Table.Briefing: Bildung

Schlechtes Zeugnis für KMK + Länderumfrage zu ChatGPT + Bildungsforscher Huber fordert mehr Qualität bei Startchancen

Liebe Leserin, lieber Leser,

die Beratungsfirma Prognos wird mit ihrem Gutachten der KMK-Strukturen wohl eine Lawine lostreten. Darauf lässt die erste Präsentation des Unternehmens schließen: unzählige Gremien, teilweise mit Eigenleben, Tagesordnungen ohne Relevanz und Priorisierung, mindestens neun Monate Entscheidungszeit. Was das heißt, konnte Holger Schleper mit KMK-Kenner Mark Rackles und den Kultusministern Ties Rabe und Alexander Lorz besprechen.

Den Finger in die Wunde legt in dieser Ausgabe auch der Schweizer Bildungsforscher Stephan Huber – beim Startchancen-Programm. Huber hat Schulen in herausfordernder Lage in Berlin, NRW und Schleswig-Holstein bei ihrem Wandel begleitet und sieht Mängel und Unklarheiten im Plan von Bund und Ländern. Vor allem fürchtet der Bildungswissenschaftler, das Programm könne für überforderte Schulleiter eine weitere Hürde werden – wenn nicht die Politik vorsorgt.

Einen schlanken Fuß machen sich die Länder bereits mit Blick auf eine Technologie, die die Kraft hat, den Unterricht auf den Kopf zu stellen: ChatGPT. Eine Umfrage von Table.Media zeigt, dass alle Bildungsministerien den Ernst der Lage zwar theoretisch erkannt haben. Doch praktisch, in Form einer kostenfreien und datenschutzrechtlich sicheren Version des KI-Chatbots für Lehrer, wird nur ein Bundesland tätig.

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Analyse

177 Gremien lähmen die KMK

Vor knapp einem Jahr hat die Kultusministerkonferenz, der zentrale Akteur der gesamtdeutschen Schulpolitik, die Unternehmensberatung Prognos beauftragt, ihr ein Zeugnis zu schreiben. Jetzt liegt es vor. Auf 19 Folien machen die Berater der KMK ungeschminkt deutlich, dass vieles aus dem Ruder gelaufen ist. Die Analyse ist bemerkenswert. Denn Urteile wie “Struktur für politisch-akute Themen nicht geeignet” zeigen: Die Präsentation setzt auf Klartext und nicht auf Kompromissformeln.

Zwei Bereiche analysieren die Unternehmensberater: die Gremien der KMK und ihr Sekretariat, also die Verwaltung der Kultusministerkonferenz. Die präsentierten Zahlen lassen an vielen Stellen aufhorchen. So gab es im Jahr 2022 insgesamt 177 Gremien – womit ihre Zahl 2022 im Vergleich zum Vorjahr um sieben Prozent gewachsen ist. Dieses Netzwerk an Gremien umfasst mehr als 1.500 Personen – und ist kaum zu durchschauen.

Schulsenator Rabe: Eine Struktur, die so nicht bleiben kann

Ties Rabe, langjähriger Schulsenator in Hamburg, zeigt sich erschrocken. “Obwohl ich selber schon lange dabei bin: Einzelne Ergebnisse hätte ich nicht für möglich gehalten”, erklärt der Koordinator der SPD-geführten Schulministerien im Gespräch mit Table.Media. Dazu gehört, “dass es weit über 150 Gremien gibt und dass deutlich über 1.000 Beschäftigte aus allen Ministerien Deutschlands ständig zu Sitzungen zusammengerufen werden.” Da habe die Analyse eine Struktur zutage gefördert, die so nicht bleiben könne. 

Hessens Kultusminister Alexander Lorz pflichtet bei: “Es haben sich – und da stimme ich der Strukturkommission zu – über die Jahre hinweg ein paar Verkrustungen angesetzt, über die wir reden müssen”, so der Koordinator der CDU geführten Schulministerin auf Anfrage von Table.Media.

Anlass zum Reden dürfte auch bieten, dass es im Vorjahr fast 600 Gremiensitzungen gab. Den Löwenanteil daran machen 123 “AGs mit Einsetzungsbeschluss” aus, wie es in den Unterlagen heißt, die Table.Media vorliegen. Dazu kommen 29 Arbeitsgruppen “ohne Einsetzungsbeschluss”. “Dass es auch Arbeitsgruppen ohne Einsetzungsbeschluss gibt, sehe ich gar nicht als Problem”, sagt Mark Rackles, ehemaliger Staatssekretär für Bildung in Berlin und früherer Amtschef in der KMK. Das trage ja sogar eher zur Entbürokratisierung bei. “Das Problem ist, dass viele von diesen Gremien ein Eigenleben entwickelt haben und nicht nach einer bestimmten Zeit aufgelöst werden.” Rabe sieht es ähnlich: “Da haben sich mittlerweile einige Strukturen anscheinend fast unkontrolliert ausgebreitet – und da müssen wir ran.”

Entscheidungsprozesse dauern mindestens neun Monate

Daran lässt die Prognos-Analyse, über die der Bildungsjournalist Jan-Martin Wiarda zuerst berichtete, tatsächlich wenig Zweifel. Denn Entscheidungsprozesse in der KMK, so steht es da, dauern mindestens neun Monate. Strukturbedingt gebe es “lange Entscheidungszyklen”. Auf “politisch-akute Themen” ist eine zeitnahe Reaktion kaum möglich. 

Das spiegelt sich auch in einem weiteren Punkt der Ist-Analyse wider. Hier wird die Relevanz der Tagesordnungen kritisiert, die nicht zu den aktuellen Themen passe. Zudem mangele es bei dem, worüber die Minister beraten, an einer Priorisierung

In den Blick nehmen die beauftragten Analysten auch das KMK-Sekretariat. Ende September umfasste es 414 Planstellen. Davon sind allerdings 177 der Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen (ZAB) zuzuordnen, die im Ausland erworbene Qualifikationen bewertet. Knapp 90 Stellen umfasst der Pädagogische Austauschdienst (PAD). 

Demgegenüber fällt die Zahl der Vollzeit-Planstellen, die für länderübergreifende Koordinierung von Schulen, Hochschulen, Wissenschaft und Kultur sowie für die Qualitätssicherung, Statistik und Internationales zuständig sind, eher klein aus. In Summe kommen hier knapp 78 Stellen zusammen. Darüber hinaus monieren die Unternehmensberater, dass die Organisation zu “versäult” sei. Die “horizontale Zusammenarbeit” und damit auch der Informationsaustausch kämen zu kurz.

Wie weit reicht die Selbstkritik?

Bei aller Kritik sagt Rabe auch, dass er sehr zufrieden damit sei, “dass die Kultusministerkonferenz die Kraft gefunden hat für eine schonungslose Selbstanalyse“. Dem stimmt Mark Rackles im Grundsatz zu. “Man kann durchaus würdigen, dass sich die KMK dieser Selbstkritik gestellt hat.” Zugleich wirft er die Frage auf, ob sie weit genug geht.

“Nach dem, was bislang bekannt ist, bleiben die großen Fragen unberührt“, sagt Rackles. Dazu zähle die Frage der Einstimmigkeit, die derzeit bei Beschlüssen zu wirklichen Strukturveränderungen gegeben sein muss. “Auch die Frage der Ernennung des Generalsekretärs auf Lebenszeit wird nicht thematisiert und die Frage der KMK-Präsidentschaft.” Hier übernähmen Ministerinnen und Minister für ein Jahr den Posten, die zum Teil auch noch sehr jung im Amt sind. “Der Wissenstransfer ist so sehr schwierig zu organisieren.”

Ties Rabe zeigt sich hier offen: “Grundsätzlich ist es so, dass man am Anfang eines solchen Reformprozesses nichts zum Tabu erklären sollte. Das gilt auch für die Frage, wie die Präsidentschaft geregelt wird.”

Im Dezember, so heißt es vonseiten des bayrischen Wissenschaftsministeriums, wollen die Minister der Länder einen Fahrplan verabschieden, wie und wann die Analysen zu einer Strukturreform führen. Bayern und Hamburg haben den Vorsitz in der federführenden Strukturkommission. Wie schnell es gehen wird? Das bleibt offen. Aus Bayern ist nur soviel zu hören: “Die bisweilen verwendete Benennung ,Projekt KMK 2025′ wird von uns nicht verwendet und entspricht auch vom Zeitplan her nicht den Tatsachen.”

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ChatGPT: Alle wollen es, kaum einer bekommt es

In der Theorie läuft es mit der KI ChatGPT an Schulen hervorragend. Die Kultusministerinnen und -minister betonen in einer bundesweiten Umfrage von Table.Media, wie umstürzend wichtig die Bedeutung der sogenannten generativen Sprachmodelle für das Lernen ist. Allein, in der Praxis geben die Schulministerien das Tool ihren Lehrkräften nicht an die Hand. 15 von 16 angefragten Bundesländern teilten Table.Media mit, dass sie ihren Schulen die generative KI nicht zur Verfügung stellen. Nur Mecklenburg-Vorpommern hat eine für Lehrer kostenfreie und zudem datenschutzrechtlich sichere Version per Landeslizenz angeschafft. 

Für die Bildungsrepublik heißt das: Knapp ein Jahr nach der Markteinführung der revolutionären KI-Anwendung reden die Schulminister viel, geben aber ihren Schulen und Lehrkräften wenig konkrete Hilfe. Die KMK hat zwar eine ad-hoc-Arbeitsgruppe zum Thema Künstliche Intelligenz eingerichtet. Fast alle Bundesländer haben inzwischen auch einen Leitfaden für die Nutzung von ChatGPT & Co an ihre Lehrkräfte verteilt. Allerdings bekommen die Schulen weder einen rechtssicheren noch kostenfreien Zugang zu ChatGPT. Und auch die Frage der Prüfungsregeln lassen die Kultusminister und ihre Ständige Konferenz offen. Eine Anfrage von Table.Media zu den Beschlüssen der “Taskforce KI” ergab: Beschlüsse zu Prüfungsanpassungen hat die AG nicht gefasst. Sie wolle vorher einen Fachkongress veranstalten, hieß es.

Niedersachsens Kultusministerin: “Schulen nicht abkoppeln”

Die Antworten der Kultusminister auf die Umfrage von Table.Media ähneln sich. Die Sprecher betonen die enorme Bedeutung der KI fürs Lernen. Künstliche Intelligenz werde “das künftige gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben und damit unseren Alltag immer stärker bestimmen. Hiervon darf sich Schule nicht abkoppeln, sondern muss mit den Entwicklungen Schritt halten.” Das ließ beispielsweise Niedersachsens Schulministerin und Vize-Ministerpräsidentin Julia Willie Hamburg (Bündnis 90/Die Grünen) Table.Media mitteilen. Allerdings wirken die Kultusminister der Abkopplung nicht wirklich entgegen. 

15 von 16 Ländern teilten mit, “dass den Lehrkräften ein landesweiter Zugang zu ChatGPT oder vergleichbaren KI-Anwendungen nicht zur Verfügung gestellt wird.” So lautete die Formulierung aus Sachsen-Anhalt. Brandenburg wies gar die Zuständigkeit für KI-Tools von sich. Ein Sprecher von Bildungsminister Steffen Freiberg (SPD) sagte, “dass die jeweiligen Schulträger zuständig für die Auswahl und Anschaffung digitaler IT-Ausstattungstechnik sind.”

Zwei Bundesländer (Rheinland-Pfalz, Bayern) raten ihren Lehrern mehr oder weniger offen, sich selbst bei Open-AI anzumelden, um ChatGPT nutzen zu können. Der für digitale Bildung und Schule zuständige Beauftragte der Datenschutzkonferenz, Lutz Hasse, forderte die Lehrkräfte auf, dies nicht als Dienstanweisung zu verstehen. Von einer datenschutzkonformen Nutzungsmöglichkeit könne man im Moment nicht ausgehen. Hasse berichtete Table.Media, dass die Datenschutzbeauftragten auf ihre 30 Fragen an Open-AI eine 250-seitige Antwort bekommen hätten. Die Prüfung wird also Zeit in Anspruch nehmen.

Länder verweisen auf Lernportale, die keine Chatfenster haben

Eine Reihe von Bundesländern verweist darauf, dass die Lehrer über Lernportale wie Bettermarks Anwendungen von Künstlicher Intelligenz nutzen könnten. Allerdings gibt es in diesen Applikationen in der Regel keine Chatfenster, die eine direkte Kommunikation mit der Sprach-KI möglich macht. Wie berichtet, bietet das Land Baden-Württemberg einer handverlesenen Schar von Fortbildnern die Nutzung von ChatGPT im Lernmanagementsystem Moodle an. Der Datenschutzbeauftragte von Baden-Württemberg bestätigte, dass das Tool namens fAIr-Chat im Einvernehmen mit ihm freigegeben worden sei. 

Welche Dynamik die Freigabe einer datenschutzkonformen Variante wie ChatGPT in Ländern auslösen kann, sieht man in Mecklenburg-Vorpommern. Dort hat Kultusministerin Simone Oldenburg (Linke) eine Landeslizenz bei Fobizz erworben, die alle Lehrerinnen und Lehrer nutzen können. Das führt dazu, dass in den Schulen nun nicht mehr nur die Schüler, sondern auch die Lehrer sich mit dem KI-Tool befassen. “Die Kolleginnen und Kollegen sind so fortbildungsbereit wie nie“, hieß es etwa im Eldenburg-Gymnasium in Lübz. “Was wir in den Schulen jetzt brauchen, sind nicht nur Handreichungen für das neue Tool und Landeslizenzen, um es zu nutzen, sondern konkrete rechtliche Regelungen für die Prüfungen und Präsentationsleistungen.” 

