Table.Briefing: Bildung

KMK-Strukturwandel + Geändertes Kita-Gesetz + Krach um Aufstiegs-Bafög

Liebe Leserin, lieber Leser,

eine Zahl machte im Oktober 2023 deutlich, wie notwendig eine Strukturreform der KMK war. Sie lautete: 177. So viele Gremien hatte die Kultusministerkonferenz Prognos zufolge bis dato. Geht es nach Karin Prien (CDU), Bildungsministerin in Schleswig-Holstein und Koordinatorin der B-Länder, wird es solche Auswüchse in der neuen Bildungs-MK nicht mehr geben. Wie ambitioniert der Plan ist, erfahren Sie von meinem Kollegen Holger Schleper. Er hat sich die Ergebnisse der ersten Bildungs-MK genauer angesehen. Unter anderem ging es auch darum, dass die Minister mehr Einfluss auf die frühkindliche Bildung haben wollen. 

Wie gut die frühkindliche Bildung wird, lag gestern zu guten Teilen in den Händen des Bundestags. Der beschloss die Novelle des Kita-Qualitätsgesetzes. Thorsten Denkler hat für Sie aufgeschrieben, welchen Teilsieg die Bundestagspetition “Jedes Kind zählt” am Ende noch erringen konnte. Und warum das Gesetz den Beginn einer neuen Ära markiert.

Ein neues Zeitalter wünschen manche Ampelkoalitionäre sich auch für die Reform des Aufstiegs-Bafög. Die wird kommende Woche erstmals im Bundestag aufgerufen. Und schon kündigt sich Streit an. Verbunden mit der Frage, was die “Exzellenzinitiative Berufliche Bildung” genau bringt. Mit ihr hatte das BMBF eigentlich seine Versprechen aus dem Koalitionsvertrag zum Aufstiegs-Bafög einlösen wollen.

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Anna Parrisius
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Analyse

Bildungs-MK: Wie sich die neue Konferenz der Schulminister weiter wandeln will

Die Schulministerinnen und -minister der Länder bauen weiter am neuen Gesicht ihrer zentralen Konferenz – und machen ambitionierte Versprechen. Erstmals tagten sie am Donnerstag in Berlin ohne die Wissenschaftsseite. Unter dem Dach der Kultusministerkonferenz gibt es künftig eine Bildungs-MK, eine Wissenschafts-MK und eine Kultur-MK. Das soll aber nur ein erster Schritt sein. Denn die laufende Strukturreform der KMK soll noch viel weiter gehen.

“Wir haben auch über die Frage gesprochen: Wie können wir die Anzahl der Gremien in der Bildungsministerkonferenz deutlich reduzieren”, erklärte Karin Prien (CDU), Bildungsministerin aus Schleswig-Holstein. Der Rückgang müsse signifikant sein. Auf Nachfrage von Table.Briefings ging sie ins Detail: “Wir werden uns auf wenige Gremien, die politisch gesteuert werden, konzentrieren.” Mehr als zwei Hände brauche es nicht, um sie abzuzählen.

Diese Zielmarke ist beachtlich. Zur Erinnerung: Im Oktober des Vorjahres wurde eine Analyse der Unternehmensberatung Prognos veröffentlicht, die insgesamt 177 KMK-Gremien identifizierte. Dem von der KMK selbst initiierten Bericht zufolge umfasste das kaum zu durchschauende Netzwerk mehr als 1.500 Personen. Dieser Gremienwucher soll im Dezember Geschichte sein. “Ich kann Ihnen versprechen, Sie werden dort eine andere KMK sehen, als die, die Sie heute kennen”, sagte Prien, die Koordinatorin der B-Länder in der Bildungs-MK ist. 

Lesen Sie auch: 177 Gremien lähmen die KMK

Bildungs-MK will mehr Einfluss auf die frühkindliche Bildung

An anderer Stelle wurde deutlich, dass sich das Selbstverständnis der Bildungs-MK wandelt. Die Schulminister drängen verstärkt auf ein engeres Zusammenspiel mit der frühkindlichen Bildung. In der Gründungserklärung zur Bildungs-MK ist es zurückhaltend formuliert: Die Bildungs-MK fördere den kooperativen Austausch mit weiteren Fachministerkonferenzen wie etwa der Jugend- und Familienministerkonferenz. Dabei geht es vor allem um den Übergang von der Kita zur Grundschule.

Bei der Pressekonferenz wurde KMK-Präsidentin Christine Streichert-Clivot (SPD) deutlicher. Die Schulminister hätten in der Gründungserklärung klar formuliert, dass sie sich für die gesamte Bildungskette zuständig fühlen, auch für die frühkindliche Bildung. “Wir haben jetzt viel größere Schnittmengen mit der Jugend- und Familienministerkonferenz”, erklärte die rheinland-pfälzische Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD). Ein Großteil der Messe sei gesungen, bevor die Kinder in die Schule kämen, deshalb sei es wichtig, nun an die JFMK anzudocken.  

Keine Annäherung beim Digitalpakt

Ein ähnliches Näherrücken gab es in den Gesprächen zum Digitalpakt II nicht. Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) tauschte sich eine Stunde lang mit der Bildungs-MK aus – ohne, dass beide Seiten von ihren Positionen abrückten. So richtig viel weitergekommen sei man nicht, erklärte Prien. Die Länder seien unverändert der Meinung, dass der Bund sein bisheriges Finanzvolumen zur Verfügung stellen müsse.

Laut BMBF-Vorschlag sollen in den Jahren 2025 bis 2030 insgesamt 2,5 Milliarden Euro in die Länder fließen, die die gleiche Summe aufbringen sollen. Das entspräche im Umfang nur einem Drittel des Bundesanteils im DigitalPakt Schule 2019 bis 2024, kritisierte Streichert-Clivot Anfang September. Sie warf dem Bund vor, sich damit aus seiner gesamtstaatlichen Verantwortung deutlich zurückzuziehen. Zudem drängen die Länder darauf, dass es keine 50/50-Finanzierung gibt. Beim Digitalpakt I hatte der Bund 90 Prozent getragen.

Immerhin: Bekannt ist nun der vereinbarte Verhandlungspfad: Weitere Treffen auf Ebene der Staatssekretäre wird es am Montag geben sowie – wie Table.Briefings erfuhr – am 7. und am 28. November. Dazwischen liegt – geplant für den 14. November – die wegweisende Bereinigungssitzung für den Bundeshaushalt 2025. Im Dezember wollen die Schulminister dann mit dem Bund die letzten Fragen abräumen, sodass der Nachfolge-Pakt am 1. Januar 2025 beginnen kann.

Hubig appelliert, für die Demokratie zu streiten

Die Schulministerinnen und -minister nutzten die erste Bildungs-MK, bei der auch der israelische Botschafter Ron Prosor zu Gast war, zudem für zwei politische Botschaften. Anlässlich des Jahrestages des Terrorangriffs der Hamas auf Israel veröffentlichten sie die Erklärung “Antisemitismus und Israelfeindlichkeit dürfen keinen Platz in unserer Gesellschaft haben”. Dazu hob Streichert-Clivot unter anderem hervor, dass ein sicheres Umfeld zum Lernen für jüdische Schülerinnen und Schüler gewährleistet sein müsse. “Die Bildungs-MK sieht sich in der Verantwortung, diese Aufgabe weiterhin mit Nachdruck zu verfolgen.”

Zudem verabschiedete die Ministerkonferenz eine “Erklärung zum 80. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau am 27. Januar 2025 – Erinnern für die Zukunft”. Alle Schulen seien dazu aufgerufen, sich anlässlich des Jahrestages “intensiv mit diesen Themen zu beschäftigen”.

Stefanie Hubig, die Koordinatorin der A-Länder, verband die Erklärungen mit einem Appell: Ihr sei wichtig, dass Lehrkräfte aktiv für die Demokratie einstünden und dass sie wüssten, “dass wir in der Bildungsverwaltung hinter ihnen stehen. Schule ist kein Ort der politischen Neutralität in dem Sinne, dass nicht über Politik geredet werden darf”. Es müsse über Politik geredet und es müsse für die Demokratie gestritten werden.

Zum Download/Verlinkungen:

  • Bettina Stark-Watzinger
  • Bildungs-MK
  • Bildungspolitik
  • Digitalpakt
  • Frühkindliche Bildung
  • Karin Prien
  • KI in der Schule
  • KI-Handlungsempfehlungen
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  • Streichert-Clivot
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Kita-Qualität: Was die Ampel zum Schluss noch geändert hat

Immerhin eine Forderung aus der Bundestagspetition “Jedes Kind zählt!” hat es dann ganz am Ende doch noch in die jüngste Novelle des Kita-Qualitätsgesetzes geschafft. Sie enthält jetzt die verbindliche Aufforderung an die Länder, genug Personal in den Kitas bereitzustellen, um Ausfälle etwa wegen Krankheit und wegen einer Fortbildung gut kompensieren zu können. 

Das war eine der Kernforderungen der Petition, die die Erzieherin Katja Roos und die Wissenschaftlerin Rahel Dreyer initiiert haben. Vergangenen Montag konnten sie ihre Forderungen dem Petitionsausschuss des Bundestags vorstellen. Roos zeigt sich jetzt mit dem Teilerfolg durchaus zufrieden, sagt sie Table.Briefings: “Ich hoffe nur, dass das jetzt in vollem Umfang in den Kitas ankommt.” 

Novelle läutet neue Ära des Gesetzes ein

Zum Schluss ging alles sehr schnell: Die Änderungswünsche der Ampel wurden am Dienstagabend um 17.37 Uhr versendet, am Mittwochmorgen wurden sie im Familienausschuss des Bundestags nach kurzer Debatte mit breiter Mehrheit beschlossen (zugestimmt hat auch die AfD). 

