Table.Briefing: Bildung

Pläne zur Ausbildungsförderung + MINT-Berufe + Top of the Table – Verbände

Liebe Leserin, lieber Leser,

während Bayern erst Anfang der Woche in die Sommerferien startete, ging am Donnerstag für die Schülerinnen und Schüler in Thüringen bereits das neue Schuljahr los. Trotz des weiterhin akuten Lehrermangels lobt Thüringens Bildungsminister Helmut Holter konstant hohe Einstellungszahlen: Das Land “stellt ein, was das Zeug hält”, sagt er. Zudem betont Holter, man dürfe nicht die Fehler der Vergangenheit wiederholen, indem man etwa wieder übers Sparen nachdenke. Wie zum Beweis investiert das Land im neuen Schuljahr in zwei weitere Projekte: in mehr Schulverwaltungsassistenten und in digitale Bildungsmedien für Sozialkunde und politische Bildung.

Auch Niedersachsen nimmt für das neue Schuljahr zusätzliches Geld in die Hand, um – als eines der letzten Länder – Lehrkräften an Grund-, Haupt- und Realschulen ein A13-Einstiegsgehalt zu zahlen.

Bewegung geben soll es auch im sogenannten Übergangssektor. Die Ampel-Regierung plant, die Ausbildungsvermittlung zu modernisieren, damit mehr schwer erreichbare Jugendliche den Weg in eine Lehre finden. Warum der Entwurf einigen zu kurz gedacht ist und was sich dadurch bei den Zuständigkeiten der Arbeitsagenturen ändern könnte, lesen Sie in der Analyse von Anna Parrisius.

Darüber hinaus finden Sie in unserer Bildung.Table-Schultüte unter anderem ein Stück zu Schwedens Strategie, die Lese- statt die Bildschirmzeit zu erhöhen.

Einen guten Start in das neue Ausbildungs- bzw. Schuljahr und viel Spaß beim Lesen!

Ihre
Vera Kraft
Bild von Vera  Kraft

Analyse

Ausbildungsvermittlung: Wieso es Kritik am Modernisierungsvorhaben der Ampel gibt

Angesichts einer steigenden Zahl junger Menschen ohne formalen Berufsabschluss (2022: 2,86 Millionen der 20- bis 34-Jährigen) will die Ampel künftig junge Menschen besser unterstützen und zu einer Ausbildung ermutigen. Das zeigt der Entwurf eines Gesetzes des Bundesarbeitsministeriums (BMAS), welches das SGB III modernisieren soll (zum Download). Kritik übt daran Joblinge, eine gemeinnützige AG, die junge Menschen mit Startschwierigkeiten in Ausbildung vermittelt.

“Der Entwurf ist der erste Schritt in die richtige Richtung, birgt aber ungenutzte Chancen”, sagte Jan Boskamp von Joblinge Table.Briefings. Die Ampel will Eingliederungsmaßnahmen, die bisher nur Jugendlichen zugutekommen, die Bürgergeld beziehen, für alle verfügbar machen. Allerdings erst ab 2026: Aus Sicht der Joblinge deutlich zu spät.

Die Förderleistungen will das BMAS zudem nicht weiter reformieren. Allein die Ausweitung der Instrumente wird die Probleme im Übergangssektor aber nicht automatisch lösen. “Es fehlt an Evaluationen zur Wirksamkeit dieser Maßnahmen, und ob sie den erzielten Outcome der Integration in Arbeit wirklich erzielen”, sagt Boskamp.

Erfolgsquoten stärker berücksichtigen

Der sogenannte Übergangssektor ist bisher insgesamt nicht sonderlich effektiv: 36 Monate nach Start einer Übergangsmaßnahme haben es nach Daten des Nationalen Bildungspanels nur zwei Drittel der Jugendlichen in eine Ausbildung geschafft. Laut dem Nationalen Bildungsbericht stellt sich insbesondere die Frage, wie Jugendliche mit Migrationshintergrund und mit schlechten sozioökonomischen Startbedingungen besser adressiert werden können. Bislang verweilen sie besonders lange im Übergangssektor. “Angesichts der jährlichen hohen finanziellen Belastung der öffentlichen Haushalte, knapp 3 Milliarden Euro im Jahr 2021, erstaunt, dass im Hinblick auf die unterschiedlichen Maßnahmen nahezu keine aktuellen Evaluationen vorliegen”, schreiben die Forscher.

Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung betont, es sei wichtig, unterschiedliche Informationsbedürfnisse der Jugendlichen zu berücksichtigen. Für besonders erfolgversprechend hält das Institut individuelle Mentoring- beziehungsweise Coachingprogramme. “Um besser als bislang den Kontakt zu schwer zu erreichenden Jugendlichen herzustellen sowie Jugendliche mit besonderem Beratungsbedarf zu identifizieren, sind frühzeitige Kooperationen mit Schulen zentral”, antwortete eine Sprecherin auf Anfrage von Table.Briefings.

Geht es nach dem Sozialunternehmen Joblinge, müsste der Gesetzgeber die Ausschreibungs- und Vergabepraxis bisheriger Maßnahmen anpassen. “Bildungsträger sollten nicht primär nach formalen Kriterien ausgesucht werden, sondern danach, ob sie bestimmte Ziele erreichen.” Hierfür hält Boskamp Testphasen für nötig, um zu prüfen, wie viele Jugendliche ein Träger in eine Ausbildung oder in Arbeit bringt.

Das BMAS will die Jugendberufsagenturen stärken – aber wie?

Daneben will das Bundesarbeitsministerium die Jugendberufsagenturen (JBA) – die Kooperationsbündnisse von Agenturen für Arbeit, Jobcentern und Jugendhilfe – stärken. In 366 der rund 400 Kommunen gibt es inzwischen Jugendberufsagenturen, manche existieren aber nur auf dem Papier. Und wie die drei Partner dann zusammenarbeiten, ist sehr unterschiedlich. Verbindliche Standards fehlen bisher.

Nur 44 Prozent der JBA geben etwa an, einen gemeinsamen Kontaktkanal zu haben, an den Jugendliche sich zentral wenden können. “Eine ganzheitliche Beratung und Betreuung erfordert die Kooperation mit allen Akteuren am Ausbildungs- und Arbeitsmarkt”, heißt es im Entwurf des Bundesarbeitsministeriums, daher solle jetzt ein Fokus auf die JBA gelegt werden. Wie deren Arbeit konkret besser werden soll, schreibt das Ministerium aber nicht.

Joblinge fordert mehr finanzielle Eigenverantwortlichkeit für die JBA und plädiert dafür, auch Unternehmen und zivilgesellschaftliche Akteuren und deren Expertise fest einzubeziehen. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) spricht sich in einer eigenen Stellungnahme langfristig für Regelungen aus, die die Zusammenarbeit in den Jugendberufsagenturen verbindlich machen und ihre Effektivität erhöhen sollen. In einem ersten Schritt empfiehlt der DGB, “einen umfassenden Katalog mit möglichen Handlungsfeldern” sowie einen Katalog mit Erfolgsmerkmalen guter Jugendberufsagenturen zu erarbeiten – beide sollten über die Servicestelle Jugendberufsagenturen, die im Auftrag des Bundesarbeitsministeriums die JBA unterstützen soll, für alle einsehbar sein.

Lesen Sie auch: Übergang als Risiko: Wo Jugendliche drohen, verloren zu gehen

Unklar, woher Mittel für Modernisierung kommen sollen

Kritik am Referentenentwurf kommt auch von anderer Stelle: Einer der größten Bildungsträger, der Internationale Bund, fürchtet verfassungswidrige Doppelzuständigkeiten, da einzelne Aufgaben der Jugendhilfe auf die Bundesagentur für Arbeit (BA) übertragen würden. So sollen künftig auch alle jungen Menschen Zugang zu kommunalen Eingliederungsleistungen wie Schuldenberatung, psychosoziale Betreuung und Suchtberatung erhalten.

“Die BA hat ihre unbestrittenen Kompetenzen bei der Arbeitsvermittlung”, sagte der Vorstandsvorsitzende Thiemo Fojkar. “Für die Arbeit mit besonders hilfebedürftigen Jugendlichen ist sie jedoch nicht aufgestellt.” Hier könne man ganz den Kommunen vertrauen, die nah an den jungen Menschen dran seien und nötige Kompetenzen und Erfahrung mitbrächten, findet Fojkar.

Der Sozialverband Deutschland (SoVD) merkt in seiner Stellungnahme an, dass die BA für ihre neuen Aufgaben eigentlich mehr Geld bräuchte. “Das passt mit den aktuellen Haushaltskürzungen nicht zusammen.” Der Verband empfiehlt, mit den geplanten Vorhaben nicht die Beitragszahler der Arbeitslosenversicherung zu belasten. Stattdessen brauche es einen Steuerzuschuss, da es sich vorrangig um gesamtgesellschaftliche Aufgaben handele.

  • Arbeitsmarkt
  • Ausbildung
  • Berufsorientierung
  • Bundesagentur für Arbeit
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Standpunkt

Frauen in MINT-Berufen: Wie sich ihr Anteil erhöhen lässt

Marie Pötter, Geschäftsführerin eines IT-Unternehmens, weiß aus eigener Erfahrung, wie wichtig eine frühe Förderung ist.

Seit Jahren schreiben und sprechen wir viel über die geringe Repräsentanz von Frauen in MINT-Berufen, immer mit der klaren Forderung: Wir brauchen mehr Frauen. Auch in meiner Berufswelt, der IT-Branche, ist die Forderung nach mehr Frauen in Tech deutlich hörbar. Doch ich kann aus jahrelanger Erfahrung sagen: Es hat sich noch nicht viel getan.  

Statistisch entscheiden sich Frauen seltener für eine Karriere in MINT-Berufen und gelangen seltener in Führungspositionen. Eine Erhebung des Statistischen Bundesamts zeigt, dass von denen, die einen MINT-Studiengang beginnen, nur 35 Prozent Frauen sind. Schaut man sich die Statistik über die vergangenen 20 Jahre an, zeigt sich auch, der Anteil von Frauen in MINT-Fächern ist insgesamt kaum gestiegen, 2002 waren es 31,2 Prozent. Ich habe Wirtschaftsinformatik studiert, dort ist der Frauenanteil mit nur 23 Prozent noch niedriger.

Woran liegt das? Warum sind Frauen in MINT-Fächern und Berufen trotz jahrzehntelanger Werbe- und Förderkampagnen immer noch unterrepräsentiert? Warum verlieren Mädchen im Laufe ihrer Schullaufbahn irgendwann das Interesse an MINT-Fächern? Und wie können wir das ändern?

