Table.Briefing: Bildung

+++ Alert +++ Digitalpakt II: Scheitern abgewendet

Liebe Leserin, lieber Leser,

ernste Mienen, genervte Telefonate, Abwinken. Nach Plaudern war den Bildungsministern und der Bundesbildungsministerin am Nachmittag nicht zumute. Eine Stunde haben sie gerungen um den Digitalpakt II. Mein Kollege Maximilian Stascheit war vor Ort und hat am Rande der Kultusministerkonferenz Stimmung und Statements eingefangen. Gegen 18 Uhr dann – ja, was eigentlich? Entwarnung möchte man das schmallippige Bekenntnis, man wolle die Gespräche trotz erheblicher Verstimmungen fortsetzen, kaum nennen.

Ob es dann in der nächsten Verhandlungsrunde im April zu einer Einigung kommt, wissen wohl nur die Sterne. An denen war zumindest die Bundesbildungsministerin am Nachmittag schon nah dran. Aber nicht in der Kultusministerkonferenz, sondern in ihrer Videobotschaft am Ende der Bitkom-Bildungskonferenz. Zu den digitalen Möglichkeiten für das Lernen sagte sie da: “Was heute klingt wie eine Mars-Mission, kann morgen schon gute Praxis sein.” Und sie wünschte sich, “den Turbo zu zünden”. Irgendwie klingt das auch nach Wunschdenken für das Ringen um den Digitalpakt.

Und noch etwas: Bei der KMK ging es am Donnerstag um noch viel mehr als den Digitalpakt II. Davon erfahren Sie morgen in einem weiteren Sondernewsletter mehr.

Einen schönen Abend wünscht

Ihre
Annette Kuhn
Bild von Annette  Kuhn

Analyse

Krisentreffen: Scheitern des Digitalpakts zunächst abgewendet

Bei den Startchancen-Verhandlungen konnten sich die Kultusministerinnen Karin Prien (CDU), Stefanie Hubig (SPD) und KMK-Präsidentin Christine Streichert-Clivot (SPD) mit Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) zusammenraufen. Beim Digitalpakt steht die Einigung noch aus.

Bund und Länder haben beim Digitalpakt auf den gemeinsamen Verhandlungsweg zurückgefunden. “Unsere gemeinsame Erwartungshaltung ist nun, dass wir jetzt zu einem verabredeten Zeitplan und den bereits konsentierten Gegenständen des Digitalpaktes zurückkehren und im Mai ein gemeinsamer Vereinbarungsentwurf vorliegt.” Das erklärte Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Karin Prien (CDU), Koordinatorin der B-Länder, während einer turbulenten Kultusministerkonferenz.

Der Streit zwischen dem BMBF und den Ländern hatte zuvor einen neuen Höhepunkt erreicht. Die rheinland-pfälzische Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD) teilte mit, dass sie froh sei, “dass wir trotz schwieriger Vorzeichen und erheblicher Verstimmungen heute gemeinsam entschieden haben, die Gespräche konstruktiv fortzusetzen”. Hubig ist zugleich Koordinatorin der A-Länder (SPD-Seite) in der KMK.

Wissenschaftsminister müssen weichen

Zuvor hatte es ein etwa einstündiges Treffen mit der Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) gegeben. Pünktlich um 15 Uhr fuhr die Ministerin vor. Die Wissenschaftsminister waren kurzfristig ausgeladen worden, sodass die Schulseite den einstündigen Termin mit Stark-Watzinger für eine Aussprache nutzen konnte. Denn der Redebedarf war groß. Genauso groß wirkte die Zahl der Stimmen im Umfeld, dass nicht klar sei, ob der Digitalpakt nach dem Gespräch noch eine Zukunft habe.

Auf der einen Seite des Tisches: KMK-Präsidentin Christine Streichert-Clivot, Prien und Hubig sowie die Staatssekretäre Torsten Klieme (Bremen) und Wilfried Kühner (Sachsen), Verhandlungsführer für die Länder. Auf der anderen Seite Stark-Watzinger und Staatssekretärin Sabine Döring, Verhandlungsführerin für den Bund. Ernste Mienen, um 16.12 Uhr war das Gespräch vorbei. Vonseiten des BMBF und auch von Bettina Stark-Watzinger persönlich hieß es auf Nachfrage von Table.Briefings, dass Verhandlungen vertraulich seien.

