die Ereignisse in München haben auch uns im Bildung.Table durchgerüttelt. Wie immer nach solchen Vorfällen ist es schwer, zum Tagesgeschäft überzugehen. Dabei haben wir gute Nachrichten für Sie: Diese Ausgabe wird die letzte im alten Layout sein. Ab kommender Woche dürfen Sie einen deutlich frischeren und schlankeren Bildung.Table erwarten. Wenn Sie unsere kostenlosen Angebote Berlin.Table oder CEO.Table abonniert haben, bekommen Sie eine Ahnung davon, wie wir künftig aussehen werden. Wir jedenfalls freuen uns sehr.
Mit dem neuen Layout werden wir uns auch von dieser kleinen Rubrik, dem Editorial, verabschieden. Wir glauben, dass Sie so schneller und mindestens genauso gut an Ihr Ziel kommen – die für Sie wichtigsten und relevantesten Informationen aus diesem Newsletter herauszufiltern.
So darf ich Sie an dieser Stelle noch einmal einladen, meiner Kollegin Vera Kraft nach Stuttgart zu folgen. Sie ist dort auf der Didacta für Sie unterwegs und präsentiert Ihnen in ihrer Analyse eine Bilanz der Messe, die am Samstag zu Ende geht. Außerdem stellt Ihnen meine Kollegin Jana Degener-Storr kleine Tischroboter vor, die anstelle von langzeiterkrankten Schülern im Unterricht sitzen und den Schülern zu Hause im Krankenbett helfen, am Unterricht wie auch am sozialen Leben der Schule teilzunehmen.
Bleiben Sie uns gewogen.
Das Motto der diesjährigen Didacta hätte auch lauten können: “KI braucht Bildung – Bildung braucht KI”. Der von ChatGPT ausgelöste KI-Hype ist ungebrochen. Künstliche Intelligenz in der Bildung entwickelt sich aber zunehmend weg von einem spielerischen Gadget hin zu einem echten Lernhelfer.
Im großen Stil lässt sich das an den Ständen der Schulmedienverlage beobachten. Cornelsen wirbt gar mit “KI-Didaktik”. Die Idee: Hinter all den Tools für Lehrkräfte wie einem Ratgeber-Chatbot, einem Unterrichtsplaner oder einem Material-Designer stecken nicht nur datenschutzkonforme KI-Technologie, sondern eben auch die entsprechende Fachpädagogik.
Die hinterlegten Lehrwerke des Verlags sollen Lehrkräften als “Garant” für Unterricht im Rahmen des Lehrplans dienen, sagt Sandra Hestermann, die cornelsen.ai leitet. Diesen Vorteil nutzen auch die anderen großen Verlage. Westermann hat etwa erst diese Woche sein digitales Unterrichtssystem gelauncht, das auf digitalisierte Schulbücher mit zusätzlichen Aufgaben und Materialien setzt.
Kleinere Anbieter wie “to teach” – seit 2024 Partner von Fobizz – greifen stattdessen auf frei verfügbare Informationen meist von Wikipedia oder YouTube zurück. Die Geschichtsstunde für die siebte Klasse Gymnasium zur französischen Revolution ist damit aber ebenfalls in wenigen Sekunden strukturiert – samt möglichen Übungsaufgaben und wenn gewünscht einer PowerPoint-Präsentation zu den wichtigsten Fakten.
Das Ergebnis können die Lehrerinnen und Lehrer noch verfeinern. Erfahrungsgemäß muss das aber möglichst schnell und unaufwendig gehen, sonst geht die Entlastung verloren. Um von einer digitalen Transformation sprechen zu können, fehlen aber noch einige Schritte. “Aktuell findet noch viel ‘AI to print’ statt”, sagt “to teach”-Gründer Felix Weiß. Soll heißen: Selbst wenn Unterrichtsmaterialien mit KI erstellt wurden, erhalten die Schüler sie am Ende trotzdem noch häufige als ausgedruckte Arbeitsblätter.
Lesen Sie auch die Kolumne von Andreas Schleicher: Lehrkräfte müssen im Mittelpunkt des digitalen Wandels an Schulen stehen
Auf einer höheren Ebene gehören all diese KI-basierten Ideen und Anwendungen zu einem größeren Trend: Die Relevanz von evidenz- und datenbasierter Lern- und Schulentwicklung nimmt zu. Das hat auch der Ernst Klett Verlag erkannt. Mit seiner Mathe-Lernplattform Studyly geht der Verlag einen eigenen Weg: Statt wie die anderen Anbieter generative KI – meist ChatGPT von OpenAI – mit eigenen Materialien und möglichen Lernpfaden zu optimieren, basiert Studyly vollständig auf selbst trainierter, regelbasierter KI.
Langfristig ist die Idee, Schülerdaten aus Studyly in Kooperation mit einer Universität auszuwerten und Muster zu erkennen. Was sind die typischen “Stolpersteine” in Mathematik für Sechstklässler in Deutschland? Warum können Schüler in der Schweiz die binomische Formel besser anwenden? “Zu oft ist die Reaktion auf schlechte Noten oder PISA-Ergebnisse: Wir brauchen mehr Unterrichtsstunden”, sagt Klett-Geschäftsführer Maximilian Schulyok. “Quantität ist aber nicht alles. Wir müssen tiefer gehen.” Die Daten über Lernverhalten und Lernschwierigkeiten könnten helfen, Themen besser zu vermitteln.
Das Startchancen-Programm wird hier von vielen als Treiber hin zu mehr evidenzbasierter Schulentwicklung verstanden. Gleichzeitig legt dieses Programm aber die Achillesferse des Bildungssystems frei: Die fehlende Kooperation über Ebenen hinweg. Das wird in vielen Gesprächen auf der Didacta deutlich.
Schulen sind verunsichert, wofür sie ihr Chancenbudget ausgeben dürfen und fühlen sich überfordert von der Angebotsflut; Anbieter wissen auf der anderen Seite nicht, wie sie an Schulen herankommen können und die Länder versuchen mit teils kleinteilig ausgearbeitete Förderrichtlinien Kontrolle zu behalten. Wie viel Autonomie die Schulen haben, ist vielerorts unklar.
Lesen Sie auch: Außerschulische Bildungsanbieter: “Allianz für Schule Plus” will mehr Struktur schaffen
Kathrin Meyer-Pinger, Chief Digital Officer des Bildungsministeriums Sachsen-Anhalt, kritisiert vor diesem Hintergrund, dass nicht mehr Bildungsadministration auf der Didacta vertreten ist. Es sei eine verlorene Chance, sich auszutauschen und über Bildungsinnovationen zu informieren.
Ob es die innovativen Ideen der Bildungsmesse letztlich in die Klassenzimmer schaffen, hängt aber auch stark davon ab, welche Lösungen sich für das fehlende Geld und Personal finden lassen. Viele auf der Didacta treibt die Sorge um, wie lange es nach der Bundestagswahl braucht, bis ein neuer Haushalt steht. Und es ist nicht geklärt, wie finanzschwache Kommunen in Zukunft unterstützt werden sollen. Vom Fach- und Lehrkräftemangel mal ganz zu schweigen.
Für viele Lehrerinnen und Lehrer, die die Didacta besuchen, geht es wahrscheinlich auch deshalb stärker um andere Fragen. Einige interessieren sich für KI, einige auch für das Didacta-Motto Demokratiebildung. Ein Großteil, so jedenfalls die Beobachtung einer Ausstellerin mit großem Stand, sei aber eher “praktisch-handwerklich” orientiert. Die “klassischen” Materialien sind weiter stark gefragt – auf die neuen KI-Tools stürzen sich längst nicht alle.
Von Janna Degener-Storr
Chronisch kranke oder behinderte Kinder haben oft kaum eine Chance, aktiv am Schulunterricht teilzunehmen. Sie könnten per Livestream zur Klasse zugeschaltet werden. Manche Länder machen das mit speziellen Regeln für den Distanzunterricht möglich. Aber zusehen ist eben nicht dabei sein.
Mobile Tischroboter, sogenannte Avatare oder Telepräsenzroboter, könnten helfen. Sie sind anstelle des Kindes im Klassenraum. Das Kind wiederum kann mit seinem Tablet alle Funktionen des Avatars von zu Hause oder vom Krankenbett aus steuern. Sie können sich zu Wort melden, sich im Klassenzimmer umsehen, mit in die Pause gehen, mit dem besten Freund oder der besten Freundin quatschen. So, als wenn sie selbst vor Ort wären.