Am späten Donnerstagabend hat der Bundestag das Gesetz mit den Stimmen der Ampel und der AfD final verabschiedet. Der Bund wird damit für die kommenden zwei Jahre jeweils zwei Milliarden Euro in den Ausbau der Kita-Qualität investieren.

Die Novelle läutet eine neue Ära dieses Gesetzes ein. Erstmals wird es verbindliche Qualitätsstandards geben, die von den Ländern eingehalten werden müssen, wenn sie von dem Geld profitieren wollen. Beendet wird zugleich die bisherige Praxis, dass die Länder das Geld vor allem dafür eingesetzt haben, um Kita-Beiträge zu senken oder ganz abzuschaffen. Ihnen bleibt jetzt noch eine Frist bis Ende 2025, um dafür neue Finanzierungswege zu finden.

Die Änderungen des Gesetzes im Einzelnen 

  • Die Zahl der Handlungsfelder, in denen die Länder verpflichtend tätig werden müssen, um Geld vom Bund zu bekommen, wird von ein auf zwei Felder erhöht. Von den im Gesetz beschriebenen sieben Handlungsfeldern war bisher nur die “Gewinnung von Fachkräften” als verpflichtend vorgesehen. Jetzt ist es auch da Handlungsfeld “sprachliche Bildung”. (Wir hatten ursprünglich berichtet, auch das Handlungsfeld “Fachkraft-Kind-Relation” sei verpflichtend. Das ist es nicht.)
  • Im Handlungsfeld “sprachliche Bildung” wird ein Wunsch der Länder aufgegriffen, den Stichtag vom 1. Januar 2025 auf den 1. Januar 2023 vorzuverlegen. Damals lief das Bundesprogramm Sprach-Kitas aus. Nur vier Länder, darunter Nordrhein-Westfalen, haben danach mit Landesmitteln versucht, die Sprach-Kitas weiterzuführen. Sie können ihre Projekte jetzt mit dem Geld vom Bund fortsetzen. 
  • Außerdem werden die Länder aufgefordert, die sprachliche Bildung “insbesondere von Kindern in herausfordernden Lebenslagen” zu fördern. Dies ist jedoch nur ein Wunsch des Gesetzgebers. Eine Verpflichtung verbindet sich damit nicht. 
  • Im Handlungsfeld “Fachkraft-Kind-Relation” wird jetzt die Formulierung “insbesondere durch eine angemessene Berücksichtigung von Ausfallzeiten oder von Zeiten für mittelbare pädagogische Arbeit” in das Gesetz aufgenommen. Damit können die Länder das Geld des Bundes nutzen, den Personalschlüssel in den Kitas so zu erhöhen, dass auch in Notsituationen immer genug Erzieherinnen und Erzieher für die Kinder da sind. 

Das Gesetz muss jetzt noch den Bundesrat passieren. Die letzten Änderungen seien eng mit den Ländern abgesprochen gewesen, wird berichtet. Das Signal steht also auf Grün. 

Im Anschluss müssen die Länder jeweils mit dem Bund Verträge über die Umsetzung abschließen. Darin verpflichten sich die Länder auf die Einhaltung der Vorgaben im Kita-Qualitätsgesetz. Erst dann kann Geld fließen. Der Prozess, so ist der Plan, soll so schnell abgeschlossen sein, dass die Novelle des neuen Kita-Qualitätsgesetzes ab 1. Januar 2025 greift.

Welche Forderungen von “Jedes Kind zählt” bleiben

Die restlichen Forderungen aus der Petition aber bleiben natürlich auf dem Tisch, sagt Petentin Katja Roos. Dazu gehören: 

  • eine zusätzliche Profilfachkraftstelle für jede Kita in Deutschland. Mit ihr soll die alltagsintegrierte Sprachbildung vorangetrieben werden; 
  • ausreichend Kita-Plätze für alle Kinder und Familien;
  • Kita-Fachberater sollen zunächst maximal 20, perspektivisch 15 Kitas beraten, um die Beratungsqualität zu erhöhen

Die Forderungen richten sich weiter an Bund und Länder. Dass im Gesetzgebungsverfahren nicht mehr drin gewesen sei, habe auch daran gelegen, dass die Länder sich nicht zu mehr einheitlichen Qualitätsstandards verpflichten lassen wollten. Aber auch daran, sagt Roos, dass der Bund “nicht bereit gewesen ist, mehr Geld in die Hand zu nehmen.” 

Zum Download: Der Änderungsantrag zum Kita-Qualitätsgesetz

  • Bundesrat
  • Kita-Qualitätsgesetz
  • Kitas
  • Länder
  • Lisa Paus
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Standpunkt

Politische Bildung: Warum Schulen über die rechtsextreme AfD aufklären können und müssen

Hendrik Cremer ist Jurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Deutschen Institut für Menschenrechte.

Wie sollte ich mit Schülerinnen und Schülern über die AfD sprechen? Diese Frage verunsichert derzeit viele Lehrkräfte. Die Wahlergebnisse in Thüringen, Sachsen und Brandenburg und aktuelle Geschehnisse wie das Agieren der AfD im Thüringer Landtag bringt sie verstärkt auf die Tagesordnung. Allen Pädagogen sollte klar sein: Es ist ein wesentlicher Bestandteil ihres staatlichen Bildungsauftrags, dass sie gegenwärtige Erscheinungsformen von Rechtsextremismus und die damit verbundenen Gefahren für den gesellschaftlichen Frieden kritisch thematisieren.

Die massiven Aktivitäten der AfD auf Social-Media-Kanälen wie TikTok untermauern die Notwendigkeit, dass Schulen auf die Verbreitung rechtsextremen Gedankenguts reagieren. Das parteipolitische Neutralitätsgebot des Staates und das Recht der Parteien auf Chancengleichheit im politischen Wettbewerb (Artikel 21 Grundgesetz) stehen dem nicht entgegen, solange das Gebot der Sachlichkeit eingehalten wird. Das Neutralitätsgebot schützt Parteien nicht vor einer sachlichen Befassung mit ihnen. Maßgeblich ist, dass Lehrkräfte fundiert über die Positionen von Parteien aufklären und sprechen.

Schüler müssen erfahren, was die AfD von demokratischen Parteien unterscheidet

Dazu gehört im Fall der AfD, über ihre national-völkische Ideologie und ihre tatsächlichen Ziele aufzuklären und aufzuzeigen, dass sich die AfD zu einer rechtsextremen Partei entwickelt hat. Politische Bildung muss ihren Adressaten vermitteln, wofür die AfD steht und dass sie sich von demokratischen Parteien grundsätzlich unterscheidet.

Die AfD wendet sich in ihren Positionierungen gegen die Garantie der allen Menschen gleichermaßen zustehenden Menschenwürde (Artikel 1, Absatz 1, Grundgesetz). Hierbei handelt es sich um einen nicht verhandelbaren Grundsatz des Grundgesetzes. Die Partei hat sich so weit radikalisiert, dass sie das Ziel einer “homogenen Volksgemeinschaft” verfolgt. Der eingeschlagene Kurs der Partei läuft auf eine konsequente Durchsetzung ihrer national-völkischen Ideologie und damit auf eine Gewaltherrschaft hinaus, die sich in ihren Zielen und Methoden am Nationalsozialismus orientiert. Diese Dimensionen zu vermitteln, gehört zur Aufgabe politischer Bildung.

Nur weil die AfD demokratisch gewählt ist, ist sie nicht demokratisch

Diese Aufgabe politischer Bildung verträgt sich – entgegen anderer Stimmen, zuvorderst der AfD selbst – mit dem Gebot der parteipolitischen Neutralität. Nichts anderes ergibt sich daraus, dass die AfD demokratisch gewählt ist und erhebliche Zustimmung erfährt. Daraus zu schlussfolgern, es handele sich um eine demokratische Partei, würde jedenfalls deutlich zu kurz greifen. Denn die Partei zielt auf die Abschaffung der freiheitlichen, rechtsstaatlichen Demokratie.

Politische Bildung fußt auf der freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes. Dies betonen auch die Schulgesetze der Länder und die Kultusministerkonferenz. Daher ist es geboten, Positionen, die diese Grundordnung und damit die Menschenrechte angreifen, als solche einzuordnen. Das ist ein wesentlicher Bestandteil des Bildungsauftrags. Gerade die deutsche Geschichte hat gezeigt, dass eine freiheitliche Demokratie zerstört werden kann, wenn menschenverachtende Grundhaltungen nicht rechtzeitig auf energischen Widerstand stoßen und sich so verbreiten und durchsetzen können.

Kein Widerspruch zum Beutelsbacher Konsens

Entgegen der Befürchtung vieler Lehrkräfte steht es insbesondere auch im Einklang mit dem Beutelsbacher Konsens, wenn sie die AfD kritisch bewerten. Die Grundsätze für die politische Bildung, die der Beutelsbacher Konsens definiert, sind: Indoktrinationsverbot, Kontroversitätsgebot und Schülerorientierung. Das bedeutet: Die Themen sollten sachlich und ausgewogen diskutiert und dabei unterschiedliche Perspektiven beleuchtet werden, und die Lernenden sollten sich ihre Meinung selbst bilden können.

