Table.Briefing: Bildung

Hoffnung für Digitalpakt II? + Wo hilft Verbundausbildung + Özdemir und die Bildung

Liebe Leserin, lieber Leser,

eine Steigerungsform von tot gibt es ja nicht. Aber bezogen auf den Digitalpakt II wären einem nach dem Aus der Ampel durchaus ein paar eingefallen. Tot, toter, mausetot. Wie soll das auch gehen, wenn Geld, das der Bund geben würde, erst von einem Parlament freigegeben wurden müsste, in dem die Regierung keine Mehrheit mehr hat?

Auf der dritten Statuskonferenz zum Digitalpakt I, die meine Kollegin Vera Kraft für Sie in Berlin besuchte, waren sich die Teilnehmer zwar bei einiger Kritik durchaus einig über den Erfolg des im Frühjahr ausgelaufenen Programms. Aber nicht ganz so unbeschwert über die Aussichten für den Digitalpakt II. Welche Hoffnungen und Möglichkeiten es dennoch geben könnte, wie groß der Handlungsdruck ist, und welchen neuen Schwung der neue Bildungsminister Cem Özdemir bringen könnte, haben wir für Sie analysiert.

Aber was würden Sie eigentlich in der digitalen Bildung besser, anders machen? Und was bedeutet ein vorläufiges Aus des Digitalpakts II aus Ihrer Sicht für Länder und Schulen?

Darüber wollen wir mit Ihnen ins Gespräch kommen. Melden Sie sich hier kostenlos für unser Live.Briefing am Dienstag, 26. November, von 12 bis 13 Uhr an. Mit dabei sind unter anderem Birgit Eickelmann, wissenschaftliche Leiterin des deutschen Teils der internationalen Vergleichstudie für digitale Bildung, ICILS. Und Christian Büttner, Vorsitzender des Bündnisses für Bildung.

Bereits am morgigen Donnerstag, 14. November, widmen wir uns von 13 bis 14 Uhr in einem Live.Briefing einem weiteren Thema, das nicht nur für den Bildungsstandort Deutschland wegweisend ist: “MINT-Kompetenzen im Sinkflug: Wie steuert Deutschland gegen?Hier können Sie sich anmelden und mit renommierten Expertinnen und Experten diskutieren.

Dass die Zusammenarbeit von Betrieben helfen kann, zeigt Sandra Hermes in ihrer Analyse. Sie hat sich das Modell der Verbundausbildung genauer angesehen. Betriebe schließen sich dabei für die Ausbildung zusammen und bilden eine Art Ausbildungsgemeinschaft. Im Text erfahren Sie, inwiefern davon Betriebe profitieren, aber auch Azubis.

Bleiben Sie uns gewogen.

Ihr
Thorsten Denkler
Bild von Thorsten  Denkler

Analyse

Statuskonferenz: Welche Hoffnung es für den Digitalpakt II gibt

Nach fünf Jahren und 6,5 Milliarden investierten Euro hat der Bund Bilanz zum Digitalpakt I gezogen. Das Bundesbildungsministerium lud für Dienstag und Mittwoch zur dritten Statuskonferenz nach Berlin ein. Die Veranstaltung wurde am Dienstag ein Ort des Austausches – und des Ringens: Wie ist der Status nach Auslaufen des ersten Digitalpakts zu bewerten? 

Trotz aller Aufrufe, die bisherigen Erfolge zu feiern, dämpfte der Realitätscheck zunächst die Feierlaune: Zum einen war da die fehlende Einigung auf einen Digitalpakt II, zum anderen die jüngst erschienene ICIL-Studie, die Jugendlichen sinkende digitale Kompetenzen bescheinigt. 

Besonders eine Frage schien viele Teilnehmende der Konferenz zu beschäftigen: Warum gehen die digitalen Kompetenzen Jugendlicher zurück – obwohl es Milliardeninvestitionen in die technische Ausstattung und die Fortbildung von Lehrkräften gab?

Zeit zu knapp für bessere Ergebnisse

Die Zeit hat schlicht noch nicht ausgereicht, lautete eine Antwort. Die Digitalpakt-Projekte würden schließlich gerade einmal seit dreieinhalb Jahren laufen, sagte Wilfried Kühner, Amtschef des sächsischen Kultusministeriums. “Lassen Sie uns die Konzepte doch erst einmal ausführen.”

Ein anderer Erklärversuch liegt in der Art und Weise, wie digitales Lehren und Lernen bislang in der Schulpraxis umgesetzt wird. Werden Kreidetafeln mit Smartboards ersetzt, ohne Lehrkräften ausreichend im Umgang zu schulen, entsteht kaum Mehrwert für die Schülerinnen und Schüler. Lehrkräfte haben dann mit der Technik zu kämpfen, statt sich lernwirksame Konzepte überlegen zu können.

Die Landesinstitute müssen daher künftig noch viel stärker in die Fortbildung eingebunden werden, forderte Jacob Chammon, Geschäftsführer der Deutschen Telekom Stiftung. Torsten Klieme, Staatsrat im Bildungssenat Bremen, widerspricht: Damit das etwas bringe, müssten sich die Landesinstitute und die Art, wie Fortbildungen stattfinden, erst einmal ändern. Die Institute müssten mehr in die Schulen gehen und selbst kompetent im digitalen Unterrichten sein.

Unterschiedliche Bilanzen zum Digitalpakt I

Auch an anderen Stellen zeigte sich ein Ringen um die Bilanz zum Digitalpakt I. Die Länderprojekte beispielsweise, werden von den einen hochgelobt, von den anderen als unnötige Parallelstruktur kritisiert.

An der Konferenz selbst gibt es ebenfalls Kritik: Vor lauter Fokus auf das Klein-Klein und die operative Ebene, gerate die strukturelle Ebene aus dem Blick – und damit die Frage, was das Ziel der digitalen Bildung sein soll.

In einer Sache sind sich jedoch alle einig: Der Digitalpakt II muss kommen. Und hier, das ist eine Hoffnung, die auch die Konferenz begleitet, könnte es einen Weg geben, eine zeitnahe Lösung zu finden. Zumindest weit bevor es zu Neuwahlen kommt.

Sowohl von BMBF als auch Länderseite ist zu hören: Die laufenden Verhandlungen zum Digitalpakt sollen zunächst weitergeführt werden. Die neue Hausleitung unter Minister Cem Özdemir (Grüne) wird dabei keineswegs als Hindernis wahrgenommen. Im Gegenteil: Manche Absprachen könnten jetzt leichter fallen und neue Impulse könnten den Prozess beschleunigen.

Wie noch vor der Neuwahl der Digitalpakt II stehen könnte

Selbst ohne Haushalt und neue Regierung könnte am Ende der Verhandlung zumindest “eine dringende Empfehlung” stehen, wie Table.Briefings erfuhr. Sogar eine Bund-Länder-Vereinbarung wäre möglich. Diese müsste sowohl die Finanzierung klären als auch den Rahmen abstecken, etwa welche Anrechnungsmöglichkeiten die Länder für Ausgaben bekommen, die sie jetzt schon in digitales Lernen investieren. 

Die politische Kunst läge darin, eine Vereinbarung hinzubekommen, die eine neue Bundesregierung, egal in welcher Farbkombination, nicht infrage stellen würde. Da mit den A- und B-Ländern zumindest schon SPD und Union an Bord sind, besteht Zuversicht, dass so eine Einigung – oder auch nur eine Empfehlung – bereits große Wirkung auf eine neue Regierung hat.

Käme es zu einer Vereinbarung, wäre dies exekutives Regierungshandeln. Um sie in Kraft treten zu lassen, braucht es nur einen Kabinettsbeschluss, aber keinen Beschluss des Bundestages. Die Länder wiederum müssten in einem Ratifizierungsprozess der Vereinbarung zustimmen. Was aber nur eine Formsache wäre. 

Vereinbarung unter Finanzierungsvorbehalt

Die Vereinbarung stünde so lange unter Finanzierungsvorbehalt, bis ein neuer Haushalt verabschiedet ist. Dennoch könnten Bund, Länder und Kommunen mit der schriftlichen politischen Einigung über Parteigrenzen hinweg die nötigen Vorbereitungen treffen, dass der Digitalpakt II mit der Mittelfreigabe im Haushalt 2025 umgehend scharf geschaltet werden kann. Das würde gegenüber der Alternative – abwarten bis eine neue Regierung einen Haushalt beschlossen hat – erheblich Zeit sparen.

Und Zeit zu warten, gebe es nicht, sagte beispielsweise Chammon. Vertreter aus Kommunen berichteten bereits, “die Hütte brennt”.  Es gäbe großen Bedarf, Geräte zu reparieren. Und vor allem beim Thema Cybersicherheit herrsche große Verunsicherung. Hier brauche es Vorgaben, die Lehrkräften ein rechtssicheres Handeln vereinfachen.

Geräte des Digitalpakts altern bereits

Und noch etwas bewegt Schulen in der Praxis: “Die meisten Laptops und Tablets für Lehrkräfte wurden 2020 mit Stichtag angeschafft”, sagt Susanne Lin-Klitzing, Vorsitzende des Deutschen Philologenverbandes, zu Table.Briefings. Viele neue Lehrkräfte könnten keine Geräte bekommen – es sei denn, jemand gebe seins zurück. “Und die Geräte, die noch da sind, altern unaufhörlich.” Selbst wenn sie noch einigermaßen funktionieren, gebe es immer mehr Probleme mit den Software-Updates. 

 Jedes Schulgebäude braucht doch einen Hausmeister oder eine Hausmeisterin – dasselbe gilt für die IT.  Wenn sich da niemand professionell drum kümmert, verfällt sie”, sagt Lin-Klitzing. Und sie warnt vor dem Frust beim Personal”. Wenn Lehrkräfte jetzt sähen, dass die Politik die versprochene Infrastruktur nicht zur Verfügung stellt, geht immens Vertrauen verloren”.

Özdemir: Digitalpakt soll 2025 wirksam werden

Um eben dieses Vertrauen sind die politischen Vertreter – sowohl seitens des Bundes als auch der Länder – daher stark bemüht. Anders als seine Vorgängerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) erschien der neue Bildungsminister sogar persönlich zur Statuskonferenz. Özdemir versicherte:  Die Gespräche zum Digitalpakt II gehen weiter.” Er wolle alle möglichen Wege ausloten, damit der Digitalpakt 2025 wirksam werden könne.

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Verbundausbildung: Was es bringt, wenn Betriebe sich die Ausbildungsverantwortung teilen

Um kleine und mittlere Unternehmen für eine Ausbildung zu gewinnen, fördert Niedersachsen seit zwei Jahren Ausbildungsverbünde. Acht Zusammenschlüsse hat das Kultusministerium seither nach eigenen Angaben für die Förderung genehmigt, sieben konzentrieren sich dabei auf die Ausbildung benachteiligter Jugendlicher. Unterstützung erhalten die Betriebe etwa für Bildungs- und Beratungspersonal, Fahrtkosten und Ausstattung. Auch Hamburg, Brandenburg, Baden-Württemberg, Sachsen und Niedersachsen zahlen nach Angaben des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH) Zuschüsse an Unternehmen, die im Verbund ausbilden.

Berlin förderte die Verbundausbildung laut Senatsverwaltung 2023 mit 1,4 Millionen Euro und unterhält seit 2014 als einziges Land eine branchenübergreifende und kostenlose Verbundberatung. Bis Ende 2023 hat sie nach Angaben der Projektleiterin Kerstin Josupeit-Metzner 3.136 Ausbildungsverhältnisse initiiert oder begleitet. 383 Unternehmen starteten dabei erstmalig in die Ausbildung oder konnten einen neuen Ausbildungsberuf anbieten. Trotz dieses Erfolgs wird jetzt von den Betrieben und dem Träger der Beratungsstelle ein Ende der Förderung befürchtet. Nordrhein-Westfalen und Bremen haben ihre Förderungen schon auslaufen lassen.

Dank Kooperationen können Betriebe in neuen Berufen ausbilden

Fast 20 Jahre nach Einführung der Verbundausbildung im Berufsbildungsgesetz (§ 10 Abs. 5) stellt sich die Frage, was sie bisher gebracht hat. Konnten etwa mehr Ausbildungsplätze geschaffen werden? Valide Daten fehlen. Die Ausbildungsverträge lassen keine solchen Rückschlüsse zu. Repräsentative Untersuchungen gibt es nicht. Auch über die Zahl der genehmigten Förderungen in den Ländern lässt sich kaum auf die Gesamtzahl der Ausbildungsverbünde schließen, sagt Projektleiterin Josupeit-Metzner von der Berliner Verbundberatungsstelle. Etwa, weil viele Betriebe die Verbundausbildung auch ohne Förderung anböten.

