für rechtspopulistische Parteien ist Bildung ein immer wichtigeres Thema. Brisant wird das aktuell im Fall Österreichs: Führt die FPÖ dort tatsächlich die neue Bundesregierung mit Herbert Kickl als Kanzler an, könnte das auch Auswirkungen auf die Bildung in der Alpenrepublik haben. Meine Kollegin Vera Kraft hat sich im Nachbarland umgehört und herausgearbeitet, welchen Einfluss die FPÖ in ihren bisherigen Regierungsjahren schon auf die bildungspolitische Agenda hatte. Und was jetzt noch kommen könnte.
Im Standpunkt erfahren Sie, welches Potenzial in kultureller Bildung für den Ganztagsausbau steckt. Die Professorin Vanessa-Isabelle Reinwand-Weiss sieht gar eine Chance, Schülern eine ganz neue Lernerfahrung abseits vom Leistungsprinzip zu ermöglichen. Auch, wie die Umsetzung funktionieren kann, erfahren Sie in ihrem Beitrag.
Sie erfahren zudem, welche Themen 2025 im Berufsschulpakt auf dem Tableau stehen. Zum Startchancen-Programm gibt es erste Zahlen. Und wir berichten über Vorwürfe der FDP zur Digitalpakt-II-Einigung.
Ich wünsche Ihnen eine bereichernde Lektüre!
Rechtspopulistische Parteien haben Bildung als Machthebel für sich entdeckt. Aktuell beobachten lässt sich das in Österreich. Die extrem rechte FPÖ hat gute Chancen, die neue Regierung Österreichs mit Herbert Kickl als Kanzler anzuführen – und plant, die Schulen nach ihren ideologischen Vorstellungen umzukrempeln.
In die Traumschule der Rechtspopulisten gehen ausschließlich Kinder, die Deutsch sprechen und kein Kopftuch tragen, in den Klassenzimmern hängen Kreuze als Symbol der “christlich-abendländischen Kultur” und statt “Gender-Ideologie, Regenbogenkult und frühkindlicher Sexualisierung” bekommen Kinder die “traditionelle Familie mit Vater und Mutter” als Ideal vermittelt.
Dabei zählt Bildung keineswegs zu den typisch rechtspopulistischen Themen. Das sind weiterhin Migration und Europa. Aber: Bildung ist für rechtspopulistische Parteien in Europa immer relevanter geworden. Was Bildung für den politischen Wettbewerb attraktiv macht, ist die zentrale Rolle für eine Gesellschaft und ihre Sozialisierung.
“Das Schulsystem wird von der gesamten Bevölkerung durchlaufen”, sagt Politikwissenschaftler Oliver Gruber von der Universität Wien. In den meisten europäischen Ländern gibt es eine Schulpflicht. In der Schule werden Kinder und Jugendliche sozialisiert und bekommen die Grundprinzipien der Gesellschaft vermittelt. Einfluss auf Schulen bedeutet folglich auch Einfluss auf die neuen Generationen.
Was die FPÖ für Österreichs Schulen plant, spiegelt die Haltung der Partei wider. Diese richtet sich allen voran gegen den “Mainstream” und gegen zugewanderte Menschen. Oliver Gruber und sein Kollege Philipp Schnell, der Bildungssoziologe ist und an mehreren Universitäten lehrt, haben die Bildungspolitik der FPÖ in Österreich, aber auch die bildungspolitischen Pläne anderer rechter Parteien in Europa analysiert.
Was den Fall Österreich besonders macht: Während die rechtspopulistischen Parteien in anderen Ländern nur in der Opposition auftreten, war die FPÖ bereits fünfmal Teil der Regierung. Die Forscher konnten demnach nicht nur ihre Wahlprogramme oder Interviews analysieren, sondern auch, was die FPÖ bisher schon politisch umgesetzt hat.
Fünf Stränge bilden Gruber und Schnell zufolge den Kern der FPÖ-Bildungs-Agenda:
Insgesamt seien die Positionen der FPÖ im Laufe der Zeit recht konstant geblieben, stellen die Forscher fest. Manche Stränge hätten sich aber noch ausdifferenziert: Den Aspekt der Schulautonomie habe die FPÖ etwa erst nach der ersten Koalition mit der ÖVP in den 2000er-Jahren ins eigene Programm übernommen. Unterschiede lassen sich auch beobachten, abhängig davon, ob die FPÖ Teil der Regierung oder der Opposition war. “In der Opposition findet typischerweise mehr Kritik am Mainstream und dem ‘linken Bildungssystem’ statt”, sagt Politologe Gruber.
Die aktuell laufenden Koalitionsgespräche werden wohl nicht an Bildungsfragen scheitern. Davon sind Experten, aber auch Politiker überzeugt. “Gerade im Bildungsbereich sehe ich eine Vielzahl an Überschneidungen mit der ÖVP“, sagt etwa Hermann Brückl, bildungspolitischer Sprecher der FPÖ, zu Table.Briefings.
Welche Partei das Bildungsministerium letztlich leiten wird, steht noch nicht fest. Ins Spiel gebracht wurden bislang die derzeitige ÖVP-Jugend-Staatssekretärin Claudia Plakolm und der Ex-ÖVP-Politiker und Buchautor Andreas Salcher.
Auf Haushaltskürzungen konnten sich die Koalitionäre von FPÖ und ÖVP bereits einigen. Daran sind zuvor die Verhandlungen der Parteien der österreichischen Mitte gescheitert. Viel Geld für große Bildungsreformen dürfte im neuen Haushalt nicht drin sein. “Österreich hat generell ein hohes Budgetdefizit”, sagt Soziologe Schnell. Und das Bildungsbudget werde zu 85 Prozent für Lehrergehälter verwendet. Zudem sei der starke Personalmangel im pädagogischen Bereich eine Herausforderung.
Teure Bildungsreformen seien daher kaum zu erwarten, sind sich Politologen und Bildungsexperten einig. Zugewanderte und den “woken Wahnsinn” aus Schulen zu verbannen, ist da billiger – auch wenn es auf Kosten von Minderheiten geht. Die Bildungsprobleme des Landes lassen sich damit aber wohl kaum lösen.
Von Vanessa-Isabelle Reinwand-Weiss
Die Schulen in Deutschland stehen vor der Herausforderung, nicht nur finanziell und personell den ab 2026 geltenden Rechtsanspruch auf Ganztagsbildung einzulösen. Einen sinnvollen Ganztag zu gestalten, der zum Ausgleich von Bildungsungerechtigkeiten beiträgt, ist vor allem auch eine inhaltliche Aufgabe. Das Konzept einer kulturellen Schulentwicklung bietet hierfür einen sinnvollen Ansatz.