Das heißt aber nicht, dass politische Bildung wertneutral ist. Das Gegenteil ist der Fall! Das Schulrecht der Länder wie auch die Kultusministerkonferenz betonen: Politische Bildung ist nicht neutral, sondern basiert auf Werten. Rechtsextreme Positionen dürfen demzufolge nicht als gleichberechtigte, legitime politische Positionen behandelt werden. Lehrkräfte haben die Aufgabe, die Werte der Verfassung darzustellen und zuwiderlaufende verfassungsfeindliche Bestrebungen klar zu benennen.

Lehrkräfte nicht mit der Aufgabe alleine lassen

Denkbar ist die Auseinandersetzung mit den rechtsextremen Positionen der AfD in der Schule neben dem Unterricht in Politik oder Sozialwissenschaften in unterschiedlichen Fächern: Geschichte, Rechtskunde, Philosophie, Ethik oder Deutsch. Lehrkräfte sollten mit ihren Klassen rechtsextreme Argumentationsmuster und Strategien aufdecken und Verschwörungserzählungen analysieren. Schüler:innen müssen erkennen können, wie rechtsextreme Akteure heute agieren und Menschen für ihre Zwecke manipulieren wollen.

Wichtig ist, dass einzelne Lehrkräfte mit dieser Aufgabe nicht alleine gelassen werden. Es braucht vielmehr eine möglichst breite Verständigung im Kollegium, dass es hier um eine Herausforderung geht, der gemeinsam zu begegnen ist. In diesem Sinne haben auch Schulleitungen zu agieren und auf die Einlösung des bestehenden Bildungsauftrags durch die Lehrkräfte hinzuwirken. Erforderlich ist die Entwicklung einer klaren Haltung, die Druck, etwa von Eltern, standhält.

Schulleitungen, Schulbehörden und Bildungsministerien müssen Lehrkräfte unterstützen

In der Realität kommt es vor, dass Lehrkräften sich bei einer kritischen Befassung mit der AfD vor Bedrohungen fürchten. Versuche, Lehrkräfte beziehungsweise Schulen einzuschüchtern, gibt es immer wieder. Schulleitungen, Schulbehörden und Bildungsministerien sind gehalten, Lehrkräfte in ihrer Positionierung zu stärken und zu unterstützen, wenn diese wegen ihres Einstehens für die Werte des Grundgesetzes bedroht werden. 

Hierzu gehört etwa, dass Lehrkräfte Unterstützung erhalten, indem sie Beratungsangebote wahrnehmen können, etwa von zivilgesellschaftlichen Organisationen mit einem entsprechenden Aufgabenprofil. Das gilt beispielsweise auch, wenn Lehrende mit rechtsextremen Parolen von Seiten der Schüler:innen konfrontiert werden und dabei Unterstützung benötigen – wie im öffentlichkeitswirksamen Fall einer Schule in Burg im vergangenen Jahr.

Es braucht dringend mehr Aufklärung

In Schulen ist mehr Aufklärungsarbeit erforderlich, auch fächer- und formatübergreifende politische Bildung, zum Beispiel mit Projekttagen und Workshops zu Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten. Um die AfD und andere rechtsextremistische Gruppierungen im Umfeld der Partei in ihrem Angriff auf die freiheitliche rechtsstaatliche Demokratie aufzuhalten, ist die Aufklärungsarbeit über die AfD in sämtlichen Bildungsinstitutionen zu intensivieren. Die Zeit dafür drängt.

Hendrik Cremer ist promovierter Jurist und arbeitet am Deutschen Institut für Menschenrechte. Zuvor war er anwaltlich tätig. Zu seinen Arbeitsschwerpunkten gehören Rassismus und Rechtsextremismus. 2019 war er Mitglied der von der damaligen Bundesregierung einberufenen Unabhängigen Kommission Antiziganismus, die ihren Abschlussbericht 2021 veröffentlicht hat. Im Februar 2024 ist sein Sachbuch “Je länger wir schweigen, desto mehr Mut werden wir brauchen. Wie gefährlich die AfD wirklich ist” im Berlin Verlag erschienen.

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News

Aufstiegs-Bafög: Über welche Punkte der Reform noch gestritten wird

Am Donnerstagabend (17.10.) soll nach Informationen von Table.Briefings die Reform des Aufstiegs-Bafögs (AFBG) in erster Lesung in den Bundestag kommen und im Plenum debattiert werden. Die AFBG-Novelle dürfte die letzte große Reform der beruflichen Bildung in dieser Legislatur sein.

Das Bundeskabinett hat den Gesetzentwurf bereits Ende Juli verabschiedet (zum Download) und verfolgt mit ihm das Ziel, Fortbildungen etwa zum Meister oder Fachwirt zu stärken. Geförderte sollen künftig bis zu 18.000 Euro der Lehrgangs- und Prüfungsgebühren erstattet bekommen, bislang ist das Maximum 15.000 Euro. Die Förderung von Materialkosten für ein Meisterstück soll von 2.000 auf 4.000 Euro verdoppelt werden.

Große Unzufriedenheit bei Anja Reinalter

Anja Reinalter, Berichterstatterin der Grünen für berufliche Bildung und bildungspolitische Sprecherin ihrer Fraktion, hält den Entwurf für “eine Enttäuschung”, da er weit hinter den Vereinbarungen im Koalitionsvertrag zurückbleibt. Dabei hänge von der Reform entscheidend ab, ob es der Ampel gelingt, für mehr Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung zu sorgen.

In den anstehenden Verhandlungen will Reinalter sich dafür einsetzen, dass künftig auch ein zweiter Abschluss auf gleicher Fortbildungsstufe gefördert wird – und auch eine zweite Ausbildung, wenn Fachkräfte aufgrund der Transformation umschulen müssen. “Es sollte zum Beispiel möglich sein, dass wir bei einem Automechatroniker für Verbrenner über das AFBG eine Umschulung zum Pfleger fördern”, sagte Reinalter Table.Briefings.

Unklar, woher das Geld kommen soll

Zu klären sei allerdings noch, woher dafür zusätzliche Mittel kommen sollen. Aktuell ist beim AFBG eine Steigerung von 852 auf 876 Millionen Euro eingeplant, die vor allem auf Anpassungen aus der vergangenen Bafög-Novelle zurückgehen. Im Koalitionsvertrag vereinbart war darüber hinaus, den Unterhaltszuschuss von Vollzeit- auf Teilzeit-Weiterbildungen auszuweiten. Das könnte Fortbildungen attraktiver machen, gerade wenn Arbeitnehmer in Führungspositionen sind oder Care-Arbeit leisten. 

Der Deutsche Gewerkschaftsbund hielte eine solche Ausweitung auch für wichtig, damit ältere Arbeitnehmer häufiger eine Fortbildung absolvieren. 2022 waren laut Bundesinstitut für Berufsbildung vier Fünftel der Geförderten zwischen 20 und 34 Jahre alt.

Die Berichterstatterin der SPD, Jessica Rosenthal, sagte Table.Briefings, ihr sei “weiterhin eine strukturelle Verbesserung des Aufstiegs-Bafögs, wie im Koalitionsvertrag vorgesehen, wichtig”. FDP-Berichterstatter Friedhelm Boginski teilte mit, er wolle noch anstehende Gespräche abwarten, bevor er sich inhaltlich äußert.

Kritik kam schon vom Bundesrat

Bereits zum 1. Februar soll das Gesetz laut Informationen von Table.Briefings in Kraft treten. Der Bundesrat muss der Novelle noch zustimmen. Er hat zum Entwurf kürzlich Stellung bezogen und forderte, zu prüfen, ob der Unterhaltszuschuss bei Teilzeitfortbildungen auch für Arbeitnehmer möglich ist, “die aufgrund persönlicher Umstände gezwungen sind, eine Teilzeitausbildung in Anspruch zu nehmen, denen hierfür aber keine anderweitigen Unterstützungsinstrumente bei der Bestreitung des Lebensunterhalts zur Verfügung stehen” (Unterrichtung der Bundesregierung zum Download).

Die Ampel-Regierung hat die Forderung der Länder bereits abgelehnt, genauso wie eine weitere Forderung: Der Bund solle das AFBG – wie schon das Bafög – künftig vollständig übernehmen. Aktuell übernehmen die Länder einen Anteil von 22 Prozent. Anna Parrisius

Lesen Sie auch: Aufstiegs-Bafög: 2023 wurden weniger Menschen gefördert

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Zukunftskompetenzen: Warum die Arbeitgeber einen Digitalpakt II fordern

Geht es nach der Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände (BDA), muss der Digitalpakt II kommen. Allgemeinbildende und berufliche Schulen sollten “zügig und unbürokratisch” Mittel erhalten, heißt es in einem neuen Positionspapier, das Table.Briefings exklusiv vorlag (zum Download).

Insgesamt fordert die BDA in dem Papier einen neuen Schwerpunkt aller Bildungseinrichtungen auf Zukunftskompetenzen – das sei nötig, um die “nachhaltige Zukunftsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts” zu sichern. Unter Zukunftskompetenzen fassen die Arbeitgeber unter anderem digitale Grundkompetenzen. Schüler sollten dringend mit und über digitale Medien lernen, sich mit Künstlicher Intelligenz auseinandersetzen und diese nutzen. Zudem fordert die BDA eine Pflicht zum Unterricht in informatorischer Grundbildung in allen Bundesländern.

Arbeitgeber fordern datenbasierte Schulentwicklung

Damit junge Menschen überhaupt Zukunftskompetenzen erwerben können, fordern die Arbeitgeber, dass wieder deutlich mehr die Bildungsstandards der KMK im Lesen, Schreiben und Rechnen erreichen. Dafür brauche es eine datenbasierte Schulentwicklung. Für Erwachsene solle es auch nach der Schule leichter werden, noch besser Lesen, Schreiben und Rechnen zu lernen.

