Table.Briefing: Bildung

+++Special+++ Neue Stellungnahme der SWK zu Sprachförderung

Liebe Leserin, lieber Leser,

Eile und Geduld braucht es, damit das deutsche Schulsystem für Kinder mit wenig bis gar keinen Deutschkenntnissen ein verlässlicher Ort der Chancen werden kann. So zumindest liest sich die neue Stellungnahme der Ständigen Wissenschaftlichen Kommission (SWK) der Kultusministerkonferenz, die zeitgleich mit diesem Briefing erscheint. 

Was die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler für die Stellungnahme zusammengetragen haben, wirkt nicht wie Hexenwerk. Dennoch müssen sie feststellen, dass die sprachliche Bildung für neu zugewanderte Kinder und Jugendliche in Deutschland mehr einem Wildwuchs denn einem evidenzbasierten System gleicht. 

Es beginnt schon damit, dass Deutsch als Fremdsprache trotz der großen Herausforderungen kein ordentliches Lehramtsfach ist. Und dass Diagnostik praktisch nicht stattfindet.

Was Sie noch über die Stellungnahme wissen müssen, lesen Sie in dieser Sonderausgabe unseres Bildung.Table-Briefings. Natürlich finden Sie die Stellungnahme hier und im Text zum Download.

Bleiben Sie uns gewogen.

Ihr
Thorsten Denkler
Bild von Thorsten  Denkler

Analyse

Sprachförderung: Was die SWK für neu zugewanderte Kinder empfiehlt

Ohne bildungssprachliche Deutschkenntnisse und mit sozial benachteiligtem Elternhaus: Wenn diese beiden Bedingungen zusammenkommen, dann wird es schwer mit der erfolgreichen Schulkarriere in Deutschland. Und dies, obwohl seit der sogenannten Flüchtlingskrise 2015 und dem Angriff auf die Ukraine 2022 in den Ländern einiges passiert ist, um Kinder aus Flüchtlingsfamilien in ihre jeweiligen Schulsysteme zu integrieren. Allerdings seien die Angebote “oft zu wenig systematisch“, sagt die Bildungsforscherin Petra Stanat, Wissenschaftlicher Vorstand am Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) der Berliner Humboldt-Universität. 

Stanat ist zugleich Co-Vorsitzende jener Arbeitsgruppe, die die jüngste Stellungnahme der Ständigen Wissenschaftlichen Kommission (SWK) der Kultusministerkonferenz zum Thema Sprachförderung erstellt hat. Die Stellungnahme trägt den Titel: “Sprachliche Bildung für neu zugewanderte Kinder und Jugendliche gestalten – Maßnahmen zur Förderung der Zielsprache Deutsch.” Sie wird an diesem Mittwoch zeitgleich mit diesem Briefing veröffentlicht. 

Zum Download: Die neue Stellungnahme der SWK 

Gefragt, wie sie die 47 Seiten umfassende Stellungnahme in einem Satz umschreiben würde, antwortet Stanat: “Wir müssen deutlich mehr Ordnung und Struktur in die Sprachförderung bringen.”

Die SWK will dies mit drei Empfehlungen erreichen: 

  • Empfehlung 1: “Verfahren der Diagnostik etablieren, die für Entscheidungen über Maßnahmen der sprachlichen Bildung von Kindern und Jugendlichen grundlegend sind.”
  • Empfehlung 2: “Ein Maßnahmenpaket zur sprachlichen Bildung zentral entwickeln, das von den Schulen adaptiert und umgesetzt wird.”
  • Empfehlung 3: “Evidenzbasierte Angebote der Qualifizierung von Lehrkräften für sprachliche Bildung schaffen.”

Erst mittels Diagnostik den Bedarf ermitteln. Dann darauf aufbauend Angebot und Qualifizierung der Lehrenden abstimmen. Das klingt erstmal banal. In der Praxis aber sieht das ganz anders aus, offenbart die Stellungnahme. “Von flächendeckenden Beschulungskonzepten kann kaum ausgegangen werden“, heißt es etwa. 

