Table.Briefing: Bildung

Neuer Bildungsminister Özdemir + Was vom Digitalpakt II bleibt + Schleicher über Führungskräfte

Liebe Leserin, lieber Leser,

was für turbulente Zeiten. Ampel geplatzt, Trump gewählt. Und in Sachsen ist jetzt sicher, dass das BSW keinen Platz auf der Regierungsbank bekommt.

Zwei Tage später können Sie vielleicht etwas durchatmen. Und sich endlich die Frage stellen: Was heißt das alles? 

Zumindest in Bildungs-Fragen rund um das Ampel-Aus können wir helfen. Mein Kollege Ralf Pauli und ich haben uns umgehört, welche Risse das Ampel-Beben in der deutschen Bildungslandschaft hinterlässt. Der Digitalpakt II, das schon mal vorweg, ist ziemlich tot. Immerhin: Die Länder wollen am liebsten sofort mit Wiederbelebungsversuchen starten.

Außerdem haben wir einen neuen, nun ja, Minister für Bauern und Bildung. Der grüne Landwirtschaftsminister Cem Özdemir beerbt Bettina Stark-Watzinger, die seit gestern nicht mehr im Amt ist. Wir sagen Ihnen, wie es dazu kommen konnte. Und was sich noch im BMBF ändern könnte.

Wer vom Ampel-Chaos jetzt schon genug hat, der kann auch direkt zur Kolumne von OECD-Bildungspapst Andreas Schleicher springen. Der hat ein paar unbequeme Botschaften für reformfaule Führungskräfte im Bildungswesen aufgeschrieben.

Es sei an dieser Stelle auch noch einmal an das Live Briefing von Bildung.Table kommende Woche Donnerstag erinnert. Dann wird meine Kollegin Anna Parrisius ab 13 Uhr mit Expertinnen und Experten über das große MINT-Drama reden. Im Fokus steht die Frage: Wie bekommen wir mehr MINT-Kompetenzen und Fachkräfte? Hier geht es zur kostenlosen Anmeldung.

Genießen sie jetzt aber die neueste Ausgabe Ihres Bildung.Table. 

Bleiben Sie uns gewogen,

Ihr
Thorsten Denkler
Bild von Thorsten  Denkler

Analyse

Was das Ampel-Aus für die Bildungspolitik bedeutet

Es wird nicht leicht für den neuen Bundesbildungsminister Cem Özdemir (Grüne). Nach dem Bruch der Ampelkoalition am späten Mittwochabend übernimmt der Landwirtschaftsminister bis zu möglichen Neuwahlen auch das Ressort der zurückgetretenen FDP-Ministerin Bettina Stark-Watzinger – und damit mehrere noch ausstehende Bildungsvorhaben der Bundesregierung. Özdemirs Aussichten, sie noch vor Neuwahlen umzusetzen, sind jedoch äußerst gering. Was übrigens auch für Bildungsvorhaben anderer Häuser gilt.

Ein paar Beispiele:

  • Im Bundestag liegt die Reform zum Aufstiegsbafög, mit dem sich diese Woche bereits der Bildungsausschuss befasst hat. Ohne die Stimmen der FDP-Fraktion wird die nötige Mehrheit nicht zustande kommen. 
  • Das Wissenschaftszeitvertragsgesetz hat seine erste Lesung gerade noch überstanden. Mehr passiert jetzt nicht mehr. 
  • Die Idee, den DQR-Code zu verrechtlichen, um akademische und berufliche Bildungsabschlüsse juristisch gleich zu stellen, kann erstmal begraben werden.
  • Das FDP-ProjektFinanzbildungsstrategie“, die Stark-Watzinger noch mit Ex-Finanzminister Christian Lindner ausgeheckt hatte, ist ebenso vom Tisch. Das werden SPD und Grüne aber gut verschmerzen können.

Digitalpakt II am Ende

Das ganz dicke Brett aber, an dem noch bis zum Ende gebohrt wurde, ist der Digitalpakt II. Insgesamt 2,5 Milliarden Euro hatte Stark-Watzinger für die kommenden fünf Jahre in Aussicht gestellt. Dass das Bund-Länder-Programm wie erhofft zum Januar 2025 starten kann, ist jetzt so gut wie ausgeschlossen. Die Union jedenfalls hat bereits klargestellt, dass sie lieber Gesetze und Haushalt blockiert, als im Bundestag mit SPD und Grünen zu stimmen. Daran dürften auch sämtliche Appelle von Schulträgern nach einem “breiten Bündnis jenseits aller Parteitaktik” nichts ändern.

Das bekräftigt auch die stellvertretende CDU-Vorsitzende und Bildungsministerin von Schleswig-Holstein, Karin Prien, im Gespräch mit Table.Briefings. “Als stellvertretende CDU-Vorsitzende muss ich klar sagen, dass wir den Haushalt dieser gescheiterten Bundesregierung nicht verabschieden werden.” Der Bundeskanzler müsse umgehend die Vertrauensfrage stellen und den Weg für Neuwahlen freimachen. “Als Bildungsministerin bedauere ich es, dass es mit der entlassenen Bundesministerin nicht gelungen ist, den Digitalpakt II zum Abschluss zu bringen.”

Kommunen müssen IT-Kosten selbst tragen

Seit Dezember 2022 verhandeln Bund und Länder die Details zum Digitalpakt II. Eigentlich wollten sich beide Seiten bereits vor Monaten geeinigt haben – im Mai diesen Jahres ist der Digitalpakt I ausgelaufen. Seither müssen die Schulträger anfallende Wartungskosten selbst tragen. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund (DStGB) drängt daher auf einen baldigen Digitalpakt II: “Die Kommunen benötigen diese Mittel dringend, um die laufenden Ausgaben für IT-Support und Ersatzbeschaffung von digitalen Geräten zu decken”, sagte DStGB-Sprecher und Beigeordneter für Digitalisierung Alexander Handschuh zu Table.Briefings.

Bislang kamen die Verhandlungen zum Digitalpakt II an zwei Punkten nur mühsam voran:

  • Stark-Watzinger beharrte auf einer 50-prozentigen Kofinanzierung durch die Länder
  • Zudem verlangte sie bundesweit verbindliche Vorgaben zu Lehrerfortbildungen für digitale Unterrichtskonzepte.

Die Länder wollen stattdessen:

  • Zurück zu 90-Prozent-Finanzierung des Bundes. Und wenn schon 50 Prozent, dann mit hoher Anrechenbarkeit für alle Arten von Landesleitungen in der Digitalisierung. Was der Bund bisher ablehnte.
  • Keine Einmischung des Bundes in inhaltliche Fragen.

Zerrüttetes Vertrauensverhältnis

Zuletzt schien eine Einigung erreichbar gewesen zu sein. Der Bund ist den Ländern etwa in der Anrechenbarkeit entgegengekommen, wenn es um Leistungen geht, die direkt mit den digitalen Endgeräten zu tun haben.

Bildungsministerin Prien hält den Digitalpakt II weiter für machbar: “In beiden strittigen Punkten werden wir zu Kompromissen kommen”. Prien setzt dabei auch auf Özdemir: “Ich habe Cem Özdemir immer als kompetent und kompromissfähig erlebt”. Ihr Ziel: Ein Bund-Länder-Abkommen soweit vorzubereiten, dass eine künftige Bundesregierung es unbesehen übernehmen kann.

Auch in anderen Ländern ist die Hoffnung groß, dass die Verhandlungen mit dem BMBF ohne FDP-Spitze leichter werden. Das Vertrauensverhältnis jedenfalls ist schon länger zerrüttet. Zu häufig hat Stark-Watzinger die Länder aus deren Sicht mit Alleingängen verprellt. Etwa als sie im Jahr 2023 ohne Rücksprache mit den Ländern zum nationalen “Bildungsgipfel” geladen hat. Oder als während der Verhandlungen zum Startchancen-Programm im Frühjahr 2023 Inhalte eines BMBF-Eckpunkte-Papiers den Medien früher bekannt waren als den Ländern.

Hoffen auf nächste Bundesregierung

Auch dass im BMBF viele erfahrene Abteilungsleiter durch FDP-Parteifreunde ersetzt wurden, irritiert. “Bei solch wichtigen Projekten dürfen parteipolitische oder taktische Erwägungen nicht die Oberhand gewinnen über fachliche Notwendigkeiten”, sagt die rheinland-pfälzische Bildungsministerin Stefanie Hubig zu Table.Briefings. Wie Prien ist Hubig zuversichtlich, dass der Digitalpakt II kommen wird, wenn auch nicht unter der jetzigen Bundesregierung: “Der Bedarf, die Digitalisierung an unseren Schulen voranzutreiben, hat sich durch die politischen Entwicklungen in Berlin nicht verändert”, sagt Hubig.

Was für diese Zuversicht spricht: Die Bund-Länder-Verhandlungsgruppe hat trotz des Stark-Watzinger-Rücktritts wie geplant am Donnerstagvormittag auf Arbeitsleiterebene getagt. Ab Januar aber gilt erstmal die vorläufige Haushaltsführung. Neue Zahlungsverpflichtungen darf der Staat dann nicht eingehen. Auch nicht für dringende Investitionen. Heißt: Kein Digitalpakt, bis es einen neuen Haushalt gibt.

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Kolumne

OECD-Bildungsdirektor: Warum konservative Führungskräfte ihre Komfortzone verlassen müssen

Andreas Schleicher
OECD-Bildungsdirektor Andreas Schleicher.

Die Bildungsbürokratie verändern zu wollen, lässt sich wohl vergleichen mit dem Vorhaben, einen Friedhof zu verlagern: Der Status quo hat viele Beschützer. Unterm Strich sind Schulsysteme eher konservative Sozialsysteme. Jeder unterstützt Bildungsreformen – es sei denn, sie betreffen die eigenen Kinder. 