Lisa Neumann forscht am Fachbereich Erziehungswissenschaften der Technischen Universität Rheinland-Pfalz zu Avataren und ihren Einsatz im Unterricht. Sie sagt: “Roboter bieten den Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit, sich sozial eingebunden zu fühlen.” Begründen kann sie das unter anderem mit den Ergebnissen der Studie Keep in Contact (KiC), die den Einsatz des AV1 Telepräsenzroboters an deutschen Schulen untersucht hat. Naumann wird die Studie kommenden Montag auf der Jahrestagung der Inklusionsforscher in Köln vorstellen (hier geht es zum Programm).
Der AV1 Telepräsenzroboter hat deutschlandweit nach Angaben des norwegischen Herstellers “No Isolation” bereits über 1.000 langzeitabwesenden Kindern und Jugendlichen geholfen. Unter den für die Studie befragten 175 Personen waren chronisch erkrankte Kinder, deren Eltern und Lehrkräfte. Die Lehrkräfte berichten von einer verbesserten Integration der betroffenen Kinder in den Unterrichtsalltag. Der AV1 ermögliche mit seinen Audio- und Videofunktion die direkte Interaktion mit Lehrkräften und Mitschülern. Eltern und Lehrkräfte sagen, der Robotor helfe den Kindern, sich weniger isoliert fühlten. Und das für 183 Euro Miete im Monat. Oder für den Kaufpreis von knapp über 5.100 Euro. Was deutlich günstiger ist, als jeder privat organisierte Unterricht.
Warum die Avatare dann nicht weiter verbreitet sind? Neumann sagt: “Voraussetzung für den Einsatz von Avataren ist, dass irgendjemand im Umfeld des Kindes überhaupt über die Möglichkeit Bescheid weiß und bereit ist, sich durch die bürokratischen Herausforderungen zu kämpfen.” Es gebe oft keine klaren Regeln, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen und wer die Kosten übernimmt.
Im Einsatz sind Telepräsenz-Avatare nach einer Länderabfrage von Table.Briefings bisher nur in Baden-Württemberg, Berlin, Bremen, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein. Dazu kommen noch Pädagogische Landesinstitute, Medienzentren, Schulen, Universitätskliniken oder Stiftungen wie der Deutschen Kinderkrebshilfe, die den betroffenen Kindern die Avatare dann meist in Eigenregie zur Verfügung stellen.
Wie groß der Bedarf ist, lässt sich schwer einschätzen. Allein in Berlin seien mindestens 1.000 Kinder unbeschult, schätzt das Berliner Bündnis für schulische Inklusion. Die Fachstelle MenschenKind für chronisch kranke und pflegebedürftige Kinder vermutet, dass in der Hauptstadt 2.000 bis 3.000 Kinder nicht oder nur zeitweise beschult werden. Die Berliner Bildungssenatorin will die Zahlen nicht bestätigen.
Ein erster Schritt wäre schon, wenn dauerhafte Krankheit oder Behinderung nicht zu dauerhaftem Unterrichtsausfall führt. Nur neun Länder aber haben nach der Table.Briefings-Umfrage spezielle Regelungen zum Distanzunterricht, die ausschließlich für langfristig schulunfähige Schüler mit und ohne Krankheit oder Behinderung gelten. Die Gesetze erlauben es den Schülern, digital am Unterricht ihrer Stammschule teilzunehmen. Oder an einer Fernschule den Schulabschluss machen.
Zum Beispiel an der staatlich nicht anerkannten privaten “web-individualschule” in Bochum. Sie bietet betroffenen Schülern aus ganz Deutschland seit 2002 einen Eins-zu-Eins-Online-Unterricht an. Die Schule steht Kindern mit dauerhafter Krankschreibung offen – und solchen, deren Schulpflicht ruht. Sie hat nach eigenen Angaben bisher 600 Kindern zum Schulabschluss bis hin zum Abitur verholfen. Derzeit sind alle 350 Schulplätze belegt, 50 Schüler stehen auf der Warteliste. Monatliche Kosten: zwischen 1.000 und 1.400 Euro. Die werden in der Regel von den Jugendämtern übernommen.
Wie viele Schüler per Distanzunterricht beschult werden, können die meisten Kultusministerien nicht sagen. In Bremen sind 17 Freistellungen für eine Web-Beschulung dokumentiert. Sechs Schülerinnen und Schülern helfen Avatare, drei haben sowohl einen Avatar als auch Hausunterricht. In Thüringen nehmen drei Schülerinnen und Schüler am Distanzunterricht teil.
Distanzunterricht kann aber auch scheitern. Nach Einschätzung der Kultusministerien liegt das dann an technischen, organisatorischen und datenschutzrechtlichen Hürden. Es gibt auch Schwierigkeiten mit der gerechten Leistungsbewertung. Eines aber dürfte klar sein: Keine Schule ist keine Alternative.
Die Bildungsaktivistin Marina Weisband hat am Mittwoch den Preis als “Bildungsbotschafterin” der Didacta abgelehnt. Sie begründete ihren Schritt damit, dass die Didacta-Verantwortlichen der AfD einen Stand auf der Didacta zugebilligt hätten. Weisband sollte für ihr Projekt Aula ausgezeichnet werden. Auf der Online-Plattform können Schüler Ideen für Veränderungen an ihren Schulen einbringen, sie diskutieren, für Mehrheiten werben und sie letztlich durchsetzen.
Die deutsch-ukrainische Jüdin sagte in ihrer Rede auf der Didacta: “Die AfD ist nicht nur gegen Inklusion, Gesamtschulen und kritische Lehrer, sondern gegen gute Bildung insgesamt, weil Faschismus keine gute Bildung verträgt. Die AfD ist nicht hier, weil sie diskutieren will, sondern um den Debattenclub anzuzünden.”
Demokratie sterbe nicht plötzlich. Vielmehr würden ihre Feinde “Schritt für Schritt normalisiert, bis ihr Ende wie der nächste kleine Schritt in einer logischen Kette erscheint”. Sie könne nicht dort stehen “und bei dieser Normalisierung mitspielen”. Es sei ihre demokratische, ihre verfassungsmäßige Pflicht, dagegen aufzubegehren. “Darum lehne ich diesen Preis ab.“
Weisband erklärte, sie wisse, dass die Didacta ihre Lektion gelernt habe und im nächsten Jahr keine Parteien teilnehmen dürften. Aber überall, wo die AfD sei, binde sie Debatte auf den “Schattenseiten unserer Gesellschaft, nimmt den Scheinwerfer weg von Menschen, die so hart für Demokratie arbeiten”.
Das Publikum bedachte Weisbands Rede mit stehendem Applaus. Der Bildungsforscher und Didacta-Ehrenpräsident Wassilios Fthenakis bedankte sich bei Weisband “für ihren Mut”. Weisband sei “ihren Prinzipien treu geblieben”. Das sei eine Lektion, die erst mit der Nichtannahme des Preises möglich geworden sei. Didacta-Präsident Theodor Niehaus erklärte, das Aula-Projekt werde das Preisgeld in Höhe von 3.000 Euro trotz der Nichtannahme des Preises bekommen. Thorsten Denkler
Lesen Sie auch: Wie Marina Weisband die Partizipation von Schülern stärkt
Auf der Didacta in Stuttgart ist das Unternehmen Brian am Donnerstag mit dem Start-up-Award der größten Bildungsmesse Deutschlands ausgezeichnet worden. Es erhält 3.000 Euro Preisgeld und, genauso wie der zweite und dritte Platz, ein Mentoring zur Weiterentwicklung des Geschäftsmodells. Eduvation-Gründer und Juror Tobias Himmerich erklärte, das Thema KI sei im Schulalltag angekommen. “Und Brian ist ein Super-Beispiel für die praxistaugliche Umsetzung für die Schule.”
Das Schweizer Unternehmen bietet einen KI-Lehrassistenten an, “der in die Hosentasche passt”, heißt es auf den Internetseiten des Start-ups. Ralph Forsbach, Mitgründer von Brian, sagte in seinem Pitch, das Ziel von Brian sei, eine individuelle Betreuung zu ermöglichen – selbst in heterogenen Klassen.
