immer mehr Schülerinnen und Schüler kommen inzwischen in den Genuss von Informatikunterricht. Das ist die gute Nachricht des neuen Informatikmonitors, den meine Kollegin Vera Kraft sich exklusiv anschauen konnte. Allerdings, das zeigt der Monitor auch, sind es noch lange nicht alle – und es fraglich ist, wo für eine flächendeckende Ausweitung überhaupt die Lehrkräfte kommen sollen. Wie ein neues Verständnis von Informatikunterricht helfen kann und was externe Experten bewirken, das lesen Sie in unserer ersten Analyse.
Eine frohe Botschaft gibt es heute für die empirischen Bildungsforscher im Land. Das Bundesforschungsministerium hat einen neuen Rahmenplan aufgesetzt mit dem vielversprechenden Titel: “Gemeinsam für bessere Bildung”. Es ist auf sieben Jahre angelegt. Bereits in den ersten fünf Jahren will der Bund einen dreistelligen Millionenbetrag investieren, haben wir exklusiv erfahren.
Das Programm trägt unverkennbar die liberale Handschrift der FDP-Ministerin Bettina Stark-Watzinger, die sich Wirksamkeit und maximalen Transfer in die Praxis auf die Fahnen geschrieben hat. Was das aber für die empirische Bildungsforschung bedeutet, zeigt unser Blick in die Tiefen des Programms.
Bleiben Sie uns gewogen.
Immer mehr Schülerinnen und Schüler erhalten Informatikunterricht. Für knapp zwei Drittel (71 Prozent) ist Informatik in der Sekundarstufe I in diesem Schuljahr ein Pflichtfach. Vor fünf Jahren hatte nur ein Drittel (33 Prozent) der Schüler dieser Stufe Informatik als Pflichtfach. Das geht aus dem diesjährigen Informatikmonitor hervor, der von der Gesellschaft für Informatik, dem Stifterverband und der Heinz Nixdorf Stiftung herausgegeben wird und der Table.Briefings exklusiv vorlag (Vorab-Link zur Veröffentlichung). Der Länderüberblick zeigt aber auch: Der Großteil der Schüler erhält weiterhin weniger Informatikunterricht als empfohlen.
Nur sechs Prozent der Schüler erhalten ausreichend Informatikunterricht. Die wissenschaftlichen Berater der Bildungsminister (SWK) empfehlen eine Stunde Informatik pro Woche von der 5. bis zur 10. Klasse. Das entspricht sechs Wochenstunden über die gesamte Sekundarstufe I. Meistens erhalten die Schüler jedoch nur ein bis zwei Wochenstunden verpflichtenden Informatikunterricht.
Sieben Bundesländer bieten ihren Schülern weiterhin keinen verbindlichen Informatikunterricht an. Zwei Bundesländer erweiterten für das Schuljahr 2024/25 ihr Angebot. Thüringen führte das Pflichtfach “Medienbildung und Informatik” ein (wir berichteten). Mit einem Gesamtumfang von sechs Wochenstunden in den Jahrgangsstufen 5 bis 10 gehört Thüringen damit nun zu den Spitzenreitern. Die Umsetzung erfolgt schrittweise bis 2030, beginnend mit einer Wochenstunde in Jahrgangsstufe 5.
In Schleswig-Holstein gibt es ab diesem Schuljahr für die Jahrgangsstufen 7 bis 10 Informatik als Pflichtfach im Gesamtumfang von vier Wochenstunden. Hamburg und Bremen, die bisher keine Pflichtstunden haben, wollen ihr Informatikangebot in den kommenden Jahren ausweiten. In Bremen gibt es das Fach Informatik bisher nur in der gymnasialen Oberstufe oder an einzelnen Schulen als Wahlpflichtfach.
Im nächsten Schuljahr soll in Bremen eine Pilotphase starten, bevor das Fach dann 2027 flächendeckend zur Pflicht wird. Zudem erarbeite die Bildungsbehörde zusammen mit der Universität Bremen ein Weiterbildungskonzept für Lehrkräfte.
Viele Länder bilden Lehrkräfte weiter, um den Bedarf an Informatiklehrern zu decken. Im vergangenen Jahr wurden bundesweit mehr als 1.200 neue Informatiklehrkräfte qualifiziert, drei Viertel davon durch Weiterbildungsmaßnahmen.
Um den Informatikunterricht flächendeckend und im empfohlenen Umfang anzubieten, bräuchte es Hochrechnungen zufolge jedoch rund 22.800 zusätzliche Lehrkräfte. Im vergangenen Schuljahr waren knapp 10.000 Informatiklehrkräfte beschäftigt.
Die Informatiklehrkräfte müssen Schülern ein breites Themenfeld vermitteln können. “Allzu häufig wird Informatik mit Programmieren assoziiert, doch das greift viel zu kurz”, sagt Alexander Drechsel, Geschäftsführer vom Hamburger Bürger-Rundfunk und Ausbildungskanal “TIDE”. Der Medientrainer hat im Bereich Medienpädagogik mit den Bildungsministerien in Hamburg und Schleswig-Holstein zusammengearbeitet. Er sagt: Kinder sollten beispielsweise lernen, wie Social-Media-Plattformen funktionieren oder welche Logik hinter generativer Künstlicher Intelligenz steckt.
Auch Annekatrin Bock, Professorin für Medienforschung mit dem Schwerpunkt Digitalisierung der Bildung an der Universität Vechta sagt: Schule sollte die Fähigkeiten vermitteln, um am öffentlichen Leben teilzunehmen. “Ich sehe es kritisch, dass wir dabei zu stark auf die Technologie schauen.” Es gehe nicht nur darum, wie sich Technik sinnvoll nutzen lasse, sondern auch darum, Technologieversprechen kritisch zu hinterfragen.
Ergänzend zur informatorischen Bildung müsse der Unterricht daher auch gesellschaftliche Aspekte der Digitalisierung abdecken, sagt Bock. Statt sich etwa allein darauf zu konzentrieren, wie KI individuelles Lernen beschleunigen könne, könnten Schüler sich damit beschäftigen, wie sich Technologien für die Gemeinschaft einsetzen lassen. Zudem sei es wichtig, zu verstehen, welche Kompetenzen als Schulfach Informatik vermitteln soll. “Analytisches Denken lässt sich nicht nur im Programmieren, sondern zum Beispiel auch im Sprachunterricht üben”, sagt Bock.
In Thüringen hat eine Evaluation jedoch ergeben: Fächerübergreifende Medienbildung allein genügt nicht. Das neue Fach “Medienbildung und Informatik” soll daher sowohl Grundkenntnisse zu digitalen Anwendungen als auch eine kritische Auseinandersetzung etwa mit Medien im Alltag beinhalten, wie eine Sprecherin des Thüringer Bildungsministeriums Table.Briefings mitteilte.
“Fächerübergreifende Impulse” für den Unterricht soll es trotzdem weiterhin geben. Wenn Schüler medienkompetent handeln können, unterstütze das auch den Lern- und Arbeitsprozess und die fachspezifischen Kompetenzen.
Viele Schulen setzen zudem auf externe Experten, etwa Medienpädagogen. Ergänzend zum Unterricht können diese mit den Jugendlichen praxisnahe Projekte oder Lerneinheiten durchführen. Dies kann den Lehrern den Druck nehmen, laufend die Entwicklungen von Hard- und Software zu verfolgen und Didaktik und Methodik kontinuierlich anpassen zu müssen. Denn angesichts des Lehrkräftemangels und der hohen Teilzeitquote in den Kollegien stellt das Lehrerinnen und Lehrer häufig mindestens vor eine zeitliche Überforderung.
Ein Lösungsansatz kann ein Tandem-Modell sein, schlägt Drechsel vor. Die Grundidee ist, dass Klassen- und Fachlehrkräfte regelmäßig Medienpädagogen in ihren Unterricht einbeziehen. Gemeinsam mit ihnen gestalten sie Lernziele, die die Schülerinnen und Schüler in einem Lernprozess dann erarbeiten und anwenden. Der Vorteil: Dieses Tandem-Modell kann als Querschnittsaufgabe in vielen Unterrichtsfächern wirken und stärker an der Lebenswirklichkeit der Jugendlichen ausgerichtet werden.
Auch andere Projekte setzen auf “authentische” Medienbildung. Das Programm “Medienscouts NRW” der Landesanstalt für Medien in Nordrhein-Westfalen bildet beispielsweise Jugendliche und Fachberatungskräfte aus, die dann gemeinsam in den Schulen die Fragen von Schülern beantworten können. Doch den Lehrermangel spüren auch diese Projekte. Die Lehrkräfte, die das Programm als Berater begleiten, müssen das ehrenamtlich machen – und daher mit der Schulleitung erst einmal die Zeit dafür aushandeln.