Schulen in Mecklenburg-Vorpommern überarbeiten Prüfungsformate

Im Don-Bosco-Gymnasium in Rostock werden derweil die Prüfungsregularien für die sogenannte Präsentationsleistung überarbeitet, um der Schülernutzung von ChatGPT gerecht zu werden. Die Präsentationsleistung ist eine Art Facharbeit in der 10. Klasse. Die Schüler müssen künftig für diese Arbeit ihre Quellen inklusive der Nutzung von Sprachmodellen angeben. Dazu gehören auch die genutzten Prompts und Screenshots der Antworten von ChatGPT. Zudem begleiten die Lehrkräfte die Schüler enger bei der Erstellung der Präsentationsarbeit. Die Gewichtung der jeweiligen Prüfungsteile hat sich verschoben. Ging der Inhalt der schriftlichen Arbeit vorher mit zwei Drittel in die Endnote ein, so beträgt er nun nur noch knapp 40 Prozent. Ein größeres Gewicht erhält nun die mündliche Disputation der Arbeit. Mit Kira Münsterberg

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“Manche Schulen sehen das Startchancen-Programm nicht als Gewinn”

Bildungsforscher Stephan Huber
Bildungsforscher Stephan Huber ist das 20-Milliarden-Startchancenprogramm zu klein geraten: “Damit kommen wir sicher nicht hin.”

Herr Huber, Bund und Länder haben sich 20 Jahre nach PISA auf ein sogenanntes Startchancen-Programm geeinigt. Ist das der Durchbruch? 

Stephan Huber: Ja, es ist ein Durchbruch. Weil ein sehr wichtiges Problem angegangen wird, weil Bund und Länder es zusammen tun und weil das Programm längerfristiger angelegt ist. Es steht auch viel mehr Geld als sonst bei solchen Programmen zur Verfügung. Wichtig ist nur, dass besonders belastete Schulen verlässlich unterstützt werden. Vorrangiges Ziel ist ja, mehr Bildungsgerechtigkeit zu erreichen. 

Die Bundesbildungsministerin hat es gerade als ganz großen Wurf bezeichnet, die FDP spricht gar von einer Bildungsrevolution! 

So weit würde ich nicht gehen. Wir müssen noch Hausaufgaben machen. Es fehlt bislang zum Beispiel eine konkrete Konzeption, eine Handlungsstrategie mit einem Masterplan. Für das “Kochbuch” fehlen noch entscheidende Zutaten und Anleitungen. 

Was fehlt Ihnen da genau? 

Es geht darum, das Richtige richtig zu tun. Belastete Schulen brauchen kluge Strategien für Schulaufsicht, Schulträger sowie für Schulleitungen und ihre Teams. Es geht um das Ermöglichen von schulspezifischen Strategien und wirksamen Maßnahmen. Und das als direkte Unterstützung und Entlastung von belasteten Schulen, nicht als eine weitere Hürde. 

“Mir fehlt die Rolle der Schulträger”

Was vermissen Sie noch beim Startchancen-Programm? 

Mir fehlt die Rolle und die Involvierung der Schulträger, also der Kommunen. Bei vielen Themen geht es nicht ohne die Kommune. Beim Schulbau, beim Ganztag, bei Digitalität – überall sind die Schulträger mit dabei. Wichtig sind auch die Netzwerke im regionalen Raum. 

Wieso sind Netzwerke wichtig?

Nehmen wir etwa Nordrhein-Westfalen. Hier gibt es 51 Bildungsnetzwerke, die daran arbeiten, wie man nicht nur eine einzelne Schule, sondern die Schulen durch einen Verbund in ihrer Qualität weiterentwickelt und die Synergien nutzt. Wichtig ist, dass das Geld zielorientiert durch die Wirkungskette bei den einzelnen Schülerinnen und Schülern ankommt und sie in ihrer Bildungsbiografie gefördert werden. Das ist wichtig für das übergeordnete Ziel der Bildungsgerechtigkeit. 

Das Programm fokussiert auf Mindeststandards in den Kernkompetenzen Lesen, Schreiben und Rechnen. 

Ich finde die Konzentration auf die kognitive Förderung zu einseitig. Als Ziel wird genannt, den Anteil der Schülerinnen und Schüler zu halbieren, die die Mindeststandards verfehlen. Ja, das ist wichtig, keine Frage, und das lässt sich auch messen. Aber gibt es nicht auch andere Komponenten, die ebenso wichtig sind? Was ist mit dem motivationalen, emotionalen und sozialen Bereich? Schlüsselkompetenzen wie Selbstwirksamkeit und Selbstregulation sind wichtige Voraussetzungen für kognitive Förderung. Deswegen benötigen wir einen ganzheitlichen Ansatz beim “Kochbuch”. Wir sollten also nicht ein didaktisches Lern-Training gegen ein Theater- oder Sportprojekt ausspielen.

Sanierung der Schulen gesondert bezahlen

Insgesamt sollen 20 Milliarden Euro in insgesamt 4.000 Schulen fließen. Über zehn Jahre hinweg. Reicht das?

Die Zahl ist fantastisch. Ich bin zum Wohl der Schulen und gerade der Schüler begeistert. Aber damit kommen wir sicher nicht hin. Schon allein der Schulbau ist eine riesige Investitionsleistung. Die Sanierung und Umgestaltung der Schulen kosten erheblich mehr. Was wird wie im Haushalt der Länder und Kommunen verrechnet? Vielleicht wäre es gut, die gesetzte Fördersumme des Programms ohne Sanierung der Gebäude anzugehen. Und die Sanierung kommt zusätzlich. 

Ist das nicht ein Wunschtraum? 

Wir sollten nicht vergessen, dass es bei vielen Schulen, die in sehr schlechten Zustand sind, darum geht, sie zunächst zu funktionierenden Gebäuden zu machen, Stichwort: Toiletten. Und dann geht es darum, sie so zu gestalten, dass “Bildung 5.0” passieren kann, – mit unterschiedlichen Raumgestaltungsmöglichkeiten vom Großformat für Inputphasen über Kleingruppenarbeit bis hin zum selbstorganisierten Arbeiten mit einer entsprechenden Ausstattung. Hier braucht es nicht nur einen großen Schritt, sondern eher einen Sprung ins 21. Jahrhundert. Das umfasst auch die zeitgemäße technische Ausstattung mit digitalen Geräten und Internet-Anschlüssen.

Dafür reichen aber sicher nicht die vorgesehenen zwei Milliarden Euro pro Jahr – wenn es überhaupt so viel wird.

Ja, wir sollten zunächst sehr genau darauf achten, ob die 20 Milliarden wirklich zusätzliches Geld sind – und nicht nur eine einfache Umverteilung von Ressourcen. Trotzdem ist die Integration der wenigen Landesprogramme wichtig, die es schon gibt. Aus den Erkenntnissen der wissenschaftlichen Begleitungen dieser Programme kann man viel lernen – etwa in Schleswig-Holstein, Berlin und NRW. 

Quick-Wins für überforderte Schulen

Kann man sich mit Geld eine neue Schule kaufen?

Nein, deswegen liegt der zentrale Punkt des Programms in der Frage, wie es Schulen gelingen kann, ein umfassendes Qualitätsmanagement zu betreiben. Die Lehr-Lern-Arrangements und das Schulleben soll zum Wohl der Bildung aller Schülerinnen und Schüler auf zeitgemäßem Qualitätsniveau gestaltet werden. Manche Schulen benötigen hierfür Ressourcen, aber nicht nur Geld, sondern auch Personal. Im Grunde genommen sogar “doppelt” Personal, einmal das eigentlich vorgesehene Personal – wir haben ja an vielen dieser belasteten Schulen eine sehr starke personelle Unterversorgung. Sowie zusätzliches Personal, damit der Situation der Schule angemessen Rechnung getragen werden kann. 

Warum muss man Schulleitern bei der freien Verwendung ihres Chancenbudgets Vorschriften machen?

Manche Schulen sind überfordert, wenn sie Entscheidungen allein treffen müssen und sehen das Programm vielleicht nicht als Gewinn, sondern als zusätzliche Belastung. Speziell diese Schulen brauchen Begleitung. Beratung und Begleitung müssen Teil des Qualitätsmanagements sein. Das Problem ist, dass wir diese Unterstützungssysteme in den allermeisten Bundesländern erst einmal aufbauen müssen. Schulentwicklungsbegleitung ist hier das Stichwort. 

Wie kann man zögernde Schulen ermutigen, mit dem Umdenken zu beginnen?

An manchen hoch belasteten Schulen kann man zu Beginn mit schnellen kleinen Erfolgen etwas anstoßen. Ich nenne dasQuick Wins”. Wir haben beispielsweise gesehen, dass eine ganz kleine Investition in die Sanierung von Toiletten ein Startschuss sein kann. Auch spezielle Personalaufstockungen helfen oft. Da merken Lehrkräfte: Ah, jetzt passiert was! Aber das allein genügt natürlich nicht. 

“Wir brauchen einen besseren Verteilungsschlüssel”

Was sollte noch passieren?

Schulen hilft es, ein klares Schulprogramm aufzustellen, mit oder ohne externer Unterstützung. Die Schulen sollten auch Unterstützung bei der Professionalisierung der Mitarbeitenden bekommen. 

Und dann geht’s los?

Dann sind wir schon mittendrin! Die Schule beginnt mit kleinen und großen Verbesserungen. Es entsteht ein kreativer gemeinschaftlicher Austausch, alle ziehen an einem Strang, die Motivation steigt, ebenso das Erleben von beruflichem Erfolg. 

Was sagen Sie zu dem Schlüssel, nach dem die Mittel verteilt werden sollen? 

Es bräuchte in Zukunft einen besseren Schlüssel. Wir sind auch noch nicht bei einem Sozialindex in Kopplung mit Schulqualitätsmerkmalen, um landesweit die wirklich belasteten Schulen zu identifizieren. Hier liegt noch eine problematische Hausaufgabe vor uns, die politisch nicht einfach zu lösen ist. Aus meiner Sicht wäre der Sozialhilfebezug ein wichtiger, sinnvoller Indikator. Denn dann erreicht man die Schulen, an denen die Armutsquote hoch ist. Wichtig ist in jedem Fall, dass wir die Ebene der Schule berücksichtigen und die Verteilung nicht pauschal auf Länderebene erfolgt. Interview: Annette Kuhn, Christian Füller, Holger Schleper

Univ.-Prof. Dr. Stephan Huber leitet Forschungsgruppen an der Linz School of Education (Exzellenz-Lehrstuhl), der Erfurt School of Education sowie den PHs Zug und Schwyz (www.Bildungsmanagement.net) und begleitet Programme für belastete Schulen in Schleswig­ Holstein, NRW und Berlin.

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Digitalpakt 2.0: Was Schulen jetzt brauchen

Einladung zum Bildung.Table-Live-Briefing am 29. November von 13 bis 14 Uhr (Zoom): Im Mai 2024 läuft der Digitalpakt Schule aus. Was haben die fünf Milliarden Euro vom Bund, die seit 2019 zur Verfügung standen, an den Schulen bewegt? Was fehlt bislang? Wie muss es weitergehen? Bildung.Table-Redakteur Holger Schleper diskutiert dazu mit Saskia Esken (Co-Vorsitzende der SPD), Torsten Klieme (Staatsrat Bremen) und Nils Fischer (Schulleiter, Gymnasium in der Wüste, Osnabrück). Jetzt kostenlos anmelden

News

Erzieher: Zahl psychischer Erkrankungen wächst stark

Der Krankenstand im Berufsfeld Erziehung und Unterricht ist im aktuellen AOK-Fehlzeitenreport im Branchenvergleich am stärksten angestiegen. Gegenüber 2021 hat sich der Anteil der Arbeitsunfähigkeitstage (AU-Tage) im Vorjahr um 1,7 Prozentpunkte auf 6,7 Prozent erhöht. Zudem heißt es im Bericht, “dass vor allem Angehörige kundenorientierter und erzieherischer Berufe, bei denen ständig eine helfende oder beratende Haltung gegenüber anderen Menschen gefordert ist, von einem Burnout betroffen sind”.

Insgesamt waren laut dem Bericht im Vorjahr 15,1 Millionen Beschäftigte bei der AOK versichert. Nach eigenen Angaben waren davon knapp 420.000 Mitglieder im Bereich Erziehung und Unterricht tätig. Die hier mit Abstand am stärksten vertretene Berufsgruppe – etwa ein Drittel – arbeitet in der Kinderbetreuung und -erziehung. Es folgen Beschäftigte an den Hochschulen sowie Lehrkräfte in der Sekundarstufe.

Historischer Höchstwert an Fehltagen

Für den Bereich Erziehung und Unterricht zeigen die Zahlen, dass die Arbeitsunfähigkeitstage (bezogen auf 100 AOK-Mitglieder) aufgrund psychischer Erkrankungen 2022 mit knapp 474 Tagen einen historischen Höchstwert erreicht haben. Die Zahlen des Reports reichen bis ins Jahr 2000 zurück. Ein Anstieg der Krankentage lässt sich in nahezu allen untersuchten Branchen feststellen. Allein die Forst- und Landwirtschaft bildet eine Ausnahme. 

Die Arbeitsunfähigkeitstage wegen psychischer Erkrankungen haben dabei im Arbeitsfeld Erziehung und Unterricht überdurchschnittlich stark zugenommen. Seit 2012 ist die Zahl um knapp 60 Prozent gewachsen. Lediglich der Bereich der öffentlichen Verwaltung weist mit einer Zunahme von 69 Prozent einen höheren Wert aus. Im Schnitt haben die beruflichen Fehltage aufgrund psychischer Erkrankungen über alle Branchen hinweg von 2012 bis 2022 um 48 Prozent zugenommen.