Die Anwendung sei “eine Mischung aus ChatGPT und Duolingo” und erlaube Lehrpersonen, adaptive Lernwelten auf Basis eigener Unterrichtskonzepte und -materialien zu entwerfen. Die Lehrkraft kann sowohl Lernschwächen als auch die Aufgabenbearbeitung einsehen. Das Start-up richtet sich mit seinem Angebot direkt an Schulen und Universitäten.
Auf Platz zwei landete das Berliner Unternehmen “Fuxam”. Dieses Start-up hat sich vorgenommen, die “veralteten Software-Lösungen” von Hochschulen abzulösen. Dafür hat Fuxam eine KI-basierte Software entwickelt, die nach eigenen Angaben “alle administrativen Bestandteile” abdeckt: Lehren, Lernen und Prüfen. Um etwa eine Prüfung zu erstellen, wird eine PDF-Datei ins System geladen, die KI erstellt daraus automatisch eine Reihe von Prüfungsaufgaben wie Multiple-Choice- oder Textaufgaben.
Platz drei erreichte “Studypilot” aus Röthenbach an der Pegnitz. Die App richtet sich an Schülerinnen und Schüler. Sie soll helfen, den Schulalltag zu organisieren. Stundenplan, Aufgaben und Hefteinträge sollen in einer App geordnet werden. Die Schüler können damit jederzeit ihren Lern- und Aufgabenstand abfragen. Lizenzen gibt es aktuell sowohl für Schüler als auch für Klassen. Thorsten Denkler / Vera Kraft
Die Grünen und das Bündnis Sahra Wagenknecht sprechen sich dafür aus, dass die neue Bundesregierung das Modellprogramm “Mental Health Coaches” verstetigt und ausbaut. Das Programm startete 2023 und ist bis zum Ende des Schuljahres 2024/25 finanziert. Die SPD will “die erfolgreichen Elemente” fortführen und ausbauen. Union, FDP und Linke wollen andere Schwerpunkte setzen. Das zeigt eine Umfrage von Table.Briefings unter den Familienpolitikern des Bundestags. Die AfD-Obfrau im Familienausschuss ließ die Anfrage unbeantwortet.
Franziska Krumwiede-Steiner (Grüne), die auch Mitglied im Bildungsausschuss ist, meinte, das Programm solle angesichts seiner guten Evaluation und vieler Schüler, die emotional und psychosozial Unterstützung brauchen, “breiter ausgerollt werden”. Ihre Partei verstehe die Mental Health Coaches zudem als Instrument, die hohen Schulabbrecherquoten zu senken. Bedarf bestünde bereits in der Grundschule. BSW-Politikerin Żaklin Nastić sagte, jede Schule, die an dem Programm teilnehmen wolle, sollte die Gelegenheit dazu bekommen. Sie sprach sich dafür aus, das Programm auf Grundschulen auszuweiten.
Die SPD-Bundestagsabgeordnete Jasmina Hostert drückte sich zurückhaltender aus. Es gelte, positive Aspekte und Optimierungspotenziale am Programm “genau zu betrachten”. Darauf aufbauend solle weiter daran gearbeitet werden, die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlich zu stärken.
Die Union will den Schwerpunkt lieber auf ein flächendeckendes Angebot an Schulsozialarbeit legen. Das sei “wichtiger als ein Bundesprogramm in solch geringem Umfang”, sagte ein Sprecher. Der FDP-Abgeordnete Matthias Seestern-Pauly plädiert für ein “frei einsetzbares Chancenbudget“. Damit könnten Schulen etwa eigenständig über den Einsatz multiprofessioneller Teams bestimmen.
Die Familienpolitikerin und Co-Spitzenkandidatin der Linken, Heidi Reichinnek, sagte, Mental Health Coaches könnten eine Ergänzung sein, es erscheine ihr jedoch “sinnvoller, auf andere Strukturen zu setzen”, etwa einen Ausbau der Schulsozialarbeit.
Die Universität Leipzig hatte im Januar ihre Evaluation des Modellprojekts vorgelegt (zum Download). 90 Prozent der Schulleitungen, die Mental Health Coaches bei sich einsetzen konnten, sprechen sich demnach für eine flächendeckende Einführung aus. Neun von zehn Schülern gaben an, sie würden das Angebot ein weiteres Mal nutzen. “Besonders positiv bewertet werden die zusätzlichen Personalstellen sowie die hohe Flexibilität der Mental Health Coaches”, sagte der Studienleiter und Kinder- und Jugendpsychologe Julian Schmitz. “Mentale Gesundheit ist derzeit ein zentrales Thema für Schulen und Schüler:innen, doch häufig fehlen wichtige niedrigschwellige Unterstützungs- und Präventionsangebote.”
Die Mental Health Coaches sind bisher ab der 5. Klasse an rund 80 Standorten in etwa 125 allgemein- und berufsbildenden Schulen im Einsatz. Sie bieten den Schülern in der Gruppe etwa die Möglichkeit, sich über psychische Gesundheit zu informieren und Erfahrungen auszutauschen. Nach eigenen Angaben wurden mit über 1.500 Gruppenangeboten bereits rund 60.000 Schüler erreicht. Die Jugendmigrationsdienste und die Träger der Jugendsozialarbeit setzen das Präventionsprogramm um. Anna Parrisius
Nach dem Amoklauf an einem kommunalen Bildungszentrum im schwedischen Örebro will die schwedische Regierung die Sicherheit an Schulen zum Teil drastisch verschärfen. Ein entsprechender Gesetzesvorschlag, den ein Expertengremium bereits im März 2024 vorgelegt hat, soll nun in einem beschleunigten Verfahren bis Mitte des Jahres in Kraft treten. In der Massenschießerei am 4. Februar kamen elf Menschen ums Leben, darunter der Täter. Dieser hatte zu einem früheren Zeitpunkt Kurse an der Schule besucht.
Das schlägt die Kommission zur Sicherheit an Schulen vor:
Bereits im Jahr 2018 hat in Schweden das Zentrum gegen gewalttätigen Extremismus (CVE) seine Arbeit aufgenommen, das maßgeblich an den Vorschlägen beteiligt war. Auch wenn der Angriff auf die Schule in Örebro nach bisherigem Ermittlungsstand nicht als Terrorakt gewertet wird, soll die Informations- und Beratungsstelle Schulen künftig enger bei der Prävention von Gewalttaten unterstützen.
Die Forderung der schwedischen Schulministerin Lotta Engholm, Schulen künftig während des Unterrichts abzuschließen, halten die Sicherheitsexperten dagegen allein nicht für ausreichend, da Anschläge an Schulen oft von Insidern verübt werden. Kirstin von Elm
Die Initiative D21 fordert eine digitale Kompetenzoffensive in Deutschland. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und die Kultusministerkonferenz sollen – als Teil der gesamtgesellschaftlichen Offensive – “den Fokus auf die Stärkung digitaler Fähigkeiten in Schule, Ausbildung und Hochschule” legen, heißt es in dem Papier. Es wird am kommenden Dienstag veröffentlicht. Weitere Schwerpunkte sollen darauf liegen, Lehrkräfte zu qualifizieren, Bildungseinrichtungen auszustatten und innovative Lehrmethoden zu entwickeln.
Das aktuelle digitalpolitische Papier, das ab Dienstag hier abrufbar ist, umfasst drei Forderungen:
“Der Digitalpakt II ist eine reine Insellösung zwischen Bund, also BMBF, und Ländern mit Fokus auf die schulische Bildung”, sagte Stefanie Kaste, stellvertretende Geschäftsführerin der Initiative D21. Die Nationale Digitale Kompetenzoffensive verfolge einen deutlich breiteren Ansatz für alle Altersgruppen. Wesentlich sei, dass verschiedene Ministerien – BMBF, BMAS, BMFSFJ -, das Kanzleramt und die Länder zusammenarbeiten und sich gemeinsame, messbare Ziele setzen.