Neben den digitalen Grundkompetenzen fordert die BDA, dass eine Reihe weiterer Zukunftskompetenzen von Kita bis Hochschule mehr Gewicht erhalten sollen:

  • MINT-Kompetenzen: Sie sollen durch einen “handlungsorientierten und motivierenden Unterricht” und mit Innovationswerkstätten gefördert werden. Für entscheidend hält die BDA MINT-Kompetenzen etwa, damit Arbeitnehmer später neue Technologien für mehr Nachhaltigkeit entwickeln können.
  • Schlüsselkompetenzen: Hierunter fasst die BDA zum Beispiel Leistungsbereitschaft, Resilienz, Zuverlässigkeit, Eigenverantwortung und Empathie. Aber auch Gesundheit und Dienstleistungs- und Kundenorientierung sollen mehr gefördert werden.
  • Offenheit: Ein “offenes Mindset und Bereitschaft zum lebenslangen Lernen” seien angesichts der Transformation wichtig. Eine wichtige Metakompetenz sei das Lernen selbst, Kinder und Jugendliche müssten aber auch mehr interkulturelle Kompetenzen erwerben.
  • Kreativität und Problemlösungskompetenz: Diese Fähigkeiten sind laut Papier “gefragter denn je”. Das Bildungssystem solle daher “Handlungsorientierung sowie ein ganzheitliches, vernetztes, wirtschaftliches Denken” viel stärker fördern.
  • Unternehmerisches Denken: Unternehmen sollen laut BDA stärker mit Schulen zusammenarbeiten, auch wenn es nicht um Berufsorientierung geht. Lehrkräfte sollten bei Praktika mehr Einblick in die aktuelle Transformation der Wirtschaft und der Arbeitswelt erhalten.

Damit diese neuen Schwerpunkte wirklich in der Praxis ankommen, fordert die BDA in allen Bereichen Lernziele und Curricula, aber auch Didaktik und Methodik zu überarbeiten. Anna Parrisius

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Neues Webportal für Lehrkräfte: Wie das ZDF Schulen unterstützen will

Das ZDF plant, bis etwa Februar sein neues Internetportal für Schulen und Lehrkräfte aufzubauen. Das erfuhr Table.Briefings am Rande der Kick-off-Veranstaltung für “ZDF goes Schule” am Dienstag in Berlin.

Das Portal soll potenzielle Unterrichtsinhalte, die das ZDF tagtäglich produziert, für Lehrkräfte und Schulen leicht auffindbar zugänglich machen. Eine erste Version der Seite ist bereits live und kann unter schule.zdf.de besucht werden. 

Unter dem Dach von “ZDF goes Schule” bündelt das ZDF seine Bildungsangebote für Schulen. Das reicht von der Vermittlung von Schulbesuchen etwa von ZDF-Medienprofis über Beratung bis hin zum genannten Portal

Zwei Drittel will ZDF-Inhalte in Schulen

Das Projekt ist nach Angaben des ZDF die Folge einer ZDF-Bildungsstudie aus dem vergangenen Herbst. Kernergebnis: Von den Befragten Nutzern der ZDF-Inhalte fanden es zwei Drittel wichtig oder sehr wichtig, dass der Mainzer Sender seine Inhalte für Schulen zugänglich macht.

Das Portal schule.zdf.de soll im nächsten Schritt auch mithilfe von Partnerschulen so weiterentwickelt werden, dass es nicht an den Bedürfnissen der Zielgruppe vorbeigeht. Schulen, die Interesse an so einer Partnerschaft haben, sollen sich demnächst auf schule.zdf.de dafür bewerben können. Zu den Partnern von “ZDF goes Schule” gehören unter anderem die Organisationen “Journalismus macht Schule”, “#UsetheNews” und “klicksafe”

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  • Schule
  • ZDF
  • ZDF goes Schule

Best of Table

Research.Table: Pioniere der Künstlichen Intelligenz und des Deep Learning erhalten Nobelpreise. Die Auszeichnungen für Physik und Chemie gehen in diesem Jahr an Forscher, die Grundlagen für viele kleine Revolutionen im täglichen Leben und Arbeiten gelegt haben. Welche Rolle Google dabei spielt und warum einer der Preisträger inzwischen vor Gefahren von KI warnt, lesen Sie hier.

Research.Table: Die entscheidenden Köpfe der deutschsprachigen Wissenschafts-Szene. Die Redaktion hat die 100 entscheidenden Köpfe der deutschsprachigen Wissenschafts-Szene ausgewählt. Hier die wichtigsten Persönlichkeiten aus Stiftungen.

Research.Table: DAAD eröffnet Büro in Kiew wieder. Der Deutsche Akademische Austauschdienst eröffnet nach mehr als zwei Jahren sein Büro in der ukrainischen Hauptstadt wieder. Es war in der Zwischenzeit digital aus Deutschland betrieben worden. Woran der DAAD vor Ort jetzt arbeiten möchte, lesen Sie hier.

Presseschau

New York Times: Das Thema Bildung spielt für Kamala Harris und Donald Trump kaum eine Rolle. Keiner der beiden Kandidaten für die US-Präsidentschaftswahl im November habe sich wirklich mit der Grundschulbildung befasst, schreibt die Journalistin Jessica Grose in einem Meinungsbeitrag. “Das gesamte Thema Bildung kam in den diesjährigen Präsidentschaftsdebatten kaum zur Sprache, abgesehen von ein paar kurzen Erwähnungen von Studienkrediten und Schießereien an Schulen.” Dabei seien die Leistungen vieler Schülerinnen und Schüler in Vergleichstests auf dem niedrigsten Niveau seit Jahrzehnten. (The education crisis neither candidate will address)

Deutschlandfunk Kultur: Wie sieht eine moderne, zeitgemäße Schule aus, in der junge Menschen gut lernen können? Damit befasst sich DLF Kultur – unter anderem in einem Interview mit der Architektin Barbara Pampe, Vorständin der Montag Stiftung. “Wir haben uns 30 Jahre lang gar nicht oder wenig um den Schulbau gekümmert”, schildert sie. Nun gebe es aber ein Umdenken. Dazu gehöre, dass stärker im Fokus steht, Wohlfühlorte zu schaffen. Pampe regt auch an, leer stehende Gebäude zu Lern- und Bildungsorten zu machen, etwa frühere Kaufhäuser. (Nur Flure und Klassenzimmer – das war gestern.)

FAZ: Welche Leseförderung hilft? Mit dieser Fragte befasst sich Ulrich Schnakenberg, Gymnasiallehrer für Geschichte und Deutsch. Die allermeisten Eltern wüssten, dass ihre Kinder Bücher brauchen. Aber nicht allen gelinge es, diese Erkenntnis in praktisches Handeln umzusetzen. “Studien wie der jährliche Vorlesemonitor zeigen, wie nötig eine allgemeine (Vor-)Leseoffensive ist.” Schulen gehören zu den zentralen Orten, um das Lesen zu fördern, unterstreicht Schnakenberg. “Das gilt heute jedoch nicht mehr nur für die Grund-, sondern verstärkt auch für die weiterführenden Schulen.” (Welche Leseförderung hilft)

Zeit: Warum Kitas nicht einfach kleine Schulen werden sollten. Immer mehr Erstklässlern fehlen grundlegende Kompetenzen. Kitakinder sollten deshalb aber nicht “mit Deutschkursen oder Zahlenreihen beschult werden”, fordern Dieter Dohmen, Direktor des Forschungsinstituts für Bildungs- und Sozialökonomie, und Stefan Spieker, Geschäftsführer des Kitaträgers Fröbel. Kitas in Deutschland zeichne aus, dass sie alltagsintegriert und abhängig vom Interesse des Kindes Wissen vermitteln. Was es brauche, seien flächendeckend digitale Verfahren, um den Kenntnisstand zu erheben. Und – bei hoher pädagogischer Qualität – ausreichend Kita-Plätze sowie frühkindliche Bildung in der Kita besten für alle ab zwei Jahren. (Nicht für die Schule lernen wir!)

Welt: Grundlegende Bedingungen für gute Bildung fehlen. Geht es nach Politik-Redakteurin Hannah Bethke, neigen Schulen heute dazu, die Grundbedingung guter Bildung zu vergessen: die Freude am Lernen, Lehren und Lesen. “Alle digitalen Geräte der Welt werden gegen die eklatanten Defizite des Bildungssystems nicht helfen, solange Schule nur als kollektive Mühsal erlebt wird.” Mit der systematischen Entwertung des Lehrerberufs gehe zudem eine Abwertung des Leistungsprinzips einher, die oft mit dem Argument der sozialen Gleichheit verklärt, wenn nicht sogar gerechtfertigt werde. (Wer das Rechnen an der Tafel nicht versteht, wird auch am Bildschirm Schwierigkeiten haben)

taz: Zum Beginn der Schulzeit in der Türkei: Der neue Lehrplan an den Schulen in der Türkei soll die Jugend zu “nationalbewussten, gläubigen Patrioten” erziehen, die “fleißig, bescheiden und familienbewusst” sein sollen. Das schreibt Auslandskorrespondent Jürgen Gottschlich in seiner Analyse zum Beginn der Schulzeit in der Türkei nach der Sommerpause. Vom säkularen Teil der Gesellschaft komme deutliche Kritik an den Schulplänen. Der Vorsitzende der linken Lehrergewerkschaft Eğetim-Sen, Kemal Irmak, schrieb laut taz in einem Rundbrief: “Das Türkische-Jahrhundert-Bildungsmodell […] ist nichts anderes als die Rückkehr zur Kirchen- und Koranschulen-Erziehung des letzten Jahrhunderts.” (Umbau der Schulen in der Türkei – Mohammed statt Atatürk)

Bildung.Table Redaktion

BILDUNG.TABLE REDAKTION

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    eine Zahl machte im Oktober 2023 deutlich, wie notwendig eine Strukturreform der KMK war. Sie lautete: 177. So viele Gremien hatte die Kultusministerkonferenz Prognos zufolge bis dato. Geht es nach Karin Prien (CDU), Bildungsministerin in Schleswig-Holstein und Koordinatorin der B-Länder, wird es solche Auswüchse in der neuen Bildungs-MK nicht mehr geben. Wie ambitioniert der Plan ist, erfahren Sie von meinem Kollegen Holger Schleper. Er hat sich die Ergebnisse der ersten Bildungs-MK genauer angesehen. Unter anderem ging es auch darum, dass die Minister mehr Einfluss auf die frühkindliche Bildung haben wollen. 