Jungen Frauen fehlt oft Vertrauen in eigene MINT-Fähigkeiten

Ich bin leidenschaftliche Triathletin. Leistungssport hat mir früh gezeigt, an meine persönlichen Grenzen zu gehen, in schwierigen Zeiten nicht aufzugeben und über mich hinauszuwachsen. Ich habe gelernt: mit gezieltem Training und dem richtigen Mindset ist vieles möglich. Erfolgserlebnisse und das Überwinden von Hürden haben mich letztlich zu der Person gemacht, die ich heute bin – Geschäftsführerin in einem Tech-Unternehmen.

Vieles von dem, was ich früher im Sport gelernt habe und heute im Berufsleben anwende, entwickeln Mädchen und junge Frauen im Laufe ihrer schulischen Laufbahn zu wenig. Laut der Pisa-Studie aus dem Jahr 2018 glauben durchschnittlich weniger Mädchen im Alter von 15 Jahren an ihre eigenen Talente als gleichaltrige Jungen. Laut Studie beruht dieser Unterschied auf noch immer geltenden geschlechtertypischen Vorurteilen, nach denen Jungen in Mathematik und Naturwissenschaften besser sind. Jungen Frauen fehlt daher nach dem Schulabschluss oft das Vertrauen in die eigenen (naturwissenschaftlichen) Fähigkeiten, sie sind abgeschreckt von männerdominierten Branchen mit zu wenig weiblichen Vorbildern.

Neben den viel diskutierten Themen wie Frauenquote, Equal Pay, Förderung von Bildungsangeboten und außerschulischen Aktivitäten braucht es meiner Meinung nach vor allem zwei Ansätze:

1. Zielgerichtete Förderung von Frauen im Bildungssystem 

Ich wurde mit 28 Jahren Geschäftsführerin in einem IT-Unternehmen, ohne eine einzige Stunde Informatik in der Schule besucht zu haben. Physik und Chemie habe ich nach der 10. Klasse abgewählt. Das Selbstvertrauen, diese Rolle ausfüllen zu können, haben mir erst Trainer beim Sport und später Mentorinnen in der Hochschule und im Job gegeben. Für die Mehrzahl junger Frauen, die diese Unterstützung nicht haben, braucht es ein Bildungssystem, das systematisch die Selbstwirksamkeit und Persönlichkeitsentwicklung junger Frauen fördert. Zum Beispiel durch das Angebot von individuellen, professionell durchgeführten Coachings für Schülerinnen, um Denkmuster zu hinterfragen, Ziele für die eigene Entwicklung zu setzen und die richtigen Strategien für die Erreichung dieser an die Hand zu bekommen. Dies stärkt das Selbstbewusstsein und das Vertrauen in die eigene Leistung.

2. Weniger Theorie, mehr Praxis

Die Tech-Welt wird nicht mehr nur von Nerds bevölkert – auch wenn sich dieses Bild hartnäckig hält. Vielmehr ist es eine zukunftsorientierte Branche mit abwechslungsreichen Berufsbildern, die dementsprechend unterschiedliche Menschen mit vielfältigen Stärken und verschiedenen Lebensläufe ansprechen sollte. Neben Potenzialanalysen von Schüler:innen ist die Aufklärung über die Karrieremöglichkeiten essenziell. Denn IT ist ein integraler Teil unseres alltäglichen Lebens. Durch die Verknüpfung zu aktuellen Themen und Herausforderungen – Klimawandel, Sicherheit, Energiewende, KI, Gesundheit, um nur ein paar zu nennen – wird deutlich, welche Bedeutung unsere Industrie hat.

Theorie ist wichtig, aber ohne Praxisbezug bleibt die Skepsis unter jungen Frauen gegenüber MINT-Berufen zu groß. Das fehlende Selbstbewusstsein bezüglich ihrer naturwissenschaftlichen Fähigkeiten führt bei Mädchen oft dazu, dass sie sich zum Selbstschutz eher davor scheuen, größere Herausforderungen einzugehen und daher den vermeintlich leichteren Weg, vorbei an Mathe und Naturwissenschaften, wählen. Hier könnten Einblicke in die Praxis helfen. Es braucht mehr Transparenz im Schul- und Universitätsalltag, um hinter die oftmals verstaubten Berufsbilder zu blicken. Vielfältige Praktika abseits der klassischen Berufe sollten gefördert und beworben werden. Auch fachübergreifende Projekte und Praxisangebote, zum Beispiel in Zusammenarbeit mit IT-Unternehmen oder Coding-Organisationen, sind hier zielführend.

Früh Vertrauen stärken und Neugierde wecken

Zudem braucht es Vorbilder, um Schülerinnen eine Orientierung zu geben. Frauen aus dem Tech-Bereich sollten gezielt in die Berufsberatung und Studienberatung eingebunden werden. So lernen nicht nur Schülerinnen, das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten zu steigern, sondern auch Lehrer:innen, wie Wissen aus dem Unterricht in der Praxis Anwendung findet. Zusätzlich haben junge Frauen die Möglichkeit, ein eigenes Netzwerk aufzubauen, das beim Einstieg in die Berufswelt und darüber hinaus – zum Beispiel in Mentoring-Programmen – hilft.

Das Bildungssystem setzt den Rahmen für die berufliche Entwicklung von Mädchen und jungen Frauen. Deshalb ist es wichtig, dass Mädchen früh ihre Berührungsängste mit MINT-Fächern verlieren, Neugier entwickeln und keine Angst haben, klassische Rollenbilder zu brechen und öfter mal “Ja” zu großen Herausforderungen zu sagen.

Marie Pötter ist Geschäftsführerin bei DXC Technology. Das Unternehmen gehört zu den Global-Fortune-500-IT-Dienstleistern. Die 30-Jährige ist eine der wenigen Frauen in einer solchen Führungsposition in der IT-Wirtschaft. Damit es mehr werden, würde sie sich wünschen, dass junge Frauen im MINT-Bereich besser gefördert werden.

  • Berufsorientierung
  • Frauen
  • MINT
  • PISA-Studie
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News

Vergütung: Wo Azubis neuerdings überdurchschnittlich gut verdienen

In vielen Tarifbranchen sind die Vergütungen für Azubis in den vergangenen Jahren deutlich stärker gestiegen als die Löhne. Das ist das Ergebnis einer neuen Studie des Tarifarchivs des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung (zum Download), die 20 ausgewählte Tarifbranchen auswertet. Die Forscher machen für den Trend in erster Linie Personalmangel verantwortlich. “Tarifbranchen, in denen weniger als 1.000 Euro im Monat gezahlt wird, werden angesichts des bestehenden Fachkräftemangels immer weniger”, sagte Thorsten Schulten, Leiter des WSI-Tarifarchivs.

Von den untersuchten Berufen erhalten im heute startenden Ausbildungsjahr Pflegekräfte im ersten Lehrjahr, die unter Tarifverträge des Öffentlichen Dienstes für Bund und Kommunen fallen, die höchste Vergütung (1.341 Euro). Friseur-Azubis im Handwerk erhalten dahingegen nur 710 Euro und damit nur unwesentlich mehr als die gesetzliche Mindestausbildungsvergütung (649 Euro).

Am stärksten wuchs die Vergütung für Lehrlinge des ersten Ausbildungsjahres im Jahr 2023/24 im ostdeutschen Bauhauptgewerbe und in der baden-württembergischen Textilindustrie (jeweils plus 23 Prozent). Ebenfalls über 20 Prozent mehr gab es in der ostdeutschen Süßwarenindustrie, im brandenburgischen Einzelhandel und bei der Deutschen Bahn AG.

Zwischen Ost und West teils noch große Unterschiede

Auch mittelfristig, zeigen die Forscher, sind die Azubi-Vergütungen meist deutlich stärker gestiegen als die Tariflöhne. Nur in wenigen Fällen lag der Zuwachs unter dem Anstieg der Tarifentgelte für Beschäftigte von 15 Prozent. Für Bäcker- und Konditoren-Azubis, die Betriebe vielerorts händeringend suchen, stieg die Vergütung seit 2019 sogar um 52 Prozent. Sie liegt mit 860 Euro im Monat jedoch immer noch recht niedrig. Ähnlich hohe Anstiege gab es für Azubis im Gastgewerbe in Sachsen, im Kfz-Handwerk in Thüringen (jeweils plus 48 Prozent) und in der ostdeutschen Süßwarenindustrie (plus 46 Prozent).

Allerdings ist zu beachten, dass die Erhöhungen größtenteils eine notwendige Anpassung ostdeutscher Tarifbereiche an das Westniveau waren. Nur selten gibt es bundesweit einheitliche Ausbildungsvergütungen, etwa im Backhandwerk, bei Privatbanken und im Versicherungsgewerbe. In elf Tarifbranchen bestehen nach wie vor Ost-West-Unterschiede. Die größte Differenz gibt es in der Textilindustrie: In Baden-Württemberg erhalten Azubis im ersten Lehrjahr 245 Euro mehr als im Osten.

Geringste Steigerung in Metall- und Elektroindustrie

Das Schlusslicht bildet die Metall- und Elektroindustrie. Obwohl deren Tarifbeschäftigte zu den Spitzenverdienern gehören, stiegen die Azubi-Vergütungen in Sachsen und Baden-Württemberg seit 2019 nur um knapp neun Prozent. Im vergangenen Ausbildungsjahr waren es nur drei Prozent. Die Mindestausbildungsvergütung verzeichnete gleichzeitig ein Plus von fünf Prozent.

Lesen Sie auch: Azubi-Mindestvergütung steigt, aber Inflation ist stärker

Bettina Kohlrausch, Wissenschaftliche Direktorin des WSI, sagte, es sei kein Zufall, dass vor allem Berufe mit sehr geringer Vergütung Lehrstellen nicht besetzen können. “Die Klagen der Arbeitgeber:innen über mangelndes Interesse der Jugendlichen an einer Ausbildung sind nicht glaubwürdig, wenn gleichzeitig nur eine geringe Ausbildungsvergütung bezahlt wird, wie es zum Beispiel häufig im Handwerk der Fall ist.” Nach dem Berufsbildungsgesetz müssen auch nicht-tarifgebundene Unternehmen Tarifverträge als Orientierung berücksichtigen und dürfen nicht mehr als 20 Prozent nach unten abweichen.