Eltern mögen die Bildung ihrer Kinder an ihren eigenen Bildungserfahrungen messen. Lehrer unterrichten vielleicht so, wie sie Unterricht erlebt haben, und nicht so, wie ihnen beigebracht wurde, zu lehren. Aber das wahre Hindernis für Bildungsreformen sind nicht die konservativen, ausführenden Personen. Es sind die konservativen Schul- und Systemführer.

Führungskräfte, die …

  • Populismus ausnutzen, um den Status quo zu erhalten.
  • an den heutigen Lehrplänen festhalten, anstatt die pädagogische Praxis an eine sich verändernde Welt anzupassen, weil es so viel einfacher ist, in der Komfortzone zu bleiben.
  • in populäre Lösungen wie kleinere Klassen investieren, anstatt sich die Zeit zu nehmen, Eltern und Lehrer von den Vorteilen einer effizienteren Mittelverwendung zu überzeugen, unter anderem durch Investitionen in eine höhere Professionalität der Lehrkräfte.

Eine wirksame Führung ist für praktisch jeden Aspekt des Bildungswesens von zentraler Bedeutung, insbesondere wenn es an Kohärenz und Kapazität mangelt. In jedem Bildungssystem gibt es viele hervorragende Lehrkräfte, Schulen und Bildungsprogramme. Doch um ein großartiges Bildungssystem aufzubauen, bedarf es einer effektiven Führung.

Kultur ist das Markenzeichen einer effektiven Führung

Es gibt eine Lektion, die wir auch in Deutschland gelernt haben: Modellversuche und Programme skalieren selten. Sie schaffen es also kaum in die Breite. Es ist vielmehr die Kultur, die es zu skalieren gilt. Und Kultur ist immer das Markenzeichen einer effektiven Führung. 

Lesen Sie auch: Pant – Das Wissen über gelingende Transferprozesse in der Bildung fehlt

Bei der Kultur geht es um das Lernen des Systems, systemweite Innovation und eine zielgerichtete Zusammenarbeit. Sie kann zu groß angelegten, kontinuierlichen Verbesserungen führen. Wer einen echten und dauerhaften Wandel herbeiführen will, fragt nicht, wie viele Lehrkräfte die Ideen unterstützen. Die Frage lautet, wie viele Lehrkräfte zu einer effektiven Zusammenarbeit fähig sind und sich dafür engagieren.

Führungskräfte, die in ihren Schulsystemen zukunftsweisende Veränderungen herbeiführen wollen, müssen mehr tun, als Befehle zu erteilen und zu versuchen, deren Einhaltung durchzusetzen. Sie müssen ein gemeinsames Verständnis und kollektive Verantwortung aufbauen, für den Wandel plädieren und die Unterstützung anbieten, die den Wandel Wirklichkeit werden lässt. Dabei müssen sie glaubwürdig bleiben, ohne populistisch zu sein. 

Sie müssen Ressourcen bündeln und Kapazitäten aufbauen, um Arbeitsorganisationen zu verändern. Es liegt an ihnen, das richtige politische Klima mit Maßnahmen zur Rechenschaftspflicht zu schaffen sowie Innovation und Entwicklung zu fördern, anstatt die Einhaltung von Vorschriften zu erzwingen. Und sie müssen gegen die Dynamik des tief verwurzelten Althergebrachten und der hierarchischen Bürokratie vorgehen, die immer noch in den Bildungseinrichtungen vorherrschen.

Die meisten Schulsysteme stecken Menschen in Schubladen

Die Verantwortlichen für das System müssen die institutionellen Strukturen in Angriff nehmen. Diese sind allzu oft auf die Interessen und Gewohnheiten von Lehrkräften und Verwaltungsangestellten ausgerichtet – und nicht auf die der Lernenden. Die meisten unserer Schulsysteme sind darauf ausgelegt, Menschen in Schubladen zu stecken, und nicht darauf, Chancen zu eröffnen und auf die vielfältigen Bedürfnisse der Lernenden einzugehen.

Aber in einer modernen Gesellschaft, in der wir die Talente aller nutzen und einen gleichberechtigten Zugang zum Lernen sicherstellen müssen, ist ein solcher Ansatz ein Hindernis für den Erfolg. Es werden Anreize und Unterstützung benötigt, damit Schulen den Bedürfnissen aller Schülerinnen und Schüler gerecht werden können, anstatt sich einen Vorteil zu verschaffen, indem sie schwierige Schüler woanders hinschicken. 

Damit Schulen unternehmerisch handeln und sich anpassen können, müssen die Systemverantwortlichen in der Lage sein, die für Innovationen erforderlichen personellen, sozialen und finanziellen Ressourcen zu mobilisieren. Sie müssen in der Lage sein, starke sektor- und länderübergreifende Verbindungen aufzubauen und Partnerschaften mit Regierungsvertretern, Sozialunternehmern, Führungskräften aus der Wirtschaft, Forschern und der Zivilgesellschaft zu schließen.

Was Singapur im Bildungsbereich erfolgreich macht

Systemverantwortliche müssen sich darüber im Klaren sein, wie Organisationspolitik und -praxis den Wandel entweder erleichtern oder behindern können. Sie müssen …

  • bereit sein, das System zu konfrontieren, wenn es den Wandel behindert. 
  • in der Lage sein, sich abzeichnende Trends und Muster zu erkennen und zu sehen, wie sie angestrebte Innovation begünstigen oder behindern können. 
  • in der Zusammenarbeit mit anderen Organisationen und Menschen politisch versiert sein. 
  • ihr Wissen darüber nutzen, was Menschen motiviert, um andere davon zu überzeugen, ihre Pläne für Veränderungen zu unterstützen.
  • ihr Verständnis von Macht und Einfluss nutzen, um die Allianzen und Koalitionen aufzubauen, die nötig sind, um etwas zu erreichen. 

Der Erfolg Singapurs im Bildungsbereich – als Beispiel – ist eine Geschichte über Führung und die Abstimmung von Politik und Praxis. Hinzu kommen die Festlegung ehrgeiziger Standards und die Konzentration auf den Aufbau von Lehrer- und Führungskapazitäten zur Entwicklung von Visionen und Strategien auf Schulebene. Und es gibt eine Kultur der kontinuierlichen Verbesserung, die die Bildungspraktiken mit den besten der Welt vergleicht. 

Erfolg hängt von einem integrativen Führungsstil ab

Bei all dem ist es wichtig, dass die Verantwortlichen im Bildungswesen den Lehrkräften und Schulleitern gegenüber transparent machen, wohin die Reform geht und was sie für sie bedeutet. Der Erfolg hängt von einem integrativen Führungsstil ab, der die Zusammenarbeit fördert und den Mitarbeitern erlaubt, Risiken einzugehen. Das ermutigt das Personal, Probleme aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten und neue Lösungen zu finden. Es geht darum, einen Konsens zu erreichen, ohne die Reform aufzugeben.

Viele Lehrkräfte und Schulen sind dazu bereit. Um ihr Wachstum zu fördern, muss die Politik Innovationen anregen und ermöglichen und bewährte Verfahren ermitteln und weitergeben. Dieser Politikwechsel muss auf Vertrauen aufbauen. Vertrauen in die Bildung, in Bildungseinrichtungen, in Schulen und Lehrkräfte, in Schülerinnen und Schüler sowie Kommunen. 

In allen öffentlichen Diensten ist Vertrauen ein wesentlicher Bestandteil einer guten Verwaltung. Erfolgreiche Schulen werden immer Orte sein, an denen Menschen arbeiten wollen und ihre Ideen am besten verwirklichen können. Wo sie Vertrauen erhalten und ihr Vertrauen geben können.

Öffentliches Vertrauen in die Bildung ist grundlegend

Wir wissen zu wenig darüber, wie sich Vertrauen im Bildungswesen entwickelt und über einen längeren Zeitraum aufrechterhalten wird oder wie es wiederhergestellt werden kann, wenn es zerstört wurde. Vertrauen lässt sich jedoch nicht per Gesetz verordnen oder vorschreiben. Deshalb ist es auch so schwer, es in traditionelle Verwaltungsstrukturen einzubauen. 

Vertrauen ist immer beabsichtigt: Es kann nur durch gesunde Beziehungen und konstruktive Transparenz gefördert und angeregt werden. Das ist die Lektion, die wir alle von Finnland lernen können. Hier zeigen Meinungsumfragen durchweg ein hohes Maß an öffentlichem Vertrauen in die Bildung.

In einer Zeit, in der ein “Command-and-Control”-Führungsstil zunehmend zurückgeht, ist der Aufbau von Vertrauen der vielversprechendste Weg, um moderne Bildungssysteme voranzubringen und zu fördern.  

Dies ist die übersetzte Fassung der Kolumne. Das englische Original finden Sie hier.

Der OECD-Bildungsdirektor, Andreas Schleicher, ist Statistiker und Bildungsforscher und kritisiert seit Jahren das deutsche Bildungssystem. 2019 erschien sein Buch “Weltklasse: Schule für das 21. Jahrhundert”, in dem er zentrale Ergebnisse seiner Forschung zusammenfasst. Er konzipierte die PISA-Studien und stellte 2001 die in Deutschland viel beachtete erste PISA-Studie vor. Seit 2002 ist er für das PISA-Programm zuständig und beteiligt sich an zahlreichen weiteren Bildungsprojekten.

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News

Mecklenburg-Vorpommern: Neues Schulgesetz soll digitales Lernen stärken

In Mecklenburg-Vorpommern soll am kommenden Mittwoch der Entwurf für ein neues Schulgesetz in erster Lesung im Landtag diskutiert werden. Der Entwurf sieht vor, digitale Bildung weiter zu stärken. Zudem sollen Privatschulen mehr Geld bekommen und es soll strengere Kriterien für den Wechsel auf das Gymnasium geben. Neben einem Notendurchschnitt von mindestens 2,5 in den Fächern Deutsch, Mathematik und der ersten Fremdsprache muss künftig jedes dieser Fächer mit mindestens “ausreichend” absolviert werden.

