Table.Briefing: Bildung

Drei Ministerinnen, ein Vorschlag + Schulen und Handyverbot + KI in Europas Schulen

Liebe Leserin, lieber Leser,

es ist Wahlkampf in Deutschland. Das gilt auch für die Bildungspolitik. Umso überraschender, dass am Montag drei Bildungsministerinnen der Länder aus drei verschiedenen Parteien in Berlin auftraten, um ein gemeinsames Konzept für eine bessere Bildung bis ins Jahr 2035 vorzustellen. 

Stefanie Hubig (SPD) aus Rheinland-Pfalz, Karin Prien (CDU) aus Schleswig-Holstein und Theresa Schopper (Grüne) aus Baden-Württemberg haben gemeinsam eine Art Road Map erarbeitet, wie die Qualitätssicherung in der Bildung neu justiert und zum Teil neu aufgesetzt werden muss, damit Deutschland aus der Mittelmäßigkeit zurück an die Weltspitze kommt. Was genau die drei Politikerinnen vorhaben, lesen Sie in unserer ersten Analyse.

Damit Kinder und Jugendliche aber überhaupt gut lernen können, müssen sie irgendwie weg von den kleinen Bildschirmgeräten, die ihnen soviel Lebenszeit stehlen. Es gibt inzwischen einige Studien, die nahelegen, dass Smartphone-Verbote helfen können, Schulleistungen zu verbessern.

Die Debatte ist auch in der Bildungs-MK angekommen. Andere Staaten geben ein Beispiel, wie es gehen könnte. Vera Kraft und Ralf Pauli haben sich umgehört, wie ein Handyverbot in Deutschland umsetzbar ist und was es bringen kann.

Wer übrigens annimmt, dass die Digital Natives per se eine große Neugier in Bezug auf Künstliche Intelligenz haben müssten, der sollte die neueste Studie der Vodafone Stiftung zur Nutzung von KI in europäischen Klassenzimmern lesen. Eine überraschende Erkenntnis: Kinder in Deutschland sind im Vergleich zu Schülern in der Türkei geradezu KI-Muffel. 

Bleiben Sie uns gewogen.

Ihr
Thorsten Denkler
Bild von Thorsten  Denkler

Analyse

Bildung 2035: Wie Hubig, Prien und Schopper Deutschland nach vorn bringen wollen

In einem ungewöhnlichen Schritt haben wenige Wochen vor der Bundestagswahl die drei Bildungsministerinnen Stefanie Hubig (SPD) aus Rheinland-Pfalz, Karin Prien (CDU) aus Schleswig-Holstein und Theresa Schopper (Grüne) aus Baden-Württemberg am Montag in Berlin ein gemeinsames Positionspapier für eine bessere Bildung bis 2035 präsentiert. Es ist im Rahmen eines Workshops der drei auf Einladung der Wübben Stiftung Bildung im vergangenen Herbst entstanden. Mit dem parteiübergreifenden “Impuls für messbare Bildungsziele” skizzieren die drei Ministerinnen Vorschläge, die “ein Anstoß und ein Beitrag für eine grundlegende bundesweite Diskussion zur Frage der Qualitätsentwicklung des Schulsystems” sein sollen.

Ihr gemeinsames Ziel ist es, die Bildung in Deutschland bis 2035 besser zu machen. Zuletzt haben diverse Vergleichsstudien auch der OECD gezeigt, dass Deutschland international wieder ins Mittelfeld abgerutscht ist – und zum Teil schlechter dasteht, als vor dem Pisa-Schock Anfang der 2000er-Jahre.

Vier allgemeine Ziele

Aus Sicht von Hubig, Prien und Schopper müsse sich die Bildungspolitik auf vier allgemeine Ziele einigen

  • Frühe Bildung: Die Ministerinnen setzten auf eine “bessere Verzahnung von Elementarbereich und Grundschule sowie auf abgestimmte Förderketten mit Evaluationskultur, die die Eltern mit einbeziehen”.
  • Kompetenz- und Leistungsentwicklung: Alle Kinder und Jugendlichen sollen mit der Unterstützung von Kitas und Schulen ihr volles Potenzial ausschöpfen können.
  • Bildungschancen: Alle Lernenden sollen unabhängig von ihrer Herkunft am Ende ihrer Schulzeit die notwendigen Kompetenzen erreichen, um ein selbstbestimmtes Leben führen und aktiver Teil unserer demokratischen Gesellschaft sein zu können.
  • Schule als Lern- und Lebensort für gelingende Persönlichkeitsentwicklung: Gefördert werden solle die “Auseinandersetzung der Lernenden mit sich selbst im Kontext der unmittelbaren und globalen Umwelt”, um so die “Entwicklung zu selbstbewussten Persönlichkeiten und die Stärkung der seelischen und körperlichen Gesundheit” zu unterstützen.

Messbare Erfolgsindikatoren

Konkreter werden die Ministerinnen, wenn es um die Benennung der Erfolgsindikatoren für die Ziele in der Kompetenz- und Leistungsentwicklung und den Bildungschancen geht: 

  • Bildungsminimum absichern: 50 Prozent weniger Schülerinnen und Schüler, die nicht die Mindeststandards in Deutsch und Mathematik erreichen.
  • Bildungsniveau steigern: 20 Prozent mehr Schülerinnen und Schüler, die die Regelstandards in Deutsch und Mathematik erreichen oder übertreffen.
  • Leistungsspitze fördern: 30 Prozent mehr Schülerinnen und Schüler, die die Optimalstandards in Deutsch und Mathematik erreichen.
  • Stärkung der Bildungsgerechtigkeit: Der Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Kompetenzen, identifiziert über den sozialen Gradienten im IQB-Bildungstrend, sinkt um 20 Prozent.
  • Abschlüsse absichern: Es gibt 50 Prozent weniger Schulabgänge ohne ersten Schulabschluss.

Lernausgangslagen systematisch erfassen

Für die Ziele “Frühe Bildung” und “Schule als Lern- und Lebensort für gelingende Persönlichkeitsentwicklung” müssten zunächst noch bundesweit einheitliche Indikatoren entwickelt werden. Erst in einem zweiten Schritt könnten aus Sicht der drei Politikerinnen messbare Ziele formuliert werden.

In der frühkindlichen Bildung soll dafür das im Juni 2024 von der KMK beschlossene Programm “StarS – Stark in die Grundschule starten” helfen, die Lernausgangslagen im Übergang vom Elementar- zum Primarbereich “systematisch” zu erfassen. Die hieraus gewonnenen Erkenntnisse sollen in den Ländern genutzt werden, um allen Kindern “einen erfolgreichen Start in das schulische Lernen zu ermöglichen”.

Schwieriger dürfte es sein, die Persönlichkeitsentwicklung zu messen. Hubig, Prien und Schopper stellen sich hier “Analog zu den IQB-Erhebungen” über fachliche Kompetenzen “systematische Aussagen zu den überfachlichen Kompetenzen und sozio-emotionalen Entwicklungsfaktoren wie etwa zum Selbstkonzept oder zur Selbstregulation” vor. 

Kultur der Evaluation und der Verantwortung

Damit die Vorschläge nicht verpuffen, wollen zumindest die drei Ministerinnen in ihren Zuständigkeitsbereichen vorangehen. Sie wollen etwa die Qualität des Lernens und Lehrens in den Schulen erhöhen. Etwas schwammig heißt es im Papier, dass sie dafür “kognitiv anregenden, konstruktiv unterstützenden und auf die individuellen Bedarfe ausgerichteten Unterricht ermöglichen” wollen. Der solle auf “innovativen Konzepten der Fachdidaktiken” fußen. In den Schulen solle eine “Kultur des Wohlbefindens und der Zugehörigkeit” vermittelt werden.

Um die Entwicklung messbar zu machen, solle eine “Kultur der Evaluation und der Verantwortung” im Schulsystem etabliert werden. Datengestützte Entwicklungs- und Lernverlaufs-Diagnostik, die den “gesamten Bildungsverlauf im Rahmen einer kohärenten Datenstrategie berücksichtigt”, soll zum Standard werden. In den Ländern sollen dafür “die rechtlichen und technischen Voraussetzungen” geschaffen werden.

Mit den Kommunen und Trägern wollen die Ministerinnen an einem “rechtskreisübergreifenden Zusammenwirken” aller Bildungs- und Unterstützungssysteme arbeiten. Auch dafür sollen die rechtlichen und organisatorischen Voraussetzungen geschaffen werden. 

Kooperative Schulkultur als Standard

Um einen “mehrdimensionalen Blick auf die Kinder und Jugendlichen” an den Schulen zu etablieren, soll die Zusammenarbeit den unterschiedlichen Professionen an den Schulen verbessert und eine “kooperative Schulkultur” zum Standard werden.

