SPD und BSW haben in Brandenburg eine Woche länger gebraucht als die kommende Brombeer-Koalition in Thüringen, um ihren Koalitionsvertrag vorzustellen. Dafür ist in Brandenburg schon jetzt klar, dass die SPD das Bildungsministerium behält.
Es gibt noch andere Punkte, in denen sich die SPD gegen das BSW durchgesetzt hat: Beispielsweise wird es kein Rundumverbot für digitale Endgeräte in Grundschulen geben. Außerdem darf die Bundeswehr weiter Schulen besuchen. Lesen Sie in unserer Analyse, was SPD und BSW in den kommenden fünf Jahren für die Brandenburger Bildung planen.
Wenn der Verlust einer Zahnspange dazu führt, dass Kita-Kinder ein Krisenteam zusammenstellen, dann befinden wir uns in Rötha nahe Leipzig. Dort steht die Kita “Regenbogenland”. Seit gestern ist das nicht mehr irgendeine Kita in Deutschland. Sondern die Gewinnerin des Preises “Kita des Jahres”. Den Preis vergeben das Bundesfamilienministerium und die Deutsche Kinder- und Jugendstiftung.
Wir wussten schon etwas vorher, wer den Preis bekommen würde. Und haben unsere Kollegin Hannah Jäger – natürlich ohne etwas zu verraten – in die jetzt preisgekrönte Kita geschickt. Lesen Sie in unserem zweiten großen Text, was sie dort erlebt hat.
Und weil wir gerade beim Kita-Preis waren, haben wir Familienministerin Lisa Paus gebeten, zu uns ins Podcast-Studio zu kommen. Sie hat sich dort mit meiner Kollegin Vera Kraft darüber ausgetauscht, warum sie für den Preis nicht die perfekte Kita sucht, sondern eine, von der andere viel lernen können. Hören Sie hier rein oder lesen sie weiter unten eine Zusammenfassung des Gesprächs.
Bleiben Sie uns gewogen.
In Brandenburg haben sich SPD und BSW auf einen Koalitionsvertrag geeinigt (zum Download). Bei der Vorstellung nannte Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) eine bessere Bildungsqualität an Schulen als eine von drei zentralen Neuerungen.
Seine Partei wird das Bildungsministerium für sich beanspruchen – was lange auf der Kippe stand. Am Ende setzte die SPD sich durch. Noch nicht festgezurrt ist, ob Steffen Freiberg weiter Minister bleiben kann. Aber wie zu hören ist, soll die Frage bis zum Landesparteitag kommende Woche Freitag entschieden sein. Freiberg werden beste Chancen eingeräumt, sein Amt zu behalten.
Im 67-seitigen Koalitionsvertrag sind sechs Seiten der Bildung gewidmet – mehr als jedem anderen Thema. Dennoch gibt es Leerstellen. Und auch Kritik. Gordon Hoffmann, bildungspolitischer Sprecher der CDU, hält die Vorhaben für “überraschend unüberraschend”. Ein Blick in die Details:
Lesen Sie auch: Thüringen: Welche Bildungsversprechen die Brombeer-Koalition macht
Sprachförderung: Künftig sollen bereits im vorletzten Kita-Jahr alle Kinder zur Sprachstand-Erhebung. Bislang müssen Kitas ihn bis zum Herbst im Kita-Jahr vor dem Schulbeginn erheben. Ziel sei es, früher mit der Sprachförderung beginnen zu können, erklärte SPD-Bildungspolitikerin Katja Poschmann.
Auch in der Grundschule wollen SPD und BSW die Sprachförderung verstärken. In der ersten Klasse soll die Sprachentwicklung nochmals überprüft werden und es sollen neue Möglichkeiten der Sprachförderung geschaffen werden. In Klasse eins und zwei wollen die Koalitionspartner verstärkt die Horte zur Sprachförderung für Kinder mit Förderbedarf nutzen. Dafür soll es mehr Personal geben.
Der Brandenburgische Pädagogenverband (BPV) begrüßt die Pläne. Fürchtet aber, dass der Personalmangel die Umsetzung erschweren wird. Damit Grundschullehrer für die Sprachstanderhebung Zeit haben und sich fortbilden können, brauche es zusätzliche Anrechnungsstunden.
Verbot privater Endgeräte: In der Frage der Nutzung von Smartphones und Tablets während der Schulzeit konnte sich das BSW mit seinen Forderungen nicht durchsetzen. Im Wahlprogramm hieß es noch, das BSW fordere “bis mindestens zur 4. Klasse eine Schulzeit ohne Smartphones und Tablets”.
Das war mit der SPD nicht zu machen. Es wird aber ein Nutzungsverbot für private Endgeräte geben. Im Koalitionsvertrag heißt es jetzt: “Private digitale Endgeräte der Schülerinnen und Schüler sind während des Unterrichts in den Taschen oder Schließfächern zu verstauen.” Was allerdings in den meisten Klassen ohnehin die Regel sein dürfte.
Digitale Medien: Als Lernmittel sollen digitale Geräte zwar eingesetzt werden können. Allerdings schreiben die Koalitionäre, in den Klassen 1 bis 4 solle die “Arbeit mit analogen Medien Vorrang” haben. Sie wollen die Schreib- und Lesepraxis in allen Unterrichtsfächern erhöhen und so “feinmotorische Fähigkeiten in einer immer stärker digitalisierten Welt” gleichermaßen fördern.
SPD und BSW wollen die Vorteile digitaler Lernanwendungen und adaptiver Lernsystemen für den individuellen Lernprozess dennoch nutzen. Sie seien “insbesondere für lernschwächere Schülerinnen und Schüler eine echte Chance”. Für die Auswahl digitaler Lernsysteme wollen SPD und BSW Empfehlungen erarbeiten. Die Schul-Cloud Brandenburg will die neue Koalition ausbauen. Und: Jeder Schüler soll eine Landeslizenz zum eigenständigen Erlernen einer beliebigen Sprache erhalten. SPD-Politikerin Poschmann zufolge könnte das etwa Deutsch sein “für Kinder mit einer anderen Muttersprache oder eine private Ergänzung zum Französischunterricht”.
Rechenband: Neben Schreiben und Lesen legt die neue Regierungskoalition einen Schwerpunkt auf Rechnen. Hier wartet Brandenburg auch mit einem neuen Ansatz auf: “Begleitend zum Leseband führen wir auch ein Rechenband verbindlich an allen Grundschulen ein”, heißt es.
Arbeitsaufwand für Lehrkräfte: Die Koalition will “alle Prüf- und Diagnostikverfahren und Berichtspflichten auf ihren Arbeitsaufwand für Lehrkräfte und den weiteren Bildungserfolg für Schülerinnen und Schüler überprüfen.” Wolfram Meyerhöfer, bildungspolitischer Sprecher des BSW, sieht dies als wichtigen Schritt der Entbürokratisierung. Einige Vergleichsarbeiten und Tests von Lernausgangslagen sollten freiwillig sein. “Für die Qualitätssicherung benötigt man landesweite Prüfungsformate lediglich in den Klassen 5, 10 und 12/13.”
Lehrkräftemangel: Um mehr Lehrkräfte zu gewinnen, will die neue Landesregierung mehr ältere Lehrkräfte im Dienst halten und die Qualifizierung von Quer- und Seiteneinsteigern intensivieren. Für Seiteneinsteiger sollen “unnötige Hürden abgebaut” werden, worunter SPD und BSW das Studium eines Zweitfachs fassen. Der Brandenburgische Pädagogenverband sieht das kritisch. Diese Lehrkräfte hätten in den anderen Ländern so keinen anerkannten Abschluss und könnten nicht verbeamtet werden.
SPD und BSW wollen darüber hinaus dafür sorgen, dass Schulen künftig “direkt und unmittelbar” selbst Lehrkräfte und multiprofessionelle Teams einstellen können. BPV-Präsident Hartmut Stäker fürchtet, dass es so “keinen Ausgleich mehr zwischen gut ausgestatteten Schulen und schlecht ausgestatteten Schulen” gebe. Er will lieber dabei bleiben, dass die Schulleitung lediglich ein Vorschlagsrecht bei den Bewerbern hat.
Schulsozialarbeit und -budget: An zwei Punkten scheinen SPD und BSW sich am Startchancen-Programm zu orientieren. Künftig soll es etwa an jeder Schule mit “entsprechendem Bedarf” eine Stelle für Schulsozialarbeit geben.
Das Schulbudget, das Schulen unbürokratisch und eigenverantwortlich nutzen können, soll zudem ausgeweitet und die Mittel nach einem Sozialindex vergeben werden. Die genaue Ausgestaltung ist aber noch offen, sagt BSW-Bildungspolitiker Meyerhöfer. Generell seien viele Vorhaben noch nicht “allzu fixiert”. Dem BSW sei es “als sehr junger Partei wichtig”, dass der Koalitionsvertrag an vielen Stellen noch Spielraum für Verhandlungen lasse.
Berufsorientierung: SPD und BSW kündigen eine Praktikumsplattform an. Und wollen die berufliche Orientierung stärken. Wie, das bleibt vage. Was die Nachwuchswerbung der Bundeswehr angeht, sollen die Schulen selbst entscheiden, ob sie die Bundeswehr ins Haus lassen. Info-Veranstaltungen könnten dann “in der Unterrichtszeit, aber nicht im Unterricht stattfinden.” Da hat sich die SPD durchgesetzt. Im BSW-Wahlprogramm hieß es noch: “Die Bundeswehr darf an Schulen keine Präsenz zeigen.”
Berufliche Bildung: Wenig findet sich im Vertrag zu Ausbildungsfragen. “Die berufliche Bildung erhält definitiv nicht den Stellenwert, der ihr gebührt”, sagt Michael Seifert, Vorsitzender des Brandenburgischen Lehrerverbands beruflicher Schulen. SPD und BSW wollen “individuelle Mobilitätsangebote in Regionen erproben, in denen die Erreichbarkeit von Betrieben, Berufsschulen und Weiterbildungsstätten mittels ÖPNV nicht gewährleistet ist”. Das begrüßt Seifert. Allerdings fürchtet er, dass mehr Mobilitätsangebote eine Vorstufe dafür sein könnten, künftig einzelne der aktuell 25 Oberstufenzentren zu schließen. (mit Vera Kraft)
Das Bundesfamilienministerium und die Deutschen Kinder- und Jugendstiftung haben am Donnerstag das Regenbogenland in Rötha als “Kita des Jahres” ausgezeichnet. Mit dem Preis wird jährlich eine Kita prämiert, die sich qualitativ kontinuierlich weiterentwickelt und die in den Kategorien Lernbereitschaft, Kindorientierung, Partizipation und Sozialraumorientierung hervorsticht. Der zweite Hautpreis für das “Lokale Bündnis für frühe Bildung des Jahres” ging an das Bündnis Dortmunder Nordstadt.
