es rumort auf der Didacta. Am Eröffnungstag gab es Proteste, wie sie Deutschlands größte Bildungsmesse lange nicht gesehen hat. Der Stand der AfD sorgt für Missfallen. Wir berichten in diesem Newsletter darüber.
Wie gut aber, dass das Thema der Messe Demokratiebildung ist. Dank der AfD kann sich vor Ort jeder selbst davon überzeugen, dass das kein Randthema in der Schule sein darf. Sondern vielmehr überlebensnotwendig für diese Demokratie ist.
Es gibt noch andere Baustellen im Bildungssystem. Eine lautet: datenbasierte Schulentwicklung. Darüber hat mein Kollege Holger Schleper intensiv mit der niedersächsischen Bildungsministerin Julia Willie Hamburg von den Grünen gesprochen. Das Interview sollten Sie unbedingt unter “must read” abspeichern.
Außerdem dürfen wir aus der beruflichen Bildung sowohl einen Erfolg also auch eine überraschend schleppende Entwicklung berichten. Es geht um Azubis in der Begabtenförderung und um die Ausbildungsgarantie. Aber lesen Sie selbst.
Bleiben Sie uns gewogen.
Frau Hamburg, Sie haben angekündigt, dass es in Niedersachsen eine Schüler-ID geben wird. Wann kommt sie?
Ein konkretes Einführungsdatum kann ich nicht nennen. Wir sind gerade im Gespräch mit dem Landesdatenschutzbeauftragten. Viele haben Sorge, dass es den gläsernen Schüler geben wird. Diese Angst kann ich nehmen, denn das ist nicht unsere Absicht. Die Schüler-ID soll gewährleisten, dass kein Schüler verloren geht. Und dann stellt sich die Frage, welche Daten wir genau speichern, sodass das Ganze einen Mehrwert hat, ohne zu sehr in die Persönlichkeitsrechte einzugreifen. Darüber hinaus müssen wir klären, wie sich Daten mit Dritten austauschen lassen, etwa mit den Jugendberufsagenturen.
Was erhoffen Sie sich von einer Schüler-ID?
Wir haben in der Corona-Pandemie gesehen, dass es Jugendliche gibt, die sich von weiterführenden Schulen abmelden, aber nicht an einer anderen Schule wieder anmelden. Sie sind aus dem System herausgefallen. Das wollen wir verhindern. Wenn Schülerinnen und Schüler bis zum ersten Abschluss quasi mit einer ID angemeldet sein müssten, wüssten wir immer, ob wir eine Person suchen und uns besonders kümmern müssen, um sie zu einem Abschluss zu begleiten.
Im aktuellen System gibt es also die Möglichkeit, trotz Schulpflicht eine Schule zu verlassen, ohne an einer anderen angemeldet zu sein?
Ja, das ist eine Lücke, die es zu schließen gilt. Beispielsweise durch Umzug von Schülerinnen und Schülern kommt es regelmäßig zu Abmeldungen von einer Schule. Es gibt derzeit aber keine Möglichkeit zu prüfen, ob auch eine Anmeldung an einer anderen Schule erfolgt. Insofern erhoffen wir uns durch die Schüler-ID, dass wir solchen Fällen schneller entgegenwirken können und uns somit künftig keine Schülerinnen und Schüler mehr aus dem System fallen.
Was genau wollen Sie speichern?
Wir prüfen derzeit, den Schülerinnen und Schülern eine Nummer zu geben, die nur besagt, das ist die Person und sie geht auf diese Schule. Das ist das Mindestprogramm. Aus den genannten Gründen ist genau das an den weiterführenden Schulen aber sehr relevant.
Die Idee einer Schüler-ID gibt es seit Jahrzehnten. Was bremst die Umsetzung aus?
Bei der Einführung einer Schüler-ID, wie ich sie beschrieben habe, sind an erster Stelle Datenschutzfragen zu klären. Ich hoffe, dass wir die ewigen Schleifen jetzt durchbrechen.
In einem viel beachteten, parteiübergreifenden Papier der drei Kultusministerinnen Stefanie Hubig (SPD), Karin Prien (CDU) und Theresa Schopper (Grüne) geht es auch um eine neue “Kultur der Evaluation” im Bildungssystem.
Ich kann dem sehr viel abgewinnen. Die Frage regelmäßiger Evaluationen ist eine anhaltende Debatte im Land. Es gibt Lehrkräfte, die nicht wollen, dass man in ihr Klassenzimmer schaut. Und Eltern fürchten, dass ihr Kind stigmatisiert wird. Diese Sorgen müssen wir ihnen nehmen. Es ist sinnvoll, Bildungsverläufe systematisch und anonymisiert zu erfassen. Auf unserer Ebene geht es nicht darum, Laras oder Mehmets individuellen Bildungsverlauf zu kennen. Aber wenn es ein systematisches und nachhaltiges Monitoring gibt, lässt sich ableiten, um welche Schule wir uns intensiver kümmern und wo Lehrkräfte gezielt Fortbildungsangebote erhalten sollten. Das ist kein Stigma, sondern eine Frage von Qualitätsentwicklung. Internationale Vergleichsstudien führen uns regelmäßig den Handlungsbedarf an den Schulen vor Augen. Aber was folgt danach?
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Sie betonen den Wert der datengestützten Schulentwicklung. Niedersachsen ist 2019 allerdings aus den VERA-Vergleichsarbeiten ausgestiegen.
Die VERA-Arbeiten waren in Niedersachsen sehr unbeliebt. Mein Vorgänger hat sie abgeschafft. Die Kritik der Schulen und Lehrkräfte in Kurzform: Wir geben irgendwo etwas hin, dann gibt es irgendwas zurück und ich kann damit nichts anfangen. Also wie kommen wir dahin, dass das Ganze für die Schulen einen Mehrwert erzeugt? Ich glaube, die Offenheit für diese Debatte ist da.
Was heißt das in der Praxis?
Wir beginnen jetzt, die Vergleichsarbeiten an den Startchancen-Schulen zu implementieren. Und die Perspektive ist, dass wir sie für alle Schulen wieder einführen. VERA hat sich in den letzten Jahren weiterentwickelt und wird es in den nächsten Jahren noch weiter tun – auch mit Hinweisen für die Schulen und Lehrkräfte, wie sie auf die Ergebnisse der Klassen reagieren können. Das schafft einen echten Mehrwert für die Schulen. Und durch das digitale Format braucht es auch keine umfassenden Korrekturen. Durch die Evaluierung und die wissenschaftliche Begleitung im Startchancen-Programm haben wir die Möglichkeit, mit den Schulen regelmäßig nachzusteuern, Konsequenzen zu ziehen und einen produktiven Schulentwicklungsprozess zu gestalten. Das kann einen Knoten lösen. Die Startchancen-Schulen können zeigen, welchen Mehrwert die datengestützte Schulentwicklung hat und dass sie zur Entlastung beiträgt.
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In Niedersachsen gibt es 400 Startchancen-Schulen. Sie sind in 21 Netzwerken organisiert, dazu kommen die wissenschaftliche Begleitung und Evaluation. Wie stellen Sie sicher, dass die Schulen nicht in Verwaltungsarbeiten untergehen?
Vorweg: Ich besuche gerade die ausgewählten Schulen und höre mir an, wie der Aufbau läuft. Mein Eindruck ist, dass die Schulen sehr motiviert sind. Aber klar ist auch: Ohne die Steuerung in den Netzwerken, ohne Unterstützung und Fortbildung geht es nicht. Bundesprogramme bedeuten immer auch viel Verwaltung. Am Ende darf der administrative Aufwand aber nicht zum Startchancen-Stimmungskiller werden. Deshalb versuchen wir, ihn von den Schulen bestmöglich fernzuhalten.
Wie genau?
Wir haben pro Netzwerk eine Person, die es leitet. Und diese Personen für die schulfachliche Begleitung nehmen wir nicht den Schulen weg, sondern finanzieren sie aus dem Overhead-Anteil im Bundesprogramm. Zudem gibt es zehn Stellen in Lüneburg im regionalen Landesamt, die nur administrative Aufgaben für die Schulen übernehmen. Belege scannen, einreichen, Rechenschaftsberichte koordinieren: Wir möchten, dass die Schulen möglichst nur Dinge zuliefern müssen.
In Säule drei des Startchancen-Programms erhalten die Schulen bundesweit Gelder in Milliardenhöhe für multiprofessionelle Teams. Woher sollen diese Fachkräfte kommen?
In Niedersachsen ermöglichen wir den Schulen, Stellen für Schulsozialarbeit auszuschreiben. Das ist das Erste, was sie versuchen sollen. Darüber hinaus stellen wir ihnen aber frei, auch anderes Personal einzustellen. Denn manchmal brauchen Schulen etwas anderes. Und natürlich wissen wir auch, dass es in manchen Bereichen gar nicht genug Personal gibt.