Die Demokratiebildung nimmt einen eigenen Punkt ein. Das kulturelle Erbe, die Geschichte des Landes und die Freiheiten, die das Grundgesetz ermöglicht, “wollen wir stärker mit den Lernenden thematisieren”. So sollen ihre Kritikfähigkeit, ihr Urteilsvermögen, aber auch ihre Bereitschaft erhöht werden, “sich aktiv in dieser Gesellschaft einzubringen”.

Nicht zuletzt hoffen die Ministerinnen auf eine intensive Kooperation der Länder untereinander sowie mit dem Bund und den Kommunen, um ihre Ziele zu erreichen. Die Ständige Wissenschaftliche Kommission (SWK) soll ebenso “wichtige Hinweise und Impulse” geben.

Das gemeinsame Papier der Ministerinnen ist Teil eines 151-Seiten umfassenden Beitrags mit dem Titel “Bessere Bildung 2035. Gemeinsamer Einsatz für messbare Ziele”. Darin findet sich auch ein Gastbeitrag des Bildungsministers der kanadischen Provinz Alberta, Demetrios Nicolaides, zur datenbasierten Steuerung des Bildungssystems, sowie ein Plädoyer des Geschäftsführers der Wübben Stiftung Bildung, Markus Warnke, für einen gestärkten Bildungsföderalismus. Ebenso enthalten ist eine Übersicht der Bildungsforscherinnen Britta Klopsch und Anne Sliwka über sieben “Stellschrauben, um Schulsysteme nachhaltig zu transformieren”.

  • Bildungspolitik
  • Frühkindliche Bildung
  • Grundschule
  • Karin Prien
  • KMK
  • OECD
  • Ständige Wissenschaftliche Kommission
  • Theresa Schopper
Translation missing.

Handyverbot: Wie Schulen um den richtigen Umgang mit Smartphones ringen

Um den richtigen Umgang mit digitalen Geräten in Schulen wird international gerungen. Rufe nach einem Smartphone-Verbot an Schulen werden auch in Deutschland immer lauter. Da gibt es etwa die SPD-Jugendstadträte in Berlin, die die aktuelle Situation “unverantwortlich” und ein Verbot “unerlässlich” finden. Oder Hessens Bildungsminister Armin Schwarz (CDU), der sich in der Bildungs-MK für eine bundesweit einheitliche Regelung zum Umgang mit Handys an Schulen ausspricht.

In Ländern wie Kanada, Australien und den Niederlanden gilt seit vergangenem Jahr eine entsprechende Regel. Auch Italien, Frankreich und Griechenland haben Smartphones und Smartwatches aus den Schulen und teils vom Pausenhof verbannt. In diesem Jahr tritt in Lettland ein Smartphone-Verbot bis zur sechsten Klasse in Kraft.

Smartphone-Verbot steigert Wohlbefinden

Erste Studien belegen die positive Wirkung solcher Verbote an Schulen. Die Universität Augsburg etwa hat vor wenigen Monaten fünf große Studien aus Norwegen, Spanien, Tschechien, England und Schweden miteinander verglichen. Alle kommen zu dem gleichen Ergebnis: Ein Smartphone-Verbot “hat messbar positive Effekte”, und zwar vor allem auf das soziale Wohlbefinden. Auch die Lernleistung nimmt demnach leicht zu.

An der neu gegründeten Anne-Frank-Gesamtschule in Duisburg müssen die Schülerinnen und Schüler vor Unterrichtsbeginn ihr Smartphone abgeben. Das Gerät kommt in eine Box mit beschrifteten Fächern und wird für den Schultag im Sekretariat aufbewahrt. Was das bringt? “Die Kinder beschäftigen sich mehr miteinander”, beobachtet Schulleiter Jörg Heinrichs. Statt auf Social Media zu scrollen, rennen die Zehnjährigen über das Schulgelände und spielen Verstecken.

Kinder und Eltern müssen Verbot zustimmen

In den Aufnahmegesprächen an der Anne-Frank-Gesamtschule müssen sowohl die Eltern als auch die Kinder unterschreiben, dass sie mit diesem Handyverbot einverstanden sind. Wird ein Kind trotzdem mit Smartphone erwischt, wird das Gerät eingezogen – und muss von einem Elternteil ausgelöst werden. “Manchmal grummeln die Eltern ein bisschen, wenn sie dafür extra in die Schule kommen müssen”, sagt Heinrichs. Insgesamt würden die Eltern das Verbot aber “durchweg positiv” sehen.

Die Schule befindet sich noch im Aufbau – bislang gibt es nur fünfte Klassen. Für die Unterstufe soll das Verbot beibehalten werden. In der Mittelstufe sei es bereits schwieriger, Smartphones komplett zu verbannen, sagt Schulleiter Heinrichs. Er müsse sich noch überlegen, wie sie es in Zukunft mit den älteren Schülerinnen und Schülern handhaben wollen.

Schülervertreter sind gegen ein Verbot

Schülervertreter lehnen ein Handyverbot ab: Die Bundesschülerkonferenz schreibt, Schüler bräuchten stattdessen “eine aktive Förderung ihrer Medienkompetenz”. Der Bund solle Projekte zur Aufklärungs- und Präventionsarbeit fördern. In vielen Fällen müssten Schüler zudem noch aufgrund mangelnder digitaler Infrastruktur in ihrer Schule auf ihr Privatgerät zurückgreifen.

Der Berliner Landesschülerausschuss ist skeptisch, ob sich ein striktes Verbot überhaupt umsetzen lässt. Probleme wie “Handysucht”, Cybermobbing und das unerlaubte Filmen von Mitschülern würden zudem lediglich auf die Zeit nach der Schule verlagert. “Dadurch besteht Sorge, dass die Verantwortung der Schule für die Sensibilisierung und Prävention dieser Probleme untergraben wird”, schreiben die Landesvertreter.

Schulleitungen entscheiden über Umgang

In Deutschland liegt es bislang in den Händen von Schulleitungen, sich ein Konzept für die eigene Schule zu überlegen. Hessens Bildungsminister Schwarz will das ändern. Er findet, es braucht eine bundesweite Regelung.

Die Aussicht auf Erfolg für diesen Vorstoß ist begrenzt: Selbst Ministerinnen und Minister, die ein Handyverbot an Schulen grundsätzlich befürworten, halten pauschale Vorgaben für unnötig. Nur die neu gewählten Landesregierungen von Brandenburg und Thüringen versprechen, Handys und Tablets zumindest an Grundschulen zu verbieten.

Bildungs-MK will Handyverbot weiter diskutieren

Ob eine verpflichtende Vorgabe viel ändern würde, ist ohnehin fraglich. Ein Großteil der Schulen hat längst ein Handyverbot: 2022 waren es bereits knapp zwei Drittel, wie die PISA-Erhebung zeigte. Die Bildungs-MK will auf ihrer nächsten Tagung im März trotzdem weiter über den Umgang mit Smartphones an Schulen diskutieren.

Klar ist: Schulen können die Probleme, die mit der Mediennutzung einhergehen, nicht im Alleingang lösen. Insbesondere wenn Kinder exzessiv Social Media nutzen, kann das etwa zu Depressionen oder Angststörungen führen.

In der nordrhein-westfälischen Stadt Solingen bieten alle weiterführenden Schulen deshalb den Eltern ab dem kommenden Schuljahr eine “Erziehungspartnerschaft” an. Dahinter steckt eine intensive Zusammenarbeit zwischen Schulen, Eltern, Sozialwissenschaftlern und Psychologen – und ein striktes Social-Media-Verbot für alle fünften Klassen. Das Argument, ohne Tiktok-Account zum Außenseiter zu werden, fällt weg, wenn auch die Mitschüler nicht auf der Plattform sind.

Eltern sensibilisieren, Dopamin-Rausch reduzieren

Die Idee für dieses Bündnis hatte Burkhard Brörken, Schuldezernent in Düsseldorf und selbst jahrelanger Schulleiter. “Mit der Erziehungspartnerschaft wollen wir die Eltern für die Gefahren von Social Media sensibilisieren“, sagt Brörken zu Table.Briefings. Er ist überzeugt: Wenn Jugendliche ihren “Dopamin-Rausch” nicht auch in der Freizeit einschränken, werden Vereinsamung, Konzentrationsunfähigkeit und Mobbing weiter ein großes Thema bleiben.

Der Schulpsychologische Dienst und das Regionale Bildungsbüro Düsseldorf begleiten das bundesweit wohl einmalige Vorhaben. Gemeinsam mit den Schulen wollen sie die Schüler zu “Medienpaten” ausbilden.

Auch die Solinger Grundschulen wollen an dem Projekt teilnehmen. Ob und wann die Stadt ihre Erziehungspartnerschaften auch an Grundschulen anbietet, steht jedoch noch nicht fest. Schuldezernent Brörken würde die Ausweitung des Programms begrüßen: Es sei notwendig, bereits die Jüngsten zu sensibilisieren. Schließlich hätten heute bereits viele Grundschüler ein Smartphone.