In der bildungspolitischen Diskussion der vergangenen Jahre lassen sich vor allem drei Argumente für eine ganztägige Beschulung von Kindern und Jugendlichen ausmachen:
Kulturelle Bildung kann als Konzept sinnvoll einen Ganztag füllen und die Lernqualität steigern. Kulturelle Bildung ist produktive, das heißt selbsttätige und rezeptive Allgemeinbildung in den Künsten oder mittels ästhetischer Praktiken, die auf kritische Reflexionsfähigkeit, Erfahrungen von Selbstwirksamkeit und damit Teilhabeprozesse zielt.
Gemeint ist also nicht der Ausbau der künstlerischen Schulfächer wie Bildende Kunst, Musik oder an manchen Schulen das darstellende Spiel. Sondern ein Schulalltag, der durchzogen ist von ästhetischen Praktiken wie Musizieren, Theater spielen, Tanz und Bewegung, Gestalten, dem kreativen Umgang mit digitalen Medien oder dem Besuch von Kultureinrichtungen. Das ästhetische Lernen, das auf verschiedene Fächer oder Inhalte angewendet werden kann, beinhaltet neben dem kognitiven Wissens- und Kompetenzerwerb vor allem leibliche und sinnliche Aspekte des Lernens.
Ästhetische Prinzipien wie Leiblichkeit, Emergenz und Kontingenz, die Erfahrung von Ambiguität und die bewusste Wahrnehmung der eigenen Wahrnehmung, die Sensibilisierung auf den Prozess oder die Erfahrung der eigenen Gestaltungsmacht sind Kennzeichen “guter” ästhetischer Bildung, die üblichen Bildungserfahrungen entgegenlaufen.
Eine gelingende kulturelle Schulentwicklung ist dabei angewiesen auf externe Kräfte wie kulturpädagogische Einrichtungen und Kulturinstitutionen und bringt durch tätige Künstler_innen oder Kulturvermittler_innen ästhetische Prinzipien, aber auch eine andere pädagogische Haltung, geboren aus der non-formalen Bildungsarbeit, in Schule ein. Pädagogische Prinzipien wie Ganzheitlichkeit, Stärkenorientierung, Fehlerfreundlichkeit, Partizipation, selbstgesteuertes Lernen, Freiwilligkeit und Anerkennung unterstützen eine “andere Lernerfahrung”, von der vor allem Schüler_innen profitieren können, die an klassischen schulischen Prinzipien wie Selektion und Leistungsbewertung scheitern.
Kulturelle Bildung hält damit vor allem Potenziale für Wahrnehmungs-, Ausdrucks- und Gestaltungskompetenzen, für eigene Verantwortungsübernahme und Selbststeuerung, für gesellschaftliche Teilhabe durch Teilnahme und den Umgang mit Unsicherheiten und Ambivalenzen bereit. Allesamt Kompetenzen, die im 21. Jahrhundert dringend gebraucht werden. Kulturelle Bildung eröffnet Möglichkeitsräume, in denen andere Lern- und Beziehungserfahrungen gemacht werden können als im üblichen Fächerunterricht.
Eine gut strukturierte, ästhetisch vielfältige Ganztagsbetreuung kann ein wesentlicher Schlüssel zum Ausgleich von Bildungsungerechtigkeiten sein. Die systematische Verknüpfung des Schulalltags mit unterschiedlichen (Kultur-)Partnern erfordert jedoch eine ausreichende Finanzierung der Schulen, den Abbau von bürokratischen Hürden für die Beschäftigung Externer in Schulen, somit die leichtere Personalgewinnung und eine geeignete Ausstattung und adäquate Räume.
Die Qualität des Ganztags wächst mit der Klarheit der Rollen aller am Prozess Beteiligten. Dazu braucht es eine Professionalisierung des oder der Teams sowie Zeit für die Arbeit an zwischenmenschlichen Prozessen, eine Wertschätzung der unterschiedlichen Professionen und eine Stärkung der Freiheit der Schulleitungen.
Die beste Grundlage für eine kommunal funktionierende Ganztagsbildung, in der kulturelle Bildung eine große Rolle spielt, sind kommunale Bildungslandschaften. Diese benötigen einen starken politischen Willen der Länder und Kommunen, eine Unterstützung durch den Bund sowie eine stabile und nachhaltige Zusammenarbeit unterschiedlicher Ressorts und Netzwerkstrukturen. Was eine Fokussierung auf alle Bildungs-, Kultur- und Sozialakteure in einer Stadt oder dem ländlichen Raum bedeutet.
Der Ganztag wird zunehmend zur Gretchenfrage an ein funktionierendes Schulsystem im 21. Jahrhundert, das vor zahlreichen Herausforderungen steht. Ein gutes Bildungssystem gelingt nur durch eine mutige Transformation der Lernkultur in Schulen. Kulturelle Bildung kann hierfür ein Schlüssel sein.
Literatur
Vanessa-Isabelle Reinwand-Weiss studierte Pädagogik, Theater- und Medienwissenschaften, Italoromanistik und Philosophie in Erlangen und Bologna. Sie schloss 2007 ihre Promotion an der Universität Erlangen-Nürnberg mit einer Arbeit zu Bildungs- und Lernprozessen im Theaterspiel ab. Nach einer Juniorprofessur für Kulturelle Bildung am Institut für Kulturpolitik der Universität Hildesheim ist sie seit 2012 Direktorin der Bundesakademie für Kulturelle Bildung Wolfenbüttel und lehrt als Professorin für Kulturelle Bildung weiterhin in Hildesheim. Vanessa-Isabelle Reinwand-Weiss ist Gründungsmitglied des bundesweiten Netzwerks Forschung Kulturelle Bildung sowie des Netzwerks Frühkindliche Kulturelle Bildung und war von 2013 bis 2021 Mitglied des Rats für Kulturelle Bildung.
Der Rat des Pakts für berufliche Schulen hat sich für 2025 auf zwei Schwerpunktthemen verständigt: Sprachförderung und Demokratiebildung an den beruflichen Schulen. Aus Teilnehmerkreisen heißt es, mit der Schwerpunktsetzung solle die Integrationsleistung beruflicher Schulen unterstützt werden.
Bei der Sprachförderung soll es um die Vermittlung von Deutsch als Fremdsprache gehen. Aber auch um Angebote für junge Menschen, die das deutsche Bildungssystem durchlaufen haben und immer noch sprachlichen Förderbedarf aufweisen. Mit dem Fokus auf Demokratiebildung will das Gremium Berufsschulen als Orte stärken, die die demokratische Grundordnung erlebbar machen sollen.