“Das Gewicht der psychischen Erkrankungen macht auch aus, dass mit ihnen oft lange Ausfälle einhergehen”, sagt Bernhard Badura, Mitherausgeber des Fehlzeitenreports, im Gespräch mit Table.Media. Ihn wundert nicht, dass Erzieherinnen und Erzieher sowie Lehrkräfte oft betroffen sind. Der Soziologe spricht von Erschöpfung, ausgelöst durch eine “chronische mentale Überforderung aufgrund von strapaziösen zwischenmenschlichen Kontakten”.

In den Augen Baduras ist das gesellschaftliche Bewusstsein für das Ausmaß und den Umgang mit psychischen Erkrankungen noch völlig unterentwickelt. Ansätze waren zu Jahresbeginn in den Empfehlungen der Ständigen Wissenschaftlichen Kommission zu erkennen, um dem Lehrkräftemangel zu begegnen. Als vorbeugende Maßnahmen zur Gesundheitsförderung nennt das Papier unter anderem Achtsamkeitstrainings und eMental-Health-Angebote. Holger Schleper

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Erste Länder erproben Schulbudgets

400 Schulen in Sachsen bekommen in diesem Schuljahr ein eigenes Budget für Personalmittel. Für mehr als ein Viertel aller allgemeinbildenden Schulen in Sachsen stehen insgesamt jeweils 13,5 Millionen Euro für dieses und für das kommende Schuljahr zur Verfügung. Je nach Größe bekommt eine Schule zwischen 7.000 und 100.000 Euro. Gedacht ist das Angebot vor allem für die Schulen, die besonders stark vom Lehrermangel betroffen sind.

Mit dem Geld können die Schulleitungen zusätzliches externes Personal finanzieren – zum Beispiel für Förder-, Musik- und Sportangebote, Projekttage oder AGs. Außerdem dürfen die Schulen Verträge mit IT-Fachleuten oder Kräften abschließen, die Lehrkräfte bei bürokratischen Arbeiten unterstützen. Selbst ein Schulhund mit Betreuer wurde von dem Budget bereits finanziert. Nur für den Unterricht selbst ist das Geld nicht vorgesehen. Das heißt, die Schulleitungen dürfen keine Lehrkräfte einstellen.

Sachsen und bald auch Brandenburg arbeiten mit Schulbudgets

Gestartet hat das Projekt “Budgetierung von Lehrerarbeitsvermögen” in Sachsen bereits 2018/19 als Pilotprojekt an 14 Schulen. Im vergangenen Jahr hat es das Kultusministerium dann schon auf 114 Schulen mit einem Gesamtbudget von sechs Millionen Euro ausgeweitet.

Auch in Brandenburg sollen noch in diesem Schuljahr im Rahmen eines Modellprojekts Schulleitungen mit selbst verwalteten Schulbudgets ausgestattet werden, das sie für “unterrichtsunterstützende und -begleitende Maßnahmen” ausgeben können. Für dieses und das kommende Schuljahr gibt es dafür jeweils etwa 3,5 Millionen Euro. Start des Modellprojekts ist der 1. Februar 2024. Wie viele Schulen das Angebot nutzen können und weitere Details sind bislang noch nicht bekannt. “Die Rahmenbedingungen werden derzeit noch fachlich finalisiert”, heißt es dazu aus dem Bildungsministerium.  

Mit den Schulbudgets gehen Sachsen und bald auch Brandenburg einen Weg, das ab dem kommenden Schuljahr Vorbild für das bundesweite Startchancen-Programm werden könnte.

In Hessen gehören Schulbudgets zum Projekt selbstständige Schule

Ganz neu ist die Idee eines eigenen Schulbudgets für Personalmittel allerdings nicht. Hessen hat bereits 2012 das Pilotprojekt “Selbstständige allgemeinbildende Schule” (SES) gestartet, bei dem zunächst 23 Schulen im Rahmen eines sogenannten “Großen Schulbudgets” über freie Personalmittel verfügen konnten. Sie können damit zum Beispiel schulspezifische Fördermaßnahmen, Projekte, Arbeitsgemeinschaften, zusätzliche Vertretungskräfte oder Doppelsteckungen im Unterricht finanzieren.

Zu Beginn dieses Schuljahres gibt es 99 selbstständige allgemeinbildende Schulen. Das sind knapp fünf Prozent aller Schulen in Hessen. Sämtliche Schularten sind dabei vertreten. Die Summe pro Schule errechnet sich aus der Differenz von Soll-Stunden (Lehrerzuweisung) und Ist-Stunden (Unterrichtsversorgung). Pro Stunde und Jahr sind 1.440 Euro angesetzt. Nach Auskunft des Kultusministeriums standen den selbstständigen Schulen 2022 rund 24 Millionen Euro zur Verfügung. Im Mittel bekamen die Schulen ein Budget von 166.400 Euro. Annette Kuhn

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FDP fordert Prämie für engagierte Lehrkräfte

Wieder einmal gibt ein Papier der FDP Rätsel auf. Erst vor einem Monat hatte das Präsidium unter anderem eine Notenpflicht ab Klasse drei beschlossen. Nun legt die Bundestagsfraktion ein Positionspapier zum Lehrermangel vor. Darin finden sich gängige Forderungen, etwa nach einem dualen Lehramtsstudium. Es heißt sogar, dadurch könne “das Referendariat entfallen”. Wie genau, bleibt offen. Griffig sind diese zwei Forderungen: Auf zehn Lehrkräfte solle künftig eine Verwaltungskraft kommen. Lehrer bräuchten zudem “einen rechtlichen Anspruch auf Weiterbildung von 40 Stunden im Jahr“.

Ihrer Parteilinie treu bleiben die FDPler mit dem Vorschlag einer “Prämie für besonders engagierte Lehrkräfte”. Mehr Leistungszulagen und Beförderungen soll es zudem geben, wenn Lehrer fortbildungswillig sind. Befremdlich liest sich angesichts des Sanierungsstaus an Schulen (laut KfW 47,4 Milliarden Euro) der Satz: “Wir fordern die Schulträger auf, den Schulbau nicht zu vernachlässigen.” Im Startchancen-Programm von Bund und Ländern soll die Bausäule zwar den größten Batzen ausmachen, Experten zufolge wird das Geld aber nur ein Tropfen auf den heißen Stein sein.

Ria Schröder will mehr Freiheit für Schulen

Einen Schwerpunkt legen die FDP-Politiker auf ihr Lieblingsthema: Freiheit. Das Startchancen-Programm folge bereits diesem Leitgedanken. Stark-Watzingers Parteikollegen fordern nun, Schulleitungen bundesweit mit “,schulbetriebswirtschaftlichen’ Fortbildungen” zu stärken. Schulbehörden sollten ihnen weniger vorgeben und mehr beraten, Schulen Budgets erhalten, über die sie frei bestimmen können. Auch für Lehrkräfte wollen die Liberalen Geldtöpfe – für Materialien oder Ausflüge. Und: Die Schulbehörden sollen nur noch die Hälfte der Curricula vorgeben dürfen.

Schulautonomie stellte die bildungspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Ria Schröder, bereits bei einer Veranstaltung in der Vorwoche, zu der sie einlud, ins Zentrum. Titel: “Bildung unabhängig vom Elternhaus: Wie wird das Startchancen-Programm zur Bildungsrevolution?” Schröder sprach sich deutlich dafür aus, dass Schulen mehr Freiräume erhalten.

Im Startchancen-Programm ist jedoch nicht vorgesehen, dass Schulen komplett frei über das vorgesehene Schulbudget verfügen können. Vielmehr heißt es in den Eckpunkten zum Programm, dass das Geld zu zwei Dritteln nach einem Leitfaden zu geeigneten Maßnahmen vergeben wird. Auf den Leitfaden müssen sich Bund und Länder noch verständigen. Lediglich ein Drittel des Geldes steht den Schulen frei zur Verfügung. Die Leiterin der Iglu-Studie, Nele McElvany, und BMBF-Abteilungsleiterin Johanna Börsch-Supan, bekräftigten auf dem Podium, Schulen einen Orientierungsrahmen zu geben. Anna Parrisius, Holger Schleper

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Berufsschullehrer arbeiten sieben Prozent zu viel

Lehrer an Berufsschulen arbeiten pro Woche im Schnitt fast drei Stunden zu viel, Schulleitungen sogar mehr als acht Stunden. Bezogen auf das gesamte Jahr sind die Lehrkräfte damit sieben Prozent über dem Soll, Schulleitungen sogar 20 Prozent. Das ist das Ergebnis einer Studie der Universität Mannheim im Auftrag des Berufsschullehrerverbands Baden-Württemberg (zum Download). Es ist die bislang umfassendste Erhebung der Arbeitszeit von Berufsschullehrern.

Die Forscher stützten sich auf die Daten von 213 Berufspädagogen, die von Mitte März bis Mitte Oktober 2022 wochenweise via App Tagebuch über ihre Arbeitszeit führten. Verhältnismäßig viele Überstunden machen demnach neben Schulleitungen Berufsschullehrer in Teilzeit. Die Wissenschaftler legten dabei für Vollzeit eine Wochenarbeitszeit von 41 Stunden zugrunde – die für vergleichbare Beamten in Baden-Württemberg gilt. Für Lehrkräfte ist nur das Deputat festgelegt, also der wöchentlich zu erteilende Unterricht (an Berufsschulen in Baden-Württemberg 25 bis 28 Stunden à 45 Minuten).

Wohlbefinden unter Bevölkerungsdurchschnitt

Studienleiterin Carmela Aprea hob daneben das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage hervor, die sie und ihr Team zusätzlich mit 1.837 Berufspädagogen durchführten. Das Wohlbefinden der Berufsschullehrer lag demnach im Durchschnitt etwas niedriger als der Bevölkerungsdurchschnitt, der 2022 ohnehin niedrig gewesen sei. Die Forscher nutzten für die Erhebung fünf Standardfragen der WHO zum Wohlbefinden. “Ich finde das beunruhigend mit Blick auf die Lehrergesundheit, aber auch die Qualität des Unterrichts”, sagte Aprea.

Weitere Untersuchungen sollen zeigen, inwiefern das Stimmungstief an der Pandemie lag – und wie er mit den Arbeitsbedingungen der Lehrkräfte zusammenhängt. Eine Erkenntnis verriet Wirtschaftspädagogin Aprea bereits: “Die Beziehung zur Schulleitung und zum Kollegium spielt eine sehr große Rolle.” Sie sei ein großer Resilienzfaktor, größer als Meditation oder der “20. Yoga-Kurs”.

Lesen Sie hierzu in dieser Ausgabe auch: Erziehungsberuf: Zahl psychischer Erkrankungen wächst stark

BLV-Vorsitzender plädiert für dänisches Modell

Der Vorsitzende des Berufsschullehrerverbandes, Thomas Speck, forderte, dass die Lehrer im Ländle mehr Zeit für den Austausch untereinander erhalten und für ihre Kernaufgabe, den Unterricht. Helfen könnten automatisierte Systeme – bei der Schulverwaltung und der Korrektur von Rechtschreibung in Prüfungen. Wichtig sei außerdem nichtlehrendes Personal zur Prüfungsaufsicht und in der Schulverwaltung sowie Sozialarbeiter, Sonderpädagogen und Schulbegleiter.

Die schwarz-grüne Landesregierung forderte Speck zudem auf, ein Lebensarbeitszeitkonto einzurichten. Schwarz-Grün hatte dem gesamten öffentlichen Dienst ein solches Konto im Koalitionsvertrag versprochen, über mehrere Jahre sollen Überstunden abgebaut werden können. Langfristig plädierte Speck dafür, sich an Dänemark zu orientieren: Dort haben Schulleitungen mehr Autonomie und können mit den Lehrkräften individuell vereinbaren, welche Aufgaben sie übernehmen und wie viel Arbeitszeit sie dafür erhalten. Anna Parrisius

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Früher Einstieg in den Lehrerberuf macht lustlos

Wie in Deutschland können Lehramtsstudierende auch in Österreich schon während des Studiums in Schulen unterrichten. Nach dem Bachelorstudium können sie in der Alpenrepublik sogar als reguläre Lehrkräfte arbeiten und werden entsprechend bezahlt. Die Universität Wien hat jetzt erstmals untersucht, in welchem Umfang dies der Fall ist und welche Auswirkungen es hat.

Laut der Studie, an der 1.635 Lehramtsstudierende teilnahmen, arbeiten demnach 58 Prozent parallel zum Masterstudium bereits an einer Schule. Im Bachelorstudium sind es 25 Prozent. 30 Prozent der Master-Studierenden sind sogar schon Klassenlehrerin oder Klassenlehrer. Die durchschnittliche Unterrichtszeit der befragten Lehramtsstudierenden ist mit 16 Stunden dabei erstaunlich hoch. Mit Vor- und Nachbereitung bedeutet das insgesamt einen Zeitaufwand von 33 Stunden pro Woche. Viel Zeit zum Studium bleibt da nicht.

Das hat Auswirkungen: Im Vergleich zu Studierenden ohne Nebenbeschäftigung verlängert sich das Studium laut der Studie im Schnitt um 2,5 Semester. Außerdem legen Lehramtsstudenten, die parallel zum Studium an einer Schule arbeiten, im Schnitt nur die Hälfte der Prüfungen ab wie ihre Kommilitonen ohne Tätigkeit an einer Schule.