Daneben sieht der Gesetzentwurf unter anderem folgende Neuerungen vor:

  • Digital unterstütztes Lernen soll gesetzlich verankert werden. Lehrer dürfen digitalen Unterricht aus pädagogischen oder didaktischen Gründen in einem zeitlich festgelegten Umfang und mit pädagogischem Konzept anbieten. Distanzunterricht soll laut Entwurf in besonderen, gesetzlich festgeschriebenen Notsituationen angeordnet werden können.
  • Die Digitalen Landesschulen werden ebenfalls gesetzlich verankert und sollen weiter ausgebaut werden. Seit Ende Oktober 2024 bieten die Digitalen Landesschulen Vertretungsunterricht in den Fächern Deutsch, Mathematik und Englisch für die Jahrgangsstufen 9 bis 12 nach einem festen Stundenplan an.
  • Um Schulschließungen zu vermeiden, sollen die Schülermindestzahlen gesenkt werden – für bestehende Grundschulen auf 15, für die Regionalen Schulen (eine Kombination aus Haupt- und Realschulen) auf 30 Schülerinnen und Schüler. In Sachsen-Anhalt wird gerade ebenfalls ein Schulgesetzentwurf diskutiert – hier sind für die Sekundar- und Gemeinschaftsschule mindestens 20 Schüler vorgesehen.
  • Das Unterrichtsfach Arbeit-Wirtschaft-Technik soll umbenannt werden und sich stärker der Berufsorientierung widmen.
  • Auch jüngere Schüler sollen an der Schulkonferenz teilnehmen können. Dritt- und Viertklässler sollen als beratende Stimme teilnehmen dürfen. Ansonsten soll eine Teilnahme bereits ab Klasse 5 statt 7 möglich sein. Vera Kraft
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Sozialbericht: Wie sich das Bildungsniveau in Deutschland entwickelt

Immer mehr Menschen in Deutschland haben einen höherwertigen Bildungsabschluss. Die Zahl der Azubis und Studenten aber sinkt. Das geht aus dem Sozialbericht 2024 hervor. Den Bericht haben das Statistische Bundesamt, die Bundeszentrale für politische Bildung (bpb), das Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) und das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) am Mittwoch veröffentlicht.

Etwa 61 Prozent der Bevölkerung ab 25 Jahren bis 60 und älter haben in ihrem Leben einen mittleren Abschluss oder die (Fach-) Hochschulreife erworben. Der Anteil in der Altersgruppe zwischen 25 und 29 Jahren liegt bei 83 Prozent. Zum Vergleich: In der Gruppe ab 60 Jahren haben nur 43 Prozent einen höherwertigen Abschluss.  

Rückgang bei Azubis und Studenten

Die Zahl der abgeschlossenen Ausbildungsverträge war 2022 mit 470.000 um 14 Prozent niedriger als vor zehn Jahren. Und die Zahl der Studenten im ersten Semester sank um vier Prozent auf 474.000 Personen. Im Gegensatz zu den Universitäten – mit zwölf Prozent weniger Erstsemester-Studenten – gewannen die Fachhochschulen mit plus sieben Prozent an Beliebtheit

In der Auswahl des Ausbildungsberufs oder des Studiengangs gab es weiterhin starke Geschlechterunterschiede. Sowohl an den Universitäten als auch in der Ausbildung waren medizinische Berufe besonders unter Frauen beliebt. MINT-Fächer waren hingegen männlich dominiert.  

Starker Einfluss des Elternhauses

Fast die Hälfte aller Gymnasiasten stammten aus einem Akademiker-Haushalt. An Hauptschulen waren nur acht Prozent Akademiker-Kinder. Zugleich waren an den Hauptschulen Kinder mit Einwanderungsgeschichte überrepräsentiert: Die Hälfte aller Schüler ist entweder selbst eingewandert oder beide Elternteile sind es. An Gymnasien lag ihr Anteil nur bei 22 Prozent.  

Die Zahl von Personen mit nicht-deutscher Staatsbürgerschaft stieg sowohl an den Universitäten als auch im Ausbildungsbereich. Der Anteil ausländischer Studenten lag im Semester 2022/23 bei 16 Prozent – vor zehn Jahren waren es noch elf Prozent. Zudem hatten zwölf Prozent aller Azubis keine deutsche Staatsbürgerschaft. Vor zehn Jahren waren es sechs Prozentpunkte weniger. Johanna Gloede

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Kampf gegen Antisemitismus: Ergänzender Fachantrag adressiert Hochschulen und Schulen 

Am heutigen Donnerstag um 9 Uhr steht im Bundestag das Thema “Jüdisches Leben in Deutschland” auf der Tagesordnung. Dabei wird es um den umstrittenen Antrag “Nie wieder ist jetzt: Jüdisches Leben in Deutschland schützen, bewahren und stärken” gehen. Demnächst soll das Thema erneut auf die Tagesordnung, denn die Fraktionen der Ampel-Parteien und der CDU/CSU stehen kurz davor, sich auf einen ergänzenden Antrag zu einigen, in dem es unter anderem um Antisemitismus an Hochschulen geht.

Das Papier, das Table.Briefings vorliegt (hier einsehbar), wurde maßgeblich von den Mitgliedern des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung erarbeitet. “Es ist flankierend zum großen interfraktionellen Antrag entstanden und spezifiziert die Forderungen und Empfehlungen für den Bereich der Schulen und Hochschulen”, sagt Forschungsausschuss-Mitglied Stephan Albani (CDU).

Fördermittel nach wissenschaftlicher Exzellenz vergeben

Vor dem Hintergrund der Fördermittelaffäre hätten seine Parteikollegen und er ein besonderes Augenmerk darauf gelegt, dass Fördermittel auch weiterhin nach dem Maßstab der wissenschaftlichen Exzellenz vergeben werden. “Punkt 9 des Antrags macht das deutlich”, sagt er.

Dort heißt es außerdem, es sei “Konsens, dass wissenschaftliche Exzellenz und Antisemitismus einander ausschließen” und dass den Entscheidungsträgern der Selbstverwaltung der Wissenschaft eine Schlüsselrolle zukomme, die sie “außerordentlich verantwortungsvoll ausüben”. “Wir setzen darauf, dass die Institutionen entsprechende Strukturen haben oder aufbauen, die Antisemitismus erkennen und bekämpfen”, sagt Albani.

Hochschulen sollen den Austausch mit Sicherheitsbehörden ausbauen

In dem Antrag wird die Bundesregierung aufgefordert, im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel:

  • Antisemitismusforschung in ihrer Breite weiter zu stärken und bilaterale Forschungskooperationen zu Antisemitismus zu vertiefen;
  • regelmäßig Daten zu Antisemitismus an Schulen und Hochschulen zu erheben, um evidenzbasiertes Handeln zu ermöglichen;
  • sich weiterhin in Deutschland, der EU und weltweitdeutlich gegen einen Boykott der Kooperation mit der israelischen Wissenschaft zu positionieren;

Als Aufgaben, die gemeinsam mit den Bundesländern und der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) anzugehen sind, werden unter anderem genannt:

  • an Hochschulen dafür Sorge zu tragen, dass gegen antisemitisches Verhalten konsequent vorgegangen wird. Dazu gehörten die konsequente Anwendung des Hausrechts, der temporäre Ausschluss vom Unterricht oder Studium bis hin zur Exmatrikulation in besonders schweren Fällen;
  • auf allen Ebenen einen strukturierten Dialog zwischen betroffenen Hochschulen und den deutschen Sicherheitsbehörden zu initiieren und den Austausch zwischen Hochschulen und Sicherheitsbehörden in Intensität und Regelmäßigkeit auszubauen.

IHRA-Definition ausdrücklich befürwortet

Wie schon der große interfraktionelle Antrag befürwortet auch der Hochschul-Antrag ausdrücklich die IHRA-Arbeitsdefinition von Antisemitismus und weist darauf hin, dass auch HRK und KMK sich diese zu eigen gemacht haben. Das häufig geäußerte Argument, dass die IHRA-Arbeitsdefinition nicht klar genug zwischen Antisemitismus und Kritik an der israelischen Regierung differenziere, lässt Stephan Albani nicht gelten.

Zwar heiße es in der Definition, dass Erscheinungsformen von Antisemitismus sich auch gegen den Staat Israel richten, der dabei als jüdisches Kollektiv verstanden wird. Albani: “Explizit erwähnt wird aber auch, dass Kritik an Israel, die mit der an anderen Ländern vergleichbar ist, nicht als antisemitisch betrachtet wird.” abg

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Heads

Cem Özdemir, Minister für Bauern und Bildung

Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) übernimmt auch das BMBF.

Der Anruf von Vizekanzler Robert Habeck hat Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (beide Grüne) am Donnerstagmorgen in Sambia erreicht. Die Bitte des Wirtschaftsministers: Ob er nicht bis auf Weiteres auch das Bundesministerium für Bildung und Forschung übernehmen wolle. Minister für Bauern und Bildung, so einen Karrieresprung hatte Özdemir gerade sicher nicht erwartet.

Er bereitet sich eigentlich darauf vor, Ministerpräsident von Baden-Württemberg zu werden. Der Schwabe will Winfried Kretschmann beerben, wenn der spätestens mit der Wahl im Frühjahr 2026 die Rolle des grünen Landesvaters hinter sich lässt. 

Die Leitung des BMBF kann ihm da eine gute Vorbereitung sein. Bildung ist Ländersache. Für kurze Zeit mal aus Bundessicht auf die Fragen der Bildung zu schauen, kann nicht schaden. 

Bodenständige Bildungsperspektive

Mit Bildungspolitik und Forschungspolitik aber hat Özdemir bisher wenig bis nichts zu tun gehabt, von seiner Schul- und Studienzeit mal abgesehen. Er bringt eine bodenständige Bildungs- und eine migrantische Lebensperspektive ein. Letzteres hat er allen bisherigen Ministern in dem Amt voraus. 