    Wie gut die frühkindliche Bildung wird, lag gestern zu guten Teilen in den Händen des Bundestags. Der beschloss die Novelle des Kita-Qualitätsgesetzes. Thorsten Denkler hat für Sie aufgeschrieben, welchen Teilsieg die Bundestagspetition “Jedes Kind zählt” am Ende noch erringen konnte. Und warum das Gesetz den Beginn einer neuen Ära markiert.

    Ein neues Zeitalter wünschen manche Ampelkoalitionäre sich auch für die Reform des Aufstiegs-Bafög. Die wird kommende Woche erstmals im Bundestag aufgerufen. Und schon kündigt sich Streit an. Verbunden mit der Frage, was die “Exzellenzinitiative Berufliche Bildung” genau bringt. Mit ihr hatte das BMBF eigentlich seine Versprechen aus dem Koalitionsvertrag zum Aufstiegs-Bafög einlösen wollen.

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    Bildungs-MK: Wie sich die neue Konferenz der Schulminister weiter wandeln will

    Die Schulministerinnen und -minister der Länder bauen weiter am neuen Gesicht ihrer zentralen Konferenz – und machen ambitionierte Versprechen. Erstmals tagten sie am Donnerstag in Berlin ohne die Wissenschaftsseite. Unter dem Dach der Kultusministerkonferenz gibt es künftig eine Bildungs-MK, eine Wissenschafts-MK und eine Kultur-MK. Das soll aber nur ein erster Schritt sein. Denn die laufende Strukturreform der KMK soll noch viel weiter gehen.

    “Wir haben auch über die Frage gesprochen: Wie können wir die Anzahl der Gremien in der Bildungsministerkonferenz deutlich reduzieren”, erklärte Karin Prien (CDU), Bildungsministerin aus Schleswig-Holstein. Der Rückgang müsse signifikant sein. Auf Nachfrage von Table.Briefings ging sie ins Detail: “Wir werden uns auf wenige Gremien, die politisch gesteuert werden, konzentrieren.” Mehr als zwei Hände brauche es nicht, um sie abzuzählen.

    Diese Zielmarke ist beachtlich. Zur Erinnerung: Im Oktober des Vorjahres wurde eine Analyse der Unternehmensberatung Prognos veröffentlicht, die insgesamt 177 KMK-Gremien identifizierte. Dem von der KMK selbst initiierten Bericht zufolge umfasste das kaum zu durchschauende Netzwerk mehr als 1.500 Personen. Dieser Gremienwucher soll im Dezember Geschichte sein. “Ich kann Ihnen versprechen, Sie werden dort eine andere KMK sehen, als die, die Sie heute kennen”, sagte Prien, die Koordinatorin der B-Länder in der Bildungs-MK ist. 

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    Bildungs-MK will mehr Einfluss auf die frühkindliche Bildung

    An anderer Stelle wurde deutlich, dass sich das Selbstverständnis der Bildungs-MK wandelt. Die Schulminister drängen verstärkt auf ein engeres Zusammenspiel mit der frühkindlichen Bildung. In der Gründungserklärung zur Bildungs-MK ist es zurückhaltend formuliert: Die Bildungs-MK fördere den kooperativen Austausch mit weiteren Fachministerkonferenzen wie etwa der Jugend- und Familienministerkonferenz. Dabei geht es vor allem um den Übergang von der Kita zur Grundschule.

    Bei der Pressekonferenz wurde KMK-Präsidentin Christine Streichert-Clivot (SPD) deutlicher. Die Schulminister hätten in der Gründungserklärung klar formuliert, dass sie sich für die gesamte Bildungskette zuständig fühlen, auch für die frühkindliche Bildung. “Wir haben jetzt viel größere Schnittmengen mit der Jugend- und Familienministerkonferenz”, erklärte die rheinland-pfälzische Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD). Ein Großteil der Messe sei gesungen, bevor die Kinder in die Schule kämen, deshalb sei es wichtig, nun an die JFMK anzudocken.  

    Keine Annäherung beim Digitalpakt

    Ein ähnliches Näherrücken gab es in den Gesprächen zum Digitalpakt II nicht. Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) tauschte sich eine Stunde lang mit der Bildungs-MK aus – ohne, dass beide Seiten von ihren Positionen abrückten. So richtig viel weitergekommen sei man nicht, erklärte Prien. Die Länder seien unverändert der Meinung, dass der Bund sein bisheriges Finanzvolumen zur Verfügung stellen müsse.

    Laut BMBF-Vorschlag sollen in den Jahren 2025 bis 2030 insgesamt 2,5 Milliarden Euro in die Länder fließen, die die gleiche Summe aufbringen sollen. Das entspräche im Umfang nur einem Drittel des Bundesanteils im DigitalPakt Schule 2019 bis 2024, kritisierte Streichert-Clivot Anfang September. Sie warf dem Bund vor, sich damit aus seiner gesamtstaatlichen Verantwortung deutlich zurückzuziehen. Zudem drängen die Länder darauf, dass es keine 50/50-Finanzierung gibt. Beim Digitalpakt I hatte der Bund 90 Prozent getragen.

    Immerhin: Bekannt ist nun der vereinbarte Verhandlungspfad: Weitere Treffen auf Ebene der Staatssekretäre wird es am Montag geben sowie – wie Table.Briefings erfuhr – am 7. und am 28. November. Dazwischen liegt – geplant für den 14. November – die wegweisende Bereinigungssitzung für den Bundeshaushalt 2025. Im Dezember wollen die Schulminister dann mit dem Bund die letzten Fragen abräumen, sodass der Nachfolge-Pakt am 1. Januar 2025 beginnen kann.

    Hubig appelliert, für die Demokratie zu streiten

    Die Schulministerinnen und -minister nutzten die erste Bildungs-MK, bei der auch der israelische Botschafter Ron Prosor zu Gast war, zudem für zwei politische Botschaften. Anlässlich des Jahrestages des Terrorangriffs der Hamas auf Israel veröffentlichten sie die Erklärung “Antisemitismus und Israelfeindlichkeit dürfen keinen Platz in unserer Gesellschaft haben”. Dazu hob Streichert-Clivot unter anderem hervor, dass ein sicheres Umfeld zum Lernen für jüdische Schülerinnen und Schüler gewährleistet sein müsse. “Die Bildungs-MK sieht sich in der Verantwortung, diese Aufgabe weiterhin mit Nachdruck zu verfolgen.”

    Zudem verabschiedete die Ministerkonferenz eine “Erklärung zum 80. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau am 27. Januar 2025 – Erinnern für die Zukunft”. Alle Schulen seien dazu aufgerufen, sich anlässlich des Jahrestages “intensiv mit diesen Themen zu beschäftigen”.

    Stefanie Hubig, die Koordinatorin der A-Länder, verband die Erklärungen mit einem Appell: Ihr sei wichtig, dass Lehrkräfte aktiv für die Demokratie einstünden und dass sie wüssten, “dass wir in der Bildungsverwaltung hinter ihnen stehen. Schule ist kein Ort der politischen Neutralität in dem Sinne, dass nicht über Politik geredet werden darf”. Es müsse über Politik geredet und es müsse für die Demokratie gestritten werden.

    Zum Download/Verlinkungen:

    • Bettina Stark-Watzinger
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    • Streichert-Clivot
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    Kita-Qualität: Was die Ampel zum Schluss noch geändert hat

    Immerhin eine Forderung aus der Bundestagspetition “Jedes Kind zählt!” hat es dann ganz am Ende doch noch in die jüngste Novelle des Kita-Qualitätsgesetzes geschafft. Sie enthält jetzt die verbindliche Aufforderung an die Länder, genug Personal in den Kitas bereitzustellen, um Ausfälle etwa wegen Krankheit und wegen einer Fortbildung gut kompensieren zu können. 

    Das war eine der Kernforderungen der Petition, die die Erzieherin Katja Roos und die Wissenschaftlerin Rahel Dreyer initiiert haben. Vergangenen Montag konnten sie ihre Forderungen dem Petitionsausschuss des Bundestags vorstellen. Roos zeigt sich jetzt mit dem Teilerfolg durchaus zufrieden, sagt sie Table.Briefings: “Ich hoffe nur, dass das jetzt in vollem Umfang in den Kitas ankommt.” 

    Novelle läutet neue Ära des Gesetzes ein

    Zum Schluss ging alles sehr schnell: Die Änderungswünsche der Ampel wurden am Dienstagabend um 17.37 Uhr versendet, am Mittwochmorgen wurden sie im Familienausschuss des Bundestags nach kurzer Debatte mit breiter Mehrheit beschlossen (zugestimmt hat auch die AfD). 