Sieben Jahre Laufzeit, 300 Millionen Euro bereits für die ersten fünf Jahre. Das sind die wohl wichtigsten Eckpunkte des neuen Rahmenprogramms für die empirische Bildungsforschung, das das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) jetzt aufgelegt hat, wie Table.Briefings erfuhr. Titel des Programms: “Gemeinsam für bessere Bildung“.
In Ansätzen hatte es der Parlamentarische Staatssekretär im BMBF, Jens Brandenburg (FDP), bereits am vergangenen Freitag auf dem Bildungspolitischen Forum 2024 des Leibniz-Forschungsnetzwerks Bildungspotenziale (LERN) vorgestellt. Jetzt liegen die Details vor.
Zunächst wird es im Vergleich zum bisherigen Rahmenplan neue Schwerpunkte geben. Das Augenmerk der Forscher soll stärker als bisher auf digitale Bildung, Künstliche Intelligenz sowie auf Bildung in der Migrationsgesellschaft gelenkt werden.
Die vier vom BMBF identifizierten Handlungsfelder für empirische Bildungsforscher lauten:
“Gemeinsam für bessere Bildung” ist das dritte Rahmenprogramm des Bundes für die empirische Bildungsforschung. Das erste startete 2007. Die Programme haben aus Sicht des BMBF “entscheidend dazu beigetragen”, die empirische Bildungsforschung in Deutschland aufzubauen. Mit dem neuen Programm soll “eine gezielte Weiterentwicklung des Bildungssystems angestoßen werden”.
Die forschungs- und förderpolitischen Ziele des Rahmenprogramms beschreibt das BMBF so:
Das Rahmenprogramm trägt eine liberale Handschrift. Im Haus wird auf die Schwerpunktsetzung auf Digitales und Migration verwiesen. Erkennbar ist es aber daran, was Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) zu Table.Briefings sagt: Das Programm umfasse und verbinde “BMBF-Aktivitäten im Bildungsbereich wie die Finanzielle Bildung”.
Noch allerdings steht finanzielle Bildung gar nicht auf den Lehrplänen der allermeisten Länder oder Schulen. Was die empirischen Forscher, die sich vor allem um schulische Bildung kümmern, hier genau untersuchen sollen, bleibt offen.
Wirkung wird das Programm zunächst ohnehin vor allem nach innen zeigen. Wann immer es darum gehen wird, Förderrichtlinien anzupassen oder neue Forschungsprojekte auszuschreiben, müssten sich die jeweiligen Referenten und Abteilungsleiter im BMBF an den Vorgaben des neuen Rahmenprogramms orientieren, heißt es.
Was alles daraus folgt, kann im Frühjahr diskutiert werden. Am 25. und 26. März lädt das BMBF zur Bildungsforschungstagung 2025 in Bonn ein. Ganz im Sinne der Ministerin steht die Tagung unter dem Motto: “Gemeinsam für mehr Wirkung”.
In den Verhandlungen zum Digitalpakt II beharrt der Bund auf seiner Forderung nach einer 50:50-Finanzierung. Eine neue Verhandlungsrunde am Montag blieb ergebnislos, erfuhr Table-Briefings. Die Länder sollen genauso viel Geld wie der Bund investieren, heißt es aus dem Bundesbildungsministerium. Die Länder wollen sich allerdings bestehende Ausgaben anrechnen lassen können. Das wiederum lehnt der Bund bisher ab.
Als Fortschritt wird gewertet, dass die Länder sich offenbar grundsätzlich bereit zeigen, die 50:50-Finanzierung zu akzeptieren. Anfangs hatte es auch dagegen starken Widerspruch gegeben (wir berichteten).
Der Bund verspricht seinerseits, 2,5 Milliarden Euro “frisches Geld” zu geben, das er über die Laufzeit von 2025 bis 2030 in den Digitalpakt II investieren will. Das entspricht allerdings nur gut einem Drittel des Bundesanteils im Digitalpakt I. Die Länder müssten ihren Anteil dagegen von einer halben Milliarde auf 2,5 Milliarden Euro erhöhen.
Die Länder verwiesen in der Verhandlung mit dem Bund auf ihre knappen Haushaltskassen. Und erklärten, dass sie bereits viel Geld in digitale Infrastruktur und Bildung stecken würden. Dies würden sie auch in Zukunft tun. Wären ihre bisherigen Leistungen schon im Digitalpakt I angerechnet worden, wäre da bereits eine hälftige Finanzierung herausgekommen.
Offen ist, ob der Bund eine Anrechenbarkeit in den Verhandlungen grundsätzlich ausgeschlossen hat. Wie Table.Briefings erfuhr, soll es in der Hausspitze des BMBF für die Anrechenbarkeit von Länder-Leistungen, die im engsten Sinne etwas mit der Neubeschaffung von digitalen Endgeräten zu tun haben, eine gewisse Offenheit geben. Keine Kompromissbereitschaft könne es dort geben, wo die Länder Leistungen anrechnen lassen wollen, die ohnehin in den Kernbereich ihrer Kompetenz fallen.
Angestrebt wird von allen Seiten eine Einigung noch in diesem Jahr. Am besten, bevor im Bundestag die Haushälter am 14. November zur Bereinigungssitzung zusammenkommen. Zusätzlich zu dem regulär geplanten Termin am 7. November soll deshalb schon am 29. Oktober weiterverhandelt werden.
Möglich wäre allerdings auch eine Einigung erst im kommenden Jahr. Im Haushaltsentwurf für das kommende Jahr sind 1,62 Milliarden Euro eingeplant. Damit sollen verbleibende Ansprüche aus dem Digitalpakt I bezahlt werden. Im BMBF wird davon ausgegangen, dass von diesem Geld ein mittlerer dreistelliger Millionenbetrag nicht abgerufen wird. Mit diesem Geld könnten dann etwaige Ansprüche aus dem noch zu schließenden Digitalpakt II beglichen werden.
Jens Brandenburg (FDP), Parlamentarischer Staatssekretär im BMBF, fordert die Länder jetzt auf, “dringend Klarheit” zu schaffen, “ob sie den Digitalpakt wirklich wollen“. Sie hätten “bis heute keinen einzigen neuen und frischen Länder-Euro” in Aussicht gestellt. Das sei “eine bittere Enttäuschung”.
Kai Gehring (Grüne), Vorsitzender des Bildungs-Ausschusses im Bundestag, appelliert an Bund und Länder: “Der Finanzierungsstreit muss enden.” Der finanzielle und fachliche “Einigungskorridor” sei “ausgeleuchtet” und müsse jetzt genutzt werden, um für Planungssicherheit vor Ort zu sorgen. Vera Kraft/Thorsten Denkler
Die Ampel-Fraktionen wollen Meistern oder Fachwirten Zugang zum gehobenen und höheren öffentlichen Dienst bieten. Das fordern sie in einem gemeinsamen Antrag, der an diesem Donnerstagabend im Bundestag debattiert werden soll. Die Fraktionen wollen damit die Gleichwertigkeit beruflicher und akademischer Bildung stärken und die Attraktivität der Berufsausbildung erhöhen. Der Antrag trägt den Titel “Damit die Ausbildung eine verlässliche Zukunft garantiert” (zum Download).
SPD, Grüne und FDP fordern die Bundesregierung auf, zu prüfen, ob eine rechtliche Verankerung des Deutschen Qualifikationsrahmens (DQR) zu mehr Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung beitragen kann. Der DQR ordnet die Bildungsabschlüsse acht Niveaustufen zu – der Industriemeister etwa ist auf einer Stufe mit dem Bachelor (Niveau 6), der Betriebswirt auf einem Level mit dem Master (Niveau 7). Bisher schafft der DQR nur Transparenz über die Vergleichbarkeit. Hat aber keine rechtliche Bindung.
Die Ampel-Fraktionen fordern die Bundesregierung außerdem auf, die Berufsorientierung auszubauen, um mehr Jugendliche für einen Ausbildungsberuf zu gewinnen. Die Bundesregierung soll mit der Kultusministerkonferenz Schülern in allen Schulformen die Möglichkeit geben, “handwerkliche Fähigkeiten zu entwickeln und praktisch zu erproben“. Zudem sollen Berufs- und Studienorientierung zeitnah in der Lehramtsausbildung verankert werden.