Zur Personalfrage passt, dass es in Niedersachsen gerade ein Modellprojekt für Verwaltungsassistenzen an Schulen gab. 21 Stellen sollten dabei verstetigt werden. Ist das geschehen?
Ja, ist es. Das waren am Ende aber nicht 21, weil nicht jede Schule Personal finden konnte. Das ist eine der Lehren: Es warten nicht 100.000 Verwaltungskräfte darauf, an Schulen arbeiten zu können. Den Fachkräftemangel gibt es nicht nur bei Lehrkräften. Bestätigt hat sich auch, dass Schulen für ihre Unterstützung sehr unterschiedliche Dinge brauchen. Die Verwaltungsassistenzen haben einige Schulen spürbar entlastet. Andere Schulen wünschen sich eher eine Person für die IT-Administration. Wir arbeiten gerade an einem Erlass zu den Berufsbildern für Assistenzen. Der jetzige stammt aus den 1980ern. Wir setzen auf drei Berufsbilder: für Verwaltung, IT und Technik.
Mit dem Startchancen-Programm soll die Zahl der Schüler, die die Mindestkompetenzen in Mathematik und Deutsch nicht erreichen, halbiert werden. In Wissenschaftskreisen hört man häufig, dass dieses Ziel zu ambitioniert ist. Was denken Sie?
Noch kann ich das schwer einschätzen. Fest steht für mich: Das Startchancen-Programm allein löst nicht die Probleme. Es geht um eine grundsätzlich neue Form der Schulentwicklung. Wie denken wir die Aufgaben der Schule zum Beispiel zusammen mit der Jugend- und Familienhilfe? Genau diese sozialräumliche Komponente ist im Programm angelegt. Meines Erachtens ist das einer der Schlüssel für das Gelingen. Die Herausforderungen dürfen kein Thema der Schulen allein bleiben. Für die Zielsetzung gilt: Wir müssen uns die Latte hochlegen – auch, um dann hoch genug zu springen. Und politisch betrachtet kann uns eine Reduzierung um 50 Prozent eigentlich noch nicht zufriedenstellen.
Dutzende Demonstrierende haben am Dienstag auf der Didacta gegen den AfD-Stand protestiert. Sie blockierten zeitweise den Stand der Partei und riefen: “Es gibt kein Recht auf Nazipropaganda.” Sie hielten zudem Schilder mit der Aufschrift “Diensteid verpflichtet” hoch.
Angeführt wurde der Protest von Fabian Schön, Generalsekretär der Bundesschülerkonferenz. Er hatte zuvor während der Eröffnung der Didacta unangekündigt die Bühne betreten und erklärt, auf der Messe dürfe es “keinen Platz für Extremismus und Intoleranz” geben. Die Bundesschülerkonferenz gehörte zu den Initiativen, die im Vorfeld gefordert hatten, die AfD von der Veranstaltung auszuschließen.
Unterstützung erhielt Schön von der Journalistin Natalie Amiri, die die Eröffnungsrede hielt. Sie sagte, sie habe überlegt, ob sie die Messe boykottieren solle, sich dann aber entschieden, die Gelegenheit für eine klare Botschaft zu nutzen. Demokratie sei “eine seltene Kostbarkeit”, die “unseren Schutz” verdiene, sagte Amiri.
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Baden-Württembergs Bildungsministerin Theresa Schopper (Grüne) sagte: “Lehrkräfte müssen für die Demokratie einstehen, Lehrkräfte brauchen demokratische Grundsätze.” Sie sprach sich gegen eine “falsch verstandene Neutralität” aus und verwies auf den Beutelsbacher Konsens, der Lehrkräften zwar verbiete, Schülerinnen und Schülern eine Meinung aufzuzwingen, aber nicht verlange, sich gegenüber demokratiefeindlichen Positionen neutral zu verhalten.
Theodor Niehaus, Präsident des Didacta-Verbands, zeigte Verständnis für die Forderung, die AfD von der Messe auszuschließen. Dies sei rechtlich aber nicht möglich: “Wir können die Kritik nachvollziehen”, sagte er. “Wir dürfen Parteien nicht ausschließen.” Neben der AfD sind auch CDU, Grüne, FDP, Die Linke und Volt mit Ständen in Halle 7 vertreten. Die Didacta, zu der rund 60.000 Besucher erwartet werden, läuft noch bis Samstag. Thorsten Denkler
Die Zahl der grundständig ausgebildeten Lehrkräfte wird bis Mitte der 2030er-Jahre nicht ausreichen, um den Bedarf zu decken. Das geht aus dem Bericht zum Lehrkräftebedarf und -angebot für den Zeitraum 2024 bis 2035 hervor, den die Kultusministerkonferenz (KMK) am Dienstag veröffentlicht hat.
Vor allem im Sekundarbereich I und II sowie in den beruflichen Schulen bestehe ein erheblicher Mangel. In der Grundschule und im sonderpädagogischen Bereich werde sich die Lücke ab 2026 schließen.
Mit neuen Ausbildungswegen und verbesserten Qualifizierungsangeboten für Quereinsteiger wollen die Länder mehr Flexibilität schaffen. So sollen neue Zielgruppen für den Lehrerberuf gewonnen werden.
Im März 2024 verständigte sich die damalige KMK auf eine Flexibilisierung der Qualifizierungswege und die Einführung neuer Programme wie Quereinstiegs-Masterstudiengänge und duale Lehramtsstudiengänge. Bereits seit Juni 2022 arbeitet die Ständige Wissenschaftliche Kommission an Empfehlungen zur Verbesserung der Lehrkräftebildung. Thorsten Denkler
Fast drei von vier Lehrkräften kehren der Schule noch vor der Rente den Rücken. Im Schuljahr 2023/24 schieden demnach bundesweit 37.000 Lehrkräfte aus, davon rund 10.200 altersbedingt und 26.800 aus anderen Gründen. Das zeigt eine neue Studie des Forschungsinstituts für Bildungs- und Sozialökonomie (FiBS), die an diesem Mittwoch veröffentlicht wird und Table.Briefings vorab vorlag.
Jährlich scheiden rund 5,4 Prozent des Gesamtbestands der Lehrkräfte dauerhaft aus. Vor zehn Jahren hörte knapp die Hälfte davon altersbedingt auf. Im Schuljahr 2023/24 waren es wie auch im Jahr zuvor nur noch 28 Prozent – 72 Prozent der ausscheidenden Lehrer verließen die Schule aus anderen Gründen.
Wie viele Lehrerinnen und Lehrer aus welchen Gründen austreten, variiert stark je nach Bundesland. Besonders viele dauerhaft ausscheidende Lehrkräfte gibt es in Mecklenburg-Vorpommern. Im Schuljahr 2023/24 waren es 9,4 Prozent des Bestandspersonals. Und nur die wenigsten von ihnen gingen in den Ruhestand. Rund sechs Prozent der Abgänge in Mecklenburg-Vorpommern war altersbedingt, vier Prozent wegen Dienst-, Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit. Fast 90 Prozent verließen die Schule aus sonstigen Gründen dauerhaft.
Auch in anderen ostdeutschen Bundesländern quittieren überdurchschnittlich viele Lehrkräfte den Schuldienst – meist nicht aus Altersgründen. Die niedrigsten Anteile an dauerhaft ausscheidenden Lehrkräften hatten im Schuljahr 2023/24 Hamburg und Hessen mit drei Prozent. Auffällig ist in diesen beiden Ländern: Knapp 45 Prozent der permanent ausscheidenden Lehrkräfte gehen in den Ruhestand.
Die Analyse zeigt, wie über einen Zeitraum von knapp 15 Jahren die Zahl der altersbedingten Abgänge kontinuierlich sinkt, während die Zahl der vorzeitigen Austritte stark zunimmt. “Wenn sich dieser Trend zukünftig fortsetzt, ist bald eine Relation von eins zu drei zu erwarten”, sagt Studienautor und FiBS-Direktor Dieter Dohmen.
“Der Lehrkräftemangel wird auf absehbare Zeit nicht verschwinden”, sagt Dohmen zu Table.Briefings. Der Geburtenrückgang und die damit sinkende Schülerzahl könne die Abgänge nicht ausgleichen. Dohmen geht davon aus, dass die hohe Belastung von Lehrkräften die Hauptursache für das vorzeitige Ausscheiden ist. Lehrkräfte sollten daher dringend entlastet werden, fordert Dohmen. Vera Kraft
Im ersten Jahr des Politprojekts “Begabte Auszubildende und Fachkräfte in der Förderung der Begabtenförderungswerke” (BAFF) haben im vergangenen Jahr 312 Azubis ein Stipendium in einem Begabtenförderungswerk bekommen. Das geht aus der Antwort des Bundesbildungsministeriums auf eine schriftliche Frage des FDP-Abgeordneten Jens Brandenburg hervor, die Table.Briefings vorliegt.