  • Ausbildung
  • Berufliche Bildung
  • Fachkräftemangel

Ausbildung: In welchen Berufen es besonders viele Azubis gibt  

Die meisten Azubis begannen 2023 eine Ausbildung in der Softwareentwicklung, zumindest relativ betrachtet. Das ist das Ergebnis einer Kurzstudie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW). Ihr zufolge kamen in der Softwareentwicklung knapp 33 neue Azubis auf 100 sozialversicherungspflichtige Beschäftigte – deutlich mehr als in allen Berufen im Durchschnitt (4 pro 100). Betrachtet hat das IW 139 Berufsgattungen, in denen mindestens 10.000 Menschen beschäftigt sind.

Der Blick auf die Top-10-Berufe mit der höchsten Quote an Ausbildungsanfängern zeigt: Es handelt sich um mehrere MINT-Berufe und Berufe, die für die ökologische Transformation und die Digitalisierung wichtig sind, etwa die Automatisierungstechnik. Für die meisten der Berufe können in den Betrieben auch überdurchschnittlich viele Lehrstellen besetzt werden. In der Kältetechnik, im Hotelservice und in der Zimmerei ist der Anteil unbesetzter Ausbildungsplätze jedoch vergleichsweise hoch.

Ausbildung soll zur Fachkräftesicherung beitragen

Die Ausbildungsbereitschaft hängt eng mit dem Beschäftigungsaufbau zusammen, konstatiert Studienautorin Paula Risius, die am IW zur Fachkräftesicherung forscht. In der Softwareentwicklung verdoppelte sich zwischen 2014 und 2023 sogar die Zahl der Beschäftigten (auf 23.000). In der Veranstaltungstechnik wuchs sie um 82 Prozent, bei Tiermedizinischen Fachangestellten um 72 Prozent. “Das verdeutlicht, dass Unternehmen nicht ausbilden, um sich für die Dauer der Ausbildung günstige Arbeitskräfte zu sichern und diese bald wieder hinauszuwerfen”, sagte die IW-Forscherin Table.Briefings. “Stattdessen sind sie an einer langfristigen Beschäftigung interessiert.”

In neun der zehn Berufe bestehen zudem Fachkräfteengpässe – die Ausbildung scheint hier ein wichtiges Gegenmittel zu sein. Sechs der Berufe gibt es erst frühestens seit Ende 1990er-Jahre – Fachinformatiker, Mechatroniker, Tiermedizinische Fachangestellte sowie Kälte-, Automatisierungs- und Veranstaltungstechniker. Diese Berufe befinden sich so gesehen noch im Aufbau. “Ein weiterer Grund für die hohe Ausbildungsbereitschaft kann auch sein, dass einige Azubis sich nach Ende der Lehre bald umorientieren und Unternehmen dies vorausschauend berücksichtigen”, sagt Risius. Etwa von der Softwareentwicklung in ein Studium oder aus dem Handwerk in die Industrie. Nicht so entscheidend sei in den Top-10-Berufen hingegen der demografische Wandel: Der Anteil der Beschäftigten über 55 Jahren ist in diesen Berufen deutlich geringer als in anderen Berufen. Anna Parrisius

  • Ausbildung
  • Berufliche Bildung
  • Berufsorientierung
  • Fachkräftemangel
  • MINT

Schulbibliotheken: Schwedens neuer Plan zur Leseförderung

In Schweden sollen Schülerinnen und Schüler deutlich umfangreicheren Zugang zu Schulbibliotheken erhalten. Alle Schüler hätten das Recht auf eine mit Personal besetzte Schulbibliothek, teilte das schwedische Bildungsministerium in einer Pressemitteilung mit. Die Regierung setzt darauf, mit strengeren Anforderungen an die Personalausstattung und die Qualität der Bibliotheken die Lesekompetenzen von Kindern und Jugendlichen zu verbessern.

Bislang gebe es von Schule zu Schule starke Unterschiede, kritisiert die schwedische Bildungsministerin Lotta Edholm. “Während einige Schüler Zugang zu einer voll ausgestatteten Schulbibliothek mit vielen Büchern und einem ausgebildeten Bibliothekar haben, stehen anderen nur ein paar Bücher in einem kleinen Raum zur Verfügung.”

Bibliothekare sollen Lehrer unterstützen

Der Gesetzesentwurf sieht vor, Schulbibliotheken stärker zu besetzen. Dies soll den Bibliothekaren ermöglichen, sich stärker in das Schulumfeld einzubringen. Erklärtes Ziel: Schulbibliothekare sollen gemeinsam mit den Lehrern die Lesekompetenz und das Leseinteresse der Schüler stärken.

Doch auch Schulleiter werden stärker in die Pflicht genommen. Jeder Schulleiter muss dem Gesetzesentwurf zufolge einen Bibliotheksplan erstellen. Dieser soll regeln, wie die Schulbibliothek funktionieren und zum Lernen der Schüler beitragen soll.

Mehr Lese- statt Bildschirmzeit

Der Vorschlag der schwedischen Regierung steht in Einklang mit dem Wechsel im schwedischen Kurs, insbesondere in der Grundschule wieder einen stärkeren Fokus auf das analoge Lernen zu legen. Bereits nach den IGLU-Ergebnissen diagnostizierte Bildungsministerin Edholm eine “Lesekrise” an den schwedischen Schulen. Daraufhin bremste sie die bereits weit fortgeschrittene Digitalisierung an Grundschulen.

Die Kosten für die aktuellen Vorschläge werden umgerechnet auf rund 18,6 Millionen Euro im Jahr 2025 und 37,4 Millionen Euro ab 2026 geschätzt. Die vorgeschlagenen Gesetzesänderungen sollen am 1. Juli 2025 in Kraft treten. Vera Kraft

  • Basiskompetenz
  • Bildung
  • Bildungspolitik
  • Grundschule
  • Schule
  • Schweden

Jugendschutz im Netz: Wie sich Interessenvertreter nun einbringen können

Die Kommission ruft dazu auf, Meinungen zu den geplanten Leitlinien zum Jugendschutz im Internet abzugeben. Nach ihrer Verabschiedung sollen diese Leitlinien vorgeben, wie Online-Plattformen Datenschutz, Sicherheit und Gefahrenabwehr für Minderjährige im Internet umsetzen müssen, um den Anforderungen des Digital Services Act (DSA) zu genügen. Die Kommission will die Leitlinien vor dem Sommer 2025 beschließen.

Daher bittet sie nun um Feedback zum vorgeschlagenen Anwendungsbereich und Ansatz der Leitlinien sowie zu bewährten Verfahren und Empfehlungen für Maßnahmen zur Minderung der Risiken. Die Kommission fordert alle Interessengruppen auf, sich an der Sondierung zu beteiligen und bittet vor allem um wissenschaftliche Berichte und Forschungsarbeiten zu dem Thema.

Einreichungen bis 30. September

Mit Ausnahme von Klein- und Kleinstunternehmen werden die Jugendschutzleitlinien für alle Online-Plattformen gelten, die für Minderjährige zugänglich sind. Dazu gehören auch solche, die nicht für Minderjährige bestimmt sind, aber dennoch minderjährige Nutzer haben, etwa wegen unzureichender Mechanismen zur Altersverifizierung.

Die Frist für zum Einreichen von Beiträgen läuft noch bis zum 30. September. Die Kommission wird die Beiträge der Interessengruppen zur Erstellung der Leitlinien verwenden und eine separate Konsultation zum Entwurf der Leitlinien durchführen. vis

  • Digital Services Act
  • Digitalpolitik
  • Jugendliche

Heads

Die entscheidenden Köpfe der Bildungsszene – Verbände

 Christian Büttner – Geschäftsführer des Forschungsinstituts Bildung Digital (FoBiD)  

Als Vorstandsvorsitzender des größten deutschen Netzwerks für digitale Bildung, dem Bündnis für Bildung e.V., vernetzt Christian Büttner Digitalunternehmen und treibt Bildungsinnovationen voran. Zudem leitet er seit März 2024 das Forschungsinstitut Bildung Digital (FoBiD), das digital-didaktische Bildungsangebote erforscht und entwickelt. Zuvor war er Leitender Direktor des Instituts für Pädagogik und Schulpsychologie Nürnberg (IPSN) und im Geschäftsbereich Schule und Sport der Stadt Nürnberg tätig. Doch auch mit der Schulpraxis ist er bestens vertraut: Nach seinem Studium der Wirtschaftspädagogik unterrichtete Büttner sieben Jahre als Berufsschullehrer. 

Jörg Dittrich – Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH) 

Er wird nicht müde zu kritisieren, dass Ausbildung und Studium ungleich behandelt werden. Jörg Dittrich ist oberster Fürsprecher der Handwerksbetriebe und damit eines Wirtschaftszweigs, der besonders stark unter dem Fachkräftemangel leidet. Geht es nach ihm, braucht es mehr Geld für die berufliche Bildung, der öffentliche Sektor sollte Meister und Bachelor gleichwertig behandeln und Schulen ein besseres Bild vom Handwerk vermitteln. Als Dachdeckermeister führt der ZDH-Präsident selbst einen Dresdner Familienbetrieb in vierter Generation. Zudem hat er drei weitere Baubetriebe gegründet. 

Marc Elxnat – Beigeordneter für Bildung beim DStGB 

Seit Anfang des Jahres ist Marc Elxnat Beigeordneter für Recht, Bildung, Soziales, Kultur und Sport beim Deutschen Städte- und Gemeindebund (DStGB). Der DStGB arbeitet für 11.000 große, mittlere und kleinere Kommunen in Deutschland. Entsprechend kenntnis- und einflussreich ist Elxnat, wenn es um die Positionierung der Kommunen geht, gerade auch in bildungspolitischen Fragen. Der Jurist ist gefragter Fachmann, sei es im Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft, wenn es um das kostenfreie Mittagessen in Kitas und Schule geht, oder im Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zur Kindergrundsicherung. Und natürlich ist Elxnat dicht dran an den Ländern und am BMBF, damit beim Digitalpakt und dem Startchancen-Programm die Kommunen gehört werden. 