Direktintegration bis parallele Beschulung

Das Spektrum der Angebote reiche von einer Direktintegration bis zu einer “teilweise zentral organisierten und im Anschluss mit einem Schulwechsel verbundenen parallelen Beschulung”. Manchmal würden “standortabhängig teils separate Alphabetisierungskurse vorgeschaltet“. Teilweise werde Fachunterricht in den Sprachklassen integriert angeboten. Für die berufliche Bildung wiederum existierten teils Konzepte “mit in die Sprachklasse integriertem Fachpraxisunterricht und begleitenden Praktika”. Mit anderen Worten: Ein ziemlicher Wildwuchs.

Herauskristallisiert hätten sich vier grundlegende Beschulungsmodelle, heißt es in der Stellungnahme:   

  • Paralleles Modell: Paralleler Unterricht in einer separaten Sprachklasse mit intensivem Unterricht in “Deutsch als Zweitsprache” (DaZ), der auf die Integration in die Regelklasse vorbereitet. 
  • Paralleles Modell mit Schulabschluss: Paralleler Unterricht in einer Sprachklasse mit intensivem DaZ-Unterricht bis zum Schulabschluss.
  • Teilintegratives Modell: Paralleler Unterricht in einer Sprachklasse mit intensivem DaZ-Unterricht, der mit einer zunehmenden Teilnahme am Fachunterricht in der Regelklasse ergänzt wird. 
  • Integratives Modell: Integration in die Regelklasse mit zusätzlicher begleitender Sprachförderung. 

Das große Problem ist nur: “Belastbare Daten über die Verbreitung der verschiedenen Modelle liegen nicht vor.” Auch zur Qualität der Modelle sagt die Empfehlung nichts. Wie auch, ohne Daten.

Erhebliche Unterschiede der Lernvoraussetzungen

Dazu kommt die Unterschiedlichkeit der Kinder- und Jugendlichen und in welchen Zusammenhängen sie letztlich an der Schulpforte stehen. Es macht einen erheblichen Unterschied, ob ein Dutzend arabisch sprechende Kinder in einem Jahrgang einer Grundschule im städtischen Umfeld integriert werden müssen. Oder ob eine Handvoll Jugendlicher aus drei Sprachregionen auf einer weiterführenden Schule auf dem Land eingeschult werden. 

Die Autorinnen und Autoren der SWK-Stellungnahme schreiben dazu: “Kinder und Jugendliche im deutschen Bildungssystem unterscheiden sich erheblich in den Lernvoraussetzungen und sprachlichen Voraussetzungen, die sie mitbringen.” 

Das sei übrigens der Hauptgrund, warum die Stellungnahme “nicht allgemeingültig darlegen” könne, wie Sprachförderung zu gestalten sei, damit sie erfolgreich sei. Es gehe vielmehr darum, welche Rahmenbedingungen existieren müssten, “um in Schulen eine zielführende, an die jeweiligen Voraussetzungen angepasste Sprachförderung umsetzen zu können”.

Kernhausaufgaben für die Politik

Ganz im Vagen bleibt die Stellungnahme allerdings nicht: Zwei Kernhausaufgaben geben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler den Bildungsministerinnen und -ministern der Länder mit auf den Weg, fasst Stanat zusammen: 

  • Deutsch als Zweitsprache “sollte ein ordentliches Lehramtsfach werden“, sagt sie. Nicht alles sei eine Frage des Geldes. Es gehe “vor allem auch um den gezielten Einsatz von Ressourcen”. Aber hier müsse “die Gesellschaft auch investieren”. Zum Beispiel in Hochschulprofessuren für Deutsch als Fremdsprache, DaZ-Module für alle Lehramtsstudierenden, Weiterbildung und Unterrichtsmaterialien.
  • Die zweite Aufgabe betrifft den Aufbau einer Diagnostik. “Alles beginnt mit einer gut strukturierten zentralen Diagnostik”, sagt Stanat. Das müsse nicht jede Schule selbst machen, “die wären damit auch überfordert”. Die Empfehlung sieht Diagnostik-Stellen eher auf kommunaler Ebene vor, etwa vergleichbar Amtsärzten, die die Schuluntersuchung vornehmen. Derzeit findet Diagnostik so gut wie gar nicht statt. “Wenn wir aber nicht wissen, was die Kinder schon können und wissen, dann können wir ihnen auch keine passgenauen Angebote machen und den Fortschritt nicht messen.”