Zur aufgeladenen Atmosphäre hatte zuletzt das Treffen der Digitalpakt-Verhandlungsgruppe von Bund und Ländern am Mittwoch wesentlich beigetragen. Nach Darstellung der Länder stellte der Bund hier Forderungen auf, mit denen er erheblich in ihre Zuständigkeit eingreifen würde.

FDP-Lager wirft Prien Erpressung vor

Dazu zählen nach Informationen von Table.Briefings Erwartungen an die Fortbildung von Lehrkräften und die Einbindung der Digitalisierung in die Curricula. Für großen Unmut hatte auch gesorgt, dass der Bund in die Fortsetzung des Digitalpaktes anscheinend auch die mit bislang 200 Millionen Euro geplante Finanzierung für die “Kompetenzzentren für digitales und digital gestütztes Unterrichten in Schule und Weiterbildung” einbringen will. Bislang hatte das Anschlussprogramm an die Qualitätsoffensive Lehrerbildung in den Digitalpakt-Verhandlungen keine Rolle gespielt. Aus Sicht von Prien gebe es auch keinen “inhaltlichen Zusammenhang”, wie sie im Wiarda-Blog erklärte. Die Länder, so heißt es von mehreren Seiten, sahen im Auftreten des Bundes einen absoluten Affront. 

Vor allem zwischen Prien und Stark-Watzinger brodelt es anscheinend. Das zeigten bereits im Vorfeld des Aufeinandertreffens bei der KMK Statements aus den Reihen der Liberalen. Prien nutze die Kultusministerkonferenz als ihre persönliche Profilierungsbühne gegenüber dem Bund, sagte Gyde Jensen, Vize-Fraktionschefin, zu Table.Briefings. “Sie nutzt die Öffentlichkeit, um ihre Forderungen gegenüber dem Bund zu erpressen. Sie ist die einzige CDU-Ministerin, bei der nicht angekommen zu sein scheint, dass die CDU sich eigentlich als konstruktiver Verhandlungspartner gegenüber dem Bund zeigen wollte.”

Die harte Auseinandersetzung findet damit eine Fortsetzung. Denn Prien erklärte am Donnerstagabend: “Das Vertrauensverhältnis zwischen den Ländern und Bundesministerin Stark-Watzinger ist durch ihr Agieren in den vergangenen Tagen empfindlich beschädigt worden.” Sämtliche bisherigen Abmachungen zum Digitalpakt II sowie die vereinbarten Termine für Konkretisierung und Festlegung seien vom Bund einseitig infrage gestellt worden.

Das Ziel, Mitte Mai einen von Bund und Ländern geeinten Vereinbarungsentwurf zu haben, damit der Digitalpakt II Anfang 2025 beginnen kann, ist also längst nicht erreicht. Als Zwischenschritt sollen beide Seiten im April neue Forderungspapiere vorlegen und noch im selben Monat zu neuen Verhandlungen zusammenkommen, erfuhr Table.Briefings.

  • Bettina Stark-Watzinger
  • Bildungsföderalismus
  • Bildungspolitik
  • Digitale Bildung
  • Digitalisierung
  • Digitalpakt
  • Karin Prien
  • KMK
  • Schule

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    Ob es dann in der nächsten Verhandlungsrunde im April zu einer Einigung kommt, wissen wohl nur die Sterne. An denen war zumindest die Bundesbildungsministerin am Nachmittag schon nah dran. Aber nicht in der Kultusministerkonferenz, sondern in ihrer Videobotschaft am Ende der Bitkom-Bildungskonferenz. Zu den digitalen Möglichkeiten für das Lernen sagte sie da: “Was heute klingt wie eine Mars-Mission, kann morgen schon gute Praxis sein.” Und sie wünschte sich, “den Turbo zu zünden”. Irgendwie klingt das auch nach Wunschdenken für das Ringen um den Digitalpakt.

    Und noch etwas: Bei der KMK ging es am Donnerstag um noch viel mehr als den Digitalpakt II. Davon erfahren Sie morgen in einem weiteren Sondernewsletter mehr.