Unter Mitarbeit unseres Kollegen Ralf Pauli.

  • Bildung
  • Bildungs-MK
  • Bildungspolitik
  • Digitales Lernen
  • Gesundheit
  • Grundschule
  • Schule
  • Smartphone
  • Social Media
  • Universitäten

News

KI in der Schule: Was die Türkei Deutschland voraus hat

Im europäischen Vergleich zeigen deutsche und griechische Schüler das geringste Interesse an KI-Kompetenzen und deren praktischer Anwendung. Das zeigt eine Vergleichsstudie der Vodafone-Stiftung mit Daten aus sieben europäischen Staaten, die Table.Briefings vorliegt. Demnach glauben nur 59 Prozent der befragten deutschen Schüler, dass KI für ihr künftige berufliche Karriere relevant werden könnte. Der Wert liegt sieben Prozentpunkte unter dem Schnitt der untersuchten Staaten. Von den Befragten türkischen Schülern geben dagegen 85 Prozent an, dass KI für sie eine hohe Relevanz haben wird.

Türkische Schüler erhalten von allen Befragten nach eigenem Empfinden die meiste Unterstützung in KI-Fragen, während sich deutsche und griechische Schüler am wenigsten unterstützt fühlen. Nur 45 Prozent der deutschen Schüler halten etwa ihre Eltern für gut auf KI vorbereitet. Der Blick auf ihre Lehrkräfte fällt noch schlechter aus. Lediglich 38 Prozent geben an, dass ihre Schulen sie gut in Sachen KI unterstützen können. 

Interesse deutscher Schüler an KI unterdurchschnittlich

Deutsche Schüler zeigen laut der Studie grundsätzlich ein unterdurchschnittliches Interesse an KI

  • Über die Risiken von KI wollen lediglich 38 Prozent aufgeklärt werden. Der Schnitt liegt bei 45 Prozent. 
  • Interesse an den gesellschaftlichen, wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Vorteilen der Technologie zeigen gerade 30 Prozent der deutschen Schüler. Im Schnitt sind es sieben Prozentpunkte mehr. 
  • Eine Bereitschaft, mehr über Prompting zu erfahren, lassen nur 24 Prozent der deutschen Schüler erkennen. Im Schnitt sind es 30 Prozent. 

Leicht über dem Schnitt von 42 Prozent interessiert deutsche Schüler nur, wie die Genauigkeit KI-generierter Antworten sichergestellt werden kann. Das wollen 44 Prozent wissen. In Deutschland ist im Zusammenhang mit KI zudem die Angst besonders ausgeprägt, fälschlicherweise des Schummelns beschuldigt zu werden. 43 Prozent der deutschen Schüler sehen darin einen wichtigen Nachteil der Nutzung von KI in der Schule.

Von Kielmansegg: Keine Zeit, um weiter abzuwarten

Matthias Graf von Kielmansegg, Geschäftsführer der Vodafone Stiftung warnt, Schüler und Lehrer sollten “schnell gemeinsam auf Entdeckungsreise gehen und die Ergebnisse kritisch reflektieren”. Ein Abwarten, bis “ausgefeilte und wissenschaftlich evaluierte didaktische Konzepte” vorlägen, komme “in dieser dynamischen Entwicklung hoffnungslos zu spät” – obwohl es solche Konzepte auch brauche.

Für die Studie, die an diesem Mittwoch veröffentlicht wird, wurden 7.000 Schülerinnen und Schüler im Alter von zwölf bis 17 Jahren in Deutschland, Griechenland, Portugal, Rumänien, Spanien, der Türkei und Großbritannien befragt. Die Studie steht hier zum Download bereitThorsten Denkler

  • Bildung
  • Bildungsforschung
  • KI in der Schule
  • Künstliche Intelligenz

Kitas: Nachfrage nach längerer Betreuung wächst

In den Kindertageseinrichtungen werden Kinder immer länger betreut. Die Zahl der Kinder mit einer vertraglich vereinbarten Betreuungszeit von mehr als 35 Stunden in der Woche hat von 2014 bis 2024 um 30 Prozent zugenommen. Mit 64 Prozent hatten knapp zwei Drittel dieser Kinder zuletzt sogar eine festgelegte Betreuungszeit von mehr als 45 Wochenstunden. Das geht aus Daten des Statistischen Bundesamt (Destatis) hervor, die am Dienstag veröffentlicht wurden.

Betreuung bis 25 Stunden immer weniger gewünscht

Um ein Viertel gestiegen ist in den vergangenen zehn Jahren die Zahl der Kinder mit einer Betreuungszeit von 25 bis 35 Wochenstunden. Zurückgegangen ist nur der Anteil der Kinder mit einer kürzeren Betreuungszeit von bis zu 25 Stunden in der Woche – um acht Prozent. 

Die durchschnittlich vereinbarte Betreuungszeit stieg damit in den vergangenen zehn Jahren von 35,3 auf 36,1 Stunden pro Woche. Im selben Zeitraum ist die Zahl der betreuten Kinder insgesamt um 20 Prozent gestiegen – von 3,29 Millionen auf 3,94 Millionen Kinder.

Das pädagogische Kita-Personal ist in den vergangenen zehn Jahren um 46 Prozent angewachsen. Insgesamt arbeiten allerdings lediglich 33 Prozent in Vollzeit. Rund 724.100 Betreuungskräfte arbeiteten 2024 in Kindertageseinrichtungen, im Jahr 2014 waren es noch gut 494.300 Personen.

Nur wenige Tausend ausländische Erzieher anerkannt

Für die Kinderbetreuung wird zwar auch auf Fachkräfte aus dem Ausland gesetzt. Allerdings ist ihre Zahl bisher eher gering. 2.778 Verfahren zur Anerkennung eines ausländischen Berufsabschlusses als Erzieher/in gab es im Jahr 2023. Davon wurden 1.743 positiv, 624 negativ und 222 noch nicht beschieden. 186 Verfahren wurden ohne Bescheid beendet. Zum Vergleich: Im Jahr 2023 schlossen rund 55.600 Menschen eine erzieherische Ausbildung ab. Ein neuer Höchststand, obwohl für Schleswig-Holstein die entsprechende Zahl nicht vorlag.

Besonders häufig ging es um die Anerkennung von Abschlüssen aus Spanien (324), der Ukraine (237) und der Türkei (231). Insgesamt zählt der Abschluss als Erzieher zu den Top 10 in der Rangliste der Berufe mit den meisten Anerkennungsverfahren ausländischer Abschlüsse. Thorsten Denkler

  • Bildung
  • Eltern
  • Kitas

Privatschulen: Im Schnitt zahlen Eltern jährlich 2.000 Euro Schulgeld

Eltern in Deutschland zahlten 2020 im Schnitt 2.032 Euro pro Jahr, wenn ihr Kind eine Privatschule besuchte. Das teilte das Statistische Bundesamt am Dienstag mit. Es hat dafür die Lohn- und Einkommensteuerstatistik von 2020 ausgewertet. Für rund 595.000 Kinder und Jugendliche im Alter von sechs bis 23 Jahren haben Eltern demnach Schulgeld steuerlich geltend gemacht.

Rund 800.000 besuchten im Schuljahr 2023/24 eine Privatschule, knapp zehn Prozent aller Schülerinnen und Schüler in Deutschland (8,8 Millionen). Die Zahl der Privatschulen ist in den vergangenen zehn Jahren um etwa 300 gewachsen: Rund 3.800 allgemeinbildende Schulen befanden sich im Schuljahr 2023/24 in privater Trägerschaft. Damit ist bundesweit bereits rund jede achte allgemeinbildende Schule (zwölf Prozent) eine Privatschule.

Höhe des Schulgelds variiert erheblich

Die Höhe der durchschnittlich erhobenen Schulgelds variiert je nach Wohnkreis erheblich. Zu den bundesweiten Spitzenreitern zählen:

  • die Stadt Düsseldorf (knapp 7.200 Euro Schulgeld)
  • der hessische Hochtaunuskreis (rund 6.850 Euro)
  • das bayerische Starnberg (5.300 Euro)

Sieben Prozent der Eltern, die 2020 Schulgeld steuerlich geltend gemacht haben, zahlten mehr als 5.000 Euro pro Jahr und Kind. Dabei dürfte es sich vor allem um internationale Schulen mit mehrsprachigem Unterricht, Ganztagsschulen und Internate mit einem umfassenden außerschulischen Angebot handeln.

Umgekehrt erhebt rund jede fünfte allgemeinbildende Privatschule maximal 500 Euro pro Jahr, etwa jede zweite verlangt ein Schulgeld zwischen 500 und 2.000 Euro.