    Am späten Donnerstagabend hat der Bundestag das Gesetz mit den Stimmen der Ampel und der AfD final verabschiedet. Der Bund wird damit für die kommenden zwei Jahre jeweils zwei Milliarden Euro in den Ausbau der Kita-Qualität investieren.

    Die Novelle läutet eine neue Ära dieses Gesetzes ein. Erstmals wird es verbindliche Qualitätsstandards geben, die von den Ländern eingehalten werden müssen, wenn sie von dem Geld profitieren wollen. Beendet wird zugleich die bisherige Praxis, dass die Länder das Geld vor allem dafür eingesetzt haben, um Kita-Beiträge zu senken oder ganz abzuschaffen. Ihnen bleibt jetzt noch eine Frist bis Ende 2025, um dafür neue Finanzierungswege zu finden.

    Die Änderungen des Gesetzes im Einzelnen 

    • Die Zahl der Handlungsfelder, in denen die Länder verpflichtend tätig werden müssen, um Geld vom Bund zu bekommen, wird von ein auf zwei Felder erhöht. Von den im Gesetz beschriebenen sieben Handlungsfeldern war bisher nur die “Gewinnung von Fachkräften” als verpflichtend vorgesehen. Jetzt ist es auch da Handlungsfeld “sprachliche Bildung”. (Wir hatten ursprünglich berichtet, auch das Handlungsfeld “Fachkraft-Kind-Relation” sei verpflichtend. Das ist es nicht.)
    • Im Handlungsfeld “sprachliche Bildung” wird ein Wunsch der Länder aufgegriffen, den Stichtag vom 1. Januar 2025 auf den 1. Januar 2023 vorzuverlegen. Damals lief das Bundesprogramm Sprach-Kitas aus. Nur vier Länder, darunter Nordrhein-Westfalen, haben danach mit Landesmitteln versucht, die Sprach-Kitas weiterzuführen. Sie können ihre Projekte jetzt mit dem Geld vom Bund fortsetzen. 
    • Außerdem werden die Länder aufgefordert, die sprachliche Bildung “insbesondere von Kindern in herausfordernden Lebenslagen” zu fördern. Dies ist jedoch nur ein Wunsch des Gesetzgebers. Eine Verpflichtung verbindet sich damit nicht. 
    • Im Handlungsfeld “Fachkraft-Kind-Relation” wird jetzt die Formulierung “insbesondere durch eine angemessene Berücksichtigung von Ausfallzeiten oder von Zeiten für mittelbare pädagogische Arbeit” in das Gesetz aufgenommen. Damit können die Länder das Geld des Bundes nutzen, den Personalschlüssel in den Kitas so zu erhöhen, dass auch in Notsituationen immer genug Erzieherinnen und Erzieher für die Kinder da sind. 

    Das Gesetz muss jetzt noch den Bundesrat passieren. Die letzten Änderungen seien eng mit den Ländern abgesprochen gewesen, wird berichtet. Das Signal steht also auf Grün. 

    Im Anschluss müssen die Länder jeweils mit dem Bund Verträge über die Umsetzung abschließen. Darin verpflichten sich die Länder auf die Einhaltung der Vorgaben im Kita-Qualitätsgesetz. Erst dann kann Geld fließen. Der Prozess, so ist der Plan, soll so schnell abgeschlossen sein, dass die Novelle des neuen Kita-Qualitätsgesetzes ab 1. Januar 2025 greift.

    Welche Forderungen von “Jedes Kind zählt” bleiben

    Die restlichen Forderungen aus der Petition aber bleiben natürlich auf dem Tisch, sagt Petentin Katja Roos. Dazu gehören: 

    • eine zusätzliche Profilfachkraftstelle für jede Kita in Deutschland. Mit ihr soll die alltagsintegrierte Sprachbildung vorangetrieben werden; 
    • ausreichend Kita-Plätze für alle Kinder und Familien;
    • Kita-Fachberater sollen zunächst maximal 20, perspektivisch 15 Kitas beraten, um die Beratungsqualität zu erhöhen

    Die Forderungen richten sich weiter an Bund und Länder. Dass im Gesetzgebungsverfahren nicht mehr drin gewesen sei, habe auch daran gelegen, dass die Länder sich nicht zu mehr einheitlichen Qualitätsstandards verpflichten lassen wollten. Aber auch daran, sagt Roos, dass der Bund “nicht bereit gewesen ist, mehr Geld in die Hand zu nehmen.” 

    Zum Download: Der Änderungsantrag zum Kita-Qualitätsgesetz

    • Bundesrat
    • Kita-Qualitätsgesetz
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    • Länder
    • Lisa Paus
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    Standpunkt

    Politische Bildung: Warum Schulen über die rechtsextreme AfD aufklären können und müssen

    Hendrik Cremer ist Jurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Deutschen Institut für Menschenrechte.

    Wie sollte ich mit Schülerinnen und Schülern über die AfD sprechen? Diese Frage verunsichert derzeit viele Lehrkräfte. Die Wahlergebnisse in Thüringen, Sachsen und Brandenburg und aktuelle Geschehnisse wie das Agieren der AfD im Thüringer Landtag bringt sie verstärkt auf die Tagesordnung. Allen Pädagogen sollte klar sein: Es ist ein wesentlicher Bestandteil ihres staatlichen Bildungsauftrags, dass sie gegenwärtige Erscheinungsformen von Rechtsextremismus und die damit verbundenen Gefahren für den gesellschaftlichen Frieden kritisch thematisieren.

    Die massiven Aktivitäten der AfD auf Social-Media-Kanälen wie TikTok untermauern die Notwendigkeit, dass Schulen auf die Verbreitung rechtsextremen Gedankenguts reagieren. Das parteipolitische Neutralitätsgebot des Staates und das Recht der Parteien auf Chancengleichheit im politischen Wettbewerb (Artikel 21 Grundgesetz) stehen dem nicht entgegen, solange das Gebot der Sachlichkeit eingehalten wird. Das Neutralitätsgebot schützt Parteien nicht vor einer sachlichen Befassung mit ihnen. Maßgeblich ist, dass Lehrkräfte fundiert über die Positionen von Parteien aufklären und sprechen.

    Schüler müssen erfahren, was die AfD von demokratischen Parteien unterscheidet

    Dazu gehört im Fall der AfD, über ihre national-völkische Ideologie und ihre tatsächlichen Ziele aufzuklären und aufzuzeigen, dass sich die AfD zu einer rechtsextremen Partei entwickelt hat. Politische Bildung muss ihren Adressaten vermitteln, wofür die AfD steht und dass sie sich von demokratischen Parteien grundsätzlich unterscheidet.

    Die AfD wendet sich in ihren Positionierungen gegen die Garantie der allen Menschen gleichermaßen zustehenden Menschenwürde (Artikel 1, Absatz 1, Grundgesetz). Hierbei handelt es sich um einen nicht verhandelbaren Grundsatz des Grundgesetzes. Die Partei hat sich so weit radikalisiert, dass sie das Ziel einer “homogenen Volksgemeinschaft” verfolgt. Der eingeschlagene Kurs der Partei läuft auf eine konsequente Durchsetzung ihrer national-völkischen Ideologie und damit auf eine Gewaltherrschaft hinaus, die sich in ihren Zielen und Methoden am Nationalsozialismus orientiert. Diese Dimensionen zu vermitteln, gehört zur Aufgabe politischer Bildung.

    Nur weil die AfD demokratisch gewählt ist, ist sie nicht demokratisch

    Diese Aufgabe politischer Bildung verträgt sich – entgegen anderer Stimmen, zuvorderst der AfD selbst – mit dem Gebot der parteipolitischen Neutralität. Nichts anderes ergibt sich daraus, dass die AfD demokratisch gewählt ist und erhebliche Zustimmung erfährt. Daraus zu schlussfolgern, es handele sich um eine demokratische Partei, würde jedenfalls deutlich zu kurz greifen. Denn die Partei zielt auf die Abschaffung der freiheitlichen, rechtsstaatlichen Demokratie.

    Politische Bildung fußt auf der freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes. Dies betonen auch die Schulgesetze der Länder und die Kultusministerkonferenz. Daher ist es geboten, Positionen, die diese Grundordnung und damit die Menschenrechte angreifen, als solche einzuordnen. Das ist ein wesentlicher Bestandteil des Bildungsauftrags. Gerade die deutsche Geschichte hat gezeigt, dass eine freiheitliche Demokratie zerstört werden kann, wenn menschenverachtende Grundhaltungen nicht rechtzeitig auf energischen Widerstand stoßen und sich so verbreiten und durchsetzen können.

    Kein Widerspruch zum Beutelsbacher Konsens

    Entgegen der Befürchtung vieler Lehrkräfte steht es insbesondere auch im Einklang mit dem Beutelsbacher Konsens, wenn sie die AfD kritisch bewerten. Die Grundsätze für die politische Bildung, die der Beutelsbacher Konsens definiert, sind: Indoktrinationsverbot, Kontroversitätsgebot und Schülerorientierung. Das bedeutet: Die Themen sollten sachlich und ausgewogen diskutiert und dabei unterschiedliche Perspektiven beleuchtet werden, und die Lernenden sollten sich ihre Meinung selbst bilden können.

    Das heißt aber nicht, dass politische Bildung wertneutral ist. Das Gegenteil ist der Fall! Das Schulrecht der Länder wie auch die Kultusministerkonferenz betonen: Politische Bildung ist nicht neutral, sondern basiert auf Werten. Rechtsextreme Positionen dürfen demzufolge nicht als gleichberechtigte, legitime politische Positionen behandelt werden. Lehrkräfte haben die Aufgabe, die Werte der Verfassung darzustellen und zuwiderlaufende verfassungsfeindliche Bestrebungen klar zu benennen.

