Table.Briefing: Berlin Ausgabe: 559

Wen Klingbeil zu Ministern macht + Wen Bär in ihr Ministerium holt + Welche Chancen die AfD-Klage hat

Berlin.Table
Das Late-Night-Briefing aus der Hauptstadt
#559 / 04. Mai 2025
Talk of the Town: Schneider, Hubertz, Miersch & Co – Wie Klingbeil die SPD in der Regierung aufstellt
Elisabeth Kaiser: Thüringerin soll neue Ostbeauftragte werden
Klingbeils Team: Kall und Bösinger wechseln ins BMF
Forschung und Raumfahrt: Wie Dorothee Bär ihr Ministerium aufstellt
NRW-SPD: „Fundamentale Krise unserer Glaubwürdigkeit“
AfD-Einstufung I: Verfassungsrechtler sieht geringe Chancen für Klage
AfD-Einstufung II: Roderich Kiesewetter fordert Bundeswehr-Überprüfungen
Digitalministerium: Wildbergers Amtseinführung findet im BMI statt
Inklusion: Warum Deutschland seit Jahrzehnten hinterherhinkt
Marine: Jan van Aken warnt vor erhöhter Präsenz in der Taiwan-Straße
Table.Today Podcast: Die KI-Unternehmerin und designierte FDP-Generalsekretärin Nicole Büttner im ersten Interview
Table.Documents: BMI-Bericht zu Asylverfahren in Drittstaaten
Heads: Jochen Kroeker + Andreas Goergen + André Denk
Best of Table: Binnenmarkt-Strategie der EU + Wie man einen Handelskrieg übersteht + China-Narrative bei der Berliner-Zeitung
Must-Reads: Internationale Rechte eilt AfD zur Hilfe + Ampel laut Studie „erfolgreich gescheitert“ + Merz’ schwieriger Umgang mit seinem Großvater
Nachttisch: „Die Säulen der Erde“ – Graphic Novel nach dem Roman von Ken Follett
Talk of the Town
Carsten Schneider, Matthias Miersch, Verena Hubertz
Carsten Schneider, Verena Hubertz, Matthias Miersch
Schneider, Hubertz, Miersch & Co: Wie Klingbeil die SPD in der Regierung aufstellt
Von Michael Bröcker
Es gehe bei den Personalentscheidungen für Kabinett und Fraktion um einen Mix aus erfahrenen Politikerinnen und Politikern und neuen Gesichtern. Es gehe aber vor allem um „Teamplay“. So hatte Parteichef Lars Klingbeil als designierter Vizekanzler in den vergangenen Tagen die Gespräche für die SPD geführt – eine Kampfkandidatur und offene Gräben wollte Klingbeil, der stets auf Ausgleich bedacht ist, unbedingt vermeiden.
 
Das mit der Kampfkandidatur ist ihm gelungen, doch tiefe Wunden bleiben. So geht Hubertus Heil, der bisherige Arbeitsminister, leer aus und muss auch auf den angestrebten Fraktionsvorsitz verzichten, weil Klingbeil die wichtigen Strömungen Seeheimer Kreis und die Parlamentarische Linke auf seinen Wunschkandidaten Matthias Miersch geeicht hatte. Am Sonntagnachmittag zog Heil zurück, begründete dies mit dem fehlenden Rückhalt der Parteispitze. Nun ist der Weg frei für Generalsekretär Miersch, der in den Koalitionsverhandlungen zur wichtigsten Stütze für die Parteivorsitzenden Klingbeil und Saskia Esken wurde und zum linken Parteiflügel gezählt wird.
 
Dafür hat Klingbeil im Kabinett weitgehend mit freier Hand ein Team aus Pragmatikern und Seeheimern zusammengestellt. Es steht ihm nicht nur loyal zur Seite, sondern soll auch den notwendigen Neuanfang in der SPD signalisieren. Ein Mix aus Erfahrung und frischem Wind, wie es einer sagte, der in den Verhandlungen mitmischte. Einige Namen hat Table.Briefings exklusiv erfahren. 
 