Nachbesserungsbedarf beim Sonderungsverbot

Die große Spannbreite wirft Fragen auf. Je nach Wohnort gibt es alternative Schulangebote kostenlos oder nur für besonders zahlungskräftige Kunden. Immerhin: Bei der Preisgestaltung sind zwar zumindest die staatlich anerkannten Ersatzschulen offiziell ans Grundgesetz gebunden. Um öffentliche Zuschüsse zu erhalten, müssen sie die “Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern” vermeiden. Es gibt jedoch wenige konkrete oder gar bundeseinheitliche Vorgaben zur verfassungskonformen Höhe des Schulgelds oder regelmäßige staatliche Kontrollen. Die vom Statistischen Bundesamt gemeldeten Zahlen verbunden mit der kontinuierlich steigenden Anzahl freier Schulen lassen hier auf Handlungsbedarf schließen.

Private Schulen werben mit Vorzügen wie kleinen Klassen, modernen Unterrichtsmethoden, individueller Förderung oder besonderen Schwerpunkten. Viele erheben dafür ein Schulgeld. Zum Anlass seiner Mitteilung erklärte das Statistische Bundesamt den Internationalen Tag der Bildung. Mit dem jährlich Aktionstag am 24. Januar möchten die Vereinten Nationen nicht zuletzt auf ungleich verteilte Bildungschancen aufmerksam machen. Hier finden Sie interaktive Karten zur Auswertung. Kirstin von Elm

  • Ganztagsschulen
  • Vereinte Nationen

Personalien

Friedrich Hubert Esser bleibt bis 30. Juni 2026 Präsident des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB). Ursprünglich sollte er schon im Juli dieses Jahres in den Ruhestand eintreten – mit Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze. Das BMBF, das die Nachbesetzung verantwortet, hat mit Blick auf die Bundestagswahl jedoch das laufende Verfahren unterbrochen.

Esser sagte, er freue sich darauf, seine Aufgaben in der BIBB-Leitung weiter wahrnehmen zu dürfen. Er wolle sich vor dem Hintergrund der Transformation “besonders dafür engagieren, unser Berufsbildungssystem flexibler, inklusiver und exzellenter zu machen, wie auch die Gleichwertigkeit beruflicher und akademischer Bildung voranzubringen.”

Ändert sich etwas in Ihrer Organisation? Schicken Sie doch einen Hinweis an bildung.red@table.media!

Best of Table.Media

Research.Table. Rechte Agenda unter Trump II: Gefahren für Bildungsinstitutionen und die Demokratie. Die zweite Amtszeit von Donald Trump könnte die Demokratie in den USA radikal verändern, warnt Historiker Thomas Zimmer. Reaktionäre Rechte würden schon jetzt Bildungsinstitutionen und Hochschulen beeinflussen – mit Erfolg. Durch Gewaltandrohungen und öffentliche Angriffe schwinde der Widerstand. Mehr lesen Sie hier.

Research.Table. Studienfinanzierung: Warum das CHE die Bafög-Quoten zu niedrig findet. Mehr als 83 Prozent der Studierenden in Deutschland erhalten kein Geld aus staatlichen Angeboten wie Bafög, Stipendien oder Studienkredite. Das Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) kritisiert vor allem die Bafög-Sätze als “nicht auf der Höhe der Zeit”. Mehr lesen Sie hier.

Research.Table. Sachsen: Heike Graßmann wird Staatssekretärin im Wissenschaftsministerium. Sachsens neuer Wissenschaftsminister Sebastian Gemkow (CDU) war zum Start der neuen Regierung noch ohne Staatssekretär. Die Stelle konnte nun besetzt werden. Mehr lesen Sie hier.

Presseschau

Spiegel: Lehrkräfte bewerten Kinder mit Migrationshintergrund tendenziell besser. Ähnlich ist es bei Kindern aus sogenannten bildungsfernen Haushalten. Das zeigt eine Untersuchung von Bewertungen durch Lehrkräfte. Die Bildungsökonomin Julia Bredtmann vermutet, Lehrkräfte versuchten unbewusst, soziale Nachteile durch positivere Noten auszugleichen. Es sei fraglich, ob die gut gemeinte Besserbewertung den Bildungserfolg erhöht. Wurzelt die Besserbewertung in einer niedrigeren Erwartung der Lehrkräfte, bleiben die Kinder mit ihren Leistungen möglicherweise unter ihren Möglichkeiten. (“Keine systematische Diskriminierung bei der Notenvergabe” feststellbar)

NDR: Deutsche Altersgrenze für Social Media? Niedersachsens Kultusministerin Julia Willie Hamburg (Grüne) befürwortet ein Social-Media-Verbot für unter 14-Jährige. So könnten Schulen vor dem ersten Kontakt mit Fake News Medienkompetenz vermitteln. Thüringens Bildungsminister Christian Tischner (CDU) befürwortet ein ähnliches Verbot. Die CDU und AfD in Niedersachsen kritisieren den Vorstoß und sehen vor allem die Eltern in der Verantwortung. Der Landesschülerrat ist ebenfalls gegen ein Verbot. (TikTok und Instagram erst ab 14? Ministerin wirbt für Mindestalter

Spiegel: Demokratie- und Medienbildung gegen Rechtsruck. Die ostdeutschen Landesschülervertretungen fordern mehr politische Bildung an den Schulen. Die Demokratie und die Bedeutung der Europäischen Union müssten für junge Menschen erlebbar gemacht werden. Auch die Medienbildung müsse besser werden. Die Schülervertretungen sehen die Schule und ihre fehlenden Angebote in der Verantwortung für den Rechtsruck in der Jugend. (Mangelnde politische Bildung für Rechtsruck mitverantwortlich

dpa: Reform des Laufbahnrechts in Thüringen. Bildungsminister Christian Tischner (CDU) will Lehrkräfte flexibel an verschiedenen Schultypen einsetzen. Eine ähnliche Regelung gibt es bereits in Sachsen. Dort können beispielsweise Gymnasiallehrer an einer Realschule unterrichten, aber ihre Lehrtätigkeit danach an einem Gymnasium fortsetzen. Die Ausbildung der Lehrkräfte soll jedoch nicht verändert werden. (Bildungsminister will Lehrer flexibler einsetzen

Zeit: Keine Veränderung nach Brandbrief an Berliner Bergius-Schule. Der Alltag an der Berliner Friedrich-Bergius-Schule ist von Gewalt und Konflikten geprägt. Beim aktuellen Vorfall jagten 90 teils bewaffnete schulfremde Jugendliche einen Schüler der Schule. In einem Brandbrief forderte die Elternvertretung zuvor unter anderem einen Pförtner am Schultor. Forderungen wie diese wurden bisher nicht umgesetzt. (Was muss denn noch alles passieren, damit endlich was passiert?

Termine

23. Januar, 9.45 Uhr bis 10.45 Uhr, online
Webinar OECD Launch of Trends Shaping Education 2025
In diesem Webinar steht der neue OECD-Bericht im Fokus, der beschreibt, welche Trends und Entwicklungen die Bildungslandschaft der nächsten Jahre beeinflussen werden. Welchen Einfluss hat KI? Wie kann Schule auf den Klimawandel reagieren? Was bedeutet die zunehmende Polarisierung für den Unterricht? INFOS & ANMELDUNG

30. Januar, 13 Uhr, online
Webinar How to create inclusive classrooms for children with special education needs
Wie können Lernumgebungen entstehen, in denen alle Schüler gut und gerne lernen – auch Schüler etwa mit Dyslexie, Autismus oder ADHS? Dieses Webinar der OECD soll Antworten bringen. INFOS & ANMELDUNG

12. Februar, 10 Uhr bis 16 Uhr
Konferenz Gute Arbeit und gutes Studium für alle!
Vor der Bundestagswahl macht die GEW ihre Forderungen im Bereich der Hochschulpolitik noch einmal deutlich. Neben besseren Arbeitsbedingungen für universitäre Angestellte fordert die GEW eine Verbesserung der Studienbedingungen und eine Bafög-Reform. Mit geladenen Bundespolitikern soll über die Themen diskutiert werden. Eine Anmeldung ist noch bis zum 24. Januar möglich. INFOS & ANMELDUNG

21. Februar, 14 Uhr bis 19 Uhr, Berlin
Tagung KI-Klassentreffen 2025
Die Weiterbildungsplattform fobizz und die Code University laden ein, sich über die Bedeutung von KI in der Bildung auszutauschen. Neben einer Keynote von Doris Weßels, Professorin für Wirtschaftsinformatik von der Fachhochschule Kiel, gibt es die Möglichkeit, an mehreren Workshops teilzunehmen, die unter anderem Best-Practice-Beispiele für den Einsatz von KI vorstellen. Eine Anmeldung ist noch bis zum 31. Januar möglich. INFOS & ANMELDUNG

Bildung.Table Redaktion

BILDUNG.TABLE REDAKTION

Licenses:
    Liebe Leserin, lieber Leser,

    es ist Wahlkampf in Deutschland. Das gilt auch für die Bildungspolitik. Umso überraschender, dass am Montag drei Bildungsministerinnen der Länder aus drei verschiedenen Parteien in Berlin auftraten, um ein gemeinsames Konzept für eine bessere Bildung bis ins Jahr 2035 vorzustellen. 