In ihrem Beratungsalltag macht Josupeit-Metzner aber immer wieder die Erfahrung, dass sich ihr Erfolg ohnehin anders bemisst. Neue und kreative Kooperationen etwa führten häufig dazu, dass die Betriebe erst mithilfe der Verbundausbildung in die Lage versetzt werden, in einem neuen, dringend benötigten Beruf ausbilden zu können.

Zahl der Azubis steigern, ist nicht die einzige Motivation

Hotelier Tim Oberdieck sagt, in seiner Branche seit es schon ein großer Erfolg, dass er dank Ausbildungsverbund seine Verträge mit Azubis bereits im Frühjahr unter Dach und Fach bringe. Der Direktor des Atlantic Hotel Sail City in Bremerhaven bildet sie seit 2022 gemeinsam mit zwei Hotels aus. Im Projekt meerzukunft3 gehe es den Verantwortlichen darum, Fachkräfte für den eigenen Bedarf auszubilden, diese langfristig zu binden und so auch etwas für die Region Bremerhaven zu tun.

Kirsten Kielbassa-Schnepp, Berufsbildungsexpertin vom ZDH, sieht eine Reihe weiterer Motivatoren, warum Unternehmen in die Verbundausbildung einsteigen:

  • Kleineren Betrieben erleichtern Ausbildungsverbünde den Einstieg in die Ausbildung.
  • Stark spezialisierte Betriebe können mithilfe von Partnern die Ausbildungsordnung abdecken.
  • Größere Betriebe können ihre Ausbildungskapazitäten, zum Beispiel ihre Lehrwerkstätten, besser auslasten.
  • Die Ausbildungsbetriebe können Erkenntnisse austauschen.

Vier Modelle der Ausbildungsverbünde dominieren

Die Verbundausbildung zeigt sich heute laut ZDH vor allem in vier Ausprägungen:

  1. Eine häufig genutzte Variante ist der Zusammenschluss eines Leit- und eines Partnerbetriebs. Dabei unterstützt zum Beispiel ein großes Industrieunternehmen einen kleineren Zulieferer, weil dieser etwa keine Ausbildungswerkstatt unterhält. Der Azubi wird für bestimmte Ausbildungsphasen in den Partnerbetrieb entsandt, um dort Inhalte oder Fertigkeiten zu lernen, die der Leitbetrieb nicht vermitteln kann.
  2. In einem Ausbildungskonsortium stellen mehrere Betriebe Azubis ein, die dann rotieren und so unterschiedliche Inhalte und Abläufe kennenlernen.
  3. Weniger verbreitet ist die Gründung eines Ausbildungsvereins, in dem sich mehrere Betriebe zusammenschließen und der Verein als Ausbilder auftritt. Manchem Kleinstbetrieb ebnet diese Option erst den Weg, überhaupt ausbilden zu können.
  4. Die vierte Option ist die Auftragsausbildung. Dabei entsendet der Stammbetrieb den Azubi zeitweise in einen anderen Betrieb oder zu einem externen Ausbildungsdienstleister.

Einige Unternehmen bewerten Verbundausbildung kritisch

Allen Modellen ist gemein, dass es für den Azubi immer nur einen Vertragspartner gibt. Die Ausgestaltung der Kooperation regeln die Partner untereinander.

Einige Betriebe beurteilen die Verbundausbildung in Zeiten des Fachkräftemangels Kielbassa-Schnepp zufolge skeptisch. Schließlich stünden die kooperierenden Betriebe am Ende im Wettbewerb um die fertigen Azubis. “Das Konstrukt des Ausbildungskonsortiums bietet hier die größte Sicherheit.” Bilden mehrere Betriebe gemeinsam mehrere Azubis aus, sei die Chance groß, dass am Ende kein Unternehmen leer ausgeht.

Externe Partner wichtig für Ausbildungspartnerschaften

Für den Erfolg der Verbundausbildung hat das Bundesinstitut für Berufsbildung in einer aktuellen Studie wichtige Faktoren ausgemacht. Neben geteilten Werten in der Unternehmensführung und regelmäßigen Absprachen sei eine unterstützende und treibende externe Organisation wie die Verbundberatung oder ein Branchenverband wichtig für den Aufbau und die Stabilisierung von Ausbildungspartnerschaften, sagt Studienleiterin Anke Bahl.

Vorteile für Azubis in der Verbundausbildung

Gut umgesetzt, können Ausbildungsverbünde auch den Azubis viele Vorteile bieten – und so die Attraktivität der Ausbildung fördern. “Die Auszubildenden lernen einen oder mehrere weitere Betriebe und deren Arbeitsweisen kennen”, sagt Kielbassa-Schnepp vom ZDH. Betriebswechsel förderten unter den Jugendlichen Mobilität und Eigenverantwortung. Den Betrieben könnten die Azubis zeigen, wie sie mit neuen Situationen umgehen und sich auf neue Menschen einstellen. “In gewisser Weise simuliert man mit der Verbundausbildung den Abteilungswechsel, der für Azubis in Großunternehmen ganz selbstverständlich ist.” Damit könnten kleine Betriebe auch im Azubi-Marketing punkten.

Geht es nach Hoteldirektor Oberdieck, dann ist es für sein Hotel ein großes Plus in der Azubisuche, den jungen Leuten eine Ausbildung in gleich drei Hotels anbieten zu können. Er kann sich vorstellen, künftig sogar noch mehr Betriebe ins Boot zu holen, etwa regionale Zulieferer wie eine Großbäckerei. Sandra Hermes

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Özdemir: Neuer Minister bricht Lanze für frühkindliche Bildung

Der neue Minister für Bildung und Wissenschaft, Cem Özdemir (Grüne), hat in seinem ersten Auftritt in neuer Rolle die Bedeutung der frühkindlichen Bildung unterstrichen und eine Linie zwischen dem Amt des Bundesministers für Ernährung und Landwirtschaft und dem des Bildungsministers gezogen. 

Auf dem Fallings Wall Science Summit in Berlin erklärte er vergangenen Samstag im Gespräch mit Table.Briefings-Herausgeber Sebastian Turner, dass in der frühkindlichen Bildung das “Fundament für die Zukunft” gelegt werde. Auf dem weiteren Bildungsweg gingen immer noch zu viele “Kinder verloren”, sagt Özdemir, der eine Erzieherausbildung und ein Studium der Sozialpädagogik abgeschlossen hat. Deutschland sei eine der größten Ökonomien der Erde. “Aber wir schaffen es immer noch nicht, dass jeder die Chance zu höherer Bildung bekommt.” Bildung sei die wichtigste Ressource des Landes. 

Özdemir: “Denken sie an all die kleinen Einsteins”

“Denken Sie an all die kleinen Einsteins, die kleine Marie Curies”, die nicht entdeckt würden, sagte Özdemir. In seiner Schullaufbahn habe es viele gegeben, die “deutlich heller waren als ich”, die aber nicht die Chance bekommen hätten, ihre Potenziale voll zu entfalten. 

Die Verbindungslinie zwischen seinen beiden Ministerien zieht Özdemir in der Schulverpflegung. Er nannte es “vollkommen unakzeptabel”, dass es in Deutschland Kinder gebe, die hungrig zur Schule gingen. “Stellen Sie sich vor, wenn jedes Kind ein Mittagessen bekommt, das mit den Produkten regionaler Landwirte gekocht wurde, um wie viel erfolgreicher diese Kinder sein könnten”, sagte der neue Bildungsminister. 

Es gebe keine Entschuldigung dafür, dass nicht jedes Kind auf der Erde, “speziell aber in einem reichen Land wie Deutschland”, eine Mahlzeit in der Schule bekomme. Letztlich sei “jeder einzelne Cent, den wir in die Gehirne unserer Kinder investieren, ein sehr gutes Investment in unsere Zukunft”. Thorsten Denkler

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BIBB-Präsident: Warum die Sozialpartner dem BMBF einen “erheblichen Verfahrensmangel” vorwerfen

Mehrere Verbandsvertreter und eine Wissenschaftlerin sind aus dem Begleitgremium ausgetreten, das das BMBF zur Findung eines neuen Präsidenten für das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) eingerichtet hat. Am vergangenen Freitag sandten Elke Hannack, stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB), und Holger Schwannecke, Generalsekretär des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH), ihr Rücktrittsschreiben an BMBF-Staatssekretär Roland Philippi.

Am Montag zogen dann Thomas Ressel, der für die IG Metall die Bildungspolitik verantwortet, und die Soziologin Sabine Pfeiffer nach. Die Schreiben liegen Table.Briefings vor. Im Gremium verbleibt jetzt neben Vertretern des BMBF nur noch die Erziehungswissenschaftlerin Ulrike Weyland. Ein Mitglied der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) hatte das Gremium schon vorzeitig verlassen.

BMBF schließe Bewerber aus Verwaltung, Politik und Praxis aus

Ihren Rücktritt begründen Hannack und Schwannecke mit der anhaltenden BMBF-Auffassung, der neue Präsident sollte ein Wissenschaftler oder eine Wissenschaftlerin sein, der/die zusätzlich zur BIBB-Präsidentschaft einen noch einzurichtenden Lehrstuhl an einer Hochschule erhalten soll. Darin sehen Hannack und Schwannecke einen “erheblichen Verfahrensmangel”, schreiben sie.

Die Doppelberufung lege die Auswahl letztlich in die Hände eines akademischen Berufungsgremiums einer Hochschule und schließe Bewerber “aus der behördlichen, bildungspolitischen oder operativen Anwendungsebene” aus. Das BIBB würde so noch stärker auf die Berufsbildungsforschung ausgerichtet – obwohl das Institut mit Hubert Ertl seit 2017 bereits einen Forschungsdirektor hat, der gleichzeitig die Professur für Berufsbildungsforschung an der Universität Paderborn innehat.

Neben Forschung hat der BIBB-Präsident viele weitere Aufgaben

Neben der Berufsbildungsforschung verantwortet der BIBB-Präsident zwei weitere Aufgabenfelder:

  • Ordnungsarbeit (etwa Mitarbeit an Ausbildungsordnungen)
  • Dienstleistungen (unter anderem verwaltet das BIBB die Förderung überbetrieblicher Berufsbildungsstätten)

Seine drei Geschäftsbereiche soll der Präsident in Absprache mit dem BIBB-Hauptausschuss entwickeln, in dem Arbeitnehmer und -geber neben Bund und Ländern sitzen. Der Präsident repräsentiert zudem die Berufsbildung gegenüber der Politik und in der Öffentlichkeit. Als obligatorische Auswahlkriterien betrachten ZDH und DGB daher etwa auch:

  • ausgeprägte Management- und Führungskompetenzen, 
  • ein fundiertes Wissen der Berufsbildungspolitik und -praxis 
  • sowie einschlägige Berufserfahrung im Bereich der Berufsbildung.

Soziologin Pfeiffer wirft BMBF einseitige Argumentation vor

Statt des Begleitgremiums, in dem sie nur beraten konnten, hatten sich die Sozialpartner vom BMBF eine Findungskommission mit mehr Einflussmöglichkeiten gewünscht. Sabine Pfeiffer, an der Universität Erlangen-Nürnberg Professorin für Soziologie, begründet ihren Rückzug mit dem in ihren Augen nachvollziehbaren Rücktritt der Sozialpartner – denn das Gremium habe damit “jegliche Einbettung in das Berufsbildungsgesetz verloren”. Dem BMBF wirft sie vor, im Austausch “einseitig” und “nicht ergebnisoffen” argumentiert zu haben.

BDA-Hauptgeschäftsführer Steffen Kampeter sagte Table.Briefings, die Arbeitgeber gingen davon aus, dass der BIBB-Präsident gemeinsam mit den Sozialpartnern ausgewählt werde. Entscheidend sei, dass er “führungserfahren und kompetent in den Herausforderungen der beruflichen Bildung” ist.