Sein Vater ist 1963 als Gastarbeiter nach Deutschland gekommen, seine Mutter 1964. Özdemir, 1965 im schwäbischen Urach geboren, wuchs als Einzelkind auf. Nach der Grundschule ging er auf die Realschule und machte anschließend eine Ausbildung zum Erzieher.

An der Fachoberschule in Nürtingen holte er seine Fachhochschulreife nach und studierte anschließend Sozialpädagogik an der Evangelischen Fachhochschule für Sozialwesen in Reutlingen, die heute zur Evangelischen Hochschule Ludwigsburg gehört. 

Schnelle Parteikarriere und ein Skandal

Mitglied der Grünen ist er seit 1981. Das gleiche Jahr, in dem er die deutsche Staatsbürgerschaft beantragte. Er stieg schnell in den Landesvorstand der Grünen auf, ab 1994 saß er erstmals im Bundestag und kümmerte sich vor allem um Innenpolitik. 2002 stolperte er über einen zinsgünstigen Kredit, den er sich von einem windigen Politikberater hat geben lassen. Er trat als innenpolitischer Sprecher zurück und nahm danach das erneut gewonnene Bundestagsmandat nicht an. 

Es folgte eine Phase der relativen Ruhe. Bis er 2004 ins EU-Parlament einzog. Sein Thema dort war Außenpolitik. Er hielt es nicht lange aus. 2008 wurde er zum neuen Bundesvorsitzenden der Grünen gewählt. Ein Amt, dass er zehn Jahr innehatte.

2013 endlich schaffte er es zurück in den Bundestag. 2017 wurde er an der Seite von Katrin Göring-Eckardt Spitzenkandidat der Grünen für die Bundestagswahl. Nach dem Scheitern der Jamaika-Koalitionsverhandlungen zog sich Özdemir ins Abgeordnetendasein zurück. Bis er sich nach der Wahl 2021 wohl auch zur eigenen Überraschung im Amt des Landwirtschaftsministers wiederfand. 

Standhaft auf den Bauernprotesten

Obwohl fachfremd gewann er Statur. Vor allem in den Bauernprotesten zu Beginn des Jahres. Er nahm Partei für die Bauern, kritisierte sie aber auch Auge in Auge auf allen erdenklichen Demonstrationen.

Aus Sicht des BMBF fiel er vor allem als strikter Gegner von Gen- und Bio-Technologien auf. Zuletzt blockierte er im Kabinett die Gründung der Deutschen Agentur für Transfer und Innovation (Dati). Angeblich, weil er wiederum mit seinem Waldgesetz nicht weiterkam. Das Konzept zur Dati-Gründung hat das Kabinett erst vergangenen Mittwoch beschließen können. Als letzten Amtssakt quasi. 

Eigentlich wollte Özdemir wegen der Regierungskrise schon an diesem Donnerstag vorzeitig von seiner viertägigen Afrika-Reise zurückkehren. Das klappte nicht, es fehlten die nötigen Überflugrechte. Jetzt will er an diesem Freitag zurückkommen. Dann wird er einen Tag nach der Entlassung von Bettina Stark-Watzinger (FDP) seine Ernennungsurkunde zum Bundesminister für Bildung und Forschung aus der Hand des Bundespräsidenten entgegennehmen. 

Erste bildungspolitische Ansage

Seine erste bildungspolitische Ansage sendet Özdemir aus der Ferne: “Eine gute Bildung und die Sicherung des Wissenschafts- und Forschungsstandortes sind für die Zukunft Deutschlands von überragender Bedeutung. Ich will dazu meinen Beitrag leisten.” 

Viel mehr wird für die Restzeit bis zu den Neuwahlen von ihm nicht zu erwarten sein. Ohne Mehrheit im Bundestag wird er nichts von Belang durchsetzen können. Eventuell könnte er noch die beamteten Staatssekretäre Roland Philippi und Judith Pirscher ersetzen, beides ausgewiesene FDP-Leute. Vielleicht sucht er nach auch nach einem neuen Ministeriumssprecher. Katrin Mendorf ist gerade erst als Sprecherin der FDP-Fraktion ins BMBF gewechselt. Gerüchteweise heißt es auch, er schaue sich im Parlament nach neuen, grünen Köpfen um, um die beiden parlamentarischen Staatssekretäre Jens und Mario Brandenburg (beide FDP) zu ersetzen. Beide sind wie ihre ehemalige Chefin seit Donnerstag nicht mehr im Amt. Thorsten Denkler

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Personalien

Indra Hadeler ist seit Mittwoch neue Co-Vorständin im Nationalen MINT-Forum (NMF). Zusammen mit Co-Vorstand Carsten Busch und den mehr als 30 institutionellen NMF-Mitgliedern will sie nun die Bildung in Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik vorantreiben und den “produktiven Dialog” fortsetzen, wie sie kurz nach ihrer Wahl sagte.

Die Juristin löst Edith Wolf ab, die nach zwei Amtszeiten nicht mehr zur Wahl antrat. Wolf war vier Jahre lang Co-Vorständin und erweiterte in ihrer Amtszeit die politischen Aktivitäten, die mediale Präsenz und das Themenspektrum von NMF.

Hadeler ist seit 2022 Geschäftsführerin für Bildung und Internationale Beziehungen beim Arbeitgeberverband Gesamtmetall. Zudem ist sie in verschiedenen Gremien aktiv, darunter als Vorstandsvorsitzende von MINT-EC
und Mitglied im Kuratorium der Stiftung Kinder forschen. vkr

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Best of Table

Research.Table. Ampel-Aus: Bettina Stark-Watzinger tritt zurück. Sie reichte ebenso wie die meisten anderen FDP-Minister ihren Rücktritt ein. Was der Bruch der Ampel für die noch ausstehenden Vorhaben in der Forschungspolitik bedeutet, lesen Sie hier.

Research.Table. Nochmal vier Jahre Trump: Wie die deutsche Wissenschaft auf die US-Wahl reagiert. Die deutsche Wissenschaftscommunity ist enttäuscht über die Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten. Dennoch bekennt sie sich zum transatlantischen Austausch. DFG und Wissenschaftsrat fordern als Reaktion einen europäischen Exzellenzwettbewerb. Mehr lesen Sie hier.

Presseschau

SWR: Bildungsverbände fordern mehr Lehrerstellen für Baden-Württemberg. Der Entwurf für den Doppelhaushalt 2025/26 sorgt trotz Schwerpunkt auf Bildung für Unmut. Es fehlten mindestens 1.500 Vollzeit-Deputate, wie Verbände und Gewerkschaften kritisieren. Das Land habe die steigenden Schülerzahlen nicht berücksichtigt lautet der Vorwurf. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sagt dagegen, die Prognosen, auf die sich Verbände und SPD stützen, seien zu hoch gegriffen. (In BW fehlen Lehrer: 1.500 zusätzliche Stellen gefordert)

Stern: Widerstand gegen Sprachtests in bayerischen Kitas. In Bayern sprechen sich SPD und GEW gegen Sprachtests in Kitas aus. Die Regierung aus CSU und Freien Wählern plant ab dem Jahr 2025 verpflichtende Sprachstandserhebungen. SPD und GEW kritisieren, es gebe bereits genug Prüfungsverfahren, doch es mangele an Personal, um basierend auf dem Ergebnissen die Kinder zu fördern. (Gewerkschaft fordert Stopp für Sprachtests an Bayerns Kitas

Spiegel: Herausforderungen für Schulleiter. Für GEW-Vorstandsmitglied Anja Bensinger-Stolze ist der Mangel an Schulleitern nicht überraschend. Diese seien die ersten, die den Lehrermangel zu spüren bekämen – die Arbeitsbelastung sei in dieser Position so meist immens. Entlastung etwa durch zusätzliche Verwaltungskräfte oder spezifisches Personal gebe es nicht ausreichend. Neben ihrer Tätigkeit als Schulleiter seien sie zudem weiterhin dazu verpflichtet, zu unterrichten. (Schule sucht Chef (m/w/d)

Tagesspiegel: Neuer Vorsitzender für Berliner GEW. Die Gewerkschaft hat den Erzieher Gökhan Akgün mit 92 Prozent als neuen Vorsitzenden gewählt. Akgün ist langjähriger Vorsitzender des GEW-Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg und gilt als Vermittler und Sympathieträger. Der vorherige Berliner GEW-Vorsitzende Tom Erdmann war nach der Veröffentlichung eines vertraulichen Gesprächsmitschnitts zurückgetreten. Akgün will sich nun unter anderem gegen Kürzungen im Bildungsbereich einsetzen. (GEW wählt nach Abhör-Affäre neuen Vorsitzenden: Ein Erzieher soll Berlins größte Bildungsgewerkschaft führen

Zeit: Rekordhoch für Anzahl der Studiengänge. Inzwischen gibt es in Deutschland 23.000 verschiedene Studiengänge – so viele wie noch nie. Davon sind 12.000 Bachelorstudiengänge. Das Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) führt den Anstieg unter anderem auf die Privatschulen zurück, deren Angebot um mehr als 50 Prozent stieg. Bei besonders vielen der neuen Studiengänge handelt es sich um spezialisierte Studiengänge im Bereich des Gesundheitswesens oder der Nachhaltigkeit. (Zahl der Studiengänge steigt auf Rekordwert

Tagesspiegel: Interaktive Serie über Lehrermangel in Berlin. In einer umfassenden Recherche sammelte die Tagesspiegelredaktion aktuelle Zahlen zum Lehrermangel in Berlin. So entstand eine Übersicht, wo wie viele Lehrer wie viele Unterrichtsstunden für wie viele Schüler leisten konnten. Dies wurde zudem durch individuelle Berichte von Schulen und ihren Problemen mit dem Lehrermangel ergänzt. Für die Serie gewann die Redaktion nun den Deutschen Lokaljournalistenpreis. (Interaktive Serie über Lehrermangel in Berlin: Tagesspiegel gewinnt Deutschen Lokaljournalistenpreis der Adenauer-Stiftung

Bildung.Table Redaktion

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    Liebe Leserin, lieber Leser,

    was für turbulente Zeiten. Ampel geplatzt, Trump gewählt. Und in Sachsen ist jetzt sicher, dass das BSW keinen Platz auf der Regierungsbank bekommt.

