uff, das Jahr ist so gut wie vorbei. Endlich, mögen manche sagen. Es war ja auch einiges los. Diverse Bildungsstudien haben mal wieder gezeigt, dass Deutschland trotz mancher Beteuerungen weit entfernt ist von der Bildungsweltspitze. Versuche, das zu ändern, sind mühsam wie eh und je. Die zähen Verhandlungen um den Digitalpakt haben gezeigt, wie schwer sich Bund und Länder manchmal tun, gute Kompromisse zu finden. Die Debatte wird trotz der als Durchbruch gepriesenen Einigung zwischen dem jetzt grün geführten BMBF und den Ländern weitergehen, sobald eine neue Regierung im Amt ist.
Es gibt aber auch gute Nachrichten: Die KMK hat sich in einer kaum für möglich gehaltenen Geschwindigkeit reformiert. Unter der Motorhaube der KMK ist nun bis auf Details alles generalüberholt. Jetzt muss sie nur noch so gut gelenkt werden, dass die Schülerinnen und Schüler am Ende alle Chancen haben, besser zu lernen.
Aber wir wollen Sie hier nicht mit einem weiteren Jahresrückblick langweilen. Den Zusammenbruch der Ampel werden Sie mitbekommen haben. Über die vielen großen und kleinen Bildungsreformen im Bund und in den Ländern haben wir ausführlich berichtet. Allein mit dem, was das Startchancen-Programm an Debatten, neuen Idee und Veränderungen hervorgebracht hat, konnten wir eine Reihe von Ausgaben füllen. In diesem Briefing geben wir Ihnen den aktuellen Stand zur Umsetzung des Startchancen-Programms.
Zudem haben wir die bildungspolitischen Forderungen in den Wahlprogramm-Entwürfen von FDP, Linken und AfD nebeneinandergelegt, die einige überraschende Forderungen enthalten (die Analyse der Programme von Union, SPD und Grünen finden Sie hier). Außerdem erklärt Ihnen der frühere Direktor des Hamburger Landesinstituts für Lehrerbildung und Schulentwicklung, Peter Daschner, in seinem lesenswerten Standpunkt, was sich in der Lehrerfortbildung dringend ändern muss.
Dies ist unser letzter Bildung.Table in diesem Jahr. Wenn nicht noch etwas Sensationelles passiert, das uns unterm Weihnachtsbaum hervorspringen lässt, melden wir uns am Freitag, den 3. Januar, wieder. In der Zwischenzeit können Sie sich über unseren kostenlosen Newsletter “100 Headlines” auf dem Laufenden halten. Zudem erscheint auch unser Podcast “Table.Today” zwischen den Jahren.
Daneben möchte ich Sie an dieser Stelle noch einmal auf unser neuestes Briefing aufmerksam machen: der kostenlose CEO.Table. Ab diesem Samstag, 6 Uhr, starten wir damit die neue Samstags-Ausgabe von Table.Briefings – ein kostenloses Executive Briefing für alle CEOs und alle, die mit ihnen zu tun haben.
Ich wünsche Ihnen frohe Feiertage und einen guten Rutsch ins neue Jahr!
Nach Union, SPD und Grünen (hier geht es zu unserer Vergleichsanalyse) liegen jetzt auch die Entwürfe für die Wahlprogramme von FDP, Linken und der AfD vor. Darin finden sich teilweise sehr unterschiedliche Vorstellungen davon, was sich in der Bildung ändern oder dort besser werden muss. Ein Überblick:
(Vorher noch ein Hinweis: Wir hatten in unserer Wahlprogramm-Analyse von Mittwoch fälschlicherweise auch der SPD die Forderung nach einem Gender-Verbot zugewiesen. Das haben wir berichtigt. Wir bitten um Entschuldigung.)
FDP: Sie fordert eine “Sanierung der Schulgebäude in Deutschland“. Wie das organisiert und bezahlt werden soll, wird nicht benannt.
Linke: Sie will die Schuldenbremse abschaffen und die Defizit- und Schuldenregeln in Europa anpassen, um in “Bildung, Brücken, Bus und Bahn” sowie die Wirtschaft investieren zu können. Das Kooperationsverbot zwischen Bund und Ländern in der Bildung soll aufgehoben, eine Gemeinschaftsaufgabe Bildung im Grundgesetz verankert werden. Privatisierungen will die Linke im Bildungssektor ausschließen.
AfD: Sie will allein mit “Ausgabendisziplin” Investitionen ermöglichen und die Verschuldung senken. Spezifische Bildungsinvestitionen adressiert die AfD nicht.
FDP: Sie bekennt sich zu einem zweiten Digitalpakt und will mit ihm die “technische Modernisierung der Schulen vorantreiben und digitale Lehre in der Aus- und Weiterbildung der Lehrkräfte verankern“. Die vorliegende Eckpunkte-Einigung zwischen Bund und Ländern nennt sie aber “eine vertane Chance”, weil die Länder kaum zusätzliche Mittel beisteuern würden.
Linke: Der Digitalpakt wird nicht direkt adressiert. Die Linke fordert aber, Lernsoftware dürfe nicht als Ersatz für Lehrpersonal eingesetzt werden. Den Einsatz von künstlicher Intelligenz für die “Bewertung oder Vorhersage von Lernerfolgen” will die Linke verbieten. Zudem will sie verhindern, dass die Digitalisierung “zum Einfallstor der Profitinteressen von Unternehmen” werde.
AfD: Schulen benötigten zwar “grundsätzlich” eine moderne und zeitgemäße IT-Ausstattung. Dies aber “vor allem” für den Informatikunterricht, die Berufsausbildung in technischen Fächern sowie für den verantwortungsvollen Umgang mit KI-Systemen. Eine ausschließliche Verwendung von Tablets im Unterricht stellt für die AfD eine “Einschränkung der Methodenvielfalt” dar. Die ersten vier Schuljahre sollten “vorwiegend digitalfreie Räume” sein.
FDP: Es soll bundesweit “verpflichtende und altersgerechte Sprachtests” für alle Kinder im Vorschulalter geben. Die Einschulung soll erst mit ausreichenden Deutschkenntnissen erfolgen. Wird ein Förderbedarf festgestellt, soll eine ebenso “verpflichtende” Sprachförderung für mindestens zwei Jahre vor Beginn der Schulpflicht beginnen.
Linke: Sie hält das gegliederte Schulsystem für einen “Brandbeschleuniger für soziale Ungleichheit“. Darum soll es eine Schule für alle geben. Sie soll ganztägig organisiert sein und alle Schulabschlüsse anbieten.
AfD: Um “zu geringe deutsche Sprachkennnisse” auszugleichen, will die AFD eine “bedarfsorientierte Vorschule” einführen. Alle Kinder sollen so weit gefördert werden, “dass sie dem regulären Unterricht folgen können”.
FDP: Es soll “bundeseinheitliche Kita-Qualitätsstandards” geben. Bürokratie soll abgebaut und der Einsatz multiprofessioneller Teams zur Entlastung des Erziehungspersonals ausgeweitet werden. In der Bundesregierung soll die Verantwortung für die Kitas vom Familien- in das Bildungsministerium transferiert werde. Außerdem soll ein Startchancen-Programm für Kitas aufgesetzt werden. MINT-Förderung soll “mehr Raum” in der frühkindlichen Bildung bekommen.
Linke: Mindestens ein Erzieher soll für maximal drei Kinder unter drei Jahren und für acht Kinder ab drei Jahren da sein. Ausfall- und Vorbereitungszeiten sollen eingeplant werden. Die Kitas sollen grundsätzlich gebührenfrei sein.
AfD: Die AfD will nicht die Kita dem steigenden Bedarf anpassen, sondern den Bedarf senken. Das soll mit Hilfe eines Betreuungsgehalts passieren. Es soll bis zum dritten Lebensjahr des Kindes an Eltern und Großeltern gezahlt werden und “etwa dem durchschnittlichen Nettolohn vor Geburt des ersten Kindes” entsprechen. Ansonsten glaubt die AfD, dass angebliche “linke Ideologen” versuchten, Kinder “möglichst früh” zu beeinflussen. Ihnen würden heute “Trans-Kult und Klimahysterie” schon im Vorschulalter “nähergebracht”. Deutsch solle als “verpflichtende Sprache” in Kitas durchgesetzt werden.
FDP: Schulen sollen ein “frei einsetzbares Chancenbudget” bekommen, mit dem Schulen “eigenständig” über Bildungselemente, ihr Schulprofil, den Einsatz multiprofessioneller Teams, aber auch über Personalentscheidungen und die Länge der gymnasialen Laufbahn (G8/G9) entscheiden sollen. Zugleich will die FDP in die Lehrpläne der Länder eingreifen. Wirtschaft und Informatik sollen etwa eigene Schulfächer werden. Schülerinnen und Schüler sollen künftig mit “Erasmus+” unabhängig vom Einkommen der Eltern sechs Monate im europäischen Ausland verbringen können. Eine Notenpflicht soll es spätestens ab der dritten Klasse geben.
Linke: “Lernen soll in der Schule stattfinden”, heißt es im Programmentwurf. Hausaufgaben will sie abschaffen. Die Linke fordert grundsätzlich zwei Lehrkräfte pro Klasse für bessere individuelle Förderung. Dazu multiprofessionelle Teams von Lehrkräften, Schulsozialarbeitern, Psychologen und medizinischem Fachpersonal. Die Herkunftssprachen in Schulen sollen auch als Erst- oder Zweitsprache anerkannt werden.
AfD: Das Abitur soll nach Ansicht der AfD “zum Ausweis der Studierfähigkeit” werden. Haupt- oder Realschulabschlüsse sollen zur Berufsausbildung befähigen. Für den Übergang auf das Gymnasium will die AfD “verbindliche Kriterien” festlegen. Die “sehr strenge deutsche Schulpflicht” will die AfD “lockern” und zu einer Bildungspflicht umwandeln.