    Lehrkräfte nicht mit der Aufgabe alleine lassen

    Denkbar ist die Auseinandersetzung mit den rechtsextremen Positionen der AfD in der Schule neben dem Unterricht in Politik oder Sozialwissenschaften in unterschiedlichen Fächern: Geschichte, Rechtskunde, Philosophie, Ethik oder Deutsch. Lehrkräfte sollten mit ihren Klassen rechtsextreme Argumentationsmuster und Strategien aufdecken und Verschwörungserzählungen analysieren. Schüler:innen müssen erkennen können, wie rechtsextreme Akteure heute agieren und Menschen für ihre Zwecke manipulieren wollen.

    Wichtig ist, dass einzelne Lehrkräfte mit dieser Aufgabe nicht alleine gelassen werden. Es braucht vielmehr eine möglichst breite Verständigung im Kollegium, dass es hier um eine Herausforderung geht, der gemeinsam zu begegnen ist. In diesem Sinne haben auch Schulleitungen zu agieren und auf die Einlösung des bestehenden Bildungsauftrags durch die Lehrkräfte hinzuwirken. Erforderlich ist die Entwicklung einer klaren Haltung, die Druck, etwa von Eltern, standhält.

    Schulleitungen, Schulbehörden und Bildungsministerien müssen Lehrkräfte unterstützen

    In der Realität kommt es vor, dass Lehrkräften sich bei einer kritischen Befassung mit der AfD vor Bedrohungen fürchten. Versuche, Lehrkräfte beziehungsweise Schulen einzuschüchtern, gibt es immer wieder. Schulleitungen, Schulbehörden und Bildungsministerien sind gehalten, Lehrkräfte in ihrer Positionierung zu stärken und zu unterstützen, wenn diese wegen ihres Einstehens für die Werte des Grundgesetzes bedroht werden. 

    Hierzu gehört etwa, dass Lehrkräfte Unterstützung erhalten, indem sie Beratungsangebote wahrnehmen können, etwa von zivilgesellschaftlichen Organisationen mit einem entsprechenden Aufgabenprofil. Das gilt beispielsweise auch, wenn Lehrende mit rechtsextremen Parolen von Seiten der Schüler:innen konfrontiert werden und dabei Unterstützung benötigen – wie im öffentlichkeitswirksamen Fall einer Schule in Burg im vergangenen Jahr.

    Es braucht dringend mehr Aufklärung

    In Schulen ist mehr Aufklärungsarbeit erforderlich, auch fächer- und formatübergreifende politische Bildung, zum Beispiel mit Projekttagen und Workshops zu Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten. Um die AfD und andere rechtsextremistische Gruppierungen im Umfeld der Partei in ihrem Angriff auf die freiheitliche rechtsstaatliche Demokratie aufzuhalten, ist die Aufklärungsarbeit über die AfD in sämtlichen Bildungsinstitutionen zu intensivieren. Die Zeit dafür drängt.

    Hendrik Cremer ist promovierter Jurist und arbeitet am Deutschen Institut für Menschenrechte. Zuvor war er anwaltlich tätig. Zu seinen Arbeitsschwerpunkten gehören Rassismus und Rechtsextremismus. 2019 war er Mitglied der von der damaligen Bundesregierung einberufenen Unabhängigen Kommission Antiziganismus, die ihren Abschlussbericht 2021 veröffentlicht hat. Im Februar 2024 ist sein Sachbuch “Je länger wir schweigen, desto mehr Mut werden wir brauchen. Wie gefährlich die AfD wirklich ist” im Berlin Verlag erschienen.

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    News

    Aufstiegs-Bafög: Über welche Punkte der Reform noch gestritten wird

    Am Donnerstagabend (17.10.) soll nach Informationen von Table.Briefings die Reform des Aufstiegs-Bafögs (AFBG) in erster Lesung in den Bundestag kommen und im Plenum debattiert werden. Die AFBG-Novelle dürfte die letzte große Reform der beruflichen Bildung in dieser Legislatur sein.

    Das Bundeskabinett hat den Gesetzentwurf bereits Ende Juli verabschiedet (zum Download) und verfolgt mit ihm das Ziel, Fortbildungen etwa zum Meister oder Fachwirt zu stärken. Geförderte sollen künftig bis zu 18.000 Euro der Lehrgangs- und Prüfungsgebühren erstattet bekommen, bislang ist das Maximum 15.000 Euro. Die Förderung von Materialkosten für ein Meisterstück soll von 2.000 auf 4.000 Euro verdoppelt werden.

    Große Unzufriedenheit bei Anja Reinalter

    Anja Reinalter, Berichterstatterin der Grünen für berufliche Bildung und bildungspolitische Sprecherin ihrer Fraktion, hält den Entwurf für “eine Enttäuschung”, da er weit hinter den Vereinbarungen im Koalitionsvertrag zurückbleibt. Dabei hänge von der Reform entscheidend ab, ob es der Ampel gelingt, für mehr Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung zu sorgen.

    In den anstehenden Verhandlungen will Reinalter sich dafür einsetzen, dass künftig auch ein zweiter Abschluss auf gleicher Fortbildungsstufe gefördert wird – und auch eine zweite Ausbildung, wenn Fachkräfte aufgrund der Transformation umschulen müssen. “Es sollte zum Beispiel möglich sein, dass wir bei einem Automechatroniker für Verbrenner über das AFBG eine Umschulung zum Pfleger fördern”, sagte Reinalter Table.Briefings.

    Unklar, woher das Geld kommen soll

    Zu klären sei allerdings noch, woher dafür zusätzliche Mittel kommen sollen. Aktuell ist beim AFBG eine Steigerung von 852 auf 876 Millionen Euro eingeplant, die vor allem auf Anpassungen aus der vergangenen Bafög-Novelle zurückgehen. Im Koalitionsvertrag vereinbart war darüber hinaus, den Unterhaltszuschuss von Vollzeit- auf Teilzeit-Weiterbildungen auszuweiten. Das könnte Fortbildungen attraktiver machen, gerade wenn Arbeitnehmer in Führungspositionen sind oder Care-Arbeit leisten. 

    Der Deutsche Gewerkschaftsbund hielte eine solche Ausweitung auch für wichtig, damit ältere Arbeitnehmer häufiger eine Fortbildung absolvieren. 2022 waren laut Bundesinstitut für Berufsbildung vier Fünftel der Geförderten zwischen 20 und 34 Jahre alt.

    Die Berichterstatterin der SPD, Jessica Rosenthal, sagte Table.Briefings, ihr sei “weiterhin eine strukturelle Verbesserung des Aufstiegs-Bafögs, wie im Koalitionsvertrag vorgesehen, wichtig”. FDP-Berichterstatter Friedhelm Boginski teilte mit, er wolle noch anstehende Gespräche abwarten, bevor er sich inhaltlich äußert.

    Kritik kam schon vom Bundesrat

    Bereits zum 1. Februar soll das Gesetz laut Informationen von Table.Briefings in Kraft treten. Der Bundesrat muss der Novelle noch zustimmen. Er hat zum Entwurf kürzlich Stellung bezogen und forderte, zu prüfen, ob der Unterhaltszuschuss bei Teilzeitfortbildungen auch für Arbeitnehmer möglich ist, “die aufgrund persönlicher Umstände gezwungen sind, eine Teilzeitausbildung in Anspruch zu nehmen, denen hierfür aber keine anderweitigen Unterstützungsinstrumente bei der Bestreitung des Lebensunterhalts zur Verfügung stehen” (Unterrichtung der Bundesregierung zum Download).

    Die Ampel-Regierung hat die Forderung der Länder bereits abgelehnt, genauso wie eine weitere Forderung: Der Bund solle das AFBG – wie schon das Bafög – künftig vollständig übernehmen. Aktuell übernehmen die Länder einen Anteil von 22 Prozent. Anna Parrisius

    Lesen Sie auch: Aufstiegs-Bafög: 2023 wurden weniger Menschen gefördert

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    Zukunftskompetenzen: Warum die Arbeitgeber einen Digitalpakt II fordern

    Geht es nach der Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände (BDA), muss der Digitalpakt II kommen. Allgemeinbildende und berufliche Schulen sollten “zügig und unbürokratisch” Mittel erhalten, heißt es in einem neuen Positionspapier, das Table.Briefings exklusiv vorlag (zum Download).

    Insgesamt fordert die BDA in dem Papier einen neuen Schwerpunkt aller Bildungseinrichtungen auf Zukunftskompetenzen – das sei nötig, um die “nachhaltige Zukunftsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts” zu sichern. Unter Zukunftskompetenzen fassen die Arbeitgeber unter anderem digitale Grundkompetenzen. Schüler sollten dringend mit und über digitale Medien lernen, sich mit Künstlicher Intelligenz auseinandersetzen und diese nutzen. Zudem fordert die BDA eine Pflicht zum Unterricht in informatorischer Grundbildung in allen Bundesländern.

    Arbeitgeber fordern datenbasierte Schulentwicklung

    Damit junge Menschen überhaupt Zukunftskompetenzen erwerben können, fordern die Arbeitgeber, dass wieder deutlich mehr die Bildungsstandards der KMK im Lesen, Schreiben und Rechnen erreichen. Dafür brauche es eine datenbasierte Schulentwicklung. Für Erwachsene solle es auch nach der Schule leichter werden, noch besser Lesen, Schreiben und Rechnen zu lernen.