    Zwei Tage später können Sie vielleicht etwas durchatmen. Und sich endlich die Frage stellen: Was heißt das alles? 

    Zumindest in Bildungs-Fragen rund um das Ampel-Aus können wir helfen. Mein Kollege Ralf Pauli und ich haben uns umgehört, welche Risse das Ampel-Beben in der deutschen Bildungslandschaft hinterlässt. Der Digitalpakt II, das schon mal vorweg, ist ziemlich tot. Immerhin: Die Länder wollen am liebsten sofort mit Wiederbelebungsversuchen starten.

    Außerdem haben wir einen neuen, nun ja, Minister für Bauern und Bildung. Der grüne Landwirtschaftsminister Cem Özdemir beerbt Bettina Stark-Watzinger, die seit gestern nicht mehr im Amt ist. Wir sagen Ihnen, wie es dazu kommen konnte. Und was sich noch im BMBF ändern könnte.

    Wer vom Ampel-Chaos jetzt schon genug hat, der kann auch direkt zur Kolumne von OECD-Bildungspapst Andreas Schleicher springen. Der hat ein paar unbequeme Botschaften für reformfaule Führungskräfte im Bildungswesen aufgeschrieben.

    Es sei an dieser Stelle auch noch einmal an das Live Briefing von Bildung.Table kommende Woche Donnerstag erinnert. Dann wird meine Kollegin Anna Parrisius ab 13 Uhr mit Expertinnen und Experten über das große MINT-Drama reden. Im Fokus steht die Frage: Wie bekommen wir mehr MINT-Kompetenzen und Fachkräfte? Hier geht es zur kostenlosen Anmeldung.

    Genießen sie jetzt aber die neueste Ausgabe Ihres Bildung.Table. 

    Bleiben Sie uns gewogen,

    Ihr
    Thorsten Denkler
    Bild von Thorsten  Denkler

    Analyse

    Was das Ampel-Aus für die Bildungspolitik bedeutet

    Es wird nicht leicht für den neuen Bundesbildungsminister Cem Özdemir (Grüne). Nach dem Bruch der Ampelkoalition am späten Mittwochabend übernimmt der Landwirtschaftsminister bis zu möglichen Neuwahlen auch das Ressort der zurückgetretenen FDP-Ministerin Bettina Stark-Watzinger – und damit mehrere noch ausstehende Bildungsvorhaben der Bundesregierung. Özdemirs Aussichten, sie noch vor Neuwahlen umzusetzen, sind jedoch äußerst gering. Was übrigens auch für Bildungsvorhaben anderer Häuser gilt.

    Ein paar Beispiele:

    • Im Bundestag liegt die Reform zum Aufstiegsbafög, mit dem sich diese Woche bereits der Bildungsausschuss befasst hat. Ohne die Stimmen der FDP-Fraktion wird die nötige Mehrheit nicht zustande kommen. 
    • Das Wissenschaftszeitvertragsgesetz hat seine erste Lesung gerade noch überstanden. Mehr passiert jetzt nicht mehr. 
    • Die Idee, den DQR-Code zu verrechtlichen, um akademische und berufliche Bildungsabschlüsse juristisch gleich zu stellen, kann erstmal begraben werden.
    • Das FDP-ProjektFinanzbildungsstrategie“, die Stark-Watzinger noch mit Ex-Finanzminister Christian Lindner ausgeheckt hatte, ist ebenso vom Tisch. Das werden SPD und Grüne aber gut verschmerzen können.

    Digitalpakt II am Ende

    Das ganz dicke Brett aber, an dem noch bis zum Ende gebohrt wurde, ist der Digitalpakt II. Insgesamt 2,5 Milliarden Euro hatte Stark-Watzinger für die kommenden fünf Jahre in Aussicht gestellt. Dass das Bund-Länder-Programm wie erhofft zum Januar 2025 starten kann, ist jetzt so gut wie ausgeschlossen. Die Union jedenfalls hat bereits klargestellt, dass sie lieber Gesetze und Haushalt blockiert, als im Bundestag mit SPD und Grünen zu stimmen. Daran dürften auch sämtliche Appelle von Schulträgern nach einem “breiten Bündnis jenseits aller Parteitaktik” nichts ändern.

    Das bekräftigt auch die stellvertretende CDU-Vorsitzende und Bildungsministerin von Schleswig-Holstein, Karin Prien, im Gespräch mit Table.Briefings. “Als stellvertretende CDU-Vorsitzende muss ich klar sagen, dass wir den Haushalt dieser gescheiterten Bundesregierung nicht verabschieden werden.” Der Bundeskanzler müsse umgehend die Vertrauensfrage stellen und den Weg für Neuwahlen freimachen. “Als Bildungsministerin bedauere ich es, dass es mit der entlassenen Bundesministerin nicht gelungen ist, den Digitalpakt II zum Abschluss zu bringen.”

    Kommunen müssen IT-Kosten selbst tragen

    Seit Dezember 2022 verhandeln Bund und Länder die Details zum Digitalpakt II. Eigentlich wollten sich beide Seiten bereits vor Monaten geeinigt haben – im Mai diesen Jahres ist der Digitalpakt I ausgelaufen. Seither müssen die Schulträger anfallende Wartungskosten selbst tragen. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund (DStGB) drängt daher auf einen baldigen Digitalpakt II: “Die Kommunen benötigen diese Mittel dringend, um die laufenden Ausgaben für IT-Support und Ersatzbeschaffung von digitalen Geräten zu decken”, sagte DStGB-Sprecher und Beigeordneter für Digitalisierung Alexander Handschuh zu Table.Briefings.

    Bislang kamen die Verhandlungen zum Digitalpakt II an zwei Punkten nur mühsam voran:

    • Stark-Watzinger beharrte auf einer 50-prozentigen Kofinanzierung durch die Länder
    • Zudem verlangte sie bundesweit verbindliche Vorgaben zu Lehrerfortbildungen für digitale Unterrichtskonzepte.

    Die Länder wollen stattdessen:

    • Zurück zu 90-Prozent-Finanzierung des Bundes. Und wenn schon 50 Prozent, dann mit hoher Anrechenbarkeit für alle Arten von Landesleitungen in der Digitalisierung. Was der Bund bisher ablehnte.
    • Keine Einmischung des Bundes in inhaltliche Fragen.

    Zerrüttetes Vertrauensverhältnis

    Zuletzt schien eine Einigung erreichbar gewesen zu sein. Der Bund ist den Ländern etwa in der Anrechenbarkeit entgegengekommen, wenn es um Leistungen geht, die direkt mit den digitalen Endgeräten zu tun haben.

    Bildungsministerin Prien hält den Digitalpakt II weiter für machbar: “In beiden strittigen Punkten werden wir zu Kompromissen kommen”. Prien setzt dabei auch auf Özdemir: “Ich habe Cem Özdemir immer als kompetent und kompromissfähig erlebt”. Ihr Ziel: Ein Bund-Länder-Abkommen soweit vorzubereiten, dass eine künftige Bundesregierung es unbesehen übernehmen kann.

    Auch in anderen Ländern ist die Hoffnung groß, dass die Verhandlungen mit dem BMBF ohne FDP-Spitze leichter werden. Das Vertrauensverhältnis jedenfalls ist schon länger zerrüttet. Zu häufig hat Stark-Watzinger die Länder aus deren Sicht mit Alleingängen verprellt. Etwa als sie im Jahr 2023 ohne Rücksprache mit den Ländern zum nationalen “Bildungsgipfel” geladen hat. Oder als während der Verhandlungen zum Startchancen-Programm im Frühjahr 2023 Inhalte eines BMBF-Eckpunkte-Papiers den Medien früher bekannt waren als den Ländern.

    Hoffen auf nächste Bundesregierung

    Auch dass im BMBF viele erfahrene Abteilungsleiter durch FDP-Parteifreunde ersetzt wurden, irritiert. “Bei solch wichtigen Projekten dürfen parteipolitische oder taktische Erwägungen nicht die Oberhand gewinnen über fachliche Notwendigkeiten”, sagt die rheinland-pfälzische Bildungsministerin Stefanie Hubig zu Table.Briefings. Wie Prien ist Hubig zuversichtlich, dass der Digitalpakt II kommen wird, wenn auch nicht unter der jetzigen Bundesregierung: “Der Bedarf, die Digitalisierung an unseren Schulen voranzutreiben, hat sich durch die politischen Entwicklungen in Berlin nicht verändert”, sagt Hubig.

    Was für diese Zuversicht spricht: Die Bund-Länder-Verhandlungsgruppe hat trotz des Stark-Watzinger-Rücktritts wie geplant am Donnerstagvormittag auf Arbeitsleiterebene getagt. Ab Januar aber gilt erstmal die vorläufige Haushaltsführung. Neue Zahlungsverpflichtungen darf der Staat dann nicht eingehen. Auch nicht für dringende Investitionen. Heißt: Kein Digitalpakt, bis es einen neuen Haushalt gibt.

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    Kolumne

    OECD-Bildungsdirektor: Warum konservative Führungskräfte ihre Komfortzone verlassen müssen

    Andreas Schleicher
    OECD-Bildungsdirektor Andreas Schleicher.

    Die Bildungsbürokratie verändern zu wollen, lässt sich wohl vergleichen mit dem Vorhaben, einen Friedhof zu verlagern: Der Status quo hat viele Beschützer. Unterm Strich sind Schulsysteme eher konservative Sozialsysteme. Jeder unterstützt Bildungsreformen – es sei denn, sie betreffen die eigenen Kinder. 

    Eltern mögen die Bildung ihrer Kinder an ihren eigenen Bildungserfahrungen messen. Lehrer unterrichten vielleicht so, wie sie Unterricht erlebt haben, und nicht so, wie ihnen beigebracht wurde, zu lehren. Aber das wahre Hindernis für Bildungsreformen sind nicht die konservativen, ausführenden Personen. Es sind die konservativen Schul- und Systemführer.