Am 26. Juni soll es auf Einladung des baden-württembergischen Kultusministeriums eine Fachtagung zu den Schwerpunktthemen in Stuttgart geben. Sie soll wissenschaftliche Impulse geben und Best Practices vorstellen. Aktuell wird mit 150 bis 200 Teilnehmer aus Politik und Praxis gerechnet.
Ergebnisse der Tagung sollen anschließend dokumentiert und Empfehlungen ohne politische Verbindlichkeit abgeleitet werden. Die Hoffnung ist, dass sich an die Tagung neue Arbeitsgruppen der Länder anschließen, aber auch Absprachen von Politik und Sozialpartnern oder neue Kooperationen von Schulen. Die Länder könnten etwa die Rahmenlehrpläne in Ausbildungsberufen anpassen.
Aus Teilnehmerkreisen heißt es, der Pakt für berufliche Schulen könne ein Taktgeber für die berufliche Bildung werden. Die Stärke des neuen Gremiums sei, dass es die Länder mit allen für berufliche Bildung zuständigen Bundesministerien zusammenbringt. Gleichzeitig stärke es die Verbindung von Ländern und Arbeitgebern und damit von Schulen und Betrieben, den Partnern der dualen Ausbildung.
Der Rat hieß zunächst Fachbeirat und konstituierte sich im Mai 2024. In ihm sitzen Vertreter der Bildungsministerkonferenz, der Ständigen Wissenschaftlichen Kommission, der Bundesministerien für Bildung, Wirtschaft und Arbeit, dem Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) und von Lehrer- und Sozialverbänden sowie der Bundesschülerkonferenz und der Schulträger.
Das Gremium hat sich bisher zweimal getroffen. Eine Kerngruppe trifft sich daneben häufiger, bereitet Entscheidungen vor und organisiert jetzt auch die Fachtagung. Die Arbeit von Rat und Kerngruppe bewerten Teilnehmer bislang als konstruktiv und substanziell.
Für das nächste Jahr hat der Rat das Schwerpunktthema noch nicht beschlossen. Teilnehmern zufolge wird es aber wahrscheinlich um Digitalisierung und KI in Berufsschulen gehen. Mit Blick auf den Digitalpakt II sollen didaktische Konzepte in den Blick genommen werden und die Frage, welche Ausstattung an beruflichen Schulen hilfreich ist. Anna Parrisius
Lesen Sie auch: Startchancen-Programm: Wie Berufsschulen profitieren sollen
Zum 31. Dezember 2024 hat der Bund knapp 840.000 Euro für Säule I des Startchancen-Programms ausgezahlt. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine schriftliche Einzelfrage von Thomas Jarzombek hervor, dem bildungspolitischem Sprecher der CDU/CSU-Fraktion (zum Download).
In der sogenannten Bausäule investieren Bund und Länder in die Modernisierung von Lernumgebungen in Startchancen-Schulen. Knapp 200 Millionen Euro hat der Bund seit Start des Programms am 1. August für das erste halbe Jahr zur Verfügung gestellt. Jährlich will er laut Bund-Länder-Vereinbarung bis zu 400 Millionen Euro bereitstellen. Fünf Prozent des Geldes sind allerdings laut Verwaltungsvereinbarung für die “wissenschaftliche Begleitung, Evaluierung und Programmbegleitung” des auf zehn Jahre angelegten Programms reserviert.
Lesen Sie auch: Startchancen – Wer beim Forschungsverbund für die Evaluierung dabei ist
“Zum Ende der Legislaturperiode müssen wir feststellen, dass über 99 Prozent der Mittel aus dem Startchancen-Programm für moderne Bildungseinrichtungen nicht abgeflossen sind”, sagte Jarzombek. Der Unionspolitiker fragte das BMBF auch, ob der Bund Geld, das er 2024 für Säule I eingeplant und nicht verausgabt hat, zur Bewirtschaftung der Globalen Minderausgabe einsetzen wird.
Lesen Sie auch: BMBF-Sparpläne per globaler Minderausgabe sorgen für große Unsicherheit / Haushalt 2025: Warum dem BMBF mehr als eine Milliarde Euro Globale Minderausgabe drohen
Dazu schrieb die Parlamentarische Staatssekretärin, Claudia Müller, in ihrer Antwort: “Die Höhe endgültig nicht verausgabter Haushaltsmittel sowie die Entscheidungen über die Bewirtschaftung werden Gegenstand der Haushaltsrechnung für das Jahr 2024 sein.” Konkrete Angaben ließen sich noch nicht machen. Die mit den Ländern getroffene Vereinbarung zur Gewährung der Mittel sei davon aber unberührt. Anna Parrisius
Der Bildungsausschuss im Brandenburgischen Landtag wird nach der Nichtwahl des AfD-Kandidaten Dominik Kaufner wohl dauerhaft keinen Vorsitzenden haben, erfuhr Table.Briefings. Der frühere Gymnasiallehrer Kaufner war am Mittwoch in drei Wahlgängen durchgefallen. CDU und SPD hatten bereits im Vorfeld angekündigt, gegen ihn stimmen zu wollen. Das BSW hatte erklärt, sich enthalten zu wollen. Wahlberechtigt waren nur die Ausschussmitglieder. Im dritten und letzten Wahlgang hatten drei Abgeordnete für Kaufner gestimmt, fünf gegen ihn. Eine Person enthielt sich.
Die Wahl wurde von Protesten gegen Kaufner begleitet. Etwa 400 Demonstranten warfen ihm vor dem Landtag rechtsextreme Ansichten vor. Kaufner hatte nach einem Bericht des RBB versucht, mit einer Kamera und einem Mikrofon Teilnehmer der Demonstration zu befragen. Die Polizei habe dies unterbunden.
CDU-Fraktionschef Jan Redmann hatte im Einvernehmen mit der SPD erklärt, die Nähe Kaufners zum Rechtsextremismus sei unbestreitbar. Für das BSW begründete Fraktionschef Niels-Olaf Lüders die Enthaltung so: “Wir stehen für eine neue Sachlichkeit“, sagte er. Seine Partei wolle “nicht zwingend” die Einschätzung des Verfassungsschutzes übernehmen.