FDP: Sie fordert ein “inklusives Bildungssystem von der Kita bis zur Berufsausbildung”. Sonderpädagogische Inhalte sollen dafür in die pädagogische Grundausbildung integriert werden. Dennoch seien Förderschulen “unverzichtbar, um allen individuellen Notwendigkeiten der Förderung gerecht zu werden”.
Linke: Sie will eine inklusive Schule, in der “alle Kinder unabhängig von Herkunft, Förderbedarf oder sozialen Umständen gemeinsam lernen und wachsen können”.
AfD: Die Förderschule soll wieder “zum Regelfall für Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf” werden. Inklusion dürfe Schüler und Lehrer “nicht überfordern” und die “Mitschüler nicht am Lernfortschritt hindern”.
FDP: Berufliche Bildungszentren sollen zu regionalen Innovations- und Gründerzentren ausgebaut werden. Analog zum Freiwilligen Sozialen Jahr (FSJ) soll ein berufliches Orientierungsjahr geschaffen werden. Stipendien-Programme sollen ausgebaut werden. Ähnlich dem Deutschen Akademischen Austauschdienst soll ein “Deutscher Beruflicher Austauschdienst” geschaffen werden.
Linke: Sie will im Berufsbildungsgesetz einen “Rechtsanspruch auf eine vollqualifizierende Ausbildung” verankern und das Kriterium der “Ausbildungsreife” der Arbeitsagentur abschaffen. Betriebe, die nicht ausbilden, sollen über eine “solidarische Ausbildungsumlage” in einen Fonds einzahlen, um woanders Ausbildungsplätze und Verbundausbildungen zu finanzieren. Jede Ausbildung soll gebührenfrei sein. Azubis sollen eine Mindestausbildungsvergütung in Höhe von 80 Prozent der durchschnittlichen tariflichen Ausbildungsvergütung der jeweiligen Branche bekommen.
AfD: Sie will berufliche Schulen stärken, Haupt- und Realschulen sollen durch Kooperationen mit Unternehmen sowie den Industrie- und Handwerkskammern attraktiver werden.
FDP: Sie will das Aufstiegs-Bafög ausbauen und die Förderung einer zweiten Fortbildung auf derselben Stufe ermöglichen. Mit einem “Lebenschancen-Bafög” will die FDP den Zugang zu “kleineren, flexiblen Bildungszertifikaten” erleichtern. Es soll helfen, Kursgebühren und Kinderbetreuung zu finanzieren sowie bildungsbedingte Auszeiten zu überbrücken. Das klassische Bafög soll zu einem “elternunabhängigen Baukasten-System” weiterentwickelt werden. Das Bildungskreditprogramm soll kurzfristig ausgebaut werden.
Linke: Auch Auszubildende an einer Fachschule sollen Anrecht auf das Aufstiegs-Bafög haben. Der Bafög-Satz soll “stetig” der Inflation angeglichen werden.
AfD: Bafög-Empfängern will die Partei mit der Geburt eines Kindes die Rückzahlung nach erfolgreichem Abschluss erlassen.
FDP
Bildungsföderalismus: Die FDP will eine “grundlegende Reform des Bildungsföderalismus”, um einheitliche Standards und eine stärkere Rolle des Bundes in der Bildung zu ermöglichen. Die Finanzverteilung zwischen Bund und Ländern soll so geändert werden, dass der Bund “die nötigen Finanzierungsverpflichtungen übernehmen kann”. Bis es so weit sei, unterstütze der Bund Vorhaben “ausnahmsweise im Rahmen der Kompetenzzuweisung des Grundgesetzes”. Der Länderanteil muss dem “strikten Grundsatz der Zusätzlichkeit [also neue Mittel]” folgen. Darüber hinaus sollen Kooperationen zwischen dem Bund auch nur mit einem Teil der Länder ermöglicht werden. In dem Entwurf heißt es weiter: “Wir wollen die Kultusministerkonferenz (KMK) als Entscheidungsgremium abschaffen.” Sie soll von einem Bundesbildungsrat aus Wissenschaftlern, Praktikern, Eltern- und Wirtschaftsvertretern ersetzt werden.
Lehrkräfte: Die FDP will ein bundesweites duales Lehramtsstudium entwickeln, um Theorie und Praxis eng miteinander verzahnen zu können. Eine “bundesweite Mobilitätsgarantie” soll es Lehrkräften leichter machen, das Bundesland zu wechseln.
Menschenfeindlichkeit: Die FDP will Menschenfeindlichkeit und Antisemitismus in Schulen stärker adressieren. Dazu gehöre der “verpflichtende Besuch einer Holocaust-Gedenkstätte und einer Synagoge als Ort aktuellen jüdischen Lebens in Deutschland”.
DDR: Der Besuch einer Gedenkstätte zur “Deutschen Teilung und dem DDR-Unrechtsregime” soll verpflichtend sein.
Bundesjugendspiele: Die sollen aufrecht erhalten und um die Möglichkeit ergänzt werden, das Deutsche Sportabzeichen zu erwerben. Das motiviere “leistungsstarke Kinder und Bewegungsbenachteiligte” gleichermaßen.
Linke
Bundeswehr: Die Linke will keine Werbung der Bundeswehr in Schulen und Universitäten zulassen.
Hitze: Bildungseinrichtungen, insbesondere Kitas und Schulen, will die Linke besser vor Hitzewellen schützen. Dafür müssten “Investitionsmittel bereitgestellt werden”.
Kosten: Schulbücher und andere Lernmittel sollen ebenso “kostenlos zur Verfügung gestellt werden” wie die Verpflegung in Kita und Schule und die Beförderung von Schülern.
AfD
Politische Bildung: Schüler müssten, wie es im Programmentwurf heißt, “eigene politische Denkweisen ohne Vorgaben durch Lehrpläne und Unterrichtswerke” entwickeln können. Erfahrungsgemäß geht es der AfD darum, dass Lehrkräfte nicht dem teils rechtsextremistischem Gedankengut der AfD widersprechen. Lehrer seien “unbedingt zur Neutralität” verpflichtet. In dem Zusammenhang dürfte auch die Forderung nach einer “Stärkung der rechtlichen Sicherheit und der Disziplinarrechte” gegenüber Lehrern und Schulen stehen.
Islam: “Den Islamunterricht lehnt die AfD ab”, heißt es im Programmentwurf. Muslimischen Schülern dürften keine angeblichen “Sonderrechte” wie etwa die Befreiung vom Schwimm- und Sportunterricht gewährt werden.
Gendern: Der Gebrauch gendergerechter Sprache soll in öffentlichen Einrichtungen “zur Wahrung einer ideologiefreien Verständigung” untersagt werden.
Welche gesellschaftliche Bedeutung das deutsche Schulwesen – mit seinen elf Millionen Schülerinnen und Schülern und 800.000 Lehrkräften in 40.000 Schulen – und sein Funktionieren hat, wird der Öffentlichkeit vor allem in Krisenzeiten bewusst. Dann, wenn Testergebnisse im internationalen Vergleich bedenklich erscheinen (PISA), wenn Schulen über einen längeren Zeitraum geschlossen bleiben (Corona) oder wenn – wie derzeit – ein deutlicher und längerfristiger Lehrkräftemangel herrscht.
Weil Schulen systemrelevant sind, gilt dasselbe für das Können der Lehrerinnen und Lehrer. Von ihren Kompetenzen hängt entscheidend ab, inwiefern es ihnen gelingt, das Lernen ihrer Schülerinnen und Schüler umfassend zu fördern. Wie sie neue und schwierige Situationen meistern, etwa die Integration von über 200.000 aus der Ukraine geflüchteten Schülerinnen und Schülern oder den Umgang mit digitalen Medien. Und wie sie es schaffen, jenes Fünftel der Schülerschaft besser voranzubringen, das laut IQB- und PISA-Ergebnissen nicht einmal die Minimalstandards erreicht.
Immer mehr gewinnt damit ein Thema an Bedeutung, das bisher – auch in der Bildungspolitik – im Schatten stand: das Lernen der Lehrerinnen und Lehrer, genauer ihre organisierte und berufslange Qualifizierung. Empirisch belegt ist, dass der Unterrichtserfolg – gemessen in Schülerleistungen – bei gut qualifizierten Lehrkräften drei bis viermal so hoch ist wie bei schlechter qualifizierten und dass sich bei Fortbildungen in bestimmten Formen und Formaten relativ hohe Effekte nachweisen lassen. Auch John Hattie empfiehlt dringend, stärker in die Primärprozesse zu investieren, das heißt in die Qualität des Unterrichts, des Lehrerhandelns und der Voraussetzungen dafür.
Die Bestandsaufnahme in Deutschland fällt ernüchternd aus: Im Vergleich zur Ausbildung (Studium und Referendariat) ist die organisierte Qualifizierung im Beruf (Lehrkräftefortbildung oder dritte Phase) deutlich weniger und sehr unterschiedlich entwickelt. Zusammenfassend lässt sich sagen:
Auf den Punkt gebracht: Die 3. Phase der Lehrkräftebildung in Deutschland ist unterentwickelt, intransparent und unterfinanziert.
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Aber es gibt Good-Practice-Beispiele. Um Austausch und Kooperation zu stärken und wichtige Impulse zu liefern, hat das kürzlich veröffentlichte “Weißbuch Lehrkräftefortbildung” 77 davon in 20 Themenfeldern gesammelt (Open Access zum Weißbuch).
Hervorzuheben ist dabei etwa elaborierte Formate von Schulinterner Fortbildung (SchiLf), das Schulen selbst organisieren und dafür bei Bedarf externe Experten hinzuziehen. Ein Vorreiter ist hier Singapur. Besonders anspruchsvoll sind Professionelle Lerngemeinschaften (PLG), in denen Lehrkräfte gemeinsam Unterricht vorbereiten und evaluieren. Für Deutschland gilt es hier erst noch eine Tradition zu schaffen.