Carsten Schneider: Der 49-jährige SPD-Bundestagsabgeordnete soll Umweltminister werden. Der Bankkaufmann aus Erfurt ist zwar ein neues Gesicht auf der Ministerbank, aber im Parlament ein „Oldtimer“. Seit 1998 sitzt Schneider im Bundestag, so lange wie sonst bei den Sozialdemokraten nur noch Hubertus Heil. Damals war er mit 22 Jahren der jüngste jemals in den Bundestag gewählte Abgeordnete und glühender Gerhard-Schröder-Fan. In der Öffentlichkeit bekannt wurde er durch seine karierten Sakkos und seine prominente Rolle als Haushaltsexperte und Vertrauter von Finanzminister Peer Steinbrück in der Finanzkrise. Als langjähriger Sprecher des Seeheimer Kreises gehört er zu den Konservativen in der Partei, zuletzt war der gelernte Bankkaufmann Ostbeauftragter der Regierung. In der Umweltpolitik ist er bisher nicht aufgefallen. Der Hobby-Angler liebt die Natur, das ist die bisher sichtbarste Verbindung zu seinem neuen Ressort. Schneider will Jochen Flasbarth, den früheren Staatssekretär im Umweltministerium und ausgewiesenen Fachmann, als beamteten Staatssekretär in sein Ministerium holen.
 
Verena Hubertz: Die erst 37 Jahre alte Unternehmerin aus Trier soll neue Bauministerin werden. Sie wäre die größte Überraschung und das jüngste Mitglied im Kabinett. Die Betriebswirtin der privaten Elite-Uni WHU in Vallendar arbeitete unter anderem für PriceWaterhouseCoopers und die Commerzbank, bevor sie in Berlin die crossmediale Küchen-Plattform KitchenStories gründete, die später von einer Bosch-Tochter übernommen wurde. Erst 2010 trat sie der SPD bei, seit 2021 sitzt Hubertz im Bundestag, wo sie gleich zur Vize-Chefin der Fraktion unter Klingbeil aufstieg.
 
Bärbel Bas: Die ehemalige Bundestagspräsidentin stand bei Parteichef Klingbeil früh fest als neue Ministerin. Ihre Aufsteigerbiografie (zweiter Bildungsweg, Schweißerlehre, Sozialversicherungsfachangestellte) und ihre zupackende Sprache sollen der SPD bei den Arbeiterinnen und Arbeitern wieder mehr Zustimmung bringen. Sie übernimmt von Heil das Arbeitsministerium, das Klingbeil früh neu besetzen wollte. Heil galt in der SPD-Führung als „Bürgergeld-Minister“ als beschädigt. Klingbeil, aber auch seine wichtigen Berater in den Ländern wie Stephan Weil und Manuela Schwesig halten das verkorkste Bürgergeld für die Hauptursache für die Wahlniederlage.
 
Neuer Staatssekretär in Bas’ Arbeitsministerium soll der bisherige Bundestags-Direktor Michael Schäfer werden. Bas hat intern signalisiert, dass sie die Reformideen für das Bürgergeld voll mitträgt und umsetzen will. Außerdem sieht sie sich als Vorkämpferin für Frauenrechte in der Bundesregierung. In den Koalitionsverhandlungen hat sie durchgesetzt, dass die Parität von Männern und Frauen im Parlament Bedingung für eine erneute Reform des Wahlrechts sein muss. Derzeit sind nur 32 Prozent der Abgeordneten weiblich.
 