Die Erstplatzierten in den beiden Kategorien erhalten jeweils 25.000 Euro. Je 15.000 Euro gehen an die Zweitplatzierten und je 10.000 Euro an die Drittplatzierten pro Kategorie. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) verlieh erstmals einen Zusatzpreis für attraktive Arbeitsbedingungen.
Die diesjährige Kita des Jahres betreut derzeit mit 26 Fachkräften 120 Kinder, darunter acht Kinder mit erhöhtem Förderbedarf. Die Kinder besuchen vom ersten Lebensjahr bis zur Einschulung das Regenbogenland, bestehend aus Krippe und Kindertagesstätte. Träger der Einrichtung ist die Stadtverwaltung Rötha.
Für das zweiköpfige Leitungsteam, bestehend aus Josephine Panzer und Sandra Zimmerling, steht das Interesse des Kindes im Vordergrund. Die Kinder dürfen sich frei durch das zweigeschossige Haus bewegen und sich ausprobieren. Die meiste Zeit steht es ihnen frei zu entscheiden, ob sie sich beispielsweise im Sportraum an der Kletterwand austoben, an der Werkbank schreinern, ein Fahrrad auseinanderbauen oder Blaubeermuffins backen.
Mehrfach wurde die Kita bereits für ihr MINT-Profil ausgezeichnet. Die Kita-Leitung versucht, Schulfähigkeiten spielerisch einzubauen, und setzt auf die Eigenmotivation der Kinder. “Mathe lässt sich auch im Wald üben”, sagt Panzer. Und Schneiden lernen mache mehr Spaß, wenn es darum gehe, eine Eintrittskarte fürs Kinderkino zu basteln.
In der Kita in Rötha gilt das Motto: Bindung vor Bildung. Mit einem im Bundesvergleich überdurchschnittlichen Betreuungsschlüssel können die Pädagogen emotionale Nähe zu den Kindern aufbauen. “Tränen trocknen ist uns wichtiger als schnell in den Tag zu starten”, sagt Panzer. “Wir fangen erst an mit den Aktivitäten, wenn alle sich wohlfühlen.”
2017 fingen die neuen Leiterinnen an, die Kita grundlegend umzugestalten. Vier Jahre dauerte der Prozess. Seitdem gehören die Aufteilung in Gruppen, ein verpflichtender Morgenkreis und feste Schlafzeiten der Vergangenheit an.
Die Eltern und Kinder wurden und werden in alle Entwicklungen einbezogen. Die Fachkräfte haben gemeinsam mit Eltern und dem Stadtrat ein Positionspapier für eine enge Erziehungspartnerschaft entwickelt. Eltern, die die Kita kennenlernen möchten, können eine Hospitation machen. Kommunikation zwischen Fachkräften und Eltern findet über eine Kita-App statt. Hier lassen sich, auch mithilfe von Fotos, Zwischenstände und Hinweise zu den Kindern festhalten.
Ein weiterer Fokus liegt auf Kinderrechten. Am Eingang der Kita hängt die Sorgenfressermaus, in die die Kinder Zettel werfen können. Egal ob Beschwerde, Lob oder Vorschläge – alle bemalten oder geschriebenen Zettel werden gesammelt und in den regelmäßig stattfindenden Kinderkonferenzen besprochen und gemeinsam umgesetzt. Gibt es Probleme, eine verlorene Zahnspange etwa, können die Kinder Kinderkrisenteams zusammenstellen und über Lösungen mitentscheiden.
“Damit die bedürfnisorientierte Kita funktioniert, müssen alle Zahnräder perfekt ineinandergreifen und die Zuständigkeiten im Team klar verteilt sein”, sagt Panzer. Das Team ist breit aufgestellt: Es gibt Logopäden, Heil- und Waldpädagogen. Dienstpläne werden nach dem Biorhythmus der Fachkräfte erstellt und Funktionsräume nach den Interessen der Erzieher besetzt.
Qualitätsmanagement mit standardisierten Beobachtungsverfahren und feste Strukturen für die Erzieher spielen eine große Rolle. Jeden Freitag treffen sich alle Pädagogen, um sich in Gruppen über jedes Kind und dessen Entwicklungsstand auszutauschen. Einmal im Monat geben sie ihr in Weiterbildungen erworbenes Wissen an das Team weiter. Mindestens alle vier Monate setzen sich alle zusammen und sprechen über den Förderplan der Integrationskinder.
Für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf finden Therapieangebote wie Logopädie oder Ergotherapie in den Kita-Räumen statt. Zudem werden die Etappen von Krippe bis zur Grundschule mitgedacht. Ein Kooperationsvertrag mit der Grundschule ermöglicht es, die Kita-Kinder an die Schule heranzuführen. Ein Jahr lang dürfen sie immer wieder zum Schnupperbesuch kommen und künftige Lehrkräfte kennenlernen. Im Vordergrund steht auch hier wieder das Wohlbefinden des Kindes: Es geht weniger um die Schulfähigkeit, sondern mehr um die Schulbereitschaft der Kinder. Hannah Jäger
In der Kategorie “Kita des Jahres” geht der zweite Platz an die Kita am Sommerbad in Greiz, Thüringen. Den dritten Platz belegt die Kita Regenbogen in Ortrand, Brandenburg.
In der Kategorie “Lokales Bündnis für frühe Bildung des Jahres” gibt es folgende Gewinner:
Das erstplatzierte Bündnis Dortmunder Nordstadt setzt sich aus drei Familienzentren zusammen, die regelmäßig mit dem Künstlerkollektiv “Kunstreich im Pott” zusammenarbeiten. Die Filmemacherin Ulrike Korbach hat bereits einige Filmprojekte in den Kitas betreut. Sie sagt: Außenstehende wie sie könnten den Kindern helfen, sich neu zu erfinden, sich auszuprobieren, selbst Geschichten auszudenken und gestalterisch umzusetzen. Auch ernste Themen können über die Filmprojekte zusammen mit Pädagogen kindgerecht behandelt werden. So fanden in dem Bündnis bereits Projekte zur Missbrauchsprävention statt.
“Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels sind solche Projekte nicht selbstverständlich”, sagt Korbach zu Table.Briefings. Sie bringen zwar großen Mehrwert, oft aber auch erst einmal mehr Arbeit. Es brauche Zeit, bis sich Kita und Künstler kennengelernt haben. Am Anfang gebe es oft noch Unverständnis für die jeweiligen Strukturen und Herangehensweisen. “Der Kita muss bewusst sein, dass sie sich auf ein Abenteuer einlässt”, sagt Korbach. Vera Kraft
In der vom DGB geförderten Kategorie “Attraktivität der Arbeit” wurden je eine Kita und ein lokales Bündnis mit 2.000 Euro prämiert.
Anlässlich der Verleihung des Kita-Preises machte Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) klar, weiter an dem Ziel von bundesweit einheitlichen Qualitätsstandards für alle Kitas festhalten zu wollen. Im Rahmen des Kita-Qualitätsgesetzes gibt der Bund den Ländern und Kommunen vier Milliarden Euro. Dieses Geld solle in die Umsetzung von Qualitätsstandards fließen.
Im Interview mit Table.Briefings verteidigte Paus das Gesetz, das keine verpflichtenden Standards vorsieht. “Wir haben sehr wohl festgelegt, dass das Geld, das vom Bund kommt, nur in den sieben Themenfeldern eingesetzt werden kann.” Zwei der Schwerpunkte sind für die Länder verpflichtend: die “Gewinnung von Fachkräften” und die “sprachliche Bildung”.
Den Kita-Preis sieht Paus als Chance, die Kita-Qualität zu verbessern. “Wir suchen nicht die perfekte Kita.” Viel mehr gehe es um Kitas, die sich engagieren und stetig verbessern. Der Preis fördere Innovationen, die sich bundesweit positiv auf die Kita-Landschaft auswirken könnten.
Paus betonte die Bedeutung der Kitas als “zentrale Bildungseinrichtungen”: “Es geht darum, dass jedes Kind von Anfang an die Chancengerechtigkeit erhält, die es benötigt.” Deutschland habe in der Kita-Entwicklung Fortschritte gemacht, etwa mit einem deutlichen Zuwachs an Beschäftigten. Doch gäbe es noch Qualitätsunterschiede zwischen und innerhalb der Bundesländer.
Den FDP-Vorschlag, Familien- und Bildungsministerium zusammenzulegen, sieht die Ministerin kritisch: “Kitas sind keine kleinen Schulen. Sie fördern Kinder mit allen Sinnen und stärken soziale Kompetenzen. Diese frühkindliche Bildungsarbeit hat einen eigenständigen Stellenwert.” Eine stärkere Verzahnung würde Paus aber dennoch begrüßen: Beide Kompetenzen müssten zusammenkommen. In welcher Konstellation das geschehe, “das mögen Menschen dann in der nächsten Koalition miteinander verhandeln.” Vera Kraft
Richtig gemacht kann der Einsatz digitaler Technologien ein “Gamechanger” im Schulunterricht sein. Das ist das Ergebnis einer explorativen Pilotstudie der OECD und Vodafone Stiftung, die Table.Briefings exklusiv vorliegt. Untersucht wurde, ob es das Lernen behindert oder unterstützt, wenn Schüler regelmäßig Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) verwenden.
Die Ergebnisse zeigen: Nutzen Schüler digitale Werkzeuge etwa in Kernfächern wie Mathematik, Naturwissenschaften oder Sprachen, dann schneiden sie besser ab, wenn es darum geht, Probleme mithilfe digitaler Instrumente zu lösen. Besonders ausgeprägt sind diese Effekte im Bereich Computational Thinking und selbstreguliertes Lernen. Dieser auf den ersten Blick wenig überraschende Effekt zeige aber, dass “digitale Technologien strategisch in den Schulalltag integriert werden müssen, um ihr volles Potenzial zu entfalten”, sagt Matthias Graf von Kielmansegg, Geschäftsführer der Vodafone Stiftung.
Die Studie basieren auf den Testläufen zu neuen Modulen für PISA 2025. An dieser Initiative beteiligten sich von November bis Dezember 2022 rund 730 Schüler in Deutschland. Schüler, die regelmäßig digitale Technologien im Unterricht nutzten, erzielten der Studie zufolge bis zu 15 Prozent höhere Punktzahlen im PISA-Testmodul “Lernen in der digitalen Welt”.