Besonders drängend ist die Situation beim berufsbegleitenden Seiteneinstieg. Vielversprechend ist hier an der TU Dresden das Programm “Berufsbegleitende Qualifizierung von Lehrkräften”, das größte und am besten evaluierte universitäre Qualifizierungsprogramm für Seiteneinsteigende. In Berlin erhalten die neuen Lehrkräfte im Programm “QuerBer” Begleitung von qualifizierten Mentoren.
Auf der Governance-Ebene kann die pädagogische Qualitätsentwicklung von Fortbildungen in Hamburg Mut machen, aber auch große forschungsbasierte und länderübergreifende Qualifizierungsprogramme wie QuaMath, das insgesamt 10.000 Schulen erreichen soll.
In den vergangenen beiden Jahren lässt sich im Bereich der Lehrerfortbildung durchaus Bewegung erkennen. Was es jetzt braucht, ist bundesländerübergreifend eine Agenda zur Weiterentwicklung der Lehrkräftefortbildung. Dafür empfiehlt das Weißbuch unter anderem:
I. Die Governance-Ebene (Kultusministerien/Senatsbehörden, BMK) sollte:
II. Die intermediäre Ebene (Landesinstitute, Landesschulämter beziehungsweise Schulverwaltungen und ihre Regionalstellen und Kompetenzzentren) sollte:
III. Die Schulebene (Schulleitungen, Fortbildungsbeauftragte, Landesinstitute, Hochschulen) müsste:
Der Stellenwert der Qualifizierung und Professionalisierung im Lehrerberuf muss konsequent gestärkt werden – auch in Zeiten des Lehrermangels. Wer an der beruflichen Qualifizierung der Lehrkräfte spart, missachtet den vielfach nachgewiesenen Grundsatz: “Teacher matters” – auf die Lehrerin, auf den Lehrer kommt es an.
Peter Daschner war Landesschulrat und Direktor des Landesinstituts für Lehrerbildung und Schulentwicklung in Hamburg, außerdem Herausgeber beziehungsweise Redaktionsmitglied der Zeitschriften “Journal für Schulentwicklung”, “PÄDAGOGIK” und “Hamburg macht Schule”. Er ist Mitglied im Vorstand des Deutschen Vereins zur Förderung der Lehrkräftefortbildung und forscht und publiziert seit zehn Jahren zusammen mit anderen Experten im Bereich der dritten Phase der Lehrkräftebildung.
Knapp fünf Monate nach Beginn des Startchancen-Programms haben fünf Bundesländer eine fertig erarbeitete Förderrichtlinie für Säule I veröffentlicht. Diese Richtlinie informiert Schulträger, welche (Bau-)Vorhaben sie durch das Startchancen-Programm finanzieren können. In den anderen Ländern ist die Richtlinie noch in Bearbeitung, was die Bauplanung erschwert. Dies ist Ergebnis einer gemeinsamen Recherche von Table.Briefings und Correctiv.Lokal.
Die Vorreiter sind Bremen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland und Schleswig-Holstein. Mit der Richtlinie erfüllen diese Länder die Vorgaben der Verwaltungsvereinbarung zwischen Bund und Ländern. Diese sieht vor, dass die Richtlinie vor dem Programmbeginn und den ersten Investitionen vorliegen soll. Viele der anderen Bundesländer planen, die Förderrichtlinien bis Anfang 2025 zu finalisieren und zu veröffentlichen.
Auch in der Umsetzung der zweiten Säule des Programms gehen die Länder unterschiedliche Wege. Das Chancenbudget der Säule II ist für “bedarfsgerechte Lösungen in der Schul- und Unterrichtsentwicklung” gedacht, was zum Beispiel digitale Tools zum adaptiven Lernen oder Beratungsangebote sein können.
Einige Länder wie Baden-Württemberg, Berlin, Brandenburg, Hessen, Sachsen-Anhalt und Thüringen haben entweder bereits Kataloge entwickelt oder planen Empfehlungslisten. Idee ist, den Schulen Orientierung zu geben, welche externen Angebote bestmöglich zu den Zielen des Startchancen-Programms passen.
Andere Länder, darunter Bayern, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz, verzichten auf solche Listen. Hier sollen die Schulen und Schulträger eigenständig entscheiden, welche Angebote und Dienstleister am besten zu ihren Bedürfnissen passen. Als Grundlage dient teils eine Ist-Stand-Analyse. In Bayern kooperieren die Schulen dafür mit der Schulaufsicht und Schulentwicklungsmoderatoren. Zudem werden die Ergebnisse der VERA-Tests berücksichtigt. Bremen lehnt einen Angebotskatalog dagegen mit Verweis auf das Wettbewerbsgebot ab. Vera Kraft
Diese Recherche ist eine Kooperation zwischen Bildung.Table und dem Netzwerk Correctiv.Lokal, das Recherchen im Lokaljournalismus fördert. Hunderte Journalistinnen und Journalisten aus dem Lokaljournalismus bleiben – auch in Kooperation mit Bildung.Table – am Startchancen-Programm und weiteren Bildungsthemen dran.
Hinweis: In einer früheren Version des Artikels hieß es, nur vier Länder hätten eine Förderrichtlinie für Säule I veröffentlicht. Schleswig-Holstein hat jedoch als fünftes Land am 16.12.2024 seine Förderrichtlinie veröffentlicht. Das wurde noch ergänzt.
Der Landtag von Baden-Württemberg hat am Mittwoch das neue Schulgesetz in erster Lesung debattiert. Kern des Gesetzes ist die Wiedereinführung des G9-Gymnasiums und das Programm “SprachFit”, mit dem Kindern geholfen werden soll, wie es im Gesetz heißt, “schulbereit” in die Grundschule aufgenommen zu werden.
In der Debatte warfen Vertreter der Opposition der grün-schwarzen Regierung vor, Chaos zu verbreiten. Stefan Fulst-Blei (SPD) sagte, die neue, einheitliche Stundentafel für das künftige G9-Gymnasium verunsichere jetzt schon die Lehrkräfte. Der Pflichttest Kompass 4 wiederum, der neben der Grundschulempfehlung über den Zugang zur weiterführenden Schule mitentscheiden soll, müsse verworfen werden.
Im Herbst waren große Teile der Viertklässler in dem Test durchgefallen. Bildungsministerin Theresa Schopper (Grüne) beteuerte in der Debatte, dass dies keine Auswirkungen auf die Entscheidung über den weiteren Bildungsweg haben werde. Entscheidend blieben der Elternwille und die Schulempfehlung der Grundschule.
Fulst-Blei forderte die Regierungsfraktionen zudem auf, Kindern auf Gymnasien bis zur Klasse acht die Möglichkeit zu geben, auf G9 zu wechseln. Das Gesetz sieht nur einen Wechsel bis Klasse sechs vor.
Tim Kern (FDP/DVP) nannte es den “schwersten Fehler” der Koalition, den so nur in Baden-Württemberg möglichen Werkrealschulabschluss auslaufen zu lassen. Diese Entscheidung schädige die Durchlässigkeit, den ländlichen Raum und die Wirtschaft.
Die Werkrealschule wurde im Schuljahr 2010/2011 als weitere Schulform neben Gymnasium, Realschule und Hauptschule eingeführt. Sie führt bis zur mittleren Reife und ermöglicht einen Hauptschulabschluss nach dem 9. Schuljahr.
Die Inhalte des Gesetzes in der Übersicht:
Die Europäische Kommission hat den neuen Monitor für die allgemeine und berufliche Bildung 2024 vorgelegt. Ein Vergleichsbericht im Monitor zeigt, welche Fortschritte die einzelnen Staaten in Bezug auf die vereinbarten Bildungsziele für die Jahre 2025 bis 2030 erreicht haben.
Demnach verlassen in Deutschland überproportional viele junge Menschen vorzeitig die Schule oder brechen ihre Ausbildung ab. Der Anteil junger Menschen, die maximal die Sekundarstufe 1 abgeschlossen hatten, habe vergangenes Jahr mit 12,8 Prozent deutlich über dem EU-Schnitt (9,5 Prozent) gelegen. Nur Spanien und Rumänien schnitten noch schlechter ab.
Der Bericht enthält eine Toolbox, die die wichtigsten Bildungsdaten der Mitgliedstaaten enthält. Besonderes Augenmerk legt er auf den Komplex ökologische Nachhaltigkeit als Bildungsthema.
Der Monitor sei die “zentrale Anlaufstelle für neueste Fakten und Zahlen zu den Bildungssystemen der EU-Mitgliedstaaten”, heißt es auf der zugehörigen Website. Er vermittle einen Überblick “über alles, was Sie über das Lernen in der gesamten EU wissen müssen” – von der frühkindlichen Betreuung, Bildung und Erziehung bis hin zur Teilnahme Erwachsener an allgemeiner und beruflicher Bildung. In den einzelnen Länderberichten können Daten zum Stand der jeweiligen Felder abgerufen werden. Thorsten Denkler
Der Bericht ist hier einsehbar.
Das etablierte EdTech-Unternehmen Sofatutor übernimmt die Berliner E-Learning-Plattform Kursinsel, die seit 2022 kreative und interaktive Online-Kurse für Kinder anbietet. Sofatutor-Gründer Stephan Bayer will mit der Übernahme die Marktposition von Sofatutor stärken und das Portfolio um außerschulische Inhalte wie Mal-, Bastel- oder Programmierkurse ergänzen. Bereits jetzt finden sich auf Sofatutor mehr als 7.000 Lernvideos, 37.000 Übungen und 71.000 Arbeitsblätter für die Klassen 1 bis 13. Die Plattform setzt seit dem Einstieg neuer Investoren 2021 auf Expansion und ist zuletzt in Großbritannien und den USA aktiv geworden. vkr
Für Sönke Rix ist bereits sicher, dass die Neuwahl des Bundestags im Februar das Ende seiner Arbeit als Abgeordneter einläutet. Schon länger steht für den Eckernförder fest, dass er sich nach bald 20 Jahren kein weiteres Mal zur Wahl stellt.