    Führungskräfte, die …

    • Populismus ausnutzen, um den Status quo zu erhalten.
    • an den heutigen Lehrplänen festhalten, anstatt die pädagogische Praxis an eine sich verändernde Welt anzupassen, weil es so viel einfacher ist, in der Komfortzone zu bleiben.
    • in populäre Lösungen wie kleinere Klassen investieren, anstatt sich die Zeit zu nehmen, Eltern und Lehrer von den Vorteilen einer effizienteren Mittelverwendung zu überzeugen, unter anderem durch Investitionen in eine höhere Professionalität der Lehrkräfte.

    Eine wirksame Führung ist für praktisch jeden Aspekt des Bildungswesens von zentraler Bedeutung, insbesondere wenn es an Kohärenz und Kapazität mangelt. In jedem Bildungssystem gibt es viele hervorragende Lehrkräfte, Schulen und Bildungsprogramme. Doch um ein großartiges Bildungssystem aufzubauen, bedarf es einer effektiven Führung.

    Kultur ist das Markenzeichen einer effektiven Führung

    Es gibt eine Lektion, die wir auch in Deutschland gelernt haben: Modellversuche und Programme skalieren selten. Sie schaffen es also kaum in die Breite. Es ist vielmehr die Kultur, die es zu skalieren gilt. Und Kultur ist immer das Markenzeichen einer effektiven Führung. 

    Lesen Sie auch: Pant – Das Wissen über gelingende Transferprozesse in der Bildung fehlt

    Bei der Kultur geht es um das Lernen des Systems, systemweite Innovation und eine zielgerichtete Zusammenarbeit. Sie kann zu groß angelegten, kontinuierlichen Verbesserungen führen. Wer einen echten und dauerhaften Wandel herbeiführen will, fragt nicht, wie viele Lehrkräfte die Ideen unterstützen. Die Frage lautet, wie viele Lehrkräfte zu einer effektiven Zusammenarbeit fähig sind und sich dafür engagieren.

    Führungskräfte, die in ihren Schulsystemen zukunftsweisende Veränderungen herbeiführen wollen, müssen mehr tun, als Befehle zu erteilen und zu versuchen, deren Einhaltung durchzusetzen. Sie müssen ein gemeinsames Verständnis und kollektive Verantwortung aufbauen, für den Wandel plädieren und die Unterstützung anbieten, die den Wandel Wirklichkeit werden lässt. Dabei müssen sie glaubwürdig bleiben, ohne populistisch zu sein. 

    Sie müssen Ressourcen bündeln und Kapazitäten aufbauen, um Arbeitsorganisationen zu verändern. Es liegt an ihnen, das richtige politische Klima mit Maßnahmen zur Rechenschaftspflicht zu schaffen sowie Innovation und Entwicklung zu fördern, anstatt die Einhaltung von Vorschriften zu erzwingen. Und sie müssen gegen die Dynamik des tief verwurzelten Althergebrachten und der hierarchischen Bürokratie vorgehen, die immer noch in den Bildungseinrichtungen vorherrschen.

    Die meisten Schulsysteme stecken Menschen in Schubladen

    Die Verantwortlichen für das System müssen die institutionellen Strukturen in Angriff nehmen. Diese sind allzu oft auf die Interessen und Gewohnheiten von Lehrkräften und Verwaltungsangestellten ausgerichtet – und nicht auf die der Lernenden. Die meisten unserer Schulsysteme sind darauf ausgelegt, Menschen in Schubladen zu stecken, und nicht darauf, Chancen zu eröffnen und auf die vielfältigen Bedürfnisse der Lernenden einzugehen.

    Aber in einer modernen Gesellschaft, in der wir die Talente aller nutzen und einen gleichberechtigten Zugang zum Lernen sicherstellen müssen, ist ein solcher Ansatz ein Hindernis für den Erfolg. Es werden Anreize und Unterstützung benötigt, damit Schulen den Bedürfnissen aller Schülerinnen und Schüler gerecht werden können, anstatt sich einen Vorteil zu verschaffen, indem sie schwierige Schüler woanders hinschicken. 

    Damit Schulen unternehmerisch handeln und sich anpassen können, müssen die Systemverantwortlichen in der Lage sein, die für Innovationen erforderlichen personellen, sozialen und finanziellen Ressourcen zu mobilisieren. Sie müssen in der Lage sein, starke sektor- und länderübergreifende Verbindungen aufzubauen und Partnerschaften mit Regierungsvertretern, Sozialunternehmern, Führungskräften aus der Wirtschaft, Forschern und der Zivilgesellschaft zu schließen.

    Was Singapur im Bildungsbereich erfolgreich macht

    Systemverantwortliche müssen sich darüber im Klaren sein, wie Organisationspolitik und -praxis den Wandel entweder erleichtern oder behindern können. Sie müssen …

    • bereit sein, das System zu konfrontieren, wenn es den Wandel behindert. 
    • in der Lage sein, sich abzeichnende Trends und Muster zu erkennen und zu sehen, wie sie angestrebte Innovation begünstigen oder behindern können. 
    • in der Zusammenarbeit mit anderen Organisationen und Menschen politisch versiert sein. 
    • ihr Wissen darüber nutzen, was Menschen motiviert, um andere davon zu überzeugen, ihre Pläne für Veränderungen zu unterstützen.
    • ihr Verständnis von Macht und Einfluss nutzen, um die Allianzen und Koalitionen aufzubauen, die nötig sind, um etwas zu erreichen. 

    Der Erfolg Singapurs im Bildungsbereich – als Beispiel – ist eine Geschichte über Führung und die Abstimmung von Politik und Praxis. Hinzu kommen die Festlegung ehrgeiziger Standards und die Konzentration auf den Aufbau von Lehrer- und Führungskapazitäten zur Entwicklung von Visionen und Strategien auf Schulebene. Und es gibt eine Kultur der kontinuierlichen Verbesserung, die die Bildungspraktiken mit den besten der Welt vergleicht. 

    Erfolg hängt von einem integrativen Führungsstil ab

    Bei all dem ist es wichtig, dass die Verantwortlichen im Bildungswesen den Lehrkräften und Schulleitern gegenüber transparent machen, wohin die Reform geht und was sie für sie bedeutet. Der Erfolg hängt von einem integrativen Führungsstil ab, der die Zusammenarbeit fördert und den Mitarbeitern erlaubt, Risiken einzugehen. Das ermutigt das Personal, Probleme aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten und neue Lösungen zu finden. Es geht darum, einen Konsens zu erreichen, ohne die Reform aufzugeben.

    Viele Lehrkräfte und Schulen sind dazu bereit. Um ihr Wachstum zu fördern, muss die Politik Innovationen anregen und ermöglichen und bewährte Verfahren ermitteln und weitergeben. Dieser Politikwechsel muss auf Vertrauen aufbauen. Vertrauen in die Bildung, in Bildungseinrichtungen, in Schulen und Lehrkräfte, in Schülerinnen und Schüler sowie Kommunen. 

    In allen öffentlichen Diensten ist Vertrauen ein wesentlicher Bestandteil einer guten Verwaltung. Erfolgreiche Schulen werden immer Orte sein, an denen Menschen arbeiten wollen und ihre Ideen am besten verwirklichen können. Wo sie Vertrauen erhalten und ihr Vertrauen geben können.

    Öffentliches Vertrauen in die Bildung ist grundlegend

    Wir wissen zu wenig darüber, wie sich Vertrauen im Bildungswesen entwickelt und über einen längeren Zeitraum aufrechterhalten wird oder wie es wiederhergestellt werden kann, wenn es zerstört wurde. Vertrauen lässt sich jedoch nicht per Gesetz verordnen oder vorschreiben. Deshalb ist es auch so schwer, es in traditionelle Verwaltungsstrukturen einzubauen. 

    Vertrauen ist immer beabsichtigt: Es kann nur durch gesunde Beziehungen und konstruktive Transparenz gefördert und angeregt werden. Das ist die Lektion, die wir alle von Finnland lernen können. Hier zeigen Meinungsumfragen durchweg ein hohes Maß an öffentlichem Vertrauen in die Bildung.

    In einer Zeit, in der ein “Command-and-Control”-Führungsstil zunehmend zurückgeht, ist der Aufbau von Vertrauen der vielversprechendste Weg, um moderne Bildungssysteme voranzubringen und zu fördern.  

    Dies ist die übersetzte Fassung der Kolumne. Das englische Original finden Sie hier.

    Der OECD-Bildungsdirektor, Andreas Schleicher, ist Statistiker und Bildungsforscher und kritisiert seit Jahren das deutsche Bildungssystem. 2019 erschien sein Buch “Weltklasse: Schule für das 21. Jahrhundert”, in dem er zentrale Ergebnisse seiner Forschung zusammenfasst. Er konzipierte die PISA-Studien und stellte 2001 die in Deutschland viel beachtete erste PISA-Studie vor. Seit 2002 ist er für das PISA-Programm zuständig und beteiligt sich an zahlreichen weiteren Bildungsprojekten.

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    News

    Mecklenburg-Vorpommern: Neues Schulgesetz soll digitales Lernen stärken

    In Mecklenburg-Vorpommern soll am kommenden Mittwoch der Entwurf für ein neues Schulgesetz in erster Lesung im Landtag diskutiert werden. Der Entwurf sieht vor, digitale Bildung weiter zu stärken. Zudem sollen Privatschulen mehr Geld bekommen und es soll strengere Kriterien für den Wechsel auf das Gymnasium geben. Neben einem Notendurchschnitt von mindestens 2,5 in den Fächern Deutsch, Mathematik und der ersten Fremdsprache muss künftig jedes dieser Fächer mit mindestens “ausreichend” absolviert werden.