Maike Finnern – Bundesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) 

Seit 2021 setzt sich Maike Finnern als Vorsitzende der GEW für bessere Arbeitsbedingungen im Bildungssektor ein. Außerdem macht sie sich stark für eine stärkere Kooperation zwischen Bund und Ländern. An Lehrkräfte appelliert sie, die Verfassung zu verteidigen – und über mögliche Gefahren durch rechtsextreme Parteien aufzuklären. Sie selbst arbeitete auch als Lehrerin und unterrichtete an einer Realschule Deutsch und Mathematik. Später wurde sie zweite Konrektorin der Realschule in Enger/Kreis Herford. Bevor sie zur Bundesvorsitzenden der GEW wurde, war sie im Landesvorsitz der GEW Nordrhein-Westfalen und als Personalrätin im Schulministerium in NRW tätig. Mehr über Maike Finnern lesen Sie in diesem Porträt

Simone Fleischmann – Präsidentin des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbands (BLLV) 

Weit über Bayern hinaus ist Simone Fleischmanns Stimme zu hören, wenn es um gute Bildung und die Stärkung von Lehrkräften in Krisenzeiten geht. Ihr Motto lautet: “Bildung mit Herz. Kopf. Hand.” Seit 2015 ist sie Präsidentin des BLLV, der inzwischen etwa 67.000 Mitglieder aller Schularten hat. Dabei rückt sie auch immer wieder eine Schulart in den Fokus, die oft vergessen wird – die Hauptschule, die in Bayern inzwischen Mittelschule heißt. Fleischmann selbst hat so eine Schule jahrelang erfolgreich geleitet. Sie steht in sehr engem Austausch mit Lehrkräften und Schulleitungen und kennt die Herausforderungen, mit denen Schulen derzeit zu kämpfen haben. Wortgewandt macht sie darauf aufmerksam und erzeugt den nötigen Druck – zum Beispiel bei der erfolgreichen Durchsetzung von A13 auch für Lehrkräfte an Grund- und Mittelschulen in Bayern. Mehr über Simone Fleischmann in diesem Porträt.  

Beth Havinga – Geschäftsführerin der European EdTech Alliance (EEA) 

Als Mitgründerin und Geschäftsführerin der European EdTech Alliance (EEA) setzt sich Beth Havinga dafür ein, die digitale Bildungslandschaft in Europa zugänglicher zu machen. Unter anderem plädiert sie für Evaluationsmechanismen und mehr Testzentren, damit Schulen Vertrauen in EdTechs gewinnen können. Mit ihrer eigenen Beratungsfirma, Connect-EdTech, berät Havinga den Europarat unter anderem zur Regulierung von Künstlicher Intelligenz im Bildungsbereich. Zudem vertritt sie Deutschland als Delegationsleiterin im Europäischen Komitee für Standardisierung von Lerntechnologien und unterstützt Ministerien dabei, Strategien für den Einsatz von Bildungstechnologien zu entwickeln.  

Susanne Lin-Klitzing – Bundesvorsitzende des Deutschen Philologenverbands 

Ohne Gymnasium ist für Suanne Lin-Klitzing, die seit 2017 den Deutschen Philologenverband leitet, die deutsche Schullandschaft nicht vorstellbar. Nicht – das betont die Professorin für Erziehungswissenschaft immer wieder – weil sie eine Bewahrerin der Tradition ist, sondern weil sie sich für Vielfalt im Schulsystem starkmacht. Nur so könnten Schüler optimal gefördert und Bildungsqualität gewährleistet werden. Ein Herzensthema ist für Lin-Klitzing auch die Lehrerausbildung. Ihr Standpunkt dabei: “Das Lehramtsstudium braucht das Staatsexamen“, der Vorbereitungsdienst dürfe nicht gekürzt werden und das Studium sollte nach Schulart differenziert erfolgen. 

Pankraz Männlein – Vorsitzender des Bundesverbands der Lehrkräfte für Berufsbildung  

Er vertritt die Stiefkinder der deutschen Bildungspolitik: Berufsschulen. Neben dem Bundesverband für Berufsschullehrer leitet Pankraz Männlein auch den bayerischen Landesverband. Das alles macht er ehrenamtlich – neben seiner Arbeit als Schulleiter einer Berufsschule für Steuerfachangestellte, Kaufleute und Medizinische Fachangestellte in Bamberg. Sein Credo: Berufsschulen sind vielseitiger, als viele denken. Das versucht er auch der Politik zu vermitteln. Mehr über Pankraz Männlein erfahren Sie in diesem Porträt

Daniela Schneckenburger – Beigeordnete für Bildung beim Deutschen Städtetag

Über 90 Prozent der Schulen in Deutschland werden von Kommunen getragen. Und Daniela Schneckenberger kennt die größten Herausforderungen genau. Denn sie war Lehrerin in NRW, sieben Jahre lang Schuldezernentin in Dortmund, und ist seit 2022 Beigeordnete für Bildung, Integration, Kultur, Sport und Gleichstellung beim Deutschen Städtetag. Hier haben sich weit mehr als 3.000 Städte und Gemeinden mit rund 53 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern zusammengeschlossen. Die Positionen Schneckenburgers, die von 2006 bis 2010 Landesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen in NRW war, haben dementsprechend Gewicht in bildungspolitischen Debatten. So ist sie überzeugt: “Die Trennung in innere und äußere Schulverwaltung ist nicht mehr zeitgemäß.” Insbesondere die Digitalisierung erfordere mehr Kooperation zwischen Land und Kommune. 

Stefan Spieker – Geschäftsführer der Fröbel Bildung und Erziehung gGmbH 

Die grundlegende Bedeutung, die frühe Bildung für Bildungsbiografien hat, zweifelt niemand an. Gleichzeitig ist die Kita-Krise allgegenwärtig. Der Mangel an Fachkräften ist groß, der Bedarf an Kita-Plätzen ebenfalls, der Ruf nach einheitlichen Qualitätsstandards laut. Stefan Spieker zählt zu den meistbeachteten Person, die hier politisches Handeln einfordern – beharrlich und konstruktiv. Denn Spieker, der auch Vizepräsident der IHK Berlin ist, ist ein Verfechter großer Transparenz, wenn es um die Kita-Qualität geht. “Wir müssen stärker auf die Ergebnisqualität von Kitas schauen”, sagte er jüngst bei der Übergabe einer Studie zur Machbarkeit eines bundesweiten Kita-Qualitätsmonitorings an Bundesfamilienministerin Lisa Paus. Fröbel betreibt aktuell weit mehr als 200 Krippen, Kindergärten und Horte in zwölf Bundesländern. Und geht mit einer eigenen Transparenzoffensive voran.

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  • Schulverwaltung

Best of Table

Research.Table. Fördergeldaffäre: Stark-Watzinger soll erneut in Sondersitzung aussagen. Die Bildungsministerin steht weiter unter Druck. Am 10. September soll sie in einer Sondersitzung des Forschungsausschusses aussagen – zusammen mit der durch sie entlassenen Staatssekretärin Sabine Döring. Was sich die Opposition davon erhofft, lesen Sie hier.

Africa.Table. Fachkräftemangel: Warum so wenig Arbeitskräfte aus Afrika nach Deutschland kommen. Ausländische Fachkräfte kommen vor allem aus Europa, Asien und Lateinamerika nach Deutschland. Das Interesse in den afrikanischen Ländern ist dagegen vergleichsweise gering. Warum das primär mit der deutschen Entwicklungspolitik zu tun hat, lesen Sie hier.

Must Reads

Informationsdienst Wissenschaft: Wie hat sich die Arbeit von Lehrkräften durch die Pandemie verändert? Dieser Frage geht das Projekt “Soziologische Pandemiefolgenforschung am SOFI Göttingen” nach. Das Impulspapier kommt zu dem Schluss, dass durch die Pandemie digitale Unterrichts- und Kommunikationsformen mehr in den Schulalltag gelangt sind. Dies sei teils arbeitserleichternd, verursache aber auch Stress. Auch ein verändertes Sozialverhalten der Schüler sei eine neue Herausforderung für die Lehrkräfte. Das Forschungsprojekt läuft noch bis zum Jahresende. (Welche Folgen hinterlässt die Covid-19-Pandemie in der Arbeit von Lehrkräften?

MDR: Holter sieht 900 fehlende Lehrkräfte in Thüringen. Im Interview sagt Bildungsminister Holter, um Unterrichtsausfall zu vermeiden, setze er auf Quer- und Seiteneinsteiger, aber auch auf Fachfremde. Von einem möglichen Rückgang der Schülerzahlen durch geburtenschwache Jahrgänge erhofft sich Holter keine Entlastung. Es sei wichtig, weiterhin Lehrkräfte einzustellen und Schulen mit multiprofessionellen Teams mit beispielsweise Sozialpädagogen zu besetzen. (Bildungsminister Holter: “Zwei Lehrergenerationen fehlen“) 

SZ: Pädagoge Zierer für bessere Verankerung von Demokratiebildung. In Bayern gibt es demnächst im Schulunterricht eine “Verfassungsviertelstunde”. Diese wöchentliche Einheit soll der Demokratiebildung dienen. Der Pädagogikprofessor Klaus Zierer begrüßt diese neue Struktur. Häufig fehle es für gelungene Demokratiebildung an passenden, fest verankerten Strukturen. Formen der demokratischen Teilhabe wie die Schülerversammlung oder Diskussionen im Unterricht seien oft nicht gut umgesetzt. (Forscher sieht weiteren Bedarf an Schul-Demokratiebildung

Tagesspiegel: Anstieg von rechtsextremen Vorfällen an Berliner Schulen. 2021 wurden 41 Fälle gemeldet. Diese Zahl stieg 2022 auf 64; 2023 waren es schon 70. Dieses Jahr ist ein erneuter Anstieg zu erwarten. In der ersten Jahreshälfte gab es bereits 48 Vorfälle. Diese umfassen meist Schmierereien, das Zeigen des Hitlergrußes, teils Beschimpfungen oder auch Gewalt. Die Dunkelziffer liegt wahrscheinlich höher. Besonders viele Vorfälle gab es in den östlichen Stadtbezirken. (Hitlergrüße, Schmierereien, Parolen: Zahl rechter Vorfälle an Berliner Schulen nimmt zu

Dlf: Wie lassen sich Schulabbrecher erreichen? Die Zahl der Menschen ohne Schulabschluss steigt. Zeitgleich gibt es viele unbesetzte Ausbildungsplätze. Jugendberufsagenturen versuchen durch engmaschige Betreuung, diese Jugendlichen zurückzugewinnen. In Deutschland werden Bildungsverlaufsdaten nur selten erfasst. Diese könnten gezieltere Angebote für Bildungsabbrecher ermöglichen. Skandinavische Länder sind deutlich weiter. (Wie sich Berufsperspektiven entwickeln lassen

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    während Bayern erst Anfang der Woche in die Sommerferien startete, ging am Donnerstag für die Schülerinnen und Schüler in Thüringen bereits das neue Schuljahr los. Trotz des weiterhin akuten Lehrermangels lobt Thüringens Bildungsminister Helmut Holter konstant hohe Einstellungszahlen: Das Land “stellt ein, was das Zeug hält”, sagt er. Zudem betont Holter, man dürfe nicht die Fehler der Vergangenheit wiederholen, indem man etwa wieder übers Sparen nachdenke. Wie zum Beweis investiert das Land im neuen Schuljahr in zwei weitere Projekte: in mehr Schulverwaltungsassistenten und in digitale Bildungsmedien für Sozialkunde und politische Bildung.