Rix beschreibt sich selbst als “Ausnahme” – und tatsächlich ist er als staatlich anerkannter Erzieher im Bundestag ein Exot. 87 Prozent der Abgeordneten haben in der aktuellen Legislaturperiode einen Hochschulabschluss, in der Gesamtbevölkerung sind es nur etwa 14 Prozent.
Passend zu seinem Beruf kümmerte sich Rix neben dem stellvertretenden SPD-Fraktionsvorsitz um Familien- und Bildungspolitik. Der zweifache Familienvater sagt, er könne sich auch nicht vorstellen, Politik in einem Feld zu betreiben, in dem er selbst nicht gearbeitet hat. Auch bei Kolleginnen und Kollegen hätte er sich oft “einen größeren Praxisbezug” gewünscht. Mit Cem Özdemir, seit kurzem Bundesbildungsminister und gelernter Erzieher und Sozialpädagoge, hat Rix seit kurzem gewissermaßen Verstärkung von oberster Stelle bekommen.
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Rix antwortet kurz und ohne Umschweife. Außer, man fragt ihn nach den Missständen in der Bildungspolitik. Dann läuft der sonst eher in sich ruhende Norddeutsche zur Höchstform auf. Er wettert, dass es keine klaren Zuständigkeiten gebe, dass sich Bund und Länder stattdessen ständig gegenseitig den Schwarzen Peter zuschieben – und dass sich in der Bildungspolitik fast nichts bewege.
Was gelingen kann, wenn Bund und Länder zusammenarbeiten, zeigt für ihn das Startchancen-Programm – ein Projekt, an dem Rix führend mitgearbeitet hat. “Das Paket hat eine nicht selbstverständliche Größenordnung”, lobt er. Insgesamt 20 Milliarden Euro sollen an Schulen in herausfordernden Lagen fließen. “Das ist ein Meilenstein.”
In seinen bald 20 Jahren als Abgeordneter ist das Programm sein größter Erfolg – neben der Bafög-Reform und verschiedenen Gesetzen, die die Arbeit in Kindertagesstätten erleichtern.
Die politische Arbeit hat der aus Eckernförde stammende Rix in der Schülervertretung kennengelernt. Sein erstes “Aha-Erlebnis”: Als Schülersprecher setzte er in der Schulkonferenz durch, den Samstagsunterricht abzuschaffen. 1992, ein Jahr vor dem Realabschluss, trat er den Jusos bei und engagierte sich dann in der Eckernförder Lokalpolitik.
Er habe eigentlich nie vorgehabt, Berufspolitiker zu werden, sagt Rix. Ja, es gab die Idee, in den Landtag zu gehen, wenn es passt. “Aber ansonsten hatte ich ja einen sicheren Job.” Nach seiner Ausbildung zum Erzieher arbeitete er vier Jahre in einer Gesamtschule, anschließend acht Jahre in einer Rehabilitationseinrichtung für Menschen mit Behinderung.
Dann trat die SPD-Wahlkreisabgeordnete überraschend nicht zur Wahl an, und Rix nutzte die Chance auf ein Bundestagsmandat – aber mehr, weil es ihm um die Sache ging als um seine Karriere, betont er. Als Rix 2005 das erste Mal gewählt wurde, meldeten sich bei ihm viele Menschen aus dem Bildungsbereich, berichtet er, und bedankten sich. Der Tenor: “Endlich sitzt da mal einer von uns.” Rix ist auch wichtig zu betonen, dass er als Abgeordneter keine Nebeneinkünfte bezieht. Das mache ihn “frei und unabhängig”.
Im März hatte Rix bekannt gegeben, dass er sich bei der kommenden Bundestagswahl nicht erneut zu Wahl stellt. “Ich hinterfrage mich vor jeder Wahl, ob ich wieder die Kraft und den Gestaltungswillen für vier Jahre habe”, sagt er. Erst einmal will er nur Kommunalpolitik in seiner Heimat Eckernförde machen, ansonsten brauche er eine Pause, will “auftanken”. Ganz ohne Politik kann man sich ihn aber kaum vorstellen. Tim Schellenbach
Research.Table: So soll die Hochschul- und Forschungspolitik von FDP, Linken und AfD aussehen. In den Bundestagswahlkampf ziehen die Parteien auch mit ihren Überzeugungen zum Wissenschaftssystem und der Forschungslandschaft in Deutschland und Europa. Welche Ideen aus den Wahlprogrammen für Hochschul- und Forschungspolitik hervorgehen, lesen Sie hier.
Research.Table: Internationale Studierende: Was HRK, BDI und BDA für eine bessere Bleibequote vorschlagen. Deutschland ist als Studienland beliebt und bei den Zahlen internationaler Studierender mit an der Spitze. Die Bleibequote lasse aber zu wünschen übrig, diagnostizieren Hochschulen sowie Industrie- und Arbeitgeberverbände. Was sie in einem gemeinsamen Neun-Punkte-Plan fordern, lesen Sie hier.
Research.Table: Wie die Allianzorganisationen die israelische Wissenschaft stärken wollen. Auf einem deutsch-israelischen Symposium in Berlin ging es um KI, Quantentechnologie und Schwarze Löcher. Auch die zunehmende Isolation der israelischen Wissenschaft war Thema – und wie sie sich überwinden lässt. Mehr lesen Sie hier.
WDR: Große Defizite in der Bildung im Ruhrgebiet. Die Zahl der Fünfjährigen in einer Kita hat sich im Ruhrgebiet in den vergangenen fünf Jahren fast halbiert, das zeigt ein Bildungsbericht des Regionalverbands Ruhr. Der Grund laut den Autoren: Fachkräftemangel. Vor allem Kinder aus schwierigen Verhältnissen bekämen seltener einen Kita-Platz. Große Unterschiede gebe es zwischen den Kommunen. In den Ruhrgebietsstädten gebe es aufgrund von Altschulden wenig finanzielle Spielräume. Auch bei Schulkindern stellt der Bericht im Vergleich zum Rest von NRW große Lücken fest. Ein gutes Drittel der Ruhrgebiets-Grundschulen ist im Mittel in herausfordernden Lagen angesiedelt. Bei einzelnen Kommunen sind es über 50 Prozent. (Bildungsbericht Ruhr: Massive Defizite bei Bildung im Ruhrgebiet)
NDR: Ärger über Stellenstreichung in Schleswig-Holstein. Die Zahl der Schüler steigt in diesem Jahr voraussichtlich um ein Prozent auf rund 372.000. Dennoch will das Land 164 Lehrerstellen an weiterführenden Schulen streichen. Bildungsministerin Karin Prien (CDU) sagte, die Streichung werde die Qualität des Unterrichts nicht beeinträchtigen, denn es gehe nur um 0,68 Prozent der Lehrkräftestellen. Der Philologenverband Schleswig-Holstein sieht die Unterrichtsversorgung in Gefahr. Eltern haben eine Petition für mehr Stellen gestartet. Der Schulleitungsverband sieht die Streichungen nicht so kritisch, da es auch nicht mehr so viele verpflichtende Unterrichtsstunden geben soll, was sinnvoll sei, um mehr fordern und fördern zu können. (Land SH streicht 163 Lehrerstellen: Eltern starten Petition)
Zeit: Rheinland-Pfalz schafft mehr Lehrerstellen. Aus einem Entwurf für den Doppelhaushalt 2025/26 geht hervor, dass die Landesregierung 1.173 neue Stellen für den Bildungssektor schaffen möchte, insbesondere durch die Einstellung neuer Lehrkräfte. Begründet wird das im Entwurf mit der Entwicklung der Schülerzahlen, unter anderem durch Zuwanderung, mit der Inklusion, mit dem Ausbau von Ganztagsschulen und mit der Sprachförderung (Haushalt sieht mehr Stellen für Bildung und Sicherheit vor).
Jüdische Allgemeine: Bund fördert Antisemitismusforschung. Das BMBF stellt dafür weitere zwölf Millionen Euro bereit. In der neuen Förderphase soll der Fokus auf israelbezogenem Antisemitismus liegen und die Rolle sozialer Netzwerke soll stärker beleuchtet werden. Bildungsminister Cem Özdemir (Grüne) erhofft sich von einem besseren Verständnis der Ursachen von Antisemitismus wichtige Erkenntnisse für Prävention und Bekämpfung von Antisemitismus. Seit 2021 gab es einen ersten Fördertopf in gleicher Höhe, zehn Forschungsverbünde profitieren. Es ging dabei etwa um Unterrichtsmaterialien für die Vermittlung jüdischen Alltagslebens oder Empfehlungen für eine antisemitismuskritische Lehrerbildung. (Bund gibt weitere 12 Millionen Euro für Antisemitismusforschung)
SZ: Immer mehr ältere Azubis in Baden-Württemberg. Im Südwesten waren im vergangenen Jahr 170.000 Menschen in Ausbildung, der Großteil zwischen 17 und 22 Jahren. Allerdings steigt laut Statistischem Landesamt der Anteil von Azubis im höheren Alter: bei den 35- bis 39-Jährigen von 0,2 Prozent in 2010 auf 0,9 Prozent (rund 1.490 Personen) in 2023, bei den über 40-Jährigen von 0,2 Prozent in 2010 auf 0,6 Prozent. Nach Erfahrung der Beauftragten für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt bei der Arbeitsagentur Karlsruhe-Rastatt, Patricia Montbrun, wagten vor allem Frauen den Neu- oder Wiederanfang. Das Potenzial im Segment älterer Azubis sei begrenzt. Die Agentur appelliere jedoch gezielt an Betriebe, ältere Bewerber nicht nur einzustellen, sondern auch auszubilden. Viele zögerten noch. (“Ich lerne richtig gerne” – Mit 50 plus in die Lehre gehen)
uff, das Jahr ist so gut wie vorbei. Endlich, mögen manche sagen. Es war ja auch einiges los. Diverse Bildungsstudien haben mal wieder gezeigt, dass Deutschland trotz mancher Beteuerungen weit entfernt ist von der Bildungsweltspitze. Versuche, das zu ändern, sind mühsam wie eh und je. Die zähen Verhandlungen um den Digitalpakt haben gezeigt, wie schwer sich Bund und Länder manchmal tun, gute Kompromisse zu finden. Die Debatte wird trotz der als Durchbruch gepriesenen Einigung zwischen dem jetzt grün geführten BMBF und den Ländern weitergehen, sobald eine neue Regierung im Amt ist.