Den 312 Stipendien standen nach den Zahlen des BMBF fast 1.400 Bewerbungen gegenüber. Die aufgenommenen 312 Auszubildenden kommen aus mehr als 100 Berufen – ganz oben stehen die kaufmännischen Berufe mit 24 Stipendiaten, gefolgt von 21 Mechatronikern. Die 1.362 Bewerbungen stammen aus mehr als 200 Berufen. Auch hier stehen die kaufmännischen Berufe mit 116 Bewerbungen an erster Stelle. Pflegeberufe folgen auf Platz zwei mit 91 Bewerbungen.
Die meisten Stipendien konnten mit 52 Plätzen die CSU-nahe Hanns-Seidel-Stiftung und mit 50 Plätzen die gewerkschaftsnahe Hans-Böckler-Stiftung vergeben. Die Böckler-Stiftung verzeichnete mit 354 Anfragen die meisten Bewerbungen, gefolgt von der katholischen Studienförderung Cusanuswerk mit 207 Bewerbungen.
Mit dem vom BMBF und diversen Berufsverbänden geförderten Pilotprojekt sollen zunächst rund 1.000 Stipendien an begabte Auszubildende vergeben werden – aufgeteilt auf die drei Aufnahmejahrgänge 2024, 2025 und 2026. Die Stipendien haben jeweils Laufzeiten von bis zu drei Jahren.
Brandenburg wertet die Zahlen als Erfolg des Pilotprojekts. “Auf Anhieb über 1.300 Bewerbungen gleich zu Beginn der Pilotphase übertreffen auch meine eigene Erwartung”, sagt Brandenburg zu Table.Briefings. Die Vielfalt der Berufe zeige, wie “groß das Interesse in der Breite der beruflichen Bildung” sei. Viel zu lange seien Talente in der beruflichen Bildung “nicht als solche anerkannt und zu wenig gefördert” worden. Die Öffnung der Begabtenförderungswerke sei “ein erster Schritt, das zu ändern”. Thorsten Denkler
Erste Daten der Bundesagentur für Arbeit (BA) deuten darauf hin, dass die sogenannte Ausbildungsgarantie der Ampel bisher nur geringe Effekte auf den Ausbildungsmarkt hatte (BA-Bericht, S. 12). In den 22 der 150 Agenturbezirke, in denen eine Unterversorgung mit Lehrstellen festgestellt wurde, nahmen kaum mehr junge Menschen eine außerbetriebliche Ausbildung auf. Von August bis Oktober 2024 waren es 1.700, gut 100 mehr als im gleichen Zeitraum 2023. In zwölf dieser Agenturbezirke hätten sogar weniger Jugendliche ihre Lehre in einer außerbetrieblichen Einrichtung begonnen. Das BMAS hatte im Gesetzesentwurf 7.000 zusätzliche Plätze jährlich ab 2024 veranschlagt.
Mit der von der Ampel eingeführten Ausbildungsgarantie können seit August Jugendliche, die nachweislich keine Stelle finden, außerbetrieblich ausgebildet werden. Bisher war das Jugendlichen nur in besonderen Fällen vorbehalten, etwa wenn sie eine Lernbeeinträchtigung oder Verhaltensauffälligkeit aufweisen. Warum jemand eine außerbetriebliche Ausbildung beginnt, erfasst die BA-Statistik nicht.
Die BA liefert zudem Daten zu zwei Förderinstrumenten der Ausbildungsgarantie, die bereits seit April 2024 in Kraft sind:
Bernd Fitzenberger, Direktor des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, sieht mehrere mögliche Gründe für die geringen Effekte:
Eigentlich, sagte Fitzenberger, könnten die neuen Förderinstrumente eine positive Wirkung entfalten. Denn die Betriebe haben 2024 aufgrund der schwächelnden Wirtschaft weniger Lehrstellen angeboten, gleichzeitig gab es mehr interessierte Bewerber.
Bundesweit ist die Zahl neu abgeschlossener außerbetrieblicher Ausbildungen im Zeitraum von August bis Oktober 2024 um vier Prozent auf 6.100 gesunken. Es kann also nicht die Rede davon sein, dass die außerbetriebliche Ausbildung die reguläre Ausbildung in den Betrieben verdrängt – ein häufiger Kritikpunkt der Arbeitgeber. Anna Parrisius
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Im Rahmen des AI Action Summit, der am Dienstag in Paris endete, hatte sich bereits am vergangenen Freitag ein Panel des französischen Bildungsministeriums mit der Rolle von KI in der Bildung befasst. Auf dem Podium in Paris erklärte OECD-Bildungsdirektor Andreas Schleicher unter anderem, KI sei keine “magische Kraft”, sondern ein “unglaublicher Beschleuniger”.
Sie könne sowohl positive als auch negative Auswirkungen haben: “KI kann dich als Lehrer zu einem Designer erstaunlicher Lernumgebungen machen. Oder dich zum Sklaven von vorgegebenen Algorithmen und Unterrichtsplänen machen”, sagte Schleicher. KI habe das Potenzial, Bildung inklusiver zu gestalten, etwa für Menschen mit Legasthenie, indem sie ein “Level Playing Field” schaffen könne. Die Technologie könne Ungleichheiten aber auch verstärken.
Schleicher unterstrich die Notwendigkeit, Lehrer aktiv in den Entwicklungsprozess von KI-Lösungen einzubeziehen: “Wenn wir die Lehrer nicht in die Gestaltung dieser Lösungen einbeziehen, werden sie uns bei der Umsetzung nicht helfen.” Die Bildungssysteme reagierten aus seiner Sicht oft zu langsam auf Veränderungen. Südkorea sei ein Beispiel, wie es besser gehe. Dort seien Lehrer in Forschungs- und Entwicklungsteams eingebunden, um aktiv an der Gestaltung und Implementierung von Technologien mitzuwirken.
Neben Schleicher saßen auf dem Podium Audran Le Baron vom französischen Bildungsministerium, Georgi Dimitrov, Leiter der “Digital Education Unit” der Europäischen Kommission, Villano Qiriazi, Direktor der Bildungs-Division des Europäischen Rates, und der AI-Bildungsexperte Colin de la Higuera von der Nantes Université. Die Diskussion wurde aufgezeichnet und lässt sich hier in voller Länge anschauen. Thorsten Denkler
Dreidimensionale Parallelwelten und Avatare – als Martin Hüppe Anfang der 1980er-Jahre zum Politikstudium aus Duisburg nach Berlin zog, war das Internet noch in den Kinderschuhen und solche Entwicklungen waren weit entfernt. “Aber sie wurden schon vorgedacht”, sagt Hüppe, der inzwischen einer von drei Geschäftsführern der IServ GmbH ist – einem Anbieter von Schulsoftware.
Manche Ideen seien einfach so stark, dass sie sich irgendwann durchsetzen werden, ist er überzeugt. Im Bildungssystem, gerade in Deutschland, dauere das leider immer recht lang. Nichtsdestoweniger oder vielleicht gerade deshalb zieht sich das Vorantreiben digitaler Entwicklung wie ein roter Faden durch Hüppes Lebenslauf.
Nach seinem Politikstudium an der Freien Universität in Berlin begann er 1994 beim Cornelsen Verlag zu arbeiten. “Das war eine aufregende Zeit”, erinnert sich Hüppe – sowohl in Berlin als auch beruflich. Eines seiner ersten Projekte sei die Entwicklung von Materialien zum Erlernen von Microsoft Office gewesen. Informatik hatte er sich während des Studiums selbst beigebracht. “Ich war der erste, der im Bereich Software bei Cornelsen irgendetwas pünktlich entwickelt und auf den Markt gebracht hat”, sagt er. Von da an ging es karrieretechnisch bergauf. 1998 wurde er Abteilungsleiter für “Neue Medien”, 2001 Geschäftsführer des Cornelsen Verlags.
Er habe viel ausprobieren dürfen und wurde gefördert, zum Beispiel von Fritz von Bernuth, dem damaligen Geschäftsführer der Cornelsen Holding. Einige Projekte funktionierten, andere eben nicht. “Ich habe auch einige Projekte in den Sand gesetzt”, sagt Hüppe. Für manche Ideen sei die Zeit einfach noch nicht reif gewesen – etwa für eine dreidimensionale Lerncommunity mit Avataren oder Edutainment-Software, die spielerisches Lernen ermöglichen sollte. Umsonst sei jedoch nichts gewesen. Von den Erfahrungen profitiere er immer wieder.