Das BMBF ließ eine Anfrage von Table.Briefings bis Redaktionsschluss unbeantwortet. Der aktuelle BIBB-Präsident Friedrich Hubert Esser scheidet im Juni 2025 nach 14 Jahren altersbedingt aus dem Amt. Er leitete zuvor die Abteilung Berufliche Bildung beim ZDH. Anna Parrisius

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Adlunas: Wie SPRIND Schultransformation in die Breite bringen will

Das Projekt “Adlunas” der Bundesagentur für Sprunginnovationen (SPRIND) soll den Transfer von erfolgreichen Modellprojekten und Lösungen an möglichst viele Schulen realisieren. Im Fokus steht die Schulentwicklung.

Dabei geht es weniger um pädagogische Ansätze, sondern darum, “Arbeitsweisen aus der Welt der privatwirtschaftlichen Innovation” zu übertragen, um das Schulsystem als Ganzes zu optimieren. SPRIND hat das Projekt am Wochenende auf dem Schulleitungskongress vorgestellt.

Existierende Lösungen sollen in die Breite kommen

Folgendes Vorgehen ist geplant, wie Adlunas-Projektleiter Johannes Koska im Gespräch mit Table.Briefings erklärte:

  • Zunächst sollen Probleme nicht-pädagogischer Natur identifiziert werden, etwa die hohe Belastung von Lehrkräften durch Verwaltungsaufgaben oder die Unsicherheit beim Einsatz Künstlicher Intelligenz.
  • Darauf folgt die Suche nach Personen und Schulen, die dieses Problem bereits erfolgreich gelöst haben oder lösen können.
  • Anschließend sollen die Ansätze in die Breite gebracht und der Austausch von Schulleitungen und anderen Akteuren untereinander gefördert werden. Dafür möchte die SPRIND mit Landesinstituten kooperieren, Workshops organisieren und existierende Veranstaltungen mit Programmpunkten ergänzen.

Eine Schulpreis-Schule soll Vorbild sein für ganzheitliche Schulentwicklung

Bislang sind zwei Projekte geplant:

  • Zum einen soll ein “Betriebssystem für Schulen” bekannt gemacht werden, das auf dem Konzept der Hardtschule in Durmersheim beruht, die 2020 den Schulpreis gewonnen hat. Dahinter steckt ein ganzheitlicher Ansatz der Schulentwicklung, der in ein Baukasten-Prinzip übersetzt werden soll.
  • Zum anderen sollen Experten für Künstliche Intelligenz das KI-Gesetz der EU (AI Act) aufschlüsseln und zeigen, was es für die Schulpraxis bedeutet.

Bislang hänge erfolgreiche Schulentwicklung noch zu oft von einzelnen engagierten Personen ab, sagt Projektleiter Koska. Gehen diese, zerbrechen oft auch Projekte und Schulentwicklungsprozesse. Adlunas soll das ändern – als staatlicher Akteur, der offen für innovative Wege und thematisch ungebunden ist. Wie offen die Länder für die Ideen der Bundesagentur sind, muss sich erst noch zeigen. Die Gespräche mit den Landesinstituten, ebenso wie weitere Projektideen, stehen erst am Anfang. Vera Kraft

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Sprachliche Bildung: Wie die BiSS-Bilanz nach zwölf Jahren ausfällt

In zwölf Jahren hat das Programm “Bildung durch Sprache und Schrift” (BiSS) 3.400 Kitas und Schulen in 15 Ländern (Sachsen ist nicht dabei) erreicht. Zudem bildeten sich mehr als 30.000 Personen zu Fragen der sprachlichen Bildung fort, vor allem Lehrkräfte und pädagogische Fachkräfte. Das ist eines der Resultate der zweitägigen Abschlusstagung zur Bund-Länder-Initiative, die heute in Berlin endet. 

Die Initiative ist im Grunde zweigeteilt: Von 2013 bis 2019 ging es im ersten Teil von BiSS darum, Förder- und Diagnose-Instrumente zu identifizieren, mit denen die sprachliche Entwicklung von Kindern und Jugendlichen unterstützt werden kann. Die Ergebnisse sind unter anderem in einer Datenbank mit mehr als 110 Tools festgehalten. Sie reichen von Online-Diagnostik-Programmen bis zum Kamishibai-Erzähltheater, einem Miniatur-Theater mit Bildkarten.

2.000 zusätzliche BiSS-Schulen und -Kitas in einem Schuljahr

Von 2020 bis heute dann wurden im zweiten Teil die in mehr als 600 Schulen und Kitas erprobten Konzepte, Instrumente und Materialien mithilfe der Nachfolge-Initiative BiSS-Transfer auf aktuell 3.400 Schulen und Kitas ausgeweitet. Allein im Schuljahr 2023/24 schlossen sich mehr als 2.000 Einrichtungen dem vom BMBF und der KMK initiierten Programm an.

Das BMBF hat BiSS und BiSS-Transfer mit insgesamt rund 41 Millionen Euro unterstützt. Die Länder tragen die Kosten des gesamten Personal- und Koordinationsaufwands für die teilnehmenden Schulen sowie die Landesinstitute und Qualitätseinrichtungen.

Michael Becker-Mrotzek, Sprecher des Trägerkonsortiums BiSS-Transfer sagt, mit den entwickelten Materialien, den Blended-Learning-Fortbildungen, vor allem aber mit den Netzwerken in den Ländern seien “Strukturen und Formate entstanden, die jenseits des Projekts erhalten bleiben sollten”. Für einen umfassenden Erfolg müssten Wissenschaft, Administration in Bund und Ländern, Landesinstitute und die schulische Praxis eng kooperieren.

Blick auf frühkindliche Bildung lenken

Laut Becker-Mrotzek sei BiSS “eine echte Erfolgsgeschichte”. Das Programm sei eine positive “Marke, die – anders als manch anderes Programm – die Türen in Klassenzimmer und Schulen öffnet”. Baden-Württemberg etwa rollte 2023 die Leseförderung landesweit aus. Insgesamt machen jetzt im Zuge von BiSS-Transfer mit mehr als 2.100 etwa 90 Prozent der Grundschulen in dem Land mit.

Becker-Mrotzek mahnt zugleich, die frühkindlichen Bildung stärker in den Blick zu nehmen. “Wir haben seinerzeit sehr bedauert, dass die Kitas in BiSS-Transfer nicht stärker vertreten waren.” Was in der Kita versäumt werde, müsse mit hohem Aufwand in der Grundschule nachgeholt werden. Insofern sei es auch schade, dass das Startchancen-Programm nicht die Kitas einbinde.

BiSS-Transfer wird auf Wunsch der beteiligten Länder noch bis Ende 2025 vom BMBF und der KMK fortgeführt. Danach wird das Programm zu Förderung der sprachlichen Bildung alleinige Ländersache. Holger Schleper

Das Programm der BiSS-Abschlusstagung am heutigen Mittwoch können Sie laut Veranstalter im Livestream verfolgen.

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Auszubildende: Warum sie in der Metall- und Elektroindustrie jetzt mehr Geld erhalten

Für alle Azubis in Berufen der Metall- und Elektroindustrie soll ab 2025 die Vergütung überproportional um 140 Euro im Monat steigen. Die Laufzeit des Tarifvertrags beträgt 25 Monate. Das ist ein Ergebnis der vierten Runde der Tarifverhandlungen von IG Metall und Arbeitgebern, die am Dienstag nach 18 Stunden feststand. Da es sich um keine prozentuale Erhöhung handelt, profitieren Auszubildende im ersten Lehrjahr etwas stärker als im zweiten oder dritten. Zum Beispiel steigt die Vergütung in Baden-Württemberg für Lehrlinge im ersten Jahr um 11,1 Prozent (auf 1.267 Euro), für Azubis im dritten Jahr um 9,7 Prozent (auf 1.443 Euro).

Die IG Metall hatte ursprünglich eine Steigerung um 170 Euro verlangt. Ihre Begründung: Verglichen mit anderen Branchen wie der Pflege sei die M+E-Industrie bei der Ausbildungsvergütung ins Hintertreffen geraten. Außerdem würden viele ihre Lehre heute nicht mehr direkt nach der 10. Klasse beginnen, sondern erst, nachdem sie zum Beispiel gejobbt oder ein Studium abgebrochen haben. Viele wohnten daher auch nicht mehr bei ihren Eltern und hätten somit höhere Kosten als Azubis früher. Insgesamt sollen laut dem neuen Tarifvertrag Löhne und Gehälter bis April 2026 um 5,1 Prozent steigen.

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Gesamtmetall-Präsident Wolf: Branche müsse Anreize für Ausbildung erhöhen

Gesamtmetall-Präsident Stefan Wolf sagte zu der Einigung auf die höhere Azubi-Vergütung, sein Verband sehe zwar die Kostenbelastungen für Arbeitgeber. Die Branche stünde aber “nicht nur im Wettbewerb mit anderen Branchen”, sondern auch “mit der Versuchung mancher jungen Menschen, statt einer langfristig lohnenden Berufsausbildung lieber mit Hilfstätigkeiten im Mindestlohnsektor kurzfristig mehr zu verdienen.”

Die Sozialpartner verständigten sich daneben darauf, die Vermittlung demokratischer Kompetenzen im Betrieb stärker zu fördern. Als mögliches Vorbild führen sie das modulare Workshop-Konzept “Demokratie erLEBEN” an, das die Unternehmensinitiative “Allianz der Chancen” mit dem Beratungsunternehmen Forever Day One für die Themen Demokratie, Werte, Vielfalt und Social Media entwickelt hat. IG Metall und Gesamtmetall wollen laut Vereinbarung nun prüfen, “wie solche Workshop-Konzepte oder vergleichbare Ansätze gemeinsam in der Metall- und Elektroindustrie umgesetzt werden können.” Anna Parrisius

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EU-Anhörung: Wo EU-Abgeordnete von Roxana Mînzatu mehr Bildung fordern

Die Vorsitzenden der EU-Ausschüsse für Arbeit und Soziales, Li Andersson, sowie für Kultur und Bildung, Nela Riehl, haben zu Beginn der dreistündigen Anhörung der designierten Kommissarin für Menschen, Kompetenzen und Vorsorge, Roxana Mînzatu, Kritik am Titel ihrer künftigen Behörde geäußert. Er reflektiere in keiner Weise die Aufgaben der designierten Kommissarin, sagte die Finnin Andersson am Dienstagabend.

Verstörend und bedauerlich

Beide Ausschüsse hätten sich gemeinsam für eine Umbenennung in “Kommissarin für gute Arbeit, Bildungskompetenzen und soziale Rechte” ausgesprochen, sagte Andersson. Die deutsche Volt-Abgeordnete Riehl erklärte, dass Bildung gar nicht erwähnt werde, sei “verstörend und bedauerlich”. Sie lobte aber im Anschluss an die Anhörung die von der Rumänin Mînzatu geäußerte Zusicherung, für bessere Bildung in der EU sorgen zu wollen. Bildung sei “der Schlüssel”, um sich zukunftsfähige Kompetenzen aufzubauen, sagte Riehl. Mînzatu versprach, sich zudem für erschwingliche und gute Kinderbetreuung einzusetzen. Das sei eine Investition in unsere Wirtschaft und in unsere Gesellschaft”.

In ihrer Anhörung fokussierte sich Mînzatu auf die Entwicklung eines europäischen Arbeitsmarktes. Der müsse inklusiv sein und “speziell jungen Menschen” gleiche Chancen bieten. Wichtigstes Instrument dafür sei etwa das EU-Programm Youth Guarantee. Es basiert auf einer Übereinkunft aller EU-Mitgliedsstaaten, jungen Menschen unter 30 Jahren gute Arbeit, Bildung und Ausbildung zu ermöglichen. Thorsten Denkler

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Susanne Lin-Klitzing: Was die DPhV-Vorsitzende für Schulen und Lehrkräfte fordert

Die Bundesvorsitzende des Deutschen Philologenverbands, Susanne Lin-Klitzing.

Von Kiel über Leipzig und Dresden nach Berlin: So sieht eine normale Arbeitswoche für Susanne Lin-Klitzing aus. Die Vorsitzende des Deutschen Philologenverbands (DPhV), der vor allem Lehrkräfte an Gymnasien vertritt, aber auch an anderen Schulen, die zum Abitur führen, steht in ständigem Austausch mit Kultus-, Wissenschafts- und Finanzministerien. So will sie Forderungen für die Bildung von morgen in der Debatte verankern. Derzeit ist das vor allem beim endlosen Bund-Länder-Ringen um den Digitalpakt zu beobachten. Der DPhV ist Teil des breiten Bündnisses “Für einen Digitalpakt 2.0”.