Stephan Albani, Berichterstatter für berufliche Bildung in der Unionsfraktion, reicht das nicht. Er sagte zu Table.Briefings: Die Ampel “präsentiere lediglich Absichtserklärungen und unverbindliche Prüfaufträge”. Er fordert Exzellenzwettbewerbe und regionale Azubi-Campus, um die Attraktivität der Ausbildung zu steigern. Die Berufsorientierung solle unter Einsatz von Künstlicher Intelligenz individuell zugeschnitten werden. Es brauche zudem “bundesweit einheitliche Standards für die Zusammenarbeit zwischen Schulen, Unternehmen und Kammern“.
Kritik kommt auch von Nicole Gohlke, bildungspolitische Sprecherin der Linken. Die berufliche Bildung zu stärken, müsse “oberste Prämisse” sein. Sie sagte Table.Briefings, Investitionen in die beruflichen Schulen fehlten weiterhin. “Die Auswirkungen des initiierten Pakts für berufliche Bildung oder der seit Jahren bestehenden Allianz für Aus- und Weiterbildung sind für die Menschen mitnichten spürbar.” Der Antrag ändere nichts “an den drängenden Problemen in der Aus- und Weiterbildung”. Anna Parrisius
Das Bündnis Ökonomische Bildung Deutschland (BÖB) fordert, Schulen und somit die Bildungsministerien der Länder in die Nationalen Finanzbildungsstrategie der Bundesregierung einzubeziehen. Das geht aus einer Erklärung des BÖB zum “Festival Finanzbildung” des Bundesfinanz- und Bundesbildungsministeriums hervor, das an diesem Dienstag in Berlin stattfand. Die Erklärung liegt Table.Briefings vor. Das BÖB ist ein breites Bündnis unter anderem von Lehrkräften, Stiftungen und Verbänden.
Die BÖB-Vorsitzende Verena von Hugo begrüßt darin zwar die Nationale Finanzbildungsstrategie als “wichtigen Schritt hin zu einer besseren ökonomischen Allgemeinbildung“. Es sei aber “zentral, die Schulen einzubinden”. Im Sinne der “Chancen-, Bildungs- und Generationengerechtigkeit” sei es nötig, “allen Kindern und Jugendlichen in einem geschützten Umfeld, ohne Einfluss von Werbung und Verkaufsinteressen, Zugang zu finanziellem Wissen zu ermöglichen”.
Auffällig war, dass auf keinem Podium des Festivals, in keinem der Foren und Workshops ein Bildungsminister aus den Ländern oder eine Vertretung zu finden war.
Wie Table.Briefings erfuhr, seien die Länder zwar eingeladen gewesen. Es habe aber kaum Rückmeldung gegeben. Schulbildung sei zudem Ländersache. Darum ziele die Nationale Finanzbildungsstrategie nicht explizit auf Schulbildung ab.
In einer Stellungnahme des BÖB zum Referentenentwurf des jüngst vorgestellten Gesetzes zur Stärkung der Finanzbildung (wir berichteten) begrüßt das Bündnis den Entwurf zwar “ausdrücklich”. Es mahnt jedoch an, das der Stiftungsrat der künftig mit der Umsetzung beauftragen Bundesstiftung “Finanzbildung, Geld und Währung” eine “neutrale Rolle einnimmt”. Es müsse auf eine “unabhängige und überparteiliche Besetzung” geachtet werden.
Finanzminister Christian Lindner (FDP) hat auf dem Festival erklärt, dass die Regierung im ersten Schritt eine Plattform für Finanzbildung anbieten wolle. In einem zweiten Schritt sollen dann “qualitätsgesicherte private Angebote” zur Finanzbildung folgen. Bildungsministerin Stark-Watzinger (FDP) kündigte an, pro Jahr neun Millionen Euro für Forschung zu finanzieller Bildung ausgeben zu wollen.
Mit der Nationale Finanzbildungsstrategie setzt die Bundesregierung eine Forderung der OECD nach einer solchen Strategie für Deutschland um. Thorsten Denkler
“Berliner, Autor, Moderator, Medienmacher, Botschafter und Inklusionsaktivist“, das alles steht auf Raúl Aguayo-Krauthausens Website unter der Kategorie “Wer ich bin”. Das ließe sich sogar noch weiter ergänzen. Seine Liste mit Preisen ist lang. Nur eine Auswahl: 2013 erhielt Aguayo-Krauthausen das Bundesverdienstkreuz am Bande, 2023 den Bildungspreis der Hochschule Ansbach.
Das Preisgeld aus Ansbach spendete Aguayo-Krauthausen an den Verein Mittendrin Köln und das Bündnis Inklusion Berlin. Beide setzen sich unter anderem für eine inklusive Schule ein. Aguayo-Krauthausen unterstützt sie dabei mit seinem Verein Sozialheld*innen, einem Zusammenschluss von Medienschaffenden, die sich für eine gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen einsetzt. Den Verein gründete er 2003, mit Anfang 20, zusammen mit seinem Cousin. Auch um sich – unter anderem durch Coaching für Unternehmen – für einen inklusiven Arbeitsmarkt einzusetzen. Wichtig ist ihm, dass Entscheidungsträger nicht mehr ohne behinderte Personen über Inklusion diskutieren.
Aguayo-Krauthausen war selbst in einem inklusiven Kindergarten und in einer inklusiven Schule. Später studierte er Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation sowie Design Thinking. Fähigkeiten und Erfahrungen, die ihm heute bei seinem Einsatz für Inklusion helfen.
Regelmäßig geht er in Schulen. Dort beantwortet er Fragen von Schülerinnen und Schülern rund um das Thema Behinderung. Auch zu seiner Glasknochenkrankheit. Denn, das betont der Aktivist regelmäßig, “auch Menschen ohne Behinderung haben ein Recht darauf, mit behinderten Menschen Zeit zu verbringen. Das ist keine Einbahnstraße.”
Von Überforderung bis Mobbing – die Diskussion um Inklusion wird von vielen Sorgen und Vorurteilen begleitet. 2019 promotet Aguayo-Krauthausen in ganz Deutschland den zweiten Teil des Dokumentarfilms “Die Kinder der Utopie”. Den ersten Teil – der sechs Kinder mit und ohne Behinderungen an einer inklusiven Grundschule begleitet – hatte er interessiert verfolgt, auch weil er selbst auf eben dieser Grundschule war. Und dabei wurde er mit seinen eigenen Vorurteilen konfrontiert. Der Folgefilm, der die Protagonisten zwölf Jahre später nochmal begleitet, sei auch für ihn eine große Lektion gewesen, behinderten Kinder mehr zuzutrauen und zuzumuten. “Wir wissen einfach nicht, was aus jemandem wird.”
Aguayo-Krauthausen warnt vor der Exklusion von Kindern in Förderschulen. Die Schulen würden oft kein Abitur anbieten, “auch wenn die Kinder mit Behinderungen kognitiv dazu in der Lage wären”. Mit Blick auf seine eigene Schullaufbahn in den 1980er-Jahren fragt er sich, wieso das “heutzutage für viele nicht möglich scheint”. Zumal die UN-Behindertenrechtskonvention – die seit 2009 in Deutschland gilt – zu inklusiven Schulen verpflichtet.
Aguayo-Krauthausens Eindruck: Die Kultus- und Bildungsminister würden sich zu schnell von Inklusions-Kritikern verunsichern lassen – auf Kosten nicht nur von Kindern mit Behinderungen, sondern etwa auch von psychisch kranken Kindern oder Kindern mit Migrationshintergrund.
Skandinavische Modelle wie das Unterrichten von Phänomenen statt Fächern ermögliche es Lehrkräften, sich mehr an den individuellen Bedürfnissen der Kinder zu orientieren. Dass Lehrkräfte nicht explizit für den Umgang mit Kindern mit Behinderungen ausgebildeten seien, sollte keine Ausrede sein, findet Aguayo-Krauthausen. “Behinderungen sind so individuell, dass es dafür sowieso niemals eine allgemeingültige Ausbildung geben wird.” Der Schlüssel sei, Lehrkräften generell mehr Zeit einzuräumen, in der sie sich individuell mit den Kindern auseinandersetzen können. “Wenn sich der Unterricht an den Kindern und deren Tempo orientiert, ist es relativ egal, ob ein Kind eine Behinderung hat oder nicht.” Insgesamt fordert Aguayo-Krauthausen, wegzukommen von der Frage: Welche Schule braucht das Kind? “Entscheidend ist: Was braucht das Kind von der Schule?” Kira Münsterberg
Research.Table: Akademische Freiheit: Bringt die Fördermittelaffäre Deutschland in Verruf? Im Jahresbericht der Organisation Scholars at Risk steht auch Deutschland erstmals im Fokus. Ob die Fördermittelaffäre der Anfang einer unguten Entwicklung ist oder ein Beweis für die öffentliche Sensibilität für das Thema, wird unterschiedlich gesehen. Mehr lesen Sie hier.