Dass ein Ausschussvorsitz vakant bleibt, um einen AfD-Kandidaten zu verhindern, ist nicht ungewöhnlich. Im Bundestag sind mehrere dieser Posten deswegen unbesetzt. Dort übernehmen die Stellvertreter kommissarisch die Aufgaben des Vorsitzenden. Auch im brandenburgischen Landtag wurde etwa der Wissenschaftsausschuss in der vergangenen Wahlperiode von der Stellvertretung geleitet.
In Sachsen hingegen wurde der AfD jetzt zugesagt, unter anderem den Bildungsausschuss leiten zu können. Als Kandidatin gilt die Malermeisterin Romy Penz, die dem Ausschuss schon in der vergangenen Legislatur vorsaß. Thorsten Denkler / Vera Kraft
Die FDP-Bundestagsfraktion unterstellt Bildungsminister Cem Özdemir (Grüne) und seinem Staatssekretär Stephan Ertner unterschwellig einen Interessenkonflikt in den Verhandlungen mit den Ländern zum Digitalpakt II.
In einer kleinen Anfrage an die Bundesregierung vom 8. Januar, die jetzt bekannt wurde, will die Fraktion wissen, “welche Einschätzung und welche Erkenntnisse” der Regierung zu einem möglichen Interessenkonflikt von Özdemir vorliegen. Die Fraktion begründet ihren Verdacht mit dem Umstand, dass Özdemir das Amt des Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg anstrebe, und mit dem “verschwindend geringen” Anteil der für Bildung zuständigen Länder an der Finanzierung des Digitalpakts II.
Bund und Länder hatten sich kürzlich drauf geeinigt, zusammen fünf Milliarden Euro in einen zweiten Digitalpakt zu investieren. Der Bund will dafür 2,5 Milliarden Euro bereitstellen. Die Länder sind hingegen nur bereit, sich mit knapp 500 Millionen Euro an frischem Geld zu beteiligen. Der Rest soll über die Anrechnung von Digitalisierungsausgaben zusammenkommen, die die Länder bereits leisteten.
In dem Zusammenhang stellt die FDP-Fraktion auch die Eignung von Ertner infrage. Sie will etwa wissen: “Welche bildungspolitische und berufliche Vorerfahrung spezifisch mit dem Digitalpakt Schule bringt der federführende Staatssekretär mit?” Und wie sich “ein möglicher Mangel an einer solchen Vorerfahrung” auf die Verhandlungsposition des Bundes ausgewirkt habe. Sie sieht auch einen Interessenskonflikt darin, dass Ertner als Dienststellenleiter der Landesvertretung von Baden-Württemberg bis vor wenigen Wochen noch “beruflich die Interessen des Landes Baden-Württemberg gegenüber dem Bund vertreten” habe. tde
Research.Table. Wie Özdemir die Fördermittel-Affäre weiter aufklären will. Bevor sich der Forschungsausschuss in zwei Wochen noch einmal mit der Fördermittel-Affäre beschäftigt, ist Cem Özdemir (Grüne) gefragt. Der Bildungs- und Forschungsminister hatte Aufklärung angekündigt, die nun in mehreren Schritten angestoßen werden soll. Mehr lesen Sie hier.
Research.Table. Forschung und Innovation in einem Ressort bündeln. Deutschlands Innovationssystem leidet unter mangelnder Zusammenarbeit zwischen BMBF und BMWK. Nach 25 Jahren erfolglosen Experimenten sei die Umsetzung von Forschung in wirtschaftliche Anwendungen inzwischen massiv erschwert, kritisiert Dietmar Harhoff, Direktor am Max-Planck-Institut für Innovation und Wettbewerb. Mehr lesen Sie hier.
Research.Table. Ina Czyborra – Wissenschaftssenatorin mit Beschützerinstinkt. Die Wiederholungswahl zum Berliner Abgeordnetenhaus brachte der SPD-Politikerin Ina Czyborra den Posten als Senatorin für Wissenschaft, Gesundheit und Pflege. Ihr Verständnis für Hochschulen und Forschungsbelange ist groß. Nun muss sie jedoch einen Sparkurs fahren. Mehr lesen Sie hier.
dpa: Neutralitätsgebot in Schulen in NRW vor der Wahl. In einem Erlass des Bildungsministeriums von Nordrhein-Westfalen werden Schulen vor den Wahlen zu politischer Zurückhaltung aufgefordert. Auch bei der Organisation von Podiumsdiskussionen seien die Parteien gleichzubehandeln. Die Oppositionsparteien SPD und FDP kritisieren beide den Erlass. Auch die GEW schließt sich der Kritik an. Schule dürfe nicht neutral gegenüber Verfassungsfeindlichkeit sein. (Schuldebatten vor der Bundestagswahl erlaubt – aber neutral)
Tagesspiegel: Handyverbot an Berliner Schulen. Vier Berliner SPD-Jugendstadträte fordern ein einheitliches und berlinweites Handyverbot an Schulen. Die Handynutzung solle während der gesamten Schulzeit, auch beispielsweise in Oberstufenzentren, untersagt sein. Es solle nur einzelne Ausnahmen für Unterrichtszwecke geben. Insbesondere die Sorge vor Cybermobbing sei groß. Die SPD-geführte Bildungsverwaltung verweist auf die Eigenverantwortlichkeit der Schulen. (“Situation unverantwortlich”: SPD-Jugendstadträte fordern umfassendes Handyverbot an Berliner Schulen)
Kölner Stadtanzeiger: (Noch) unerreichte Ziele der Agenda 2030 der Weltgemeinschaft. Das Ziel der Bundesregierung, in Umsetzung der UN-Nachhaltigkeitsziele die Zahl junger Menschen ohne Abschluss auf neun Prozent zu reduzieren, ist noch nicht erreicht. Bisher liegt ihre Zahl noch bei zwölf Prozent. Auch ist die Bildung für nachhaltige Entwicklung kaum im Schulalltag angekommen. Nur an sieben Prozent der Schulen ist Nachhaltigkeit Thema in allen Fächern. Das Bündnis Zukunftsbildung rechnete 2023 damit, dass bis 2025 16,3 Milliarden Euro investiert werden müssen, damit zukunftsfähige Bildung an allen Schulen umgesetzt werden kann. (So ist es um die Ziele der Agenda 2030 bestellt)
dpa: Öffentliche Mitarbeit am sächsischen Kita-Plan. Anlässlich der Entwicklung eines neuen sächsischen Kita-Bildungsplans können Eltern, Erzieher, Kita-Leitungen und Fachverbände über ein Online-Portal Verbesserungsvorschläge und Wünsche einreichen. Ausgehend von dem Feedback soll Ende 2025 der Kita-Bildungsplan feststehen. Experten halten Verbesserungen der frühkindlichen Bildung für notwendig, um dem starken Leistungsrückgang bei den Basiskompetenzen Lesen, Rechnen und Schreiben entgegenzuwirken. (Neuer Kita-Bildungsplan – Eltern können sich beteiligen)
für rechtspopulistische Parteien ist Bildung ein immer wichtigeres Thema. Brisant wird das aktuell im Fall Österreichs: Führt die FPÖ dort tatsächlich die neue Bundesregierung mit Herbert Kickl als Kanzler an, könnte das auch Auswirkungen auf die Bildung in der Alpenrepublik haben. Meine Kollegin Vera Kraft hat sich im Nachbarland umgehört und herausgearbeitet, welchen Einfluss die FPÖ in ihren bisherigen Regierungsjahren schon auf die bildungspolitische Agenda hatte. Und was jetzt noch kommen könnte.