Nach knapp 20 Jahren verließ Hüppe 2014 Cornelsen, um einen neuen Weg einzuschlagen. Beim Ernst Klett Verlag, wo er anschließend als Geschäftsführer anfing, blieb er nur ein Jahr. Es folgten Stationen als Geschäftsführer vom “Bündnis für Bildung” und parallel des Didacta Verbands. Hüppe wollte die Verbände fusionieren. Die “digitale” Kultur des “Bündnis für Bildung” habe aber nicht zum Didacta Verband gepasst.
2017 warben ihn dann die Gründer von IServ an. Das aufstrebende Unternehmen suchte Verstärkung, um den Draht zur Bildungsverwaltung und -politik auszubauen. Seitdem verbringt Hüppe viel Zeit auf Konferenzen, in Behörden, mit Schulträgern, Schulleitungen und Bildungspolitikern und versucht, sie von der IServ Schulplattform zu überzeugen – mit Erfolg. Über die Plattform können sich Schulen digital organisieren. Von der Kommunikation bis zum Geräte- und Netzwerkmanagement – alles DSGVO-konform.
2024 sei das bislang beste Jahr für ihr Unternehmen gewesen und auch 2025 werde das Unternehmen weiter wachsen. Durch den Kauf der Münchener EdTech-Firma Virality GmbH konnten sie ihr Angebot erweitern – zum Beispiel durch ein digitales Klassenbuch – und sich KI-Spezialisten ins Haus holen. In Sachsen-Anhalt und anderen ostdeutschen Bundesländern will IServ noch einige Schulen und ihre Träger neu ausstatten. Darüber hinaus entwickelt IServ gemeinsam mit Rheinland-Pfalz und Hamburg aktuell ein einheitliches digitales System für die jeweilige Bildungsverwaltung und die jeweiligen Schulen.
Zu oft habe die Bildungsverwaltung in Deutschland versucht, selbst IT zu machen, also selbst konzipierte Systeme in Eigenregie zu entwickeln, findet Hüppe. Auch Doppelstrukturen zwischen Ländern und Schulträgern gebe es zu viele. “Das Bildungssystem spielt Wirtschaft, statt die Rahmenbedingungen für etablierte Unternehmen zu setzen”, sagt Hüppe. Das sei ein großes Problem und führe zur massiven Verschwendung von Steuermitteln.
Immerhin habe der Digitalpakt dazu geführt, dass wichtige Bildungsakteure – von Bundesländern über Schulträger bis zu EdTechs – ins Gespräch gekommen sind. Trotzdem gehe es noch sehr langsam voran. “Manchmal ist es Sisyphusarbeit”, sagt Hüppe. Wenn ihn diese frustriert, setzt er sich in sein Kajak und paddelt auf der Spree. Das sei ein guter Ausgleich, sehr kontemplativ. Vielleicht ist es auch ein weiterer Ort, wo Hüppe manchmal schneller als der Strom ist. Caroline Becker
Research.Table. Die neue WMK-Präsidentin Bettina Martin im Interview: “Auch in Deutschland gibt es eine Partei, die sich mit wissenschaftsfeindlichen Tönen hervortut.” Das sagt die SPD-Politikerin aus Mecklenburg-Vorpommern mit Verweis darauf, dass Trump-Angriffe auf die Wissenschaft in den USA auch in Europa genau beobachtet werden müssen. Mehr lesen Sie hier.
Research.Table. Plagiatsvorwurf gegen Robert Habeck: Kein wissenschaftliches Fehlverhalten festzustellen. Zu dem Ergebnis kommt die Universität Hamburg. Die Vorwürfe des hochumstrittenen österreichischen Plagiatssuchers Stefan Weber sind damit offenbar unhaltbar. Mehr lesen Sie hier.
Zeit: Bildungspolitik der AfD. Bildungswissenschaftlerin Rita Nikolai sieht eine Radikalisierung der AfD in der Bildungspolitik. Diese fordert, Schulen sollten auf “Heimatvermittlung” statt Demokratiebildung setzen. So solle etwa im Geschichtsunterricht das Deutsche Kaiserreich mehr thematisiert werden als der Nationalsozialismus. Sollte die AfD ein Kultusministerium bekleiden, könne sie ohne parlamentarische Zustimmung großen Einfluss auf die Schulen etwa durch die finanzielle Mittelvergabe ausüben. (“Lehrer einschüchtern? Das hat die AfD schon geschafft“)
Deutsches Schulportal: Ministerin Oldenburg für mehr Bildungsausgaben. Die Präsidentin der Bildungsministerkonferenz, Simone Oldenburg (Die Linke), lobt das Startchancen-Programm und fordert ein vergleichbares Programm für die Kita. Zudem sollten die Übergänge im Bildungssystem besser gestaltet werden, damit mehr Schüler einen Schul- oder Berufsabschluss erreichen. Sie lehnt verbindliche Schulformempfehlungen wie neuerdings in Berlin ab. Oldenburg spricht sich für Bildungsausgaben in Höhe von einem Prozent des BIP aus. (“Wir brauchen ein Startchancen-Programm für Kindertagesstätten”)
SWR: Werte- statt Wissensvermittlung in der Schule? Stephan Bayer, Gründer des EdTech-Unternehmens Sofatutor, sieht eine abnehmende Bedeutung der Schule für die reine Wissensvermittlung für überschätzt. Vieles könnten heute schon digitale Angebote leisten. Wo die Schule aber unverzichtbar bleibe: Wenn es um die Vermittlung von Werten und die Unterstützung von Kindern aus benachteiligten Zusammenhängen gehe. (Stephan Bayer: Was leisten Lernplattformen und Bildungs-Apps – und was nicht?)
dpa: Tausend neue Lehrer für Hamburg. Hamburg hat für das aktuelle Schuljahr 1.005 neue Lehrkräfte eingestellt. Noch nie zuvor gab es so viele Neuanstellungen. Im Schnitt werden pro Jahr 900 neue Lehrkräfte in Hamburg benötigt. Mir der hohen Einstellungszahl konnten Vakanzen besetzt werden. In den Fächern Physik, Informatik oder Mathematik sei der Personalbedarf weiterhin hoch. (Hamburgs Schulen stellen mehr als 1.000 neue Lehrkräfte ein)
AFP: Sondervermögen für Bildungsinvestitionen? Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) fordert ein Sondervermögen, um Investitionen auch in die Bildung zu finanzieren. Kretschmer will zwar an der Schuldenbremse festhalten, möchte aber diese Ausnahmen ermöglichen. Ein solches Sondervermögen solle 100 Milliarden Euro umfassen. Kommunen und Länder sollen mit dem Geld etwa Schulen, Kitas und Sportangebote finanzieren. (Kretschmer will Sondervermögen für Bahn und Bildung – unter Bedingungen)
25. Februar, 17 bis 18 Uhr, Online
Webinar StreitBAR: Verpflichtende Fortbildung für Lehrkräfte
Felicitas Thiel, Co-Vorsitzende der Ständigen Wissenschaftlichen Kommission der Kultusministerkonferenz (KMK), und Gerhard Brand, Bundesvorsitzender des Verbands Bildung und Erziehung, diskutieren darüber, ob Lehrkräfte zur Teilnahme an Fortbildungen verpflichtet werden sollten. Der Stifterverband organisiert diese Veranstaltung. INFOS & ANMELDUNG
4. bis 5. März, Berlin
Tagung Von der Schule in die Zukunft: MINT-Kompetenzen und digitale Transformation
Bei den Workshops des MINT-Campus Day und den Diskussionsrunden auf der MINT-Jahreskonferenz geht es um die Frage, wie sich MINT-Kompetenzen in der Schule vermitteln lassen, um Schüler angemessen auf zukünftige Herausforderungen vorzubereiten. So ist unter anderem KI ein Schwerpunktthema. INFOS & ANMELDUNG
5. bis 6. März, Hamburg
Fachkonferenz Individualization in Language Education Conference 2025
Durch die zunehmende Heterogenität in der Schülerschaft – insbesondere im Bereich der sprachlichen Kompetenz – wird individuelle Förderung unerlässlich. Wie mit dieser neuen Entwicklung umzugehen ist, ist Thema dieser Fachkonferenz. INFOS & ANMELDUNG
10. März, 17 bis 21 Uhr, Frankfurt am Main
Diskussionsveranstaltung Politische Bildung zwischen Konvention und Transformation
Anlässlich des 60-jährigen Bestehens der Deutschen Vereinigung für politische Bildung organisiert diese zusammen mit der Bundeszentrale für politische Bildung diese Debatte zur Bedeutung der politischen Bildung. INFOS & ANMELDUNG
es rumort auf der Didacta. Am Eröffnungstag gab es Proteste, wie sie Deutschlands größte Bildungsmesse lange nicht gesehen hat. Der Stand der AfD sorgt für Missfallen. Wir berichten in diesem Newsletter darüber.