    Auch Niedersachsen nimmt für das neue Schuljahr zusätzliches Geld in die Hand, um – als eines der letzten Länder – Lehrkräften an Grund-, Haupt- und Realschulen ein A13-Einstiegsgehalt zu zahlen.

    Bewegung geben soll es auch im sogenannten Übergangssektor. Die Ampel-Regierung plant, die Ausbildungsvermittlung zu modernisieren, damit mehr schwer erreichbare Jugendliche den Weg in eine Lehre finden. Warum der Entwurf einigen zu kurz gedacht ist und was sich dadurch bei den Zuständigkeiten der Arbeitsagenturen ändern könnte, lesen Sie in der Analyse von Anna Parrisius.

    Darüber hinaus finden Sie in unserer Bildung.Table-Schultüte unter anderem ein Stück zu Schwedens Strategie, die Lese- statt die Bildschirmzeit zu erhöhen.

    Einen guten Start in das neue Ausbildungs- bzw. Schuljahr und viel Spaß beim Lesen!

    Ihre
    Vera Kraft
    Bild von Vera  Kraft

    Analyse

    Ausbildungsvermittlung: Wieso es Kritik am Modernisierungsvorhaben der Ampel gibt

    Angesichts einer steigenden Zahl junger Menschen ohne formalen Berufsabschluss (2022: 2,86 Millionen der 20- bis 34-Jährigen) will die Ampel künftig junge Menschen besser unterstützen und zu einer Ausbildung ermutigen. Das zeigt der Entwurf eines Gesetzes des Bundesarbeitsministeriums (BMAS), welches das SGB III modernisieren soll (zum Download). Kritik übt daran Joblinge, eine gemeinnützige AG, die junge Menschen mit Startschwierigkeiten in Ausbildung vermittelt.

    “Der Entwurf ist der erste Schritt in die richtige Richtung, birgt aber ungenutzte Chancen”, sagte Jan Boskamp von Joblinge Table.Briefings. Die Ampel will Eingliederungsmaßnahmen, die bisher nur Jugendlichen zugutekommen, die Bürgergeld beziehen, für alle verfügbar machen. Allerdings erst ab 2026: Aus Sicht der Joblinge deutlich zu spät.

    Die Förderleistungen will das BMAS zudem nicht weiter reformieren. Allein die Ausweitung der Instrumente wird die Probleme im Übergangssektor aber nicht automatisch lösen. “Es fehlt an Evaluationen zur Wirksamkeit dieser Maßnahmen, und ob sie den erzielten Outcome der Integration in Arbeit wirklich erzielen”, sagt Boskamp.

    Erfolgsquoten stärker berücksichtigen

    Der sogenannte Übergangssektor ist bisher insgesamt nicht sonderlich effektiv: 36 Monate nach Start einer Übergangsmaßnahme haben es nach Daten des Nationalen Bildungspanels nur zwei Drittel der Jugendlichen in eine Ausbildung geschafft. Laut dem Nationalen Bildungsbericht stellt sich insbesondere die Frage, wie Jugendliche mit Migrationshintergrund und mit schlechten sozioökonomischen Startbedingungen besser adressiert werden können. Bislang verweilen sie besonders lange im Übergangssektor. “Angesichts der jährlichen hohen finanziellen Belastung der öffentlichen Haushalte, knapp 3 Milliarden Euro im Jahr 2021, erstaunt, dass im Hinblick auf die unterschiedlichen Maßnahmen nahezu keine aktuellen Evaluationen vorliegen”, schreiben die Forscher.

    Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung betont, es sei wichtig, unterschiedliche Informationsbedürfnisse der Jugendlichen zu berücksichtigen. Für besonders erfolgversprechend hält das Institut individuelle Mentoring- beziehungsweise Coachingprogramme. “Um besser als bislang den Kontakt zu schwer zu erreichenden Jugendlichen herzustellen sowie Jugendliche mit besonderem Beratungsbedarf zu identifizieren, sind frühzeitige Kooperationen mit Schulen zentral”, antwortete eine Sprecherin auf Anfrage von Table.Briefings.

    Geht es nach dem Sozialunternehmen Joblinge, müsste der Gesetzgeber die Ausschreibungs- und Vergabepraxis bisheriger Maßnahmen anpassen. “Bildungsträger sollten nicht primär nach formalen Kriterien ausgesucht werden, sondern danach, ob sie bestimmte Ziele erreichen.” Hierfür hält Boskamp Testphasen für nötig, um zu prüfen, wie viele Jugendliche ein Träger in eine Ausbildung oder in Arbeit bringt.

    Das BMAS will die Jugendberufsagenturen stärken – aber wie?

    Daneben will das Bundesarbeitsministerium die Jugendberufsagenturen (JBA) – die Kooperationsbündnisse von Agenturen für Arbeit, Jobcentern und Jugendhilfe – stärken. In 366 der rund 400 Kommunen gibt es inzwischen Jugendberufsagenturen, manche existieren aber nur auf dem Papier. Und wie die drei Partner dann zusammenarbeiten, ist sehr unterschiedlich. Verbindliche Standards fehlen bisher.

    Nur 44 Prozent der JBA geben etwa an, einen gemeinsamen Kontaktkanal zu haben, an den Jugendliche sich zentral wenden können. “Eine ganzheitliche Beratung und Betreuung erfordert die Kooperation mit allen Akteuren am Ausbildungs- und Arbeitsmarkt”, heißt es im Entwurf des Bundesarbeitsministeriums, daher solle jetzt ein Fokus auf die JBA gelegt werden. Wie deren Arbeit konkret besser werden soll, schreibt das Ministerium aber nicht.

    Joblinge fordert mehr finanzielle Eigenverantwortlichkeit für die JBA und plädiert dafür, auch Unternehmen und zivilgesellschaftliche Akteuren und deren Expertise fest einzubeziehen. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) spricht sich in einer eigenen Stellungnahme langfristig für Regelungen aus, die die Zusammenarbeit in den Jugendberufsagenturen verbindlich machen und ihre Effektivität erhöhen sollen. In einem ersten Schritt empfiehlt der DGB, “einen umfassenden Katalog mit möglichen Handlungsfeldern” sowie einen Katalog mit Erfolgsmerkmalen guter Jugendberufsagenturen zu erarbeiten – beide sollten über die Servicestelle Jugendberufsagenturen, die im Auftrag des Bundesarbeitsministeriums die JBA unterstützen soll, für alle einsehbar sein.

    Lesen Sie auch: Übergang als Risiko: Wo Jugendliche drohen, verloren zu gehen

    Unklar, woher Mittel für Modernisierung kommen sollen

    Kritik am Referentenentwurf kommt auch von anderer Stelle: Einer der größten Bildungsträger, der Internationale Bund, fürchtet verfassungswidrige Doppelzuständigkeiten, da einzelne Aufgaben der Jugendhilfe auf die Bundesagentur für Arbeit (BA) übertragen würden. So sollen künftig auch alle jungen Menschen Zugang zu kommunalen Eingliederungsleistungen wie Schuldenberatung, psychosoziale Betreuung und Suchtberatung erhalten.

    “Die BA hat ihre unbestrittenen Kompetenzen bei der Arbeitsvermittlung”, sagte der Vorstandsvorsitzende Thiemo Fojkar. “Für die Arbeit mit besonders hilfebedürftigen Jugendlichen ist sie jedoch nicht aufgestellt.” Hier könne man ganz den Kommunen vertrauen, die nah an den jungen Menschen dran seien und nötige Kompetenzen und Erfahrung mitbrächten, findet Fojkar.

    Der Sozialverband Deutschland (SoVD) merkt in seiner Stellungnahme an, dass die BA für ihre neuen Aufgaben eigentlich mehr Geld bräuchte. “Das passt mit den aktuellen Haushaltskürzungen nicht zusammen.” Der Verband empfiehlt, mit den geplanten Vorhaben nicht die Beitragszahler der Arbeitslosenversicherung zu belasten. Stattdessen brauche es einen Steuerzuschuss, da es sich vorrangig um gesamtgesellschaftliche Aufgaben handele.

    • Arbeitsmarkt
    • Ausbildung
    • Berufsorientierung
    • Bundesagentur für Arbeit
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    Standpunkt

    Frauen in MINT-Berufen: Wie sich ihr Anteil erhöhen lässt

    Marie Pötter, Geschäftsführerin eines IT-Unternehmens, weiß aus eigener Erfahrung, wie wichtig eine frühe Förderung ist.

    Seit Jahren schreiben und sprechen wir viel über die geringe Repräsentanz von Frauen in MINT-Berufen, immer mit der klaren Forderung: Wir brauchen mehr Frauen. Auch in meiner Berufswelt, der IT-Branche, ist die Forderung nach mehr Frauen in Tech deutlich hörbar. Doch ich kann aus jahrelanger Erfahrung sagen: Es hat sich noch nicht viel getan.  

    Statistisch entscheiden sich Frauen seltener für eine Karriere in MINT-Berufen und gelangen seltener in Führungspositionen. Eine Erhebung des Statistischen Bundesamts zeigt, dass von denen, die einen MINT-Studiengang beginnen, nur 35 Prozent Frauen sind. Schaut man sich die Statistik über die vergangenen 20 Jahre an, zeigt sich auch, der Anteil von Frauen in MINT-Fächern ist insgesamt kaum gestiegen, 2002 waren es 31,2 Prozent. Ich habe Wirtschaftsinformatik studiert, dort ist der Frauenanteil mit nur 23 Prozent noch niedriger.

    Woran liegt das? Warum sind Frauen in MINT-Fächern und Berufen trotz jahrzehntelanger Werbe- und Förderkampagnen immer noch unterrepräsentiert? Warum verlieren Mädchen im Laufe ihrer Schullaufbahn irgendwann das Interesse an MINT-Fächern? Und wie können wir das ändern?