Im Standpunkt erfahren Sie, welches Potenzial in kultureller Bildung für den Ganztagsausbau steckt. Die Professorin Vanessa-Isabelle Reinwand-Weiss sieht gar eine Chance, Schülern eine ganz neue Lernerfahrung abseits vom Leistungsprinzip zu ermöglichen. Auch, wie die Umsetzung funktionieren kann, erfahren Sie in ihrem Beitrag.
Sie erfahren zudem, welche Themen 2025 im Berufsschulpakt auf dem Tableau stehen. Zum Startchancen-Programm gibt es erste Zahlen. Und wir berichten über Vorwürfe der FDP zur Digitalpakt-II-Einigung.
Ich wünsche Ihnen eine bereichernde Lektüre!
Rechtspopulistische Parteien haben Bildung als Machthebel für sich entdeckt. Aktuell beobachten lässt sich das in Österreich. Die extrem rechte FPÖ hat gute Chancen, die neue Regierung Österreichs mit Herbert Kickl als Kanzler anzuführen – und plant, die Schulen nach ihren ideologischen Vorstellungen umzukrempeln.
In die Traumschule der Rechtspopulisten gehen ausschließlich Kinder, die Deutsch sprechen und kein Kopftuch tragen, in den Klassenzimmern hängen Kreuze als Symbol der “christlich-abendländischen Kultur” und statt “Gender-Ideologie, Regenbogenkult und frühkindlicher Sexualisierung” bekommen Kinder die “traditionelle Familie mit Vater und Mutter” als Ideal vermittelt.
Dabei zählt Bildung keineswegs zu den typisch rechtspopulistischen Themen. Das sind weiterhin Migration und Europa. Aber: Bildung ist für rechtspopulistische Parteien in Europa immer relevanter geworden. Was Bildung für den politischen Wettbewerb attraktiv macht, ist die zentrale Rolle für eine Gesellschaft und ihre Sozialisierung.
“Das Schulsystem wird von der gesamten Bevölkerung durchlaufen”, sagt Politikwissenschaftler Oliver Gruber von der Universität Wien. In den meisten europäischen Ländern gibt es eine Schulpflicht. In der Schule werden Kinder und Jugendliche sozialisiert und bekommen die Grundprinzipien der Gesellschaft vermittelt. Einfluss auf Schulen bedeutet folglich auch Einfluss auf die neuen Generationen.
Was die FPÖ für Österreichs Schulen plant, spiegelt die Haltung der Partei wider. Diese richtet sich allen voran gegen den “Mainstream” und gegen zugewanderte Menschen. Oliver Gruber und sein Kollege Philipp Schnell, der Bildungssoziologe ist und an mehreren Universitäten lehrt, haben die Bildungspolitik der FPÖ in Österreich, aber auch die bildungspolitischen Pläne anderer rechter Parteien in Europa analysiert.
Was den Fall Österreich besonders macht: Während die rechtspopulistischen Parteien in anderen Ländern nur in der Opposition auftreten, war die FPÖ bereits fünfmal Teil der Regierung. Die Forscher konnten demnach nicht nur ihre Wahlprogramme oder Interviews analysieren, sondern auch, was die FPÖ bisher schon politisch umgesetzt hat.
Fünf Stränge bilden Gruber und Schnell zufolge den Kern der FPÖ-Bildungs-Agenda:
Insgesamt seien die Positionen der FPÖ im Laufe der Zeit recht konstant geblieben, stellen die Forscher fest. Manche Stränge hätten sich aber noch ausdifferenziert: Den Aspekt der Schulautonomie habe die FPÖ etwa erst nach der ersten Koalition mit der ÖVP in den 2000er-Jahren ins eigene Programm übernommen. Unterschiede lassen sich auch beobachten, abhängig davon, ob die FPÖ Teil der Regierung oder der Opposition war. “In der Opposition findet typischerweise mehr Kritik am Mainstream und dem ‘linken Bildungssystem’ statt”, sagt Politologe Gruber.
Die aktuell laufenden Koalitionsgespräche werden wohl nicht an Bildungsfragen scheitern. Davon sind Experten, aber auch Politiker überzeugt. “Gerade im Bildungsbereich sehe ich eine Vielzahl an Überschneidungen mit der ÖVP“, sagt etwa Hermann Brückl, bildungspolitischer Sprecher der FPÖ, zu Table.Briefings.
Welche Partei das Bildungsministerium letztlich leiten wird, steht noch nicht fest. Ins Spiel gebracht wurden bislang die derzeitige ÖVP-Jugend-Staatssekretärin Claudia Plakolm und der Ex-ÖVP-Politiker und Buchautor Andreas Salcher.
Auf Haushaltskürzungen konnten sich die Koalitionäre von FPÖ und ÖVP bereits einigen. Daran sind zuvor die Verhandlungen der Parteien der österreichischen Mitte gescheitert. Viel Geld für große Bildungsreformen dürfte im neuen Haushalt nicht drin sein. “Österreich hat generell ein hohes Budgetdefizit”, sagt Soziologe Schnell. Und das Bildungsbudget werde zu 85 Prozent für Lehrergehälter verwendet. Zudem sei der starke Personalmangel im pädagogischen Bereich eine Herausforderung.
Teure Bildungsreformen seien daher kaum zu erwarten, sind sich Politologen und Bildungsexperten einig. Zugewanderte und den “woken Wahnsinn” aus Schulen zu verbannen, ist da billiger – auch wenn es auf Kosten von Minderheiten geht. Die Bildungsprobleme des Landes lassen sich damit aber wohl kaum lösen.