Begrenzung der Unterrichtsstunden für Lehramtsstudierende

Ein weiteres Ergebnis der Studie: Die Doppelrolle als Student und Lehrkraft drückt die Freude am Studium und führt zu erheblichen Belastungen. Außerdem befördert das frühe Arbeiten offenbar auch eine falsche Selbsteinschätzung. So hätten Lehramtsstudierende, die parallel unterrichten, “überhöhte Vorstellungen” von ihren in der Praxis erworbenen Fähigkeiten, heißt es in einer Meldung zur Studie. Zumal viele der Früheinsteiger nicht mal die Fächer unterrichten, die sie auch studieren.

Die Schulforscherin Nele Kampa, die die Studie an der Uni Wien geleitet hat, sieht daher Handlungsbedarf: “Viele dieser Belastungen könnten möglicherweise durch klare Regelungen zum Einsatz in den Schulen verbessert werden, etwa durch eine Begrenzung der zu unterrichtenden Stunden oder Einschränkung von Zusatzaufgaben.”

Im Gegensatz zu Deutschland ist in Österreich ein früherer Einstieg in die Schule aufgrund des auch dort herrschenden Lehrermangels üblich. Das Masterstudium in Österreich muss sich nicht direkt an den Bachelor anschließen, sondern kann später absolviert werden. Nötig ist der Masterabschluss, um in ein unbefristetes Dienstverhältnis eintreten zu können. Vergleichbar mit dem deutschen Referendariat durchlaufen Lehramtsstudierende außerdem eine einjährige sogenannte Induktionsphase. Anders als in Deutschland kann diese Praxisphase bereits nach dem Bachelor-Abschluss stattfinden. aku

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Schüler fühlen sich von Bildungspolitik nicht ernst genommen

Am Ende ihres ersten Kongresses wollte die Bundesschülerkonferenz (BSK) Bettina Stark-Watzinger mit sieben Forderungen konfrontieren. 280 Schüler hatten diese erarbeitet – zuvorderst, dass Deutschland die Digitalisierung an Schulen vorantreiben und den Lehrermangel konsequent bekämpfen soll. Doch die Übergabe sagte die FDP-Politikerin kurz vorher ab – und sorgte damit bei den Schülern für Unzufriedenheit. “Wir erwarten, dass man sich inhaltlich mit uns auseinandersetzt”, sagte Nedjmije Bajrami, Innenkoordinatorin der BSK bei der Pressekonferenz am Montag.

An einer Podiumsdiskussion hatte Stark-Watzinger am Samstag noch teilgenommen. Als Ersatz für ihre geplante Teilnahme am Montag schickte sie ein kurzes Statement. Darin betonte die Bildungsministerin, die BSK sei ein wichtiger Gesprächspartner “ganz besonders” für das BMBF. Die Schülervertreter sehen das anders, es entstehe bei ihnen zunehmend das Gefühl, das Gespräch mit BMBF und KMK gleiche einer “Einbahnstraße”, sagte Joel Albrecht, Finanzkoordinator der BSK.

Lesen Sie auch: Förderlücke bei BSK wegen “schlimmster Bürokratie

Politik nutzt Schülerteilnahme als Feigenblatt

“Oft werden Lehrkräfte eingeladen oder Elternvertreter. Aber an die Schülerschaft denkt man meistens nicht”, sagte Generalsekretärin Wiebke Maibaum Table.Media. Wichtige Termine fänden oft in der Schulzeit statt. Häufig, so Maibaums Eindruck, würden Schüler erst eingeladen, nachdem eine Entscheidung bereits gefallen sei, um den Anschein zu erwecken, dass mit Schülern gesprochen wurde. “Das macht uns langsam wütend.”

Die Krise im Bildungssystem macht sich derweil auch in der Rhetorik der Schüler bemerkbar. Von den Bildungsministern forderten sie beim Abschluss ihres Kongresses “eine radikale Bildungswende”. Kira Münsterberg

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Talibe Süzen – ihre “Respekt-Coaches” will die Ampel streichen

Sie leitet bei der Arbeiterwohlfahrt ein Programm für Coaches an Schulen, die Gewalt und Extremismus vorbeugen sollen: Talibe Süzen.

Die Bedeutung ihrer Arbeit verdeutlicht aktuell der Krieg in Israel und seine Auswirkungen auf das Klima an vielen Schulen in Deutschland. Als eine von vier Bundestutoren leitet Talibe Süzen bei der Arbeiterwohlfahrt (AWO) das Programm “Respekt-Coaches” der Jugendmigrationsdienste (JMD). An 550 Kooperationsschulen sind rund 400 der Jugendcoaches im Einsatz, um gegen rassistische, antisemitische und politisch motivierte Gewalt vorzugehen.

Das Programm erreicht Schülerinnen und Schüler, für die demokratisch-gesellschaftliche Bildung bislang ein Fremdwort war. “Besonders die Gespräche der Jugendlichen in Webworkshops über Diskriminierung, Zugehörigkeit und Rassismus werden von Schülern oft gelobt.” Großen Anklang fänden auch Planspiele, Gruppendiskussionen und Peer-to-Peer-Ansätze.

Ampel will Programm einstampfen

Nun soll das Präventivprogramm jedoch den Haushaltskürzungen der Ampel zum Opfer fallen. Dabei, meint Talibe Süzen, war die Nachfrage von Schulen und Landesschulbehörden bisher groß. So groß, dass der Bedarf gar nicht gedeckt werden konnte. Süzen macht die geplante Einsparung daher fassungslos. Sechs Jahre lang setzt das Programm bereits vielfältige Gruppenangebote zur Demokratiebildung und Extremismusprävention an Schulen um. “Es gehört zu den erfolgreichsten Bundesprogrammen zur Demokratiestärkung und -bildung. Der Erfolg wurde durch die wissenschaftliche Begleitung belegt“, sagt Süzen. Im aktuellen Jahr fließen bundesweit 31 Millionen Euro in das Programm. Für das kommende Jahr wären eigentlich 36 Millionen Euro nötig.

Die Mittel zu kürzen, habe die Leitung des Bundesfamilienministeriums unter Lisa Paus (Grüne) ohne Beratung oder Rücksprache mit dem fürs Bundesprogramm zuständige Referat getroffen. Auf Anfrage des Bayerischen Rundfunks verweist eine Sprecherin des Ministeriums darauf, dass die Bundesregierung mit dem Startchancen-Programm einen massiven Ausbau der Sozialarbeit an Schulen anstrebe. “Daher wurde entschieden, dass das wichtige Know-how, das im Bundesprogramm Respekt-Coaches zur Vermittlung von demokratischen Werten, Respekt und Toleranz sowie einer kritischen Auseinandersetzung mit den Ausprägungen von Extremismus an Schulen gewonnen wurde, Schritt für Schritt weiter in die Schulen verlagert und somit zunehmend in den Kompetenzbereich der Länder überführt wird.”

Das Besondere der Respekt-Coaches ist, dass sie für den Umgang mit Diskriminierung extra geschult sind. Anders als Lehrer oder Sozialarbeiter gehören sie zudem nicht zur Schulgemeinschaft – wodurch es Schülern leichter fallen könnte, über Mobbing und Anfeindungen zu sprechen.

“Jugendliche brauchen gesellschaftliche Anerkennung”

Dass im Schulalltag oft Akzeptanz fehlt für Vielfalt und Diversität, weiß Süzen aus Theorie und Praxis. “Rassistische, antisemitische und politisch motivierte Gewalttaten sind in Deutschland Alltag und betreffen auch junge Menschen”, betont die promovierte Sozialpädagogin. Hier tue es Not, junge Menschen mehr in unsere krisengeprägte Gesellschaft einzubinden: “Sie müssen professionell begleitet werden, damit sie gesellschaftliche Anerkennung erfahren und unsere Demokratie schätzen und schützen lernen.”

Nach dem Studium der Sozialarbeit und Sozialpädagogik schrieb Süzen ihre Doktorarbeit über “Das Scheidungsverhalten türkischer Migrantinnen”. 2003 begann die heute 61-jährige als Referentin für interkulturelle Kinder- und Jugendhilfe bei der AWO zu arbeiten. 2016 wurde sie Bundestutorin für die Respekt-Coaches bei der AWO.  

Gruppenangebote ab der fünften Klasse

Die Respekt-Coaches richten sich mit Gruppenangeboten an Kinder und Jugendliche ab der fünften Klasse. Ihr Ansatz ist präventiv. “Das Programm will jungen Menschen das Kennenlernen verschiedener Lebensweisen und Weltanschauungen und mehr Selbstwirksamkeit ermöglichen – sodass Radikalisierung gar nicht erst passiert.” Neben den Schülern müssen die Coaches auch die Schulleitung und das Lehrerkollegium einbeziehen, außerdem Vereine, Verbände und Bildungsträger.

“Jeder junge Mensch verfügt über Fähigkeiten und Stärken”, betont Talibe Süzen. “Wenn ich die Bedürfnisse im Blick habe und die starken Seiten anspreche, komme ich mit fast jedem jungen Mensch ins Gespräch und kann eine Beziehung aufbauen.” Unterschiede müsse man wertschätzen und anerkennen, “egal was das ist”. Maria Köpf

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Research.Table. 15 Jahre EIT: “Sichtbarkeit ist heute besser”: Das Europäische Institut für Innovation und Technology (EIT) in Budapest soll die Zusammenarbeit der leistungsfähigsten Institute, Universitäten und industriellen Forschungszentren stärken. Man habe sich zu Europas größter Innovationscommunity entwickelt, sagt sein Direktor Martin Kern. Mehr

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Nahost-Konflikt | Falschinformationen und gewalttätige Inhalte auf Meta und TikTok. Nachdem die EU-Kommission bereits ein Verfahren wegen der Verbreitung von Falschinformationen zum Krieg im Nahen Osten gegen X (ehemals Twitter) eingeleitet hat, übermittelte sie nun eine sogenannte Informationsanfrage an Meta und TikTok. Spiegel

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Digitalisierung | Nur etwa jede zehnte Schule hat eine eigene IT-Fachkraft. Meistens übernehmen Lehrkräfte die Wartung der IT. Das raubt Zeit, die eigentlich notwendig wäre für die Unterrichtsvorbereitung und für Überlegungen, wie digitale Medien sinnvoll im Unterricht genutzt werden können. Zeit

Smartphones | Heranwachsende kommen immer früher mit digitalen Endgeräten in Kontakt. Das ergab eine aktuelle Studie von Bitkom. Kinderärzte und Psychotherapeuten warnen vor den negativen Auswirkungen und geben Empfehlungen zur Mediennutzung. Tagesspiegel

Termine

10. November 2023, 15:00 bis 16:30 Uhr , online
virtuelle Veranstaltung Bildungsungleichheit: Eine Frage der Anstrengung?
Im zweiten Teil der WZB-Veranstaltung diskutieren Experten wie Julia Vaccaro (Programmleitung des Hamburger Förderprogramms “23+ Starke Schulen”) die Bedeutung der aus dem EFFORT-Projekt gewonnenen Evidenz.
INFOS & ANMELDUNG

14. und 15. November 2023, Berlin
Konferenz Erste Nationale Weiterbildungskonferenz
Wie kann Weiterbildung inklusiv und transformativ sein? Hubertus Heil (SPD) und Bettina Stark-Watzinger (FDP) kommen mit anderen Experten zusammen, um in Paneldiskussionen und Workshops über diese und andere zukünftige Möglichkeiten der Weiterbildung zu sprechen. INFOS & ANMELDUNG

20. und 21. November 2023, Jena
Gipfel Digital-Gipfel 2023
Robert Habeck und Volker Wissing laden unter dem Schwerpunktthema: “Digitale Transformation in der Zeitenwende. Nachhaltig. Resilient. Zukunftsorientiert” ein. Der Digital-Gipfel soll dabei nicht nur eine Bühne für vielfältige Digitalthemen sein, sondern auch einen Austausch mit der Bundesregierung und Lösungsansätze fördern. INFOS & ANMELDUNG

20. bis 23. November 2023, Köln & digital
Aktionstage MINTvernetzt-Aktionstage
Ob beim Campusday am 20. November in Köln, beim Thinkathon einen Tag später oder online bei dem Kooperationen-Tag am 22. November und den Lernformaten zum Thema “Förderung/Finanzierung & Vernetzung” am 23. November bei den dritten MINTvernetzt Aktionstagen dreht sich alles um das MINT-Lernen und -Lehren.
iNFOS & ANMELDUNG

22. November 2023, 10:00 bis 15:00 Uhr,
Studienvorstellung und Diskussion Frühe Ungleichheiten: Zugang zu Kindertagesbetreuung aus bildungs- und gleichstellungpolitischer Perspektive
Wie gerecht ist die frühkindliche Bildung aktuell und wie kann sie gerechter werden? Die neue Studie des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB) hat genau das untersucht. Die Friedrich-Ebert-Stiftung lädt zusammen mit dem BiB ein, um die Forschungsergebnisse sowie Handlungsempfehlungen zu diskutieren. Es wird dabei die Möglichkeit einer Kinderbetreuung geben. INFOS & ANMELDUNG

Bildung.Table Redaktion

BILDUNG.TABLE REDAKTION

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    die Beratungsfirma Prognos wird mit ihrem Gutachten der KMK-Strukturen wohl eine Lawine lostreten. Darauf lässt die erste Präsentation des Unternehmens schließen: unzählige Gremien, teilweise mit Eigenleben, Tagesordnungen ohne Relevanz und Priorisierung, mindestens neun Monate Entscheidungszeit. Was das heißt, konnte Holger Schleper mit KMK-Kenner Mark Rackles und den Kultusministern Ties Rabe und Alexander Lorz besprechen.