Wie gut aber, dass das Thema der Messe Demokratiebildung ist. Dank der AfD kann sich vor Ort jeder selbst davon überzeugen, dass das kein Randthema in der Schule sein darf. Sondern vielmehr überlebensnotwendig für diese Demokratie ist.
Es gibt noch andere Baustellen im Bildungssystem. Eine lautet: datenbasierte Schulentwicklung. Darüber hat mein Kollege Holger Schleper intensiv mit der niedersächsischen Bildungsministerin Julia Willie Hamburg von den Grünen gesprochen. Das Interview sollten Sie unbedingt unter “must read” abspeichern.
Außerdem dürfen wir aus der beruflichen Bildung sowohl einen Erfolg also auch eine überraschend schleppende Entwicklung berichten. Es geht um Azubis in der Begabtenförderung und um die Ausbildungsgarantie. Aber lesen Sie selbst.
Bleiben Sie uns gewogen.
Frau Hamburg, Sie haben angekündigt, dass es in Niedersachsen eine Schüler-ID geben wird. Wann kommt sie?
Ein konkretes Einführungsdatum kann ich nicht nennen. Wir sind gerade im Gespräch mit dem Landesdatenschutzbeauftragten. Viele haben Sorge, dass es den gläsernen Schüler geben wird. Diese Angst kann ich nehmen, denn das ist nicht unsere Absicht. Die Schüler-ID soll gewährleisten, dass kein Schüler verloren geht. Und dann stellt sich die Frage, welche Daten wir genau speichern, sodass das Ganze einen Mehrwert hat, ohne zu sehr in die Persönlichkeitsrechte einzugreifen. Darüber hinaus müssen wir klären, wie sich Daten mit Dritten austauschen lassen, etwa mit den Jugendberufsagenturen.
Was erhoffen Sie sich von einer Schüler-ID?
Wir haben in der Corona-Pandemie gesehen, dass es Jugendliche gibt, die sich von weiterführenden Schulen abmelden, aber nicht an einer anderen Schule wieder anmelden. Sie sind aus dem System herausgefallen. Das wollen wir verhindern. Wenn Schülerinnen und Schüler bis zum ersten Abschluss quasi mit einer ID angemeldet sein müssten, wüssten wir immer, ob wir eine Person suchen und uns besonders kümmern müssen, um sie zu einem Abschluss zu begleiten.
Im aktuellen System gibt es also die Möglichkeit, trotz Schulpflicht eine Schule zu verlassen, ohne an einer anderen angemeldet zu sein?
Ja, das ist eine Lücke, die es zu schließen gilt. Beispielsweise durch Umzug von Schülerinnen und Schülern kommt es regelmäßig zu Abmeldungen von einer Schule. Es gibt derzeit aber keine Möglichkeit zu prüfen, ob auch eine Anmeldung an einer anderen Schule erfolgt. Insofern erhoffen wir uns durch die Schüler-ID, dass wir solchen Fällen schneller entgegenwirken können und uns somit künftig keine Schülerinnen und Schüler mehr aus dem System fallen.
Was genau wollen Sie speichern?
Wir prüfen derzeit, den Schülerinnen und Schülern eine Nummer zu geben, die nur besagt, das ist die Person und sie geht auf diese Schule. Das ist das Mindestprogramm. Aus den genannten Gründen ist genau das an den weiterführenden Schulen aber sehr relevant.
Die Idee einer Schüler-ID gibt es seit Jahrzehnten. Was bremst die Umsetzung aus?
Bei der Einführung einer Schüler-ID, wie ich sie beschrieben habe, sind an erster Stelle Datenschutzfragen zu klären. Ich hoffe, dass wir die ewigen Schleifen jetzt durchbrechen.
In einem viel beachteten, parteiübergreifenden Papier der drei Kultusministerinnen Stefanie Hubig (SPD), Karin Prien (CDU) und Theresa Schopper (Grüne) geht es auch um eine neue “Kultur der Evaluation” im Bildungssystem.
Ich kann dem sehr viel abgewinnen. Die Frage regelmäßiger Evaluationen ist eine anhaltende Debatte im Land. Es gibt Lehrkräfte, die nicht wollen, dass man in ihr Klassenzimmer schaut. Und Eltern fürchten, dass ihr Kind stigmatisiert wird. Diese Sorgen müssen wir ihnen nehmen. Es ist sinnvoll, Bildungsverläufe systematisch und anonymisiert zu erfassen. Auf unserer Ebene geht es nicht darum, Laras oder Mehmets individuellen Bildungsverlauf zu kennen. Aber wenn es ein systematisches und nachhaltiges Monitoring gibt, lässt sich ableiten, um welche Schule wir uns intensiver kümmern und wo Lehrkräfte gezielt Fortbildungsangebote erhalten sollten. Das ist kein Stigma, sondern eine Frage von Qualitätsentwicklung. Internationale Vergleichsstudien führen uns regelmäßig den Handlungsbedarf an den Schulen vor Augen. Aber was folgt danach?
Lesen Sie auch: Bildung 2035 – Wie Hubig, Prien und Schopper Deutschland nach vorn bringen wollen
Sie betonen den Wert der datengestützten Schulentwicklung. Niedersachsen ist 2019 allerdings aus den VERA-Vergleichsarbeiten ausgestiegen.
Die VERA-Arbeiten waren in Niedersachsen sehr unbeliebt. Mein Vorgänger hat sie abgeschafft. Die Kritik der Schulen und Lehrkräfte in Kurzform: Wir geben irgendwo etwas hin, dann gibt es irgendwas zurück und ich kann damit nichts anfangen. Also wie kommen wir dahin, dass das Ganze für die Schulen einen Mehrwert erzeugt? Ich glaube, die Offenheit für diese Debatte ist da.
Was heißt das in der Praxis?
Wir beginnen jetzt, die Vergleichsarbeiten an den Startchancen-Schulen zu implementieren. Und die Perspektive ist, dass wir sie für alle Schulen wieder einführen. VERA hat sich in den letzten Jahren weiterentwickelt und wird es in den nächsten Jahren noch weiter tun – auch mit Hinweisen für die Schulen und Lehrkräfte, wie sie auf die Ergebnisse der Klassen reagieren können. Das schafft einen echten Mehrwert für die Schulen. Und durch das digitale Format braucht es auch keine umfassenden Korrekturen. Durch die Evaluierung und die wissenschaftliche Begleitung im Startchancen-Programm haben wir die Möglichkeit, mit den Schulen regelmäßig nachzusteuern, Konsequenzen zu ziehen und einen produktiven Schulentwicklungsprozess zu gestalten. Das kann einen Knoten lösen. Die Startchancen-Schulen können zeigen, welchen Mehrwert die datengestützte Schulentwicklung hat und dass sie zur Entlastung beiträgt.
Lesen Sie auch: Datengestützte Schulentwicklung: Was dieser Ansatz für Führungskräfte bedeutet
In Niedersachsen gibt es 400 Startchancen-Schulen. Sie sind in 21 Netzwerken organisiert, dazu kommen die wissenschaftliche Begleitung und Evaluation. Wie stellen Sie sicher, dass die Schulen nicht in Verwaltungsarbeiten untergehen?
Vorweg: Ich besuche gerade die ausgewählten Schulen und höre mir an, wie der Aufbau läuft. Mein Eindruck ist, dass die Schulen sehr motiviert sind. Aber klar ist auch: Ohne die Steuerung in den Netzwerken, ohne Unterstützung und Fortbildung geht es nicht. Bundesprogramme bedeuten immer auch viel Verwaltung. Am Ende darf der administrative Aufwand aber nicht zum Startchancen-Stimmungskiller werden. Deshalb versuchen wir, ihn von den Schulen bestmöglich fernzuhalten.
Wie genau?
Wir haben pro Netzwerk eine Person, die es leitet. Und diese Personen für die schulfachliche Begleitung nehmen wir nicht den Schulen weg, sondern finanzieren sie aus dem Overhead-Anteil im Bundesprogramm. Zudem gibt es zehn Stellen in Lüneburg im regionalen Landesamt, die nur administrative Aufgaben für die Schulen übernehmen. Belege scannen, einreichen, Rechenschaftsberichte koordinieren: Wir möchten, dass die Schulen möglichst nur Dinge zuliefern müssen.
In Säule drei des Startchancen-Programms erhalten die Schulen bundesweit Gelder in Milliardenhöhe für multiprofessionelle Teams. Woher sollen diese Fachkräfte kommen?