Aus Stanats Sicht sind das notwendige Voraussetzungen dafür, dass die Kinder in der Schule und später auf dem Arbeitsmarkt bessere Chancen haben. Nichts tun wäre teuer. “Die gesellschaftlichen Kosten sind hoch, wenn wir das Potenzial nicht heben, das in diesen Kindern und Jugendlichen steckt”, sagt sie. 

Geboten seien Eile und Geduld. Stanats Botschaft: “Das braucht Zeit. Bis wir Kinder – und vor allem auch Jugendliche – von Null auf ein bildungssprachliches Niveau gebracht haben, mit dem sie auch im Geschichts- und Matheunterricht mithalten können, müssen wir im Durchschnitt fünf bis sieben Jahre kontinuierlich mit ihnen arbeiten.” 

Für dieses kontinuierliche Arbeiten empfehlen die Wissenschaftler:

  • Sprachklassen in der Sekundarstufe, wenn es dafür genügend Schüler mit geringen Deutschkenntnissen gibt.
  • Kleingruppen vor dem Übergang in eine Sprachklasse für Kinder, die noch alphabetisiert werden müssen. 
  • Aufbauende Integration dieser Schüler in den Regelunterricht, beginnend mit den Fächern Sport, Kunst, Musik und in außerunterrichtliche Angebote.
  • Eine Klassenzusammensetzung der Regelklassen, die genug Kontakte zu deutschsprachigen Mitschülern erlaubt. 
  • Zusätzliche Sprachförderung nach vollständigem Übergang in den Regelunterricht. 
  • Weitere Sprachförderung für Jugendliche, die die Schule verlassen, um in den Übergangssektor oder eine Ausbildung zu wechseln. 

Dennoch erhebt die Empfehlung nicht den Anspruch, ein ausgeklügelter Handlungsleitfaden zu sein. Sondern gibt nur den dringenden Hinweis, mit der Umsetzung der Vorschläge die Grundlagen für evidenzbasierte sprachliche Förderung zu schaffen.

  • Berufliche Bildung
  • Bildung
  • Bildungs-MK
  • Grundschule
  • Sprachförderung
  • Ständige Wissenschaftliche Kommission

Bildung.Table Redaktion

BILDUNG.TABLE REDAKTION

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    Was die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler für die Stellungnahme zusammengetragen haben, wirkt nicht wie Hexenwerk. Dennoch müssen sie feststellen, dass die sprachliche Bildung für neu zugewanderte Kinder und Jugendliche in Deutschland mehr einem Wildwuchs denn einem evidenzbasierten System gleicht. 

    Es beginnt schon damit, dass Deutsch als Fremdsprache trotz der großen Herausforderungen kein ordentliches Lehramtsfach ist. Und dass Diagnostik praktisch nicht stattfindet.

    Was Sie noch über die Stellungnahme wissen müssen, lesen Sie in dieser Sonderausgabe unseres Bildung.Table-Briefings. Natürlich finden Sie die Stellungnahme hier und im Text zum Download.

    Bleiben Sie uns gewogen.

    Ihr
    Thorsten Denkler
    Bild von Thorsten  Denkler

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    Sprachförderung: Was die SWK für neu zugewanderte Kinder empfiehlt

    Ohne bildungssprachliche Deutschkenntnisse und mit sozial benachteiligtem Elternhaus: Wenn diese beiden Bedingungen zusammenkommen, dann wird es schwer mit der erfolgreichen Schulkarriere in Deutschland. Und dies, obwohl seit der sogenannten Flüchtlingskrise 2015 und dem Angriff auf die Ukraine 2022 in den Ländern einiges passiert ist, um Kinder aus Flüchtlingsfamilien in ihre jeweiligen Schulsysteme zu integrieren. Allerdings seien die Angebote “oft zu wenig systematisch“, sagt die Bildungsforscherin Petra Stanat, Wissenschaftlicher Vorstand am Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) der Berliner Humboldt-Universität. 