Research.Table: WissZeitVG: Showdown um Tarifsperre im Bundestag steht an. Der koalitionsinterne Streit über Reformen des Befristungsrechts in der Wissenschaft zieht sich durch die gesamte Legislatur. Am Mittwoch wird der Kabinettsentwurf jetzt erstmals im Bundestag verhandelt. Warum die FDP zu einer Lockerung der Tarifsperre gedrängt werden soll, lesen Sie hier.
Research.Table: Die entscheidenden Köpfe der deutschsprachigen Wissenschafts-Szene. Die Redaktion hat die 100 entscheidenden Köpfe der deutschsprachigen Wissenschafts-Szene ausgewählt. Hier die wichtigsten Persönlichkeiten aus der Verwaltung.
NDR: Schleswig-Holstein richtet ab März 50 Perspektiv-Kitas ein. Sie sollen sich an den Perspektiv-Schulen orientieren und Kinder in sozial belastetem Umfeld unterstützen. Zwei Millionen Euro sind jährlich eingeplant. Ab Januar können sich interessierte Kitas melden. Sie sollen mit einer halben Fachkraftstelle bei der Kooperation mit der Schule und der sprachlichen Bildung unterstützt werden. Daneben soll der Sprachstand von Kita-Kindern künftig schon eineinhalb Jahre vor Schulstart erfasst werden. Bei erheblichem Unterstützungsbedarf sollen die Kinder an einer Grundschule zusätzlich gefördert werden. Erste Kinder werden ab März 2025 getestet, ab Schuljahr 2028/29 sollen die Tests alle Kinder erreichen. (So sollen Kita-Kinder besser auf die Schule vorbereitet werden)
FAZ: Shell-Jugendstudie zeigt Politisierung und Polarisierung. 55 Prozent der Jugendlichen bezeichnen sich als politisch interessiert, so viele wie seit der Wiedervereinigung nicht mehr. Das zeigt die neue Shell-Jugendstudie, eine repräsentative Befragung von 12- bis 25-Jährigen. Die Mehrheit verortet sich leicht links der Mitte. Ein Viertel der jungen Männer sieht sich rechts oder eher rechts, bei den Frauen sind es elf Prozent. Drei Viertel sind mit der Demokratie zufrieden, die Autoren sehen aber auch eine Empfänglichkeit für populistische Positionen. Bei 18 Prozent sehen sie Anzeichen für extremistische Neigungen. (Die “Gen Z” hält sich für eher links – ist aber gegen Gendern)
Spiegel: Kindheitsforscherin Rahel Dreyer hält das Kita-Qualitätsgesetz für eine verpasste Chance. Die Pädagogin und Entwicklungspsychologin hätte bundesweit verbindliche Qualitätsstandards und eine kontinuierliche finanzielle Förderung des Bundes befürwortet. Das Kita-System befinde sich “in einem Kollaps”. Fast kein Bundesland würde entwicklungsförderliche Personalschlüssel einhalten. Es brauche eine frühere Förderung und einen Sozialindex für Kitas. Jeder Euro für frühkindliche Bildung zahle sich drei- bis vierfach aus. (“Es ist fatal, die frühen Jahre nicht zu nutzen”)
Deutschlandfunk: Ein indisches Unternehmen bildet Azubis für Deutschland aus. Magic Billion bildet Inderinnen und Inder etwa zum Schiffsbauer, Mechatroniker oder Hotelier aus. Es ist mit deutschen Betrieben in Kontakt, um sicherzustellen, dass die jungen Menschen geeignet sind. Sie müssen einen höheren Schulabschluss mit guten Noten vorweisen. Stefan Halusa, Geschäftsführer der Deutsch-Indischen Handelskammer, sagt, Deutschland werde immer attraktiver für junge Inder. Und er hält sie für besonders geeignet, da sie in ihrem Heimatland gewöhnt sind, mit verschiedenen Kulturen und Sprachen zurechtzukommen. (Indische Azubis für Deutschland)
Handelsblatt: Bildung muss sich mehr an dem orientieren, was Unternehmen brauchen. Nicht nur für sich selbst müssen Betriebe definieren, welche Fähigkeiten sie in den kommenden Jahren benötigen und ihre Bildungsprogramme darauf ausrichten, schreibt Belén Garijo, Vorsitzende der Geschäftsleitung des Chemie- und Pharmakonzerns Merck. Sie plädiert dafür, Bildungsprogramme von Schulen und Universitäten besser darauf abzustimmen, was es künftig am Arbeitsmarkt braucht. Bevor der Staat mehr in Bildung investiere, brauche es gemeinsame Qualifikationsziele von Betrieben, Bildungsinstitutionen und Regierung. (Warum wir einen Bildungs-Pakt zwischen Staat und Wirtschaft brauchen)
WDR: Anstieg der Messerangriffe an Schulen in NRW. 2023 haben Messerstraftaten in Schulen um über 50 Prozent zugenommen – das zeigen Zahlen des Landesinnenministeriums. Es verzeichnete 293 Straftaten mit Stichwaffen an Schulen, 2022 waren 193 Fälle erfasst worden. Innenminister Herbert Reul (CDU) will den Gründen nachgehen. Bei Straftaten jenseits des Schulgeländes, bei Klassenfahrten oder Schulsport, ist der Zuwachs noch höher (von 99 auf 217), jedoch war hier die Zahl bereits 2019 hoch (182). Die NRW-FDP fordert ein Sofortprogramm für Jugendtreffs und Schulen und schnellere Gerichtsverfahren. (Exklusive Zahlen: Immer mehr Messerattacken an Schulen in NRW)
22. Oktober 2024, Berlin Congress Center
Kongress Deutscher Arbeitgebertag
Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände lädt zu mehreren Podien. Zu Beginn spricht BDA-Präsident Rainer Dulger mit Bundeskanzler Olaf Scholz. Der mit 10.000 Euro dotierte Deutsche Arbeitgeberpreis wird an eine Kita, eine Schule, eine Berufsschule und eine Hochschule verliehen. Um 14.45 Uhr diskutieren unter anderem die rheinland-pfälzische Bildungsministerin Stefanie Hubig, BA-Chefin Andrea Nahles und die estnische Bildungsministerin Kristina Kallas zur Frage, wie Deutschland Bildungsspitze werden kann. INFOS & ANMELDUNG
29. Oktober 2024, Rostock
Messe BILDUNG.DIG!TAL Rostock
Die Messe will Plattform für die neuesten Trends in der digitalen Bildung im Nordosten Deutschlands sein. Schulträger und IT-Verantwortliche erfahren mehr über die Beschaffung und Wartung von Technik und den Einsatz von KI für Lehr- und Vertretungspläne. Der Bereich “Lehren und Lernen” richtet sich an Schulleiter, Lehrkräfte und Bildungsfachleute und es gibt einen Fokusbereich zu frühkindlicher Bildung. INFOS & ANMELDUNG
4. und 5. November 2024, CCD Düsseldorf
Kongress Deutscher Ausbildungsleitungskongress 2024
Beim größten Fachkongress für Ausbildungsverantwortliche im deutschsprachigen Raum dreht sich alles um die Zukunft der Nachwuchsentwicklung. Es geht um innovative Rekrutierungsstrategien, die Frage, wie eine entwicklungsorientierte Umgebung für Azubis und wie eine gute Ausbildungsleitung und digitale Tools, die den Alltag erleichtern, aussehen sollen. INFOS & ANMELDUNG
7. und 8. November 2024, CCD Düsseldorf
Kongress Deutscher Schulträgerkongress 2024
Der Deutsche Schulträgerkongress (DSTK) will Schulträgern eine Plattform und einen exklusiven Rahmen für die Entwicklung von zukunftsfähigen Schulen bieten. Es gibt Workshops in den fünf Hauptthemenbereichen: Rechtsanspruch auf Ganztag, Digitalpakt II, Startchancen-Programm, Integration Geflüchteter und moderner Schulbau. Daneben ist Raum für Austausch der Entscheidungsträger. INFOS & ANMELDUNG
7. bis 9. Novemberg 2024, CCD Düsseldorf
Kongress Deutscher Schulleitungskongress 2024
Der Deutsche Schulleitungskongress (DSLK) ist die größte Veranstaltung für Praxisimpulse und Austausch von Schulleitungen im deutschsprachigen Raum. Die Themenschwerpunkte in diesem Jahr sind: Schul- und Unterrichtsentwicklung innovieren, Schulkultur gestalten, Nachhaltigkeit in Schule lernen und leben und wie Digitalität und KI Schule verändern. INFOS & ANMELDUNG
immer mehr Schülerinnen und Schüler kommen inzwischen in den Genuss von Informatikunterricht. Das ist die gute Nachricht des neuen Informatikmonitors, den meine Kollegin Vera Kraft sich exklusiv anschauen konnte. Allerdings, das zeigt der Monitor auch, sind es noch lange nicht alle – und es fraglich ist, wo für eine flächendeckende Ausweitung überhaupt die Lehrkräfte kommen sollen. Wie ein neues Verständnis von Informatikunterricht helfen kann und was externe Experten bewirken, das lesen Sie in unserer ersten Analyse.