    Daneben sieht der Gesetzentwurf unter anderem folgende Neuerungen vor:

    • Digital unterstütztes Lernen soll gesetzlich verankert werden. Lehrer dürfen digitalen Unterricht aus pädagogischen oder didaktischen Gründen in einem zeitlich festgelegten Umfang und mit pädagogischem Konzept anbieten. Distanzunterricht soll laut Entwurf in besonderen, gesetzlich festgeschriebenen Notsituationen angeordnet werden können.
    • Die Digitalen Landesschulen werden ebenfalls gesetzlich verankert und sollen weiter ausgebaut werden. Seit Ende Oktober 2024 bieten die Digitalen Landesschulen Vertretungsunterricht in den Fächern Deutsch, Mathematik und Englisch für die Jahrgangsstufen 9 bis 12 nach einem festen Stundenplan an.
    • Um Schulschließungen zu vermeiden, sollen die Schülermindestzahlen gesenkt werden – für bestehende Grundschulen auf 15, für die Regionalen Schulen (eine Kombination aus Haupt- und Realschulen) auf 30 Schülerinnen und Schüler. In Sachsen-Anhalt wird gerade ebenfalls ein Schulgesetzentwurf diskutiert – hier sind für die Sekundar- und Gemeinschaftsschule mindestens 20 Schüler vorgesehen.
    • Das Unterrichtsfach Arbeit-Wirtschaft-Technik soll umbenannt werden und sich stärker der Berufsorientierung widmen.
    • Auch jüngere Schüler sollen an der Schulkonferenz teilnehmen können. Dritt- und Viertklässler sollen als beratende Stimme teilnehmen dürfen. Ansonsten soll eine Teilnahme bereits ab Klasse 5 statt 7 möglich sein. Vera Kraft
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    Sozialbericht: Wie sich das Bildungsniveau in Deutschland entwickelt

    Immer mehr Menschen in Deutschland haben einen höherwertigen Bildungsabschluss. Die Zahl der Azubis und Studenten aber sinkt. Das geht aus dem Sozialbericht 2024 hervor. Den Bericht haben das Statistische Bundesamt, die Bundeszentrale für politische Bildung (bpb), das Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) und das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) am Mittwoch veröffentlicht.

    Etwa 61 Prozent der Bevölkerung ab 25 Jahren bis 60 und älter haben in ihrem Leben einen mittleren Abschluss oder die (Fach-) Hochschulreife erworben. Der Anteil in der Altersgruppe zwischen 25 und 29 Jahren liegt bei 83 Prozent. Zum Vergleich: In der Gruppe ab 60 Jahren haben nur 43 Prozent einen höherwertigen Abschluss.  

    Rückgang bei Azubis und Studenten

    Die Zahl der abgeschlossenen Ausbildungsverträge war 2022 mit 470.000 um 14 Prozent niedriger als vor zehn Jahren. Und die Zahl der Studenten im ersten Semester sank um vier Prozent auf 474.000 Personen. Im Gegensatz zu den Universitäten – mit zwölf Prozent weniger Erstsemester-Studenten – gewannen die Fachhochschulen mit plus sieben Prozent an Beliebtheit

    In der Auswahl des Ausbildungsberufs oder des Studiengangs gab es weiterhin starke Geschlechterunterschiede. Sowohl an den Universitäten als auch in der Ausbildung waren medizinische Berufe besonders unter Frauen beliebt. MINT-Fächer waren hingegen männlich dominiert.  

    Starker Einfluss des Elternhauses

    Fast die Hälfte aller Gymnasiasten stammten aus einem Akademiker-Haushalt. An Hauptschulen waren nur acht Prozent Akademiker-Kinder. Zugleich waren an den Hauptschulen Kinder mit Einwanderungsgeschichte überrepräsentiert: Die Hälfte aller Schüler ist entweder selbst eingewandert oder beide Elternteile sind es. An Gymnasien lag ihr Anteil nur bei 22 Prozent.  

    Die Zahl von Personen mit nicht-deutscher Staatsbürgerschaft stieg sowohl an den Universitäten als auch im Ausbildungsbereich. Der Anteil ausländischer Studenten lag im Semester 2022/23 bei 16 Prozent – vor zehn Jahren waren es noch elf Prozent. Zudem hatten zwölf Prozent aller Azubis keine deutsche Staatsbürgerschaft. Vor zehn Jahren waren es sechs Prozentpunkte weniger. Johanna Gloede

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    Kampf gegen Antisemitismus: Ergänzender Fachantrag adressiert Hochschulen und Schulen 

    Am heutigen Donnerstag um 9 Uhr steht im Bundestag das Thema “Jüdisches Leben in Deutschland” auf der Tagesordnung. Dabei wird es um den umstrittenen Antrag “Nie wieder ist jetzt: Jüdisches Leben in Deutschland schützen, bewahren und stärken” gehen. Demnächst soll das Thema erneut auf die Tagesordnung, denn die Fraktionen der Ampel-Parteien und der CDU/CSU stehen kurz davor, sich auf einen ergänzenden Antrag zu einigen, in dem es unter anderem um Antisemitismus an Hochschulen geht.

    Das Papier, das Table.Briefings vorliegt (hier einsehbar), wurde maßgeblich von den Mitgliedern des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung erarbeitet. “Es ist flankierend zum großen interfraktionellen Antrag entstanden und spezifiziert die Forderungen und Empfehlungen für den Bereich der Schulen und Hochschulen”, sagt Forschungsausschuss-Mitglied Stephan Albani (CDU).

    Fördermittel nach wissenschaftlicher Exzellenz vergeben

    Vor dem Hintergrund der Fördermittelaffäre hätten seine Parteikollegen und er ein besonderes Augenmerk darauf gelegt, dass Fördermittel auch weiterhin nach dem Maßstab der wissenschaftlichen Exzellenz vergeben werden. “Punkt 9 des Antrags macht das deutlich”, sagt er.

    Dort heißt es außerdem, es sei “Konsens, dass wissenschaftliche Exzellenz und Antisemitismus einander ausschließen” und dass den Entscheidungsträgern der Selbstverwaltung der Wissenschaft eine Schlüsselrolle zukomme, die sie “außerordentlich verantwortungsvoll ausüben”. “Wir setzen darauf, dass die Institutionen entsprechende Strukturen haben oder aufbauen, die Antisemitismus erkennen und bekämpfen”, sagt Albani.

    Hochschulen sollen den Austausch mit Sicherheitsbehörden ausbauen

    In dem Antrag wird die Bundesregierung aufgefordert, im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel:

    • Antisemitismusforschung in ihrer Breite weiter zu stärken und bilaterale Forschungskooperationen zu Antisemitismus zu vertiefen;
    • regelmäßig Daten zu Antisemitismus an Schulen und Hochschulen zu erheben, um evidenzbasiertes Handeln zu ermöglichen;
    • sich weiterhin in Deutschland, der EU und weltweitdeutlich gegen einen Boykott der Kooperation mit der israelischen Wissenschaft zu positionieren;

    Als Aufgaben, die gemeinsam mit den Bundesländern und der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) anzugehen sind, werden unter anderem genannt:

    • an Hochschulen dafür Sorge zu tragen, dass gegen antisemitisches Verhalten konsequent vorgegangen wird. Dazu gehörten die konsequente Anwendung des Hausrechts, der temporäre Ausschluss vom Unterricht oder Studium bis hin zur Exmatrikulation in besonders schweren Fällen;
    • auf allen Ebenen einen strukturierten Dialog zwischen betroffenen Hochschulen und den deutschen Sicherheitsbehörden zu initiieren und den Austausch zwischen Hochschulen und Sicherheitsbehörden in Intensität und Regelmäßigkeit auszubauen.

    IHRA-Definition ausdrücklich befürwortet

    Wie schon der große interfraktionelle Antrag befürwortet auch der Hochschul-Antrag ausdrücklich die IHRA-Arbeitsdefinition von Antisemitismus und weist darauf hin, dass auch HRK und KMK sich diese zu eigen gemacht haben. Das häufig geäußerte Argument, dass die IHRA-Arbeitsdefinition nicht klar genug zwischen Antisemitismus und Kritik an der israelischen Regierung differenziere, lässt Stephan Albani nicht gelten.

    Zwar heiße es in der Definition, dass Erscheinungsformen von Antisemitismus sich auch gegen den Staat Israel richten, der dabei als jüdisches Kollektiv verstanden wird. Albani: “Explizit erwähnt wird aber auch, dass Kritik an Israel, die mit der an anderen Ländern vergleichbar ist, nicht als antisemitisch betrachtet wird.” abg

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    Heads

    Cem Özdemir, Minister für Bauern und Bildung

    Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) übernimmt auch das BMBF.

    Der Anruf von Vizekanzler Robert Habeck hat Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (beide Grüne) am Donnerstagmorgen in Sambia erreicht. Die Bitte des Wirtschaftsministers: Ob er nicht bis auf Weiteres auch das Bundesministerium für Bildung und Forschung übernehmen wolle. Minister für Bauern und Bildung, so einen Karrieresprung hatte Özdemir gerade sicher nicht erwartet.

    Er bereitet sich eigentlich darauf vor, Ministerpräsident von Baden-Württemberg zu werden. Der Schwabe will Winfried Kretschmann beerben, wenn der spätestens mit der Wahl im Frühjahr 2026 die Rolle des grünen Landesvaters hinter sich lässt. 

    Die Leitung des BMBF kann ihm da eine gute Vorbereitung sein. Bildung ist Ländersache. Für kurze Zeit mal aus Bundessicht auf die Fragen der Bildung zu schauen, kann nicht schaden. 

    Bodenständige Bildungsperspektive

    Mit Bildungspolitik und Forschungspolitik aber hat Özdemir bisher wenig bis nichts zu tun gehabt, von seiner Schul- und Studienzeit mal abgesehen. Er bringt eine bodenständige Bildungs- und eine migrantische Lebensperspektive ein. Letzteres hat er allen bisherigen Ministern in dem Amt voraus. 