    Stefanie Hubig (SPD) aus Rheinland-Pfalz, Karin Prien (CDU) aus Schleswig-Holstein und Theresa Schopper (Grüne) aus Baden-Württemberg haben gemeinsam eine Art Road Map erarbeitet, wie die Qualitätssicherung in der Bildung neu justiert und zum Teil neu aufgesetzt werden muss, damit Deutschland aus der Mittelmäßigkeit zurück an die Weltspitze kommt. Was genau die drei Politikerinnen vorhaben, lesen Sie in unserer ersten Analyse.

    Damit Kinder und Jugendliche aber überhaupt gut lernen können, müssen sie irgendwie weg von den kleinen Bildschirmgeräten, die ihnen soviel Lebenszeit stehlen. Es gibt inzwischen einige Studien, die nahelegen, dass Smartphone-Verbote helfen können, Schulleistungen zu verbessern.

    Die Debatte ist auch in der Bildungs-MK angekommen. Andere Staaten geben ein Beispiel, wie es gehen könnte. Vera Kraft und Ralf Pauli haben sich umgehört, wie ein Handyverbot in Deutschland umsetzbar ist und was es bringen kann.

    Wer übrigens annimmt, dass die Digital Natives per se eine große Neugier in Bezug auf Künstliche Intelligenz haben müssten, der sollte die neueste Studie der Vodafone Stiftung zur Nutzung von KI in europäischen Klassenzimmern lesen. Eine überraschende Erkenntnis: Kinder in Deutschland sind im Vergleich zu Schülern in der Türkei geradezu KI-Muffel. 

    Bleiben Sie uns gewogen.

    Ihr
    Thorsten Denkler
    Bild von Thorsten  Denkler

    Analyse

    Bildung 2035: Wie Hubig, Prien und Schopper Deutschland nach vorn bringen wollen

    In einem ungewöhnlichen Schritt haben wenige Wochen vor der Bundestagswahl die drei Bildungsministerinnen Stefanie Hubig (SPD) aus Rheinland-Pfalz, Karin Prien (CDU) aus Schleswig-Holstein und Theresa Schopper (Grüne) aus Baden-Württemberg am Montag in Berlin ein gemeinsames Positionspapier für eine bessere Bildung bis 2035 präsentiert. Es ist im Rahmen eines Workshops der drei auf Einladung der Wübben Stiftung Bildung im vergangenen Herbst entstanden. Mit dem parteiübergreifenden “Impuls für messbare Bildungsziele” skizzieren die drei Ministerinnen Vorschläge, die “ein Anstoß und ein Beitrag für eine grundlegende bundesweite Diskussion zur Frage der Qualitätsentwicklung des Schulsystems” sein sollen.

    Ihr gemeinsames Ziel ist es, die Bildung in Deutschland bis 2035 besser zu machen. Zuletzt haben diverse Vergleichsstudien auch der OECD gezeigt, dass Deutschland international wieder ins Mittelfeld abgerutscht ist – und zum Teil schlechter dasteht, als vor dem Pisa-Schock Anfang der 2000er-Jahre.

    Vier allgemeine Ziele

    Aus Sicht von Hubig, Prien und Schopper müsse sich die Bildungspolitik auf vier allgemeine Ziele einigen

    • Frühe Bildung: Die Ministerinnen setzten auf eine “bessere Verzahnung von Elementarbereich und Grundschule sowie auf abgestimmte Förderketten mit Evaluationskultur, die die Eltern mit einbeziehen”.
    • Kompetenz- und Leistungsentwicklung: Alle Kinder und Jugendlichen sollen mit der Unterstützung von Kitas und Schulen ihr volles Potenzial ausschöpfen können.
    • Bildungschancen: Alle Lernenden sollen unabhängig von ihrer Herkunft am Ende ihrer Schulzeit die notwendigen Kompetenzen erreichen, um ein selbstbestimmtes Leben führen und aktiver Teil unserer demokratischen Gesellschaft sein zu können.
    • Schule als Lern- und Lebensort für gelingende Persönlichkeitsentwicklung: Gefördert werden solle die “Auseinandersetzung der Lernenden mit sich selbst im Kontext der unmittelbaren und globalen Umwelt”, um so die “Entwicklung zu selbstbewussten Persönlichkeiten und die Stärkung der seelischen und körperlichen Gesundheit” zu unterstützen.

    Messbare Erfolgsindikatoren

    Konkreter werden die Ministerinnen, wenn es um die Benennung der Erfolgsindikatoren für die Ziele in der Kompetenz- und Leistungsentwicklung und den Bildungschancen geht: 

    • Bildungsminimum absichern: 50 Prozent weniger Schülerinnen und Schüler, die nicht die Mindeststandards in Deutsch und Mathematik erreichen.
    • Bildungsniveau steigern: 20 Prozent mehr Schülerinnen und Schüler, die die Regelstandards in Deutsch und Mathematik erreichen oder übertreffen.
    • Leistungsspitze fördern: 30 Prozent mehr Schülerinnen und Schüler, die die Optimalstandards in Deutsch und Mathematik erreichen.
    • Stärkung der Bildungsgerechtigkeit: Der Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Kompetenzen, identifiziert über den sozialen Gradienten im IQB-Bildungstrend, sinkt um 20 Prozent.
    • Abschlüsse absichern: Es gibt 50 Prozent weniger Schulabgänge ohne ersten Schulabschluss.

    Lernausgangslagen systematisch erfassen

    Für die Ziele “Frühe Bildung” und “Schule als Lern- und Lebensort für gelingende Persönlichkeitsentwicklung” müssten zunächst noch bundesweit einheitliche Indikatoren entwickelt werden. Erst in einem zweiten Schritt könnten aus Sicht der drei Politikerinnen messbare Ziele formuliert werden.

    In der frühkindlichen Bildung soll dafür das im Juni 2024 von der KMK beschlossene Programm “StarS – Stark in die Grundschule starten” helfen, die Lernausgangslagen im Übergang vom Elementar- zum Primarbereich “systematisch” zu erfassen. Die hieraus gewonnenen Erkenntnisse sollen in den Ländern genutzt werden, um allen Kindern “einen erfolgreichen Start in das schulische Lernen zu ermöglichen”.

    Schwieriger dürfte es sein, die Persönlichkeitsentwicklung zu messen. Hubig, Prien und Schopper stellen sich hier “Analog zu den IQB-Erhebungen” über fachliche Kompetenzen “systematische Aussagen zu den überfachlichen Kompetenzen und sozio-emotionalen Entwicklungsfaktoren wie etwa zum Selbstkonzept oder zur Selbstregulation” vor. 

    Kultur der Evaluation und der Verantwortung

    Damit die Vorschläge nicht verpuffen, wollen zumindest die drei Ministerinnen in ihren Zuständigkeitsbereichen vorangehen. Sie wollen etwa die Qualität des Lernens und Lehrens in den Schulen erhöhen. Etwas schwammig heißt es im Papier, dass sie dafür “kognitiv anregenden, konstruktiv unterstützenden und auf die individuellen Bedarfe ausgerichteten Unterricht ermöglichen” wollen. Der solle auf “innovativen Konzepten der Fachdidaktiken” fußen. In den Schulen solle eine “Kultur des Wohlbefindens und der Zugehörigkeit” vermittelt werden.

    Um die Entwicklung messbar zu machen, solle eine “Kultur der Evaluation und der Verantwortung” im Schulsystem etabliert werden. Datengestützte Entwicklungs- und Lernverlaufs-Diagnostik, die den “gesamten Bildungsverlauf im Rahmen einer kohärenten Datenstrategie berücksichtigt”, soll zum Standard werden. In den Ländern sollen dafür “die rechtlichen und technischen Voraussetzungen” geschaffen werden.

    Mit den Kommunen und Trägern wollen die Ministerinnen an einem “rechtskreisübergreifenden Zusammenwirken” aller Bildungs- und Unterstützungssysteme arbeiten. Auch dafür sollen die rechtlichen und organisatorischen Voraussetzungen geschaffen werden. 

    Kooperative Schulkultur als Standard

    Um einen “mehrdimensionalen Blick auf die Kinder und Jugendlichen” an den Schulen zu etablieren, soll die Zusammenarbeit den unterschiedlichen Professionen an den Schulen verbessert und eine “kooperative Schulkultur” zum Standard werden.

    Die Demokratiebildung nimmt einen eigenen Punkt ein. Das kulturelle Erbe, die Geschichte des Landes und die Freiheiten, die das Grundgesetz ermöglicht, “wollen wir stärker mit den Lernenden thematisieren”. So sollen ihre Kritikfähigkeit, ihr Urteilsvermögen, aber auch ihre Bereitschaft erhöht werden, “sich aktiv in dieser Gesellschaft einzubringen”.