    Den Finger in die Wunde legt in dieser Ausgabe auch der Schweizer Bildungsforscher Stephan Huber – beim Startchancen-Programm. Huber hat Schulen in herausfordernder Lage in Berlin, NRW und Schleswig-Holstein bei ihrem Wandel begleitet und sieht Mängel und Unklarheiten im Plan von Bund und Ländern. Vor allem fürchtet der Bildungswissenschaftler, das Programm könne für überforderte Schulleiter eine weitere Hürde werden – wenn nicht die Politik vorsorgt.

    Einen schlanken Fuß machen sich die Länder bereits mit Blick auf eine Technologie, die die Kraft hat, den Unterricht auf den Kopf zu stellen: ChatGPT. Eine Umfrage von Table.Media zeigt, dass alle Bildungsministerien den Ernst der Lage zwar theoretisch erkannt haben. Doch praktisch, in Form einer kostenfreien und datenschutzrechtlich sicheren Version des KI-Chatbots für Lehrer, wird nur ein Bundesland tätig.

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    Anna Parrisius
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    Analyse

    177 Gremien lähmen die KMK

    Vor knapp einem Jahr hat die Kultusministerkonferenz, der zentrale Akteur der gesamtdeutschen Schulpolitik, die Unternehmensberatung Prognos beauftragt, ihr ein Zeugnis zu schreiben. Jetzt liegt es vor. Auf 19 Folien machen die Berater der KMK ungeschminkt deutlich, dass vieles aus dem Ruder gelaufen ist. Die Analyse ist bemerkenswert. Denn Urteile wie “Struktur für politisch-akute Themen nicht geeignet” zeigen: Die Präsentation setzt auf Klartext und nicht auf Kompromissformeln.

    Zwei Bereiche analysieren die Unternehmensberater: die Gremien der KMK und ihr Sekretariat, also die Verwaltung der Kultusministerkonferenz. Die präsentierten Zahlen lassen an vielen Stellen aufhorchen. So gab es im Jahr 2022 insgesamt 177 Gremien – womit ihre Zahl 2022 im Vergleich zum Vorjahr um sieben Prozent gewachsen ist. Dieses Netzwerk an Gremien umfasst mehr als 1.500 Personen – und ist kaum zu durchschauen.

    Schulsenator Rabe: Eine Struktur, die so nicht bleiben kann

    Ties Rabe, langjähriger Schulsenator in Hamburg, zeigt sich erschrocken. “Obwohl ich selber schon lange dabei bin: Einzelne Ergebnisse hätte ich nicht für möglich gehalten”, erklärt der Koordinator der SPD-geführten Schulministerien im Gespräch mit Table.Media. Dazu gehört, “dass es weit über 150 Gremien gibt und dass deutlich über 1.000 Beschäftigte aus allen Ministerien Deutschlands ständig zu Sitzungen zusammengerufen werden.” Da habe die Analyse eine Struktur zutage gefördert, die so nicht bleiben könne. 

    Hessens Kultusminister Alexander Lorz pflichtet bei: “Es haben sich – und da stimme ich der Strukturkommission zu – über die Jahre hinweg ein paar Verkrustungen angesetzt, über die wir reden müssen”, so der Koordinator der CDU geführten Schulministerin auf Anfrage von Table.Media.

    Anlass zum Reden dürfte auch bieten, dass es im Vorjahr fast 600 Gremiensitzungen gab. Den Löwenanteil daran machen 123 “AGs mit Einsetzungsbeschluss” aus, wie es in den Unterlagen heißt, die Table.Media vorliegen. Dazu kommen 29 Arbeitsgruppen “ohne Einsetzungsbeschluss”. “Dass es auch Arbeitsgruppen ohne Einsetzungsbeschluss gibt, sehe ich gar nicht als Problem”, sagt Mark Rackles, ehemaliger Staatssekretär für Bildung in Berlin und früherer Amtschef in der KMK. Das trage ja sogar eher zur Entbürokratisierung bei. “Das Problem ist, dass viele von diesen Gremien ein Eigenleben entwickelt haben und nicht nach einer bestimmten Zeit aufgelöst werden.” Rabe sieht es ähnlich: “Da haben sich mittlerweile einige Strukturen anscheinend fast unkontrolliert ausgebreitet – und da müssen wir ran.”

    Entscheidungsprozesse dauern mindestens neun Monate

    Daran lässt die Prognos-Analyse, über die der Bildungsjournalist Jan-Martin Wiarda zuerst berichtete, tatsächlich wenig Zweifel. Denn Entscheidungsprozesse in der KMK, so steht es da, dauern mindestens neun Monate. Strukturbedingt gebe es “lange Entscheidungszyklen”. Auf “politisch-akute Themen” ist eine zeitnahe Reaktion kaum möglich. 

    Das spiegelt sich auch in einem weiteren Punkt der Ist-Analyse wider. Hier wird die Relevanz der Tagesordnungen kritisiert, die nicht zu den aktuellen Themen passe. Zudem mangele es bei dem, worüber die Minister beraten, an einer Priorisierung

    In den Blick nehmen die beauftragten Analysten auch das KMK-Sekretariat. Ende September umfasste es 414 Planstellen. Davon sind allerdings 177 der Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen (ZAB) zuzuordnen, die im Ausland erworbene Qualifikationen bewertet. Knapp 90 Stellen umfasst der Pädagogische Austauschdienst (PAD). 

    Demgegenüber fällt die Zahl der Vollzeit-Planstellen, die für länderübergreifende Koordinierung von Schulen, Hochschulen, Wissenschaft und Kultur sowie für die Qualitätssicherung, Statistik und Internationales zuständig sind, eher klein aus. In Summe kommen hier knapp 78 Stellen zusammen. Darüber hinaus monieren die Unternehmensberater, dass die Organisation zu “versäult” sei. Die “horizontale Zusammenarbeit” und damit auch der Informationsaustausch kämen zu kurz.

    Wie weit reicht die Selbstkritik?

    Bei aller Kritik sagt Rabe auch, dass er sehr zufrieden damit sei, “dass die Kultusministerkonferenz die Kraft gefunden hat für eine schonungslose Selbstanalyse“. Dem stimmt Mark Rackles im Grundsatz zu. “Man kann durchaus würdigen, dass sich die KMK dieser Selbstkritik gestellt hat.” Zugleich wirft er die Frage auf, ob sie weit genug geht.

    “Nach dem, was bislang bekannt ist, bleiben die großen Fragen unberührt“, sagt Rackles. Dazu zähle die Frage der Einstimmigkeit, die derzeit bei Beschlüssen zu wirklichen Strukturveränderungen gegeben sein muss. “Auch die Frage der Ernennung des Generalsekretärs auf Lebenszeit wird nicht thematisiert und die Frage der KMK-Präsidentschaft.” Hier übernähmen Ministerinnen und Minister für ein Jahr den Posten, die zum Teil auch noch sehr jung im Amt sind. “Der Wissenstransfer ist so sehr schwierig zu organisieren.”

    Ties Rabe zeigt sich hier offen: “Grundsätzlich ist es so, dass man am Anfang eines solchen Reformprozesses nichts zum Tabu erklären sollte. Das gilt auch für die Frage, wie die Präsidentschaft geregelt wird.”

    Im Dezember, so heißt es vonseiten des bayrischen Wissenschaftsministeriums, wollen die Minister der Länder einen Fahrplan verabschieden, wie und wann die Analysen zu einer Strukturreform führen. Bayern und Hamburg haben den Vorsitz in der federführenden Strukturkommission. Wie schnell es gehen wird? Das bleibt offen. Aus Bayern ist nur soviel zu hören: “Die bisweilen verwendete Benennung ,Projekt KMK 2025′ wird von uns nicht verwendet und entspricht auch vom Zeitplan her nicht den Tatsachen.”

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    ChatGPT: Alle wollen es, kaum einer bekommt es

    In der Theorie läuft es mit der KI ChatGPT an Schulen hervorragend. Die Kultusministerinnen und -minister betonen in einer bundesweiten Umfrage von Table.Media, wie umstürzend wichtig die Bedeutung der sogenannten generativen Sprachmodelle für das Lernen ist. Allein, in der Praxis geben die Schulministerien das Tool ihren Lehrkräften nicht an die Hand. 15 von 16 angefragten Bundesländern teilten Table.Media mit, dass sie ihren Schulen die generative KI nicht zur Verfügung stellen. Nur Mecklenburg-Vorpommern hat eine für Lehrer kostenfreie und zudem datenschutzrechtlich sichere Version per Landeslizenz angeschafft. 

    Für die Bildungsrepublik heißt das: Knapp ein Jahr nach der Markteinführung der revolutionären KI-Anwendung reden die Schulminister viel, geben aber ihren Schulen und Lehrkräften wenig konkrete Hilfe. Die KMK hat zwar eine ad-hoc-Arbeitsgruppe zum Thema Künstliche Intelligenz eingerichtet. Fast alle Bundesländer haben inzwischen auch einen Leitfaden für die Nutzung von ChatGPT & Co an ihre Lehrkräfte verteilt. Allerdings bekommen die Schulen weder einen rechtssicheren noch kostenfreien Zugang zu ChatGPT. Und auch die Frage der Prüfungsregeln lassen die Kultusminister und ihre Ständige Konferenz offen. Eine Anfrage von Table.Media zu den Beschlüssen der “Taskforce KI” ergab: Beschlüsse zu Prüfungsanpassungen hat die AG nicht gefasst. Sie wolle vorher einen Fachkongress veranstalten, hieß es.

    Niedersachsens Kultusministerin: “Schulen nicht abkoppeln”

    Die Antworten der Kultusminister auf die Umfrage von Table.Media ähneln sich. Die Sprecher betonen die enorme Bedeutung der KI fürs Lernen. Künstliche Intelligenz werde “das künftige gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben und damit unseren Alltag immer stärker bestimmen. Hiervon darf sich Schule nicht abkoppeln, sondern muss mit den Entwicklungen Schritt halten.” Das ließ beispielsweise Niedersachsens Schulministerin und Vize-Ministerpräsidentin Julia Willie Hamburg (Bündnis 90/Die Grünen) Table.Media mitteilen. Allerdings wirken die Kultusminister der Abkopplung nicht wirklich entgegen. 

    15 von 16 Ländern teilten mit, “dass den Lehrkräften ein landesweiter Zugang zu ChatGPT oder vergleichbaren KI-Anwendungen nicht zur Verfügung gestellt wird.” So lautete die Formulierung aus Sachsen-Anhalt. Brandenburg wies gar die Zuständigkeit für KI-Tools von sich. Ein Sprecher von Bildungsminister Steffen Freiberg (SPD) sagte, “dass die jeweiligen Schulträger zuständig für die Auswahl und Anschaffung digitaler IT-Ausstattungstechnik sind.”

    Zwei Bundesländer (Rheinland-Pfalz, Bayern) raten ihren Lehrern mehr oder weniger offen, sich selbst bei Open-AI anzumelden, um ChatGPT nutzen zu können. Der für digitale Bildung und Schule zuständige Beauftragte der Datenschutzkonferenz, Lutz Hasse, forderte die Lehrkräfte auf, dies nicht als Dienstanweisung zu verstehen. Von einer datenschutzkonformen Nutzungsmöglichkeit könne man im Moment nicht ausgehen. Hasse berichtete Table.Media, dass die Datenschutzbeauftragten auf ihre 30 Fragen an Open-AI eine 250-seitige Antwort bekommen hätten. Die Prüfung wird also Zeit in Anspruch nehmen.

    Länder verweisen auf Lernportale, die keine Chatfenster haben

    Eine Reihe von Bundesländern verweist darauf, dass die Lehrer über Lernportale wie Bettermarks Anwendungen von Künstlicher Intelligenz nutzen könnten. Allerdings gibt es in diesen Applikationen in der Regel keine Chatfenster, die eine direkte Kommunikation mit der Sprach-KI möglich macht. Wie berichtet, bietet das Land Baden-Württemberg einer handverlesenen Schar von Fortbildnern die Nutzung von ChatGPT im Lernmanagementsystem Moodle an. Der Datenschutzbeauftragte von Baden-Württemberg bestätigte, dass das Tool namens fAIr-Chat im Einvernehmen mit ihm freigegeben worden sei. 

    Welche Dynamik die Freigabe einer datenschutzkonformen Variante wie ChatGPT in Ländern auslösen kann, sieht man in Mecklenburg-Vorpommern. Dort hat Kultusministerin Simone Oldenburg (Linke) eine Landeslizenz bei Fobizz erworben, die alle Lehrerinnen und Lehrer nutzen können. Das führt dazu, dass in den Schulen nun nicht mehr nur die Schüler, sondern auch die Lehrer sich mit dem KI-Tool befassen. “Die Kolleginnen und Kollegen sind so fortbildungsbereit wie nie“, hieß es etwa im Eldenburg-Gymnasium in Lübz. “Was wir in den Schulen jetzt brauchen, sind nicht nur Handreichungen für das neue Tool und Landeslizenzen, um es zu nutzen, sondern konkrete rechtliche Regelungen für die Prüfungen und Präsentationsleistungen.” 

    Schulen in Mecklenburg-Vorpommern überarbeiten Prüfungsformate

    Im Don-Bosco-Gymnasium in Rostock werden derweil die Prüfungsregularien für die sogenannte Präsentationsleistung überarbeitet, um der Schülernutzung von ChatGPT gerecht zu werden. Die Präsentationsleistung ist eine Art Facharbeit in der 10. Klasse. Die Schüler müssen künftig für diese Arbeit ihre Quellen inklusive der Nutzung von Sprachmodellen angeben. Dazu gehören auch die genutzten Prompts und Screenshots der Antworten von ChatGPT. Zudem begleiten die Lehrkräfte die Schüler enger bei der Erstellung der Präsentationsarbeit. Die Gewichtung der jeweiligen Prüfungsteile hat sich verschoben. Ging der Inhalt der schriftlichen Arbeit vorher mit zwei Drittel in die Endnote ein, so beträgt er nun nur noch knapp 40 Prozent. Ein größeres Gewicht erhält nun die mündliche Disputation der Arbeit. Mit Kira Münsterberg

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    “Manche Schulen sehen das Startchancen-Programm nicht als Gewinn”

    Bildungsforscher Stephan Huber
    Bildungsforscher Stephan Huber ist das 20-Milliarden-Startchancenprogramm zu klein geraten: “Damit kommen wir sicher nicht hin.”