    Neben den digitalen Grundkompetenzen fordert die BDA, dass eine Reihe weiterer Zukunftskompetenzen von Kita bis Hochschule mehr Gewicht erhalten sollen:

    • MINT-Kompetenzen: Sie sollen durch einen “handlungsorientierten und motivierenden Unterricht” und mit Innovationswerkstätten gefördert werden. Für entscheidend hält die BDA MINT-Kompetenzen etwa, damit Arbeitnehmer später neue Technologien für mehr Nachhaltigkeit entwickeln können.
    • Schlüsselkompetenzen: Hierunter fasst die BDA zum Beispiel Leistungsbereitschaft, Resilienz, Zuverlässigkeit, Eigenverantwortung und Empathie. Aber auch Gesundheit und Dienstleistungs- und Kundenorientierung sollen mehr gefördert werden.
    • Offenheit: Ein “offenes Mindset und Bereitschaft zum lebenslangen Lernen” seien angesichts der Transformation wichtig. Eine wichtige Metakompetenz sei das Lernen selbst, Kinder und Jugendliche müssten aber auch mehr interkulturelle Kompetenzen erwerben.
    • Kreativität und Problemlösungskompetenz: Diese Fähigkeiten sind laut Papier “gefragter denn je”. Das Bildungssystem solle daher “Handlungsorientierung sowie ein ganzheitliches, vernetztes, wirtschaftliches Denken” viel stärker fördern.
    • Unternehmerisches Denken: Unternehmen sollen laut BDA stärker mit Schulen zusammenarbeiten, auch wenn es nicht um Berufsorientierung geht. Lehrkräfte sollten bei Praktika mehr Einblick in die aktuelle Transformation der Wirtschaft und der Arbeitswelt erhalten.

    Damit diese neuen Schwerpunkte wirklich in der Praxis ankommen, fordert die BDA in allen Bereichen Lernziele und Curricula, aber auch Didaktik und Methodik zu überarbeiten. Anna Parrisius

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    Neues Webportal für Lehrkräfte: Wie das ZDF Schulen unterstützen will

    Das ZDF plant, bis etwa Februar sein neues Internetportal für Schulen und Lehrkräfte aufzubauen. Das erfuhr Table.Briefings am Rande der Kick-off-Veranstaltung für “ZDF goes Schule” am Dienstag in Berlin.

    Das Portal soll potenzielle Unterrichtsinhalte, die das ZDF tagtäglich produziert, für Lehrkräfte und Schulen leicht auffindbar zugänglich machen. Eine erste Version der Seite ist bereits live und kann unter schule.zdf.de besucht werden. 

    Unter dem Dach von “ZDF goes Schule” bündelt das ZDF seine Bildungsangebote für Schulen. Das reicht von der Vermittlung von Schulbesuchen etwa von ZDF-Medienprofis über Beratung bis hin zum genannten Portal

    Zwei Drittel will ZDF-Inhalte in Schulen

    Das Projekt ist nach Angaben des ZDF die Folge einer ZDF-Bildungsstudie aus dem vergangenen Herbst. Kernergebnis: Von den Befragten Nutzern der ZDF-Inhalte fanden es zwei Drittel wichtig oder sehr wichtig, dass der Mainzer Sender seine Inhalte für Schulen zugänglich macht.

    Das Portal schule.zdf.de soll im nächsten Schritt auch mithilfe von Partnerschulen so weiterentwickelt werden, dass es nicht an den Bedürfnissen der Zielgruppe vorbeigeht. Schulen, die Interesse an so einer Partnerschaft haben, sollen sich demnächst auf schule.zdf.de dafür bewerben können. Zu den Partnern von “ZDF goes Schule” gehören unter anderem die Organisationen “Journalismus macht Schule”, “#UsetheNews” und “klicksafe”

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    Best of Table

    Research.Table: Pioniere der Künstlichen Intelligenz und des Deep Learning erhalten Nobelpreise. Die Auszeichnungen für Physik und Chemie gehen in diesem Jahr an Forscher, die Grundlagen für viele kleine Revolutionen im täglichen Leben und Arbeiten gelegt haben. Welche Rolle Google dabei spielt und warum einer der Preisträger inzwischen vor Gefahren von KI warnt, lesen Sie hier.

    Research.Table: Die entscheidenden Köpfe der deutschsprachigen Wissenschafts-Szene. Die Redaktion hat die 100 entscheidenden Köpfe der deutschsprachigen Wissenschafts-Szene ausgewählt. Hier die wichtigsten Persönlichkeiten aus Stiftungen.

    Research.Table: DAAD eröffnet Büro in Kiew wieder. Der Deutsche Akademische Austauschdienst eröffnet nach mehr als zwei Jahren sein Büro in der ukrainischen Hauptstadt wieder. Es war in der Zwischenzeit digital aus Deutschland betrieben worden. Woran der DAAD vor Ort jetzt arbeiten möchte, lesen Sie hier.

    Presseschau

    New York Times: Das Thema Bildung spielt für Kamala Harris und Donald Trump kaum eine Rolle. Keiner der beiden Kandidaten für die US-Präsidentschaftswahl im November habe sich wirklich mit der Grundschulbildung befasst, schreibt die Journalistin Jessica Grose in einem Meinungsbeitrag. “Das gesamte Thema Bildung kam in den diesjährigen Präsidentschaftsdebatten kaum zur Sprache, abgesehen von ein paar kurzen Erwähnungen von Studienkrediten und Schießereien an Schulen.” Dabei seien die Leistungen vieler Schülerinnen und Schüler in Vergleichstests auf dem niedrigsten Niveau seit Jahrzehnten. (The education crisis neither candidate will address)

    Deutschlandfunk Kultur: Wie sieht eine moderne, zeitgemäße Schule aus, in der junge Menschen gut lernen können? Damit befasst sich DLF Kultur – unter anderem in einem Interview mit der Architektin Barbara Pampe, Vorständin der Montag Stiftung. “Wir haben uns 30 Jahre lang gar nicht oder wenig um den Schulbau gekümmert”, schildert sie. Nun gebe es aber ein Umdenken. Dazu gehöre, dass stärker im Fokus steht, Wohlfühlorte zu schaffen. Pampe regt auch an, leer stehende Gebäude zu Lern- und Bildungsorten zu machen, etwa frühere Kaufhäuser. (Nur Flure und Klassenzimmer – das war gestern.)

    FAZ: Welche Leseförderung hilft? Mit dieser Fragte befasst sich Ulrich Schnakenberg, Gymnasiallehrer für Geschichte und Deutsch. Die allermeisten Eltern wüssten, dass ihre Kinder Bücher brauchen. Aber nicht allen gelinge es, diese Erkenntnis in praktisches Handeln umzusetzen. “Studien wie der jährliche Vorlesemonitor zeigen, wie nötig eine allgemeine (Vor-)Leseoffensive ist.” Schulen gehören zu den zentralen Orten, um das Lesen zu fördern, unterstreicht Schnakenberg. “Das gilt heute jedoch nicht mehr nur für die Grund-, sondern verstärkt auch für die weiterführenden Schulen.” (Welche Leseförderung hilft)

    Zeit: Warum Kitas nicht einfach kleine Schulen werden sollten. Immer mehr Erstklässlern fehlen grundlegende Kompetenzen. Kitakinder sollten deshalb aber nicht “mit Deutschkursen oder Zahlenreihen beschult werden”, fordern Dieter Dohmen, Direktor des Forschungsinstituts für Bildungs- und Sozialökonomie, und Stefan Spieker, Geschäftsführer des Kitaträgers Fröbel. Kitas in Deutschland zeichne aus, dass sie alltagsintegriert und abhängig vom Interesse des Kindes Wissen vermitteln. Was es brauche, seien flächendeckend digitale Verfahren, um den Kenntnisstand zu erheben. Und – bei hoher pädagogischer Qualität – ausreichend Kita-Plätze sowie frühkindliche Bildung in der Kita besten für alle ab zwei Jahren. (Nicht für die Schule lernen wir!)

    Welt: Grundlegende Bedingungen für gute Bildung fehlen. Geht es nach Politik-Redakteurin Hannah Bethke, neigen Schulen heute dazu, die Grundbedingung guter Bildung zu vergessen: die Freude am Lernen, Lehren und Lesen. “Alle digitalen Geräte der Welt werden gegen die eklatanten Defizite des Bildungssystems nicht helfen, solange Schule nur als kollektive Mühsal erlebt wird.” Mit der systematischen Entwertung des Lehrerberufs gehe zudem eine Abwertung des Leistungsprinzips einher, die oft mit dem Argument der sozialen Gleichheit verklärt, wenn nicht sogar gerechtfertigt werde. (Wer das Rechnen an der Tafel nicht versteht, wird auch am Bildschirm Schwierigkeiten haben)

    taz: Zum Beginn der Schulzeit in der Türkei: Der neue Lehrplan an den Schulen in der Türkei soll die Jugend zu “nationalbewussten, gläubigen Patrioten” erziehen, die “fleißig, bescheiden und familienbewusst” sein sollen. Das schreibt Auslandskorrespondent Jürgen Gottschlich in seiner Analyse zum Beginn der Schulzeit in der Türkei nach der Sommerpause. Vom säkularen Teil der Gesellschaft komme deutliche Kritik an den Schulplänen. Der Vorsitzende der linken Lehrergewerkschaft Eğetim-Sen, Kemal Irmak, schrieb laut taz in einem Rundbrief: “Das Türkische-Jahrhundert-Bildungsmodell […] ist nichts anderes als die Rückkehr zur Kirchen- und Koranschulen-Erziehung des letzten Jahrhunderts.” (Umbau der Schulen in der Türkei – Mohammed statt Atatürk)

    Bildung.Table Redaktion

    BILDUNG.TABLE REDAKTION

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