In Niedersachsen ermöglichen wir den Schulen, Stellen für Schulsozialarbeit auszuschreiben. Das ist das Erste, was sie versuchen sollen. Darüber hinaus stellen wir ihnen aber frei, auch anderes Personal einzustellen. Denn manchmal brauchen Schulen etwas anderes. Und natürlich wissen wir auch, dass es in manchen Bereichen gar nicht genug Personal gibt.
Zur Personalfrage passt, dass es in Niedersachsen gerade ein Modellprojekt für Verwaltungsassistenzen an Schulen gab. 21 Stellen sollten dabei verstetigt werden. Ist das geschehen?
Ja, ist es. Das waren am Ende aber nicht 21, weil nicht jede Schule Personal finden konnte. Das ist eine der Lehren: Es warten nicht 100.000 Verwaltungskräfte darauf, an Schulen arbeiten zu können. Den Fachkräftemangel gibt es nicht nur bei Lehrkräften. Bestätigt hat sich auch, dass Schulen für ihre Unterstützung sehr unterschiedliche Dinge brauchen. Die Verwaltungsassistenzen haben einige Schulen spürbar entlastet. Andere Schulen wünschen sich eher eine Person für die IT-Administration. Wir arbeiten gerade an einem Erlass zu den Berufsbildern für Assistenzen. Der jetzige stammt aus den 1980ern. Wir setzen auf drei Berufsbilder: für Verwaltung, IT und Technik.
Mit dem Startchancen-Programm soll die Zahl der Schüler, die die Mindestkompetenzen in Mathematik und Deutsch nicht erreichen, halbiert werden. In Wissenschaftskreisen hört man häufig, dass dieses Ziel zu ambitioniert ist. Was denken Sie?
Noch kann ich das schwer einschätzen. Fest steht für mich: Das Startchancen-Programm allein löst nicht die Probleme. Es geht um eine grundsätzlich neue Form der Schulentwicklung. Wie denken wir die Aufgaben der Schule zum Beispiel zusammen mit der Jugend- und Familienhilfe? Genau diese sozialräumliche Komponente ist im Programm angelegt. Meines Erachtens ist das einer der Schlüssel für das Gelingen. Die Herausforderungen dürfen kein Thema der Schulen allein bleiben. Für die Zielsetzung gilt: Wir müssen uns die Latte hochlegen – auch, um dann hoch genug zu springen. Und politisch betrachtet kann uns eine Reduzierung um 50 Prozent eigentlich noch nicht zufriedenstellen.
Dutzende Demonstrierende haben am Dienstag auf der Didacta gegen den AfD-Stand protestiert. Sie blockierten zeitweise den Stand der Partei und riefen: “Es gibt kein Recht auf Nazipropaganda.” Sie hielten zudem Schilder mit der Aufschrift “Diensteid verpflichtet” hoch.
Angeführt wurde der Protest von Fabian Schön, Generalsekretär der Bundesschülerkonferenz. Er hatte zuvor während der Eröffnung der Didacta unangekündigt die Bühne betreten und erklärt, auf der Messe dürfe es “keinen Platz für Extremismus und Intoleranz” geben. Die Bundesschülerkonferenz gehörte zu den Initiativen, die im Vorfeld gefordert hatten, die AfD von der Veranstaltung auszuschließen.
Unterstützung erhielt Schön von der Journalistin Natalie Amiri, die die Eröffnungsrede hielt. Sie sagte, sie habe überlegt, ob sie die Messe boykottieren solle, sich dann aber entschieden, die Gelegenheit für eine klare Botschaft zu nutzen. Demokratie sei “eine seltene Kostbarkeit”, die “unseren Schutz” verdiene, sagte Amiri.
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Baden-Württembergs Bildungsministerin Theresa Schopper (Grüne) sagte: “Lehrkräfte müssen für die Demokratie einstehen, Lehrkräfte brauchen demokratische Grundsätze.” Sie sprach sich gegen eine “falsch verstandene Neutralität” aus und verwies auf den Beutelsbacher Konsens, der Lehrkräften zwar verbiete, Schülerinnen und Schülern eine Meinung aufzuzwingen, aber nicht verlange, sich gegenüber demokratiefeindlichen Positionen neutral zu verhalten.
Theodor Niehaus, Präsident des Didacta-Verbands, zeigte Verständnis für die Forderung, die AfD von der Messe auszuschließen. Dies sei rechtlich aber nicht möglich: “Wir können die Kritik nachvollziehen”, sagte er. “Wir dürfen Parteien nicht ausschließen.” Neben der AfD sind auch CDU, Grüne, FDP, Die Linke und Volt mit Ständen in Halle 7 vertreten. Die Didacta, zu der rund 60.000 Besucher erwartet werden, läuft noch bis Samstag. Thorsten Denkler
Die Zahl der grundständig ausgebildeten Lehrkräfte wird bis Mitte der 2030er-Jahre nicht ausreichen, um den Bedarf zu decken. Das geht aus dem Bericht zum Lehrkräftebedarf und -angebot für den Zeitraum 2024 bis 2035 hervor, den die Kultusministerkonferenz (KMK) am Dienstag veröffentlicht hat.
Vor allem im Sekundarbereich I und II sowie in den beruflichen Schulen bestehe ein erheblicher Mangel. In der Grundschule und im sonderpädagogischen Bereich werde sich die Lücke ab 2026 schließen.
Mit neuen Ausbildungswegen und verbesserten Qualifizierungsangeboten für Quereinsteiger wollen die Länder mehr Flexibilität schaffen. So sollen neue Zielgruppen für den Lehrerberuf gewonnen werden.
Im März 2024 verständigte sich die damalige KMK auf eine Flexibilisierung der Qualifizierungswege und die Einführung neuer Programme wie Quereinstiegs-Masterstudiengänge und duale Lehramtsstudiengänge. Bereits seit Juni 2022 arbeitet die Ständige Wissenschaftliche Kommission an Empfehlungen zur Verbesserung der Lehrkräftebildung. Thorsten Denkler
Fast drei von vier Lehrkräften kehren der Schule noch vor der Rente den Rücken. Im Schuljahr 2023/24 schieden demnach bundesweit 37.000 Lehrkräfte aus, davon rund 10.200 altersbedingt und 26.800 aus anderen Gründen. Das zeigt eine neue Studie des Forschungsinstituts für Bildungs- und Sozialökonomie (FiBS), die an diesem Mittwoch veröffentlicht wird und Table.Briefings vorab vorlag.
Jährlich scheiden rund 5,4 Prozent des Gesamtbestands der Lehrkräfte dauerhaft aus. Vor zehn Jahren hörte knapp die Hälfte davon altersbedingt auf. Im Schuljahr 2023/24 waren es wie auch im Jahr zuvor nur noch 28 Prozent – 72 Prozent der ausscheidenden Lehrer verließen die Schule aus anderen Gründen.
Wie viele Lehrerinnen und Lehrer aus welchen Gründen austreten, variiert stark je nach Bundesland. Besonders viele dauerhaft ausscheidende Lehrkräfte gibt es in Mecklenburg-Vorpommern. Im Schuljahr 2023/24 waren es 9,4 Prozent des Bestandspersonals. Und nur die wenigsten von ihnen gingen in den Ruhestand. Rund sechs Prozent der Abgänge in Mecklenburg-Vorpommern war altersbedingt, vier Prozent wegen Dienst-, Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit. Fast 90 Prozent verließen die Schule aus sonstigen Gründen dauerhaft.
Auch in anderen ostdeutschen Bundesländern quittieren überdurchschnittlich viele Lehrkräfte den Schuldienst – meist nicht aus Altersgründen. Die niedrigsten Anteile an dauerhaft ausscheidenden Lehrkräften hatten im Schuljahr 2023/24 Hamburg und Hessen mit drei Prozent. Auffällig ist in diesen beiden Ländern: Knapp 45 Prozent der permanent ausscheidenden Lehrkräfte gehen in den Ruhestand.
Die Analyse zeigt, wie über einen Zeitraum von knapp 15 Jahren die Zahl der altersbedingten Abgänge kontinuierlich sinkt, während die Zahl der vorzeitigen Austritte stark zunimmt. “Wenn sich dieser Trend zukünftig fortsetzt, ist bald eine Relation von eins zu drei zu erwarten”, sagt Studienautor und FiBS-Direktor Dieter Dohmen.
“Der Lehrkräftemangel wird auf absehbare Zeit nicht verschwinden”, sagt Dohmen zu Table.Briefings. Der Geburtenrückgang und die damit sinkende Schülerzahl könne die Abgänge nicht ausgleichen. Dohmen geht davon aus, dass die hohe Belastung von Lehrkräften die Hauptursache für das vorzeitige Ausscheiden ist. Lehrkräfte sollten daher dringend entlastet werden, fordert Dohmen. Vera Kraft
Im ersten Jahr des Politprojekts “Begabte Auszubildende und Fachkräfte in der Förderung der Begabtenförderungswerke” (BAFF) haben im vergangenen Jahr 312 Azubis ein Stipendium in einem Begabtenförderungswerk bekommen. Das geht aus der Antwort des Bundesbildungsministeriums auf eine schriftliche Frage des FDP-Abgeordneten Jens Brandenburg hervor, die Table.Briefings vorliegt.