Als Blaupause für Deutschland könne laut D21 der Nationale Referenzrahmen für Digitale Kompetenzen in Österreich dienen. Speziell auf den Schulalltag bezogen, regt die Initiative unter anderem an, Lehrpläne an den definierten Kompetenzfeldern auszurichten und Medienkompetenz oder Datensicherheit in alle Fächer zu integrieren. Zudem könnten Schulen Informationsabende oder Workshops für Eltern anbieten, um sie mit den digitalen Bildungszielen ihrer Kinder vertraut zu machen und sie in ihrer eigenen Medienkompetenz zu stärken.
Die Initiative D21 ist ein branchen- und parteiübergreifendes Netzwerk mit rund 140 Mitgliedsunternehmen und -organisationen. Laut eigener Darstellung ist sie “Deutschlands größtes gemeinnütziges Netzwerk für die Digitale Gesellschaft”. hsc
Der Städtetag Baden-Württemberg fordert vom Land eine finanzielle Beteiligung am Ausbau des Ganztags – sowohl an den laufenden Kosten als auch an den Kosten für die Qualifizierung des Betreuungspersonals. “Nur mit einer angemessenen und verlässlichen Mitfinanzierung durch das Land kann der Rechtsanspruch umgesetzt werden”, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung mit 24 Partnerorganisationen, die an diesem Freitag aus Anlass des Ganztagsbetreuungskongresses des Städtetags veröffentlicht wird. Die Erklärung liegt Table.Briefings vor.
Die Kommunen stünden vor einer “Mammutaufgabe”, heißt es in der Erklärung. Eine Unterstützung des Landes sei daher dringend erforderlich, um eine qualitativ hochwertige Betreuung zu gewährleisten und den Rechtsanspruch zu erfüllen – auch weil eine kostendeckende Finanzierung selbst dann nicht möglich sei, wenn von den Eltern Gebühren erhoben werden. Die Partnerorganisationen, die sich der Erklärung angeschlossen haben, fordern zudem eine angemessene Honorierung für ihre Arbeit im Rahmen des Ganztags.
Auf dem Ganztagskongress, der im Rahmen der Didacta stattfindet, werden unter anderem der baden-württembergische Städtetagspräsident Frank Mentrup und die baden-württembergische Bildungsministerin Theresa Schopper (Grüne) erwartet. Ab dem Schuljahr 2026/27 haben die ersten Grundschulkinder einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung. Dieser umfasst acht Stunden an Werktagen und gilt an 48 Wochen im Jahr. Im Endausbau betrifft dies 454.000 Kinder in Baden-Württemberg. Eltern können selbst entscheiden, in welchem Umfang sie das Angebot nutzen. Das Kongress-Programm und ab Mittag die Erklärung finden Sie hier. Alexia Lautenschläger
Die Zahl der abgeschlossenen Ausbildungsverträge ist im Jahr 2024 weiter gesunken. Laut der neuen “Ausbildungsbilanz 2024” der IG Metall unterschrieben über alle untersuchten Branchen hinweg 2.500 junge Menschen weniger einen Vertrag als im Vorjahr. Erstmals seit Jahren gab es zudem wieder mehr unversorgte Jugendliche als offene Ausbildungsstellen. Ein Hinweis darauf, dass zu wenig qualifizierte Bewerber auf dem Markt sind.
Besonders betroffen sind Berufe aus dem Zuständigkeitsbereich der IG Metall. Hier wurden 3.600 weniger neue Ausbildungsverträge abgeschlossen. Im Vergleich zu 2019 sind es insgesamt 10.000 weniger. Die IT-Berufe verzeichneten einen Rückgang von 1.600 Verträgen, in den kaufmännischen Berufen und der Logistik waren es 2.500 weniger. Metall-, Elektro- und Konstruktionsberufe stagnierten, während es im Handwerk mit 612 neuen Verträgen einen leichten Anstieg gab.
IG Metall-Vorstandsmitglied Hans-Jürgen Urban sagt dazu: “Wir erleben einen gefährlichen Mix aus blockierter Industriepolitik und fehlender strategischer Weitsicht in den Unternehmen.” Der Ausbildungsmarkt verharre auf niedrigem Niveau. Wenn Unternehmen weniger junge Menschen oder gar niemanden ausbilden, sei das “wirtschaftlicher Suizid”.
Nach Angaben der IG Metall bilden nur noch 19 Prozent der Betriebe Nachwuchs aus. In den ausbildenden Unternehmen kommen aktuell auf 100 Beschäftigte lediglich gut vier Auszubildende. 2019 waren es noch fünf. Urban fordert eine aktive Produkt- und Personalstrategie der Unternehmen und eine stärkere Unterstützung durch die Politik. Die IG Metall setzt sich für einen garantierten Zugang zu einer vollqualifizierenden Erstausbildung für alle Jugendlichen ein. Thorsten Denkler
Research.Table. Ina Czyborra: “Wenn ich wirklich allein auf weiter Flur wäre, dann hätten wir schon verloren.” Berlins Hochschulen drohen massive Kürzungen. Sie erwägen deswegen juristische Schritte gegen den Berliner Senat. Wissenschaftssenatorin Ina Czyborra verweist auf Rücklagen – und warnt vor noch größeren Schäden. Mehr lesen Sie hier.
Research.Table. AI Action Summit: EU finanziert KI-Gigafactories. Die Ergebnisse des zweitägigen Gipfels in Paris lassen auf einen Aufschwung der europäischen KI-Szene hoffen. Was sie für Forschung und Entwicklung bedeuten. Mehr lesen Sie hier.
China.Table. KI: Wie die USA Chinas Fortschritt bremsen wollen – mit Folgen für andere Länder. KI-Exportquoten spalten die Welt in die Guten, die Bösen und diejenigen, die sich für eine Seite entscheiden müssen. Die Vereinigten Staaten versuchen, die Technologie zu regulieren, solange sie es noch können – auch wenn die KI des chinesischen Unternehmens DeepSeek weniger Rechenleistung benötigt, sind sie immer noch auf US-Chips angewiesen. Mehr lesen Sie hier.
FAZ: Integration dank besserer Bildung. Bildungsminister Cem Özdemir (Grüne) will Kinder mit Migrationshintergrund und etwaigen Sprachdefiziten gezielter fördern. Die Potenziale der Mehrsprachigkeit seien bisher noch nicht ausgeschöpft – zeitgleich müsse die Schule auch Werte vermitteln, die Kinder aus einzelnen Milieus sonst nicht erlernen würden. Özdemir betont, dass ein gutes Bildungssystem ausländische Fachkräfte überzeugen könnte, nach Deutschland zu kommen. (“Bildung ist noch immer zu oft Glückssache”)
Zeit: Chancen für eine bessere Kita. Jeanett Tschiersky aus dem Bundesvorstand des Deutschen Kitaverbands sieht im Geburtenrückgang eine Chance für bessere Kitas. In vielen ostdeutschen Regionen gibt es mehr Plätze als Kita-Kinder. Eltern können sich erstmals das Betreuungsangebot aussuchen. Von einer solchen Verbesserung des Personalschlüssels könnten insbesondere Kinder mit Sprachförderbedarf profitieren. Der Rückgang der Kinderzahlen sei daher kein Anlass für Kürzungen. (Jetzt nicht sparen in der Kita!)
dpa: Lehrermangel in Hessen spitzt sich zu. Die GEW rechnet damit, dass in Hessen in den nächsten zwei Jahren 10.000 Lehrkräfte fehlen werden. Die Zahl der aus dem Schuldienst ausscheidenden Lehrkräfte könne nicht über Neuanstellungen ausgeglichen werden. Schon jetzt unterrichten vielfach Personen ohne Lehramtsstudium. Im Schuljahr 2023/24 waren es bereits fast 8.800 Personen. (Gewerkschaft: Bald 10.000 ausgebildete Lehrer zu wenig)
Taz: Jugendarrest gegen Schulabsentismus. Kein Bundesland erfasst vollständig, wie viele Schüler dem Unterricht längerfristig fernbleiben. Doch ohne diese Zahlen lassen sich Präventionsmaßnahmen nicht ausreichend evaluieren. Niedersachsen setzt zum Teil auf Jugendarrest gegen Schulabsentismus. Etwa 400 Jugendliche sind jährlich davon betroffen. Kein anderes Bundesland nutzt diese Maßnahme ähnlich häufig. Es ist unklar, inwieweit der Arrest sich positiv auf die Schulpräsenz auswirkt. (Niedersachsen bleibt Wegsperrmeister)
die Ereignisse in München haben auch uns im Bildung.Table durchgerüttelt. Wie immer nach solchen Vorfällen ist es schwer, zum Tagesgeschäft überzugehen. Dabei haben wir gute Nachrichten für Sie: Diese Ausgabe wird die letzte im alten Layout sein. Ab kommender Woche dürfen Sie einen deutlich frischeren und schlankeren Bildung.Table erwarten. Wenn Sie unsere kostenlosen Angebote Berlin.Table oder CEO.Table abonniert haben, bekommen Sie eine Ahnung davon, wie wir künftig aussehen werden. Wir jedenfalls freuen uns sehr.