Digitale Hilfsmittel seien ein Wissensbeschleuniger, sagt Andreas Schleicher, OECD-Direktor für Bildung und Kompetenzen. Wenn digitale Technologien richtig eingesetzt werden, könnten sie das individuelle Lernen fördern und es attraktiver und ansprechender gestalten. Sie könnten aber auch das Gegenteil bewirken, sagt Schleicher. “Laut unserer aktuellen PISA-Studie sind fast ein Drittel aller Schülerinnen und Schüler in deutschen Klassenzimmern durch digitale Medien abgelenkt.”
Trotzdem sehen auch die Schülerinnen und Schüler selbst großes Potenzial in den digitalen Technologien: 70 Prozent der befragten Schüler empfinden digitale Technologien als hilfreich, um das Lernen zu erleichtern. Ähnlich viele Schüler gaben an, mit digitalen Technologien sei es leichter, komplexe Inhalte zu verstehen.
Durchgeführt wurde die Pilotstudie vom Leibniz-Institut für Bildungsforschung und Bildungsinformation (DIPF) in Zusammenarbeit mit der OECD und mit Unterstützung der Vodafone Stiftung und der Bertelsmann Stiftung. Am Montag von 15.30 bis 16.30 Uhr findet ein Webinar zu der Studie mit Andreas Schleicher statt. Vera Kraft
Der Stifterverband hat seinen Lehrkräftetrichter um eine Länderausgabe erweitert. Das gab er am Donnerstag bekannt. Demnach sei der Schwund an angehenden Lehrkräften vom Beginn des Studiums bis zur Einstellung im Osten höher, als im Westen.
Als Ausreißer wird Berlin beschrieben. Die Schwundquote liege hier bei 64 Prozent. Zwei von drei Studierenden brechen das Lehramtsstudium demnach ab oder wechseln in ein anderes Bundesland. In Nordrhein-Westfalen gilt das für jeden Zweiten. Sieben Bundesländer verlieren mehr als jeden fünften Studierenden zwischen Mitte und Ende des Studiums. Sachsen-Anhalt verliert ein Drittel aller Lehramtsstudenten.
Während der Studierendenschwund im Lehramtsstudium größtenteils mit einem Abbruch des Studiums einhergeht, ist er im Referendariat vor allem auf einen Wechsel in ein anderes Bundesland zurückzuführen. In Berlin, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Hamburg liegt hier die Quote mit mehr als 20 Prozent besonders hoch. Bundesweit brechen fünf Prozent der angehenden Lehrkräfte ihr Referendariat ganz ab.
Im Schnitt schreiben sich nach den Daten des Lehrkräftetrichters jedes Jahr bundesweit 47.400 Personen für ein Lehramtsstudium ein. Nur 28.000 absolvieren davon das Referendariat. 41 Prozent der Studierenden entscheiden sich im Verlauf ihres Studiums für eine andere Karriere. Thorsten Denkler
Trotz massiver Kritik von Opposition und Zivilgesellschaft hält der Berliner Senat an seinen Sparplänen fest, die auch die Bildung stark betreffen. Diese Woche hat die Regierungskoalition aus CDU und SPD den Entwurf für den Nachtragshaushalt 2025 verabschiedet. Demnach sollen in der Hauptstadt im kommenden Jahr drei Milliarden Euro gespart werden. Voraussichtlich am 19. Dezember stimmt das Abgeordnetenhaus über die Spar-Vorschläge ab. Kommt es, wie der Senat will, müsste die Bildungsverwaltung 2025 mit 370 Millionen Euro weniger auskommen. Das entspricht 5,7 Prozent des Etats.
Besonders groß fällt der Streichposten für den Kita-Ausbau aus. Dort sollen 14 Millionen Euro weniger ausgegeben werden. Der Senat begründet das mit einem gesunkenen Bedarf an neuen Kita-Plätzen. Die Zuschüsse nach dem Qualitätsentwicklungsgesetz Kindertagesbetreuung werden zudem um knapp fünf Millionen Euro gekürzt. Weiter verzichtet die Koalition auf den Bau von zwei Grundschulen und gibt so knapp 96 Millionen Euro weniger aus. Auch kürzt der Senat an der schulbezogenen Jugendsozialarbeit (minus 5,5 Millionen Euro) und den Zuschüssen für freie Jugendarbeit (minus sieben Millionen Euro) sowie für freie Jugendhilfe (knapp drei Millionen Euro Minus).
Auch an Programmen für mehr Bildungsgerechtigkeit wird gespart: “Bonus” und “Berlin Challenge”, über die Schulen in sozial herausfordernder Lage Unterstützung bekommen, müssen mit zwei beziehungsweise drei Millionen Euro weniger auskommen. Zudem streicht der Senat die so genannte Brennpunktzulage für Lehrkräfte mit sozial benachteiligter Schülern in Höhe von 300 Euro pro Monat. Einsparung: 3,2 Millionen Euro. Die Hauptstadtschulen müssen zudem auf 2,5 Millionen Euro “für besondere Unterstützungsmaßnahmen” verzichten.
Die Streichliste für die Bildungsverwaltung umfasst weitere Posten. Hier eine Auswahl:
Zu weiteren Kürzungen, die CDU konnte sich etwa das Ende der gebührenfreien Kitas oder des kostenlosen Schulessens vorstellen, war die SPD nicht bereit.
Die Kritik ist breit. Gewerkschaften, Linke, Grüne und diverse Bildungsverbände haben bereits ihren Unmut geäußert. Philipp Dehne, Sprecher von “Schule muss anders” aus Berlin und Mit-Initiator des bundesweiten Bündnis “Bildungswende JETZT!”, bezeichnet die Spar-Vorschläge gegenüber Table.Briefings als “zutiefst unsozial”.
Dass unter anderem die schulbezogene Sozialarbeit, das Bonusprogramm oder auch die Inklusion gekürzt wird, zeige, dass die Berliner Regierung einen völlig verengten Bildungsbegriff habe. “Anstatt allen Kindern und Jugendlichen in Berlin ein gutes Aufwachsen zu ermöglichen, kürzt man besonders bei denen, die die meiste Unterstützung bräuchten”, sagt Dehne. Wer den Kampf für Bildungsgerechtigkeit ernst meint, müsse investieren und nicht sparen. Ralf Pauli
In den kommenden drei Jahren sollen 16 Schulen in Bayern im Schulversuch “proof – Prozessorganisation und Feedback” den Einsatz von Künstlicher Intelligenz zur individuellen Förderung von Schülern testen. Zudem sollen Lehrkräfte die KI zur Korrektur von Prüfungen nutzen. Am Ende des Versuches könnten neue Prüfungsformate stehen.
In einer Bekanntmachung definiert das Kultusministerium folgende Ziele:
Simone Fleischmann, Präsidentin des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbands (BLLV), erhofft sich von dem Versuch “innovative, zukunftsweisende Entwicklungen”. Neue Technologien könnten ein neues Verständnis von Lernen bringen. Zudem bieten sie die Möglichkeit, die Feedbackkultur zu ändern.
Helmut Klemm, Leiter der Eichendorffschule in Erlangen, sieht für gehaltvolleres Feedback an die Schülerinnen und Schülern die größte Chance in dem Versuch. Seine Schule hat 2023 den Schulpreis gewonnen und nimmt jetzt an dem Schulversuch teil. Er sagt, eine von KI überarbeitete Korrektur könne schneller und substanzieller sein als die klassische Korrektur mit Rotstift. Das motiviere Schüler weiterzuarbeiten und entlaste Lehrer.
Kultusministerin Anna Stolz (Freie Wähler) hat womöglich größeres im Sinn. Zum einen ist zu hören, dass sie in KI das Potenzial für eine objektive Bewertung sieht. Zum anderen könnte der Schulversuch durch die Hintertüre einführen, was Ministerpräsident Markus Söder (CSU) zu verhindern versucht: zeitgemäße Prüfungsformate, die weit mehr als Auswendiglernen erfordern. Eine neue von Stolz ins Leben gerufene Arbeitsgruppe trägt den Titel: “Neue Prüfungskultur in Bayern.” Sie tagte bereits einmal und arbeitet schulartübergreifend.
BLLV-Präsidentin Fleischmann hofft, dieser Prozess werde eine Veränderung des Lern- und Leistungsbegriffs anstoßen. Prüfungen dirigieren schließlich die Art und Weise wie Unterricht und Lernen funktionieren. Mithilfe von KI sei es nun möglich, stärker auf kompetenzorientiertes Lernen zu setzen.
Die meisten der 16 ausgewählten Modellschulen sind bereits Teil des Projekts der “Digitalen Schulen der Zukunft”. In diesen Schulen wird die Ausstattung mit digitalen Endgeräten staatlich subventioniert. Viele der Schulen bieten zudem Projekte im IT-Bereich an.
Auch andernorts setzt Bayern auf die Digitale Themen. Inzwischen gibt es rund 100 “Profilschulen für Informatik und Zukunftstechnologien”, an denen zum Teil Grundschüler zu Themen wie Robotik oder Künstliche Intelligenz lernen. Johanna Gloede/ Vera Kraft
Mehr als 145.000 Unterschriften gab es bis gestern Nachmittag für vier Petitionen, die sich gegen den Entwurf der neuen Personalverordnung für Kitas in NRW richten. Eltern sowie Pädagoginnen und Pädagogen kritisieren die Pläne der nordrhein-westfälischen Familienministerin Josefine Paul (Grüne) scharf. Sie sehen unter anderem vor, dass in Kitas für bis zu 60 Kinder bei akutem Personalnotstand (§ 15 in der Personalverordnung) für maximal sechs Wochen nur eine sozialpädagogische Fachkraft zu jeder Zeit anwesend sein muss.
“Als Eltern in Nordrhein-Westfalen sind wir entsetzt über den vorgeschlagenen Entwurf der Landesregierung”, heißt es in der Petition von Hanna Müller-Wiedensee, dreifache Mutter aus Köln. Die Petition trägt den Titel “Wir lassen nicht zu, dass die Kitas in NRW zu Aufbewahrungsstätten werden!”. Mit mehr als 94.000 Unterschriften ist sie bislang die erfolgreichste Initiative.
Familienministerin Paul verteidigt den Entwurf. Für 60 Kinder seien mindestens sechs Personen zuständig, erklärte sie im Kölner Stadt-Anzeiger. “Die Verantwortung teilt sich auf mindestens eine Fachkraft und eben beispielsweise fünf sehr gut ausgebildete Kinderpflegerinnen und Kinderpfleger auf.” Die Personalverordnung sei ein Baustein, um für die Eltern und Einrichtungen Verlässlichkeit und Planungssicherheit zu erhöhen.
Kita-Schließungen sollen damit vermieden werden. Ein Bericht des Familienministeriums an den Landtag hatte jüngst gezeigt, dass im September in NRW etwa 3.800 von knapp 11.000 Kitas von Schließungen und Angebotsreduzierungen betroffen waren.