    Jungen Frauen fehlt oft Vertrauen in eigene MINT-Fähigkeiten

    Ich bin leidenschaftliche Triathletin. Leistungssport hat mir früh gezeigt, an meine persönlichen Grenzen zu gehen, in schwierigen Zeiten nicht aufzugeben und über mich hinauszuwachsen. Ich habe gelernt: mit gezieltem Training und dem richtigen Mindset ist vieles möglich. Erfolgserlebnisse und das Überwinden von Hürden haben mich letztlich zu der Person gemacht, die ich heute bin – Geschäftsführerin in einem Tech-Unternehmen.

    Vieles von dem, was ich früher im Sport gelernt habe und heute im Berufsleben anwende, entwickeln Mädchen und junge Frauen im Laufe ihrer schulischen Laufbahn zu wenig. Laut der Pisa-Studie aus dem Jahr 2018 glauben durchschnittlich weniger Mädchen im Alter von 15 Jahren an ihre eigenen Talente als gleichaltrige Jungen. Laut Studie beruht dieser Unterschied auf noch immer geltenden geschlechtertypischen Vorurteilen, nach denen Jungen in Mathematik und Naturwissenschaften besser sind. Jungen Frauen fehlt daher nach dem Schulabschluss oft das Vertrauen in die eigenen (naturwissenschaftlichen) Fähigkeiten, sie sind abgeschreckt von männerdominierten Branchen mit zu wenig weiblichen Vorbildern.

    Neben den viel diskutierten Themen wie Frauenquote, Equal Pay, Förderung von Bildungsangeboten und außerschulischen Aktivitäten braucht es meiner Meinung nach vor allem zwei Ansätze:

    1. Zielgerichtete Förderung von Frauen im Bildungssystem 

    Ich wurde mit 28 Jahren Geschäftsführerin in einem IT-Unternehmen, ohne eine einzige Stunde Informatik in der Schule besucht zu haben. Physik und Chemie habe ich nach der 10. Klasse abgewählt. Das Selbstvertrauen, diese Rolle ausfüllen zu können, haben mir erst Trainer beim Sport und später Mentorinnen in der Hochschule und im Job gegeben. Für die Mehrzahl junger Frauen, die diese Unterstützung nicht haben, braucht es ein Bildungssystem, das systematisch die Selbstwirksamkeit und Persönlichkeitsentwicklung junger Frauen fördert. Zum Beispiel durch das Angebot von individuellen, professionell durchgeführten Coachings für Schülerinnen, um Denkmuster zu hinterfragen, Ziele für die eigene Entwicklung zu setzen und die richtigen Strategien für die Erreichung dieser an die Hand zu bekommen. Dies stärkt das Selbstbewusstsein und das Vertrauen in die eigene Leistung.

    2. Weniger Theorie, mehr Praxis

    Die Tech-Welt wird nicht mehr nur von Nerds bevölkert – auch wenn sich dieses Bild hartnäckig hält. Vielmehr ist es eine zukunftsorientierte Branche mit abwechslungsreichen Berufsbildern, die dementsprechend unterschiedliche Menschen mit vielfältigen Stärken und verschiedenen Lebensläufe ansprechen sollte. Neben Potenzialanalysen von Schüler:innen ist die Aufklärung über die Karrieremöglichkeiten essenziell. Denn IT ist ein integraler Teil unseres alltäglichen Lebens. Durch die Verknüpfung zu aktuellen Themen und Herausforderungen – Klimawandel, Sicherheit, Energiewende, KI, Gesundheit, um nur ein paar zu nennen – wird deutlich, welche Bedeutung unsere Industrie hat.

    Theorie ist wichtig, aber ohne Praxisbezug bleibt die Skepsis unter jungen Frauen gegenüber MINT-Berufen zu groß. Das fehlende Selbstbewusstsein bezüglich ihrer naturwissenschaftlichen Fähigkeiten führt bei Mädchen oft dazu, dass sie sich zum Selbstschutz eher davor scheuen, größere Herausforderungen einzugehen und daher den vermeintlich leichteren Weg, vorbei an Mathe und Naturwissenschaften, wählen. Hier könnten Einblicke in die Praxis helfen. Es braucht mehr Transparenz im Schul- und Universitätsalltag, um hinter die oftmals verstaubten Berufsbilder zu blicken. Vielfältige Praktika abseits der klassischen Berufe sollten gefördert und beworben werden. Auch fachübergreifende Projekte und Praxisangebote, zum Beispiel in Zusammenarbeit mit IT-Unternehmen oder Coding-Organisationen, sind hier zielführend.

    Früh Vertrauen stärken und Neugierde wecken

    Zudem braucht es Vorbilder, um Schülerinnen eine Orientierung zu geben. Frauen aus dem Tech-Bereich sollten gezielt in die Berufsberatung und Studienberatung eingebunden werden. So lernen nicht nur Schülerinnen, das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten zu steigern, sondern auch Lehrer:innen, wie Wissen aus dem Unterricht in der Praxis Anwendung findet. Zusätzlich haben junge Frauen die Möglichkeit, ein eigenes Netzwerk aufzubauen, das beim Einstieg in die Berufswelt und darüber hinaus – zum Beispiel in Mentoring-Programmen – hilft.

    Das Bildungssystem setzt den Rahmen für die berufliche Entwicklung von Mädchen und jungen Frauen. Deshalb ist es wichtig, dass Mädchen früh ihre Berührungsängste mit MINT-Fächern verlieren, Neugier entwickeln und keine Angst haben, klassische Rollenbilder zu brechen und öfter mal “Ja” zu großen Herausforderungen zu sagen.

    Marie Pötter ist Geschäftsführerin bei DXC Technology. Das Unternehmen gehört zu den Global-Fortune-500-IT-Dienstleistern. Die 30-Jährige ist eine der wenigen Frauen in einer solchen Führungsposition in der IT-Wirtschaft. Damit es mehr werden, würde sie sich wünschen, dass junge Frauen im MINT-Bereich besser gefördert werden.

    • Berufsorientierung
    • Frauen
    • MINT
    • PISA-Studie
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    News

    Vergütung: Wo Azubis neuerdings überdurchschnittlich gut verdienen

    In vielen Tarifbranchen sind die Vergütungen für Azubis in den vergangenen Jahren deutlich stärker gestiegen als die Löhne. Das ist das Ergebnis einer neuen Studie des Tarifarchivs des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung (zum Download), die 20 ausgewählte Tarifbranchen auswertet. Die Forscher machen für den Trend in erster Linie Personalmangel verantwortlich. “Tarifbranchen, in denen weniger als 1.000 Euro im Monat gezahlt wird, werden angesichts des bestehenden Fachkräftemangels immer weniger”, sagte Thorsten Schulten, Leiter des WSI-Tarifarchivs.

    Von den untersuchten Berufen erhalten im heute startenden Ausbildungsjahr Pflegekräfte im ersten Lehrjahr, die unter Tarifverträge des Öffentlichen Dienstes für Bund und Kommunen fallen, die höchste Vergütung (1.341 Euro). Friseur-Azubis im Handwerk erhalten dahingegen nur 710 Euro und damit nur unwesentlich mehr als die gesetzliche Mindestausbildungsvergütung (649 Euro).

    Am stärksten wuchs die Vergütung für Lehrlinge des ersten Ausbildungsjahres im Jahr 2023/24 im ostdeutschen Bauhauptgewerbe und in der baden-württembergischen Textilindustrie (jeweils plus 23 Prozent). Ebenfalls über 20 Prozent mehr gab es in der ostdeutschen Süßwarenindustrie, im brandenburgischen Einzelhandel und bei der Deutschen Bahn AG.

    Zwischen Ost und West teils noch große Unterschiede

    Auch mittelfristig, zeigen die Forscher, sind die Azubi-Vergütungen meist deutlich stärker gestiegen als die Tariflöhne. Nur in wenigen Fällen lag der Zuwachs unter dem Anstieg der Tarifentgelte für Beschäftigte von 15 Prozent. Für Bäcker- und Konditoren-Azubis, die Betriebe vielerorts händeringend suchen, stieg die Vergütung seit 2019 sogar um 52 Prozent. Sie liegt mit 860 Euro im Monat jedoch immer noch recht niedrig. Ähnlich hohe Anstiege gab es für Azubis im Gastgewerbe in Sachsen, im Kfz-Handwerk in Thüringen (jeweils plus 48 Prozent) und in der ostdeutschen Süßwarenindustrie (plus 46 Prozent).

    Allerdings ist zu beachten, dass die Erhöhungen größtenteils eine notwendige Anpassung ostdeutscher Tarifbereiche an das Westniveau waren. Nur selten gibt es bundesweit einheitliche Ausbildungsvergütungen, etwa im Backhandwerk, bei Privatbanken und im Versicherungsgewerbe. In elf Tarifbranchen bestehen nach wie vor Ost-West-Unterschiede. Die größte Differenz gibt es in der Textilindustrie: In Baden-Württemberg erhalten Azubis im ersten Lehrjahr 245 Euro mehr als im Osten.

    Geringste Steigerung in Metall- und Elektroindustrie

    Das Schlusslicht bildet die Metall- und Elektroindustrie. Obwohl deren Tarifbeschäftigte zu den Spitzenverdienern gehören, stiegen die Azubi-Vergütungen in Sachsen und Baden-Württemberg seit 2019 nur um knapp neun Prozent. Im vergangenen Ausbildungsjahr waren es nur drei Prozent. Die Mindestausbildungsvergütung verzeichnete gleichzeitig ein Plus von fünf Prozent.

    Lesen Sie auch: Azubi-Mindestvergütung steigt, aber Inflation ist stärker

    Bettina Kohlrausch, Wissenschaftliche Direktorin des WSI, sagte, es sei kein Zufall, dass vor allem Berufe mit sehr geringer Vergütung Lehrstellen nicht besetzen können. “Die Klagen der Arbeitgeber:innen über mangelndes Interesse der Jugendlichen an einer Ausbildung sind nicht glaubwürdig, wenn gleichzeitig nur eine geringe Ausbildungsvergütung bezahlt wird, wie es zum Beispiel häufig im Handwerk der Fall ist.” Nach dem Berufsbildungsgesetz müssen auch nicht-tarifgebundene Unternehmen Tarifverträge als Orientierung berücksichtigen und dürfen nicht mehr als 20 Prozent nach unten abweichen.