Den 312 Stipendien standen nach den Zahlen des BMBF fast 1.400 Bewerbungen gegenüber. Die aufgenommenen 312 Auszubildenden kommen aus mehr als 100 Berufen – ganz oben stehen die kaufmännischen Berufe mit 24 Stipendiaten, gefolgt von 21 Mechatronikern. Die 1.362 Bewerbungen stammen aus mehr als 200 Berufen. Auch hier stehen die kaufmännischen Berufe mit 116 Bewerbungen an erster Stelle. Pflegeberufe folgen auf Platz zwei mit 91 Bewerbungen.
Die meisten Stipendien konnten mit 52 Plätzen die CSU-nahe Hanns-Seidel-Stiftung und mit 50 Plätzen die gewerkschaftsnahe Hans-Böckler-Stiftung vergeben. Die Böckler-Stiftung verzeichnete mit 354 Anfragen die meisten Bewerbungen, gefolgt von der katholischen Studienförderung Cusanuswerk mit 207 Bewerbungen.
Mit dem vom BMBF und diversen Berufsverbänden geförderten Pilotprojekt sollen zunächst rund 1.000 Stipendien an begabte Auszubildende vergeben werden – aufgeteilt auf die drei Aufnahmejahrgänge 2024, 2025 und 2026. Die Stipendien haben jeweils Laufzeiten von bis zu drei Jahren.
Brandenburg wertet die Zahlen als Erfolg des Pilotprojekts. “Auf Anhieb über 1.300 Bewerbungen gleich zu Beginn der Pilotphase übertreffen auch meine eigene Erwartung”, sagt Brandenburg zu Table.Briefings. Die Vielfalt der Berufe zeige, wie “groß das Interesse in der Breite der beruflichen Bildung” sei. Viel zu lange seien Talente in der beruflichen Bildung “nicht als solche anerkannt und zu wenig gefördert” worden. Die Öffnung der Begabtenförderungswerke sei “ein erster Schritt, das zu ändern”. Thorsten Denkler
Erste Daten der Bundesagentur für Arbeit (BA) deuten darauf hin, dass die sogenannte Ausbildungsgarantie der Ampel bisher nur geringe Effekte auf den Ausbildungsmarkt hatte (BA-Bericht, S. 12). In den 22 der 150 Agenturbezirke, in denen eine Unterversorgung mit Lehrstellen festgestellt wurde, nahmen kaum mehr junge Menschen eine außerbetriebliche Ausbildung auf. Von August bis Oktober 2024 waren es 1.700, gut 100 mehr als im gleichen Zeitraum 2023. In zwölf dieser Agenturbezirke hätten sogar weniger Jugendliche ihre Lehre in einer außerbetrieblichen Einrichtung begonnen. Das BMAS hatte im Gesetzesentwurf 7.000 zusätzliche Plätze jährlich ab 2024 veranschlagt.
Mit der von der Ampel eingeführten Ausbildungsgarantie können seit August Jugendliche, die nachweislich keine Stelle finden, außerbetrieblich ausgebildet werden. Bisher war das Jugendlichen nur in besonderen Fällen vorbehalten, etwa wenn sie eine Lernbeeinträchtigung oder Verhaltensauffälligkeit aufweisen. Warum jemand eine außerbetriebliche Ausbildung beginnt, erfasst die BA-Statistik nicht.
Die BA liefert zudem Daten zu zwei Förderinstrumenten der Ausbildungsgarantie, die bereits seit April 2024 in Kraft sind:
Bernd Fitzenberger, Direktor des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, sieht mehrere mögliche Gründe für die geringen Effekte:
Eigentlich, sagte Fitzenberger, könnten die neuen Förderinstrumente eine positive Wirkung entfalten. Denn die Betriebe haben 2024 aufgrund der schwächelnden Wirtschaft weniger Lehrstellen angeboten, gleichzeitig gab es mehr interessierte Bewerber.
Bundesweit ist die Zahl neu abgeschlossener außerbetrieblicher Ausbildungen im Zeitraum von August bis Oktober 2024 um vier Prozent auf 6.100 gesunken. Es kann also nicht die Rede davon sein, dass die außerbetriebliche Ausbildung die reguläre Ausbildung in den Betrieben verdrängt – ein häufiger Kritikpunkt der Arbeitgeber. Anna Parrisius
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Im Rahmen des AI Action Summit, der am Dienstag in Paris endete, hatte sich bereits am vergangenen Freitag ein Panel des französischen Bildungsministeriums mit der Rolle von KI in der Bildung befasst. Auf dem Podium in Paris erklärte OECD-Bildungsdirektor Andreas Schleicher unter anderem, KI sei keine “magische Kraft”, sondern ein “unglaublicher Beschleuniger”.
Sie könne sowohl positive als auch negative Auswirkungen haben: “KI kann dich als Lehrer zu einem Designer erstaunlicher Lernumgebungen machen. Oder dich zum Sklaven von vorgegebenen Algorithmen und Unterrichtsplänen machen”, sagte Schleicher. KI habe das Potenzial, Bildung inklusiver zu gestalten, etwa für Menschen mit Legasthenie, indem sie ein “Level Playing Field” schaffen könne. Die Technologie könne Ungleichheiten aber auch verstärken.
Schleicher unterstrich die Notwendigkeit, Lehrer aktiv in den Entwicklungsprozess von KI-Lösungen einzubeziehen: “Wenn wir die Lehrer nicht in die Gestaltung dieser Lösungen einbeziehen, werden sie uns bei der Umsetzung nicht helfen.” Die Bildungssysteme reagierten aus seiner Sicht oft zu langsam auf Veränderungen. Südkorea sei ein Beispiel, wie es besser gehe. Dort seien Lehrer in Forschungs- und Entwicklungsteams eingebunden, um aktiv an der Gestaltung und Implementierung von Technologien mitzuwirken.
Neben Schleicher saßen auf dem Podium Audran Le Baron vom französischen Bildungsministerium, Georgi Dimitrov, Leiter der “Digital Education Unit” der Europäischen Kommission, Villano Qiriazi, Direktor der Bildungs-Division des Europäischen Rates, und der AI-Bildungsexperte Colin de la Higuera von der Nantes Université. Die Diskussion wurde aufgezeichnet und lässt sich hier in voller Länge anschauen. Thorsten Denkler
Dreidimensionale Parallelwelten und Avatare – als Martin Hüppe Anfang der 1980er-Jahre zum Politikstudium aus Duisburg nach Berlin zog, war das Internet noch in den Kinderschuhen und solche Entwicklungen waren weit entfernt. “Aber sie wurden schon vorgedacht”, sagt Hüppe, der inzwischen einer von drei Geschäftsführern der IServ GmbH ist – einem Anbieter von Schulsoftware.
Manche Ideen seien einfach so stark, dass sie sich irgendwann durchsetzen werden, ist er überzeugt. Im Bildungssystem, gerade in Deutschland, dauere das leider immer recht lang. Nichtsdestoweniger oder vielleicht gerade deshalb zieht sich das Vorantreiben digitaler Entwicklung wie ein roter Faden durch Hüppes Lebenslauf.
Nach seinem Politikstudium an der Freien Universität in Berlin begann er 1994 beim Cornelsen Verlag zu arbeiten. “Das war eine aufregende Zeit”, erinnert sich Hüppe – sowohl in Berlin als auch beruflich. Eines seiner ersten Projekte sei die Entwicklung von Materialien zum Erlernen von Microsoft Office gewesen. Informatik hatte er sich während des Studiums selbst beigebracht. “Ich war der erste, der im Bereich Software bei Cornelsen irgendetwas pünktlich entwickelt und auf den Markt gebracht hat”, sagt er. Von da an ging es karrieretechnisch bergauf. 1998 wurde er Abteilungsleiter für “Neue Medien”, 2001 Geschäftsführer des Cornelsen Verlags.
Er habe viel ausprobieren dürfen und wurde gefördert, zum Beispiel von Fritz von Bernuth, dem damaligen Geschäftsführer der Cornelsen Holding. Einige Projekte funktionierten, andere eben nicht. “Ich habe auch einige Projekte in den Sand gesetzt”, sagt Hüppe. Für manche Ideen sei die Zeit einfach noch nicht reif gewesen – etwa für eine dreidimensionale Lerncommunity mit Avataren oder Edutainment-Software, die spielerisches Lernen ermöglichen sollte. Umsonst sei jedoch nichts gewesen. Von den Erfahrungen profitiere er immer wieder.