Deutliche Kritik kommt auch von der Fröbel Bildung und Erziehung gGmbH. Sie betreibt insgesamt 80 Kindergärten in NRW. Der Vorstoß der Ministerin sei klar der Notstands-Logik geschuldet. Er “erweist uns einen Bärendienst”, sagte Marek Körner, Fröbel-Bereichsleiter West, zu Table.Briefings. “Wenn ungelernte Ergänzungskräfte den Fachkräftemangel kompensieren, leidet unweigerlich die frühkindliche Bildung.”
Die kommunalen Spitzenverbände in NRW hatten bereits in der Vorwoche erklärt, dass sie die Pläne befürworten. In akuten Krisensituationen brauche es wegen des gravierenden Fachkräftemangels vorübergehend flexible Qualitätsstandards. “Zuallererst die Eltern und Kinder, nicht zuletzt aber auch die Arbeitgeber sind auf eine verlässliche Betreuung angewiesen“, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung. Holger Schleper
Zum Download: der Entwurf der Personalverordnung
Wer sich die Titel der am Mittwoch vom EU-Parlament bestätigten neuen EU-Kommissare anschaut, könnte den Eindruck gewinnen, dass Bildung in Europa keine Rolle mehr spielt. Das Wort findet sich in keiner der Arbeitsbeschreibungen. Auch die originär zuständige neue Kommissarin Roxana Mînzatu bezeichnet sich jetzt nur noch als Kommissarin für “people, skills and preparedness”, wörtlich übersetzt Menschen, Kompetenzen und Vorsorge. Das lässt Beobachter in Brüssel rätseln, wofür genau sie eigentlich zuständig sein soll.
Ihre Vorgängerin Iliana Ivanova war da deutlich leichter einzuordnen. Sie trug noch den traditionelleren Titel “EU-Kommissarin für Innovation, Forschung, Kultur, Bildung und Jugend”.
Die Neubenennung ihres Ressorts hat im EU-Parlament für Unmut gesorgt. Die Vorsitzenden der EU-Ausschüsse für Arbeit und Soziales, Li Andersson, sowie für Kultur und Bildung, Nela Riehl, erklärten, der neue Titel reflektiere “in keiner Weise” Mînzatus Aufgaben (wir berichteten). Mit dem Titel-Vorschlag “Kommissarin für gute Arbeit, Bildungskompetenzen und soziale Rechte” konnten sie sich jedoch nicht durchsetzen. Dass Bildung nicht erwähnt wird, hielt die deutsche Volt-Abgeordnete Riehl in der Anhörung der Rumänin für “verstörend und bedauerlich“. Sie lobte jedoch die von Mînzatu geäußerte Zusicherung, für bessere Bildung in der EU sorgen zu wollen.
Vielleicht ist der neue Titel aber auch nur folgerichtig. Bildung ist Sache der Mitgliedstaaten, in Deutschland sogar alleinige Hoheit der Länder. Die EU kann nur mit Geld fördern, was ihr wichtig ist. Durchsetzen kann sie in der Bildung nichts. Dafür sind die EU-Ziele, mit denen auch Mînzatu sich beschäftigen muss, ambitioniert.
Mit dem 2021 in Kraft getretenen strategischen Rahmen “Education and Training 2030” (ET2030) will die EU den Anteil 15-Jähriger mit schlechten Leistungen in Grundkompetenzen auf unter 15 Prozent senken. Mindestens 96 Prozent der Kinder sollen an frühkindlicher Betreuung und Bildung teilnehmen. Die Quote frühzeitiger Schul- und Ausbildungsabbrecher soll auf unter neun Prozent gedrückt werden. Und der Anteil der 25- bis 34-Jährigen mit tertiärem Bildungsabschluss soll auf mindestens 45 Prozent steigen.
Auch Mînzatus eigene Bildungs-Agenda ist umfangreich:
1. Stärkung der Grundkompetenzen: Mînzatu plant einen neuen Aktionsplan, um Basisfähigkeiten wie Lesen, Schreiben, Mathematik und Naturwissenschaften zu fördern.
2. Berufliche Bildung und Weiterbildung: Sie will Bildung und Arbeitsmarkt stärker verzahnen, um junge Menschen besser auf die moderne Arbeitswelt vorzubereiten.
3. Innovative Bildungstechnologien: Mînzatu unterstützt die Integration moderner Technologien in den Unterricht, einschließlich der Nutzung von KI.
4. Inklusion und Zugänglichkeit: Sie will die Barrieren für den Zugang zu qualitativ hochwertiger Bildung abbauen, speziell für benachteiligte Gruppen, und inklusive Bildungssysteme stärken.
Um diese Ziele zu erreichen, braucht es Überzeugungskraft und ein tiefes Verständnis der diversen europäischen Bildungssysteme, mahnen Kritiker. Letzteres zumindest kann Mînzatu nicht zwingend vorweisen: Nach ihrem Studium der Politikwissenschaften war sie im rumänischen Europa-Ministerium tätig, arbeitete als Managerin und Beraterin in EU-nahen Organisationen, um dann als Politikerin der als linkspopulistisch eingeschätzten rumänischen Sozialdemokraten erst Staatssekretärin im Europa-Ministerium zu werden und schließlich 2019 zur Ministerin für Europäische Fonds aufzusteigen.
Mînzatu dürfte somit eine Kennerin der europäischen Strukturen sein und wissen, wo Geld zu organisieren ist. Das könnte hilfreich sein, wenn es darum geht, frisches Geld für Bildungsprogramme zu beschaffen. Viele Mitgliedstaaten stehen unter finanziellem Druck, und die Bereitschaft, zusätzliches Geld in Bildung zu investieren, ist begrenzt. Mînzatus Pläne, einen neuen Fokus auf Grund- und digitale Kompetenzen sowie die berufliche Bildung zu setzen, könnten mit etwas finanzieller Unterstützung auf offene Ohren treffen. Auch, weil nahezu alle Mitgliedstaaten gleichermaßen mit grundlegenden Problemen wie Lehrkräftemangel und maroder Bildungsinfrastruktur kämpfen. Thorsten Denkler
Alexandra Funke (51) wird zum 1. Januar 2025 Geschäftsführerin des Westermann Bildungsmedien Verlags für den Bereich Grundschule. Sie tritt die Nachfolge von Andrea Watermeyer (65) an, die zum 31. Dezember 2024 in den Ruhestand geht. Funke hat 20 Jahre Erfahrung im Westermann-Verlagsbereich Grundschule gesammelt. 2004 startete sie als Produktmanagerin. 2011 wechselte sie in den redaktionellen Bereich als Gruppenleiterin in der Redaktion Deutsch Grundschule. Seit 2021 leitet sie das Produktmanagement für die Grundschule.
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Research.Table: Wie Cem Özdemir verlorenes Vertrauen wieder aufbauen möchte. Özdemir hat das Leitungs-Team im BMBF neu aufgestellt. Vor allem die Ernennung von Karl-Eugen Huthmacher zum neuen beamteten Staatssekretär freut die Wissenschafts-Community. Auch die Fördermittelaffäre will Özdemir weiter aufklären – dafür bat er aber um mehr Zeit. Mehr lesen Sie hier.
Research.Table: Brandenburg-SPD führt Forschungspolitik in BSW-Koalition fort. Brandenburg setzt in der Wissenschafts- und Hochschulpolitik auf Kontinuität. Akzente will die künftige SPD-BSW-Regierung in den Arbeitsbedingungen an Hochschulen setzen. Personell könnte es mit Manja Schüle als Wissenschaftsministerin weitergehen. Mehr lesen Sie hier.
CBS: Beschränkung von Social Media für Minderjährige in Australien. Australiens Unterhaus hat mit großer Mehrheit ein Gesetz verabschiedet, das Kindern unter 16 Jahren die Nutzung der meisten sozialen Medien verbieten soll. Die Vorlage muss noch vom Senat verabschiedet werden, was als Formsache gilt. Der Digital-Konzern Meta und die Australische Menschenrechtskommission warnen davor, die Rechte junger Menschen zu beschneiden. Sie fordern als Alternative eine Regulierung der Plattformen. (Australia social media ban for under-16s takes a big step closer to becoming law)
FOCUS: Wie sich Gen Z für das Handwerk begeistern lässt. Das Bäckereihandwerk sucht händeringend Nachwuchs. Doch die frühen Arbeitszeiten schrecken ab. Wer sich traut, mit den Konventionen des Handwerks zu brechen, findet leicht Azubis – so auch die Freiburger Bäckerei “Till & Brot” mit Öffnungszeiten ab 11 Uhr und viel Mitbestimmungsmöglichkeiten für die Mitarbeiter. (Gen-Z-Bäckerei öffnet erst um 11 Uhr – ihrem Chef rennen Azubis die Bude ein)
SZ: Kurzpraktikum am Feiertag. Am Projekttag “Ein Tag Azubi”, organisiert von der IHK München und Oberbayern sowie den Wirtschaftsjunioren, können Schüler am Buß- und Bettag, der in Bayern schul-, aber nicht arbeitsfrei bedeutet, den Betriebsalltag eines Unternehmens kennenlernen. 2024 nahmen 833 Jugendliche und 381 Betriebe teil. Der Tag hilft den Schülern bei der Berufsorientierung und den Unternehmen dabei, mit potenziellem Nachwuchs in Kontakt zu treten. (“Heute müssen Firmen um Azubis buhlen”)
Taz: Bürgerrat fordert Reformen im Bildungssystem. Der Bürgerrat Bildung und Lernen schlägt vor, den Leistungsdruck zu reduzieren, etwa mit flexiblen Klausurterminen und individuellem Feedback statt Noten. Der Rat fordert auch mehr Mitsprache der Schüler oder lebensnahen Unterricht. Die Vorschläge sollen 2025 an die KMK übergeben werden. (Mehr Führerschein wagen)
SZ: Sicherheitspersonal an chinesischen Schultoren. In China steigt die Zahl von Amokläufen – häufig sind Schulen oder Kindergärten das Ziel. Statt einer Aufarbeitung der Fälle oder einer öffentlichen Diskussion über die sozialen Umstände, aus denen solche Taten resultieren, fordert die Regierung lediglich Bildungseinrichtungen dazu auf, ihre Sicherheitsvorkehrungen zu erhöhen. So sollen mindestens zwei Sicherheitskräfte mit Knüppeln und stichfester Kleidung die Eingänge bewachen. Zudem sind die Einrichtungen meist hoch umzäunt und teils sind Eingänge mit Panzersperren verbarrikadiert. (Angst vor der ungehemmten Wut)
SPD und BSW haben in Brandenburg eine Woche länger gebraucht als die kommende Brombeer-Koalition in Thüringen, um ihren Koalitionsvertrag vorzustellen. Dafür ist in Brandenburg schon jetzt klar, dass die SPD das Bildungsministerium behält.