Es gibt aber auch gute Nachrichten: Die KMK hat sich in einer kaum für möglich gehaltenen Geschwindigkeit reformiert. Unter der Motorhaube der KMK ist nun bis auf Details alles generalüberholt. Jetzt muss sie nur noch so gut gelenkt werden, dass die Schülerinnen und Schüler am Ende alle Chancen haben, besser zu lernen.
Aber wir wollen Sie hier nicht mit einem weiteren Jahresrückblick langweilen. Den Zusammenbruch der Ampel werden Sie mitbekommen haben. Über die vielen großen und kleinen Bildungsreformen im Bund und in den Ländern haben wir ausführlich berichtet. Allein mit dem, was das Startchancen-Programm an Debatten, neuen Idee und Veränderungen hervorgebracht hat, konnten wir eine Reihe von Ausgaben füllen. In diesem Briefing geben wir Ihnen den aktuellen Stand zur Umsetzung des Startchancen-Programms.
Zudem haben wir die bildungspolitischen Forderungen in den Wahlprogramm-Entwürfen von FDP, Linken und AfD nebeneinandergelegt, die einige überraschende Forderungen enthalten (die Analyse der Programme von Union, SPD und Grünen finden Sie hier). Außerdem erklärt Ihnen der frühere Direktor des Hamburger Landesinstituts für Lehrerbildung und Schulentwicklung, Peter Daschner, in seinem lesenswerten Standpunkt, was sich in der Lehrerfortbildung dringend ändern muss.
Dies ist unser letzter Bildung.Table in diesem Jahr. Wenn nicht noch etwas Sensationelles passiert, das uns unterm Weihnachtsbaum hervorspringen lässt, melden wir uns am Freitag, den 3. Januar, wieder. In der Zwischenzeit können Sie sich über unseren kostenlosen Newsletter “100 Headlines” auf dem Laufenden halten. Zudem erscheint auch unser Podcast “Table.Today” zwischen den Jahren.
Daneben möchte ich Sie an dieser Stelle noch einmal auf unser neuestes Briefing aufmerksam machen: der kostenlose CEO.Table. Ab diesem Samstag, 6 Uhr, starten wir damit die neue Samstags-Ausgabe von Table.Briefings – ein kostenloses Executive Briefing für alle CEOs und alle, die mit ihnen zu tun haben.
Ich wünsche Ihnen frohe Feiertage und einen guten Rutsch ins neue Jahr!
Nach Union, SPD und Grünen (hier geht es zu unserer Vergleichsanalyse) liegen jetzt auch die Entwürfe für die Wahlprogramme von FDP, Linken und der AfD vor. Darin finden sich teilweise sehr unterschiedliche Vorstellungen davon, was sich in der Bildung ändern oder dort besser werden muss. Ein Überblick:
(Vorher noch ein Hinweis: Wir hatten in unserer Wahlprogramm-Analyse von Mittwoch fälschlicherweise auch der SPD die Forderung nach einem Gender-Verbot zugewiesen. Das haben wir berichtigt. Wir bitten um Entschuldigung.)
FDP: Sie fordert eine “Sanierung der Schulgebäude in Deutschland“. Wie das organisiert und bezahlt werden soll, wird nicht benannt.
Linke: Sie will die Schuldenbremse abschaffen und die Defizit- und Schuldenregeln in Europa anpassen, um in “Bildung, Brücken, Bus und Bahn” sowie die Wirtschaft investieren zu können. Das Kooperationsverbot zwischen Bund und Ländern in der Bildung soll aufgehoben, eine Gemeinschaftsaufgabe Bildung im Grundgesetz verankert werden. Privatisierungen will die Linke im Bildungssektor ausschließen.
AfD: Sie will allein mit “Ausgabendisziplin” Investitionen ermöglichen und die Verschuldung senken. Spezifische Bildungsinvestitionen adressiert die AfD nicht.
FDP: Sie bekennt sich zu einem zweiten Digitalpakt und will mit ihm die “technische Modernisierung der Schulen vorantreiben und digitale Lehre in der Aus- und Weiterbildung der Lehrkräfte verankern“. Die vorliegende Eckpunkte-Einigung zwischen Bund und Ländern nennt sie aber “eine vertane Chance”, weil die Länder kaum zusätzliche Mittel beisteuern würden.
Linke: Der Digitalpakt wird nicht direkt adressiert. Die Linke fordert aber, Lernsoftware dürfe nicht als Ersatz für Lehrpersonal eingesetzt werden. Den Einsatz von künstlicher Intelligenz für die “Bewertung oder Vorhersage von Lernerfolgen” will die Linke verbieten. Zudem will sie verhindern, dass die Digitalisierung “zum Einfallstor der Profitinteressen von Unternehmen” werde.
AfD: Schulen benötigten zwar “grundsätzlich” eine moderne und zeitgemäße IT-Ausstattung. Dies aber “vor allem” für den Informatikunterricht, die Berufsausbildung in technischen Fächern sowie für den verantwortungsvollen Umgang mit KI-Systemen. Eine ausschließliche Verwendung von Tablets im Unterricht stellt für die AfD eine “Einschränkung der Methodenvielfalt” dar. Die ersten vier Schuljahre sollten “vorwiegend digitalfreie Räume” sein.
FDP: Es soll bundesweit “verpflichtende und altersgerechte Sprachtests” für alle Kinder im Vorschulalter geben. Die Einschulung soll erst mit ausreichenden Deutschkenntnissen erfolgen. Wird ein Förderbedarf festgestellt, soll eine ebenso “verpflichtende” Sprachförderung für mindestens zwei Jahre vor Beginn der Schulpflicht beginnen.
Linke: Sie hält das gegliederte Schulsystem für einen “Brandbeschleuniger für soziale Ungleichheit“. Darum soll es eine Schule für alle geben. Sie soll ganztägig organisiert sein und alle Schulabschlüsse anbieten.
AfD: Um “zu geringe deutsche Sprachkennnisse” auszugleichen, will die AFD eine “bedarfsorientierte Vorschule” einführen. Alle Kinder sollen so weit gefördert werden, “dass sie dem regulären Unterricht folgen können”.
FDP: Es soll “bundeseinheitliche Kita-Qualitätsstandards” geben. Bürokratie soll abgebaut und der Einsatz multiprofessioneller Teams zur Entlastung des Erziehungspersonals ausgeweitet werden. In der Bundesregierung soll die Verantwortung für die Kitas vom Familien- in das Bildungsministerium transferiert werde. Außerdem soll ein Startchancen-Programm für Kitas aufgesetzt werden. MINT-Förderung soll “mehr Raum” in der frühkindlichen Bildung bekommen.
Linke: Mindestens ein Erzieher soll für maximal drei Kinder unter drei Jahren und für acht Kinder ab drei Jahren da sein. Ausfall- und Vorbereitungszeiten sollen eingeplant werden. Die Kitas sollen grundsätzlich gebührenfrei sein.
AfD: Die AfD will nicht die Kita dem steigenden Bedarf anpassen, sondern den Bedarf senken. Das soll mit Hilfe eines Betreuungsgehalts passieren. Es soll bis zum dritten Lebensjahr des Kindes an Eltern und Großeltern gezahlt werden und “etwa dem durchschnittlichen Nettolohn vor Geburt des ersten Kindes” entsprechen. Ansonsten glaubt die AfD, dass angebliche “linke Ideologen” versuchten, Kinder “möglichst früh” zu beeinflussen. Ihnen würden heute “Trans-Kult und Klimahysterie” schon im Vorschulalter “nähergebracht”. Deutsch solle als “verpflichtende Sprache” in Kitas durchgesetzt werden.
FDP: Schulen sollen ein “frei einsetzbares Chancenbudget” bekommen, mit dem Schulen “eigenständig” über Bildungselemente, ihr Schulprofil, den Einsatz multiprofessioneller Teams, aber auch über Personalentscheidungen und die Länge der gymnasialen Laufbahn (G8/G9) entscheiden sollen. Zugleich will die FDP in die Lehrpläne der Länder eingreifen. Wirtschaft und Informatik sollen etwa eigene Schulfächer werden. Schülerinnen und Schüler sollen künftig mit “Erasmus+” unabhängig vom Einkommen der Eltern sechs Monate im europäischen Ausland verbringen können. Eine Notenpflicht soll es spätestens ab der dritten Klasse geben.
Linke: “Lernen soll in der Schule stattfinden”, heißt es im Programmentwurf. Hausaufgaben will sie abschaffen. Die Linke fordert grundsätzlich zwei Lehrkräfte pro Klasse für bessere individuelle Förderung. Dazu multiprofessionelle Teams von Lehrkräften, Schulsozialarbeitern, Psychologen und medizinischem Fachpersonal. Die Herkunftssprachen in Schulen sollen auch als Erst- oder Zweitsprache anerkannt werden.
AfD: Das Abitur soll nach Ansicht der AfD “zum Ausweis der Studierfähigkeit” werden. Haupt- oder Realschulabschlüsse sollen zur Berufsausbildung befähigen. Für den Übergang auf das Gymnasium will die AfD “verbindliche Kriterien” festlegen. Die “sehr strenge deutsche Schulpflicht” will die AfD “lockern” und zu einer Bildungspflicht umwandeln.