    • Ausbildung
    • Berufliche Bildung
    • Fachkräftemangel

    Ausbildung: In welchen Berufen es besonders viele Azubis gibt  

    Die meisten Azubis begannen 2023 eine Ausbildung in der Softwareentwicklung, zumindest relativ betrachtet. Das ist das Ergebnis einer Kurzstudie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW). Ihr zufolge kamen in der Softwareentwicklung knapp 33 neue Azubis auf 100 sozialversicherungspflichtige Beschäftigte – deutlich mehr als in allen Berufen im Durchschnitt (4 pro 100). Betrachtet hat das IW 139 Berufsgattungen, in denen mindestens 10.000 Menschen beschäftigt sind.

    Der Blick auf die Top-10-Berufe mit der höchsten Quote an Ausbildungsanfängern zeigt: Es handelt sich um mehrere MINT-Berufe und Berufe, die für die ökologische Transformation und die Digitalisierung wichtig sind, etwa die Automatisierungstechnik. Für die meisten der Berufe können in den Betrieben auch überdurchschnittlich viele Lehrstellen besetzt werden. In der Kältetechnik, im Hotelservice und in der Zimmerei ist der Anteil unbesetzter Ausbildungsplätze jedoch vergleichsweise hoch.

    Ausbildung soll zur Fachkräftesicherung beitragen

    Die Ausbildungsbereitschaft hängt eng mit dem Beschäftigungsaufbau zusammen, konstatiert Studienautorin Paula Risius, die am IW zur Fachkräftesicherung forscht. In der Softwareentwicklung verdoppelte sich zwischen 2014 und 2023 sogar die Zahl der Beschäftigten (auf 23.000). In der Veranstaltungstechnik wuchs sie um 82 Prozent, bei Tiermedizinischen Fachangestellten um 72 Prozent. “Das verdeutlicht, dass Unternehmen nicht ausbilden, um sich für die Dauer der Ausbildung günstige Arbeitskräfte zu sichern und diese bald wieder hinauszuwerfen”, sagte die IW-Forscherin Table.Briefings. “Stattdessen sind sie an einer langfristigen Beschäftigung interessiert.”

    In neun der zehn Berufe bestehen zudem Fachkräfteengpässe – die Ausbildung scheint hier ein wichtiges Gegenmittel zu sein. Sechs der Berufe gibt es erst frühestens seit Ende 1990er-Jahre – Fachinformatiker, Mechatroniker, Tiermedizinische Fachangestellte sowie Kälte-, Automatisierungs- und Veranstaltungstechniker. Diese Berufe befinden sich so gesehen noch im Aufbau. “Ein weiterer Grund für die hohe Ausbildungsbereitschaft kann auch sein, dass einige Azubis sich nach Ende der Lehre bald umorientieren und Unternehmen dies vorausschauend berücksichtigen”, sagt Risius. Etwa von der Softwareentwicklung in ein Studium oder aus dem Handwerk in die Industrie. Nicht so entscheidend sei in den Top-10-Berufen hingegen der demografische Wandel: Der Anteil der Beschäftigten über 55 Jahren ist in diesen Berufen deutlich geringer als in anderen Berufen. Anna Parrisius

    • Ausbildung
    • Berufliche Bildung
    • Berufsorientierung
    • Fachkräftemangel
    • MINT

    Schulbibliotheken: Schwedens neuer Plan zur Leseförderung

    In Schweden sollen Schülerinnen und Schüler deutlich umfangreicheren Zugang zu Schulbibliotheken erhalten. Alle Schüler hätten das Recht auf eine mit Personal besetzte Schulbibliothek, teilte das schwedische Bildungsministerium in einer Pressemitteilung mit. Die Regierung setzt darauf, mit strengeren Anforderungen an die Personalausstattung und die Qualität der Bibliotheken die Lesekompetenzen von Kindern und Jugendlichen zu verbessern.

    Bislang gebe es von Schule zu Schule starke Unterschiede, kritisiert die schwedische Bildungsministerin Lotta Edholm. “Während einige Schüler Zugang zu einer voll ausgestatteten Schulbibliothek mit vielen Büchern und einem ausgebildeten Bibliothekar haben, stehen anderen nur ein paar Bücher in einem kleinen Raum zur Verfügung.”

    Bibliothekare sollen Lehrer unterstützen

    Der Gesetzesentwurf sieht vor, Schulbibliotheken stärker zu besetzen. Dies soll den Bibliothekaren ermöglichen, sich stärker in das Schulumfeld einzubringen. Erklärtes Ziel: Schulbibliothekare sollen gemeinsam mit den Lehrern die Lesekompetenz und das Leseinteresse der Schüler stärken.

    Doch auch Schulleiter werden stärker in die Pflicht genommen. Jeder Schulleiter muss dem Gesetzesentwurf zufolge einen Bibliotheksplan erstellen. Dieser soll regeln, wie die Schulbibliothek funktionieren und zum Lernen der Schüler beitragen soll.

    Mehr Lese- statt Bildschirmzeit

    Der Vorschlag der schwedischen Regierung steht in Einklang mit dem Wechsel im schwedischen Kurs, insbesondere in der Grundschule wieder einen stärkeren Fokus auf das analoge Lernen zu legen. Bereits nach den IGLU-Ergebnissen diagnostizierte Bildungsministerin Edholm eine “Lesekrise” an den schwedischen Schulen. Daraufhin bremste sie die bereits weit fortgeschrittene Digitalisierung an Grundschulen.

    Die Kosten für die aktuellen Vorschläge werden umgerechnet auf rund 18,6 Millionen Euro im Jahr 2025 und 37,4 Millionen Euro ab 2026 geschätzt. Die vorgeschlagenen Gesetzesänderungen sollen am 1. Juli 2025 in Kraft treten. Vera Kraft

    • Basiskompetenz
    • Bildung
    • Bildungspolitik
    • Grundschule
    • Schule
    • Schweden

    Jugendschutz im Netz: Wie sich Interessenvertreter nun einbringen können

    Die Kommission ruft dazu auf, Meinungen zu den geplanten Leitlinien zum Jugendschutz im Internet abzugeben. Nach ihrer Verabschiedung sollen diese Leitlinien vorgeben, wie Online-Plattformen Datenschutz, Sicherheit und Gefahrenabwehr für Minderjährige im Internet umsetzen müssen, um den Anforderungen des Digital Services Act (DSA) zu genügen. Die Kommission will die Leitlinien vor dem Sommer 2025 beschließen.

    Daher bittet sie nun um Feedback zum vorgeschlagenen Anwendungsbereich und Ansatz der Leitlinien sowie zu bewährten Verfahren und Empfehlungen für Maßnahmen zur Minderung der Risiken. Die Kommission fordert alle Interessengruppen auf, sich an der Sondierung zu beteiligen und bittet vor allem um wissenschaftliche Berichte und Forschungsarbeiten zu dem Thema.

    Einreichungen bis 30. September

    Mit Ausnahme von Klein- und Kleinstunternehmen werden die Jugendschutzleitlinien für alle Online-Plattformen gelten, die für Minderjährige zugänglich sind. Dazu gehören auch solche, die nicht für Minderjährige bestimmt sind, aber dennoch minderjährige Nutzer haben, etwa wegen unzureichender Mechanismen zur Altersverifizierung.

    Die Frist für zum Einreichen von Beiträgen läuft noch bis zum 30. September. Die Kommission wird die Beiträge der Interessengruppen zur Erstellung der Leitlinien verwenden und eine separate Konsultation zum Entwurf der Leitlinien durchführen. vis

    • Digital Services Act
    • Digitalpolitik
    • Jugendliche

    Heads

    Die entscheidenden Köpfe der Bildungsszene – Verbände

     Christian Büttner – Geschäftsführer des Forschungsinstituts Bildung Digital (FoBiD)  

    Als Vorstandsvorsitzender des größten deutschen Netzwerks für digitale Bildung, dem Bündnis für Bildung e.V., vernetzt Christian Büttner Digitalunternehmen und treibt Bildungsinnovationen voran. Zudem leitet er seit März 2024 das Forschungsinstitut Bildung Digital (FoBiD), das digital-didaktische Bildungsangebote erforscht und entwickelt. Zuvor war er Leitender Direktor des Instituts für Pädagogik und Schulpsychologie Nürnberg (IPSN) und im Geschäftsbereich Schule und Sport der Stadt Nürnberg tätig. Doch auch mit der Schulpraxis ist er bestens vertraut: Nach seinem Studium der Wirtschaftspädagogik unterrichtete Büttner sieben Jahre als Berufsschullehrer. 

    Jörg Dittrich – Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH) 

    Er wird nicht müde zu kritisieren, dass Ausbildung und Studium ungleich behandelt werden. Jörg Dittrich ist oberster Fürsprecher der Handwerksbetriebe und damit eines Wirtschaftszweigs, der besonders stark unter dem Fachkräftemangel leidet. Geht es nach ihm, braucht es mehr Geld für die berufliche Bildung, der öffentliche Sektor sollte Meister und Bachelor gleichwertig behandeln und Schulen ein besseres Bild vom Handwerk vermitteln. Als Dachdeckermeister führt der ZDH-Präsident selbst einen Dresdner Familienbetrieb in vierter Generation. Zudem hat er drei weitere Baubetriebe gegründet. 

    Marc Elxnat – Beigeordneter für Bildung beim DStGB 

    Seit Anfang des Jahres ist Marc Elxnat Beigeordneter für Recht, Bildung, Soziales, Kultur und Sport beim Deutschen Städte- und Gemeindebund (DStGB). Der DStGB arbeitet für 11.000 große, mittlere und kleinere Kommunen in Deutschland. Entsprechend kenntnis- und einflussreich ist Elxnat, wenn es um die Positionierung der Kommunen geht, gerade auch in bildungspolitischen Fragen. Der Jurist ist gefragter Fachmann, sei es im Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft, wenn es um das kostenfreie Mittagessen in Kitas und Schule geht, oder im Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zur Kindergrundsicherung. Und natürlich ist Elxnat dicht dran an den Ländern und am BMBF, damit beim Digitalpakt und dem Startchancen-Programm die Kommunen gehört werden. 