Daneben wünscht sich Lin-Klitzing in einer Zeit, in der antidemokratische Einstellungen zunehmen, etwa eine Stärkung des Geschichts- und Politikunterrichts zur Demokratiebildung. Immer wieder fordern sie und Teile des Verbands zudem, Schüler in der Grundschule verstärkt in Deutsch zu unterrichten und dafür beispielsweise auf Englisch zu verzichten. Wie geht das zusammen mit der Vorstellung des DPhV, dass das Stundendeputat sinken soll? “Kurzfristig werden wir beides nicht schaffen”, räumt Lin-Klitzing ein. Mittelfristig müsse die Politik aber auch beim Deputat “endlich umsteuern”. 

Mehr Fachunterricht, niedrigeres Stundendeputat

Nach Einschätzung von Lin-Klitzing wird die aktuelle Bildungspolitik zu sehr vom kurzfristige Blick beherrscht. “In Kultusministerien wird häufig nicht vorausschauend genug gehandelt”, sagt sie. Dabei sei gerade hinsichtlich des nötigen Ausbaus mehrerer Schulfächer offensichtlich, dass es langfristiger Pläne bedürfe, um die Zahl der Lehrkräfte an den Schulen zu erhöhen. Und auch sonst brauche es dringend mehr Lehrkräfte. Geht es nach Lin-Klitzing “130 Prozent in der Planung, um eine hundertprozentige Unterrichtsabdeckung zu gewährleisten”.

Nein zu verkürzten Ausbildungsmodellen

Modelle wie ein duales Lehramtsstudium lehnt die Vorsitzende des Philologenverbands hingegen ab, obwohl sie kurz- und mittelfristig für mehr Lehrkräfte an den Schulen sorgen könnten. Lin-Klitzing fürchtet, dass sonst die wissenschaftliche Qualität der Ausbildung leidet – und in der Konsequenz Schüler nicht so effektiv auf die Zeit nach der Schule vorbereitet würden. Auch andere Ansätze, um die Ausbildung zu verkürzen und attraktiver zu machen – beispielsweise ein verkürztes Referendariat – lehnt Lin-Klitzing ab.

Lesen Sie auch: Standpunkt – Das Lehramtsstudium braucht das Staatsexamen

Erst Lehrerin und Ausbilderin, dann Professorin

Diese Einschätzung trifft Lin-Klitzing vor dem Hintergrund ihrer eigenen Lehrertätigkeit und ihrer Arbeit in der Lehrkräfteausbildung. Geboren und aufgewachsen in Bremerhaven, studierte Lin-Klitzing an der Universität Marburg Germanistik und evangelische Theologie auf Lehramt. Später sollte sie dort auch promovieren und habilitieren. Nach einem Zusatzstudium in Pädagogik und Psychologie in Tübingen startete sie zunächst ins damals noch zweijährige Referendariat. “Diese Zeit war wichtig, weil ich mich ausprobieren und eine Lehrpersönlichkeit entwickeln konnte”, sagt Lin-Klitzing über ihre Ausbildung an zwei verschiedenen Schulen. 

Neben ihrer Tätigkeit als Lehrerin war sie danach Ausbilderin am Studienseminar Esslingen und promovierte später berufsbegleitend beim Erziehungswissenschaftler Wolfgang Klafki. Er habe sie in Bildungsansätzen “massiv geprägt”. Noch heute ist dieser Einfluss spürbar, beispielsweise wenn Lin-Klitzing betont, Schlüsselprobleme wie die Demokratieförderung, aber auch die Digitalisierung in einem starken Fachunterricht und nicht in eigens dafür geschaffenen Fächern angehen zu wollen. 

Dass Lin-Klitzing sich schließlich gegen eine Karriere als Lehrerin entschied, sei “ausschließlich dem Drang nach Weiterentwicklung geschuldet” gewesen. 2007 wurde Lin-Klitzing in Marburg Professorin für Schulpädagogik für die gymnasiale Lehrerbildung. 2017 wechselte sie in ihre heutige Position – nachdem sie zuvor jahrelang im Philologenverband Baden-Württemberg und im geschäftsführenden Vorstand des DPhV tätig gewesen war. Sie ist die erste Frau an der Spitze des Verbands und gleichzeitig die erste hauptamtlich Tätige. In ihrer Arbeit helfen ihr heute ihre vielfältigen Erfahrungen in Praxis und Wissenschaft. “Ich habe den Blick auf Schule aus vielen Perspektiven.” 

Sprachtests und Vorschulen für Chancengleichheit

Dass die 61-Jährige dabei über Forderungen für das Gymnasium hinausdenkt, zeigt etwa ihr Eintreten für bundesweite Sprachtests vor der Grundschule, wie sie etwa in Hamburg bereits gängige Praxis sind. Wer Nachholbedarf hat, solle verpflichtend eine einjährige Vorschule besuchen. 

Lin-Klitzing hält es für “naiv, zu denken, dass es ausreicht, sprachliche Benachteiligungen von Schülern erst ab der ersten Klasse ausgleichen zu wollen”. Ob Erzieher oder Lehrkräfte die zusätzliche Förderung übernehmen sollen, lässt die Vorsitzende des DPhV offen. Auch hier wird es ohne zusätzliches Personal aber kaum funktionieren. Jasper Bennink

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Presseschau

Tagessschau: Ist der Bremer Ausbildungsfonds verfassungswidrig? Nach Klagen verschiedener Arbeitgeberkammern wird der Bremer Staatsgerichtshof am 16. Dezember über die Rechtmäßigkeit des geplanten Bremer Ausbildungsfonds entscheiden. Dieser sieht vor, dass alle Unternehmen eine Ausbildungsabgabe zahlen müssen. Das so gesammelte Geld solle dann an ausbildende Unternehmen ausgeschüttet werden. Durch unklare Formulierung im Gesetz könnten Kirchen oder Vereine etwa ausgenommen sein – womit sich auch für den vorsitzenden Richter die Frage der Gleichbehandlung stellt. (Ist Bremer Ausbildungsumlage zulässig? Entscheidung vor Weihnachten

NTV: Pilotprojekt “Klassengeld” startet in Rheinland-Pfalz. In Rheinland-Pfalz soll die Software “Klassengeld” das Geldsammeln für Schulbücher oder Ausflüge vereinfachen. So sollen die Prozesse sowohl für Lehrkräfte und Schulverwaltungen als auch für Eltern transparenter und effizienter werden. In den kommenden zwei Jahren können alle allgemein- und berufsbildenden Schulen das Programm nutzen. Das Land investiert hierfür 1,3 Millionen Euro. (“Klassengeld” für die Schulen kommt

Welt: Die scheinbare Lösung des Lehrermangels. Die Personalsituation an deutschen Schulen scheint sich laut VBE-Umfrage unter Schulleitern zwar verbessert zu haben. Doch der Vizevorsitzende des VBE Tomi Neckov kritisiert, es gebe meist nur Scheinlösungen. Die bessere personelle Ausstattung sei lediglich auf den vermehrten Einsatz von Seiteneinsteigern und Studenten zurückzuführen. 92 Prozent der Schulleiter sagten, politische Entscheidungen würden zu selten den tatsächlichen Schulalltag berücksichtigen. (Wenn Schulen nur noch dank Seiteneinsteigern und Lehramtsstudenten funktionieren

SZ: Wie Politik und Jugendliche in Kontakt kommen können. Die Brandenburger Landtagspräsidentin Ulrike Liedtke schlägt die Einrichtung eines Jugendparlaments vor. In diesem könnten Jugendliche sich ehrenamtlich mit für sie relevanten politischen Themen auseinandersetzen. Um Jugendliche mehr wertzuschätzen, seien auch neue Wettbewerbsformate denkbar. So könnte zum Beispiel ein Klimapreis an Jugendliche verliehen oder die beste Meisterprüfung ausgezeichnet werden. (Landtagspräsidentin schlägt Jugendparlament vor

NOZ: Steigende Beliebtheit katholischer Schulen. Die katholische Kirche verliert Mitglieder, doch die Bewerberzahlen für katholische Schulen sind hoch. Nicht alle, die sich eine katholische Schule für ihr Kind wünschen, erhalten einen Platz. Der Reiz der katholischen Schulen liegt vermutlich in ihrer ausgeprägten Wertevermittlung – was Eltern an staatlichen Schulen wohl vermissen. Jedoch bedrohen die sinkenden Einnahmen durch die Kirchensteuer die Finanzierung der Schulen. (Hunderte Kinder erhalten keinen Platz: Warum katholische Schulen so beliebt sind

SZ: Mehr Berufsorientierung in Mecklenburg-Vorpommern. In Mecklenburg-Vorpommern soll es ab dem Schuljahr 2025/26 in jeder Jahrgangsstufe einen Projekttag zur Berufsorientierung geben. Schon Kita-Kinder und Grundschüler sollen verschiedene Berufe kennenlernen. In den Jahrgangsstufen acht bis elf soll es fünf zusätzliche Projekttage für die Zusammenarbeit mit Externen geben. Dies ist das Ergebnis einer Zusammenarbeit des dortigen Bildungsministeriums mit der Bundesagentur für Arbeit und Industrie- und Handels- sowie Handwerkskammern. (Berufliche Orientierung an Schulen in MV wird ausgebaut)  

Termine

18. November 2024, 16 bis 19 Uhr, Weingarten
Tagung Fachforum Frühe Bildung “Digitale Lernräume”
Digitale Medien nehmen einen immer größeren Platz in unserem Leben ein. Auch für Grundschüler und Kindergartenkinder wird Medienbildung immer relevanter. In dieser Veranstaltung der Pädagogischen Hochschule Weingarten soll diskutiert werden, wie ein kindgerechter Umgang mit digitalen Medien und Medienbildung aussehen kann. INFOS & ANMELDUNG

21. November 2024, 9.30 bis 15.30 Uhr, online
Webinar Karg Spotlight 2024 “Begabungsförderung in der Kita: Eltern beraten und begleiten”
Wie gelingt die Zusammenarbeit zwischen Eltern und pädagogischen Fachkräften, um (hoch-)begabte Kinder schon in der Kita effektiv zu fördern? Wie gelingt die Kommunikation mit Eltern? Welche Rolle spielt eine heterogene Elternschaft? Diesen Fragen widmet sich die digitale Vernetzungstagung der Karg-Stiftung. INFOS & ANMELDUNG

21. November, 17 bis 18 Uhr, online
Webinar Bildungspolitik zwischen Erkenntnissen und Handlungsbedarfen – Vorstellung des Nationalen Bildungsberichts 2024
Im Fokus dieser Veranstaltung der Friedrich-Ebert-Stiftung stehen die Ergebnisse des diesjährigen Nationalen Bildungsberichts. Welche Auskunft liefert der Bericht über den Zustand des deutschen Bildungssystems? INFOS & ANMELDUNG

18. November 2024, 16 bis 17 Uhr, online
Webinar Mehr als Textproduktion – Large Language Models und generative KI in der Bildung
Der Kompetenzverbund lernen:digital lädt Anika Limburg, Leiterin des Bildungscampus Saarland, die Professorin für Wirtschaftsinformatik Doris Weßels und Britta Kölling, Abteilungsleitung Digitalität und KI an einem Gymnasium, ein, um über das Potenzial von KI im Schulunterricht und in der Lehrkräftebildung zu sprechen. INFOS & ANMELDUNG

Bildung.Table Redaktion

BILDUNG.TABLE REDAKTION

Licenses:
    Liebe Leserin, lieber Leser,

    eine Steigerungsform von tot gibt es ja nicht. Aber bezogen auf den Digitalpakt II wären einem nach dem Aus der Ampel durchaus ein paar eingefallen. Tot, toter, mausetot. Wie soll das auch gehen, wenn Geld, das der Bund geben würde, erst von einem Parlament freigegeben wurden müsste, in dem die Regierung keine Mehrheit mehr hat?

    Auf der dritten Statuskonferenz zum Digitalpakt I, die meine Kollegin Vera Kraft für Sie in Berlin besuchte, waren sich die Teilnehmer zwar bei einiger Kritik durchaus einig über den Erfolg des im Frühjahr ausgelaufenen Programms. Aber nicht ganz so unbeschwert über die Aussichten für den Digitalpakt II. Welche Hoffnungen und Möglichkeiten es dennoch geben könnte, wie groß der Handlungsdruck ist, und welchen neuen Schwung der neue Bildungsminister Cem Özdemir bringen könnte, haben wir für Sie analysiert.