Von Vanessa-Isabelle Reinwand-Weiss
Die Schulen in Deutschland stehen vor der Herausforderung, nicht nur finanziell und personell den ab 2026 geltenden Rechtsanspruch auf Ganztagsbildung einzulösen. Einen sinnvollen Ganztag zu gestalten, der zum Ausgleich von Bildungsungerechtigkeiten beiträgt, ist vor allem auch eine inhaltliche Aufgabe. Das Konzept einer kulturellen Schulentwicklung bietet hierfür einen sinnvollen Ansatz.
In der bildungspolitischen Diskussion der vergangenen Jahre lassen sich vor allem drei Argumente für eine ganztägige Beschulung von Kindern und Jugendlichen ausmachen:
Kulturelle Bildung kann als Konzept sinnvoll einen Ganztag füllen und die Lernqualität steigern. Kulturelle Bildung ist produktive, das heißt selbsttätige und rezeptive Allgemeinbildung in den Künsten oder mittels ästhetischer Praktiken, die auf kritische Reflexionsfähigkeit, Erfahrungen von Selbstwirksamkeit und damit Teilhabeprozesse zielt.
Gemeint ist also nicht der Ausbau der künstlerischen Schulfächer wie Bildende Kunst, Musik oder an manchen Schulen das darstellende Spiel. Sondern ein Schulalltag, der durchzogen ist von ästhetischen Praktiken wie Musizieren, Theater spielen, Tanz und Bewegung, Gestalten, dem kreativen Umgang mit digitalen Medien oder dem Besuch von Kultureinrichtungen. Das ästhetische Lernen, das auf verschiedene Fächer oder Inhalte angewendet werden kann, beinhaltet neben dem kognitiven Wissens- und Kompetenzerwerb vor allem leibliche und sinnliche Aspekte des Lernens.
Ästhetische Prinzipien wie Leiblichkeit, Emergenz und Kontingenz, die Erfahrung von Ambiguität und die bewusste Wahrnehmung der eigenen Wahrnehmung, die Sensibilisierung auf den Prozess oder die Erfahrung der eigenen Gestaltungsmacht sind Kennzeichen “guter” ästhetischer Bildung, die üblichen Bildungserfahrungen entgegenlaufen.
Eine gelingende kulturelle Schulentwicklung ist dabei angewiesen auf externe Kräfte wie kulturpädagogische Einrichtungen und Kulturinstitutionen und bringt durch tätige Künstler_innen oder Kulturvermittler_innen ästhetische Prinzipien, aber auch eine andere pädagogische Haltung, geboren aus der non-formalen Bildungsarbeit, in Schule ein. Pädagogische Prinzipien wie Ganzheitlichkeit, Stärkenorientierung, Fehlerfreundlichkeit, Partizipation, selbstgesteuertes Lernen, Freiwilligkeit und Anerkennung unterstützen eine “andere Lernerfahrung”, von der vor allem Schüler_innen profitieren können, die an klassischen schulischen Prinzipien wie Selektion und Leistungsbewertung scheitern.
Kulturelle Bildung hält damit vor allem Potenziale für Wahrnehmungs-, Ausdrucks- und Gestaltungskompetenzen, für eigene Verantwortungsübernahme und Selbststeuerung, für gesellschaftliche Teilhabe durch Teilnahme und den Umgang mit Unsicherheiten und Ambivalenzen bereit. Allesamt Kompetenzen, die im 21. Jahrhundert dringend gebraucht werden. Kulturelle Bildung eröffnet Möglichkeitsräume, in denen andere Lern- und Beziehungserfahrungen gemacht werden können als im üblichen Fächerunterricht.
Eine gut strukturierte, ästhetisch vielfältige Ganztagsbetreuung kann ein wesentlicher Schlüssel zum Ausgleich von Bildungsungerechtigkeiten sein. Die systematische Verknüpfung des Schulalltags mit unterschiedlichen (Kultur-)Partnern erfordert jedoch eine ausreichende Finanzierung der Schulen, den Abbau von bürokratischen Hürden für die Beschäftigung Externer in Schulen, somit die leichtere Personalgewinnung und eine geeignete Ausstattung und adäquate Räume.
Die Qualität des Ganztags wächst mit der Klarheit der Rollen aller am Prozess Beteiligten. Dazu braucht es eine Professionalisierung des oder der Teams sowie Zeit für die Arbeit an zwischenmenschlichen Prozessen, eine Wertschätzung der unterschiedlichen Professionen und eine Stärkung der Freiheit der Schulleitungen.
Die beste Grundlage für eine kommunal funktionierende Ganztagsbildung, in der kulturelle Bildung eine große Rolle spielt, sind kommunale Bildungslandschaften. Diese benötigen einen starken politischen Willen der Länder und Kommunen, eine Unterstützung durch den Bund sowie eine stabile und nachhaltige Zusammenarbeit unterschiedlicher Ressorts und Netzwerkstrukturen. Was eine Fokussierung auf alle Bildungs-, Kultur- und Sozialakteure in einer Stadt oder dem ländlichen Raum bedeutet.
Der Ganztag wird zunehmend zur Gretchenfrage an ein funktionierendes Schulsystem im 21. Jahrhundert, das vor zahlreichen Herausforderungen steht. Ein gutes Bildungssystem gelingt nur durch eine mutige Transformation der Lernkultur in Schulen. Kulturelle Bildung kann hierfür ein Schlüssel sein.
Literatur
Vanessa-Isabelle Reinwand-Weiss studierte Pädagogik, Theater- und Medienwissenschaften, Italoromanistik und Philosophie in Erlangen und Bologna. Sie schloss 2007 ihre Promotion an der Universität Erlangen-Nürnberg mit einer Arbeit zu Bildungs- und Lernprozessen im Theaterspiel ab. Nach einer Juniorprofessur für Kulturelle Bildung am Institut für Kulturpolitik der Universität Hildesheim ist sie seit 2012 Direktorin der Bundesakademie für Kulturelle Bildung Wolfenbüttel und lehrt als Professorin für Kulturelle Bildung weiterhin in Hildesheim. Vanessa-Isabelle Reinwand-Weiss ist Gründungsmitglied des bundesweiten Netzwerks Forschung Kulturelle Bildung sowie des Netzwerks Frühkindliche Kulturelle Bildung und war von 2013 bis 2021 Mitglied des Rats für Kulturelle Bildung.
Der Rat des Pakts für berufliche Schulen hat sich für 2025 auf zwei Schwerpunktthemen verständigt: Sprachförderung und Demokratiebildung an den beruflichen Schulen. Aus Teilnehmerkreisen heißt es, mit der Schwerpunktsetzung solle die Integrationsleistung beruflicher Schulen unterstützt werden.