    Herr Huber, Bund und Länder haben sich 20 Jahre nach PISA auf ein sogenanntes Startchancen-Programm geeinigt. Ist das der Durchbruch? 

    Stephan Huber: Ja, es ist ein Durchbruch. Weil ein sehr wichtiges Problem angegangen wird, weil Bund und Länder es zusammen tun und weil das Programm längerfristiger angelegt ist. Es steht auch viel mehr Geld als sonst bei solchen Programmen zur Verfügung. Wichtig ist nur, dass besonders belastete Schulen verlässlich unterstützt werden. Vorrangiges Ziel ist ja, mehr Bildungsgerechtigkeit zu erreichen. 

    Die Bundesbildungsministerin hat es gerade als ganz großen Wurf bezeichnet, die FDP spricht gar von einer Bildungsrevolution! 

    So weit würde ich nicht gehen. Wir müssen noch Hausaufgaben machen. Es fehlt bislang zum Beispiel eine konkrete Konzeption, eine Handlungsstrategie mit einem Masterplan. Für das “Kochbuch” fehlen noch entscheidende Zutaten und Anleitungen. 

    Was fehlt Ihnen da genau? 

    Es geht darum, das Richtige richtig zu tun. Belastete Schulen brauchen kluge Strategien für Schulaufsicht, Schulträger sowie für Schulleitungen und ihre Teams. Es geht um das Ermöglichen von schulspezifischen Strategien und wirksamen Maßnahmen. Und das als direkte Unterstützung und Entlastung von belasteten Schulen, nicht als eine weitere Hürde. 

    “Mir fehlt die Rolle der Schulträger”

    Was vermissen Sie noch beim Startchancen-Programm? 

    Mir fehlt die Rolle und die Involvierung der Schulträger, also der Kommunen. Bei vielen Themen geht es nicht ohne die Kommune. Beim Schulbau, beim Ganztag, bei Digitalität – überall sind die Schulträger mit dabei. Wichtig sind auch die Netzwerke im regionalen Raum. 

    Wieso sind Netzwerke wichtig?

    Nehmen wir etwa Nordrhein-Westfalen. Hier gibt es 51 Bildungsnetzwerke, die daran arbeiten, wie man nicht nur eine einzelne Schule, sondern die Schulen durch einen Verbund in ihrer Qualität weiterentwickelt und die Synergien nutzt. Wichtig ist, dass das Geld zielorientiert durch die Wirkungskette bei den einzelnen Schülerinnen und Schülern ankommt und sie in ihrer Bildungsbiografie gefördert werden. Das ist wichtig für das übergeordnete Ziel der Bildungsgerechtigkeit. 

    Das Programm fokussiert auf Mindeststandards in den Kernkompetenzen Lesen, Schreiben und Rechnen. 

    Ich finde die Konzentration auf die kognitive Förderung zu einseitig. Als Ziel wird genannt, den Anteil der Schülerinnen und Schüler zu halbieren, die die Mindeststandards verfehlen. Ja, das ist wichtig, keine Frage, und das lässt sich auch messen. Aber gibt es nicht auch andere Komponenten, die ebenso wichtig sind? Was ist mit dem motivationalen, emotionalen und sozialen Bereich? Schlüsselkompetenzen wie Selbstwirksamkeit und Selbstregulation sind wichtige Voraussetzungen für kognitive Förderung. Deswegen benötigen wir einen ganzheitlichen Ansatz beim “Kochbuch”. Wir sollten also nicht ein didaktisches Lern-Training gegen ein Theater- oder Sportprojekt ausspielen.

    Sanierung der Schulen gesondert bezahlen

    Insgesamt sollen 20 Milliarden Euro in insgesamt 4.000 Schulen fließen. Über zehn Jahre hinweg. Reicht das?

    Die Zahl ist fantastisch. Ich bin zum Wohl der Schulen und gerade der Schüler begeistert. Aber damit kommen wir sicher nicht hin. Schon allein der Schulbau ist eine riesige Investitionsleistung. Die Sanierung und Umgestaltung der Schulen kosten erheblich mehr. Was wird wie im Haushalt der Länder und Kommunen verrechnet? Vielleicht wäre es gut, die gesetzte Fördersumme des Programms ohne Sanierung der Gebäude anzugehen. Und die Sanierung kommt zusätzlich. 

    Ist das nicht ein Wunschtraum? 

    Wir sollten nicht vergessen, dass es bei vielen Schulen, die in sehr schlechten Zustand sind, darum geht, sie zunächst zu funktionierenden Gebäuden zu machen, Stichwort: Toiletten. Und dann geht es darum, sie so zu gestalten, dass “Bildung 5.0” passieren kann, – mit unterschiedlichen Raumgestaltungsmöglichkeiten vom Großformat für Inputphasen über Kleingruppenarbeit bis hin zum selbstorganisierten Arbeiten mit einer entsprechenden Ausstattung. Hier braucht es nicht nur einen großen Schritt, sondern eher einen Sprung ins 21. Jahrhundert. Das umfasst auch die zeitgemäße technische Ausstattung mit digitalen Geräten und Internet-Anschlüssen.

    Dafür reichen aber sicher nicht die vorgesehenen zwei Milliarden Euro pro Jahr – wenn es überhaupt so viel wird.

    Ja, wir sollten zunächst sehr genau darauf achten, ob die 20 Milliarden wirklich zusätzliches Geld sind – und nicht nur eine einfache Umverteilung von Ressourcen. Trotzdem ist die Integration der wenigen Landesprogramme wichtig, die es schon gibt. Aus den Erkenntnissen der wissenschaftlichen Begleitungen dieser Programme kann man viel lernen – etwa in Schleswig-Holstein, Berlin und NRW. 

    Quick-Wins für überforderte Schulen

    Kann man sich mit Geld eine neue Schule kaufen?

    Nein, deswegen liegt der zentrale Punkt des Programms in der Frage, wie es Schulen gelingen kann, ein umfassendes Qualitätsmanagement zu betreiben. Die Lehr-Lern-Arrangements und das Schulleben soll zum Wohl der Bildung aller Schülerinnen und Schüler auf zeitgemäßem Qualitätsniveau gestaltet werden. Manche Schulen benötigen hierfür Ressourcen, aber nicht nur Geld, sondern auch Personal. Im Grunde genommen sogar “doppelt” Personal, einmal das eigentlich vorgesehene Personal – wir haben ja an vielen dieser belasteten Schulen eine sehr starke personelle Unterversorgung. Sowie zusätzliches Personal, damit der Situation der Schule angemessen Rechnung getragen werden kann. 

    Warum muss man Schulleitern bei der freien Verwendung ihres Chancenbudgets Vorschriften machen?

    Manche Schulen sind überfordert, wenn sie Entscheidungen allein treffen müssen und sehen das Programm vielleicht nicht als Gewinn, sondern als zusätzliche Belastung. Speziell diese Schulen brauchen Begleitung. Beratung und Begleitung müssen Teil des Qualitätsmanagements sein. Das Problem ist, dass wir diese Unterstützungssysteme in den allermeisten Bundesländern erst einmal aufbauen müssen. Schulentwicklungsbegleitung ist hier das Stichwort. 

    Wie kann man zögernde Schulen ermutigen, mit dem Umdenken zu beginnen?

    An manchen hoch belasteten Schulen kann man zu Beginn mit schnellen kleinen Erfolgen etwas anstoßen. Ich nenne dasQuick Wins”. Wir haben beispielsweise gesehen, dass eine ganz kleine Investition in die Sanierung von Toiletten ein Startschuss sein kann. Auch spezielle Personalaufstockungen helfen oft. Da merken Lehrkräfte: Ah, jetzt passiert was! Aber das allein genügt natürlich nicht. 

    “Wir brauchen einen besseren Verteilungsschlüssel”

    Was sollte noch passieren?

    Schulen hilft es, ein klares Schulprogramm aufzustellen, mit oder ohne externer Unterstützung. Die Schulen sollten auch Unterstützung bei der Professionalisierung der Mitarbeitenden bekommen. 

    Und dann geht’s los?

    Dann sind wir schon mittendrin! Die Schule beginnt mit kleinen und großen Verbesserungen. Es entsteht ein kreativer gemeinschaftlicher Austausch, alle ziehen an einem Strang, die Motivation steigt, ebenso das Erleben von beruflichem Erfolg. 

    Was sagen Sie zu dem Schlüssel, nach dem die Mittel verteilt werden sollen? 

    Es bräuchte in Zukunft einen besseren Schlüssel. Wir sind auch noch nicht bei einem Sozialindex in Kopplung mit Schulqualitätsmerkmalen, um landesweit die wirklich belasteten Schulen zu identifizieren. Hier liegt noch eine problematische Hausaufgabe vor uns, die politisch nicht einfach zu lösen ist. Aus meiner Sicht wäre der Sozialhilfebezug ein wichtiger, sinnvoller Indikator. Denn dann erreicht man die Schulen, an denen die Armutsquote hoch ist. Wichtig ist in jedem Fall, dass wir die Ebene der Schule berücksichtigen und die Verteilung nicht pauschal auf Länderebene erfolgt. Interview: Annette Kuhn, Christian Füller, Holger Schleper

    Univ.-Prof. Dr. Stephan Huber leitet Forschungsgruppen an der Linz School of Education (Exzellenz-Lehrstuhl), der Erfurt School of Education sowie den PHs Zug und Schwyz (www.Bildungsmanagement.net) und begleitet Programme für belastete Schulen in Schleswig­ Holstein, NRW und Berlin.

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    Digitalpakt 2.0: Was Schulen jetzt brauchen

    Einladung zum Bildung.Table-Live-Briefing am 29. November von 13 bis 14 Uhr (Zoom): Im Mai 2024 läuft der Digitalpakt Schule aus. Was haben die fünf Milliarden Euro vom Bund, die seit 2019 zur Verfügung standen, an den Schulen bewegt? Was fehlt bislang? Wie muss es weitergehen? Bildung.Table-Redakteur Holger Schleper diskutiert dazu mit Saskia Esken (Co-Vorsitzende der SPD), Torsten Klieme (Staatsrat Bremen) und Nils Fischer (Schulleiter, Gymnasium in der Wüste, Osnabrück). Jetzt kostenlos anmelden

    News

    Erzieher: Zahl psychischer Erkrankungen wächst stark

    Der Krankenstand im Berufsfeld Erziehung und Unterricht ist im aktuellen AOK-Fehlzeitenreport im Branchenvergleich am stärksten angestiegen. Gegenüber 2021 hat sich der Anteil der Arbeitsunfähigkeitstage (AU-Tage) im Vorjahr um 1,7 Prozentpunkte auf 6,7 Prozent erhöht. Zudem heißt es im Bericht, “dass vor allem Angehörige kundenorientierter und erzieherischer Berufe, bei denen ständig eine helfende oder beratende Haltung gegenüber anderen Menschen gefordert ist, von einem Burnout betroffen sind”.

    Insgesamt waren laut dem Bericht im Vorjahr 15,1 Millionen Beschäftigte bei der AOK versichert. Nach eigenen Angaben waren davon knapp 420.000 Mitglieder im Bereich Erziehung und Unterricht tätig. Die hier mit Abstand am stärksten vertretene Berufsgruppe – etwa ein Drittel – arbeitet in der Kinderbetreuung und -erziehung. Es folgen Beschäftigte an den Hochschulen sowie Lehrkräfte in der Sekundarstufe.

    Historischer Höchstwert an Fehltagen

    Für den Bereich Erziehung und Unterricht zeigen die Zahlen, dass die Arbeitsunfähigkeitstage (bezogen auf 100 AOK-Mitglieder) aufgrund psychischer Erkrankungen 2022 mit knapp 474 Tagen einen historischen Höchstwert erreicht haben. Die Zahlen des Reports reichen bis ins Jahr 2000 zurück. Ein Anstieg der Krankentage lässt sich in nahezu allen untersuchten Branchen feststellen. Allein die Forst- und Landwirtschaft bildet eine Ausnahme. 

    Die Arbeitsunfähigkeitstage wegen psychischer Erkrankungen haben dabei im Arbeitsfeld Erziehung und Unterricht überdurchschnittlich stark zugenommen. Seit 2012 ist die Zahl um knapp 60 Prozent gewachsen. Lediglich der Bereich der öffentlichen Verwaltung weist mit einer Zunahme von 69 Prozent einen höheren Wert aus. Im Schnitt haben die beruflichen Fehltage aufgrund psychischer Erkrankungen über alle Branchen hinweg von 2012 bis 2022 um 48 Prozent zugenommen.

    “Das Gewicht der psychischen Erkrankungen macht auch aus, dass mit ihnen oft lange Ausfälle einhergehen”, sagt Bernhard Badura, Mitherausgeber des Fehlzeitenreports, im Gespräch mit Table.Media. Ihn wundert nicht, dass Erzieherinnen und Erzieher sowie Lehrkräfte oft betroffen sind. Der Soziologe spricht von Erschöpfung, ausgelöst durch eine “chronische mentale Überforderung aufgrund von strapaziösen zwischenmenschlichen Kontakten”.