Eine frohe Botschaft gibt es heute für die empirischen Bildungsforscher im Land. Das Bundesforschungsministerium hat einen neuen Rahmenplan aufgesetzt mit dem vielversprechenden Titel: “Gemeinsam für bessere Bildung”. Es ist auf sieben Jahre angelegt. Bereits in den ersten fünf Jahren will der Bund einen dreistelligen Millionenbetrag investieren, haben wir exklusiv erfahren.
Das Programm trägt unverkennbar die liberale Handschrift der FDP-Ministerin Bettina Stark-Watzinger, die sich Wirksamkeit und maximalen Transfer in die Praxis auf die Fahnen geschrieben hat. Was das aber für die empirische Bildungsforschung bedeutet, zeigt unser Blick in die Tiefen des Programms.
Bleiben Sie uns gewogen.
Immer mehr Schülerinnen und Schüler erhalten Informatikunterricht. Für knapp zwei Drittel (71 Prozent) ist Informatik in der Sekundarstufe I in diesem Schuljahr ein Pflichtfach. Vor fünf Jahren hatte nur ein Drittel (33 Prozent) der Schüler dieser Stufe Informatik als Pflichtfach. Das geht aus dem diesjährigen Informatikmonitor hervor, der von der Gesellschaft für Informatik, dem Stifterverband und der Heinz Nixdorf Stiftung herausgegeben wird und der Table.Briefings exklusiv vorlag (Vorab-Link zur Veröffentlichung). Der Länderüberblick zeigt aber auch: Der Großteil der Schüler erhält weiterhin weniger Informatikunterricht als empfohlen.
Nur sechs Prozent der Schüler erhalten ausreichend Informatikunterricht. Die wissenschaftlichen Berater der Bildungsminister (SWK) empfehlen eine Stunde Informatik pro Woche von der 5. bis zur 10. Klasse. Das entspricht sechs Wochenstunden über die gesamte Sekundarstufe I. Meistens erhalten die Schüler jedoch nur ein bis zwei Wochenstunden verpflichtenden Informatikunterricht.
Sieben Bundesländer bieten ihren Schülern weiterhin keinen verbindlichen Informatikunterricht an. Zwei Bundesländer erweiterten für das Schuljahr 2024/25 ihr Angebot. Thüringen führte das Pflichtfach “Medienbildung und Informatik” ein (wir berichteten). Mit einem Gesamtumfang von sechs Wochenstunden in den Jahrgangsstufen 5 bis 10 gehört Thüringen damit nun zu den Spitzenreitern. Die Umsetzung erfolgt schrittweise bis 2030, beginnend mit einer Wochenstunde in Jahrgangsstufe 5.
In Schleswig-Holstein gibt es ab diesem Schuljahr für die Jahrgangsstufen 7 bis 10 Informatik als Pflichtfach im Gesamtumfang von vier Wochenstunden. Hamburg und Bremen, die bisher keine Pflichtstunden haben, wollen ihr Informatikangebot in den kommenden Jahren ausweiten. In Bremen gibt es das Fach Informatik bisher nur in der gymnasialen Oberstufe oder an einzelnen Schulen als Wahlpflichtfach.
Im nächsten Schuljahr soll in Bremen eine Pilotphase starten, bevor das Fach dann 2027 flächendeckend zur Pflicht wird. Zudem erarbeite die Bildungsbehörde zusammen mit der Universität Bremen ein Weiterbildungskonzept für Lehrkräfte.
Viele Länder bilden Lehrkräfte weiter, um den Bedarf an Informatiklehrern zu decken. Im vergangenen Jahr wurden bundesweit mehr als 1.200 neue Informatiklehrkräfte qualifiziert, drei Viertel davon durch Weiterbildungsmaßnahmen.
Um den Informatikunterricht flächendeckend und im empfohlenen Umfang anzubieten, bräuchte es Hochrechnungen zufolge jedoch rund 22.800 zusätzliche Lehrkräfte. Im vergangenen Schuljahr waren knapp 10.000 Informatiklehrkräfte beschäftigt.
Die Informatiklehrkräfte müssen Schülern ein breites Themenfeld vermitteln können. “Allzu häufig wird Informatik mit Programmieren assoziiert, doch das greift viel zu kurz”, sagt Alexander Drechsel, Geschäftsführer vom Hamburger Bürger-Rundfunk und Ausbildungskanal “TIDE”. Der Medientrainer hat im Bereich Medienpädagogik mit den Bildungsministerien in Hamburg und Schleswig-Holstein zusammengearbeitet. Er sagt: Kinder sollten beispielsweise lernen, wie Social-Media-Plattformen funktionieren oder welche Logik hinter generativer Künstlicher Intelligenz steckt.
Auch Annekatrin Bock, Professorin für Medienforschung mit dem Schwerpunkt Digitalisierung der Bildung an der Universität Vechta sagt: Schule sollte die Fähigkeiten vermitteln, um am öffentlichen Leben teilzunehmen. “Ich sehe es kritisch, dass wir dabei zu stark auf die Technologie schauen.” Es gehe nicht nur darum, wie sich Technik sinnvoll nutzen lasse, sondern auch darum, Technologieversprechen kritisch zu hinterfragen.
Ergänzend zur informatorischen Bildung müsse der Unterricht daher auch gesellschaftliche Aspekte der Digitalisierung abdecken, sagt Bock. Statt sich etwa allein darauf zu konzentrieren, wie KI individuelles Lernen beschleunigen könne, könnten Schüler sich damit beschäftigen, wie sich Technologien für die Gemeinschaft einsetzen lassen. Zudem sei es wichtig, zu verstehen, welche Kompetenzen als Schulfach Informatik vermitteln soll. “Analytisches Denken lässt sich nicht nur im Programmieren, sondern zum Beispiel auch im Sprachunterricht üben”, sagt Bock.
In Thüringen hat eine Evaluation jedoch ergeben: Fächerübergreifende Medienbildung allein genügt nicht. Das neue Fach “Medienbildung und Informatik” soll daher sowohl Grundkenntnisse zu digitalen Anwendungen als auch eine kritische Auseinandersetzung etwa mit Medien im Alltag beinhalten, wie eine Sprecherin des Thüringer Bildungsministeriums Table.Briefings mitteilte.
“Fächerübergreifende Impulse” für den Unterricht soll es trotzdem weiterhin geben. Wenn Schüler medienkompetent handeln können, unterstütze das auch den Lern- und Arbeitsprozess und die fachspezifischen Kompetenzen.
Viele Schulen setzen zudem auf externe Experten, etwa Medienpädagogen. Ergänzend zum Unterricht können diese mit den Jugendlichen praxisnahe Projekte oder Lerneinheiten durchführen. Dies kann den Lehrern den Druck nehmen, laufend die Entwicklungen von Hard- und Software zu verfolgen und Didaktik und Methodik kontinuierlich anpassen zu müssen. Denn angesichts des Lehrkräftemangels und der hohen Teilzeitquote in den Kollegien stellt das Lehrerinnen und Lehrer häufig mindestens vor eine zeitliche Überforderung.
Ein Lösungsansatz kann ein Tandem-Modell sein, schlägt Drechsel vor. Die Grundidee ist, dass Klassen- und Fachlehrkräfte regelmäßig Medienpädagogen in ihren Unterricht einbeziehen. Gemeinsam mit ihnen gestalten sie Lernziele, die die Schülerinnen und Schüler in einem Lernprozess dann erarbeiten und anwenden. Der Vorteil: Dieses Tandem-Modell kann als Querschnittsaufgabe in vielen Unterrichtsfächern wirken und stärker an der Lebenswirklichkeit der Jugendlichen ausgerichtet werden.
Auch andere Projekte setzen auf “authentische” Medienbildung. Das Programm “Medienscouts NRW” der Landesanstalt für Medien in Nordrhein-Westfalen bildet beispielsweise Jugendliche und Fachberatungskräfte aus, die dann gemeinsam in den Schulen die Fragen von Schülern beantworten können. Doch den Lehrermangel spüren auch diese Projekte. Die Lehrkräfte, die das Programm als Berater begleiten, müssen das ehrenamtlich machen – und daher mit der Schulleitung erst einmal die Zeit dafür aushandeln.