Bei der Sprachförderung soll es um die Vermittlung von Deutsch als Fremdsprache gehen. Aber auch um Angebote für junge Menschen, die das deutsche Bildungssystem durchlaufen haben und immer noch sprachlichen Förderbedarf aufweisen. Mit dem Fokus auf Demokratiebildung will das Gremium Berufsschulen als Orte stärken, die die demokratische Grundordnung erlebbar machen sollen.
Am 26. Juni soll es auf Einladung des baden-württembergischen Kultusministeriums eine Fachtagung zu den Schwerpunktthemen in Stuttgart geben. Sie soll wissenschaftliche Impulse geben und Best Practices vorstellen. Aktuell wird mit 150 bis 200 Teilnehmer aus Politik und Praxis gerechnet.
Ergebnisse der Tagung sollen anschließend dokumentiert und Empfehlungen ohne politische Verbindlichkeit abgeleitet werden. Die Hoffnung ist, dass sich an die Tagung neue Arbeitsgruppen der Länder anschließen, aber auch Absprachen von Politik und Sozialpartnern oder neue Kooperationen von Schulen. Die Länder könnten etwa die Rahmenlehrpläne in Ausbildungsberufen anpassen.
Aus Teilnehmerkreisen heißt es, der Pakt für berufliche Schulen könne ein Taktgeber für die berufliche Bildung werden. Die Stärke des neuen Gremiums sei, dass es die Länder mit allen für berufliche Bildung zuständigen Bundesministerien zusammenbringt. Gleichzeitig stärke es die Verbindung von Ländern und Arbeitgebern und damit von Schulen und Betrieben, den Partnern der dualen Ausbildung.
Der Rat hieß zunächst Fachbeirat und konstituierte sich im Mai 2024. In ihm sitzen Vertreter der Bildungsministerkonferenz, der Ständigen Wissenschaftlichen Kommission, der Bundesministerien für Bildung, Wirtschaft und Arbeit, dem Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) und von Lehrer- und Sozialverbänden sowie der Bundesschülerkonferenz und der Schulträger.
Das Gremium hat sich bisher zweimal getroffen. Eine Kerngruppe trifft sich daneben häufiger, bereitet Entscheidungen vor und organisiert jetzt auch die Fachtagung. Die Arbeit von Rat und Kerngruppe bewerten Teilnehmer bislang als konstruktiv und substanziell.
Für das nächste Jahr hat der Rat das Schwerpunktthema noch nicht beschlossen. Teilnehmern zufolge wird es aber wahrscheinlich um Digitalisierung und KI in Berufsschulen gehen. Mit Blick auf den Digitalpakt II sollen didaktische Konzepte in den Blick genommen werden und die Frage, welche Ausstattung an beruflichen Schulen hilfreich ist. Anna Parrisius
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Zum 31. Dezember 2024 hat der Bund knapp 840.000 Euro für Säule I des Startchancen-Programms ausgezahlt. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine schriftliche Einzelfrage von Thomas Jarzombek hervor, dem bildungspolitischem Sprecher der CDU/CSU-Fraktion (zum Download).
In der sogenannten Bausäule investieren Bund und Länder in die Modernisierung von Lernumgebungen in Startchancen-Schulen. Knapp 200 Millionen Euro hat der Bund seit Start des Programms am 1. August für das erste halbe Jahr zur Verfügung gestellt. Jährlich will er laut Bund-Länder-Vereinbarung bis zu 400 Millionen Euro bereitstellen. Fünf Prozent des Geldes sind allerdings laut Verwaltungsvereinbarung für die “wissenschaftliche Begleitung, Evaluierung und Programmbegleitung” des auf zehn Jahre angelegten Programms reserviert.
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“Zum Ende der Legislaturperiode müssen wir feststellen, dass über 99 Prozent der Mittel aus dem Startchancen-Programm für moderne Bildungseinrichtungen nicht abgeflossen sind”, sagte Jarzombek. Der Unionspolitiker fragte das BMBF auch, ob der Bund Geld, das er 2024 für Säule I eingeplant und nicht verausgabt hat, zur Bewirtschaftung der Globalen Minderausgabe einsetzen wird.
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Dazu schrieb die Parlamentarische Staatssekretärin, Claudia Müller, in ihrer Antwort: “Die Höhe endgültig nicht verausgabter Haushaltsmittel sowie die Entscheidungen über die Bewirtschaftung werden Gegenstand der Haushaltsrechnung für das Jahr 2024 sein.” Konkrete Angaben ließen sich noch nicht machen. Die mit den Ländern getroffene Vereinbarung zur Gewährung der Mittel sei davon aber unberührt. Anna Parrisius
Der Bildungsausschuss im Brandenburgischen Landtag wird nach der Nichtwahl des AfD-Kandidaten Dominik Kaufner wohl dauerhaft keinen Vorsitzenden haben, erfuhr Table.Briefings. Der frühere Gymnasiallehrer Kaufner war am Mittwoch in drei Wahlgängen durchgefallen. CDU und SPD hatten bereits im Vorfeld angekündigt, gegen ihn stimmen zu wollen. Das BSW hatte erklärt, sich enthalten zu wollen. Wahlberechtigt waren nur die Ausschussmitglieder. Im dritten und letzten Wahlgang hatten drei Abgeordnete für Kaufner gestimmt, fünf gegen ihn. Eine Person enthielt sich.
Die Wahl wurde von Protesten gegen Kaufner begleitet. Etwa 400 Demonstranten warfen ihm vor dem Landtag rechtsextreme Ansichten vor. Kaufner hatte nach einem Bericht des RBB versucht, mit einer Kamera und einem Mikrofon Teilnehmer der Demonstration zu befragen. Die Polizei habe dies unterbunden.
CDU-Fraktionschef Jan Redmann hatte im Einvernehmen mit der SPD erklärt, die Nähe Kaufners zum Rechtsextremismus sei unbestreitbar. Für das BSW begründete Fraktionschef Niels-Olaf Lüders die Enthaltung so: “Wir stehen für eine neue Sachlichkeit“, sagte er. Seine Partei wolle “nicht zwingend” die Einschätzung des Verfassungsschutzes übernehmen.
Dass ein Ausschussvorsitz vakant bleibt, um einen AfD-Kandidaten zu verhindern, ist nicht ungewöhnlich. Im Bundestag sind mehrere dieser Posten deswegen unbesetzt. Dort übernehmen die Stellvertreter kommissarisch die Aufgaben des Vorsitzenden. Auch im brandenburgischen Landtag wurde etwa der Wissenschaftsausschuss in der vergangenen Wahlperiode von der Stellvertretung geleitet.