Es gibt noch andere Punkte, in denen sich die SPD gegen das BSW durchgesetzt hat: Beispielsweise wird es kein Rundumverbot für digitale Endgeräte in Grundschulen geben. Außerdem darf die Bundeswehr weiter Schulen besuchen. Lesen Sie in unserer Analyse, was SPD und BSW in den kommenden fünf Jahren für die Brandenburger Bildung planen.
Wenn der Verlust einer Zahnspange dazu führt, dass Kita-Kinder ein Krisenteam zusammenstellen, dann befinden wir uns in Rötha nahe Leipzig. Dort steht die Kita “Regenbogenland”. Seit gestern ist das nicht mehr irgendeine Kita in Deutschland. Sondern die Gewinnerin des Preises “Kita des Jahres”. Den Preis vergeben das Bundesfamilienministerium und die Deutsche Kinder- und Jugendstiftung.
Wir wussten schon etwas vorher, wer den Preis bekommen würde. Und haben unsere Kollegin Hannah Jäger – natürlich ohne etwas zu verraten – in die jetzt preisgekrönte Kita geschickt. Lesen Sie in unserem zweiten großen Text, was sie dort erlebt hat.
Und weil wir gerade beim Kita-Preis waren, haben wir Familienministerin Lisa Paus gebeten, zu uns ins Podcast-Studio zu kommen. Sie hat sich dort mit meiner Kollegin Vera Kraft darüber ausgetauscht, warum sie für den Preis nicht die perfekte Kita sucht, sondern eine, von der andere viel lernen können. Hören Sie hier rein oder lesen sie weiter unten eine Zusammenfassung des Gesprächs.
Bleiben Sie uns gewogen.
In Brandenburg haben sich SPD und BSW auf einen Koalitionsvertrag geeinigt (zum Download). Bei der Vorstellung nannte Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) eine bessere Bildungsqualität an Schulen als eine von drei zentralen Neuerungen.
Seine Partei wird das Bildungsministerium für sich beanspruchen – was lange auf der Kippe stand. Am Ende setzte die SPD sich durch. Noch nicht festgezurrt ist, ob Steffen Freiberg weiter Minister bleiben kann. Aber wie zu hören ist, soll die Frage bis zum Landesparteitag kommende Woche Freitag entschieden sein. Freiberg werden beste Chancen eingeräumt, sein Amt zu behalten.
Im 67-seitigen Koalitionsvertrag sind sechs Seiten der Bildung gewidmet – mehr als jedem anderen Thema. Dennoch gibt es Leerstellen. Und auch Kritik. Gordon Hoffmann, bildungspolitischer Sprecher der CDU, hält die Vorhaben für “überraschend unüberraschend”. Ein Blick in die Details:
Lesen Sie auch: Thüringen: Welche Bildungsversprechen die Brombeer-Koalition macht
Sprachförderung: Künftig sollen bereits im vorletzten Kita-Jahr alle Kinder zur Sprachstand-Erhebung. Bislang müssen Kitas ihn bis zum Herbst im Kita-Jahr vor dem Schulbeginn erheben. Ziel sei es, früher mit der Sprachförderung beginnen zu können, erklärte SPD-Bildungspolitikerin Katja Poschmann.
Auch in der Grundschule wollen SPD und BSW die Sprachförderung verstärken. In der ersten Klasse soll die Sprachentwicklung nochmals überprüft werden und es sollen neue Möglichkeiten der Sprachförderung geschaffen werden. In Klasse eins und zwei wollen die Koalitionspartner verstärkt die Horte zur Sprachförderung für Kinder mit Förderbedarf nutzen. Dafür soll es mehr Personal geben.
Der Brandenburgische Pädagogenverband (BPV) begrüßt die Pläne. Fürchtet aber, dass der Personalmangel die Umsetzung erschweren wird. Damit Grundschullehrer für die Sprachstanderhebung Zeit haben und sich fortbilden können, brauche es zusätzliche Anrechnungsstunden.
Verbot privater Endgeräte: In der Frage der Nutzung von Smartphones und Tablets während der Schulzeit konnte sich das BSW mit seinen Forderungen nicht durchsetzen. Im Wahlprogramm hieß es noch, das BSW fordere “bis mindestens zur 4. Klasse eine Schulzeit ohne Smartphones und Tablets”.
Das war mit der SPD nicht zu machen. Es wird aber ein Nutzungsverbot für private Endgeräte geben. Im Koalitionsvertrag heißt es jetzt: “Private digitale Endgeräte der Schülerinnen und Schüler sind während des Unterrichts in den Taschen oder Schließfächern zu verstauen.” Was allerdings in den meisten Klassen ohnehin die Regel sein dürfte.
Digitale Medien: Als Lernmittel sollen digitale Geräte zwar eingesetzt werden können. Allerdings schreiben die Koalitionäre, in den Klassen 1 bis 4 solle die “Arbeit mit analogen Medien Vorrang” haben. Sie wollen die Schreib- und Lesepraxis in allen Unterrichtsfächern erhöhen und so “feinmotorische Fähigkeiten in einer immer stärker digitalisierten Welt” gleichermaßen fördern.
SPD und BSW wollen die Vorteile digitaler Lernanwendungen und adaptiver Lernsystemen für den individuellen Lernprozess dennoch nutzen. Sie seien “insbesondere für lernschwächere Schülerinnen und Schüler eine echte Chance”. Für die Auswahl digitaler Lernsysteme wollen SPD und BSW Empfehlungen erarbeiten. Die Schul-Cloud Brandenburg will die neue Koalition ausbauen. Und: Jeder Schüler soll eine Landeslizenz zum eigenständigen Erlernen einer beliebigen Sprache erhalten. SPD-Politikerin Poschmann zufolge könnte das etwa Deutsch sein “für Kinder mit einer anderen Muttersprache oder eine private Ergänzung zum Französischunterricht”.
Rechenband: Neben Schreiben und Lesen legt die neue Regierungskoalition einen Schwerpunkt auf Rechnen. Hier wartet Brandenburg auch mit einem neuen Ansatz auf: “Begleitend zum Leseband führen wir auch ein Rechenband verbindlich an allen Grundschulen ein”, heißt es.
Arbeitsaufwand für Lehrkräfte: Die Koalition will “alle Prüf- und Diagnostikverfahren und Berichtspflichten auf ihren Arbeitsaufwand für Lehrkräfte und den weiteren Bildungserfolg für Schülerinnen und Schüler überprüfen.” Wolfram Meyerhöfer, bildungspolitischer Sprecher des BSW, sieht dies als wichtigen Schritt der Entbürokratisierung. Einige Vergleichsarbeiten und Tests von Lernausgangslagen sollten freiwillig sein. “Für die Qualitätssicherung benötigt man landesweite Prüfungsformate lediglich in den Klassen 5, 10 und 12/13.”
Lehrkräftemangel: Um mehr Lehrkräfte zu gewinnen, will die neue Landesregierung mehr ältere Lehrkräfte im Dienst halten und die Qualifizierung von Quer- und Seiteneinsteigern intensivieren. Für Seiteneinsteiger sollen “unnötige Hürden abgebaut” werden, worunter SPD und BSW das Studium eines Zweitfachs fassen. Der Brandenburgische Pädagogenverband sieht das kritisch. Diese Lehrkräfte hätten in den anderen Ländern so keinen anerkannten Abschluss und könnten nicht verbeamtet werden.
SPD und BSW wollen darüber hinaus dafür sorgen, dass Schulen künftig “direkt und unmittelbar” selbst Lehrkräfte und multiprofessionelle Teams einstellen können. BPV-Präsident Hartmut Stäker fürchtet, dass es so “keinen Ausgleich mehr zwischen gut ausgestatteten Schulen und schlecht ausgestatteten Schulen” gebe. Er will lieber dabei bleiben, dass die Schulleitung lediglich ein Vorschlagsrecht bei den Bewerbern hat.
Schulsozialarbeit und -budget: An zwei Punkten scheinen SPD und BSW sich am Startchancen-Programm zu orientieren. Künftig soll es etwa an jeder Schule mit “entsprechendem Bedarf” eine Stelle für Schulsozialarbeit geben.
Das Schulbudget, das Schulen unbürokratisch und eigenverantwortlich nutzen können, soll zudem ausgeweitet und die Mittel nach einem Sozialindex vergeben werden. Die genaue Ausgestaltung ist aber noch offen, sagt BSW-Bildungspolitiker Meyerhöfer. Generell seien viele Vorhaben noch nicht “allzu fixiert”. Dem BSW sei es “als sehr junger Partei wichtig”, dass der Koalitionsvertrag an vielen Stellen noch Spielraum für Verhandlungen lasse.
Berufsorientierung: SPD und BSW kündigen eine Praktikumsplattform an. Und wollen die berufliche Orientierung stärken. Wie, das bleibt vage. Was die Nachwuchswerbung der Bundeswehr angeht, sollen die Schulen selbst entscheiden, ob sie die Bundeswehr ins Haus lassen. Info-Veranstaltungen könnten dann “in der Unterrichtszeit, aber nicht im Unterricht stattfinden.” Da hat sich die SPD durchgesetzt. Im BSW-Wahlprogramm hieß es noch: “Die Bundeswehr darf an Schulen keine Präsenz zeigen.”
Berufliche Bildung: Wenig findet sich im Vertrag zu Ausbildungsfragen. “Die berufliche Bildung erhält definitiv nicht den Stellenwert, der ihr gebührt”, sagt Michael Seifert, Vorsitzender des Brandenburgischen Lehrerverbands beruflicher Schulen. SPD und BSW wollen “individuelle Mobilitätsangebote in Regionen erproben, in denen die Erreichbarkeit von Betrieben, Berufsschulen und Weiterbildungsstätten mittels ÖPNV nicht gewährleistet ist”. Das begrüßt Seifert. Allerdings fürchtet er, dass mehr Mobilitätsangebote eine Vorstufe dafür sein könnten, künftig einzelne der aktuell 25 Oberstufenzentren zu schließen. (mit Vera Kraft)
Das Bundesfamilienministerium und die Deutschen Kinder- und Jugendstiftung haben am Donnerstag das Regenbogenland in Rötha als “Kita des Jahres” ausgezeichnet. Mit dem Preis wird jährlich eine Kita prämiert, die sich qualitativ kontinuierlich weiterentwickelt und die in den Kategorien Lernbereitschaft, Kindorientierung, Partizipation und Sozialraumorientierung hervorsticht. Der zweite Hautpreis für das “Lokale Bündnis für frühe Bildung des Jahres” ging an das Bündnis Dortmunder Nordstadt.