FDP: Sie fordert ein “inklusives Bildungssystem von der Kita bis zur Berufsausbildung”. Sonderpädagogische Inhalte sollen dafür in die pädagogische Grundausbildung integriert werden. Dennoch seien Förderschulen “unverzichtbar, um allen individuellen Notwendigkeiten der Förderung gerecht zu werden”.
Linke: Sie will eine inklusive Schule, in der “alle Kinder unabhängig von Herkunft, Förderbedarf oder sozialen Umständen gemeinsam lernen und wachsen können”.
AfD: Die Förderschule soll wieder “zum Regelfall für Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf” werden. Inklusion dürfe Schüler und Lehrer “nicht überfordern” und die “Mitschüler nicht am Lernfortschritt hindern”.
FDP: Berufliche Bildungszentren sollen zu regionalen Innovations- und Gründerzentren ausgebaut werden. Analog zum Freiwilligen Sozialen Jahr (FSJ) soll ein berufliches Orientierungsjahr geschaffen werden. Stipendien-Programme sollen ausgebaut werden. Ähnlich dem Deutschen Akademischen Austauschdienst soll ein “Deutscher Beruflicher Austauschdienst” geschaffen werden.
Linke: Sie will im Berufsbildungsgesetz einen “Rechtsanspruch auf eine vollqualifizierende Ausbildung” verankern und das Kriterium der “Ausbildungsreife” der Arbeitsagentur abschaffen. Betriebe, die nicht ausbilden, sollen über eine “solidarische Ausbildungsumlage” in einen Fonds einzahlen, um woanders Ausbildungsplätze und Verbundausbildungen zu finanzieren. Jede Ausbildung soll gebührenfrei sein. Azubis sollen eine Mindestausbildungsvergütung in Höhe von 80 Prozent der durchschnittlichen tariflichen Ausbildungsvergütung der jeweiligen Branche bekommen.
AfD: Sie will berufliche Schulen stärken, Haupt- und Realschulen sollen durch Kooperationen mit Unternehmen sowie den Industrie- und Handwerkskammern attraktiver werden.
FDP: Sie will das Aufstiegs-Bafög ausbauen und die Förderung einer zweiten Fortbildung auf derselben Stufe ermöglichen. Mit einem “Lebenschancen-Bafög” will die FDP den Zugang zu “kleineren, flexiblen Bildungszertifikaten” erleichtern. Es soll helfen, Kursgebühren und Kinderbetreuung zu finanzieren sowie bildungsbedingte Auszeiten zu überbrücken. Das klassische Bafög soll zu einem “elternunabhängigen Baukasten-System” weiterentwickelt werden. Das Bildungskreditprogramm soll kurzfristig ausgebaut werden.
Linke: Auch Auszubildende an einer Fachschule sollen Anrecht auf das Aufstiegs-Bafög haben. Der Bafög-Satz soll “stetig” der Inflation angeglichen werden.
AfD: Bafög-Empfängern will die Partei mit der Geburt eines Kindes die Rückzahlung nach erfolgreichem Abschluss erlassen.
FDP
Bildungsföderalismus: Die FDP will eine “grundlegende Reform des Bildungsföderalismus”, um einheitliche Standards und eine stärkere Rolle des Bundes in der Bildung zu ermöglichen. Die Finanzverteilung zwischen Bund und Ländern soll so geändert werden, dass der Bund “die nötigen Finanzierungsverpflichtungen übernehmen kann”. Bis es so weit sei, unterstütze der Bund Vorhaben “ausnahmsweise im Rahmen der Kompetenzzuweisung des Grundgesetzes”. Der Länderanteil muss dem “strikten Grundsatz der Zusätzlichkeit [also neue Mittel]” folgen. Darüber hinaus sollen Kooperationen zwischen dem Bund auch nur mit einem Teil der Länder ermöglicht werden. In dem Entwurf heißt es weiter: “Wir wollen die Kultusministerkonferenz (KMK) als Entscheidungsgremium abschaffen.” Sie soll von einem Bundesbildungsrat aus Wissenschaftlern, Praktikern, Eltern- und Wirtschaftsvertretern ersetzt werden.
Lehrkräfte: Die FDP will ein bundesweites duales Lehramtsstudium entwickeln, um Theorie und Praxis eng miteinander verzahnen zu können. Eine “bundesweite Mobilitätsgarantie” soll es Lehrkräften leichter machen, das Bundesland zu wechseln.
Menschenfeindlichkeit: Die FDP will Menschenfeindlichkeit und Antisemitismus in Schulen stärker adressieren. Dazu gehöre der “verpflichtende Besuch einer Holocaust-Gedenkstätte und einer Synagoge als Ort aktuellen jüdischen Lebens in Deutschland”.
DDR: Der Besuch einer Gedenkstätte zur “Deutschen Teilung und dem DDR-Unrechtsregime” soll verpflichtend sein.
Bundesjugendspiele: Die sollen aufrecht erhalten und um die Möglichkeit ergänzt werden, das Deutsche Sportabzeichen zu erwerben. Das motiviere “leistungsstarke Kinder und Bewegungsbenachteiligte” gleichermaßen.
Linke
Bundeswehr: Die Linke will keine Werbung der Bundeswehr in Schulen und Universitäten zulassen.
Hitze: Bildungseinrichtungen, insbesondere Kitas und Schulen, will die Linke besser vor Hitzewellen schützen. Dafür müssten “Investitionsmittel bereitgestellt werden”.
Kosten: Schulbücher und andere Lernmittel sollen ebenso “kostenlos zur Verfügung gestellt werden” wie die Verpflegung in Kita und Schule und die Beförderung von Schülern.
AfD
Politische Bildung: Schüler müssten, wie es im Programmentwurf heißt, “eigene politische Denkweisen ohne Vorgaben durch Lehrpläne und Unterrichtswerke” entwickeln können. Erfahrungsgemäß geht es der AfD darum, dass Lehrkräfte nicht dem teils rechtsextremistischem Gedankengut der AfD widersprechen. Lehrer seien “unbedingt zur Neutralität” verpflichtet. In dem Zusammenhang dürfte auch die Forderung nach einer “Stärkung der rechtlichen Sicherheit und der Disziplinarrechte” gegenüber Lehrern und Schulen stehen.
Islam: “Den Islamunterricht lehnt die AfD ab”, heißt es im Programmentwurf. Muslimischen Schülern dürften keine angeblichen “Sonderrechte” wie etwa die Befreiung vom Schwimm- und Sportunterricht gewährt werden.
Gendern: Der Gebrauch gendergerechter Sprache soll in öffentlichen Einrichtungen “zur Wahrung einer ideologiefreien Verständigung” untersagt werden.
Welche gesellschaftliche Bedeutung das deutsche Schulwesen – mit seinen elf Millionen Schülerinnen und Schülern und 800.000 Lehrkräften in 40.000 Schulen – und sein Funktionieren hat, wird der Öffentlichkeit vor allem in Krisenzeiten bewusst. Dann, wenn Testergebnisse im internationalen Vergleich bedenklich erscheinen (PISA), wenn Schulen über einen längeren Zeitraum geschlossen bleiben (Corona) oder wenn – wie derzeit – ein deutlicher und längerfristiger Lehrkräftemangel herrscht.
Weil Schulen systemrelevant sind, gilt dasselbe für das Können der Lehrerinnen und Lehrer. Von ihren Kompetenzen hängt entscheidend ab, inwiefern es ihnen gelingt, das Lernen ihrer Schülerinnen und Schüler umfassend zu fördern. Wie sie neue und schwierige Situationen meistern, etwa die Integration von über 200.000 aus der Ukraine geflüchteten Schülerinnen und Schülern oder den Umgang mit digitalen Medien. Und wie sie es schaffen, jenes Fünftel der Schülerschaft besser voranzubringen, das laut IQB- und PISA-Ergebnissen nicht einmal die Minimalstandards erreicht.
Immer mehr gewinnt damit ein Thema an Bedeutung, das bisher – auch in der Bildungspolitik – im Schatten stand: das Lernen der Lehrerinnen und Lehrer, genauer ihre organisierte und berufslange Qualifizierung. Empirisch belegt ist, dass der Unterrichtserfolg – gemessen in Schülerleistungen – bei gut qualifizierten Lehrkräften drei bis viermal so hoch ist wie bei schlechter qualifizierten und dass sich bei Fortbildungen in bestimmten Formen und Formaten relativ hohe Effekte nachweisen lassen. Auch John Hattie empfiehlt dringend, stärker in die Primärprozesse zu investieren, das heißt in die Qualität des Unterrichts, des Lehrerhandelns und der Voraussetzungen dafür.
Die Bestandsaufnahme in Deutschland fällt ernüchternd aus: Im Vergleich zur Ausbildung (Studium und Referendariat) ist die organisierte Qualifizierung im Beruf (Lehrkräftefortbildung oder dritte Phase) deutlich weniger und sehr unterschiedlich entwickelt. Zusammenfassend lässt sich sagen:
Auf den Punkt gebracht: Die 3. Phase der Lehrkräftebildung in Deutschland ist unterentwickelt, intransparent und unterfinanziert.
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Aber es gibt Good-Practice-Beispiele. Um Austausch und Kooperation zu stärken und wichtige Impulse zu liefern, hat das kürzlich veröffentlichte “Weißbuch Lehrkräftefortbildung” 77 davon in 20 Themenfeldern gesammelt (Open Access zum Weißbuch).
Hervorzuheben ist dabei etwa elaborierte Formate von Schulinterner Fortbildung (SchiLf), das Schulen selbst organisieren und dafür bei Bedarf externe Experten hinzuziehen. Ein Vorreiter ist hier Singapur. Besonders anspruchsvoll sind Professionelle Lerngemeinschaften (PLG), in denen Lehrkräfte gemeinsam Unterricht vorbereiten und evaluieren. Für Deutschland gilt es hier erst noch eine Tradition zu schaffen.