    Maike Finnern – Bundesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) 

    Seit 2021 setzt sich Maike Finnern als Vorsitzende der GEW für bessere Arbeitsbedingungen im Bildungssektor ein. Außerdem macht sie sich stark für eine stärkere Kooperation zwischen Bund und Ländern. An Lehrkräfte appelliert sie, die Verfassung zu verteidigen – und über mögliche Gefahren durch rechtsextreme Parteien aufzuklären. Sie selbst arbeitete auch als Lehrerin und unterrichtete an einer Realschule Deutsch und Mathematik. Später wurde sie zweite Konrektorin der Realschule in Enger/Kreis Herford. Bevor sie zur Bundesvorsitzenden der GEW wurde, war sie im Landesvorsitz der GEW Nordrhein-Westfalen und als Personalrätin im Schulministerium in NRW tätig. Mehr über Maike Finnern lesen Sie in diesem Porträt

    Simone Fleischmann – Präsidentin des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbands (BLLV) 

    Weit über Bayern hinaus ist Simone Fleischmanns Stimme zu hören, wenn es um gute Bildung und die Stärkung von Lehrkräften in Krisenzeiten geht. Ihr Motto lautet: “Bildung mit Herz. Kopf. Hand.” Seit 2015 ist sie Präsidentin des BLLV, der inzwischen etwa 67.000 Mitglieder aller Schularten hat. Dabei rückt sie auch immer wieder eine Schulart in den Fokus, die oft vergessen wird – die Hauptschule, die in Bayern inzwischen Mittelschule heißt. Fleischmann selbst hat so eine Schule jahrelang erfolgreich geleitet. Sie steht in sehr engem Austausch mit Lehrkräften und Schulleitungen und kennt die Herausforderungen, mit denen Schulen derzeit zu kämpfen haben. Wortgewandt macht sie darauf aufmerksam und erzeugt den nötigen Druck – zum Beispiel bei der erfolgreichen Durchsetzung von A13 auch für Lehrkräfte an Grund- und Mittelschulen in Bayern. Mehr über Simone Fleischmann in diesem Porträt.  

    Beth Havinga – Geschäftsführerin der European EdTech Alliance (EEA) 

    Als Mitgründerin und Geschäftsführerin der European EdTech Alliance (EEA) setzt sich Beth Havinga dafür ein, die digitale Bildungslandschaft in Europa zugänglicher zu machen. Unter anderem plädiert sie für Evaluationsmechanismen und mehr Testzentren, damit Schulen Vertrauen in EdTechs gewinnen können. Mit ihrer eigenen Beratungsfirma, Connect-EdTech, berät Havinga den Europarat unter anderem zur Regulierung von Künstlicher Intelligenz im Bildungsbereich. Zudem vertritt sie Deutschland als Delegationsleiterin im Europäischen Komitee für Standardisierung von Lerntechnologien und unterstützt Ministerien dabei, Strategien für den Einsatz von Bildungstechnologien zu entwickeln.  

    Susanne Lin-Klitzing – Bundesvorsitzende des Deutschen Philologenverbands 

    Ohne Gymnasium ist für Suanne Lin-Klitzing, die seit 2017 den Deutschen Philologenverband leitet, die deutsche Schullandschaft nicht vorstellbar. Nicht – das betont die Professorin für Erziehungswissenschaft immer wieder – weil sie eine Bewahrerin der Tradition ist, sondern weil sie sich für Vielfalt im Schulsystem starkmacht. Nur so könnten Schüler optimal gefördert und Bildungsqualität gewährleistet werden. Ein Herzensthema ist für Lin-Klitzing auch die Lehrerausbildung. Ihr Standpunkt dabei: “Das Lehramtsstudium braucht das Staatsexamen“, der Vorbereitungsdienst dürfe nicht gekürzt werden und das Studium sollte nach Schulart differenziert erfolgen. 

    Pankraz Männlein – Vorsitzender des Bundesverbands der Lehrkräfte für Berufsbildung  

    Er vertritt die Stiefkinder der deutschen Bildungspolitik: Berufsschulen. Neben dem Bundesverband für Berufsschullehrer leitet Pankraz Männlein auch den bayerischen Landesverband. Das alles macht er ehrenamtlich – neben seiner Arbeit als Schulleiter einer Berufsschule für Steuerfachangestellte, Kaufleute und Medizinische Fachangestellte in Bamberg. Sein Credo: Berufsschulen sind vielseitiger, als viele denken. Das versucht er auch der Politik zu vermitteln. Mehr über Pankraz Männlein erfahren Sie in diesem Porträt

    Daniela Schneckenburger – Beigeordnete für Bildung beim Deutschen Städtetag

    Über 90 Prozent der Schulen in Deutschland werden von Kommunen getragen. Und Daniela Schneckenberger kennt die größten Herausforderungen genau. Denn sie war Lehrerin in NRW, sieben Jahre lang Schuldezernentin in Dortmund, und ist seit 2022 Beigeordnete für Bildung, Integration, Kultur, Sport und Gleichstellung beim Deutschen Städtetag. Hier haben sich weit mehr als 3.000 Städte und Gemeinden mit rund 53 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern zusammengeschlossen. Die Positionen Schneckenburgers, die von 2006 bis 2010 Landesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen in NRW war, haben dementsprechend Gewicht in bildungspolitischen Debatten. So ist sie überzeugt: “Die Trennung in innere und äußere Schulverwaltung ist nicht mehr zeitgemäß.” Insbesondere die Digitalisierung erfordere mehr Kooperation zwischen Land und Kommune. 

    Stefan Spieker – Geschäftsführer der Fröbel Bildung und Erziehung gGmbH 

    Die grundlegende Bedeutung, die frühe Bildung für Bildungsbiografien hat, zweifelt niemand an. Gleichzeitig ist die Kita-Krise allgegenwärtig. Der Mangel an Fachkräften ist groß, der Bedarf an Kita-Plätzen ebenfalls, der Ruf nach einheitlichen Qualitätsstandards laut. Stefan Spieker zählt zu den meistbeachteten Person, die hier politisches Handeln einfordern – beharrlich und konstruktiv. Denn Spieker, der auch Vizepräsident der IHK Berlin ist, ist ein Verfechter großer Transparenz, wenn es um die Kita-Qualität geht. “Wir müssen stärker auf die Ergebnisqualität von Kitas schauen”, sagte er jüngst bei der Übergabe einer Studie zur Machbarkeit eines bundesweiten Kita-Qualitätsmonitorings an Bundesfamilienministerin Lisa Paus. Fröbel betreibt aktuell weit mehr als 200 Krippen, Kindergärten und Horte in zwölf Bundesländern. Und geht mit einer eigenen Transparenzoffensive voran.

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    Best of Table

    Research.Table. Fördergeldaffäre: Stark-Watzinger soll erneut in Sondersitzung aussagen. Die Bildungsministerin steht weiter unter Druck. Am 10. September soll sie in einer Sondersitzung des Forschungsausschusses aussagen – zusammen mit der durch sie entlassenen Staatssekretärin Sabine Döring. Was sich die Opposition davon erhofft, lesen Sie hier.

    Africa.Table. Fachkräftemangel: Warum so wenig Arbeitskräfte aus Afrika nach Deutschland kommen. Ausländische Fachkräfte kommen vor allem aus Europa, Asien und Lateinamerika nach Deutschland. Das Interesse in den afrikanischen Ländern ist dagegen vergleichsweise gering. Warum das primär mit der deutschen Entwicklungspolitik zu tun hat, lesen Sie hier.

    Must Reads

    Informationsdienst Wissenschaft: Wie hat sich die Arbeit von Lehrkräften durch die Pandemie verändert? Dieser Frage geht das Projekt “Soziologische Pandemiefolgenforschung am SOFI Göttingen” nach. Das Impulspapier kommt zu dem Schluss, dass durch die Pandemie digitale Unterrichts- und Kommunikationsformen mehr in den Schulalltag gelangt sind. Dies sei teils arbeitserleichternd, verursache aber auch Stress. Auch ein verändertes Sozialverhalten der Schüler sei eine neue Herausforderung für die Lehrkräfte. Das Forschungsprojekt läuft noch bis zum Jahresende. (Welche Folgen hinterlässt die Covid-19-Pandemie in der Arbeit von Lehrkräften?

    MDR: Holter sieht 900 fehlende Lehrkräfte in Thüringen. Im Interview sagt Bildungsminister Holter, um Unterrichtsausfall zu vermeiden, setze er auf Quer- und Seiteneinsteiger, aber auch auf Fachfremde. Von einem möglichen Rückgang der Schülerzahlen durch geburtenschwache Jahrgänge erhofft sich Holter keine Entlastung. Es sei wichtig, weiterhin Lehrkräfte einzustellen und Schulen mit multiprofessionellen Teams mit beispielsweise Sozialpädagogen zu besetzen. (Bildungsminister Holter: “Zwei Lehrergenerationen fehlen“) 

    SZ: Pädagoge Zierer für bessere Verankerung von Demokratiebildung. In Bayern gibt es demnächst im Schulunterricht eine “Verfassungsviertelstunde”. Diese wöchentliche Einheit soll der Demokratiebildung dienen. Der Pädagogikprofessor Klaus Zierer begrüßt diese neue Struktur. Häufig fehle es für gelungene Demokratiebildung an passenden, fest verankerten Strukturen. Formen der demokratischen Teilhabe wie die Schülerversammlung oder Diskussionen im Unterricht seien oft nicht gut umgesetzt. (Forscher sieht weiteren Bedarf an Schul-Demokratiebildung

    Tagesspiegel: Anstieg von rechtsextremen Vorfällen an Berliner Schulen. 2021 wurden 41 Fälle gemeldet. Diese Zahl stieg 2022 auf 64; 2023 waren es schon 70. Dieses Jahr ist ein erneuter Anstieg zu erwarten. In der ersten Jahreshälfte gab es bereits 48 Vorfälle. Diese umfassen meist Schmierereien, das Zeigen des Hitlergrußes, teils Beschimpfungen oder auch Gewalt. Die Dunkelziffer liegt wahrscheinlich höher. Besonders viele Vorfälle gab es in den östlichen Stadtbezirken. (Hitlergrüße, Schmierereien, Parolen: Zahl rechter Vorfälle an Berliner Schulen nimmt zu

    Dlf: Wie lassen sich Schulabbrecher erreichen? Die Zahl der Menschen ohne Schulabschluss steigt. Zeitgleich gibt es viele unbesetzte Ausbildungsplätze. Jugendberufsagenturen versuchen durch engmaschige Betreuung, diese Jugendlichen zurückzugewinnen. In Deutschland werden Bildungsverlaufsdaten nur selten erfasst. Diese könnten gezieltere Angebote für Bildungsabbrecher ermöglichen. Skandinavische Länder sind deutlich weiter. (Wie sich Berufsperspektiven entwickeln lassen

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