler

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    André Szymkowiak: Warum der Schulleiter auf KI und Empathie setzt

    Er wurde für seine vorbildliche Schulleitung ausgezeichnet: André Szymkowiak.

    André Szymkowiaks Schule ist eine von 25 Schulen, die das NRW-Bildungsministerium für das Pilotprojekt “Künstliche Intelligenz im Mathematik- und Deutschunterricht” ausgewählt hat. Anfang Februar hat das Projekt am Gymnasium Thusneldastraße Köln-Deutz begonnen, in den kommenden zweieinhalb Jahren soll die Schule mit wissenschaftlicher Begleitung verschiedene Unterrichtsreihen testen und erhält dafür Zugang zu mehreren KI-Sprachmodellen.

    Lesen Sie auch: Digitalisierung: Welche Rolle KI im Schuljahr 2024/25 spielt

    Schulleiter Szykowiak findet wichtig, dass seine Schüler lernen, wie sie KI-Sprachmodelle einsetzen können und wie sie die Antworten von ChatGPT auch hinterfragen sollten. Er erhofft sich durch den Einsatz von KI auch eine bessere Förderung aller Schüler – indem sie durch KI-Tools schneller Feedback erhalten. Oder da Lehrkräfte das Deutsch-Niveau von Texten aus dem Schulbuch einfacher anpassen können, wenn Schüler noch Sprachschwierigkeiten haben. Schon seit zwei Jahren nutzten Lehrkräfte seiner Schule unter anderem die KI-Tools von Fobizz im Unterricht.

    Von der Bundeswehr ins Lehrerzimmer

    Szymkowiaks Weg zum Schulleiter des Gymnasiums war kein gewöhnlicher. Nach dem Abitur machte der 55-Jährige zunächst seinen Wehrdienst und wurde dann Reserveoffizier. Danach studierter er Chemie. Erst Jahre später kam ihm die Idee, Lehrer zu werden – auch weil er sich daran erinnerte, wie er bei der Bundeswehr Freude daran hatte, junge Wehrdienstleistende in ihrer Ausbildung zu begleiten.

    Nach Abschluss seines Studiums in Hamburg – zusätzlich mit den Fächern Geografie und Erziehungswissenschaften – zog es Szymkowiak noch einmal zur Bundeswehr. Eineinhalb Jahre lang war er als Kriegsreporter und Presseoffizier in Bosnien-Herzegowina und dem Kosovo tätig.

    Diese Zeit beschreibt Szymkowiak, der den Deutschen Lehrkräftepreis für vorbildliche Schulleitung im vergangenen Jahr erhielt, als “richtig prägend”. Neben Stress- und Krisenbewältigung habe er vor allem viel über Kommunikation und zwischenmenschliche Beziehungen gelernt.

    Beziehungen im Fokus

    In seiner Rolle als Schulleiter am Gymnasium Thusneldastraße seit 2019 legt Szymkowiak heute großen Wert auf gute Beziehungen in seiner Schule und darauf, auf jede Lehrkraft und jeden Schüler individuell einzugehen. Zuvor war er unter anderem stellvertretender Schulleiter an der Deutschen Auslandsschule in Windhoek in Namibia. Wenn ein Schüler oder ein Kollege zu ihm mit einem Problem käme, sei es ihm immer wichtig, eine individuelle Lösung zu finden. “Bei meinen Entscheidungen gilt das Argument ‘Wenn jetzt jeder käme’ nicht”.  

    Empathie in der Zusammenarbeit hält Szymkowiak auch für eine zentrale Bedingung, damit Lehrkräfte ihr volles Potenzial entfalten können. Das komme direkt dem Unterricht zugute. “Wenn die Lehrkräfte gerne in die Schule kommen und gut arbeiten können, spüren das die Kinder”, sagt er.

    Außerschulische Kooperationen

    Bestätigen können Szymkowiak seine Ergebnisse als Schulleiter: Ein Großteil der Referendare wolle nach Abschluss der zweiten Phase gerne bleiben, Anträge auf Versetzungen gebe es kaum, Lehrkräfte von außerhalb fragten regelmäßig für einen Wechsel an.

    Dass sich die meisten Lehrkräfte wohlfühlen, liegt Szymkowiak zufolge auch an vielen außerschulische Kooperationen, zum Beispiel mit dem Kölner Karneval, dem Schokoladenmuseum oder der Jüdischen Gemeinde in Köln. Dabei lernten die Schüler viel in der Praxis.