    Stanat ist zugleich Co-Vorsitzende jener Arbeitsgruppe, die die jüngste Stellungnahme der Ständigen Wissenschaftlichen Kommission (SWK) der Kultusministerkonferenz zum Thema Sprachförderung erstellt hat. Die Stellungnahme trägt den Titel: “Sprachliche Bildung für neu zugewanderte Kinder und Jugendliche gestalten – Maßnahmen zur Förderung der Zielsprache Deutsch.” Sie wird an diesem Mittwoch zeitgleich mit diesem Briefing veröffentlicht. 

    Zum Download: Die neue Stellungnahme der SWK 

    Gefragt, wie sie die 47 Seiten umfassende Stellungnahme in einem Satz umschreiben würde, antwortet Stanat: “Wir müssen deutlich mehr Ordnung und Struktur in die Sprachförderung bringen.”

    Die SWK will dies mit drei Empfehlungen erreichen: 

    • Empfehlung 1: “Verfahren der Diagnostik etablieren, die für Entscheidungen über Maßnahmen der sprachlichen Bildung von Kindern und Jugendlichen grundlegend sind.”
    • Empfehlung 2: “Ein Maßnahmenpaket zur sprachlichen Bildung zentral entwickeln, das von den Schulen adaptiert und umgesetzt wird.”
    • Empfehlung 3: “Evidenzbasierte Angebote der Qualifizierung von Lehrkräften für sprachliche Bildung schaffen.”

    Erst mittels Diagnostik den Bedarf ermitteln. Dann darauf aufbauend Angebot und Qualifizierung der Lehrenden abstimmen. Das klingt erstmal banal. In der Praxis aber sieht das ganz anders aus, offenbart die Stellungnahme. “Von flächendeckenden Beschulungskonzepten kann kaum ausgegangen werden“, heißt es etwa. 

    Direktintegration bis parallele Beschulung

    Das Spektrum der Angebote reiche von einer Direktintegration bis zu einer “teilweise zentral organisierten und im Anschluss mit einem Schulwechsel verbundenen parallelen Beschulung”. Manchmal würden “standortabhängig teils separate Alphabetisierungskurse vorgeschaltet“. Teilweise werde Fachunterricht in den Sprachklassen integriert angeboten. Für die berufliche Bildung wiederum existierten teils Konzepte “mit in die Sprachklasse integriertem Fachpraxisunterricht und begleitenden Praktika”. Mit anderen Worten: Ein ziemlicher Wildwuchs.

    Herauskristallisiert hätten sich vier grundlegende Beschulungsmodelle, heißt es in der Stellungnahme:   

    • Paralleles Modell: Paralleler Unterricht in einer separaten Sprachklasse mit intensivem Unterricht in “Deutsch als Zweitsprache” (DaZ), der auf die Integration in die Regelklasse vorbereitet. 
    • Paralleles Modell mit Schulabschluss: Paralleler Unterricht in einer Sprachklasse mit intensivem DaZ-Unterricht bis zum Schulabschluss.
    • Teilintegratives Modell: Paralleler Unterricht in einer Sprachklasse mit intensivem DaZ-Unterricht, der mit einer zunehmenden Teilnahme am Fachunterricht in der Regelklasse ergänzt wird. 
    • Integratives Modell: Integration in die Regelklasse mit zusätzlicher begleitender Sprachförderung. 

    Das große Problem ist nur: “Belastbare Daten über die Verbreitung der verschiedenen Modelle liegen nicht vor.” Auch zur Qualität der Modelle sagt die Empfehlung nichts. Wie auch, ohne Daten.

    Erhebliche Unterschiede der Lernvoraussetzungen

    Dazu kommt die Unterschiedlichkeit der Kinder- und Jugendlichen und in welchen Zusammenhängen sie letztlich an der Schulpforte stehen. Es macht einen erheblichen Unterschied, ob ein Dutzend arabisch sprechende Kinder in einem Jahrgang einer Grundschule im städtischen Umfeld integriert werden müssen. Oder ob eine Handvoll Jugendlicher aus drei Sprachregionen auf einer weiterführenden Schule auf dem Land eingeschult werden. 