    Aber was würden Sie eigentlich in der digitalen Bildung besser, anders machen? Und was bedeutet ein vorläufiges Aus des Digitalpakts II aus Ihrer Sicht für Länder und Schulen?

    Darüber wollen wir mit Ihnen ins Gespräch kommen. Melden Sie sich hier kostenlos für unser Live.Briefing am Dienstag, 26. November, von 12 bis 13 Uhr an. Mit dabei sind unter anderem Birgit Eickelmann, wissenschaftliche Leiterin des deutschen Teils der internationalen Vergleichstudie für digitale Bildung, ICILS. Und Christian Büttner, Vorsitzender des Bündnisses für Bildung.

    Bereits am morgigen Donnerstag, 14. November, widmen wir uns von 13 bis 14 Uhr in einem Live.Briefing einem weiteren Thema, das nicht nur für den Bildungsstandort Deutschland wegweisend ist: “MINT-Kompetenzen im Sinkflug: Wie steuert Deutschland gegen?Hier können Sie sich anmelden und mit renommierten Expertinnen und Experten diskutieren.

    Dass die Zusammenarbeit von Betrieben helfen kann, zeigt Sandra Hermes in ihrer Analyse. Sie hat sich das Modell der Verbundausbildung genauer angesehen. Betriebe schließen sich dabei für die Ausbildung zusammen und bilden eine Art Ausbildungsgemeinschaft. Im Text erfahren Sie, inwiefern davon Betriebe profitieren, aber auch Azubis.

    Bleiben Sie uns gewogen.

    Ihr
    Thorsten Denkler
    Bild von Thorsten  Denkler

    Analyse

    Statuskonferenz: Welche Hoffnung es für den Digitalpakt II gibt

    Nach fünf Jahren und 6,5 Milliarden investierten Euro hat der Bund Bilanz zum Digitalpakt I gezogen. Das Bundesbildungsministerium lud für Dienstag und Mittwoch zur dritten Statuskonferenz nach Berlin ein. Die Veranstaltung wurde am Dienstag ein Ort des Austausches – und des Ringens: Wie ist der Status nach Auslaufen des ersten Digitalpakts zu bewerten? 

    Trotz aller Aufrufe, die bisherigen Erfolge zu feiern, dämpfte der Realitätscheck zunächst die Feierlaune: Zum einen war da die fehlende Einigung auf einen Digitalpakt II, zum anderen die jüngst erschienene ICIL-Studie, die Jugendlichen sinkende digitale Kompetenzen bescheinigt. 

    Besonders eine Frage schien viele Teilnehmende der Konferenz zu beschäftigen: Warum gehen die digitalen Kompetenzen Jugendlicher zurück – obwohl es Milliardeninvestitionen in die technische Ausstattung und die Fortbildung von Lehrkräften gab?

    Zeit zu knapp für bessere Ergebnisse

    Die Zeit hat schlicht noch nicht ausgereicht, lautete eine Antwort. Die Digitalpakt-Projekte würden schließlich gerade einmal seit dreieinhalb Jahren laufen, sagte Wilfried Kühner, Amtschef des sächsischen Kultusministeriums. “Lassen Sie uns die Konzepte doch erst einmal ausführen.”

    Ein anderer Erklärversuch liegt in der Art und Weise, wie digitales Lehren und Lernen bislang in der Schulpraxis umgesetzt wird. Werden Kreidetafeln mit Smartboards ersetzt, ohne Lehrkräften ausreichend im Umgang zu schulen, entsteht kaum Mehrwert für die Schülerinnen und Schüler. Lehrkräfte haben dann mit der Technik zu kämpfen, statt sich lernwirksame Konzepte überlegen zu können.

    Die Landesinstitute müssen daher künftig noch viel stärker in die Fortbildung eingebunden werden, forderte Jacob Chammon, Geschäftsführer der Deutschen Telekom Stiftung. Torsten Klieme, Staatsrat im Bildungssenat Bremen, widerspricht: Damit das etwas bringe, müssten sich die Landesinstitute und die Art, wie Fortbildungen stattfinden, erst einmal ändern. Die Institute müssten mehr in die Schulen gehen und selbst kompetent im digitalen Unterrichten sein.

    Unterschiedliche Bilanzen zum Digitalpakt I

    Auch an anderen Stellen zeigte sich ein Ringen um die Bilanz zum Digitalpakt I. Die Länderprojekte beispielsweise, werden von den einen hochgelobt, von den anderen als unnötige Parallelstruktur kritisiert.

    An der Konferenz selbst gibt es ebenfalls Kritik: Vor lauter Fokus auf das Klein-Klein und die operative Ebene, gerate die strukturelle Ebene aus dem Blick – und damit die Frage, was das Ziel der digitalen Bildung sein soll.

    In einer Sache sind sich jedoch alle einig: Der Digitalpakt II muss kommen. Und hier, das ist eine Hoffnung, die auch die Konferenz begleitet, könnte es einen Weg geben, eine zeitnahe Lösung zu finden. Zumindest weit bevor es zu Neuwahlen kommt.

    Sowohl von BMBF als auch Länderseite ist zu hören: Die laufenden Verhandlungen zum Digitalpakt sollen zunächst weitergeführt werden. Die neue Hausleitung unter Minister Cem Özdemir (Grüne) wird dabei keineswegs als Hindernis wahrgenommen. Im Gegenteil: Manche Absprachen könnten jetzt leichter fallen und neue Impulse könnten den Prozess beschleunigen.

    Wie noch vor der Neuwahl der Digitalpakt II stehen könnte

    Selbst ohne Haushalt und neue Regierung könnte am Ende der Verhandlung zumindest “eine dringende Empfehlung” stehen, wie Table.Briefings erfuhr. Sogar eine Bund-Länder-Vereinbarung wäre möglich. Diese müsste sowohl die Finanzierung klären als auch den Rahmen abstecken, etwa welche Anrechnungsmöglichkeiten die Länder für Ausgaben bekommen, die sie jetzt schon in digitales Lernen investieren. 

    Die politische Kunst läge darin, eine Vereinbarung hinzubekommen, die eine neue Bundesregierung, egal in welcher Farbkombination, nicht infrage stellen würde. Da mit den A- und B-Ländern zumindest schon SPD und Union an Bord sind, besteht Zuversicht, dass so eine Einigung – oder auch nur eine Empfehlung – bereits große Wirkung auf eine neue Regierung hat.

    Käme es zu einer Vereinbarung, wäre dies exekutives Regierungshandeln. Um sie in Kraft treten zu lassen, braucht es nur einen Kabinettsbeschluss, aber keinen Beschluss des Bundestages. Die Länder wiederum müssten in einem Ratifizierungsprozess der Vereinbarung zustimmen. Was aber nur eine Formsache wäre. 

    Vereinbarung unter Finanzierungsvorbehalt

    Die Vereinbarung stünde so lange unter Finanzierungsvorbehalt, bis ein neuer Haushalt verabschiedet ist. Dennoch könnten Bund, Länder und Kommunen mit der schriftlichen politischen Einigung über Parteigrenzen hinweg die nötigen Vorbereitungen treffen, dass der Digitalpakt II mit der Mittelfreigabe im Haushalt 2025 umgehend scharf geschaltet werden kann. Das würde gegenüber der Alternative – abwarten bis eine neue Regierung einen Haushalt beschlossen hat – erheblich Zeit sparen.

    Und Zeit zu warten, gebe es nicht, sagte beispielsweise Chammon. Vertreter aus Kommunen berichteten bereits, “die Hütte brennt”.  Es gäbe großen Bedarf, Geräte zu reparieren. Und vor allem beim Thema Cybersicherheit herrsche große Verunsicherung. Hier brauche es Vorgaben, die Lehrkräften ein rechtssicheres Handeln vereinfachen.

    Geräte des Digitalpakts altern bereits

    Und noch etwas bewegt Schulen in der Praxis: “Die meisten Laptops und Tablets für Lehrkräfte wurden 2020 mit Stichtag angeschafft”, sagt Susanne Lin-Klitzing, Vorsitzende des Deutschen Philologenverbandes, zu Table.Briefings. Viele neue Lehrkräfte könnten keine Geräte bekommen – es sei denn, jemand gebe seins zurück. “Und die Geräte, die noch da sind, altern unaufhörlich.” Selbst wenn sie noch einigermaßen funktionieren, gebe es immer mehr Probleme mit den Software-Updates. 

     Jedes Schulgebäude braucht doch einen Hausmeister oder eine Hausmeisterin – dasselbe gilt für die IT.  Wenn sich da niemand professionell drum kümmert, verfällt sie”, sagt Lin-Klitzing. Und sie warnt vor dem Frust beim Personal”. Wenn Lehrkräfte jetzt sähen, dass die Politik die versprochene Infrastruktur nicht zur Verfügung stellt, geht immens Vertrauen verloren”.

    Özdemir: Digitalpakt soll 2025 wirksam werden

    Um eben dieses Vertrauen sind die politischen Vertreter – sowohl seitens des Bundes als auch der Länder – daher stark bemüht. Anders als seine Vorgängerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) erschien der neue Bildungsminister sogar persönlich zur Statuskonferenz. Özdemir versicherte:  Die Gespräche zum Digitalpakt II gehen weiter.” Er wolle alle möglichen Wege ausloten, damit der Digitalpakt 2025 wirksam werden könne.

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    Verbundausbildung: Was es bringt, wenn Betriebe sich die Ausbildungsverantwortung teilen

    Um kleine und mittlere Unternehmen für eine Ausbildung zu gewinnen, fördert Niedersachsen seit zwei Jahren Ausbildungsverbünde. Acht Zusammenschlüsse hat das Kultusministerium seither nach eigenen Angaben für die Förderung genehmigt, sieben konzentrieren sich dabei auf die Ausbildung benachteiligter Jugendlicher. Unterstützung erhalten die Betriebe etwa für Bildungs- und Beratungspersonal, Fahrtkosten und Ausstattung. Auch Hamburg, Brandenburg, Baden-Württemberg, Sachsen und Niedersachsen zahlen nach Angaben des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH) Zuschüsse an Unternehmen, die im Verbund ausbilden.

    Berlin förderte die Verbundausbildung laut Senatsverwaltung 2023 mit 1,4 Millionen Euro und unterhält seit 2014 als einziges Land eine branchenübergreifende und kostenlose Verbundberatung. Bis Ende 2023 hat sie nach Angaben der Projektleiterin Kerstin Josupeit-Metzner 3.136 Ausbildungsverhältnisse initiiert oder begleitet. 383 Unternehmen starteten dabei erstmalig in die Ausbildung oder konnten einen neuen Ausbildungsberuf anbieten. Trotz dieses Erfolgs wird jetzt von den Betrieben und dem Träger der Beratungsstelle ein Ende der Förderung befürchtet. Nordrhein-Westfalen und Bremen haben ihre Förderungen schon auslaufen lassen.

    Dank Kooperationen können Betriebe in neuen Berufen ausbilden

    Fast 20 Jahre nach Einführung der Verbundausbildung im Berufsbildungsgesetz (§ 10 Abs. 5) stellt sich die Frage, was sie bisher gebracht hat. Konnten etwa mehr Ausbildungsplätze geschaffen werden? Valide Daten fehlen. Die Ausbildungsverträge lassen keine solchen Rückschlüsse zu. Repräsentative Untersuchungen gibt es nicht. Auch über die Zahl der genehmigten Förderungen in den Ländern lässt sich kaum auf die Gesamtzahl der Ausbildungsverbünde schließen, sagt Projektleiterin Josupeit-Metzner von der Berliner Verbundberatungsstelle. Etwa, weil viele Betriebe die Verbundausbildung auch ohne Förderung anböten.

    In ihrem Beratungsalltag macht Josupeit-Metzner aber immer wieder die Erfahrung, dass sich ihr Erfolg ohnehin anders bemisst. Neue und kreative Kooperationen etwa führten häufig dazu, dass die Betriebe erst mithilfe der Verbundausbildung in die Lage versetzt werden, in einem neuen, dringend benötigten Beruf ausbilden zu können.