    Was die Zusammenarbeit mit der jüdischen Gemeinde bringt, habe sich deutlich nach dem Massaker der Hamas in Israel am 7. Oktober 2023 gezeigt. Die Schülerschaft seiner Schule ist sehr heterogen, viele Kinder sind palästinensischer Herkunft. Szymkowiak hatte da zunächst Furcht vor Konflikten oder antisemitischen Zwischenfälle, diese blieben aber aus.

    Prävention gegen Antisemitismus

    Vielleicht auch, weil Szymkowiak noch am selben Wochenende Handlungsempfehlungen an das gesamte Kollegium schickte. Daneben zeigte vermutlich die präventive Arbeit seiner Schule ihre Früchte. “Es gab für keinen Schüler einen Grund, auf Juden in Deutschland sauer zu sein, weil die Abkopplung von Juden und dem Staat Israel bekannt war.” Seit Jahren organisiert die Schule Projekte, um jüdisches Leben in Deutschland erfahrbar zu machen. Sie installierten in einem Projektjahr zum Beispiel eine Klagemauer im Schulgebäude oder besuchten Stolpersteine und jüdische Friedhöfe.

    In der Auseinandersetzung mit dem Nahostkonflikt sieht der Schulleiter Schulen in der Pflicht: “Wir müssen gegen jede Form von Antisemitismus ankämpfen.” Dass Szymkowiaks Schule das im Stadtteil Deutz gelingt, würdigte die Stadt Köln schon 2021. Die Schule erhielt damals den Ehrenamtspreis für den Umgang mit jüdischer Kultur und Geschichte. Jasper Bennink

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    Best of Table.Media

    Europe.Table. Eco-Verband: “Der AI Act muss jetzt praxistauglich werden”. Die ersten Verbote des AI Acts gelten bereits. Doch immer noch ist das Gesetz in Teilen zu unklar, zu vage formuliert, kritisiert Alexander Rabe, Geschäftsführer des Eco-Verbands der Internetwirtschaft. Das berge die Gefahr einer uneinheitlichen nationalen Umsetzung. Mehr lesen Sie hier.

    Security.Table. Mehr Freiwilligkeit, mehr Reserve: So reformiert die Ukraine den Wehrdienst. Zwischen 18 und 25 Jahren sollen künftig alle Männer in der Ukraine gedient haben, Frauen können freiwillig mitmachen. Wer sich weigert, muss mit Konsequenzen rechnen. Mehr lesen Sie hier.

    Research.Table. BuWiK: Warum Befristungen für Institutionen zum Fachkräfte-Problem werden. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in frühen Karrierephasen sind weiter überwiegend befristet beschäftigt. Das zeigt der Bericht “BuWik 2025”, der am Donnerstag veröffentlicht wurde. Das könnte für die Wissenschaft zum Fachkräfte-Problem werden. Es gibt aber auch einige positive Trends. Mehr lesen Sie hier.

    Presseschau

    Welt: Plädoyer für zweite Fremdsprachen. Alan Posener kritisiert den Vorstoß des Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg, Winfried Kretschmann, angesichts von KI-gesteuerten Übersetzungsprogrammen die zweite Fremdsprache abzuschaffen. Posener mahnt an, Bildung sei ein Wert an sich. Beim Erlernen von Sprache ginge es nicht bloß um Vokabeln, sondern um das Kennenlernen einer ganzen Kultur. Nur weil KI Aufgaben übernehmen könne, hieße das nicht, dass wir sie nicht mehr allein lösen können sollten. (Wer mehr KI an Schulen fordert, hat nicht verstanden, was Bildung ist

    dpa: Weniger Kinder im Hamburg eingeschult. In Hamburg sinkt die Zahl der eingeschulten Kinder im Vergleich zum Rekordstand der beiden Vorjahre um mehr als 600. Eine ähnliche Entwicklung lässt sich in den Vorschulen beobachten. Dort sank die Zahl der Kinder ein weiteres Jahr in Folge um 300. Bildungssenatorin Bekeris sieht jedoch keine Entspannung der Situation und fordert weitere Investitionen in die Bildung. (Weniger Erstklässler an Hamburgs Schulen erwartet