In Sachsen hingegen wurde der AfD jetzt zugesagt, unter anderem den Bildungsausschuss leiten zu können. Als Kandidatin gilt die Malermeisterin Romy Penz, die dem Ausschuss schon in der vergangenen Legislatur vorsaß. Thorsten Denkler / Vera Kraft
Die FDP-Bundestagsfraktion unterstellt Bildungsminister Cem Özdemir (Grüne) und seinem Staatssekretär Stephan Ertner unterschwellig einen Interessenkonflikt in den Verhandlungen mit den Ländern zum Digitalpakt II.
In einer kleinen Anfrage an die Bundesregierung vom 8. Januar, die jetzt bekannt wurde, will die Fraktion wissen, “welche Einschätzung und welche Erkenntnisse” der Regierung zu einem möglichen Interessenkonflikt von Özdemir vorliegen. Die Fraktion begründet ihren Verdacht mit dem Umstand, dass Özdemir das Amt des Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg anstrebe, und mit dem “verschwindend geringen” Anteil der für Bildung zuständigen Länder an der Finanzierung des Digitalpakts II.
Bund und Länder hatten sich kürzlich drauf geeinigt, zusammen fünf Milliarden Euro in einen zweiten Digitalpakt zu investieren. Der Bund will dafür 2,5 Milliarden Euro bereitstellen. Die Länder sind hingegen nur bereit, sich mit knapp 500 Millionen Euro an frischem Geld zu beteiligen. Der Rest soll über die Anrechnung von Digitalisierungsausgaben zusammenkommen, die die Länder bereits leisteten.
In dem Zusammenhang stellt die FDP-Fraktion auch die Eignung von Ertner infrage. Sie will etwa wissen: “Welche bildungspolitische und berufliche Vorerfahrung spezifisch mit dem Digitalpakt Schule bringt der federführende Staatssekretär mit?” Und wie sich “ein möglicher Mangel an einer solchen Vorerfahrung” auf die Verhandlungsposition des Bundes ausgewirkt habe. Sie sieht auch einen Interessenskonflikt darin, dass Ertner als Dienststellenleiter der Landesvertretung von Baden-Württemberg bis vor wenigen Wochen noch “beruflich die Interessen des Landes Baden-Württemberg gegenüber dem Bund vertreten” habe. tde
Research.Table. Wie Özdemir die Fördermittel-Affäre weiter aufklären will. Bevor sich der Forschungsausschuss in zwei Wochen noch einmal mit der Fördermittel-Affäre beschäftigt, ist Cem Özdemir (Grüne) gefragt. Der Bildungs- und Forschungsminister hatte Aufklärung angekündigt, die nun in mehreren Schritten angestoßen werden soll. Mehr lesen Sie hier.
Research.Table. Forschung und Innovation in einem Ressort bündeln. Deutschlands Innovationssystem leidet unter mangelnder Zusammenarbeit zwischen BMBF und BMWK. Nach 25 Jahren erfolglosen Experimenten sei die Umsetzung von Forschung in wirtschaftliche Anwendungen inzwischen massiv erschwert, kritisiert Dietmar Harhoff, Direktor am Max-Planck-Institut für Innovation und Wettbewerb. Mehr lesen Sie hier.
Research.Table. Ina Czyborra – Wissenschaftssenatorin mit Beschützerinstinkt. Die Wiederholungswahl zum Berliner Abgeordnetenhaus brachte der SPD-Politikerin Ina Czyborra den Posten als Senatorin für Wissenschaft, Gesundheit und Pflege. Ihr Verständnis für Hochschulen und Forschungsbelange ist groß. Nun muss sie jedoch einen Sparkurs fahren. Mehr lesen Sie hier.
dpa: Neutralitätsgebot in Schulen in NRW vor der Wahl. In einem Erlass des Bildungsministeriums von Nordrhein-Westfalen werden Schulen vor den Wahlen zu politischer Zurückhaltung aufgefordert. Auch bei der Organisation von Podiumsdiskussionen seien die Parteien gleichzubehandeln. Die Oppositionsparteien SPD und FDP kritisieren beide den Erlass. Auch die GEW schließt sich der Kritik an. Schule dürfe nicht neutral gegenüber Verfassungsfeindlichkeit sein. (Schuldebatten vor der Bundestagswahl erlaubt – aber neutral)
Tagesspiegel: Handyverbot an Berliner Schulen. Vier Berliner SPD-Jugendstadträte fordern ein einheitliches und berlinweites Handyverbot an Schulen. Die Handynutzung solle während der gesamten Schulzeit, auch beispielsweise in Oberstufenzentren, untersagt sein. Es solle nur einzelne Ausnahmen für Unterrichtszwecke geben. Insbesondere die Sorge vor Cybermobbing sei groß. Die SPD-geführte Bildungsverwaltung verweist auf die Eigenverantwortlichkeit der Schulen. (“Situation unverantwortlich”: SPD-Jugendstadträte fordern umfassendes Handyverbot an Berliner Schulen)
Kölner Stadtanzeiger: (Noch) unerreichte Ziele der Agenda 2030 der Weltgemeinschaft. Das Ziel der Bundesregierung, in Umsetzung der UN-Nachhaltigkeitsziele die Zahl junger Menschen ohne Abschluss auf neun Prozent zu reduzieren, ist noch nicht erreicht. Bisher liegt ihre Zahl noch bei zwölf Prozent. Auch ist die Bildung für nachhaltige Entwicklung kaum im Schulalltag angekommen. Nur an sieben Prozent der Schulen ist Nachhaltigkeit Thema in allen Fächern. Das Bündnis Zukunftsbildung rechnete 2023 damit, dass bis 2025 16,3 Milliarden Euro investiert werden müssen, damit zukunftsfähige Bildung an allen Schulen umgesetzt werden kann. (So ist es um die Ziele der Agenda 2030 bestellt)
dpa: Öffentliche Mitarbeit am sächsischen Kita-Plan. Anlässlich der Entwicklung eines neuen sächsischen Kita-Bildungsplans können Eltern, Erzieher, Kita-Leitungen und Fachverbände über ein Online-Portal Verbesserungsvorschläge und Wünsche einreichen. Ausgehend von dem Feedback soll Ende 2025 der Kita-Bildungsplan feststehen. Experten halten Verbesserungen der frühkindlichen Bildung für notwendig, um dem starken Leistungsrückgang bei den Basiskompetenzen Lesen, Rechnen und Schreiben entgegenzuwirken. (Neuer Kita-Bildungsplan – Eltern können sich beteiligen)