Mit dem neuen Layout werden wir uns auch von dieser kleinen Rubrik, dem Editorial, verabschieden. Wir glauben, dass Sie so schneller und mindestens genauso gut an Ihr Ziel kommen – die für Sie wichtigsten und relevantesten Informationen aus diesem Newsletter herauszufiltern.
So darf ich Sie an dieser Stelle noch einmal einladen, meiner Kollegin Vera Kraft nach Stuttgart zu folgen. Sie ist dort auf der Didacta für Sie unterwegs und präsentiert Ihnen in ihrer Analyse eine Bilanz der Messe, die am Samstag zu Ende geht. Außerdem stellt Ihnen meine Kollegin Jana Degener-Storr kleine Tischroboter vor, die anstelle von langzeiterkrankten Schülern im Unterricht sitzen und den Schülern zu Hause im Krankenbett helfen, am Unterricht wie auch am sozialen Leben der Schule teilzunehmen.
Bleiben Sie uns gewogen.
Das Motto der diesjährigen Didacta hätte auch lauten können: “KI braucht Bildung – Bildung braucht KI”. Der von ChatGPT ausgelöste KI-Hype ist ungebrochen. Künstliche Intelligenz in der Bildung entwickelt sich aber zunehmend weg von einem spielerischen Gadget hin zu einem echten Lernhelfer.
Im großen Stil lässt sich das an den Ständen der Schulmedienverlage beobachten. Cornelsen wirbt gar mit “KI-Didaktik”. Die Idee: Hinter all den Tools für Lehrkräfte wie einem Ratgeber-Chatbot, einem Unterrichtsplaner oder einem Material-Designer stecken nicht nur datenschutzkonforme KI-Technologie, sondern eben auch die entsprechende Fachpädagogik.
Die hinterlegten Lehrwerke des Verlags sollen Lehrkräften als “Garant” für Unterricht im Rahmen des Lehrplans dienen, sagt Sandra Hestermann, die cornelsen.ai leitet. Diesen Vorteil nutzen auch die anderen großen Verlage. Westermann hat etwa erst diese Woche sein digitales Unterrichtssystem gelauncht, das auf digitalisierte Schulbücher mit zusätzlichen Aufgaben und Materialien setzt.
Kleinere Anbieter wie “to teach” – seit 2024 Partner von Fobizz – greifen stattdessen auf frei verfügbare Informationen meist von Wikipedia oder YouTube zurück. Die Geschichtsstunde für die siebte Klasse Gymnasium zur französischen Revolution ist damit aber ebenfalls in wenigen Sekunden strukturiert – samt möglichen Übungsaufgaben und wenn gewünscht einer PowerPoint-Präsentation zu den wichtigsten Fakten.
Das Ergebnis können die Lehrerinnen und Lehrer noch verfeinern. Erfahrungsgemäß muss das aber möglichst schnell und unaufwendig gehen, sonst geht die Entlastung verloren. Um von einer digitalen Transformation sprechen zu können, fehlen aber noch einige Schritte. “Aktuell findet noch viel ‘AI to print’ statt”, sagt “to teach”-Gründer Felix Weiß. Soll heißen: Selbst wenn Unterrichtsmaterialien mit KI erstellt wurden, erhalten die Schüler sie am Ende trotzdem noch häufige als ausgedruckte Arbeitsblätter.
Lesen Sie auch die Kolumne von Andreas Schleicher: Lehrkräfte müssen im Mittelpunkt des digitalen Wandels an Schulen stehen
Auf einer höheren Ebene gehören all diese KI-basierten Ideen und Anwendungen zu einem größeren Trend: Die Relevanz von evidenz- und datenbasierter Lern- und Schulentwicklung nimmt zu. Das hat auch der Ernst Klett Verlag erkannt. Mit seiner Mathe-Lernplattform Studyly geht der Verlag einen eigenen Weg: Statt wie die anderen Anbieter generative KI – meist ChatGPT von OpenAI – mit eigenen Materialien und möglichen Lernpfaden zu optimieren, basiert Studyly vollständig auf selbst trainierter, regelbasierter KI.
Langfristig ist die Idee, Schülerdaten aus Studyly in Kooperation mit einer Universität auszuwerten und Muster zu erkennen. Was sind die typischen “Stolpersteine” in Mathematik für Sechstklässler in Deutschland? Warum können Schüler in der Schweiz die binomische Formel besser anwenden? “Zu oft ist die Reaktion auf schlechte Noten oder PISA-Ergebnisse: Wir brauchen mehr Unterrichtsstunden”, sagt Klett-Geschäftsführer Maximilian Schulyok. “Quantität ist aber nicht alles. Wir müssen tiefer gehen.” Die Daten über Lernverhalten und Lernschwierigkeiten könnten helfen, Themen besser zu vermitteln.
Das Startchancen-Programm wird hier von vielen als Treiber hin zu mehr evidenzbasierter Schulentwicklung verstanden. Gleichzeitig legt dieses Programm aber die Achillesferse des Bildungssystems frei: Die fehlende Kooperation über Ebenen hinweg. Das wird in vielen Gesprächen auf der Didacta deutlich.
Schulen sind verunsichert, wofür sie ihr Chancenbudget ausgeben dürfen und fühlen sich überfordert von der Angebotsflut; Anbieter wissen auf der anderen Seite nicht, wie sie an Schulen herankommen können und die Länder versuchen mit teils kleinteilig ausgearbeitete Förderrichtlinien Kontrolle zu behalten. Wie viel Autonomie die Schulen haben, ist vielerorts unklar.
Lesen Sie auch: Außerschulische Bildungsanbieter: “Allianz für Schule Plus” will mehr Struktur schaffen
Kathrin Meyer-Pinger, Chief Digital Officer des Bildungsministeriums Sachsen-Anhalt, kritisiert vor diesem Hintergrund, dass nicht mehr Bildungsadministration auf der Didacta vertreten ist. Es sei eine verlorene Chance, sich auszutauschen und über Bildungsinnovationen zu informieren.
Ob es die innovativen Ideen der Bildungsmesse letztlich in die Klassenzimmer schaffen, hängt aber auch stark davon ab, welche Lösungen sich für das fehlende Geld und Personal finden lassen. Viele auf der Didacta treibt die Sorge um, wie lange es nach der Bundestagswahl braucht, bis ein neuer Haushalt steht. Und es ist nicht geklärt, wie finanzschwache Kommunen in Zukunft unterstützt werden sollen. Vom Fach- und Lehrkräftemangel mal ganz zu schweigen.
Für viele Lehrerinnen und Lehrer, die die Didacta besuchen, geht es wahrscheinlich auch deshalb stärker um andere Fragen. Einige interessieren sich für KI, einige auch für das Didacta-Motto Demokratiebildung. Ein Großteil, so jedenfalls die Beobachtung einer Ausstellerin mit großem Stand, sei aber eher “praktisch-handwerklich” orientiert. Die “klassischen” Materialien sind weiter stark gefragt – auf die neuen KI-Tools stürzen sich längst nicht alle.
Von Janna Degener-Storr
Chronisch kranke oder behinderte Kinder haben oft kaum eine Chance, aktiv am Schulunterricht teilzunehmen. Sie könnten per Livestream zur Klasse zugeschaltet werden. Manche Länder machen das mit speziellen Regeln für den Distanzunterricht möglich. Aber zusehen ist eben nicht dabei sein.