    DW: Lehrplanänderung in Syrien. Die HTS-Miliz in Syrien hat das Prüfungsthema “Syrischer Nationalismus” gestrichen. Dieses glorifizierte vor allem das bisherige Regime Assads. Unklar ist jedoch, wie die angebliche Übergangsregierung den Lehrplan noch anpassen will. Es besteht die Sorge vor ideologischer Beeinflussung. Doch das syrische Bildungssystem steht noch vor weiteren Herausforderungen. Während des Kriegs konnten 2,5 Millionen Kinder keine Schule besuchen. (Syrien im Umbruch: Bildung zwischen Ideologie und Neubeginn)

    dpa: Staatlicher Islamunterricht in Rheinland-Pfalz. In Rheinland-Pfalz soll es Schulen nach einem Pilotprojekt ab kommendem Schuljahr möglich sein, islamischen Religionsunterricht anzubieten. Zuvor müssen sich noch Bildungsministerium und Vertragspartner auf Unterrichtsmaterialien und Lehrplan einigen. Die benötigte Zahl an Lehrkräften ist noch unklar. Bisher haben muslimische Lehrkräfte anderer Fächer die Möglichkeit, sich im Fach Religion fortzubilden. (Islamischer Religionsunterricht: Gibt’s genügend Lehrkräfte?

    dpa: Mehr Prämien für Meisterabschlüsse in Thüringen. Thüringens Regierung will die Meisterprämie und den Meisterbonus ausweiten. Bisher gingen Handwerker, die nach einer Fortbildung den Titel “Master Professional” erhielten, leer aus. Neben dem Erreichen eines Meisterabschlusses werden zudem die Jahrgangsbesten in den jeweiligen Handwerkskammerbezirken prämiert. Neben den Meisterausbildungen im Handwerk gibt es die Prämie ebenfalls für Ausbildungen der IHK und der grünen Berufe. (Ministerin: Anspruch auf Meisterprämie wird ausgeweitet

    dpa: Schülervertreter gegen Noten im Sport. Der Landesschülerrat in Mecklenburg-Vorpommern will die Noten im Sportunterricht bis zur achten Klasse abschaffen. Zudem soll der Unterricht mehr Wahlmöglichkeiten und Sportangebote beinhalten. Der derzeitige Sportunterricht schaffe es nur selten, Spaß an Bewegung zu vermitteln und sei stattdessen häufig eine Belastung. (Frust beim Sportunterricht – Landesschülerrat will Reform

    Termine

    13. Februar, 13.30 Uhr bis 14.30 Uhr, online
    Webinar SWK Talk Sprachliche Bildung für neu zugewanderte Kinder und Jugendliche
    In diesem Webinar präsentieren und diskutieren Mitglieder der SWK ihre neu veröffentlichte Stellungnahme zur Gestaltung der sprachlichen Bildung von neu zugewanderten Kindern und Jugendlichen. INFOS & ANMELDUNG

    18. Februar, 16 Uhr bis 17.30 Uhr, online
    Webinar Lehrkräftebildung in Hamburg
    Nach der Bundestagswahl steht in Hamburg im März die Bürgerschaftswahl an. Der Stifterverband lädt Parteienvertreter ein, um seine Pläne für die Bildung in Hamburg zu diskutieren und vorzustellen, wie er den Lehrermangel bekämpfen will. INFOS

    20. bis 21. Februar, Nürnberg
    Tagung Digitalität und Deutsch als Zweitsprache – mehr als ein Werkzeug zur Sprachaneignung
    Digitale Medien können insbesondere bei der Vermittlung von Deutsch als Zweitsprache unterstützen. Doch wie gelingt ein angemessener Umgang etwa mit KI-Programmen? Dieser und anderen Fragen geht die Tagung der AG Deutsch als Fremdsprache nach. INFOS & ANMELDUNG

    24. bis 26. Februar, Frankfurt am Main
    Tagung Ökonomische Bildung und Transformation
    Immer mehr Schüler wünschen sich wirtschaftliche Bildung in den Schulen. Doch wie gelingt die erfolgreiche Umsetzung im Schulalltag? Die Deutsche Gesellschaft für ökonomische Bildung lädt anlässlich ihrer Jahrestagung zur differenzierten Auseinandersetzung mit dem Thema ein und bietet eine Vielzahl von Vorträgen an. INFOS & ANMELDUNG

    Bildung.Table Redaktion

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