Besonders drängend ist die Situation beim berufsbegleitenden Seiteneinstieg. Vielversprechend ist hier an der TU Dresden das Programm “Berufsbegleitende Qualifizierung von Lehrkräften”, das größte und am besten evaluierte universitäre Qualifizierungsprogramm für Seiteneinsteigende. In Berlin erhalten die neuen Lehrkräfte im Programm “QuerBer” Begleitung von qualifizierten Mentoren.
Auf der Governance-Ebene kann die pädagogische Qualitätsentwicklung von Fortbildungen in Hamburg Mut machen, aber auch große forschungsbasierte und länderübergreifende Qualifizierungsprogramme wie QuaMath, das insgesamt 10.000 Schulen erreichen soll.
In den vergangenen beiden Jahren lässt sich im Bereich der Lehrerfortbildung durchaus Bewegung erkennen. Was es jetzt braucht, ist bundesländerübergreifend eine Agenda zur Weiterentwicklung der Lehrkräftefortbildung. Dafür empfiehlt das Weißbuch unter anderem:
I. Die Governance-Ebene (Kultusministerien/Senatsbehörden, BMK) sollte:
II. Die intermediäre Ebene (Landesinstitute, Landesschulämter beziehungsweise Schulverwaltungen und ihre Regionalstellen und Kompetenzzentren) sollte:
III. Die Schulebene (Schulleitungen, Fortbildungsbeauftragte, Landesinstitute, Hochschulen) müsste:
Der Stellenwert der Qualifizierung und Professionalisierung im Lehrerberuf muss konsequent gestärkt werden – auch in Zeiten des Lehrermangels. Wer an der beruflichen Qualifizierung der Lehrkräfte spart, missachtet den vielfach nachgewiesenen Grundsatz: “Teacher matters” – auf die Lehrerin, auf den Lehrer kommt es an.
Peter Daschner war Landesschulrat und Direktor des Landesinstituts für Lehrerbildung und Schulentwicklung in Hamburg, außerdem Herausgeber beziehungsweise Redaktionsmitglied der Zeitschriften “Journal für Schulentwicklung”, “PÄDAGOGIK” und “Hamburg macht Schule”. Er ist Mitglied im Vorstand des Deutschen Vereins zur Förderung der Lehrkräftefortbildung und forscht und publiziert seit zehn Jahren zusammen mit anderen Experten im Bereich der dritten Phase der Lehrkräftebildung.
Knapp fünf Monate nach Beginn des Startchancen-Programms haben fünf Bundesländer eine fertig erarbeitete Förderrichtlinie für Säule I veröffentlicht. Diese Richtlinie informiert Schulträger, welche (Bau-)Vorhaben sie durch das Startchancen-Programm finanzieren können. In den anderen Ländern ist die Richtlinie noch in Bearbeitung, was die Bauplanung erschwert. Dies ist Ergebnis einer gemeinsamen Recherche von Table.Briefings und Correctiv.Lokal.
Die Vorreiter sind Bremen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland und Schleswig-Holstein. Mit der Richtlinie erfüllen diese Länder die Vorgaben der Verwaltungsvereinbarung zwischen Bund und Ländern. Diese sieht vor, dass die Richtlinie vor dem Programmbeginn und den ersten Investitionen vorliegen soll. Viele der anderen Bundesländer planen, die Förderrichtlinien bis Anfang 2025 zu finalisieren und zu veröffentlichen.
Auch in der Umsetzung der zweiten Säule des Programms gehen die Länder unterschiedliche Wege. Das Chancenbudget der Säule II ist für “bedarfsgerechte Lösungen in der Schul- und Unterrichtsentwicklung” gedacht, was zum Beispiel digitale Tools zum adaptiven Lernen oder Beratungsangebote sein können.
Einige Länder wie Baden-Württemberg, Berlin, Brandenburg, Hessen, Sachsen-Anhalt und Thüringen haben entweder bereits Kataloge entwickelt oder planen Empfehlungslisten. Idee ist, den Schulen Orientierung zu geben, welche externen Angebote bestmöglich zu den Zielen des Startchancen-Programms passen.
Andere Länder, darunter Bayern, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz, verzichten auf solche Listen. Hier sollen die Schulen und Schulträger eigenständig entscheiden, welche Angebote und Dienstleister am besten zu ihren Bedürfnissen passen. Als Grundlage dient teils eine Ist-Stand-Analyse. In Bayern kooperieren die Schulen dafür mit der Schulaufsicht und Schulentwicklungsmoderatoren. Zudem werden die Ergebnisse der VERA-Tests berücksichtigt. Bremen lehnt einen Angebotskatalog dagegen mit Verweis auf das Wettbewerbsgebot ab. Vera Kraft
Diese Recherche ist eine Kooperation zwischen Bildung.Table und dem Netzwerk Correctiv.Lokal, das Recherchen im Lokaljournalismus fördert. Hunderte Journalistinnen und Journalisten aus dem Lokaljournalismus bleiben – auch in Kooperation mit Bildung.Table – am Startchancen-Programm und weiteren Bildungsthemen dran.
Hinweis: In einer früheren Version des Artikels hieß es, nur vier Länder hätten eine Förderrichtlinie für Säule I veröffentlicht. Schleswig-Holstein hat jedoch als fünftes Land am 16.12.2024 seine Förderrichtlinie veröffentlicht. Das wurde noch ergänzt.
Der Landtag von Baden-Württemberg hat am Mittwoch das neue Schulgesetz in erster Lesung debattiert. Kern des Gesetzes ist die Wiedereinführung des G9-Gymnasiums und das Programm “SprachFit”, mit dem Kindern geholfen werden soll, wie es im Gesetz heißt, “schulbereit” in die Grundschule aufgenommen zu werden.
In der Debatte warfen Vertreter der Opposition der grün-schwarzen Regierung vor, Chaos zu verbreiten. Stefan Fulst-Blei (SPD) sagte, die neue, einheitliche Stundentafel für das künftige G9-Gymnasium verunsichere jetzt schon die Lehrkräfte. Der Pflichttest Kompass 4 wiederum, der neben der Grundschulempfehlung über den Zugang zur weiterführenden Schule mitentscheiden soll, müsse verworfen werden.
Im Herbst waren große Teile der Viertklässler in dem Test durchgefallen. Bildungsministerin Theresa Schopper (Grüne) beteuerte in der Debatte, dass dies keine Auswirkungen auf die Entscheidung über den weiteren Bildungsweg haben werde. Entscheidend blieben der Elternwille und die Schulempfehlung der Grundschule.
Fulst-Blei forderte die Regierungsfraktionen zudem auf, Kindern auf Gymnasien bis zur Klasse acht die Möglichkeit zu geben, auf G9 zu wechseln. Das Gesetz sieht nur einen Wechsel bis Klasse sechs vor.
Tim Kern (FDP/DVP) nannte es den “schwersten Fehler” der Koalition, den so nur in Baden-Württemberg möglichen Werkrealschulabschluss auslaufen zu lassen. Diese Entscheidung schädige die Durchlässigkeit, den ländlichen Raum und die Wirtschaft.
Die Werkrealschule wurde im Schuljahr 2010/2011 als weitere Schulform neben Gymnasium, Realschule und Hauptschule eingeführt. Sie führt bis zur mittleren Reife und ermöglicht einen Hauptschulabschluss nach dem 9. Schuljahr.
Die Inhalte des Gesetzes in der Übersicht:
Die Europäische Kommission hat den neuen Monitor für die allgemeine und berufliche Bildung 2024 vorgelegt. Ein Vergleichsbericht im Monitor zeigt, welche Fortschritte die einzelnen Staaten in Bezug auf die vereinbarten Bildungsziele für die Jahre 2025 bis 2030 erreicht haben.
Demnach verlassen in Deutschland überproportional viele junge Menschen vorzeitig die Schule oder brechen ihre Ausbildung ab. Der Anteil junger Menschen, die maximal die Sekundarstufe 1 abgeschlossen hatten, habe vergangenes Jahr mit 12,8 Prozent deutlich über dem EU-Schnitt (9,5 Prozent) gelegen. Nur Spanien und Rumänien schnitten noch schlechter ab.
Der Bericht enthält eine Toolbox, die die wichtigsten Bildungsdaten der Mitgliedstaaten enthält. Besonderes Augenmerk legt er auf den Komplex ökologische Nachhaltigkeit als Bildungsthema.
Der Monitor sei die “zentrale Anlaufstelle für neueste Fakten und Zahlen zu den Bildungssystemen der EU-Mitgliedstaaten”, heißt es auf der zugehörigen Website. Er vermittle einen Überblick “über alles, was Sie über das Lernen in der gesamten EU wissen müssen” – von der frühkindlichen Betreuung, Bildung und Erziehung bis hin zur Teilnahme Erwachsener an allgemeiner und beruflicher Bildung. In den einzelnen Länderberichten können Daten zum Stand der jeweiligen Felder abgerufen werden. Thorsten Denkler
Der Bericht ist hier einsehbar.
Das etablierte EdTech-Unternehmen Sofatutor übernimmt die Berliner E-Learning-Plattform Kursinsel, die seit 2022 kreative und interaktive Online-Kurse für Kinder anbietet. Sofatutor-Gründer Stephan Bayer will mit der Übernahme die Marktposition von Sofatutor stärken und das Portfolio um außerschulische Inhalte wie Mal-, Bastel- oder Programmierkurse ergänzen. Bereits jetzt finden sich auf Sofatutor mehr als 7.000 Lernvideos, 37.000 Übungen und 71.000 Arbeitsblätter für die Klassen 1 bis 13. Die Plattform setzt seit dem Einstieg neuer Investoren 2021 auf Expansion und ist zuletzt in Großbritannien und den USA aktiv geworden. vkr
Für Sönke Rix ist bereits sicher, dass die Neuwahl des Bundestags im Februar das Ende seiner Arbeit als Abgeordneter einläutet. Schon länger steht für den Eckernförder fest, dass er sich nach bald 20 Jahren kein weiteres Mal zur Wahl stellt.