    Die Autorinnen und Autoren der SWK-Stellungnahme schreiben dazu: “Kinder und Jugendliche im deutschen Bildungssystem unterscheiden sich erheblich in den Lernvoraussetzungen und sprachlichen Voraussetzungen, die sie mitbringen.” 

    Das sei übrigens der Hauptgrund, warum die Stellungnahme “nicht allgemeingültig darlegen” könne, wie Sprachförderung zu gestalten sei, damit sie erfolgreich sei. Es gehe vielmehr darum, welche Rahmenbedingungen existieren müssten, “um in Schulen eine zielführende, an die jeweiligen Voraussetzungen angepasste Sprachförderung umsetzen zu können”.

    Kernhausaufgaben für die Politik

    Ganz im Vagen bleibt die Stellungnahme allerdings nicht: Zwei Kernhausaufgaben geben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler den Bildungsministerinnen und -ministern der Länder mit auf den Weg, fasst Stanat zusammen: 

    • Deutsch als Zweitsprache “sollte ein ordentliches Lehramtsfach werden“, sagt sie. Nicht alles sei eine Frage des Geldes. Es gehe “vor allem auch um den gezielten Einsatz von Ressourcen”. Aber hier müsse “die Gesellschaft auch investieren”. Zum Beispiel in Hochschulprofessuren für Deutsch als Fremdsprache, DaZ-Module für alle Lehramtsstudierenden, Weiterbildung und Unterrichtsmaterialien.
    • Die zweite Aufgabe betrifft den Aufbau einer Diagnostik. “Alles beginnt mit einer gut strukturierten zentralen Diagnostik”, sagt Stanat. Das müsse nicht jede Schule selbst machen, “die wären damit auch überfordert”. Die Empfehlung sieht Diagnostik-Stellen eher auf kommunaler Ebene vor, etwa vergleichbar Amtsärzten, die die Schuluntersuchung vornehmen. Derzeit findet Diagnostik so gut wie gar nicht statt. “Wenn wir aber nicht wissen, was die Kinder schon können und wissen, dann können wir ihnen auch keine passgenauen Angebote machen und den Fortschritt nicht messen.”

    Aus Stanats Sicht sind das notwendige Voraussetzungen dafür, dass die Kinder in der Schule und später auf dem Arbeitsmarkt bessere Chancen haben. Nichts tun wäre teuer. “Die gesellschaftlichen Kosten sind hoch, wenn wir das Potenzial nicht heben, das in diesen Kindern und Jugendlichen steckt”, sagt sie. 

    Geboten seien Eile und Geduld. Stanats Botschaft: “Das braucht Zeit. Bis wir Kinder – und vor allem auch Jugendliche – von Null auf ein bildungssprachliches Niveau gebracht haben, mit dem sie auch im Geschichts- und Matheunterricht mithalten können, müssen wir im Durchschnitt fünf bis sieben Jahre kontinuierlich mit ihnen arbeiten.” 

    Für dieses kontinuierliche Arbeiten empfehlen die Wissenschaftler:

    • Sprachklassen in der Sekundarstufe, wenn es dafür genügend Schüler mit geringen Deutschkenntnissen gibt.
    • Kleingruppen vor dem Übergang in eine Sprachklasse für Kinder, die noch alphabetisiert werden müssen. 
    • Aufbauende Integration dieser Schüler in den Regelunterricht, beginnend mit den Fächern Sport, Kunst, Musik und in außerunterrichtliche Angebote.
    • Eine Klassenzusammensetzung der Regelklassen, die genug Kontakte zu deutschsprachigen Mitschülern erlaubt. 
    • Zusätzliche Sprachförderung nach vollständigem Übergang in den Regelunterricht. 
    • Weitere Sprachförderung für Jugendliche, die die Schule verlassen, um in den Übergangssektor oder eine Ausbildung zu wechseln. 

    Dennoch erhebt die Empfehlung nicht den Anspruch, ein ausgeklügelter Handlungsleitfaden zu sein. Sondern gibt nur den dringenden Hinweis, mit der Umsetzung der Vorschläge die Grundlagen für evidenzbasierte sprachliche Förderung zu schaffen.

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