    In den Augen Baduras ist das gesellschaftliche Bewusstsein für das Ausmaß und den Umgang mit psychischen Erkrankungen noch völlig unterentwickelt. Ansätze waren zu Jahresbeginn in den Empfehlungen der Ständigen Wissenschaftlichen Kommission zu erkennen, um dem Lehrkräftemangel zu begegnen. Als vorbeugende Maßnahmen zur Gesundheitsförderung nennt das Papier unter anderem Achtsamkeitstrainings und eMental-Health-Angebote. Holger Schleper

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    Erste Länder erproben Schulbudgets

    400 Schulen in Sachsen bekommen in diesem Schuljahr ein eigenes Budget für Personalmittel. Für mehr als ein Viertel aller allgemeinbildenden Schulen in Sachsen stehen insgesamt jeweils 13,5 Millionen Euro für dieses und für das kommende Schuljahr zur Verfügung. Je nach Größe bekommt eine Schule zwischen 7.000 und 100.000 Euro. Gedacht ist das Angebot vor allem für die Schulen, die besonders stark vom Lehrermangel betroffen sind.

    Mit dem Geld können die Schulleitungen zusätzliches externes Personal finanzieren – zum Beispiel für Förder-, Musik- und Sportangebote, Projekttage oder AGs. Außerdem dürfen die Schulen Verträge mit IT-Fachleuten oder Kräften abschließen, die Lehrkräfte bei bürokratischen Arbeiten unterstützen. Selbst ein Schulhund mit Betreuer wurde von dem Budget bereits finanziert. Nur für den Unterricht selbst ist das Geld nicht vorgesehen. Das heißt, die Schulleitungen dürfen keine Lehrkräfte einstellen.

    Sachsen und bald auch Brandenburg arbeiten mit Schulbudgets

    Gestartet hat das Projekt “Budgetierung von Lehrerarbeitsvermögen” in Sachsen bereits 2018/19 als Pilotprojekt an 14 Schulen. Im vergangenen Jahr hat es das Kultusministerium dann schon auf 114 Schulen mit einem Gesamtbudget von sechs Millionen Euro ausgeweitet.

    Auch in Brandenburg sollen noch in diesem Schuljahr im Rahmen eines Modellprojekts Schulleitungen mit selbst verwalteten Schulbudgets ausgestattet werden, das sie für “unterrichtsunterstützende und -begleitende Maßnahmen” ausgeben können. Für dieses und das kommende Schuljahr gibt es dafür jeweils etwa 3,5 Millionen Euro. Start des Modellprojekts ist der 1. Februar 2024. Wie viele Schulen das Angebot nutzen können und weitere Details sind bislang noch nicht bekannt. “Die Rahmenbedingungen werden derzeit noch fachlich finalisiert”, heißt es dazu aus dem Bildungsministerium.  

    Mit den Schulbudgets gehen Sachsen und bald auch Brandenburg einen Weg, das ab dem kommenden Schuljahr Vorbild für das bundesweite Startchancen-Programm werden könnte.

    In Hessen gehören Schulbudgets zum Projekt selbstständige Schule

    Ganz neu ist die Idee eines eigenen Schulbudgets für Personalmittel allerdings nicht. Hessen hat bereits 2012 das Pilotprojekt “Selbstständige allgemeinbildende Schule” (SES) gestartet, bei dem zunächst 23 Schulen im Rahmen eines sogenannten “Großen Schulbudgets” über freie Personalmittel verfügen konnten. Sie können damit zum Beispiel schulspezifische Fördermaßnahmen, Projekte, Arbeitsgemeinschaften, zusätzliche Vertretungskräfte oder Doppelsteckungen im Unterricht finanzieren.

    Zu Beginn dieses Schuljahres gibt es 99 selbstständige allgemeinbildende Schulen. Das sind knapp fünf Prozent aller Schulen in Hessen. Sämtliche Schularten sind dabei vertreten. Die Summe pro Schule errechnet sich aus der Differenz von Soll-Stunden (Lehrerzuweisung) und Ist-Stunden (Unterrichtsversorgung). Pro Stunde und Jahr sind 1.440 Euro angesetzt. Nach Auskunft des Kultusministeriums standen den selbstständigen Schulen 2022 rund 24 Millionen Euro zur Verfügung. Im Mittel bekamen die Schulen ein Budget von 166.400 Euro. Annette Kuhn

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    FDP fordert Prämie für engagierte Lehrkräfte

    Wieder einmal gibt ein Papier der FDP Rätsel auf. Erst vor einem Monat hatte das Präsidium unter anderem eine Notenpflicht ab Klasse drei beschlossen. Nun legt die Bundestagsfraktion ein Positionspapier zum Lehrermangel vor. Darin finden sich gängige Forderungen, etwa nach einem dualen Lehramtsstudium. Es heißt sogar, dadurch könne “das Referendariat entfallen”. Wie genau, bleibt offen. Griffig sind diese zwei Forderungen: Auf zehn Lehrkräfte solle künftig eine Verwaltungskraft kommen. Lehrer bräuchten zudem “einen rechtlichen Anspruch auf Weiterbildung von 40 Stunden im Jahr“.

    Ihrer Parteilinie treu bleiben die FDPler mit dem Vorschlag einer “Prämie für besonders engagierte Lehrkräfte”. Mehr Leistungszulagen und Beförderungen soll es zudem geben, wenn Lehrer fortbildungswillig sind. Befremdlich liest sich angesichts des Sanierungsstaus an Schulen (laut KfW 47,4 Milliarden Euro) der Satz: “Wir fordern die Schulträger auf, den Schulbau nicht zu vernachlässigen.” Im Startchancen-Programm von Bund und Ländern soll die Bausäule zwar den größten Batzen ausmachen, Experten zufolge wird das Geld aber nur ein Tropfen auf den heißen Stein sein.

    Ria Schröder will mehr Freiheit für Schulen

    Einen Schwerpunkt legen die FDP-Politiker auf ihr Lieblingsthema: Freiheit. Das Startchancen-Programm folge bereits diesem Leitgedanken. Stark-Watzingers Parteikollegen fordern nun, Schulleitungen bundesweit mit “,schulbetriebswirtschaftlichen’ Fortbildungen” zu stärken. Schulbehörden sollten ihnen weniger vorgeben und mehr beraten, Schulen Budgets erhalten, über die sie frei bestimmen können. Auch für Lehrkräfte wollen die Liberalen Geldtöpfe – für Materialien oder Ausflüge. Und: Die Schulbehörden sollen nur noch die Hälfte der Curricula vorgeben dürfen.

    Schulautonomie stellte die bildungspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Ria Schröder, bereits bei einer Veranstaltung in der Vorwoche, zu der sie einlud, ins Zentrum. Titel: “Bildung unabhängig vom Elternhaus: Wie wird das Startchancen-Programm zur Bildungsrevolution?” Schröder sprach sich deutlich dafür aus, dass Schulen mehr Freiräume erhalten.

    Im Startchancen-Programm ist jedoch nicht vorgesehen, dass Schulen komplett frei über das vorgesehene Schulbudget verfügen können. Vielmehr heißt es in den Eckpunkten zum Programm, dass das Geld zu zwei Dritteln nach einem Leitfaden zu geeigneten Maßnahmen vergeben wird. Auf den Leitfaden müssen sich Bund und Länder noch verständigen. Lediglich ein Drittel des Geldes steht den Schulen frei zur Verfügung. Die Leiterin der Iglu-Studie, Nele McElvany, und BMBF-Abteilungsleiterin Johanna Börsch-Supan, bekräftigten auf dem Podium, Schulen einen Orientierungsrahmen zu geben. Anna Parrisius, Holger Schleper

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    Berufsschullehrer arbeiten sieben Prozent zu viel

    Lehrer an Berufsschulen arbeiten pro Woche im Schnitt fast drei Stunden zu viel, Schulleitungen sogar mehr als acht Stunden. Bezogen auf das gesamte Jahr sind die Lehrkräfte damit sieben Prozent über dem Soll, Schulleitungen sogar 20 Prozent. Das ist das Ergebnis einer Studie der Universität Mannheim im Auftrag des Berufsschullehrerverbands Baden-Württemberg (zum Download). Es ist die bislang umfassendste Erhebung der Arbeitszeit von Berufsschullehrern.

    Die Forscher stützten sich auf die Daten von 213 Berufspädagogen, die von Mitte März bis Mitte Oktober 2022 wochenweise via App Tagebuch über ihre Arbeitszeit führten. Verhältnismäßig viele Überstunden machen demnach neben Schulleitungen Berufsschullehrer in Teilzeit. Die Wissenschaftler legten dabei für Vollzeit eine Wochenarbeitszeit von 41 Stunden zugrunde – die für vergleichbare Beamten in Baden-Württemberg gilt. Für Lehrkräfte ist nur das Deputat festgelegt, also der wöchentlich zu erteilende Unterricht (an Berufsschulen in Baden-Württemberg 25 bis 28 Stunden à 45 Minuten).

    Wohlbefinden unter Bevölkerungsdurchschnitt

    Studienleiterin Carmela Aprea hob daneben das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage hervor, die sie und ihr Team zusätzlich mit 1.837 Berufspädagogen durchführten. Das Wohlbefinden der Berufsschullehrer lag demnach im Durchschnitt etwas niedriger als der Bevölkerungsdurchschnitt, der 2022 ohnehin niedrig gewesen sei. Die Forscher nutzten für die Erhebung fünf Standardfragen der WHO zum Wohlbefinden. “Ich finde das beunruhigend mit Blick auf die Lehrergesundheit, aber auch die Qualität des Unterrichts”, sagte Aprea.

    Weitere Untersuchungen sollen zeigen, inwiefern das Stimmungstief an der Pandemie lag – und wie er mit den Arbeitsbedingungen der Lehrkräfte zusammenhängt. Eine Erkenntnis verriet Wirtschaftspädagogin Aprea bereits: “Die Beziehung zur Schulleitung und zum Kollegium spielt eine sehr große Rolle.” Sie sei ein großer Resilienzfaktor, größer als Meditation oder der “20. Yoga-Kurs”.

    Lesen Sie hierzu in dieser Ausgabe auch: Erziehungsberuf: Zahl psychischer Erkrankungen wächst stark

    BLV-Vorsitzender plädiert für dänisches Modell

    Der Vorsitzende des Berufsschullehrerverbandes, Thomas Speck, forderte, dass die Lehrer im Ländle mehr Zeit für den Austausch untereinander erhalten und für ihre Kernaufgabe, den Unterricht. Helfen könnten automatisierte Systeme – bei der Schulverwaltung und der Korrektur von Rechtschreibung in Prüfungen. Wichtig sei außerdem nichtlehrendes Personal zur Prüfungsaufsicht und in der Schulverwaltung sowie Sozialarbeiter, Sonderpädagogen und Schulbegleiter.

    Die schwarz-grüne Landesregierung forderte Speck zudem auf, ein Lebensarbeitszeitkonto einzurichten. Schwarz-Grün hatte dem gesamten öffentlichen Dienst ein solches Konto im Koalitionsvertrag versprochen, über mehrere Jahre sollen Überstunden abgebaut werden können. Langfristig plädierte Speck dafür, sich an Dänemark zu orientieren: Dort haben Schulleitungen mehr Autonomie und können mit den Lehrkräften individuell vereinbaren, welche Aufgaben sie übernehmen und wie viel Arbeitszeit sie dafür erhalten. Anna Parrisius

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    Früher Einstieg in den Lehrerberuf macht lustlos

    Wie in Deutschland können Lehramtsstudierende auch in Österreich schon während des Studiums in Schulen unterrichten. Nach dem Bachelorstudium können sie in der Alpenrepublik sogar als reguläre Lehrkräfte arbeiten und werden entsprechend bezahlt. Die Universität Wien hat jetzt erstmals untersucht, in welchem Umfang dies der Fall ist und welche Auswirkungen es hat.

    Laut der Studie, an der 1.635 Lehramtsstudierende teilnahmen, arbeiten demnach 58 Prozent parallel zum Masterstudium bereits an einer Schule. Im Bachelorstudium sind es 25 Prozent. 30 Prozent der Master-Studierenden sind sogar schon Klassenlehrerin oder Klassenlehrer. Die durchschnittliche Unterrichtszeit der befragten Lehramtsstudierenden ist mit 16 Stunden dabei erstaunlich hoch. Mit Vor- und Nachbereitung bedeutet das insgesamt einen Zeitaufwand von 33 Stunden pro Woche. Viel Zeit zum Studium bleibt da nicht.

    Das hat Auswirkungen: Im Vergleich zu Studierenden ohne Nebenbeschäftigung verlängert sich das Studium laut der Studie im Schnitt um 2,5 Semester. Außerdem legen Lehramtsstudenten, die parallel zum Studium an einer Schule arbeiten, im Schnitt nur die Hälfte der Prüfungen ab wie ihre Kommilitonen ohne Tätigkeit an einer Schule.

    Begrenzung der Unterrichtsstunden für Lehramtsstudierende

    Ein weiteres Ergebnis der Studie: Die Doppelrolle als Student und Lehrkraft drückt die Freude am Studium und führt zu erheblichen Belastungen. Außerdem befördert das frühe Arbeiten offenbar auch eine falsche Selbsteinschätzung. So hätten Lehramtsstudierende, die parallel unterrichten, “überhöhte Vorstellungen” von ihren in der Praxis erworbenen Fähigkeiten, heißt es in einer Meldung zur Studie. Zumal viele der Früheinsteiger nicht mal die Fächer unterrichten, die sie auch studieren.