    Nicht zuletzt hoffen die Ministerinnen auf eine intensive Kooperation der Länder untereinander sowie mit dem Bund und den Kommunen, um ihre Ziele zu erreichen. Die Ständige Wissenschaftliche Kommission (SWK) soll ebenso “wichtige Hinweise und Impulse” geben.

    Das gemeinsame Papier der Ministerinnen ist Teil eines 151-Seiten umfassenden Beitrags mit dem Titel “Bessere Bildung 2035. Gemeinsamer Einsatz für messbare Ziele”. Darin findet sich auch ein Gastbeitrag des Bildungsministers der kanadischen Provinz Alberta, Demetrios Nicolaides, zur datenbasierten Steuerung des Bildungssystems, sowie ein Plädoyer des Geschäftsführers der Wübben Stiftung Bildung, Markus Warnke, für einen gestärkten Bildungsföderalismus. Ebenso enthalten ist eine Übersicht der Bildungsforscherinnen Britta Klopsch und Anne Sliwka über sieben “Stellschrauben, um Schulsysteme nachhaltig zu transformieren”.

    • Bildungspolitik
    • Frühkindliche Bildung
    • Grundschule
    • Karin Prien
    • KMK
    • OECD
    • Ständige Wissenschaftliche Kommission
    • Theresa Schopper
    Translation missing.

    Handyverbot: Wie Schulen um den richtigen Umgang mit Smartphones ringen

    Um den richtigen Umgang mit digitalen Geräten in Schulen wird international gerungen. Rufe nach einem Smartphone-Verbot an Schulen werden auch in Deutschland immer lauter. Da gibt es etwa die SPD-Jugendstadträte in Berlin, die die aktuelle Situation “unverantwortlich” und ein Verbot “unerlässlich” finden. Oder Hessens Bildungsminister Armin Schwarz (CDU), der sich in der Bildungs-MK für eine bundesweit einheitliche Regelung zum Umgang mit Handys an Schulen ausspricht.

    In Ländern wie Kanada, Australien und den Niederlanden gilt seit vergangenem Jahr eine entsprechende Regel. Auch Italien, Frankreich und Griechenland haben Smartphones und Smartwatches aus den Schulen und teils vom Pausenhof verbannt. In diesem Jahr tritt in Lettland ein Smartphone-Verbot bis zur sechsten Klasse in Kraft.

    Smartphone-Verbot steigert Wohlbefinden

    Erste Studien belegen die positive Wirkung solcher Verbote an Schulen. Die Universität Augsburg etwa hat vor wenigen Monaten fünf große Studien aus Norwegen, Spanien, Tschechien, England und Schweden miteinander verglichen. Alle kommen zu dem gleichen Ergebnis: Ein Smartphone-Verbot “hat messbar positive Effekte”, und zwar vor allem auf das soziale Wohlbefinden. Auch die Lernleistung nimmt demnach leicht zu.

    An der neu gegründeten Anne-Frank-Gesamtschule in Duisburg müssen die Schülerinnen und Schüler vor Unterrichtsbeginn ihr Smartphone abgeben. Das Gerät kommt in eine Box mit beschrifteten Fächern und wird für den Schultag im Sekretariat aufbewahrt. Was das bringt? “Die Kinder beschäftigen sich mehr miteinander”, beobachtet Schulleiter Jörg Heinrichs. Statt auf Social Media zu scrollen, rennen die Zehnjährigen über das Schulgelände und spielen Verstecken.

    Kinder und Eltern müssen Verbot zustimmen

    In den Aufnahmegesprächen an der Anne-Frank-Gesamtschule müssen sowohl die Eltern als auch die Kinder unterschreiben, dass sie mit diesem Handyverbot einverstanden sind. Wird ein Kind trotzdem mit Smartphone erwischt, wird das Gerät eingezogen – und muss von einem Elternteil ausgelöst werden. “Manchmal grummeln die Eltern ein bisschen, wenn sie dafür extra in die Schule kommen müssen”, sagt Heinrichs. Insgesamt würden die Eltern das Verbot aber “durchweg positiv” sehen.

    Die Schule befindet sich noch im Aufbau – bislang gibt es nur fünfte Klassen. Für die Unterstufe soll das Verbot beibehalten werden. In der Mittelstufe sei es bereits schwieriger, Smartphones komplett zu verbannen, sagt Schulleiter Heinrichs. Er müsse sich noch überlegen, wie sie es in Zukunft mit den älteren Schülerinnen und Schülern handhaben wollen.

    Schülervertreter sind gegen ein Verbot

    Schülervertreter lehnen ein Handyverbot ab: Die Bundesschülerkonferenz schreibt, Schüler bräuchten stattdessen “eine aktive Förderung ihrer Medienkompetenz”. Der Bund solle Projekte zur Aufklärungs- und Präventionsarbeit fördern. In vielen Fällen müssten Schüler zudem noch aufgrund mangelnder digitaler Infrastruktur in ihrer Schule auf ihr Privatgerät zurückgreifen.

    Der Berliner Landesschülerausschuss ist skeptisch, ob sich ein striktes Verbot überhaupt umsetzen lässt. Probleme wie “Handysucht”, Cybermobbing und das unerlaubte Filmen von Mitschülern würden zudem lediglich auf die Zeit nach der Schule verlagert. “Dadurch besteht Sorge, dass die Verantwortung der Schule für die Sensibilisierung und Prävention dieser Probleme untergraben wird”, schreiben die Landesvertreter.

    Schulleitungen entscheiden über Umgang

    In Deutschland liegt es bislang in den Händen von Schulleitungen, sich ein Konzept für die eigene Schule zu überlegen. Hessens Bildungsminister Schwarz will das ändern. Er findet, es braucht eine bundesweite Regelung.

    Die Aussicht auf Erfolg für diesen Vorstoß ist begrenzt: Selbst Ministerinnen und Minister, die ein Handyverbot an Schulen grundsätzlich befürworten, halten pauschale Vorgaben für unnötig. Nur die neu gewählten Landesregierungen von Brandenburg und Thüringen versprechen, Handys und Tablets zumindest an Grundschulen zu verbieten.

    Bildungs-MK will Handyverbot weiter diskutieren

    Ob eine verpflichtende Vorgabe viel ändern würde, ist ohnehin fraglich. Ein Großteil der Schulen hat längst ein Handyverbot: 2022 waren es bereits knapp zwei Drittel, wie die PISA-Erhebung zeigte. Die Bildungs-MK will auf ihrer nächsten Tagung im März trotzdem weiter über den Umgang mit Smartphones an Schulen diskutieren.

    Klar ist: Schulen können die Probleme, die mit der Mediennutzung einhergehen, nicht im Alleingang lösen. Insbesondere wenn Kinder exzessiv Social Media nutzen, kann das etwa zu Depressionen oder Angststörungen führen.

    In der nordrhein-westfälischen Stadt Solingen bieten alle weiterführenden Schulen deshalb den Eltern ab dem kommenden Schuljahr eine “Erziehungspartnerschaft” an. Dahinter steckt eine intensive Zusammenarbeit zwischen Schulen, Eltern, Sozialwissenschaftlern und Psychologen – und ein striktes Social-Media-Verbot für alle fünften Klassen. Das Argument, ohne Tiktok-Account zum Außenseiter zu werden, fällt weg, wenn auch die Mitschüler nicht auf der Plattform sind.

    Eltern sensibilisieren, Dopamin-Rausch reduzieren

    Die Idee für dieses Bündnis hatte Burkhard Brörken, Schuldezernent in Düsseldorf und selbst jahrelanger Schulleiter. “Mit der Erziehungspartnerschaft wollen wir die Eltern für die Gefahren von Social Media sensibilisieren“, sagt Brörken zu Table.Briefings. Er ist überzeugt: Wenn Jugendliche ihren “Dopamin-Rausch” nicht auch in der Freizeit einschränken, werden Vereinsamung, Konzentrationsunfähigkeit und Mobbing weiter ein großes Thema bleiben.

    Der Schulpsychologische Dienst und das Regionale Bildungsbüro Düsseldorf begleiten das bundesweit wohl einmalige Vorhaben. Gemeinsam mit den Schulen wollen sie die Schüler zu “Medienpaten” ausbilden.

    Auch die Solinger Grundschulen wollen an dem Projekt teilnehmen. Ob und wann die Stadt ihre Erziehungspartnerschaften auch an Grundschulen anbietet, steht jedoch noch nicht fest. Schuldezernent Brörken würde die Ausweitung des Programms begrüßen: Es sei notwendig, bereits die Jüngsten zu sensibilisieren. Schließlich hätten heute bereits viele Grundschüler ein Smartphone.

    Unter Mitarbeit unseres Kollegen Ralf Pauli.