Mobile Tischroboter, sogenannte Avatare oder Telepräsenzroboter, könnten helfen. Sie sind anstelle des Kindes im Klassenraum. Das Kind wiederum kann mit seinem Tablet alle Funktionen des Avatars von zu Hause oder vom Krankenbett aus steuern. Sie können sich zu Wort melden, sich im Klassenzimmer umsehen, mit in die Pause gehen, mit dem besten Freund oder der besten Freundin quatschen. So, als wenn sie selbst vor Ort wären.
Lisa Neumann forscht am Fachbereich Erziehungswissenschaften der Technischen Universität Rheinland-Pfalz zu Avataren und ihren Einsatz im Unterricht. Sie sagt: “Roboter bieten den Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit, sich sozial eingebunden zu fühlen.” Begründen kann sie das unter anderem mit den Ergebnissen der Studie Keep in Contact (KiC), die den Einsatz des AV1 Telepräsenzroboters an deutschen Schulen untersucht hat. Naumann wird die Studie kommenden Montag auf der Jahrestagung der Inklusionsforscher in Köln vorstellen (hier geht es zum Programm).
Der AV1 Telepräsenzroboter hat deutschlandweit nach Angaben des norwegischen Herstellers “No Isolation” bereits über 1.000 langzeitabwesenden Kindern und Jugendlichen geholfen. Unter den für die Studie befragten 175 Personen waren chronisch erkrankte Kinder, deren Eltern und Lehrkräfte. Die Lehrkräfte berichten von einer verbesserten Integration der betroffenen Kinder in den Unterrichtsalltag. Der AV1 ermögliche mit seinen Audio- und Videofunktion die direkte Interaktion mit Lehrkräften und Mitschülern. Eltern und Lehrkräfte sagen, der Robotor helfe den Kindern, sich weniger isoliert fühlten. Und das für 183 Euro Miete im Monat. Oder für den Kaufpreis von knapp über 5.100 Euro. Was deutlich günstiger ist, als jeder privat organisierte Unterricht.
Warum die Avatare dann nicht weiter verbreitet sind? Neumann sagt: “Voraussetzung für den Einsatz von Avataren ist, dass irgendjemand im Umfeld des Kindes überhaupt über die Möglichkeit Bescheid weiß und bereit ist, sich durch die bürokratischen Herausforderungen zu kämpfen.” Es gebe oft keine klaren Regeln, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen und wer die Kosten übernimmt.
Im Einsatz sind Telepräsenz-Avatare nach einer Länderabfrage von Table.Briefings bisher nur in Baden-Württemberg, Berlin, Bremen, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein. Dazu kommen noch Pädagogische Landesinstitute, Medienzentren, Schulen, Universitätskliniken oder Stiftungen wie der Deutschen Kinderkrebshilfe, die den betroffenen Kindern die Avatare dann meist in Eigenregie zur Verfügung stellen.
Wie groß der Bedarf ist, lässt sich schwer einschätzen. Allein in Berlin seien mindestens 1.000 Kinder unbeschult, schätzt das Berliner Bündnis für schulische Inklusion. Die Fachstelle MenschenKind für chronisch kranke und pflegebedürftige Kinder vermutet, dass in der Hauptstadt 2.000 bis 3.000 Kinder nicht oder nur zeitweise beschult werden. Die Berliner Bildungssenatorin will die Zahlen nicht bestätigen.
Ein erster Schritt wäre schon, wenn dauerhafte Krankheit oder Behinderung nicht zu dauerhaftem Unterrichtsausfall führt. Nur neun Länder aber haben nach der Table.Briefings-Umfrage spezielle Regelungen zum Distanzunterricht, die ausschließlich für langfristig schulunfähige Schüler mit und ohne Krankheit oder Behinderung gelten. Die Gesetze erlauben es den Schülern, digital am Unterricht ihrer Stammschule teilzunehmen. Oder an einer Fernschule den Schulabschluss machen.
Zum Beispiel an der staatlich nicht anerkannten privaten “web-individualschule” in Bochum. Sie bietet betroffenen Schülern aus ganz Deutschland seit 2002 einen Eins-zu-Eins-Online-Unterricht an. Die Schule steht Kindern mit dauerhafter Krankschreibung offen – und solchen, deren Schulpflicht ruht. Sie hat nach eigenen Angaben bisher 600 Kindern zum Schulabschluss bis hin zum Abitur verholfen. Derzeit sind alle 350 Schulplätze belegt, 50 Schüler stehen auf der Warteliste. Monatliche Kosten: zwischen 1.000 und 1.400 Euro. Die werden in der Regel von den Jugendämtern übernommen.
Wie viele Schüler per Distanzunterricht beschult werden, können die meisten Kultusministerien nicht sagen. In Bremen sind 17 Freistellungen für eine Web-Beschulung dokumentiert. Sechs Schülerinnen und Schülern helfen Avatare, drei haben sowohl einen Avatar als auch Hausunterricht. In Thüringen nehmen drei Schülerinnen und Schüler am Distanzunterricht teil.
Distanzunterricht kann aber auch scheitern. Nach Einschätzung der Kultusministerien liegt das dann an technischen, organisatorischen und datenschutzrechtlichen Hürden. Es gibt auch Schwierigkeiten mit der gerechten Leistungsbewertung. Eines aber dürfte klar sein: Keine Schule ist keine Alternative.
Die Bildungsaktivistin Marina Weisband hat am Mittwoch den Preis als “Bildungsbotschafterin” der Didacta abgelehnt. Sie begründete ihren Schritt damit, dass die Didacta-Verantwortlichen der AfD einen Stand auf der Didacta zugebilligt hätten. Weisband sollte für ihr Projekt Aula ausgezeichnet werden. Auf der Online-Plattform können Schüler Ideen für Veränderungen an ihren Schulen einbringen, sie diskutieren, für Mehrheiten werben und sie letztlich durchsetzen.
Die deutsch-ukrainische Jüdin sagte in ihrer Rede auf der Didacta: “Die AfD ist nicht nur gegen Inklusion, Gesamtschulen und kritische Lehrer, sondern gegen gute Bildung insgesamt, weil Faschismus keine gute Bildung verträgt. Die AfD ist nicht hier, weil sie diskutieren will, sondern um den Debattenclub anzuzünden.”
Demokratie sterbe nicht plötzlich. Vielmehr würden ihre Feinde “Schritt für Schritt normalisiert, bis ihr Ende wie der nächste kleine Schritt in einer logischen Kette erscheint”. Sie könne nicht dort stehen “und bei dieser Normalisierung mitspielen”. Es sei ihre demokratische, ihre verfassungsmäßige Pflicht, dagegen aufzubegehren. “Darum lehne ich diesen Preis ab.“
Weisband erklärte, sie wisse, dass die Didacta ihre Lektion gelernt habe und im nächsten Jahr keine Parteien teilnehmen dürften. Aber überall, wo die AfD sei, binde sie Debatte auf den “Schattenseiten unserer Gesellschaft, nimmt den Scheinwerfer weg von Menschen, die so hart für Demokratie arbeiten”.
Das Publikum bedachte Weisbands Rede mit stehendem Applaus. Der Bildungsforscher und Didacta-Ehrenpräsident Wassilios Fthenakis bedankte sich bei Weisband “für ihren Mut”. Weisband sei “ihren Prinzipien treu geblieben”. Das sei eine Lektion, die erst mit der Nichtannahme des Preises möglich geworden sei. Didacta-Präsident Theodor Niehaus erklärte, das Aula-Projekt werde das Preisgeld in Höhe von 3.000 Euro trotz der Nichtannahme des Preises bekommen. Thorsten Denkler
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Auf der Didacta in Stuttgart ist das Unternehmen Brian am Donnerstag mit dem Start-up-Award der größten Bildungsmesse Deutschlands ausgezeichnet worden. Es erhält 3.000 Euro Preisgeld und, genauso wie der zweite und dritte Platz, ein Mentoring zur Weiterentwicklung des Geschäftsmodells. Eduvation-Gründer und Juror Tobias Himmerich erklärte, das Thema KI sei im Schulalltag angekommen. “Und Brian ist ein Super-Beispiel für die praxistaugliche Umsetzung für die Schule.”
Das Schweizer Unternehmen bietet einen KI-Lehrassistenten an, “der in die Hosentasche passt”, heißt es auf den Internetseiten des Start-ups. Ralph Forsbach, Mitgründer von Brian, sagte in seinem Pitch, das Ziel von Brian sei, eine individuelle Betreuung zu ermöglichen – selbst in heterogenen Klassen.