Rix beschreibt sich selbst als “Ausnahme” – und tatsächlich ist er als staatlich anerkannter Erzieher im Bundestag ein Exot. 87 Prozent der Abgeordneten haben in der aktuellen Legislaturperiode einen Hochschulabschluss, in der Gesamtbevölkerung sind es nur etwa 14 Prozent.
Passend zu seinem Beruf kümmerte sich Rix neben dem stellvertretenden SPD-Fraktionsvorsitz um Familien- und Bildungspolitik. Der zweifache Familienvater sagt, er könne sich auch nicht vorstellen, Politik in einem Feld zu betreiben, in dem er selbst nicht gearbeitet hat. Auch bei Kolleginnen und Kollegen hätte er sich oft “einen größeren Praxisbezug” gewünscht. Mit Cem Özdemir, seit kurzem Bundesbildungsminister und gelernter Erzieher und Sozialpädagoge, hat Rix seit kurzem gewissermaßen Verstärkung von oberster Stelle bekommen.
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Rix antwortet kurz und ohne Umschweife. Außer, man fragt ihn nach den Missständen in der Bildungspolitik. Dann läuft der sonst eher in sich ruhende Norddeutsche zur Höchstform auf. Er wettert, dass es keine klaren Zuständigkeiten gebe, dass sich Bund und Länder stattdessen ständig gegenseitig den Schwarzen Peter zuschieben – und dass sich in der Bildungspolitik fast nichts bewege.
Was gelingen kann, wenn Bund und Länder zusammenarbeiten, zeigt für ihn das Startchancen-Programm – ein Projekt, an dem Rix führend mitgearbeitet hat. “Das Paket hat eine nicht selbstverständliche Größenordnung”, lobt er. Insgesamt 20 Milliarden Euro sollen an Schulen in herausfordernden Lagen fließen. “Das ist ein Meilenstein.”
In seinen bald 20 Jahren als Abgeordneter ist das Programm sein größter Erfolg – neben der Bafög-Reform und verschiedenen Gesetzen, die die Arbeit in Kindertagesstätten erleichtern.
Die politische Arbeit hat der aus Eckernförde stammende Rix in der Schülervertretung kennengelernt. Sein erstes “Aha-Erlebnis”: Als Schülersprecher setzte er in der Schulkonferenz durch, den Samstagsunterricht abzuschaffen. 1992, ein Jahr vor dem Realabschluss, trat er den Jusos bei und engagierte sich dann in der Eckernförder Lokalpolitik.
Er habe eigentlich nie vorgehabt, Berufspolitiker zu werden, sagt Rix. Ja, es gab die Idee, in den Landtag zu gehen, wenn es passt. “Aber ansonsten hatte ich ja einen sicheren Job.” Nach seiner Ausbildung zum Erzieher arbeitete er vier Jahre in einer Gesamtschule, anschließend acht Jahre in einer Rehabilitationseinrichtung für Menschen mit Behinderung.
Dann trat die SPD-Wahlkreisabgeordnete überraschend nicht zur Wahl an, und Rix nutzte die Chance auf ein Bundestagsmandat – aber mehr, weil es ihm um die Sache ging als um seine Karriere, betont er. Als Rix 2005 das erste Mal gewählt wurde, meldeten sich bei ihm viele Menschen aus dem Bildungsbereich, berichtet er, und bedankten sich. Der Tenor: “Endlich sitzt da mal einer von uns.” Rix ist auch wichtig zu betonen, dass er als Abgeordneter keine Nebeneinkünfte bezieht. Das mache ihn “frei und unabhängig”.
Im März hatte Rix bekannt gegeben, dass er sich bei der kommenden Bundestagswahl nicht erneut zu Wahl stellt. “Ich hinterfrage mich vor jeder Wahl, ob ich wieder die Kraft und den Gestaltungswillen für vier Jahre habe”, sagt er. Erst einmal will er nur Kommunalpolitik in seiner Heimat Eckernförde machen, ansonsten brauche er eine Pause, will “auftanken”. Ganz ohne Politik kann man sich ihn aber kaum vorstellen. Tim Schellenbach
Research.Table: So soll die Hochschul- und Forschungspolitik von FDP, Linken und AfD aussehen. In den Bundestagswahlkampf ziehen die Parteien auch mit ihren Überzeugungen zum Wissenschaftssystem und der Forschungslandschaft in Deutschland und Europa. Welche Ideen aus den Wahlprogrammen für Hochschul- und Forschungspolitik hervorgehen, lesen Sie hier.
Research.Table: Internationale Studierende: Was HRK, BDI und BDA für eine bessere Bleibequote vorschlagen. Deutschland ist als Studienland beliebt und bei den Zahlen internationaler Studierender mit an der Spitze. Die Bleibequote lasse aber zu wünschen übrig, diagnostizieren Hochschulen sowie Industrie- und Arbeitgeberverbände. Was sie in einem gemeinsamen Neun-Punkte-Plan fordern, lesen Sie hier.
Research.Table: Wie die Allianzorganisationen die israelische Wissenschaft stärken wollen. Auf einem deutsch-israelischen Symposium in Berlin ging es um KI, Quantentechnologie und Schwarze Löcher. Auch die zunehmende Isolation der israelischen Wissenschaft war Thema – und wie sie sich überwinden lässt. Mehr lesen Sie hier.
WDR: Große Defizite in der Bildung im Ruhrgebiet. Die Zahl der Fünfjährigen in einer Kita hat sich im Ruhrgebiet in den vergangenen fünf Jahren fast halbiert, das zeigt ein Bildungsbericht des Regionalverbands Ruhr. Der Grund laut den Autoren: Fachkräftemangel. Vor allem Kinder aus schwierigen Verhältnissen bekämen seltener einen Kita-Platz. Große Unterschiede gebe es zwischen den Kommunen. In den Ruhrgebietsstädten gebe es aufgrund von Altschulden wenig finanzielle Spielräume. Auch bei Schulkindern stellt der Bericht im Vergleich zum Rest von NRW große Lücken fest. Ein gutes Drittel der Ruhrgebiets-Grundschulen ist im Mittel in herausfordernden Lagen angesiedelt. Bei einzelnen Kommunen sind es über 50 Prozent. (Bildungsbericht Ruhr: Massive Defizite bei Bildung im Ruhrgebiet)
NDR: Ärger über Stellenstreichung in Schleswig-Holstein. Die Zahl der Schüler steigt in diesem Jahr voraussichtlich um ein Prozent auf rund 372.000. Dennoch will das Land 164 Lehrerstellen an weiterführenden Schulen streichen. Bildungsministerin Karin Prien (CDU) sagte, die Streichung werde die Qualität des Unterrichts nicht beeinträchtigen, denn es gehe nur um 0,68 Prozent der Lehrkräftestellen. Der Philologenverband Schleswig-Holstein sieht die Unterrichtsversorgung in Gefahr. Eltern haben eine Petition für mehr Stellen gestartet. Der Schulleitungsverband sieht die Streichungen nicht so kritisch, da es auch nicht mehr so viele verpflichtende Unterrichtsstunden geben soll, was sinnvoll sei, um mehr fordern und fördern zu können. (Land SH streicht 163 Lehrerstellen: Eltern starten Petition)
Zeit: Rheinland-Pfalz schafft mehr Lehrerstellen. Aus einem Entwurf für den Doppelhaushalt 2025/26 geht hervor, dass die Landesregierung 1.173 neue Stellen für den Bildungssektor schaffen möchte, insbesondere durch die Einstellung neuer Lehrkräfte. Begründet wird das im Entwurf mit der Entwicklung der Schülerzahlen, unter anderem durch Zuwanderung, mit der Inklusion, mit dem Ausbau von Ganztagsschulen und mit der Sprachförderung (Haushalt sieht mehr Stellen für Bildung und Sicherheit vor).
Jüdische Allgemeine: Bund fördert Antisemitismusforschung. Das BMBF stellt dafür weitere zwölf Millionen Euro bereit. In der neuen Förderphase soll der Fokus auf israelbezogenem Antisemitismus liegen und die Rolle sozialer Netzwerke soll stärker beleuchtet werden. Bildungsminister Cem Özdemir (Grüne) erhofft sich von einem besseren Verständnis der Ursachen von Antisemitismus wichtige Erkenntnisse für Prävention und Bekämpfung von Antisemitismus. Seit 2021 gab es einen ersten Fördertopf in gleicher Höhe, zehn Forschungsverbünde profitieren. Es ging dabei etwa um Unterrichtsmaterialien für die Vermittlung jüdischen Alltagslebens oder Empfehlungen für eine antisemitismuskritische Lehrerbildung. (Bund gibt weitere 12 Millionen Euro für Antisemitismusforschung)
SZ: Immer mehr ältere Azubis in Baden-Württemberg. Im Südwesten waren im vergangenen Jahr 170.000 Menschen in Ausbildung, der Großteil zwischen 17 und 22 Jahren. Allerdings steigt laut Statistischem Landesamt der Anteil von Azubis im höheren Alter: bei den 35- bis 39-Jährigen von 0,2 Prozent in 2010 auf 0,9 Prozent (rund 1.490 Personen) in 2023, bei den über 40-Jährigen von 0,2 Prozent in 2010 auf 0,6 Prozent. Nach Erfahrung der Beauftragten für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt bei der Arbeitsagentur Karlsruhe-Rastatt, Patricia Montbrun, wagten vor allem Frauen den Neu- oder Wiederanfang. Das Potenzial im Segment älterer Azubis sei begrenzt. Die Agentur appelliere jedoch gezielt an Betriebe, ältere Bewerber nicht nur einzustellen, sondern auch auszubilden. Viele zögerten noch. (“Ich lerne richtig gerne” – Mit 50 plus in die Lehre gehen)