    • Bildung
    • Bildungs-MK
    • Bildungspolitik
    • Digitales Lernen
    • Gesundheit
    • Grundschule
    • Schule
    • Smartphone
    • Social Media
    • Universitäten

    News

    KI in der Schule: Was die Türkei Deutschland voraus hat

    Im europäischen Vergleich zeigen deutsche und griechische Schüler das geringste Interesse an KI-Kompetenzen und deren praktischer Anwendung. Das zeigt eine Vergleichsstudie der Vodafone-Stiftung mit Daten aus sieben europäischen Staaten, die Table.Briefings vorliegt. Demnach glauben nur 59 Prozent der befragten deutschen Schüler, dass KI für ihr künftige berufliche Karriere relevant werden könnte. Der Wert liegt sieben Prozentpunkte unter dem Schnitt der untersuchten Staaten. Von den Befragten türkischen Schülern geben dagegen 85 Prozent an, dass KI für sie eine hohe Relevanz haben wird.

    Türkische Schüler erhalten von allen Befragten nach eigenem Empfinden die meiste Unterstützung in KI-Fragen, während sich deutsche und griechische Schüler am wenigsten unterstützt fühlen. Nur 45 Prozent der deutschen Schüler halten etwa ihre Eltern für gut auf KI vorbereitet. Der Blick auf ihre Lehrkräfte fällt noch schlechter aus. Lediglich 38 Prozent geben an, dass ihre Schulen sie gut in Sachen KI unterstützen können. 

    Interesse deutscher Schüler an KI unterdurchschnittlich

    Deutsche Schüler zeigen laut der Studie grundsätzlich ein unterdurchschnittliches Interesse an KI

    • Über die Risiken von KI wollen lediglich 38 Prozent aufgeklärt werden. Der Schnitt liegt bei 45 Prozent. 
    • Interesse an den gesellschaftlichen, wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Vorteilen der Technologie zeigen gerade 30 Prozent der deutschen Schüler. Im Schnitt sind es sieben Prozentpunkte mehr. 
    • Eine Bereitschaft, mehr über Prompting zu erfahren, lassen nur 24 Prozent der deutschen Schüler erkennen. Im Schnitt sind es 30 Prozent. 

    Leicht über dem Schnitt von 42 Prozent interessiert deutsche Schüler nur, wie die Genauigkeit KI-generierter Antworten sichergestellt werden kann. Das wollen 44 Prozent wissen. In Deutschland ist im Zusammenhang mit KI zudem die Angst besonders ausgeprägt, fälschlicherweise des Schummelns beschuldigt zu werden. 43 Prozent der deutschen Schüler sehen darin einen wichtigen Nachteil der Nutzung von KI in der Schule.

    Von Kielmansegg: Keine Zeit, um weiter abzuwarten

    Matthias Graf von Kielmansegg, Geschäftsführer der Vodafone Stiftung warnt, Schüler und Lehrer sollten “schnell gemeinsam auf Entdeckungsreise gehen und die Ergebnisse kritisch reflektieren”. Ein Abwarten, bis “ausgefeilte und wissenschaftlich evaluierte didaktische Konzepte” vorlägen, komme “in dieser dynamischen Entwicklung hoffnungslos zu spät” – obwohl es solche Konzepte auch brauche.

    Für die Studie, die an diesem Mittwoch veröffentlicht wird, wurden 7.000 Schülerinnen und Schüler im Alter von zwölf bis 17 Jahren in Deutschland, Griechenland, Portugal, Rumänien, Spanien, der Türkei und Großbritannien befragt. Die Studie steht hier zum Download bereitThorsten Denkler

    • Bildung
    • Bildungsforschung
    • KI in der Schule
    • Künstliche Intelligenz

    Kitas: Nachfrage nach längerer Betreuung wächst

    In den Kindertageseinrichtungen werden Kinder immer länger betreut. Die Zahl der Kinder mit einer vertraglich vereinbarten Betreuungszeit von mehr als 35 Stunden in der Woche hat von 2014 bis 2024 um 30 Prozent zugenommen. Mit 64 Prozent hatten knapp zwei Drittel dieser Kinder zuletzt sogar eine festgelegte Betreuungszeit von mehr als 45 Wochenstunden. Das geht aus Daten des Statistischen Bundesamt (Destatis) hervor, die am Dienstag veröffentlicht wurden.

    Betreuung bis 25 Stunden immer weniger gewünscht

    Um ein Viertel gestiegen ist in den vergangenen zehn Jahren die Zahl der Kinder mit einer Betreuungszeit von 25 bis 35 Wochenstunden. Zurückgegangen ist nur der Anteil der Kinder mit einer kürzeren Betreuungszeit von bis zu 25 Stunden in der Woche – um acht Prozent. 

    Die durchschnittlich vereinbarte Betreuungszeit stieg damit in den vergangenen zehn Jahren von 35,3 auf 36,1 Stunden pro Woche. Im selben Zeitraum ist die Zahl der betreuten Kinder insgesamt um 20 Prozent gestiegen – von 3,29 Millionen auf 3,94 Millionen Kinder.

    Das pädagogische Kita-Personal ist in den vergangenen zehn Jahren um 46 Prozent angewachsen. Insgesamt arbeiten allerdings lediglich 33 Prozent in Vollzeit. Rund 724.100 Betreuungskräfte arbeiteten 2024 in Kindertageseinrichtungen, im Jahr 2014 waren es noch gut 494.300 Personen.

    Nur wenige Tausend ausländische Erzieher anerkannt

    Für die Kinderbetreuung wird zwar auch auf Fachkräfte aus dem Ausland gesetzt. Allerdings ist ihre Zahl bisher eher gering. 2.778 Verfahren zur Anerkennung eines ausländischen Berufsabschlusses als Erzieher/in gab es im Jahr 2023. Davon wurden 1.743 positiv, 624 negativ und 222 noch nicht beschieden. 186 Verfahren wurden ohne Bescheid beendet. Zum Vergleich: Im Jahr 2023 schlossen rund 55.600 Menschen eine erzieherische Ausbildung ab. Ein neuer Höchststand, obwohl für Schleswig-Holstein die entsprechende Zahl nicht vorlag.

    Besonders häufig ging es um die Anerkennung von Abschlüssen aus Spanien (324), der Ukraine (237) und der Türkei (231). Insgesamt zählt der Abschluss als Erzieher zu den Top 10 in der Rangliste der Berufe mit den meisten Anerkennungsverfahren ausländischer Abschlüsse. Thorsten Denkler

    • Bildung
    • Eltern
    • Kitas

    Privatschulen: Im Schnitt zahlen Eltern jährlich 2.000 Euro Schulgeld

    Eltern in Deutschland zahlten 2020 im Schnitt 2.032 Euro pro Jahr, wenn ihr Kind eine Privatschule besuchte. Das teilte das Statistische Bundesamt am Dienstag mit. Es hat dafür die Lohn- und Einkommensteuerstatistik von 2020 ausgewertet. Für rund 595.000 Kinder und Jugendliche im Alter von sechs bis 23 Jahren haben Eltern demnach Schulgeld steuerlich geltend gemacht.

    Rund 800.000 besuchten im Schuljahr 2023/24 eine Privatschule, knapp zehn Prozent aller Schülerinnen und Schüler in Deutschland (8,8 Millionen). Die Zahl der Privatschulen ist in den vergangenen zehn Jahren um etwa 300 gewachsen: Rund 3.800 allgemeinbildende Schulen befanden sich im Schuljahr 2023/24 in privater Trägerschaft. Damit ist bundesweit bereits rund jede achte allgemeinbildende Schule (zwölf Prozent) eine Privatschule.

    Höhe des Schulgelds variiert erheblich

    Die Höhe der durchschnittlich erhobenen Schulgelds variiert je nach Wohnkreis erheblich. Zu den bundesweiten Spitzenreitern zählen:

    • die Stadt Düsseldorf (knapp 7.200 Euro Schulgeld)
    • der hessische Hochtaunuskreis (rund 6.850 Euro)
    • das bayerische Starnberg (5.300 Euro)

    Sieben Prozent der Eltern, die 2020 Schulgeld steuerlich geltend gemacht haben, zahlten mehr als 5.000 Euro pro Jahr und Kind. Dabei dürfte es sich vor allem um internationale Schulen mit mehrsprachigem Unterricht, Ganztagsschulen und Internate mit einem umfassenden außerschulischen Angebot handeln.

    Umgekehrt erhebt rund jede fünfte allgemeinbildende Privatschule maximal 500 Euro pro Jahr, etwa jede zweite verlangt ein Schulgeld zwischen 500 und 2.000 Euro.