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    Ihre
    Annette Kuhn
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    Krisentreffen: Scheitern des Digitalpakts zunächst abgewendet

    Bei den Startchancen-Verhandlungen konnten sich die Kultusministerinnen Karin Prien (CDU), Stefanie Hubig (SPD) und KMK-Präsidentin Christine Streichert-Clivot (SPD) mit Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) zusammenraufen. Beim Digitalpakt steht die Einigung noch aus.

    Bund und Länder haben beim Digitalpakt auf den gemeinsamen Verhandlungsweg zurückgefunden. “Unsere gemeinsame Erwartungshaltung ist nun, dass wir jetzt zu einem verabredeten Zeitplan und den bereits konsentierten Gegenständen des Digitalpaktes zurückkehren und im Mai ein gemeinsamer Vereinbarungsentwurf vorliegt.” Das erklärte Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Karin Prien (CDU), Koordinatorin der B-Länder, während einer turbulenten Kultusministerkonferenz.

    Der Streit zwischen dem BMBF und den Ländern hatte zuvor einen neuen Höhepunkt erreicht. Die rheinland-pfälzische Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD) teilte mit, dass sie froh sei, “dass wir trotz schwieriger Vorzeichen und erheblicher Verstimmungen heute gemeinsam entschieden haben, die Gespräche konstruktiv fortzusetzen”. Hubig ist zugleich Koordinatorin der A-Länder (SPD-Seite) in der KMK.

    Wissenschaftsminister müssen weichen

    Zuvor hatte es ein etwa einstündiges Treffen mit der Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) gegeben. Pünktlich um 15 Uhr fuhr die Ministerin vor. Die Wissenschaftsminister waren kurzfristig ausgeladen worden, sodass die Schulseite den einstündigen Termin mit Stark-Watzinger für eine Aussprache nutzen konnte. Denn der Redebedarf war groß. Genauso groß wirkte die Zahl der Stimmen im Umfeld, dass nicht klar sei, ob der Digitalpakt nach dem Gespräch noch eine Zukunft habe.

    Auf der einen Seite des Tisches: KMK-Präsidentin Christine Streichert-Clivot, Prien und Hubig sowie die Staatssekretäre Torsten Klieme (Bremen) und Wilfried Kühner (Sachsen), Verhandlungsführer für die Länder. Auf der anderen Seite Stark-Watzinger und Staatssekretärin Sabine Döring, Verhandlungsführerin für den Bund. Ernste Mienen, um 16.12 Uhr war das Gespräch vorbei. Vonseiten des BMBF und auch von Bettina Stark-Watzinger persönlich hieß es auf Nachfrage von Table.Briefings, dass Verhandlungen vertraulich seien.

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    FDP-Lager wirft Prien Erpressung vor

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    Vor allem zwischen Prien und Stark-Watzinger brodelt es anscheinend. Das zeigten bereits im Vorfeld des Aufeinandertreffens bei der KMK Statements aus den Reihen der Liberalen. Prien nutze die Kultusministerkonferenz als ihre persönliche Profilierungsbühne gegenüber dem Bund, sagte Gyde Jensen, Vize-Fraktionschefin, zu Table.Briefings. “Sie nutzt die Öffentlichkeit, um ihre Forderungen gegenüber dem Bund zu erpressen. Sie ist die einzige CDU-Ministerin, bei der nicht angekommen zu sein scheint, dass die CDU sich eigentlich als konstruktiver Verhandlungspartner gegenüber dem Bund zeigen wollte.”

    Die harte Auseinandersetzung findet damit eine Fortsetzung. Denn Prien erklärte am Donnerstagabend: “Das Vertrauensverhältnis zwischen den Ländern und Bundesministerin Stark-Watzinger ist durch ihr Agieren in den vergangenen Tagen empfindlich beschädigt worden.” Sämtliche bisherigen Abmachungen zum Digitalpakt II sowie die vereinbarten Termine für Konkretisierung und Festlegung seien vom Bund einseitig infrage gestellt worden.

    Das Ziel, Mitte Mai einen von Bund und Ländern geeinten Vereinbarungsentwurf zu haben, damit der Digitalpakt II Anfang 2025 beginnen kann, ist also längst nicht erreicht. Als Zwischenschritt sollen beide Seiten im April neue Forderungspapiere vorlegen und noch im selben Monat zu neuen Verhandlungen zusammenkommen, erfuhr Table.Briefings.

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