Sieben Jahre Laufzeit, 300 Millionen Euro bereits für die ersten fünf Jahre. Das sind die wohl wichtigsten Eckpunkte des neuen Rahmenprogramms für die empirische Bildungsforschung, das das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) jetzt aufgelegt hat, wie Table.Briefings erfuhr. Titel des Programms: “Gemeinsam für bessere Bildung“.
In Ansätzen hatte es der Parlamentarische Staatssekretär im BMBF, Jens Brandenburg (FDP), bereits am vergangenen Freitag auf dem Bildungspolitischen Forum 2024 des Leibniz-Forschungsnetzwerks Bildungspotenziale (LERN) vorgestellt. Jetzt liegen die Details vor.
Zunächst wird es im Vergleich zum bisherigen Rahmenplan neue Schwerpunkte geben. Das Augenmerk der Forscher soll stärker als bisher auf digitale Bildung, Künstliche Intelligenz sowie auf Bildung in der Migrationsgesellschaft gelenkt werden.
Die vier vom BMBF identifizierten Handlungsfelder für empirische Bildungsforscher lauten:
“Gemeinsam für bessere Bildung” ist das dritte Rahmenprogramm des Bundes für die empirische Bildungsforschung. Das erste startete 2007. Die Programme haben aus Sicht des BMBF “entscheidend dazu beigetragen”, die empirische Bildungsforschung in Deutschland aufzubauen. Mit dem neuen Programm soll “eine gezielte Weiterentwicklung des Bildungssystems angestoßen werden”.
Die forschungs- und förderpolitischen Ziele des Rahmenprogramms beschreibt das BMBF so:
Das Rahmenprogramm trägt eine liberale Handschrift. Im Haus wird auf die Schwerpunktsetzung auf Digitales und Migration verwiesen. Erkennbar ist es aber daran, was Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) zu Table.Briefings sagt: Das Programm umfasse und verbinde “BMBF-Aktivitäten im Bildungsbereich wie die Finanzielle Bildung”.
Noch allerdings steht finanzielle Bildung gar nicht auf den Lehrplänen der allermeisten Länder oder Schulen. Was die empirischen Forscher, die sich vor allem um schulische Bildung kümmern, hier genau untersuchen sollen, bleibt offen.
Wirkung wird das Programm zunächst ohnehin vor allem nach innen zeigen. Wann immer es darum gehen wird, Förderrichtlinien anzupassen oder neue Forschungsprojekte auszuschreiben, müssten sich die jeweiligen Referenten und Abteilungsleiter im BMBF an den Vorgaben des neuen Rahmenprogramms orientieren, heißt es.
Was alles daraus folgt, kann im Frühjahr diskutiert werden. Am 25. und 26. März lädt das BMBF zur Bildungsforschungstagung 2025 in Bonn ein. Ganz im Sinne der Ministerin steht die Tagung unter dem Motto: “Gemeinsam für mehr Wirkung”.
In den Verhandlungen zum Digitalpakt II beharrt der Bund auf seiner Forderung nach einer 50:50-Finanzierung. Eine neue Verhandlungsrunde am Montag blieb ergebnislos, erfuhr Table-Briefings. Die Länder sollen genauso viel Geld wie der Bund investieren, heißt es aus dem Bundesbildungsministerium. Die Länder wollen sich allerdings bestehende Ausgaben anrechnen lassen können. Das wiederum lehnt der Bund bisher ab.
Als Fortschritt wird gewertet, dass die Länder sich offenbar grundsätzlich bereit zeigen, die 50:50-Finanzierung zu akzeptieren. Anfangs hatte es auch dagegen starken Widerspruch gegeben (wir berichteten).
Der Bund verspricht seinerseits, 2,5 Milliarden Euro “frisches Geld” zu geben, das er über die Laufzeit von 2025 bis 2030 in den Digitalpakt II investieren will. Das entspricht allerdings nur gut einem Drittel des Bundesanteils im Digitalpakt I. Die Länder müssten ihren Anteil dagegen von einer halben Milliarde auf 2,5 Milliarden Euro erhöhen.
Die Länder verwiesen in der Verhandlung mit dem Bund auf ihre knappen Haushaltskassen. Und erklärten, dass sie bereits viel Geld in digitale Infrastruktur und Bildung stecken würden. Dies würden sie auch in Zukunft tun. Wären ihre bisherigen Leistungen schon im Digitalpakt I angerechnet worden, wäre da bereits eine hälftige Finanzierung herausgekommen.
Offen ist, ob der Bund eine Anrechenbarkeit in den Verhandlungen grundsätzlich ausgeschlossen hat. Wie Table.Briefings erfuhr, soll es in der Hausspitze des BMBF für die Anrechenbarkeit von Länder-Leistungen, die im engsten Sinne etwas mit der Neubeschaffung von digitalen Endgeräten zu tun haben, eine gewisse Offenheit geben. Keine Kompromissbereitschaft könne es dort geben, wo die Länder Leistungen anrechnen lassen wollen, die ohnehin in den Kernbereich ihrer Kompetenz fallen.
Angestrebt wird von allen Seiten eine Einigung noch in diesem Jahr. Am besten, bevor im Bundestag die Haushälter am 14. November zur Bereinigungssitzung zusammenkommen. Zusätzlich zu dem regulär geplanten Termin am 7. November soll deshalb schon am 29. Oktober weiterverhandelt werden.
Möglich wäre allerdings auch eine Einigung erst im kommenden Jahr. Im Haushaltsentwurf für das kommende Jahr sind 1,62 Milliarden Euro eingeplant. Damit sollen verbleibende Ansprüche aus dem Digitalpakt I bezahlt werden. Im BMBF wird davon ausgegangen, dass von diesem Geld ein mittlerer dreistelliger Millionenbetrag nicht abgerufen wird. Mit diesem Geld könnten dann etwaige Ansprüche aus dem noch zu schließenden Digitalpakt II beglichen werden.
Jens Brandenburg (FDP), Parlamentarischer Staatssekretär im BMBF, fordert die Länder jetzt auf, “dringend Klarheit” zu schaffen, “ob sie den Digitalpakt wirklich wollen“. Sie hätten “bis heute keinen einzigen neuen und frischen Länder-Euro” in Aussicht gestellt. Das sei “eine bittere Enttäuschung”.
Kai Gehring (Grüne), Vorsitzender des Bildungs-Ausschusses im Bundestag, appelliert an Bund und Länder: “Der Finanzierungsstreit muss enden.” Der finanzielle und fachliche “Einigungskorridor” sei “ausgeleuchtet” und müsse jetzt genutzt werden, um für Planungssicherheit vor Ort zu sorgen. Vera Kraft/Thorsten Denkler
Die Ampel-Fraktionen wollen Meistern oder Fachwirten Zugang zum gehobenen und höheren öffentlichen Dienst bieten. Das fordern sie in einem gemeinsamen Antrag, der an diesem Donnerstagabend im Bundestag debattiert werden soll. Die Fraktionen wollen damit die Gleichwertigkeit beruflicher und akademischer Bildung stärken und die Attraktivität der Berufsausbildung erhöhen. Der Antrag trägt den Titel “Damit die Ausbildung eine verlässliche Zukunft garantiert” (zum Download).
SPD, Grüne und FDP fordern die Bundesregierung auf, zu prüfen, ob eine rechtliche Verankerung des Deutschen Qualifikationsrahmens (DQR) zu mehr Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung beitragen kann. Der DQR ordnet die Bildungsabschlüsse acht Niveaustufen zu – der Industriemeister etwa ist auf einer Stufe mit dem Bachelor (Niveau 6), der Betriebswirt auf einem Level mit dem Master (Niveau 7). Bisher schafft der DQR nur Transparenz über die Vergleichbarkeit. Hat aber keine rechtliche Bindung.
Die Ampel-Fraktionen fordern die Bundesregierung außerdem auf, die Berufsorientierung auszubauen, um mehr Jugendliche für einen Ausbildungsberuf zu gewinnen. Die Bundesregierung soll mit der Kultusministerkonferenz Schülern in allen Schulformen die Möglichkeit geben, “handwerkliche Fähigkeiten zu entwickeln und praktisch zu erproben“. Zudem sollen Berufs- und Studienorientierung zeitnah in der Lehramtsausbildung verankert werden.