    Die Schulforscherin Nele Kampa, die die Studie an der Uni Wien geleitet hat, sieht daher Handlungsbedarf: “Viele dieser Belastungen könnten möglicherweise durch klare Regelungen zum Einsatz in den Schulen verbessert werden, etwa durch eine Begrenzung der zu unterrichtenden Stunden oder Einschränkung von Zusatzaufgaben.”

    Im Gegensatz zu Deutschland ist in Österreich ein früherer Einstieg in die Schule aufgrund des auch dort herrschenden Lehrermangels üblich. Das Masterstudium in Österreich muss sich nicht direkt an den Bachelor anschließen, sondern kann später absolviert werden. Nötig ist der Masterabschluss, um in ein unbefristetes Dienstverhältnis eintreten zu können. Vergleichbar mit dem deutschen Referendariat durchlaufen Lehramtsstudierende außerdem eine einjährige sogenannte Induktionsphase. Anders als in Deutschland kann diese Praxisphase bereits nach dem Bachelor-Abschluss stattfinden. aku

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    Schüler fühlen sich von Bildungspolitik nicht ernst genommen

    Am Ende ihres ersten Kongresses wollte die Bundesschülerkonferenz (BSK) Bettina Stark-Watzinger mit sieben Forderungen konfrontieren. 280 Schüler hatten diese erarbeitet – zuvorderst, dass Deutschland die Digitalisierung an Schulen vorantreiben und den Lehrermangel konsequent bekämpfen soll. Doch die Übergabe sagte die FDP-Politikerin kurz vorher ab – und sorgte damit bei den Schülern für Unzufriedenheit. “Wir erwarten, dass man sich inhaltlich mit uns auseinandersetzt”, sagte Nedjmije Bajrami, Innenkoordinatorin der BSK bei der Pressekonferenz am Montag.

    An einer Podiumsdiskussion hatte Stark-Watzinger am Samstag noch teilgenommen. Als Ersatz für ihre geplante Teilnahme am Montag schickte sie ein kurzes Statement. Darin betonte die Bildungsministerin, die BSK sei ein wichtiger Gesprächspartner “ganz besonders” für das BMBF. Die Schülervertreter sehen das anders, es entstehe bei ihnen zunehmend das Gefühl, das Gespräch mit BMBF und KMK gleiche einer “Einbahnstraße”, sagte Joel Albrecht, Finanzkoordinator der BSK.

    Lesen Sie auch: Förderlücke bei BSK wegen “schlimmster Bürokratie

    Politik nutzt Schülerteilnahme als Feigenblatt

    “Oft werden Lehrkräfte eingeladen oder Elternvertreter. Aber an die Schülerschaft denkt man meistens nicht”, sagte Generalsekretärin Wiebke Maibaum Table.Media. Wichtige Termine fänden oft in der Schulzeit statt. Häufig, so Maibaums Eindruck, würden Schüler erst eingeladen, nachdem eine Entscheidung bereits gefallen sei, um den Anschein zu erwecken, dass mit Schülern gesprochen wurde. “Das macht uns langsam wütend.”

    Die Krise im Bildungssystem macht sich derweil auch in der Rhetorik der Schüler bemerkbar. Von den Bildungsministern forderten sie beim Abschluss ihres Kongresses “eine radikale Bildungswende”. Kira Münsterberg

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    Heads

    Talibe Süzen – ihre “Respekt-Coaches” will die Ampel streichen

    Sie leitet bei der Arbeiterwohlfahrt ein Programm für Coaches an Schulen, die Gewalt und Extremismus vorbeugen sollen: Talibe Süzen.

    Die Bedeutung ihrer Arbeit verdeutlicht aktuell der Krieg in Israel und seine Auswirkungen auf das Klima an vielen Schulen in Deutschland. Als eine von vier Bundestutoren leitet Talibe Süzen bei der Arbeiterwohlfahrt (AWO) das Programm “Respekt-Coaches” der Jugendmigrationsdienste (JMD). An 550 Kooperationsschulen sind rund 400 der Jugendcoaches im Einsatz, um gegen rassistische, antisemitische und politisch motivierte Gewalt vorzugehen.

    Das Programm erreicht Schülerinnen und Schüler, für die demokratisch-gesellschaftliche Bildung bislang ein Fremdwort war. “Besonders die Gespräche der Jugendlichen in Webworkshops über Diskriminierung, Zugehörigkeit und Rassismus werden von Schülern oft gelobt.” Großen Anklang fänden auch Planspiele, Gruppendiskussionen und Peer-to-Peer-Ansätze.

    Ampel will Programm einstampfen

    Nun soll das Präventivprogramm jedoch den Haushaltskürzungen der Ampel zum Opfer fallen. Dabei, meint Talibe Süzen, war die Nachfrage von Schulen und Landesschulbehörden bisher groß. So groß, dass der Bedarf gar nicht gedeckt werden konnte. Süzen macht die geplante Einsparung daher fassungslos. Sechs Jahre lang setzt das Programm bereits vielfältige Gruppenangebote zur Demokratiebildung und Extremismusprävention an Schulen um. “Es gehört zu den erfolgreichsten Bundesprogrammen zur Demokratiestärkung und -bildung. Der Erfolg wurde durch die wissenschaftliche Begleitung belegt“, sagt Süzen. Im aktuellen Jahr fließen bundesweit 31 Millionen Euro in das Programm. Für das kommende Jahr wären eigentlich 36 Millionen Euro nötig.

    Die Mittel zu kürzen, habe die Leitung des Bundesfamilienministeriums unter Lisa Paus (Grüne) ohne Beratung oder Rücksprache mit dem fürs Bundesprogramm zuständige Referat getroffen. Auf Anfrage des Bayerischen Rundfunks verweist eine Sprecherin des Ministeriums darauf, dass die Bundesregierung mit dem Startchancen-Programm einen massiven Ausbau der Sozialarbeit an Schulen anstrebe. “Daher wurde entschieden, dass das wichtige Know-how, das im Bundesprogramm Respekt-Coaches zur Vermittlung von demokratischen Werten, Respekt und Toleranz sowie einer kritischen Auseinandersetzung mit den Ausprägungen von Extremismus an Schulen gewonnen wurde, Schritt für Schritt weiter in die Schulen verlagert und somit zunehmend in den Kompetenzbereich der Länder überführt wird.”

    Das Besondere der Respekt-Coaches ist, dass sie für den Umgang mit Diskriminierung extra geschult sind. Anders als Lehrer oder Sozialarbeiter gehören sie zudem nicht zur Schulgemeinschaft – wodurch es Schülern leichter fallen könnte, über Mobbing und Anfeindungen zu sprechen.

    “Jugendliche brauchen gesellschaftliche Anerkennung”

    Dass im Schulalltag oft Akzeptanz fehlt für Vielfalt und Diversität, weiß Süzen aus Theorie und Praxis. “Rassistische, antisemitische und politisch motivierte Gewalttaten sind in Deutschland Alltag und betreffen auch junge Menschen”, betont die promovierte Sozialpädagogin. Hier tue es Not, junge Menschen mehr in unsere krisengeprägte Gesellschaft einzubinden: “Sie müssen professionell begleitet werden, damit sie gesellschaftliche Anerkennung erfahren und unsere Demokratie schätzen und schützen lernen.”

    Nach dem Studium der Sozialarbeit und Sozialpädagogik schrieb Süzen ihre Doktorarbeit über “Das Scheidungsverhalten türkischer Migrantinnen”. 2003 begann die heute 61-jährige als Referentin für interkulturelle Kinder- und Jugendhilfe bei der AWO zu arbeiten. 2016 wurde sie Bundestutorin für die Respekt-Coaches bei der AWO.  

    Gruppenangebote ab der fünften Klasse

    Die Respekt-Coaches richten sich mit Gruppenangeboten an Kinder und Jugendliche ab der fünften Klasse. Ihr Ansatz ist präventiv. “Das Programm will jungen Menschen das Kennenlernen verschiedener Lebensweisen und Weltanschauungen und mehr Selbstwirksamkeit ermöglichen – sodass Radikalisierung gar nicht erst passiert.” Neben den Schülern müssen die Coaches auch die Schulleitung und das Lehrerkollegium einbeziehen, außerdem Vereine, Verbände und Bildungsträger.

    “Jeder junge Mensch verfügt über Fähigkeiten und Stärken”, betont Talibe Süzen. “Wenn ich die Bedürfnisse im Blick habe und die starken Seiten anspreche, komme ich mit fast jedem jungen Mensch ins Gespräch und kann eine Beziehung aufbauen.” Unterschiede müsse man wertschätzen und anerkennen, “egal was das ist”. Maria Köpf

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    Research.Table. 15 Jahre EIT: “Sichtbarkeit ist heute besser”: Das Europäische Institut für Innovation und Technology (EIT) in Budapest soll die Zusammenarbeit der leistungsfähigsten Institute, Universitäten und industriellen Forschungszentren stärken. Man habe sich zu Europas größter Innovationscommunity entwickelt, sagt sein Direktor Martin Kern. Mehr

    Research.Table. Länder-Kompass: Baden-Württemberg – Exzellenz mit Bodenhaftung: Im zweiten Teil unserer Länderserie blicken wir in den Südwesten. Auf vier Exzellenzunis, aber auch einen breiten “wissenschaftlichen Mittelstand” ist man hier stolz. Schließlich braucht es nicht nur Spitzenforschung und Innovation, sondern auch Fachkräfte für die Hidden Champions auf dem Land. Mehr

    Presseschau

    Nahost-Konflikt | Falschinformationen und gewalttätige Inhalte auf Meta und TikTok. Nachdem die EU-Kommission bereits ein Verfahren wegen der Verbreitung von Falschinformationen zum Krieg im Nahen Osten gegen X (ehemals Twitter) eingeleitet hat, übermittelte sie nun eine sogenannte Informationsanfrage an Meta und TikTok. Spiegel

    Israelhass | Die Bildungsverwaltung gibt keine Auskunft über “Vorfälle” an Schulen. Während die Polizei von über 50 Vorfällen an Schulen im Zusammenhang mit dem Nahost-Konflikt spricht, verweist die Bildungsverwaltung darauf, dass es sich dabei um “sensible Daten” handle. Tagesspiegel

    Bundesschülerkonferenz | Schüler stellen Forderungen auf. Die Generalsekretärin der Bundesschülerkonferenz erklärt im Interview, wieso die Forderungen, wenn sie auch nicht neu sind, doch aktuell und notwendig seien. Deutschlandfunk

    Digitalisierung | Nur etwa jede zehnte Schule hat eine eigene IT-Fachkraft. Meistens übernehmen Lehrkräfte die Wartung der IT. Das raubt Zeit, die eigentlich notwendig wäre für die Unterrichtsvorbereitung und für Überlegungen, wie digitale Medien sinnvoll im Unterricht genutzt werden können. Zeit

    Smartphones | Heranwachsende kommen immer früher mit digitalen Endgeräten in Kontakt. Das ergab eine aktuelle Studie von Bitkom. Kinderärzte und Psychotherapeuten warnen vor den negativen Auswirkungen und geben Empfehlungen zur Mediennutzung. Tagesspiegel

    Termine

    10. November 2023, 15:00 bis 16:30 Uhr , online
    virtuelle Veranstaltung Bildungsungleichheit: Eine Frage der Anstrengung?
    Im zweiten Teil der WZB-Veranstaltung diskutieren Experten wie Julia Vaccaro (Programmleitung des Hamburger Förderprogramms “23+ Starke Schulen”) die Bedeutung der aus dem EFFORT-Projekt gewonnenen Evidenz.
    INFOS & ANMELDUNG

    14. und 15. November 2023, Berlin
    Konferenz Erste Nationale Weiterbildungskonferenz
    Wie kann Weiterbildung inklusiv und transformativ sein? Hubertus Heil (SPD) und Bettina Stark-Watzinger (FDP) kommen mit anderen Experten zusammen, um in Paneldiskussionen und Workshops über diese und andere zukünftige Möglichkeiten der Weiterbildung zu sprechen. INFOS & ANMELDUNG

    20. und 21. November 2023, Jena
    Gipfel Digital-Gipfel 2023
    Robert Habeck und Volker Wissing laden unter dem Schwerpunktthema: “Digitale Transformation in der Zeitenwende. Nachhaltig. Resilient. Zukunftsorientiert” ein. Der Digital-Gipfel soll dabei nicht nur eine Bühne für vielfältige Digitalthemen sein, sondern auch einen Austausch mit der Bundesregierung und Lösungsansätze fördern. INFOS & ANMELDUNG

    20. bis 23. November 2023, Köln & digital
    Aktionstage MINTvernetzt-Aktionstage
    Ob beim Campusday am 20. November in Köln, beim Thinkathon einen Tag später oder online bei dem Kooperationen-Tag am 22. November und den Lernformaten zum Thema “Förderung/Finanzierung & Vernetzung” am 23. November bei den dritten MINTvernetzt Aktionstagen dreht sich alles um das MINT-Lernen und -Lehren.
    iNFOS & ANMELDUNG

    22. November 2023, 10:00 bis 15:00 Uhr,
    Studienvorstellung und Diskussion Frühe Ungleichheiten: Zugang zu Kindertagesbetreuung aus bildungs- und gleichstellungpolitischer Perspektive
    Wie gerecht ist die frühkindliche Bildung aktuell und wie kann sie gerechter werden? Die neue Studie des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB) hat genau das untersucht. Die Friedrich-Ebert-Stiftung lädt zusammen mit dem BiB ein, um die Forschungsergebnisse sowie Handlungsempfehlungen zu diskutieren. Es wird dabei die Möglichkeit einer Kinderbetreuung geben. INFOS & ANMELDUNG

    Bildung.Table Redaktion

    BILDUNG.TABLE REDAKTION

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