    Zahl der Azubis steigern, ist nicht die einzige Motivation

    Hotelier Tim Oberdieck sagt, in seiner Branche seit es schon ein großer Erfolg, dass er dank Ausbildungsverbund seine Verträge mit Azubis bereits im Frühjahr unter Dach und Fach bringe. Der Direktor des Atlantic Hotel Sail City in Bremerhaven bildet sie seit 2022 gemeinsam mit zwei Hotels aus. Im Projekt meerzukunft3 gehe es den Verantwortlichen darum, Fachkräfte für den eigenen Bedarf auszubilden, diese langfristig zu binden und so auch etwas für die Region Bremerhaven zu tun.

    Kirsten Kielbassa-Schnepp, Berufsbildungsexpertin vom ZDH, sieht eine Reihe weiterer Motivatoren, warum Unternehmen in die Verbundausbildung einsteigen:

    • Kleineren Betrieben erleichtern Ausbildungsverbünde den Einstieg in die Ausbildung.
    • Stark spezialisierte Betriebe können mithilfe von Partnern die Ausbildungsordnung abdecken.
    • Größere Betriebe können ihre Ausbildungskapazitäten, zum Beispiel ihre Lehrwerkstätten, besser auslasten.
    • Die Ausbildungsbetriebe können Erkenntnisse austauschen.

    Vier Modelle der Ausbildungsverbünde dominieren

    Die Verbundausbildung zeigt sich heute laut ZDH vor allem in vier Ausprägungen:

    1. Eine häufig genutzte Variante ist der Zusammenschluss eines Leit- und eines Partnerbetriebs. Dabei unterstützt zum Beispiel ein großes Industrieunternehmen einen kleineren Zulieferer, weil dieser etwa keine Ausbildungswerkstatt unterhält. Der Azubi wird für bestimmte Ausbildungsphasen in den Partnerbetrieb entsandt, um dort Inhalte oder Fertigkeiten zu lernen, die der Leitbetrieb nicht vermitteln kann.
    2. In einem Ausbildungskonsortium stellen mehrere Betriebe Azubis ein, die dann rotieren und so unterschiedliche Inhalte und Abläufe kennenlernen.
    3. Weniger verbreitet ist die Gründung eines Ausbildungsvereins, in dem sich mehrere Betriebe zusammenschließen und der Verein als Ausbilder auftritt. Manchem Kleinstbetrieb ebnet diese Option erst den Weg, überhaupt ausbilden zu können.
    4. Die vierte Option ist die Auftragsausbildung. Dabei entsendet der Stammbetrieb den Azubi zeitweise in einen anderen Betrieb oder zu einem externen Ausbildungsdienstleister.

    Einige Unternehmen bewerten Verbundausbildung kritisch

    Allen Modellen ist gemein, dass es für den Azubi immer nur einen Vertragspartner gibt. Die Ausgestaltung der Kooperation regeln die Partner untereinander.

    Einige Betriebe beurteilen die Verbundausbildung in Zeiten des Fachkräftemangels Kielbassa-Schnepp zufolge skeptisch. Schließlich stünden die kooperierenden Betriebe am Ende im Wettbewerb um die fertigen Azubis. “Das Konstrukt des Ausbildungskonsortiums bietet hier die größte Sicherheit.” Bilden mehrere Betriebe gemeinsam mehrere Azubis aus, sei die Chance groß, dass am Ende kein Unternehmen leer ausgeht.

    Externe Partner wichtig für Ausbildungspartnerschaften

    Für den Erfolg der Verbundausbildung hat das Bundesinstitut für Berufsbildung in einer aktuellen Studie wichtige Faktoren ausgemacht. Neben geteilten Werten in der Unternehmensführung und regelmäßigen Absprachen sei eine unterstützende und treibende externe Organisation wie die Verbundberatung oder ein Branchenverband wichtig für den Aufbau und die Stabilisierung von Ausbildungspartnerschaften, sagt Studienleiterin Anke Bahl.

    Vorteile für Azubis in der Verbundausbildung

    Gut umgesetzt, können Ausbildungsverbünde auch den Azubis viele Vorteile bieten – und so die Attraktivität der Ausbildung fördern. “Die Auszubildenden lernen einen oder mehrere weitere Betriebe und deren Arbeitsweisen kennen”, sagt Kielbassa-Schnepp vom ZDH. Betriebswechsel förderten unter den Jugendlichen Mobilität und Eigenverantwortung. Den Betrieben könnten die Azubis zeigen, wie sie mit neuen Situationen umgehen und sich auf neue Menschen einstellen. “In gewisser Weise simuliert man mit der Verbundausbildung den Abteilungswechsel, der für Azubis in Großunternehmen ganz selbstverständlich ist.” Damit könnten kleine Betriebe auch im Azubi-Marketing punkten.

    Geht es nach Hoteldirektor Oberdieck, dann ist es für sein Hotel ein großes Plus in der Azubisuche, den jungen Leuten eine Ausbildung in gleich drei Hotels anbieten zu können. Er kann sich vorstellen, künftig sogar noch mehr Betriebe ins Boot zu holen, etwa regionale Zulieferer wie eine Großbäckerei. Sandra Hermes

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    Özdemir: Neuer Minister bricht Lanze für frühkindliche Bildung

    Der neue Minister für Bildung und Wissenschaft, Cem Özdemir (Grüne), hat in seinem ersten Auftritt in neuer Rolle die Bedeutung der frühkindlichen Bildung unterstrichen und eine Linie zwischen dem Amt des Bundesministers für Ernährung und Landwirtschaft und dem des Bildungsministers gezogen. 

    Auf dem Fallings Wall Science Summit in Berlin erklärte er vergangenen Samstag im Gespräch mit Table.Briefings-Herausgeber Sebastian Turner, dass in der frühkindlichen Bildung das “Fundament für die Zukunft” gelegt werde. Auf dem weiteren Bildungsweg gingen immer noch zu viele “Kinder verloren”, sagt Özdemir, der eine Erzieherausbildung und ein Studium der Sozialpädagogik abgeschlossen hat. Deutschland sei eine der größten Ökonomien der Erde. “Aber wir schaffen es immer noch nicht, dass jeder die Chance zu höherer Bildung bekommt.” Bildung sei die wichtigste Ressource des Landes. 

    Özdemir: “Denken sie an all die kleinen Einsteins”

    “Denken Sie an all die kleinen Einsteins, die kleine Marie Curies”, die nicht entdeckt würden, sagte Özdemir. In seiner Schullaufbahn habe es viele gegeben, die “deutlich heller waren als ich”, die aber nicht die Chance bekommen hätten, ihre Potenziale voll zu entfalten. 

    Die Verbindungslinie zwischen seinen beiden Ministerien zieht Özdemir in der Schulverpflegung. Er nannte es “vollkommen unakzeptabel”, dass es in Deutschland Kinder gebe, die hungrig zur Schule gingen. “Stellen Sie sich vor, wenn jedes Kind ein Mittagessen bekommt, das mit den Produkten regionaler Landwirte gekocht wurde, um wie viel erfolgreicher diese Kinder sein könnten”, sagte der neue Bildungsminister. 

    Es gebe keine Entschuldigung dafür, dass nicht jedes Kind auf der Erde, “speziell aber in einem reichen Land wie Deutschland”, eine Mahlzeit in der Schule bekomme. Letztlich sei “jeder einzelne Cent, den wir in die Gehirne unserer Kinder investieren, ein sehr gutes Investment in unsere Zukunft”. Thorsten Denkler

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    BIBB-Präsident: Warum die Sozialpartner dem BMBF einen “erheblichen Verfahrensmangel” vorwerfen

    Mehrere Verbandsvertreter und eine Wissenschaftlerin sind aus dem Begleitgremium ausgetreten, das das BMBF zur Findung eines neuen Präsidenten für das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) eingerichtet hat. Am vergangenen Freitag sandten Elke Hannack, stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB), und Holger Schwannecke, Generalsekretär des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH), ihr Rücktrittsschreiben an BMBF-Staatssekretär Roland Philippi.

    Am Montag zogen dann Thomas Ressel, der für die IG Metall die Bildungspolitik verantwortet, und die Soziologin Sabine Pfeiffer nach. Die Schreiben liegen Table.Briefings vor. Im Gremium verbleibt jetzt neben Vertretern des BMBF nur noch die Erziehungswissenschaftlerin Ulrike Weyland. Ein Mitglied der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) hatte das Gremium schon vorzeitig verlassen.

    BMBF schließe Bewerber aus Verwaltung, Politik und Praxis aus

    Ihren Rücktritt begründen Hannack und Schwannecke mit der anhaltenden BMBF-Auffassung, der neue Präsident sollte ein Wissenschaftler oder eine Wissenschaftlerin sein, der/die zusätzlich zur BIBB-Präsidentschaft einen noch einzurichtenden Lehrstuhl an einer Hochschule erhalten soll. Darin sehen Hannack und Schwannecke einen “erheblichen Verfahrensmangel”, schreiben sie.

    Die Doppelberufung lege die Auswahl letztlich in die Hände eines akademischen Berufungsgremiums einer Hochschule und schließe Bewerber “aus der behördlichen, bildungspolitischen oder operativen Anwendungsebene” aus. Das BIBB würde so noch stärker auf die Berufsbildungsforschung ausgerichtet – obwohl das Institut mit Hubert Ertl seit 2017 bereits einen Forschungsdirektor hat, der gleichzeitig die Professur für Berufsbildungsforschung an der Universität Paderborn innehat.

    Neben Forschung hat der BIBB-Präsident viele weitere Aufgaben

    Neben der Berufsbildungsforschung verantwortet der BIBB-Präsident zwei weitere Aufgabenfelder:

    • Ordnungsarbeit (etwa Mitarbeit an Ausbildungsordnungen)
    • Dienstleistungen (unter anderem verwaltet das BIBB die Förderung überbetrieblicher Berufsbildungsstätten)

    Seine drei Geschäftsbereiche soll der Präsident in Absprache mit dem BIBB-Hauptausschuss entwickeln, in dem Arbeitnehmer und -geber neben Bund und Ländern sitzen. Der Präsident repräsentiert zudem die Berufsbildung gegenüber der Politik und in der Öffentlichkeit. Als obligatorische Auswahlkriterien betrachten ZDH und DGB daher etwa auch:

    • ausgeprägte Management- und Führungskompetenzen, 
    • ein fundiertes Wissen der Berufsbildungspolitik und -praxis 
    • sowie einschlägige Berufserfahrung im Bereich der Berufsbildung.

    Soziologin Pfeiffer wirft BMBF einseitige Argumentation vor

    Statt des Begleitgremiums, in dem sie nur beraten konnten, hatten sich die Sozialpartner vom BMBF eine Findungskommission mit mehr Einflussmöglichkeiten gewünscht. Sabine Pfeiffer, an der Universität Erlangen-Nürnberg Professorin für Soziologie, begründet ihren Rückzug mit dem in ihren Augen nachvollziehbaren Rücktritt der Sozialpartner – denn das Gremium habe damit “jegliche Einbettung in das Berufsbildungsgesetz verloren”. Dem BMBF wirft sie vor, im Austausch “einseitig” und “nicht ergebnisoffen” argumentiert zu haben.

    BDA-Hauptgeschäftsführer Steffen Kampeter sagte Table.Briefings, die Arbeitgeber gingen davon aus, dass der BIBB-Präsident gemeinsam mit den Sozialpartnern ausgewählt werde. Entscheidend sei, dass er “führungserfahren und kompetent in den Herausforderungen der beruflichen Bildung” ist.

    Das BMBF ließ eine Anfrage von Table.Briefings bis Redaktionsschluss unbeantwortet. Der aktuelle BIBB-Präsident Friedrich Hubert Esser scheidet im Juni 2025 nach 14 Jahren altersbedingt aus dem Amt. Er leitete zuvor die Abteilung Berufliche Bildung beim ZDH. Anna Parrisius

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    Adlunas: Wie SPRIND Schultransformation in die Breite bringen will

    Das Projekt “Adlunas” der Bundesagentur für Sprunginnovationen (SPRIND) soll den Transfer von erfolgreichen Modellprojekten und Lösungen an möglichst viele Schulen realisieren. Im Fokus steht die Schulentwicklung.

    Dabei geht es weniger um pädagogische Ansätze, sondern darum, “Arbeitsweisen aus der Welt der privatwirtschaftlichen Innovation” zu übertragen, um das Schulsystem als Ganzes zu optimieren. SPRIND hat das Projekt am Wochenende auf dem Schulleitungskongress vorgestellt.