Stephan Albani, Berichterstatter für berufliche Bildung in der Unionsfraktion, reicht das nicht. Er sagte zu Table.Briefings: Die Ampel “präsentiere lediglich Absichtserklärungen und unverbindliche Prüfaufträge”. Er fordert Exzellenzwettbewerbe und regionale Azubi-Campus, um die Attraktivität der Ausbildung zu steigern. Die Berufsorientierung solle unter Einsatz von Künstlicher Intelligenz individuell zugeschnitten werden. Es brauche zudem “bundesweit einheitliche Standards für die Zusammenarbeit zwischen Schulen, Unternehmen und Kammern“.
Kritik kommt auch von Nicole Gohlke, bildungspolitische Sprecherin der Linken. Die berufliche Bildung zu stärken, müsse “oberste Prämisse” sein. Sie sagte Table.Briefings, Investitionen in die beruflichen Schulen fehlten weiterhin. “Die Auswirkungen des initiierten Pakts für berufliche Bildung oder der seit Jahren bestehenden Allianz für Aus- und Weiterbildung sind für die Menschen mitnichten spürbar.” Der Antrag ändere nichts “an den drängenden Problemen in der Aus- und Weiterbildung”. Anna Parrisius
Das Bündnis Ökonomische Bildung Deutschland (BÖB) fordert, Schulen und somit die Bildungsministerien der Länder in die Nationalen Finanzbildungsstrategie der Bundesregierung einzubeziehen. Das geht aus einer Erklärung des BÖB zum “Festival Finanzbildung” des Bundesfinanz- und Bundesbildungsministeriums hervor, das an diesem Dienstag in Berlin stattfand. Die Erklärung liegt Table.Briefings vor. Das BÖB ist ein breites Bündnis unter anderem von Lehrkräften, Stiftungen und Verbänden.
Die BÖB-Vorsitzende Verena von Hugo begrüßt darin zwar die Nationale Finanzbildungsstrategie als “wichtigen Schritt hin zu einer besseren ökonomischen Allgemeinbildung“. Es sei aber “zentral, die Schulen einzubinden”. Im Sinne der “Chancen-, Bildungs- und Generationengerechtigkeit” sei es nötig, “allen Kindern und Jugendlichen in einem geschützten Umfeld, ohne Einfluss von Werbung und Verkaufsinteressen, Zugang zu finanziellem Wissen zu ermöglichen”.
Auffällig war, dass auf keinem Podium des Festivals, in keinem der Foren und Workshops ein Bildungsminister aus den Ländern oder eine Vertretung zu finden war.
Wie Table.Briefings erfuhr, seien die Länder zwar eingeladen gewesen. Es habe aber kaum Rückmeldung gegeben. Schulbildung sei zudem Ländersache. Darum ziele die Nationale Finanzbildungsstrategie nicht explizit auf Schulbildung ab.
In einer Stellungnahme des BÖB zum Referentenentwurf des jüngst vorgestellten Gesetzes zur Stärkung der Finanzbildung (wir berichteten) begrüßt das Bündnis den Entwurf zwar “ausdrücklich”. Es mahnt jedoch an, das der Stiftungsrat der künftig mit der Umsetzung beauftragen Bundesstiftung “Finanzbildung, Geld und Währung” eine “neutrale Rolle einnimmt”. Es müsse auf eine “unabhängige und überparteiliche Besetzung” geachtet werden.
Finanzminister Christian Lindner (FDP) hat auf dem Festival erklärt, dass die Regierung im ersten Schritt eine Plattform für Finanzbildung anbieten wolle. In einem zweiten Schritt sollen dann “qualitätsgesicherte private Angebote” zur Finanzbildung folgen. Bildungsministerin Stark-Watzinger (FDP) kündigte an, pro Jahr neun Millionen Euro für Forschung zu finanzieller Bildung ausgeben zu wollen.
Mit der Nationale Finanzbildungsstrategie setzt die Bundesregierung eine Forderung der OECD nach einer solchen Strategie für Deutschland um. Thorsten Denkler
“Berliner, Autor, Moderator, Medienmacher, Botschafter und Inklusionsaktivist“, das alles steht auf Raúl Aguayo-Krauthausens Website unter der Kategorie “Wer ich bin”. Das ließe sich sogar noch weiter ergänzen. Seine Liste mit Preisen ist lang. Nur eine Auswahl: 2013 erhielt Aguayo-Krauthausen das Bundesverdienstkreuz am Bande, 2023 den Bildungspreis der Hochschule Ansbach.
Das Preisgeld aus Ansbach spendete Aguayo-Krauthausen an den Verein Mittendrin Köln und das Bündnis Inklusion Berlin. Beide setzen sich unter anderem für eine inklusive Schule ein. Aguayo-Krauthausen unterstützt sie dabei mit seinem Verein Sozialheld*innen, einem Zusammenschluss von Medienschaffenden, die sich für eine gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen einsetzt. Den Verein gründete er 2003, mit Anfang 20, zusammen mit seinem Cousin. Auch um sich – unter anderem durch Coaching für Unternehmen – für einen inklusiven Arbeitsmarkt einzusetzen. Wichtig ist ihm, dass Entscheidungsträger nicht mehr ohne behinderte Personen über Inklusion diskutieren.
Aguayo-Krauthausen war selbst in einem inklusiven Kindergarten und in einer inklusiven Schule. Später studierte er Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation sowie Design Thinking. Fähigkeiten und Erfahrungen, die ihm heute bei seinem Einsatz für Inklusion helfen.
Regelmäßig geht er in Schulen. Dort beantwortet er Fragen von Schülerinnen und Schülern rund um das Thema Behinderung. Auch zu seiner Glasknochenkrankheit. Denn, das betont der Aktivist regelmäßig, “auch Menschen ohne Behinderung haben ein Recht darauf, mit behinderten Menschen Zeit zu verbringen. Das ist keine Einbahnstraße.”
Von Überforderung bis Mobbing – die Diskussion um Inklusion wird von vielen Sorgen und Vorurteilen begleitet. 2019 promotet Aguayo-Krauthausen in ganz Deutschland den zweiten Teil des Dokumentarfilms “Die Kinder der Utopie”. Den ersten Teil – der sechs Kinder mit und ohne Behinderungen an einer inklusiven Grundschule begleitet – hatte er interessiert verfolgt, auch weil er selbst auf eben dieser Grundschule war. Und dabei wurde er mit seinen eigenen Vorurteilen konfrontiert. Der Folgefilm, der die Protagonisten zwölf Jahre später nochmal begleitet, sei auch für ihn eine große Lektion gewesen, behinderten Kinder mehr zuzutrauen und zuzumuten. “Wir wissen einfach nicht, was aus jemandem wird.”
Aguayo-Krauthausen warnt vor der Exklusion von Kindern in Förderschulen. Die Schulen würden oft kein Abitur anbieten, “auch wenn die Kinder mit Behinderungen kognitiv dazu in der Lage wären”. Mit Blick auf seine eigene Schullaufbahn in den 1980er-Jahren fragt er sich, wieso das “heutzutage für viele nicht möglich scheint”. Zumal die UN-Behindertenrechtskonvention – die seit 2009 in Deutschland gilt – zu inklusiven Schulen verpflichtet.
Aguayo-Krauthausens Eindruck: Die Kultus- und Bildungsminister würden sich zu schnell von Inklusions-Kritikern verunsichern lassen – auf Kosten nicht nur von Kindern mit Behinderungen, sondern etwa auch von psychisch kranken Kindern oder Kindern mit Migrationshintergrund.
Skandinavische Modelle wie das Unterrichten von Phänomenen statt Fächern ermögliche es Lehrkräften, sich mehr an den individuellen Bedürfnissen der Kinder zu orientieren. Dass Lehrkräfte nicht explizit für den Umgang mit Kindern mit Behinderungen ausgebildeten seien, sollte keine Ausrede sein, findet Aguayo-Krauthausen. “Behinderungen sind so individuell, dass es dafür sowieso niemals eine allgemeingültige Ausbildung geben wird.” Der Schlüssel sei, Lehrkräften generell mehr Zeit einzuräumen, in der sie sich individuell mit den Kindern auseinandersetzen können. “Wenn sich der Unterricht an den Kindern und deren Tempo orientiert, ist es relativ egal, ob ein Kind eine Behinderung hat oder nicht.” Insgesamt fordert Aguayo-Krauthausen, wegzukommen von der Frage: Welche Schule braucht das Kind? “Entscheidend ist: Was braucht das Kind von der Schule?” Kira Münsterberg
Research.Table: Akademische Freiheit: Bringt die Fördermittelaffäre Deutschland in Verruf? Im Jahresbericht der Organisation Scholars at Risk steht auch Deutschland erstmals im Fokus. Ob die Fördermittelaffäre der Anfang einer unguten Entwicklung ist oder ein Beweis für die öffentliche Sensibilität für das Thema, wird unterschiedlich gesehen. Mehr lesen Sie hier.