Die Erstplatzierten in den beiden Kategorien erhalten jeweils 25.000 Euro. Je 15.000 Euro gehen an die Zweitplatzierten und je 10.000 Euro an die Drittplatzierten pro Kategorie. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) verlieh erstmals einen Zusatzpreis für attraktive Arbeitsbedingungen.
Die diesjährige Kita des Jahres betreut derzeit mit 26 Fachkräften 120 Kinder, darunter acht Kinder mit erhöhtem Förderbedarf. Die Kinder besuchen vom ersten Lebensjahr bis zur Einschulung das Regenbogenland, bestehend aus Krippe und Kindertagesstätte. Träger der Einrichtung ist die Stadtverwaltung Rötha.
Für das zweiköpfige Leitungsteam, bestehend aus Josephine Panzer und Sandra Zimmerling, steht das Interesse des Kindes im Vordergrund. Die Kinder dürfen sich frei durch das zweigeschossige Haus bewegen und sich ausprobieren. Die meiste Zeit steht es ihnen frei zu entscheiden, ob sie sich beispielsweise im Sportraum an der Kletterwand austoben, an der Werkbank schreinern, ein Fahrrad auseinanderbauen oder Blaubeermuffins backen.
Mehrfach wurde die Kita bereits für ihr MINT-Profil ausgezeichnet. Die Kita-Leitung versucht, Schulfähigkeiten spielerisch einzubauen, und setzt auf die Eigenmotivation der Kinder. “Mathe lässt sich auch im Wald üben”, sagt Panzer. Und Schneiden lernen mache mehr Spaß, wenn es darum gehe, eine Eintrittskarte fürs Kinderkino zu basteln.
In der Kita in Rötha gilt das Motto: Bindung vor Bildung. Mit einem im Bundesvergleich überdurchschnittlichen Betreuungsschlüssel können die Pädagogen emotionale Nähe zu den Kindern aufbauen. “Tränen trocknen ist uns wichtiger als schnell in den Tag zu starten”, sagt Panzer. “Wir fangen erst an mit den Aktivitäten, wenn alle sich wohlfühlen.”
2017 fingen die neuen Leiterinnen an, die Kita grundlegend umzugestalten. Vier Jahre dauerte der Prozess. Seitdem gehören die Aufteilung in Gruppen, ein verpflichtender Morgenkreis und feste Schlafzeiten der Vergangenheit an.
Die Eltern und Kinder wurden und werden in alle Entwicklungen einbezogen. Die Fachkräfte haben gemeinsam mit Eltern und dem Stadtrat ein Positionspapier für eine enge Erziehungspartnerschaft entwickelt. Eltern, die die Kita kennenlernen möchten, können eine Hospitation machen. Kommunikation zwischen Fachkräften und Eltern findet über eine Kita-App statt. Hier lassen sich, auch mithilfe von Fotos, Zwischenstände und Hinweise zu den Kindern festhalten.
Ein weiterer Fokus liegt auf Kinderrechten. Am Eingang der Kita hängt die Sorgenfressermaus, in die die Kinder Zettel werfen können. Egal ob Beschwerde, Lob oder Vorschläge – alle bemalten oder geschriebenen Zettel werden gesammelt und in den regelmäßig stattfindenden Kinderkonferenzen besprochen und gemeinsam umgesetzt. Gibt es Probleme, eine verlorene Zahnspange etwa, können die Kinder Kinderkrisenteams zusammenstellen und über Lösungen mitentscheiden.
“Damit die bedürfnisorientierte Kita funktioniert, müssen alle Zahnräder perfekt ineinandergreifen und die Zuständigkeiten im Team klar verteilt sein”, sagt Panzer. Das Team ist breit aufgestellt: Es gibt Logopäden, Heil- und Waldpädagogen. Dienstpläne werden nach dem Biorhythmus der Fachkräfte erstellt und Funktionsräume nach den Interessen der Erzieher besetzt.
Qualitätsmanagement mit standardisierten Beobachtungsverfahren und feste Strukturen für die Erzieher spielen eine große Rolle. Jeden Freitag treffen sich alle Pädagogen, um sich in Gruppen über jedes Kind und dessen Entwicklungsstand auszutauschen. Einmal im Monat geben sie ihr in Weiterbildungen erworbenes Wissen an das Team weiter. Mindestens alle vier Monate setzen sich alle zusammen und sprechen über den Förderplan der Integrationskinder.
Für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf finden Therapieangebote wie Logopädie oder Ergotherapie in den Kita-Räumen statt. Zudem werden die Etappen von Krippe bis zur Grundschule mitgedacht. Ein Kooperationsvertrag mit der Grundschule ermöglicht es, die Kita-Kinder an die Schule heranzuführen. Ein Jahr lang dürfen sie immer wieder zum Schnupperbesuch kommen und künftige Lehrkräfte kennenlernen. Im Vordergrund steht auch hier wieder das Wohlbefinden des Kindes: Es geht weniger um die Schulfähigkeit, sondern mehr um die Schulbereitschaft der Kinder. Hannah Jäger
In der Kategorie “Kita des Jahres” geht der zweite Platz an die Kita am Sommerbad in Greiz, Thüringen. Den dritten Platz belegt die Kita Regenbogen in Ortrand, Brandenburg.
In der Kategorie “Lokales Bündnis für frühe Bildung des Jahres” gibt es folgende Gewinner:
Das erstplatzierte Bündnis Dortmunder Nordstadt setzt sich aus drei Familienzentren zusammen, die regelmäßig mit dem Künstlerkollektiv “Kunstreich im Pott” zusammenarbeiten. Die Filmemacherin Ulrike Korbach hat bereits einige Filmprojekte in den Kitas betreut. Sie sagt: Außenstehende wie sie könnten den Kindern helfen, sich neu zu erfinden, sich auszuprobieren, selbst Geschichten auszudenken und gestalterisch umzusetzen. Auch ernste Themen können über die Filmprojekte zusammen mit Pädagogen kindgerecht behandelt werden. So fanden in dem Bündnis bereits Projekte zur Missbrauchsprävention statt.
“Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels sind solche Projekte nicht selbstverständlich”, sagt Korbach zu Table.Briefings. Sie bringen zwar großen Mehrwert, oft aber auch erst einmal mehr Arbeit. Es brauche Zeit, bis sich Kita und Künstler kennengelernt haben. Am Anfang gebe es oft noch Unverständnis für die jeweiligen Strukturen und Herangehensweisen. “Der Kita muss bewusst sein, dass sie sich auf ein Abenteuer einlässt”, sagt Korbach. Vera Kraft
In der vom DGB geförderten Kategorie “Attraktivität der Arbeit” wurden je eine Kita und ein lokales Bündnis mit 2.000 Euro prämiert.
Anlässlich der Verleihung des Kita-Preises machte Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) klar, weiter an dem Ziel von bundesweit einheitlichen Qualitätsstandards für alle Kitas festhalten zu wollen. Im Rahmen des Kita-Qualitätsgesetzes gibt der Bund den Ländern und Kommunen vier Milliarden Euro. Dieses Geld solle in die Umsetzung von Qualitätsstandards fließen.
Im Interview mit Table.Briefings verteidigte Paus das Gesetz, das keine verpflichtenden Standards vorsieht. “Wir haben sehr wohl festgelegt, dass das Geld, das vom Bund kommt, nur in den sieben Themenfeldern eingesetzt werden kann.” Zwei der Schwerpunkte sind für die Länder verpflichtend: die “Gewinnung von Fachkräften” und die “sprachliche Bildung”.
Den Kita-Preis sieht Paus als Chance, die Kita-Qualität zu verbessern. “Wir suchen nicht die perfekte Kita.” Viel mehr gehe es um Kitas, die sich engagieren und stetig verbessern. Der Preis fördere Innovationen, die sich bundesweit positiv auf die Kita-Landschaft auswirken könnten.
Paus betonte die Bedeutung der Kitas als “zentrale Bildungseinrichtungen”: “Es geht darum, dass jedes Kind von Anfang an die Chancengerechtigkeit erhält, die es benötigt.” Deutschland habe in der Kita-Entwicklung Fortschritte gemacht, etwa mit einem deutlichen Zuwachs an Beschäftigten. Doch gäbe es noch Qualitätsunterschiede zwischen und innerhalb der Bundesländer.
Den FDP-Vorschlag, Familien- und Bildungsministerium zusammenzulegen, sieht die Ministerin kritisch: “Kitas sind keine kleinen Schulen. Sie fördern Kinder mit allen Sinnen und stärken soziale Kompetenzen. Diese frühkindliche Bildungsarbeit hat einen eigenständigen Stellenwert.” Eine stärkere Verzahnung würde Paus aber dennoch begrüßen: Beide Kompetenzen müssten zusammenkommen. In welcher Konstellation das geschehe, “das mögen Menschen dann in der nächsten Koalition miteinander verhandeln.” Vera Kraft
Richtig gemacht kann der Einsatz digitaler Technologien ein “Gamechanger” im Schulunterricht sein. Das ist das Ergebnis einer explorativen Pilotstudie der OECD und Vodafone Stiftung, die Table.Briefings exklusiv vorliegt. Untersucht wurde, ob es das Lernen behindert oder unterstützt, wenn Schüler regelmäßig Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) verwenden.
Die Ergebnisse zeigen: Nutzen Schüler digitale Werkzeuge etwa in Kernfächern wie Mathematik, Naturwissenschaften oder Sprachen, dann schneiden sie besser ab, wenn es darum geht, Probleme mithilfe digitaler Instrumente zu lösen. Besonders ausgeprägt sind diese Effekte im Bereich Computational Thinking und selbstreguliertes Lernen. Dieser auf den ersten Blick wenig überraschende Effekt zeige aber, dass “digitale Technologien strategisch in den Schulalltag integriert werden müssen, um ihr volles Potenzial zu entfalten”, sagt Matthias Graf von Kielmansegg, Geschäftsführer der Vodafone Stiftung.
Die Studie basieren auf den Testläufen zu neuen Modulen für PISA 2025. An dieser Initiative beteiligten sich von November bis Dezember 2022 rund 730 Schüler in Deutschland. Schüler, die regelmäßig digitale Technologien im Unterricht nutzten, erzielten der Studie zufolge bis zu 15 Prozent höhere Punktzahlen im PISA-Testmodul “Lernen in der digitalen Welt”.