    Existierende Lösungen sollen in die Breite kommen

    Folgendes Vorgehen ist geplant, wie Adlunas-Projektleiter Johannes Koska im Gespräch mit Table.Briefings erklärte:

    • Zunächst sollen Probleme nicht-pädagogischer Natur identifiziert werden, etwa die hohe Belastung von Lehrkräften durch Verwaltungsaufgaben oder die Unsicherheit beim Einsatz Künstlicher Intelligenz.
    • Darauf folgt die Suche nach Personen und Schulen, die dieses Problem bereits erfolgreich gelöst haben oder lösen können.
    • Anschließend sollen die Ansätze in die Breite gebracht und der Austausch von Schulleitungen und anderen Akteuren untereinander gefördert werden. Dafür möchte die SPRIND mit Landesinstituten kooperieren, Workshops organisieren und existierende Veranstaltungen mit Programmpunkten ergänzen.

    Eine Schulpreis-Schule soll Vorbild sein für ganzheitliche Schulentwicklung

    Bislang sind zwei Projekte geplant:

    • Zum einen soll ein “Betriebssystem für Schulen” bekannt gemacht werden, das auf dem Konzept der Hardtschule in Durmersheim beruht, die 2020 den Schulpreis gewonnen hat. Dahinter steckt ein ganzheitlicher Ansatz der Schulentwicklung, der in ein Baukasten-Prinzip übersetzt werden soll.
    • Zum anderen sollen Experten für Künstliche Intelligenz das KI-Gesetz der EU (AI Act) aufschlüsseln und zeigen, was es für die Schulpraxis bedeutet.

    Bislang hänge erfolgreiche Schulentwicklung noch zu oft von einzelnen engagierten Personen ab, sagt Projektleiter Koska. Gehen diese, zerbrechen oft auch Projekte und Schulentwicklungsprozesse. Adlunas soll das ändern – als staatlicher Akteur, der offen für innovative Wege und thematisch ungebunden ist. Wie offen die Länder für die Ideen der Bundesagentur sind, muss sich erst noch zeigen. Die Gespräche mit den Landesinstituten, ebenso wie weitere Projektideen, stehen erst am Anfang. Vera Kraft

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    Sprachliche Bildung: Wie die BiSS-Bilanz nach zwölf Jahren ausfällt

    In zwölf Jahren hat das Programm “Bildung durch Sprache und Schrift” (BiSS) 3.400 Kitas und Schulen in 15 Ländern (Sachsen ist nicht dabei) erreicht. Zudem bildeten sich mehr als 30.000 Personen zu Fragen der sprachlichen Bildung fort, vor allem Lehrkräfte und pädagogische Fachkräfte. Das ist eines der Resultate der zweitägigen Abschlusstagung zur Bund-Länder-Initiative, die heute in Berlin endet. 

    Die Initiative ist im Grunde zweigeteilt: Von 2013 bis 2019 ging es im ersten Teil von BiSS darum, Förder- und Diagnose-Instrumente zu identifizieren, mit denen die sprachliche Entwicklung von Kindern und Jugendlichen unterstützt werden kann. Die Ergebnisse sind unter anderem in einer Datenbank mit mehr als 110 Tools festgehalten. Sie reichen von Online-Diagnostik-Programmen bis zum Kamishibai-Erzähltheater, einem Miniatur-Theater mit Bildkarten.

    2.000 zusätzliche BiSS-Schulen und -Kitas in einem Schuljahr

    Von 2020 bis heute dann wurden im zweiten Teil die in mehr als 600 Schulen und Kitas erprobten Konzepte, Instrumente und Materialien mithilfe der Nachfolge-Initiative BiSS-Transfer auf aktuell 3.400 Schulen und Kitas ausgeweitet. Allein im Schuljahr 2023/24 schlossen sich mehr als 2.000 Einrichtungen dem vom BMBF und der KMK initiierten Programm an.

    Das BMBF hat BiSS und BiSS-Transfer mit insgesamt rund 41 Millionen Euro unterstützt. Die Länder tragen die Kosten des gesamten Personal- und Koordinationsaufwands für die teilnehmenden Schulen sowie die Landesinstitute und Qualitätseinrichtungen.

    Michael Becker-Mrotzek, Sprecher des Trägerkonsortiums BiSS-Transfer sagt, mit den entwickelten Materialien, den Blended-Learning-Fortbildungen, vor allem aber mit den Netzwerken in den Ländern seien “Strukturen und Formate entstanden, die jenseits des Projekts erhalten bleiben sollten”. Für einen umfassenden Erfolg müssten Wissenschaft, Administration in Bund und Ländern, Landesinstitute und die schulische Praxis eng kooperieren.

    Blick auf frühkindliche Bildung lenken

    Laut Becker-Mrotzek sei BiSS “eine echte Erfolgsgeschichte”. Das Programm sei eine positive “Marke, die – anders als manch anderes Programm – die Türen in Klassenzimmer und Schulen öffnet”. Baden-Württemberg etwa rollte 2023 die Leseförderung landesweit aus. Insgesamt machen jetzt im Zuge von BiSS-Transfer mit mehr als 2.100 etwa 90 Prozent der Grundschulen in dem Land mit.

    Becker-Mrotzek mahnt zugleich, die frühkindlichen Bildung stärker in den Blick zu nehmen. “Wir haben seinerzeit sehr bedauert, dass die Kitas in BiSS-Transfer nicht stärker vertreten waren.” Was in der Kita versäumt werde, müsse mit hohem Aufwand in der Grundschule nachgeholt werden. Insofern sei es auch schade, dass das Startchancen-Programm nicht die Kitas einbinde.

    BiSS-Transfer wird auf Wunsch der beteiligten Länder noch bis Ende 2025 vom BMBF und der KMK fortgeführt. Danach wird das Programm zu Förderung der sprachlichen Bildung alleinige Ländersache. Holger Schleper

    Das Programm der BiSS-Abschlusstagung am heutigen Mittwoch können Sie laut Veranstalter im Livestream verfolgen.

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    Auszubildende: Warum sie in der Metall- und Elektroindustrie jetzt mehr Geld erhalten

    Für alle Azubis in Berufen der Metall- und Elektroindustrie soll ab 2025 die Vergütung überproportional um 140 Euro im Monat steigen. Die Laufzeit des Tarifvertrags beträgt 25 Monate. Das ist ein Ergebnis der vierten Runde der Tarifverhandlungen von IG Metall und Arbeitgebern, die am Dienstag nach 18 Stunden feststand. Da es sich um keine prozentuale Erhöhung handelt, profitieren Auszubildende im ersten Lehrjahr etwas stärker als im zweiten oder dritten. Zum Beispiel steigt die Vergütung in Baden-Württemberg für Lehrlinge im ersten Jahr um 11,1 Prozent (auf 1.267 Euro), für Azubis im dritten Jahr um 9,7 Prozent (auf 1.443 Euro).

    Die IG Metall hatte ursprünglich eine Steigerung um 170 Euro verlangt. Ihre Begründung: Verglichen mit anderen Branchen wie der Pflege sei die M+E-Industrie bei der Ausbildungsvergütung ins Hintertreffen geraten. Außerdem würden viele ihre Lehre heute nicht mehr direkt nach der 10. Klasse beginnen, sondern erst, nachdem sie zum Beispiel gejobbt oder ein Studium abgebrochen haben. Viele wohnten daher auch nicht mehr bei ihren Eltern und hätten somit höhere Kosten als Azubis früher. Insgesamt sollen laut dem neuen Tarifvertrag Löhne und Gehälter bis April 2026 um 5,1 Prozent steigen.

    Lesen Sie auch: Wo Azubis neuerdings überdurchschnittlich gut verdienen

    Gesamtmetall-Präsident Wolf: Branche müsse Anreize für Ausbildung erhöhen

    Gesamtmetall-Präsident Stefan Wolf sagte zu der Einigung auf die höhere Azubi-Vergütung, sein Verband sehe zwar die Kostenbelastungen für Arbeitgeber. Die Branche stünde aber “nicht nur im Wettbewerb mit anderen Branchen”, sondern auch “mit der Versuchung mancher jungen Menschen, statt einer langfristig lohnenden Berufsausbildung lieber mit Hilfstätigkeiten im Mindestlohnsektor kurzfristig mehr zu verdienen.”

    Die Sozialpartner verständigten sich daneben darauf, die Vermittlung demokratischer Kompetenzen im Betrieb stärker zu fördern. Als mögliches Vorbild führen sie das modulare Workshop-Konzept “Demokratie erLEBEN” an, das die Unternehmensinitiative “Allianz der Chancen” mit dem Beratungsunternehmen Forever Day One für die Themen Demokratie, Werte, Vielfalt und Social Media entwickelt hat. IG Metall und Gesamtmetall wollen laut Vereinbarung nun prüfen, “wie solche Workshop-Konzepte oder vergleichbare Ansätze gemeinsam in der Metall- und Elektroindustrie umgesetzt werden können.” Anna Parrisius

    Lesen Sie auch: Azubi-Mindestvergütung steigt, aber Inflation ist stärker

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    EU-Anhörung: Wo EU-Abgeordnete von Roxana Mînzatu mehr Bildung fordern

    Die Vorsitzenden der EU-Ausschüsse für Arbeit und Soziales, Li Andersson, sowie für Kultur und Bildung, Nela Riehl, haben zu Beginn der dreistündigen Anhörung der designierten Kommissarin für Menschen, Kompetenzen und Vorsorge, Roxana Mînzatu, Kritik am Titel ihrer künftigen Behörde geäußert. Er reflektiere in keiner Weise die Aufgaben der designierten Kommissarin, sagte die Finnin Andersson am Dienstagabend.

    Verstörend und bedauerlich

    Beide Ausschüsse hätten sich gemeinsam für eine Umbenennung in “Kommissarin für gute Arbeit, Bildungskompetenzen und soziale Rechte” ausgesprochen, sagte Andersson. Die deutsche Volt-Abgeordnete Riehl erklärte, dass Bildung gar nicht erwähnt werde, sei “verstörend und bedauerlich”. Sie lobte aber im Anschluss an die Anhörung die von der Rumänin Mînzatu geäußerte Zusicherung, für bessere Bildung in der EU sorgen zu wollen. Bildung sei “der Schlüssel”, um sich zukunftsfähige Kompetenzen aufzubauen, sagte Riehl. Mînzatu versprach, sich zudem für erschwingliche und gute Kinderbetreuung einzusetzen. Das sei eine Investition in unsere Wirtschaft und in unsere Gesellschaft”.

    In ihrer Anhörung fokussierte sich Mînzatu auf die Entwicklung eines europäischen Arbeitsmarktes. Der müsse inklusiv sein und “speziell jungen Menschen” gleiche Chancen bieten. Wichtigstes Instrument dafür sei etwa das EU-Programm Youth Guarantee. Es basiert auf einer Übereinkunft aller EU-Mitgliedsstaaten, jungen Menschen unter 30 Jahren gute Arbeit, Bildung und Ausbildung zu ermöglichen. Thorsten Denkler

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    Susanne Lin-Klitzing: Was die DPhV-Vorsitzende für Schulen und Lehrkräfte fordert

    Die Bundesvorsitzende des Deutschen Philologenverbands, Susanne Lin-Klitzing.

    Von Kiel über Leipzig und Dresden nach Berlin: So sieht eine normale Arbeitswoche für Susanne Lin-Klitzing aus. Die Vorsitzende des Deutschen Philologenverbands (DPhV), der vor allem Lehrkräfte an Gymnasien vertritt, aber auch an anderen Schulen, die zum Abitur führen, steht in ständigem Austausch mit Kultus-, Wissenschafts- und Finanzministerien. So will sie Forderungen für die Bildung von morgen in der Debatte verankern. Derzeit ist das vor allem beim endlosen Bund-Länder-Ringen um den Digitalpakt zu beobachten. Der DPhV ist Teil des breiten Bündnisses “Für einen Digitalpakt 2.0”.