Die Anwendung sei “eine Mischung aus ChatGPT und Duolingo” und erlaube Lehrpersonen, adaptive Lernwelten auf Basis eigener Unterrichtskonzepte und -materialien zu entwerfen. Die Lehrkraft kann sowohl Lernschwächen als auch die Aufgabenbearbeitung einsehen. Das Start-up richtet sich mit seinem Angebot direkt an Schulen und Universitäten.
Auf Platz zwei landete das Berliner Unternehmen “Fuxam”. Dieses Start-up hat sich vorgenommen, die “veralteten Software-Lösungen” von Hochschulen abzulösen. Dafür hat Fuxam eine KI-basierte Software entwickelt, die nach eigenen Angaben “alle administrativen Bestandteile” abdeckt: Lehren, Lernen und Prüfen. Um etwa eine Prüfung zu erstellen, wird eine PDF-Datei ins System geladen, die KI erstellt daraus automatisch eine Reihe von Prüfungsaufgaben wie Multiple-Choice- oder Textaufgaben.
Platz drei erreichte “Studypilot” aus Röthenbach an der Pegnitz. Die App richtet sich an Schülerinnen und Schüler. Sie soll helfen, den Schulalltag zu organisieren. Stundenplan, Aufgaben und Hefteinträge sollen in einer App geordnet werden. Die Schüler können damit jederzeit ihren Lern- und Aufgabenstand abfragen. Lizenzen gibt es aktuell sowohl für Schüler als auch für Klassen. Thorsten Denkler / Vera Kraft
Die Grünen und das Bündnis Sahra Wagenknecht sprechen sich dafür aus, dass die neue Bundesregierung das Modellprogramm “Mental Health Coaches” verstetigt und ausbaut. Das Programm startete 2023 und ist bis zum Ende des Schuljahres 2024/25 finanziert. Die SPD will “die erfolgreichen Elemente” fortführen und ausbauen. Union, FDP und Linke wollen andere Schwerpunkte setzen. Das zeigt eine Umfrage von Table.Briefings unter den Familienpolitikern des Bundestags. Die AfD-Obfrau im Familienausschuss ließ die Anfrage unbeantwortet.
Franziska Krumwiede-Steiner (Grüne), die auch Mitglied im Bildungsausschuss ist, meinte, das Programm solle angesichts seiner guten Evaluation und vieler Schüler, die emotional und psychosozial Unterstützung brauchen, “breiter ausgerollt werden”. Ihre Partei verstehe die Mental Health Coaches zudem als Instrument, die hohen Schulabbrecherquoten zu senken. Bedarf bestünde bereits in der Grundschule. BSW-Politikerin Żaklin Nastić sagte, jede Schule, die an dem Programm teilnehmen wolle, sollte die Gelegenheit dazu bekommen. Sie sprach sich dafür aus, das Programm auf Grundschulen auszuweiten.
Die SPD-Bundestagsabgeordnete Jasmina Hostert drückte sich zurückhaltender aus. Es gelte, positive Aspekte und Optimierungspotenziale am Programm “genau zu betrachten”. Darauf aufbauend solle weiter daran gearbeitet werden, die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlich zu stärken.
Die Union will den Schwerpunkt lieber auf ein flächendeckendes Angebot an Schulsozialarbeit legen. Das sei “wichtiger als ein Bundesprogramm in solch geringem Umfang”, sagte ein Sprecher. Der FDP-Abgeordnete Matthias Seestern-Pauly plädiert für ein “frei einsetzbares Chancenbudget“. Damit könnten Schulen etwa eigenständig über den Einsatz multiprofessioneller Teams bestimmen.
Die Familienpolitikerin und Co-Spitzenkandidatin der Linken, Heidi Reichinnek, sagte, Mental Health Coaches könnten eine Ergänzung sein, es erscheine ihr jedoch “sinnvoller, auf andere Strukturen zu setzen”, etwa einen Ausbau der Schulsozialarbeit.
Die Universität Leipzig hatte im Januar ihre Evaluation des Modellprojekts vorgelegt (zum Download). 90 Prozent der Schulleitungen, die Mental Health Coaches bei sich einsetzen konnten, sprechen sich demnach für eine flächendeckende Einführung aus. Neun von zehn Schülern gaben an, sie würden das Angebot ein weiteres Mal nutzen. “Besonders positiv bewertet werden die zusätzlichen Personalstellen sowie die hohe Flexibilität der Mental Health Coaches”, sagte der Studienleiter und Kinder- und Jugendpsychologe Julian Schmitz. “Mentale Gesundheit ist derzeit ein zentrales Thema für Schulen und Schüler:innen, doch häufig fehlen wichtige niedrigschwellige Unterstützungs- und Präventionsangebote.”
Die Mental Health Coaches sind bisher ab der 5. Klasse an rund 80 Standorten in etwa 125 allgemein- und berufsbildenden Schulen im Einsatz. Sie bieten den Schülern in der Gruppe etwa die Möglichkeit, sich über psychische Gesundheit zu informieren und Erfahrungen auszutauschen. Nach eigenen Angaben wurden mit über 1.500 Gruppenangeboten bereits rund 60.000 Schüler erreicht. Die Jugendmigrationsdienste und die Träger der Jugendsozialarbeit setzen das Präventionsprogramm um. Anna Parrisius
Nach dem Amoklauf an einem kommunalen Bildungszentrum im schwedischen Örebro will die schwedische Regierung die Sicherheit an Schulen zum Teil drastisch verschärfen. Ein entsprechender Gesetzesvorschlag, den ein Expertengremium bereits im März 2024 vorgelegt hat, soll nun in einem beschleunigten Verfahren bis Mitte des Jahres in Kraft treten. In der Massenschießerei am 4. Februar kamen elf Menschen ums Leben, darunter der Täter. Dieser hatte zu einem früheren Zeitpunkt Kurse an der Schule besucht.
Das schlägt die Kommission zur Sicherheit an Schulen vor:
Bereits im Jahr 2018 hat in Schweden das Zentrum gegen gewalttätigen Extremismus (CVE) seine Arbeit aufgenommen, das maßgeblich an den Vorschlägen beteiligt war. Auch wenn der Angriff auf die Schule in Örebro nach bisherigem Ermittlungsstand nicht als Terrorakt gewertet wird, soll die Informations- und Beratungsstelle Schulen künftig enger bei der Prävention von Gewalttaten unterstützen.
Die Forderung der schwedischen Schulministerin Lotta Engholm, Schulen künftig während des Unterrichts abzuschließen, halten die Sicherheitsexperten dagegen allein nicht für ausreichend, da Anschläge an Schulen oft von Insidern verübt werden. Kirstin von Elm
Die Initiative D21 fordert eine digitale Kompetenzoffensive in Deutschland. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und die Kultusministerkonferenz sollen – als Teil der gesamtgesellschaftlichen Offensive – “den Fokus auf die Stärkung digitaler Fähigkeiten in Schule, Ausbildung und Hochschule” legen, heißt es in dem Papier. Es wird am kommenden Dienstag veröffentlicht. Weitere Schwerpunkte sollen darauf liegen, Lehrkräfte zu qualifizieren, Bildungseinrichtungen auszustatten und innovative Lehrmethoden zu entwickeln.
Das aktuelle digitalpolitische Papier, das ab Dienstag hier abrufbar ist, umfasst drei Forderungen:
“Der Digitalpakt II ist eine reine Insellösung zwischen Bund, also BMBF, und Ländern mit Fokus auf die schulische Bildung”, sagte Stefanie Kaste, stellvertretende Geschäftsführerin der Initiative D21. Die Nationale Digitale Kompetenzoffensive verfolge einen deutlich breiteren Ansatz für alle Altersgruppen. Wesentlich sei, dass verschiedene Ministerien – BMBF, BMAS, BMFSFJ -, das Kanzleramt und die Länder zusammenarbeiten und sich gemeinsame, messbare Ziele setzen.