Nach knapp 20 Jahren verließ Hüppe 2014 Cornelsen, um einen neuen Weg einzuschlagen. Beim Ernst Klett Verlag, wo er anschließend als Geschäftsführer anfing, blieb er nur ein Jahr. Es folgten Stationen als Geschäftsführer vom “Bündnis für Bildung” und parallel des Didacta Verbands. Hüppe wollte die Verbände fusionieren. Die “digitale” Kultur des “Bündnis für Bildung” habe aber nicht zum Didacta Verband gepasst.
2017 warben ihn dann die Gründer von IServ an. Das aufstrebende Unternehmen suchte Verstärkung, um den Draht zur Bildungsverwaltung und -politik auszubauen. Seitdem verbringt Hüppe viel Zeit auf Konferenzen, in Behörden, mit Schulträgern, Schulleitungen und Bildungspolitikern und versucht, sie von der IServ Schulplattform zu überzeugen – mit Erfolg. Über die Plattform können sich Schulen digital organisieren. Von der Kommunikation bis zum Geräte- und Netzwerkmanagement – alles DSGVO-konform.
2024 sei das bislang beste Jahr für ihr Unternehmen gewesen und auch 2025 werde das Unternehmen weiter wachsen. Durch den Kauf der Münchener EdTech-Firma Virality GmbH konnten sie ihr Angebot erweitern – zum Beispiel durch ein digitales Klassenbuch – und sich KI-Spezialisten ins Haus holen. In Sachsen-Anhalt und anderen ostdeutschen Bundesländern will IServ noch einige Schulen und ihre Träger neu ausstatten. Darüber hinaus entwickelt IServ gemeinsam mit Rheinland-Pfalz und Hamburg aktuell ein einheitliches digitales System für die jeweilige Bildungsverwaltung und die jeweiligen Schulen.
Zu oft habe die Bildungsverwaltung in Deutschland versucht, selbst IT zu machen, also selbst konzipierte Systeme in Eigenregie zu entwickeln, findet Hüppe. Auch Doppelstrukturen zwischen Ländern und Schulträgern gebe es zu viele. “Das Bildungssystem spielt Wirtschaft, statt die Rahmenbedingungen für etablierte Unternehmen zu setzen”, sagt Hüppe. Das sei ein großes Problem und führe zur massiven Verschwendung von Steuermitteln.
Immerhin habe der Digitalpakt dazu geführt, dass wichtige Bildungsakteure – von Bundesländern über Schulträger bis zu EdTechs – ins Gespräch gekommen sind. Trotzdem gehe es noch sehr langsam voran. “Manchmal ist es Sisyphusarbeit”, sagt Hüppe. Wenn ihn diese frustriert, setzt er sich in sein Kajak und paddelt auf der Spree. Das sei ein guter Ausgleich, sehr kontemplativ. Vielleicht ist es auch ein weiterer Ort, wo Hüppe manchmal schneller als der Strom ist. Caroline Becker
Research.Table. Die neue WMK-Präsidentin Bettina Martin im Interview: “Auch in Deutschland gibt es eine Partei, die sich mit wissenschaftsfeindlichen Tönen hervortut.” Das sagt die SPD-Politikerin aus Mecklenburg-Vorpommern mit Verweis darauf, dass Trump-Angriffe auf die Wissenschaft in den USA auch in Europa genau beobachtet werden müssen. Mehr lesen Sie hier.
Research.Table. Plagiatsvorwurf gegen Robert Habeck: Kein wissenschaftliches Fehlverhalten festzustellen. Zu dem Ergebnis kommt die Universität Hamburg. Die Vorwürfe des hochumstrittenen österreichischen Plagiatssuchers Stefan Weber sind damit offenbar unhaltbar. Mehr lesen Sie hier.
Zeit: Bildungspolitik der AfD. Bildungswissenschaftlerin Rita Nikolai sieht eine Radikalisierung der AfD in der Bildungspolitik. Diese fordert, Schulen sollten auf “Heimatvermittlung” statt Demokratiebildung setzen. So solle etwa im Geschichtsunterricht das Deutsche Kaiserreich mehr thematisiert werden als der Nationalsozialismus. Sollte die AfD ein Kultusministerium bekleiden, könne sie ohne parlamentarische Zustimmung großen Einfluss auf die Schulen etwa durch die finanzielle Mittelvergabe ausüben. (“Lehrer einschüchtern? Das hat die AfD schon geschafft“)
Deutsches Schulportal: Ministerin Oldenburg für mehr Bildungsausgaben. Die Präsidentin der Bildungsministerkonferenz, Simone Oldenburg (Die Linke), lobt das Startchancen-Programm und fordert ein vergleichbares Programm für die Kita. Zudem sollten die Übergänge im Bildungssystem besser gestaltet werden, damit mehr Schüler einen Schul- oder Berufsabschluss erreichen. Sie lehnt verbindliche Schulformempfehlungen wie neuerdings in Berlin ab. Oldenburg spricht sich für Bildungsausgaben in Höhe von einem Prozent des BIP aus. (“Wir brauchen ein Startchancen-Programm für Kindertagesstätten”)
SWR: Werte- statt Wissensvermittlung in der Schule? Stephan Bayer, Gründer des EdTech-Unternehmens Sofatutor, sieht eine abnehmende Bedeutung der Schule für die reine Wissensvermittlung für überschätzt. Vieles könnten heute schon digitale Angebote leisten. Wo die Schule aber unverzichtbar bleibe: Wenn es um die Vermittlung von Werten und die Unterstützung von Kindern aus benachteiligten Zusammenhängen gehe. (Stephan Bayer: Was leisten Lernplattformen und Bildungs-Apps – und was nicht?)
dpa: Tausend neue Lehrer für Hamburg. Hamburg hat für das aktuelle Schuljahr 1.005 neue Lehrkräfte eingestellt. Noch nie zuvor gab es so viele Neuanstellungen. Im Schnitt werden pro Jahr 900 neue Lehrkräfte in Hamburg benötigt. Mir der hohen Einstellungszahl konnten Vakanzen besetzt werden. In den Fächern Physik, Informatik oder Mathematik sei der Personalbedarf weiterhin hoch. (Hamburgs Schulen stellen mehr als 1.000 neue Lehrkräfte ein)
AFP: Sondervermögen für Bildungsinvestitionen? Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) fordert ein Sondervermögen, um Investitionen auch in die Bildung zu finanzieren. Kretschmer will zwar an der Schuldenbremse festhalten, möchte aber diese Ausnahmen ermöglichen. Ein solches Sondervermögen solle 100 Milliarden Euro umfassen. Kommunen und Länder sollen mit dem Geld etwa Schulen, Kitas und Sportangebote finanzieren. (Kretschmer will Sondervermögen für Bahn und Bildung – unter Bedingungen)
25. Februar, 17 bis 18 Uhr, Online
Webinar StreitBAR: Verpflichtende Fortbildung für Lehrkräfte
Felicitas Thiel, Co-Vorsitzende der Ständigen Wissenschaftlichen Kommission der Kultusministerkonferenz (KMK), und Gerhard Brand, Bundesvorsitzender des Verbands Bildung und Erziehung, diskutieren darüber, ob Lehrkräfte zur Teilnahme an Fortbildungen verpflichtet werden sollten. Der Stifterverband organisiert diese Veranstaltung. INFOS & ANMELDUNG
4. bis 5. März, Berlin
Tagung Von der Schule in die Zukunft: MINT-Kompetenzen und digitale Transformation
Bei den Workshops des MINT-Campus Day und den Diskussionsrunden auf der MINT-Jahreskonferenz geht es um die Frage, wie sich MINT-Kompetenzen in der Schule vermitteln lassen, um Schüler angemessen auf zukünftige Herausforderungen vorzubereiten. So ist unter anderem KI ein Schwerpunktthema. INFOS & ANMELDUNG
5. bis 6. März, Hamburg
Fachkonferenz Individualization in Language Education Conference 2025
Durch die zunehmende Heterogenität in der Schülerschaft – insbesondere im Bereich der sprachlichen Kompetenz – wird individuelle Förderung unerlässlich. Wie mit dieser neuen Entwicklung umzugehen ist, ist Thema dieser Fachkonferenz. INFOS & ANMELDUNG
10. März, 17 bis 21 Uhr, Frankfurt am Main
Diskussionsveranstaltung Politische Bildung zwischen Konvention und Transformation
Anlässlich des 60-jährigen Bestehens der Deutschen Vereinigung für politische Bildung organisiert diese zusammen mit der Bundeszentrale für politische Bildung diese Debatte zur Bedeutung der politischen Bildung. INFOS & ANMELDUNG