    Sein Vater ist 1963 als Gastarbeiter nach Deutschland gekommen, seine Mutter 1964. Özdemir, 1965 im schwäbischen Urach geboren, wuchs als Einzelkind auf. Nach der Grundschule ging er auf die Realschule und machte anschließend eine Ausbildung zum Erzieher.

    An der Fachoberschule in Nürtingen holte er seine Fachhochschulreife nach und studierte anschließend Sozialpädagogik an der Evangelischen Fachhochschule für Sozialwesen in Reutlingen, die heute zur Evangelischen Hochschule Ludwigsburg gehört. 

    Schnelle Parteikarriere und ein Skandal

    Mitglied der Grünen ist er seit 1981. Das gleiche Jahr, in dem er die deutsche Staatsbürgerschaft beantragte. Er stieg schnell in den Landesvorstand der Grünen auf, ab 1994 saß er erstmals im Bundestag und kümmerte sich vor allem um Innenpolitik. 2002 stolperte er über einen zinsgünstigen Kredit, den er sich von einem windigen Politikberater hat geben lassen. Er trat als innenpolitischer Sprecher zurück und nahm danach das erneut gewonnene Bundestagsmandat nicht an. 

    Es folgte eine Phase der relativen Ruhe. Bis er 2004 ins EU-Parlament einzog. Sein Thema dort war Außenpolitik. Er hielt es nicht lange aus. 2008 wurde er zum neuen Bundesvorsitzenden der Grünen gewählt. Ein Amt, dass er zehn Jahr innehatte.

    2013 endlich schaffte er es zurück in den Bundestag. 2017 wurde er an der Seite von Katrin Göring-Eckardt Spitzenkandidat der Grünen für die Bundestagswahl. Nach dem Scheitern der Jamaika-Koalitionsverhandlungen zog sich Özdemir ins Abgeordnetendasein zurück. Bis er sich nach der Wahl 2021 wohl auch zur eigenen Überraschung im Amt des Landwirtschaftsministers wiederfand. 

    Standhaft auf den Bauernprotesten

    Obwohl fachfremd gewann er Statur. Vor allem in den Bauernprotesten zu Beginn des Jahres. Er nahm Partei für die Bauern, kritisierte sie aber auch Auge in Auge auf allen erdenklichen Demonstrationen.

    Aus Sicht des BMBF fiel er vor allem als strikter Gegner von Gen- und Bio-Technologien auf. Zuletzt blockierte er im Kabinett die Gründung der Deutschen Agentur für Transfer und Innovation (Dati). Angeblich, weil er wiederum mit seinem Waldgesetz nicht weiterkam. Das Konzept zur Dati-Gründung hat das Kabinett erst vergangenen Mittwoch beschließen können. Als letzten Amtssakt quasi. 

    Eigentlich wollte Özdemir wegen der Regierungskrise schon an diesem Donnerstag vorzeitig von seiner viertägigen Afrika-Reise zurückkehren. Das klappte nicht, es fehlten die nötigen Überflugrechte. Jetzt will er an diesem Freitag zurückkommen. Dann wird er einen Tag nach der Entlassung von Bettina Stark-Watzinger (FDP) seine Ernennungsurkunde zum Bundesminister für Bildung und Forschung aus der Hand des Bundespräsidenten entgegennehmen. 

    Erste bildungspolitische Ansage

    Seine erste bildungspolitische Ansage sendet Özdemir aus der Ferne: “Eine gute Bildung und die Sicherung des Wissenschafts- und Forschungsstandortes sind für die Zukunft Deutschlands von überragender Bedeutung. Ich will dazu meinen Beitrag leisten.” 

    Viel mehr wird für die Restzeit bis zu den Neuwahlen von ihm nicht zu erwarten sein. Ohne Mehrheit im Bundestag wird er nichts von Belang durchsetzen können. Eventuell könnte er noch die beamteten Staatssekretäre Roland Philippi und Judith Pirscher ersetzen, beides ausgewiesene FDP-Leute. Vielleicht sucht er nach auch nach einem neuen Ministeriumssprecher. Katrin Mendorf ist gerade erst als Sprecherin der FDP-Fraktion ins BMBF gewechselt. Gerüchteweise heißt es auch, er schaue sich im Parlament nach neuen, grünen Köpfen um, um die beiden parlamentarischen Staatssekretäre Jens und Mario Brandenburg (beide FDP) zu ersetzen. Beide sind wie ihre ehemalige Chefin seit Donnerstag nicht mehr im Amt. Thorsten Denkler

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    Personalien

    Indra Hadeler ist seit Mittwoch neue Co-Vorständin im Nationalen MINT-Forum (NMF). Zusammen mit Co-Vorstand Carsten Busch und den mehr als 30 institutionellen NMF-Mitgliedern will sie nun die Bildung in Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik vorantreiben und den “produktiven Dialog” fortsetzen, wie sie kurz nach ihrer Wahl sagte.

    Die Juristin löst Edith Wolf ab, die nach zwei Amtszeiten nicht mehr zur Wahl antrat. Wolf war vier Jahre lang Co-Vorständin und erweiterte in ihrer Amtszeit die politischen Aktivitäten, die mediale Präsenz und das Themenspektrum von NMF.

    Hadeler ist seit 2022 Geschäftsführerin für Bildung und Internationale Beziehungen beim Arbeitgeberverband Gesamtmetall. Zudem ist sie in verschiedenen Gremien aktiv, darunter als Vorstandsvorsitzende von MINT-EC
    und Mitglied im Kuratorium der Stiftung Kinder forschen. vkr

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    Best of Table

    Research.Table. Ampel-Aus: Bettina Stark-Watzinger tritt zurück. Sie reichte ebenso wie die meisten anderen FDP-Minister ihren Rücktritt ein. Was der Bruch der Ampel für die noch ausstehenden Vorhaben in der Forschungspolitik bedeutet, lesen Sie hier.

    Research.Table. Nochmal vier Jahre Trump: Wie die deutsche Wissenschaft auf die US-Wahl reagiert. Die deutsche Wissenschaftscommunity ist enttäuscht über die Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten. Dennoch bekennt sie sich zum transatlantischen Austausch. DFG und Wissenschaftsrat fordern als Reaktion einen europäischen Exzellenzwettbewerb. Mehr lesen Sie hier.

    Presseschau

    SWR: Bildungsverbände fordern mehr Lehrerstellen für Baden-Württemberg. Der Entwurf für den Doppelhaushalt 2025/26 sorgt trotz Schwerpunkt auf Bildung für Unmut. Es fehlten mindestens 1.500 Vollzeit-Deputate, wie Verbände und Gewerkschaften kritisieren. Das Land habe die steigenden Schülerzahlen nicht berücksichtigt lautet der Vorwurf. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sagt dagegen, die Prognosen, auf die sich Verbände und SPD stützen, seien zu hoch gegriffen. (In BW fehlen Lehrer: 1.500 zusätzliche Stellen gefordert)

    Stern: Widerstand gegen Sprachtests in bayerischen Kitas. In Bayern sprechen sich SPD und GEW gegen Sprachtests in Kitas aus. Die Regierung aus CSU und Freien Wählern plant ab dem Jahr 2025 verpflichtende Sprachstandserhebungen. SPD und GEW kritisieren, es gebe bereits genug Prüfungsverfahren, doch es mangele an Personal, um basierend auf dem Ergebnissen die Kinder zu fördern. (Gewerkschaft fordert Stopp für Sprachtests an Bayerns Kitas

    Spiegel: Herausforderungen für Schulleiter. Für GEW-Vorstandsmitglied Anja Bensinger-Stolze ist der Mangel an Schulleitern nicht überraschend. Diese seien die ersten, die den Lehrermangel zu spüren bekämen – die Arbeitsbelastung sei in dieser Position so meist immens. Entlastung etwa durch zusätzliche Verwaltungskräfte oder spezifisches Personal gebe es nicht ausreichend. Neben ihrer Tätigkeit als Schulleiter seien sie zudem weiterhin dazu verpflichtet, zu unterrichten. (Schule sucht Chef (m/w/d)

    Tagesspiegel: Neuer Vorsitzender für Berliner GEW. Die Gewerkschaft hat den Erzieher Gökhan Akgün mit 92 Prozent als neuen Vorsitzenden gewählt. Akgün ist langjähriger Vorsitzender des GEW-Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg und gilt als Vermittler und Sympathieträger. Der vorherige Berliner GEW-Vorsitzende Tom Erdmann war nach der Veröffentlichung eines vertraulichen Gesprächsmitschnitts zurückgetreten. Akgün will sich nun unter anderem gegen Kürzungen im Bildungsbereich einsetzen. (GEW wählt nach Abhör-Affäre neuen Vorsitzenden: Ein Erzieher soll Berlins größte Bildungsgewerkschaft führen

    Zeit: Rekordhoch für Anzahl der Studiengänge. Inzwischen gibt es in Deutschland 23.000 verschiedene Studiengänge – so viele wie noch nie. Davon sind 12.000 Bachelorstudiengänge. Das Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) führt den Anstieg unter anderem auf die Privatschulen zurück, deren Angebot um mehr als 50 Prozent stieg. Bei besonders vielen der neuen Studiengänge handelt es sich um spezialisierte Studiengänge im Bereich des Gesundheitswesens oder der Nachhaltigkeit. (Zahl der Studiengänge steigt auf Rekordwert

    Tagesspiegel: Interaktive Serie über Lehrermangel in Berlin. In einer umfassenden Recherche sammelte die Tagesspiegelredaktion aktuelle Zahlen zum Lehrermangel in Berlin. So entstand eine Übersicht, wo wie viele Lehrer wie viele Unterrichtsstunden für wie viele Schüler leisten konnten. Dies wurde zudem durch individuelle Berichte von Schulen und ihren Problemen mit dem Lehrermangel ergänzt. Für die Serie gewann die Redaktion nun den Deutschen Lokaljournalistenpreis. (Interaktive Serie über Lehrermangel in Berlin: Tagesspiegel gewinnt Deutschen Lokaljournalistenpreis der Adenauer-Stiftung

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