Als Blaupause für Deutschland könne laut D21 der Nationale Referenzrahmen für Digitale Kompetenzen in Österreich dienen. Speziell auf den Schulalltag bezogen, regt die Initiative unter anderem an, Lehrpläne an den definierten Kompetenzfeldern auszurichten und Medienkompetenz oder Datensicherheit in alle Fächer zu integrieren. Zudem könnten Schulen Informationsabende oder Workshops für Eltern anbieten, um sie mit den digitalen Bildungszielen ihrer Kinder vertraut zu machen und sie in ihrer eigenen Medienkompetenz zu stärken.
Die Initiative D21 ist ein branchen- und parteiübergreifendes Netzwerk mit rund 140 Mitgliedsunternehmen und -organisationen. Laut eigener Darstellung ist sie “Deutschlands größtes gemeinnütziges Netzwerk für die Digitale Gesellschaft”. hsc
Der Städtetag Baden-Württemberg fordert vom Land eine finanzielle Beteiligung am Ausbau des Ganztags – sowohl an den laufenden Kosten als auch an den Kosten für die Qualifizierung des Betreuungspersonals. “Nur mit einer angemessenen und verlässlichen Mitfinanzierung durch das Land kann der Rechtsanspruch umgesetzt werden”, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung mit 24 Partnerorganisationen, die an diesem Freitag aus Anlass des Ganztagsbetreuungskongresses des Städtetags veröffentlicht wird. Die Erklärung liegt Table.Briefings vor.
Die Kommunen stünden vor einer “Mammutaufgabe”, heißt es in der Erklärung. Eine Unterstützung des Landes sei daher dringend erforderlich, um eine qualitativ hochwertige Betreuung zu gewährleisten und den Rechtsanspruch zu erfüllen – auch weil eine kostendeckende Finanzierung selbst dann nicht möglich sei, wenn von den Eltern Gebühren erhoben werden. Die Partnerorganisationen, die sich der Erklärung angeschlossen haben, fordern zudem eine angemessene Honorierung für ihre Arbeit im Rahmen des Ganztags.
Auf dem Ganztagskongress, der im Rahmen der Didacta stattfindet, werden unter anderem der baden-württembergische Städtetagspräsident Frank Mentrup und die baden-württembergische Bildungsministerin Theresa Schopper (Grüne) erwartet. Ab dem Schuljahr 2026/27 haben die ersten Grundschulkinder einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung. Dieser umfasst acht Stunden an Werktagen und gilt an 48 Wochen im Jahr. Im Endausbau betrifft dies 454.000 Kinder in Baden-Württemberg. Eltern können selbst entscheiden, in welchem Umfang sie das Angebot nutzen. Das Kongress-Programm und ab Mittag die Erklärung finden Sie hier. Alexia Lautenschläger
Die Zahl der abgeschlossenen Ausbildungsverträge ist im Jahr 2024 weiter gesunken. Laut der neuen “Ausbildungsbilanz 2024” der IG Metall unterschrieben über alle untersuchten Branchen hinweg 2.500 junge Menschen weniger einen Vertrag als im Vorjahr. Erstmals seit Jahren gab es zudem wieder mehr unversorgte Jugendliche als offene Ausbildungsstellen. Ein Hinweis darauf, dass zu wenig qualifizierte Bewerber auf dem Markt sind.
Besonders betroffen sind Berufe aus dem Zuständigkeitsbereich der IG Metall. Hier wurden 3.600 weniger neue Ausbildungsverträge abgeschlossen. Im Vergleich zu 2019 sind es insgesamt 10.000 weniger. Die IT-Berufe verzeichneten einen Rückgang von 1.600 Verträgen, in den kaufmännischen Berufen und der Logistik waren es 2.500 weniger. Metall-, Elektro- und Konstruktionsberufe stagnierten, während es im Handwerk mit 612 neuen Verträgen einen leichten Anstieg gab.
IG Metall-Vorstandsmitglied Hans-Jürgen Urban sagt dazu: “Wir erleben einen gefährlichen Mix aus blockierter Industriepolitik und fehlender strategischer Weitsicht in den Unternehmen.” Der Ausbildungsmarkt verharre auf niedrigem Niveau. Wenn Unternehmen weniger junge Menschen oder gar niemanden ausbilden, sei das “wirtschaftlicher Suizid”.
Nach Angaben der IG Metall bilden nur noch 19 Prozent der Betriebe Nachwuchs aus. In den ausbildenden Unternehmen kommen aktuell auf 100 Beschäftigte lediglich gut vier Auszubildende. 2019 waren es noch fünf. Urban fordert eine aktive Produkt- und Personalstrategie der Unternehmen und eine stärkere Unterstützung durch die Politik. Die IG Metall setzt sich für einen garantierten Zugang zu einer vollqualifizierenden Erstausbildung für alle Jugendlichen ein. Thorsten Denkler
Research.Table. Ina Czyborra: “Wenn ich wirklich allein auf weiter Flur wäre, dann hätten wir schon verloren.” Berlins Hochschulen drohen massive Kürzungen. Sie erwägen deswegen juristische Schritte gegen den Berliner Senat. Wissenschaftssenatorin Ina Czyborra verweist auf Rücklagen – und warnt vor noch größeren Schäden. Mehr lesen Sie hier.
Research.Table. AI Action Summit: EU finanziert KI-Gigafactories. Die Ergebnisse des zweitägigen Gipfels in Paris lassen auf einen Aufschwung der europäischen KI-Szene hoffen. Was sie für Forschung und Entwicklung bedeuten. Mehr lesen Sie hier.
China.Table. KI: Wie die USA Chinas Fortschritt bremsen wollen – mit Folgen für andere Länder. KI-Exportquoten spalten die Welt in die Guten, die Bösen und diejenigen, die sich für eine Seite entscheiden müssen. Die Vereinigten Staaten versuchen, die Technologie zu regulieren, solange sie es noch können – auch wenn die KI des chinesischen Unternehmens DeepSeek weniger Rechenleistung benötigt, sind sie immer noch auf US-Chips angewiesen. Mehr lesen Sie hier.
FAZ: Integration dank besserer Bildung. Bildungsminister Cem Özdemir (Grüne) will Kinder mit Migrationshintergrund und etwaigen Sprachdefiziten gezielter fördern. Die Potenziale der Mehrsprachigkeit seien bisher noch nicht ausgeschöpft – zeitgleich müsse die Schule auch Werte vermitteln, die Kinder aus einzelnen Milieus sonst nicht erlernen würden. Özdemir betont, dass ein gutes Bildungssystem ausländische Fachkräfte überzeugen könnte, nach Deutschland zu kommen. (“Bildung ist noch immer zu oft Glückssache”)
Zeit: Chancen für eine bessere Kita. Jeanett Tschiersky aus dem Bundesvorstand des Deutschen Kitaverbands sieht im Geburtenrückgang eine Chance für bessere Kitas. In vielen ostdeutschen Regionen gibt es mehr Plätze als Kita-Kinder. Eltern können sich erstmals das Betreuungsangebot aussuchen. Von einer solchen Verbesserung des Personalschlüssels könnten insbesondere Kinder mit Sprachförderbedarf profitieren. Der Rückgang der Kinderzahlen sei daher kein Anlass für Kürzungen. (Jetzt nicht sparen in der Kita!)
dpa: Lehrermangel in Hessen spitzt sich zu. Die GEW rechnet damit, dass in Hessen in den nächsten zwei Jahren 10.000 Lehrkräfte fehlen werden. Die Zahl der aus dem Schuldienst ausscheidenden Lehrkräfte könne nicht über Neuanstellungen ausgeglichen werden. Schon jetzt unterrichten vielfach Personen ohne Lehramtsstudium. Im Schuljahr 2023/24 waren es bereits fast 8.800 Personen. (Gewerkschaft: Bald 10.000 ausgebildete Lehrer zu wenig)
Taz: Jugendarrest gegen Schulabsentismus. Kein Bundesland erfasst vollständig, wie viele Schüler dem Unterricht längerfristig fernbleiben. Doch ohne diese Zahlen lassen sich Präventionsmaßnahmen nicht ausreichend evaluieren. Niedersachsen setzt zum Teil auf Jugendarrest gegen Schulabsentismus. Etwa 400 Jugendliche sind jährlich davon betroffen. Kein anderes Bundesland nutzt diese Maßnahme ähnlich häufig. Es ist unklar, inwieweit der Arrest sich positiv auf die Schulpräsenz auswirkt. (Niedersachsen bleibt Wegsperrmeister)