    Nachbesserungsbedarf beim Sonderungsverbot

    Die große Spannbreite wirft Fragen auf. Je nach Wohnort gibt es alternative Schulangebote kostenlos oder nur für besonders zahlungskräftige Kunden. Immerhin: Bei der Preisgestaltung sind zwar zumindest die staatlich anerkannten Ersatzschulen offiziell ans Grundgesetz gebunden. Um öffentliche Zuschüsse zu erhalten, müssen sie die “Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern” vermeiden. Es gibt jedoch wenige konkrete oder gar bundeseinheitliche Vorgaben zur verfassungskonformen Höhe des Schulgelds oder regelmäßige staatliche Kontrollen. Die vom Statistischen Bundesamt gemeldeten Zahlen verbunden mit der kontinuierlich steigenden Anzahl freier Schulen lassen hier auf Handlungsbedarf schließen.

    Private Schulen werben mit Vorzügen wie kleinen Klassen, modernen Unterrichtsmethoden, individueller Förderung oder besonderen Schwerpunkten. Viele erheben dafür ein Schulgeld. Zum Anlass seiner Mitteilung erklärte das Statistische Bundesamt den Internationalen Tag der Bildung. Mit dem jährlich Aktionstag am 24. Januar möchten die Vereinten Nationen nicht zuletzt auf ungleich verteilte Bildungschancen aufmerksam machen. Hier finden Sie interaktive Karten zur Auswertung. Kirstin von Elm

    • Ganztagsschulen
    • Vereinte Nationen

    Personalien

    Friedrich Hubert Esser bleibt bis 30. Juni 2026 Präsident des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB). Ursprünglich sollte er schon im Juli dieses Jahres in den Ruhestand eintreten – mit Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze. Das BMBF, das die Nachbesetzung verantwortet, hat mit Blick auf die Bundestagswahl jedoch das laufende Verfahren unterbrochen.

    Esser sagte, er freue sich darauf, seine Aufgaben in der BIBB-Leitung weiter wahrnehmen zu dürfen. Er wolle sich vor dem Hintergrund der Transformation “besonders dafür engagieren, unser Berufsbildungssystem flexibler, inklusiver und exzellenter zu machen, wie auch die Gleichwertigkeit beruflicher und akademischer Bildung voranzubringen.”

    Ändert sich etwas in Ihrer Organisation? Schicken Sie doch einen Hinweis an bildung.red@table.media!

    Best of Table.Media

    Research.Table. Rechte Agenda unter Trump II: Gefahren für Bildungsinstitutionen und die Demokratie. Die zweite Amtszeit von Donald Trump könnte die Demokratie in den USA radikal verändern, warnt Historiker Thomas Zimmer. Reaktionäre Rechte würden schon jetzt Bildungsinstitutionen und Hochschulen beeinflussen – mit Erfolg. Durch Gewaltandrohungen und öffentliche Angriffe schwinde der Widerstand. Mehr lesen Sie hier.

    Research.Table. Studienfinanzierung: Warum das CHE die Bafög-Quoten zu niedrig findet. Mehr als 83 Prozent der Studierenden in Deutschland erhalten kein Geld aus staatlichen Angeboten wie Bafög, Stipendien oder Studienkredite. Das Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) kritisiert vor allem die Bafög-Sätze als “nicht auf der Höhe der Zeit”. Mehr lesen Sie hier.

    Research.Table. Sachsen: Heike Graßmann wird Staatssekretärin im Wissenschaftsministerium. Sachsens neuer Wissenschaftsminister Sebastian Gemkow (CDU) war zum Start der neuen Regierung noch ohne Staatssekretär. Die Stelle konnte nun besetzt werden. Mehr lesen Sie hier.

    Presseschau

    Spiegel: Lehrkräfte bewerten Kinder mit Migrationshintergrund tendenziell besser. Ähnlich ist es bei Kindern aus sogenannten bildungsfernen Haushalten. Das zeigt eine Untersuchung von Bewertungen durch Lehrkräfte. Die Bildungsökonomin Julia Bredtmann vermutet, Lehrkräfte versuchten unbewusst, soziale Nachteile durch positivere Noten auszugleichen. Es sei fraglich, ob die gut gemeinte Besserbewertung den Bildungserfolg erhöht. Wurzelt die Besserbewertung in einer niedrigeren Erwartung der Lehrkräfte, bleiben die Kinder mit ihren Leistungen möglicherweise unter ihren Möglichkeiten. (“Keine systematische Diskriminierung bei der Notenvergabe” feststellbar)

    NDR: Deutsche Altersgrenze für Social Media? Niedersachsens Kultusministerin Julia Willie Hamburg (Grüne) befürwortet ein Social-Media-Verbot für unter 14-Jährige. So könnten Schulen vor dem ersten Kontakt mit Fake News Medienkompetenz vermitteln. Thüringens Bildungsminister Christian Tischner (CDU) befürwortet ein ähnliches Verbot. Die CDU und AfD in Niedersachsen kritisieren den Vorstoß und sehen vor allem die Eltern in der Verantwortung. Der Landesschülerrat ist ebenfalls gegen ein Verbot. (TikTok und Instagram erst ab 14? Ministerin wirbt für Mindestalter

    Spiegel: Demokratie- und Medienbildung gegen Rechtsruck. Die ostdeutschen Landesschülervertretungen fordern mehr politische Bildung an den Schulen. Die Demokratie und die Bedeutung der Europäischen Union müssten für junge Menschen erlebbar gemacht werden. Auch die Medienbildung müsse besser werden. Die Schülervertretungen sehen die Schule und ihre fehlenden Angebote in der Verantwortung für den Rechtsruck in der Jugend. (Mangelnde politische Bildung für Rechtsruck mitverantwortlich

    dpa: Reform des Laufbahnrechts in Thüringen. Bildungsminister Christian Tischner (CDU) will Lehrkräfte flexibel an verschiedenen Schultypen einsetzen. Eine ähnliche Regelung gibt es bereits in Sachsen. Dort können beispielsweise Gymnasiallehrer an einer Realschule unterrichten, aber ihre Lehrtätigkeit danach an einem Gymnasium fortsetzen. Die Ausbildung der Lehrkräfte soll jedoch nicht verändert werden. (Bildungsminister will Lehrer flexibler einsetzen

    Zeit: Keine Veränderung nach Brandbrief an Berliner Bergius-Schule. Der Alltag an der Berliner Friedrich-Bergius-Schule ist von Gewalt und Konflikten geprägt. Beim aktuellen Vorfall jagten 90 teils bewaffnete schulfremde Jugendliche einen Schüler der Schule. In einem Brandbrief forderte die Elternvertretung zuvor unter anderem einen Pförtner am Schultor. Forderungen wie diese wurden bisher nicht umgesetzt. (Was muss denn noch alles passieren, damit endlich was passiert?

    Termine

    23. Januar, 9.45 Uhr bis 10.45 Uhr, online
    Webinar OECD Launch of Trends Shaping Education 2025
    In diesem Webinar steht der neue OECD-Bericht im Fokus, der beschreibt, welche Trends und Entwicklungen die Bildungslandschaft der nächsten Jahre beeinflussen werden. Welchen Einfluss hat KI? Wie kann Schule auf den Klimawandel reagieren? Was bedeutet die zunehmende Polarisierung für den Unterricht? INFOS & ANMELDUNG

    30. Januar, 13 Uhr, online
    Webinar How to create inclusive classrooms for children with special education needs
    Wie können Lernumgebungen entstehen, in denen alle Schüler gut und gerne lernen – auch Schüler etwa mit Dyslexie, Autismus oder ADHS? Dieses Webinar der OECD soll Antworten bringen. INFOS & ANMELDUNG

    12. Februar, 10 Uhr bis 16 Uhr
    Konferenz Gute Arbeit und gutes Studium für alle!
    Vor der Bundestagswahl macht die GEW ihre Forderungen im Bereich der Hochschulpolitik noch einmal deutlich. Neben besseren Arbeitsbedingungen für universitäre Angestellte fordert die GEW eine Verbesserung der Studienbedingungen und eine Bafög-Reform. Mit geladenen Bundespolitikern soll über die Themen diskutiert werden. Eine Anmeldung ist noch bis zum 24. Januar möglich. INFOS & ANMELDUNG

    21. Februar, 14 Uhr bis 19 Uhr, Berlin
    Tagung KI-Klassentreffen 2025
    Die Weiterbildungsplattform fobizz und die Code University laden ein, sich über die Bedeutung von KI in der Bildung auszutauschen. Neben einer Keynote von Doris Weßels, Professorin für Wirtschaftsinformatik von der Fachhochschule Kiel, gibt es die Möglichkeit, an mehreren Workshops teilzunehmen, die unter anderem Best-Practice-Beispiele für den Einsatz von KI vorstellen. Eine Anmeldung ist noch bis zum 31. Januar möglich. INFOS & ANMELDUNG

    Bildung.Table Redaktion

    BILDUNG.TABLE REDAKTION

    Licenses:

      Jetzt kostenlos anmelden und sofort weiterlesen

      Keine Bankdaten. Keine automatische Verlängerung.

      Sie haben bereits das Table.Briefing Abonnement?

      Anmelden und weiterlesen