Digitale Hilfsmittel seien ein Wissensbeschleuniger, sagt Andreas Schleicher, OECD-Direktor für Bildung und Kompetenzen. Wenn digitale Technologien richtig eingesetzt werden, könnten sie das individuelle Lernen fördern und es attraktiver und ansprechender gestalten. Sie könnten aber auch das Gegenteil bewirken, sagt Schleicher. “Laut unserer aktuellen PISA-Studie sind fast ein Drittel aller Schülerinnen und Schüler in deutschen Klassenzimmern durch digitale Medien abgelenkt.”
Trotzdem sehen auch die Schülerinnen und Schüler selbst großes Potenzial in den digitalen Technologien: 70 Prozent der befragten Schüler empfinden digitale Technologien als hilfreich, um das Lernen zu erleichtern. Ähnlich viele Schüler gaben an, mit digitalen Technologien sei es leichter, komplexe Inhalte zu verstehen.
Durchgeführt wurde die Pilotstudie vom Leibniz-Institut für Bildungsforschung und Bildungsinformation (DIPF) in Zusammenarbeit mit der OECD und mit Unterstützung der Vodafone Stiftung und der Bertelsmann Stiftung. Am Montag von 15.30 bis 16.30 Uhr findet ein Webinar zu der Studie mit Andreas Schleicher statt. Vera Kraft
Der Stifterverband hat seinen Lehrkräftetrichter um eine Länderausgabe erweitert. Das gab er am Donnerstag bekannt. Demnach sei der Schwund an angehenden Lehrkräften vom Beginn des Studiums bis zur Einstellung im Osten höher, als im Westen.
Als Ausreißer wird Berlin beschrieben. Die Schwundquote liege hier bei 64 Prozent. Zwei von drei Studierenden brechen das Lehramtsstudium demnach ab oder wechseln in ein anderes Bundesland. In Nordrhein-Westfalen gilt das für jeden Zweiten. Sieben Bundesländer verlieren mehr als jeden fünften Studierenden zwischen Mitte und Ende des Studiums. Sachsen-Anhalt verliert ein Drittel aller Lehramtsstudenten.
Während der Studierendenschwund im Lehramtsstudium größtenteils mit einem Abbruch des Studiums einhergeht, ist er im Referendariat vor allem auf einen Wechsel in ein anderes Bundesland zurückzuführen. In Berlin, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Hamburg liegt hier die Quote mit mehr als 20 Prozent besonders hoch. Bundesweit brechen fünf Prozent der angehenden Lehrkräfte ihr Referendariat ganz ab.
Im Schnitt schreiben sich nach den Daten des Lehrkräftetrichters jedes Jahr bundesweit 47.400 Personen für ein Lehramtsstudium ein. Nur 28.000 absolvieren davon das Referendariat. 41 Prozent der Studierenden entscheiden sich im Verlauf ihres Studiums für eine andere Karriere. Thorsten Denkler
Trotz massiver Kritik von Opposition und Zivilgesellschaft hält der Berliner Senat an seinen Sparplänen fest, die auch die Bildung stark betreffen. Diese Woche hat die Regierungskoalition aus CDU und SPD den Entwurf für den Nachtragshaushalt 2025 verabschiedet. Demnach sollen in der Hauptstadt im kommenden Jahr drei Milliarden Euro gespart werden. Voraussichtlich am 19. Dezember stimmt das Abgeordnetenhaus über die Spar-Vorschläge ab. Kommt es, wie der Senat will, müsste die Bildungsverwaltung 2025 mit 370 Millionen Euro weniger auskommen. Das entspricht 5,7 Prozent des Etats.
Besonders groß fällt der Streichposten für den Kita-Ausbau aus. Dort sollen 14 Millionen Euro weniger ausgegeben werden. Der Senat begründet das mit einem gesunkenen Bedarf an neuen Kita-Plätzen. Die Zuschüsse nach dem Qualitätsentwicklungsgesetz Kindertagesbetreuung werden zudem um knapp fünf Millionen Euro gekürzt. Weiter verzichtet die Koalition auf den Bau von zwei Grundschulen und gibt so knapp 96 Millionen Euro weniger aus. Auch kürzt der Senat an der schulbezogenen Jugendsozialarbeit (minus 5,5 Millionen Euro) und den Zuschüssen für freie Jugendarbeit (minus sieben Millionen Euro) sowie für freie Jugendhilfe (knapp drei Millionen Euro Minus).
Auch an Programmen für mehr Bildungsgerechtigkeit wird gespart: “Bonus” und “Berlin Challenge”, über die Schulen in sozial herausfordernder Lage Unterstützung bekommen, müssen mit zwei beziehungsweise drei Millionen Euro weniger auskommen. Zudem streicht der Senat die so genannte Brennpunktzulage für Lehrkräfte mit sozial benachteiligter Schülern in Höhe von 300 Euro pro Monat. Einsparung: 3,2 Millionen Euro. Die Hauptstadtschulen müssen zudem auf 2,5 Millionen Euro “für besondere Unterstützungsmaßnahmen” verzichten.
Die Streichliste für die Bildungsverwaltung umfasst weitere Posten. Hier eine Auswahl:
Zu weiteren Kürzungen, die CDU konnte sich etwa das Ende der gebührenfreien Kitas oder des kostenlosen Schulessens vorstellen, war die SPD nicht bereit.
Die Kritik ist breit. Gewerkschaften, Linke, Grüne und diverse Bildungsverbände haben bereits ihren Unmut geäußert. Philipp Dehne, Sprecher von “Schule muss anders” aus Berlin und Mit-Initiator des bundesweiten Bündnis “Bildungswende JETZT!”, bezeichnet die Spar-Vorschläge gegenüber Table.Briefings als “zutiefst unsozial”.
Dass unter anderem die schulbezogene Sozialarbeit, das Bonusprogramm oder auch die Inklusion gekürzt wird, zeige, dass die Berliner Regierung einen völlig verengten Bildungsbegriff habe. “Anstatt allen Kindern und Jugendlichen in Berlin ein gutes Aufwachsen zu ermöglichen, kürzt man besonders bei denen, die die meiste Unterstützung bräuchten”, sagt Dehne. Wer den Kampf für Bildungsgerechtigkeit ernst meint, müsse investieren und nicht sparen. Ralf Pauli
In den kommenden drei Jahren sollen 16 Schulen in Bayern im Schulversuch “proof – Prozessorganisation und Feedback” den Einsatz von Künstlicher Intelligenz zur individuellen Förderung von Schülern testen. Zudem sollen Lehrkräfte die KI zur Korrektur von Prüfungen nutzen. Am Ende des Versuches könnten neue Prüfungsformate stehen.
In einer Bekanntmachung definiert das Kultusministerium folgende Ziele:
Simone Fleischmann, Präsidentin des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbands (BLLV), erhofft sich von dem Versuch “innovative, zukunftsweisende Entwicklungen”. Neue Technologien könnten ein neues Verständnis von Lernen bringen. Zudem bieten sie die Möglichkeit, die Feedbackkultur zu ändern.
Helmut Klemm, Leiter der Eichendorffschule in Erlangen, sieht für gehaltvolleres Feedback an die Schülerinnen und Schülern die größte Chance in dem Versuch. Seine Schule hat 2023 den Schulpreis gewonnen und nimmt jetzt an dem Schulversuch teil. Er sagt, eine von KI überarbeitete Korrektur könne schneller und substanzieller sein als die klassische Korrektur mit Rotstift. Das motiviere Schüler weiterzuarbeiten und entlaste Lehrer.
Kultusministerin Anna Stolz (Freie Wähler) hat womöglich größeres im Sinn. Zum einen ist zu hören, dass sie in KI das Potenzial für eine objektive Bewertung sieht. Zum anderen könnte der Schulversuch durch die Hintertüre einführen, was Ministerpräsident Markus Söder (CSU) zu verhindern versucht: zeitgemäße Prüfungsformate, die weit mehr als Auswendiglernen erfordern. Eine neue von Stolz ins Leben gerufene Arbeitsgruppe trägt den Titel: “Neue Prüfungskultur in Bayern.” Sie tagte bereits einmal und arbeitet schulartübergreifend.
BLLV-Präsidentin Fleischmann hofft, dieser Prozess werde eine Veränderung des Lern- und Leistungsbegriffs anstoßen. Prüfungen dirigieren schließlich die Art und Weise wie Unterricht und Lernen funktionieren. Mithilfe von KI sei es nun möglich, stärker auf kompetenzorientiertes Lernen zu setzen.
Die meisten der 16 ausgewählten Modellschulen sind bereits Teil des Projekts der “Digitalen Schulen der Zukunft”. In diesen Schulen wird die Ausstattung mit digitalen Endgeräten staatlich subventioniert. Viele der Schulen bieten zudem Projekte im IT-Bereich an.
Auch andernorts setzt Bayern auf die Digitale Themen. Inzwischen gibt es rund 100 “Profilschulen für Informatik und Zukunftstechnologien”, an denen zum Teil Grundschüler zu Themen wie Robotik oder Künstliche Intelligenz lernen. Johanna Gloede/ Vera Kraft
Mehr als 145.000 Unterschriften gab es bis gestern Nachmittag für vier Petitionen, die sich gegen den Entwurf der neuen Personalverordnung für Kitas in NRW richten. Eltern sowie Pädagoginnen und Pädagogen kritisieren die Pläne der nordrhein-westfälischen Familienministerin Josefine Paul (Grüne) scharf. Sie sehen unter anderem vor, dass in Kitas für bis zu 60 Kinder bei akutem Personalnotstand (§ 15 in der Personalverordnung) für maximal sechs Wochen nur eine sozialpädagogische Fachkraft zu jeder Zeit anwesend sein muss.
“Als Eltern in Nordrhein-Westfalen sind wir entsetzt über den vorgeschlagenen Entwurf der Landesregierung”, heißt es in der Petition von Hanna Müller-Wiedensee, dreifache Mutter aus Köln. Die Petition trägt den Titel “Wir lassen nicht zu, dass die Kitas in NRW zu Aufbewahrungsstätten werden!”. Mit mehr als 94.000 Unterschriften ist sie bislang die erfolgreichste Initiative.
Familienministerin Paul verteidigt den Entwurf. Für 60 Kinder seien mindestens sechs Personen zuständig, erklärte sie im Kölner Stadt-Anzeiger. “Die Verantwortung teilt sich auf mindestens eine Fachkraft und eben beispielsweise fünf sehr gut ausgebildete Kinderpflegerinnen und Kinderpfleger auf.” Die Personalverordnung sei ein Baustein, um für die Eltern und Einrichtungen Verlässlichkeit und Planungssicherheit zu erhöhen.
Kita-Schließungen sollen damit vermieden werden. Ein Bericht des Familienministeriums an den Landtag hatte jüngst gezeigt, dass im September in NRW etwa 3.800 von knapp 11.000 Kitas von Schließungen und Angebotsreduzierungen betroffen waren.