Research.Table: WissZeitVG: Showdown um Tarifsperre im Bundestag steht an. Der koalitionsinterne Streit über Reformen des Befristungsrechts in der Wissenschaft zieht sich durch die gesamte Legislatur. Am Mittwoch wird der Kabinettsentwurf jetzt erstmals im Bundestag verhandelt. Warum die FDP zu einer Lockerung der Tarifsperre gedrängt werden soll, lesen Sie hier.
Research.Table: Die entscheidenden Köpfe der deutschsprachigen Wissenschafts-Szene. Die Redaktion hat die 100 entscheidenden Köpfe der deutschsprachigen Wissenschafts-Szene ausgewählt. Hier die wichtigsten Persönlichkeiten aus der Verwaltung.
NDR: Schleswig-Holstein richtet ab März 50 Perspektiv-Kitas ein. Sie sollen sich an den Perspektiv-Schulen orientieren und Kinder in sozial belastetem Umfeld unterstützen. Zwei Millionen Euro sind jährlich eingeplant. Ab Januar können sich interessierte Kitas melden. Sie sollen mit einer halben Fachkraftstelle bei der Kooperation mit der Schule und der sprachlichen Bildung unterstützt werden. Daneben soll der Sprachstand von Kita-Kindern künftig schon eineinhalb Jahre vor Schulstart erfasst werden. Bei erheblichem Unterstützungsbedarf sollen die Kinder an einer Grundschule zusätzlich gefördert werden. Erste Kinder werden ab März 2025 getestet, ab Schuljahr 2028/29 sollen die Tests alle Kinder erreichen. (So sollen Kita-Kinder besser auf die Schule vorbereitet werden)
FAZ: Shell-Jugendstudie zeigt Politisierung und Polarisierung. 55 Prozent der Jugendlichen bezeichnen sich als politisch interessiert, so viele wie seit der Wiedervereinigung nicht mehr. Das zeigt die neue Shell-Jugendstudie, eine repräsentative Befragung von 12- bis 25-Jährigen. Die Mehrheit verortet sich leicht links der Mitte. Ein Viertel der jungen Männer sieht sich rechts oder eher rechts, bei den Frauen sind es elf Prozent. Drei Viertel sind mit der Demokratie zufrieden, die Autoren sehen aber auch eine Empfänglichkeit für populistische Positionen. Bei 18 Prozent sehen sie Anzeichen für extremistische Neigungen. (Die “Gen Z” hält sich für eher links – ist aber gegen Gendern)
Spiegel: Kindheitsforscherin Rahel Dreyer hält das Kita-Qualitätsgesetz für eine verpasste Chance. Die Pädagogin und Entwicklungspsychologin hätte bundesweit verbindliche Qualitätsstandards und eine kontinuierliche finanzielle Förderung des Bundes befürwortet. Das Kita-System befinde sich “in einem Kollaps”. Fast kein Bundesland würde entwicklungsförderliche Personalschlüssel einhalten. Es brauche eine frühere Förderung und einen Sozialindex für Kitas. Jeder Euro für frühkindliche Bildung zahle sich drei- bis vierfach aus. (“Es ist fatal, die frühen Jahre nicht zu nutzen”)
Deutschlandfunk: Ein indisches Unternehmen bildet Azubis für Deutschland aus. Magic Billion bildet Inderinnen und Inder etwa zum Schiffsbauer, Mechatroniker oder Hotelier aus. Es ist mit deutschen Betrieben in Kontakt, um sicherzustellen, dass die jungen Menschen geeignet sind. Sie müssen einen höheren Schulabschluss mit guten Noten vorweisen. Stefan Halusa, Geschäftsführer der Deutsch-Indischen Handelskammer, sagt, Deutschland werde immer attraktiver für junge Inder. Und er hält sie für besonders geeignet, da sie in ihrem Heimatland gewöhnt sind, mit verschiedenen Kulturen und Sprachen zurechtzukommen. (Indische Azubis für Deutschland)
Handelsblatt: Bildung muss sich mehr an dem orientieren, was Unternehmen brauchen. Nicht nur für sich selbst müssen Betriebe definieren, welche Fähigkeiten sie in den kommenden Jahren benötigen und ihre Bildungsprogramme darauf ausrichten, schreibt Belén Garijo, Vorsitzende der Geschäftsleitung des Chemie- und Pharmakonzerns Merck. Sie plädiert dafür, Bildungsprogramme von Schulen und Universitäten besser darauf abzustimmen, was es künftig am Arbeitsmarkt braucht. Bevor der Staat mehr in Bildung investiere, brauche es gemeinsame Qualifikationsziele von Betrieben, Bildungsinstitutionen und Regierung. (Warum wir einen Bildungs-Pakt zwischen Staat und Wirtschaft brauchen)
WDR: Anstieg der Messerangriffe an Schulen in NRW. 2023 haben Messerstraftaten in Schulen um über 50 Prozent zugenommen – das zeigen Zahlen des Landesinnenministeriums. Es verzeichnete 293 Straftaten mit Stichwaffen an Schulen, 2022 waren 193 Fälle erfasst worden. Innenminister Herbert Reul (CDU) will den Gründen nachgehen. Bei Straftaten jenseits des Schulgeländes, bei Klassenfahrten oder Schulsport, ist der Zuwachs noch höher (von 99 auf 217), jedoch war hier die Zahl bereits 2019 hoch (182). Die NRW-FDP fordert ein Sofortprogramm für Jugendtreffs und Schulen und schnellere Gerichtsverfahren. (Exklusive Zahlen: Immer mehr Messerattacken an Schulen in NRW)
22. Oktober 2024, Berlin Congress Center
Kongress Deutscher Arbeitgebertag
Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände lädt zu mehreren Podien. Zu Beginn spricht BDA-Präsident Rainer Dulger mit Bundeskanzler Olaf Scholz. Der mit 10.000 Euro dotierte Deutsche Arbeitgeberpreis wird an eine Kita, eine Schule, eine Berufsschule und eine Hochschule verliehen. Um 14.45 Uhr diskutieren unter anderem die rheinland-pfälzische Bildungsministerin Stefanie Hubig, BA-Chefin Andrea Nahles und die estnische Bildungsministerin Kristina Kallas zur Frage, wie Deutschland Bildungsspitze werden kann. INFOS & ANMELDUNG
29. Oktober 2024, Rostock
Messe BILDUNG.DIG!TAL Rostock
Die Messe will Plattform für die neuesten Trends in der digitalen Bildung im Nordosten Deutschlands sein. Schulträger und IT-Verantwortliche erfahren mehr über die Beschaffung und Wartung von Technik und den Einsatz von KI für Lehr- und Vertretungspläne. Der Bereich “Lehren und Lernen” richtet sich an Schulleiter, Lehrkräfte und Bildungsfachleute und es gibt einen Fokusbereich zu frühkindlicher Bildung. INFOS & ANMELDUNG
4. und 5. November 2024, CCD Düsseldorf
Kongress Deutscher Ausbildungsleitungskongress 2024
Beim größten Fachkongress für Ausbildungsverantwortliche im deutschsprachigen Raum dreht sich alles um die Zukunft der Nachwuchsentwicklung. Es geht um innovative Rekrutierungsstrategien, die Frage, wie eine entwicklungsorientierte Umgebung für Azubis und wie eine gute Ausbildungsleitung und digitale Tools, die den Alltag erleichtern, aussehen sollen. INFOS & ANMELDUNG
7. und 8. November 2024, CCD Düsseldorf
Kongress Deutscher Schulträgerkongress 2024
Der Deutsche Schulträgerkongress (DSTK) will Schulträgern eine Plattform und einen exklusiven Rahmen für die Entwicklung von zukunftsfähigen Schulen bieten. Es gibt Workshops in den fünf Hauptthemenbereichen: Rechtsanspruch auf Ganztag, Digitalpakt II, Startchancen-Programm, Integration Geflüchteter und moderner Schulbau. Daneben ist Raum für Austausch der Entscheidungsträger. INFOS & ANMELDUNG
7. bis 9. Novemberg 2024, CCD Düsseldorf
Kongress Deutscher Schulleitungskongress 2024
Der Deutsche Schulleitungskongress (DSLK) ist die größte Veranstaltung für Praxisimpulse und Austausch von Schulleitungen im deutschsprachigen Raum. Die Themenschwerpunkte in diesem Jahr sind: Schul- und Unterrichtsentwicklung innovieren, Schulkultur gestalten, Nachhaltigkeit in Schule lernen und leben und wie Digitalität und KI Schule verändern. INFOS & ANMELDUNG