    Daneben wünscht sich Lin-Klitzing in einer Zeit, in der antidemokratische Einstellungen zunehmen, etwa eine Stärkung des Geschichts- und Politikunterrichts zur Demokratiebildung. Immer wieder fordern sie und Teile des Verbands zudem, Schüler in der Grundschule verstärkt in Deutsch zu unterrichten und dafür beispielsweise auf Englisch zu verzichten. Wie geht das zusammen mit der Vorstellung des DPhV, dass das Stundendeputat sinken soll? “Kurzfristig werden wir beides nicht schaffen”, räumt Lin-Klitzing ein. Mittelfristig müsse die Politik aber auch beim Deputat “endlich umsteuern”. 

    Mehr Fachunterricht, niedrigeres Stundendeputat

    Nach Einschätzung von Lin-Klitzing wird die aktuelle Bildungspolitik zu sehr vom kurzfristige Blick beherrscht. “In Kultusministerien wird häufig nicht vorausschauend genug gehandelt”, sagt sie. Dabei sei gerade hinsichtlich des nötigen Ausbaus mehrerer Schulfächer offensichtlich, dass es langfristiger Pläne bedürfe, um die Zahl der Lehrkräfte an den Schulen zu erhöhen. Und auch sonst brauche es dringend mehr Lehrkräfte. Geht es nach Lin-Klitzing “130 Prozent in der Planung, um eine hundertprozentige Unterrichtsabdeckung zu gewährleisten”.

    Nein zu verkürzten Ausbildungsmodellen

    Modelle wie ein duales Lehramtsstudium lehnt die Vorsitzende des Philologenverbands hingegen ab, obwohl sie kurz- und mittelfristig für mehr Lehrkräfte an den Schulen sorgen könnten. Lin-Klitzing fürchtet, dass sonst die wissenschaftliche Qualität der Ausbildung leidet – und in der Konsequenz Schüler nicht so effektiv auf die Zeit nach der Schule vorbereitet würden. Auch andere Ansätze, um die Ausbildung zu verkürzen und attraktiver zu machen – beispielsweise ein verkürztes Referendariat – lehnt Lin-Klitzing ab.

    Lesen Sie auch: Standpunkt – Das Lehramtsstudium braucht das Staatsexamen

    Erst Lehrerin und Ausbilderin, dann Professorin

    Diese Einschätzung trifft Lin-Klitzing vor dem Hintergrund ihrer eigenen Lehrertätigkeit und ihrer Arbeit in der Lehrkräfteausbildung. Geboren und aufgewachsen in Bremerhaven, studierte Lin-Klitzing an der Universität Marburg Germanistik und evangelische Theologie auf Lehramt. Später sollte sie dort auch promovieren und habilitieren. Nach einem Zusatzstudium in Pädagogik und Psychologie in Tübingen startete sie zunächst ins damals noch zweijährige Referendariat. “Diese Zeit war wichtig, weil ich mich ausprobieren und eine Lehrpersönlichkeit entwickeln konnte”, sagt Lin-Klitzing über ihre Ausbildung an zwei verschiedenen Schulen. 

    Neben ihrer Tätigkeit als Lehrerin war sie danach Ausbilderin am Studienseminar Esslingen und promovierte später berufsbegleitend beim Erziehungswissenschaftler Wolfgang Klafki. Er habe sie in Bildungsansätzen “massiv geprägt”. Noch heute ist dieser Einfluss spürbar, beispielsweise wenn Lin-Klitzing betont, Schlüsselprobleme wie die Demokratieförderung, aber auch die Digitalisierung in einem starken Fachunterricht und nicht in eigens dafür geschaffenen Fächern angehen zu wollen. 

    Dass Lin-Klitzing sich schließlich gegen eine Karriere als Lehrerin entschied, sei “ausschließlich dem Drang nach Weiterentwicklung geschuldet” gewesen. 2007 wurde Lin-Klitzing in Marburg Professorin für Schulpädagogik für die gymnasiale Lehrerbildung. 2017 wechselte sie in ihre heutige Position – nachdem sie zuvor jahrelang im Philologenverband Baden-Württemberg und im geschäftsführenden Vorstand des DPhV tätig gewesen war. Sie ist die erste Frau an der Spitze des Verbands und gleichzeitig die erste hauptamtlich Tätige. In ihrer Arbeit helfen ihr heute ihre vielfältigen Erfahrungen in Praxis und Wissenschaft. “Ich habe den Blick auf Schule aus vielen Perspektiven.” 

    Sprachtests und Vorschulen für Chancengleichheit

    Dass die 61-Jährige dabei über Forderungen für das Gymnasium hinausdenkt, zeigt etwa ihr Eintreten für bundesweite Sprachtests vor der Grundschule, wie sie etwa in Hamburg bereits gängige Praxis sind. Wer Nachholbedarf hat, solle verpflichtend eine einjährige Vorschule besuchen. 

    Lin-Klitzing hält es für “naiv, zu denken, dass es ausreicht, sprachliche Benachteiligungen von Schülern erst ab der ersten Klasse ausgleichen zu wollen”. Ob Erzieher oder Lehrkräfte die zusätzliche Förderung übernehmen sollen, lässt die Vorsitzende des DPhV offen. Auch hier wird es ohne zusätzliches Personal aber kaum funktionieren. Jasper Bennink

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    Mehr von Table.Media

    Research.Table: Baden-Württemberg: Uni-Rektoren gegen Kürzungen. Die Universitäten im Südwesten wenden sich gegen geplante Einschnitte in der Grundfinanzierung. Warum die Rektoren gemeinsam mit den Studierenden auf die Straße gehen wollen, lesen Sie hier.

    Research.Table: Özdemir als Forschungsminister: Wie der Start unter Wissenschaftlern verlief. Der neue Forschungsminister gab auf der Falling Walls-Konferenz seinen Einstand. Sein Bekenntnis zur Stärkung von Forschung und Innovation kam gut an – aus Bayern kamen allerdings Zweifel am Zeitmanagement des Dreifach-Ministers. Mehr lesen Sie hier.

    Research.Table: WissZeitVG-Anhörung: Kritik an Zusammensetzung der Sachverständigen. Gewerkschaften und #IchBinHanna-Vertreter äußern deutliche Kritik an einer aus ihrer Sicht einseitigen Zusammensetzung der Experten in der Anhörung zum WissZeitVG im Forschungsausschuss. Bei dem Termin am Mittwoch könnte ersichtlich werden, ob es noch Chancen auf eine Einigung vor der Wahl gibt. Mehr lesen Sie hier.

    Presseschau

    Tagessschau: Ist der Bremer Ausbildungsfonds verfassungswidrig? Nach Klagen verschiedener Arbeitgeberkammern wird der Bremer Staatsgerichtshof am 16. Dezember über die Rechtmäßigkeit des geplanten Bremer Ausbildungsfonds entscheiden. Dieser sieht vor, dass alle Unternehmen eine Ausbildungsabgabe zahlen müssen. Das so gesammelte Geld solle dann an ausbildende Unternehmen ausgeschüttet werden. Durch unklare Formulierung im Gesetz könnten Kirchen oder Vereine etwa ausgenommen sein – womit sich auch für den vorsitzenden Richter die Frage der Gleichbehandlung stellt. (Ist Bremer Ausbildungsumlage zulässig? Entscheidung vor Weihnachten

    NTV: Pilotprojekt “Klassengeld” startet in Rheinland-Pfalz. In Rheinland-Pfalz soll die Software “Klassengeld” das Geldsammeln für Schulbücher oder Ausflüge vereinfachen. So sollen die Prozesse sowohl für Lehrkräfte und Schulverwaltungen als auch für Eltern transparenter und effizienter werden. In den kommenden zwei Jahren können alle allgemein- und berufsbildenden Schulen das Programm nutzen. Das Land investiert hierfür 1,3 Millionen Euro. (“Klassengeld” für die Schulen kommt

    Welt: Die scheinbare Lösung des Lehrermangels. Die Personalsituation an deutschen Schulen scheint sich laut VBE-Umfrage unter Schulleitern zwar verbessert zu haben. Doch der Vizevorsitzende des VBE Tomi Neckov kritisiert, es gebe meist nur Scheinlösungen. Die bessere personelle Ausstattung sei lediglich auf den vermehrten Einsatz von Seiteneinsteigern und Studenten zurückzuführen. 92 Prozent der Schulleiter sagten, politische Entscheidungen würden zu selten den tatsächlichen Schulalltag berücksichtigen. (Wenn Schulen nur noch dank Seiteneinsteigern und Lehramtsstudenten funktionieren

    SZ: Wie Politik und Jugendliche in Kontakt kommen können. Die Brandenburger Landtagspräsidentin Ulrike Liedtke schlägt die Einrichtung eines Jugendparlaments vor. In diesem könnten Jugendliche sich ehrenamtlich mit für sie relevanten politischen Themen auseinandersetzen. Um Jugendliche mehr wertzuschätzen, seien auch neue Wettbewerbsformate denkbar. So könnte zum Beispiel ein Klimapreis an Jugendliche verliehen oder die beste Meisterprüfung ausgezeichnet werden. (Landtagspräsidentin schlägt Jugendparlament vor

    NOZ: Steigende Beliebtheit katholischer Schulen. Die katholische Kirche verliert Mitglieder, doch die Bewerberzahlen für katholische Schulen sind hoch. Nicht alle, die sich eine katholische Schule für ihr Kind wünschen, erhalten einen Platz. Der Reiz der katholischen Schulen liegt vermutlich in ihrer ausgeprägten Wertevermittlung – was Eltern an staatlichen Schulen wohl vermissen. Jedoch bedrohen die sinkenden Einnahmen durch die Kirchensteuer die Finanzierung der Schulen. (Hunderte Kinder erhalten keinen Platz: Warum katholische Schulen so beliebt sind

    SZ: Mehr Berufsorientierung in Mecklenburg-Vorpommern. In Mecklenburg-Vorpommern soll es ab dem Schuljahr 2025/26 in jeder Jahrgangsstufe einen Projekttag zur Berufsorientierung geben. Schon Kita-Kinder und Grundschüler sollen verschiedene Berufe kennenlernen. In den Jahrgangsstufen acht bis elf soll es fünf zusätzliche Projekttage für die Zusammenarbeit mit Externen geben. Dies ist das Ergebnis einer Zusammenarbeit des dortigen Bildungsministeriums mit der Bundesagentur für Arbeit und Industrie- und Handels- sowie Handwerkskammern. (Berufliche Orientierung an Schulen in MV wird ausgebaut)  

    Termine

    18. November 2024, 16 bis 19 Uhr, Weingarten
    Tagung Fachforum Frühe Bildung “Digitale Lernräume”
    Digitale Medien nehmen einen immer größeren Platz in unserem Leben ein. Auch für Grundschüler und Kindergartenkinder wird Medienbildung immer relevanter. In dieser Veranstaltung der Pädagogischen Hochschule Weingarten soll diskutiert werden, wie ein kindgerechter Umgang mit digitalen Medien und Medienbildung aussehen kann. INFOS & ANMELDUNG

    21. November 2024, 9.30 bis 15.30 Uhr, online
    Webinar Karg Spotlight 2024 “Begabungsförderung in der Kita: Eltern beraten und begleiten”
    Wie gelingt die Zusammenarbeit zwischen Eltern und pädagogischen Fachkräften, um (hoch-)begabte Kinder schon in der Kita effektiv zu fördern? Wie gelingt die Kommunikation mit Eltern? Welche Rolle spielt eine heterogene Elternschaft? Diesen Fragen widmet sich die digitale Vernetzungstagung der Karg-Stiftung. INFOS & ANMELDUNG

    21. November, 17 bis 18 Uhr, online
    Webinar Bildungspolitik zwischen Erkenntnissen und Handlungsbedarfen – Vorstellung des Nationalen Bildungsberichts 2024
    Im Fokus dieser Veranstaltung der Friedrich-Ebert-Stiftung stehen die Ergebnisse des diesjährigen Nationalen Bildungsberichts. Welche Auskunft liefert der Bericht über den Zustand des deutschen Bildungssystems? INFOS & ANMELDUNG

    18. November 2024, 16 bis 17 Uhr, online
    Webinar Mehr als Textproduktion – Large Language Models und generative KI in der Bildung
    Der Kompetenzverbund lernen:digital lädt Anika Limburg, Leiterin des Bildungscampus Saarland, die Professorin für Wirtschaftsinformatik Doris Weßels und Britta Kölling, Abteilungsleitung Digitalität und KI an einem Gymnasium, ein, um über das Potenzial von KI im Schulunterricht und in der Lehrkräftebildung zu sprechen. INFOS & ANMELDUNG

    Bildung.Table Redaktion

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