Deutliche Kritik kommt auch von der Fröbel Bildung und Erziehung gGmbH. Sie betreibt insgesamt 80 Kindergärten in NRW. Der Vorstoß der Ministerin sei klar der Notstands-Logik geschuldet. Er “erweist uns einen Bärendienst”, sagte Marek Körner, Fröbel-Bereichsleiter West, zu Table.Briefings. “Wenn ungelernte Ergänzungskräfte den Fachkräftemangel kompensieren, leidet unweigerlich die frühkindliche Bildung.”
Die kommunalen Spitzenverbände in NRW hatten bereits in der Vorwoche erklärt, dass sie die Pläne befürworten. In akuten Krisensituationen brauche es wegen des gravierenden Fachkräftemangels vorübergehend flexible Qualitätsstandards. “Zuallererst die Eltern und Kinder, nicht zuletzt aber auch die Arbeitgeber sind auf eine verlässliche Betreuung angewiesen“, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung. Holger Schleper
Zum Download: der Entwurf der Personalverordnung
Wer sich die Titel der am Mittwoch vom EU-Parlament bestätigten neuen EU-Kommissare anschaut, könnte den Eindruck gewinnen, dass Bildung in Europa keine Rolle mehr spielt. Das Wort findet sich in keiner der Arbeitsbeschreibungen. Auch die originär zuständige neue Kommissarin Roxana Mînzatu bezeichnet sich jetzt nur noch als Kommissarin für “people, skills and preparedness”, wörtlich übersetzt Menschen, Kompetenzen und Vorsorge. Das lässt Beobachter in Brüssel rätseln, wofür genau sie eigentlich zuständig sein soll.
Ihre Vorgängerin Iliana Ivanova war da deutlich leichter einzuordnen. Sie trug noch den traditionelleren Titel “EU-Kommissarin für Innovation, Forschung, Kultur, Bildung und Jugend”.
Die Neubenennung ihres Ressorts hat im EU-Parlament für Unmut gesorgt. Die Vorsitzenden der EU-Ausschüsse für Arbeit und Soziales, Li Andersson, sowie für Kultur und Bildung, Nela Riehl, erklärten, der neue Titel reflektiere “in keiner Weise” Mînzatus Aufgaben (wir berichteten). Mit dem Titel-Vorschlag “Kommissarin für gute Arbeit, Bildungskompetenzen und soziale Rechte” konnten sie sich jedoch nicht durchsetzen. Dass Bildung nicht erwähnt wird, hielt die deutsche Volt-Abgeordnete Riehl in der Anhörung der Rumänin für “verstörend und bedauerlich“. Sie lobte jedoch die von Mînzatu geäußerte Zusicherung, für bessere Bildung in der EU sorgen zu wollen.
Vielleicht ist der neue Titel aber auch nur folgerichtig. Bildung ist Sache der Mitgliedstaaten, in Deutschland sogar alleinige Hoheit der Länder. Die EU kann nur mit Geld fördern, was ihr wichtig ist. Durchsetzen kann sie in der Bildung nichts. Dafür sind die EU-Ziele, mit denen auch Mînzatu sich beschäftigen muss, ambitioniert.
Mit dem 2021 in Kraft getretenen strategischen Rahmen “Education and Training 2030” (ET2030) will die EU den Anteil 15-Jähriger mit schlechten Leistungen in Grundkompetenzen auf unter 15 Prozent senken. Mindestens 96 Prozent der Kinder sollen an frühkindlicher Betreuung und Bildung teilnehmen. Die Quote frühzeitiger Schul- und Ausbildungsabbrecher soll auf unter neun Prozent gedrückt werden. Und der Anteil der 25- bis 34-Jährigen mit tertiärem Bildungsabschluss soll auf mindestens 45 Prozent steigen.
Auch Mînzatus eigene Bildungs-Agenda ist umfangreich:
1. Stärkung der Grundkompetenzen: Mînzatu plant einen neuen Aktionsplan, um Basisfähigkeiten wie Lesen, Schreiben, Mathematik und Naturwissenschaften zu fördern.
2. Berufliche Bildung und Weiterbildung: Sie will Bildung und Arbeitsmarkt stärker verzahnen, um junge Menschen besser auf die moderne Arbeitswelt vorzubereiten.
3. Innovative Bildungstechnologien: Mînzatu unterstützt die Integration moderner Technologien in den Unterricht, einschließlich der Nutzung von KI.
4. Inklusion und Zugänglichkeit: Sie will die Barrieren für den Zugang zu qualitativ hochwertiger Bildung abbauen, speziell für benachteiligte Gruppen, und inklusive Bildungssysteme stärken.
Um diese Ziele zu erreichen, braucht es Überzeugungskraft und ein tiefes Verständnis der diversen europäischen Bildungssysteme, mahnen Kritiker. Letzteres zumindest kann Mînzatu nicht zwingend vorweisen: Nach ihrem Studium der Politikwissenschaften war sie im rumänischen Europa-Ministerium tätig, arbeitete als Managerin und Beraterin in EU-nahen Organisationen, um dann als Politikerin der als linkspopulistisch eingeschätzten rumänischen Sozialdemokraten erst Staatssekretärin im Europa-Ministerium zu werden und schließlich 2019 zur Ministerin für Europäische Fonds aufzusteigen.
Mînzatu dürfte somit eine Kennerin der europäischen Strukturen sein und wissen, wo Geld zu organisieren ist. Das könnte hilfreich sein, wenn es darum geht, frisches Geld für Bildungsprogramme zu beschaffen. Viele Mitgliedstaaten stehen unter finanziellem Druck, und die Bereitschaft, zusätzliches Geld in Bildung zu investieren, ist begrenzt. Mînzatus Pläne, einen neuen Fokus auf Grund- und digitale Kompetenzen sowie die berufliche Bildung zu setzen, könnten mit etwas finanzieller Unterstützung auf offene Ohren treffen. Auch, weil nahezu alle Mitgliedstaaten gleichermaßen mit grundlegenden Problemen wie Lehrkräftemangel und maroder Bildungsinfrastruktur kämpfen. Thorsten Denkler
Alexandra Funke (51) wird zum 1. Januar 2025 Geschäftsführerin des Westermann Bildungsmedien Verlags für den Bereich Grundschule. Sie tritt die Nachfolge von Andrea Watermeyer (65) an, die zum 31. Dezember 2024 in den Ruhestand geht. Funke hat 20 Jahre Erfahrung im Westermann-Verlagsbereich Grundschule gesammelt. 2004 startete sie als Produktmanagerin. 2011 wechselte sie in den redaktionellen Bereich als Gruppenleiterin in der Redaktion Deutsch Grundschule. Seit 2021 leitet sie das Produktmanagement für die Grundschule.
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Research.Table: Wie Cem Özdemir verlorenes Vertrauen wieder aufbauen möchte. Özdemir hat das Leitungs-Team im BMBF neu aufgestellt. Vor allem die Ernennung von Karl-Eugen Huthmacher zum neuen beamteten Staatssekretär freut die Wissenschafts-Community. Auch die Fördermittelaffäre will Özdemir weiter aufklären – dafür bat er aber um mehr Zeit. Mehr lesen Sie hier.
Research.Table: Brandenburg-SPD führt Forschungspolitik in BSW-Koalition fort. Brandenburg setzt in der Wissenschafts- und Hochschulpolitik auf Kontinuität. Akzente will die künftige SPD-BSW-Regierung in den Arbeitsbedingungen an Hochschulen setzen. Personell könnte es mit Manja Schüle als Wissenschaftsministerin weitergehen. Mehr lesen Sie hier.
CBS: Beschränkung von Social Media für Minderjährige in Australien. Australiens Unterhaus hat mit großer Mehrheit ein Gesetz verabschiedet, das Kindern unter 16 Jahren die Nutzung der meisten sozialen Medien verbieten soll. Die Vorlage muss noch vom Senat verabschiedet werden, was als Formsache gilt. Der Digital-Konzern Meta und die Australische Menschenrechtskommission warnen davor, die Rechte junger Menschen zu beschneiden. Sie fordern als Alternative eine Regulierung der Plattformen. (Australia social media ban for under-16s takes a big step closer to becoming law)
FOCUS: Wie sich Gen Z für das Handwerk begeistern lässt. Das Bäckereihandwerk sucht händeringend Nachwuchs. Doch die frühen Arbeitszeiten schrecken ab. Wer sich traut, mit den Konventionen des Handwerks zu brechen, findet leicht Azubis – so auch die Freiburger Bäckerei “Till & Brot” mit Öffnungszeiten ab 11 Uhr und viel Mitbestimmungsmöglichkeiten für die Mitarbeiter. (Gen-Z-Bäckerei öffnet erst um 11 Uhr – ihrem Chef rennen Azubis die Bude ein)
SZ: Kurzpraktikum am Feiertag. Am Projekttag “Ein Tag Azubi”, organisiert von der IHK München und Oberbayern sowie den Wirtschaftsjunioren, können Schüler am Buß- und Bettag, der in Bayern schul-, aber nicht arbeitsfrei bedeutet, den Betriebsalltag eines Unternehmens kennenlernen. 2024 nahmen 833 Jugendliche und 381 Betriebe teil. Der Tag hilft den Schülern bei der Berufsorientierung und den Unternehmen dabei, mit potenziellem Nachwuchs in Kontakt zu treten. (“Heute müssen Firmen um Azubis buhlen”)
Taz: Bürgerrat fordert Reformen im Bildungssystem. Der Bürgerrat Bildung und Lernen schlägt vor, den Leistungsdruck zu reduzieren, etwa mit flexiblen Klausurterminen und individuellem Feedback statt Noten. Der Rat fordert auch mehr Mitsprache der Schüler oder lebensnahen Unterricht. Die Vorschläge sollen 2025 an die KMK übergeben werden. (Mehr Führerschein wagen)
SZ: Sicherheitspersonal an chinesischen Schultoren. In China steigt die Zahl von Amokläufen – häufig sind Schulen oder Kindergärten das Ziel. Statt einer Aufarbeitung der Fälle oder einer öffentlichen Diskussion über die sozialen Umstände, aus denen solche Taten resultieren, fordert die Regierung lediglich Bildungseinrichtungen dazu auf, ihre Sicherheitsvorkehrungen zu erhöhen. So sollen mindestens zwei Sicherheitskräfte mit Knüppeln und stichfester Kleidung die Eingänge bewachen. Zudem sind die Einrichtungen meist hoch umzäunt und teils sind Eingänge mit Panzersperren verbarrikadiert. (Angst vor der ungehemmten Wut)