Boris Pistorius wird in Lebens- und Dienstjahren der erfahrenste Minister auf SPD-Seite im Kabinett sein. Der 65-jährige Niedersachse hat früh signalisiert, dass er gerne im Amt bleiben würde und die begonnenen Reformen und den Aufrüstungskurs vollenden möchte. Klingbeil hatte dagegen nichts einzuwenden. Der Minister hat bereits einen ersten Entwurf für den neuen Etat fertig, der eine Rekordsumme für die Verteidigung vorsehen soll und den Pistorius beim Nato-Ministertreffen präsentieren wird. Was auf Pistorius in der zweiten Amtszeit alles zukommt, hat Thomas Wiegold hier für den Security.Table zusammengefasst.
Elisabeth Kaiser: Thüringerin soll neue Ostbeauftragte werden. Bisher war die 38-Jährige Parlamentarische Staatssekretärin im Bauministerium. Sie übernahm den Posten 2023, als Cansel Kiziltepe Sozialsenatorin in Berlin wurde. In der vergangenen Legislaturperiode war Kaiser Vizevorsitzende der SPD-Landesgruppe Ost und Sprecherin der AG Strategien gegen Rechtsextremismus. Bevor sie 2017 Abgeordnete wurde, war die studierte Politik- und Verwaltungswissenschaftlerin Pressesprecherin der SPD-Fraktion im Thüringer Landtag. Ihren Wahlkreis konnte Kaiser nicht gewinnen, sechs von acht Direktmandaten in Thüringen gingen bei der letzten Bundestagswahl an die AfD. Okan Bellikli
Klingbeils Team: Kall und Bösinger wechseln ins BMF. Das Bauministerium und das Innenministerium verlieren wichtige Beamte an das Finanzministerium. Wie Table.Briefings aus Parteikreisen erfuhr, soll der bisherige Pressesprecher von Nancy Faeser im Innenministerium, Maximilian Kall (41), neuer Chefkommunikator von Lars Klingbeil werden. Zuvor arbeitete Kall auch im Justiz- und im Familienministerium. Einen weiteren Top-Beamten holt sich Klingbeil aus dem Bauministerium. Staatssekretär Rolf Bösinger soll den Informationen zufolge ebenfalls wieder ins Finanzministerium wechseln. Der promovierte Ökonom aus dem Schwarzwald war schon unter Finanzminister Olaf Scholz von 2018 bis 2021 Staatssekretär im Finanzministerium und sitzt außerdem im Aufsichtsrat der Deutschen Telekom. Im Willy-Brandt-Haus bleibt die enge Vertraute und bisherige Pressesprecherin, Bianca Walther (35), die Kommunikationschefin. Michael Bröcker
Die personelle Aufstellung in der SPD ist auch das beherrschende Thema im Podcast Table.Today, den Sie ab 6 Uhr hier hören.
News
Marcus Pleyer
Forschung und Raumfahrt: Wie Dorothee Bär ihr Ministerium aufstellt. Marcus Pleyer soll einer von zwei beamteten Staatssekretären im neu zugeschnittenen Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt (BMFTR) werden. Der Finanzjurist arbeitet derzeit im BMF, war sechs Jahre Leiter der internationalen Anti-Geldwäsche-Agentur FATF und von 2011 bis 2014 Büroleiter von Wolfgang Schäuble. Pleyer soll die Zentralabteilung, die Grundsatzfragen und die europäische und internationale Zusammenarbeit im Ministerium koordinieren. Dorothee Bär will mit der Personalie aber vor allem auch sicherstellen, dass die geplanten Finanzmittel für die Forschung und Innovationsthemen wirklich in ihrem Budget landen.
 
Die Leitungsebene übernimmt Marisa Schwarz. Bär kennt die 48-Jährige aus ihrer Zeit als Staatsministerin für Digitalisierung, damals war Schwarz Büroleiterin im Kanzleramt. Zuvor arbeitete sie als Büroleiterin für Ursula von der Leyen. Vanessa Janich leitet künftig das Ministerinnenbüro, die studierte Politologin gilt als enge Vertraute. Für die Kommunikation zuständig wird Christina Harbusch sein, zuletzt Pressesprecherin der Unionsfraktion. Mit ins Kommunikations-Team kommt Mike Wyroslawski, bisheriger Leiter Digitale Kommunikation der CSU im Bundestag. Michael Bröcker, Nicola Kuhrt
NRW-SPD: „Fundamentale Krise unserer Glaubwürdigkeit“. Der Leitantrag ist zwar schon vor Wochen entstanden, doch nun kommt die Veröffentlichung zur Unzeit: Einen Tag vor Bekanntgabe der SPD-Kabinettspersonalia und Unterzeichnung des Koalitionsvertrages übt die NRW-SPD harsche Kritik am Zustand der Partei – und an der Parteiführung in Berlin. Im Leitantrag für den Landesparteitag am kommenden Samstag in Duisburg wird das Wahlergebnis vom 23. Februar als „Tiefpunkt der deutschen Sozialdemokratie“ bezeichnet, von einem „desaströses Abschneiden“ und einer „katastrophalen Niederlage“ ist die Rede. Diese müsse nun intensiv aufgearbeitet werden – inhaltlich, organisatorisch und personell. Bereits nach Ausbruch des Ukraine-Krieges hätte es „konsequente Antworten in allen Politikbereichen gebraucht“. Die jedoch gab es nicht. Später habe „die Parteispitze die Diskussion über die Kanzlerkandidatur viel zu lange laufen“ gelassen. Die Partei habe einen Stop-and-Go-Wahlkampf geführt, der den Schwung der „hoch engagierten Mitglieder immer wieder ausgebremst hat“.
 
Seit zwei Jahrzehnten befinde sich die Partei „in einer Phase der kleinen Aufs und großen Abs“. Die Lage sei gekennzeichnet von einer „fundamentalen Krise unserer Glaubwürdigkeit“. Die Ungleichheit im Land habe in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich zugenommen, das Leben sei beschwerlicher geworden und die Menschen verlören zunehmend den Glauben, „dass die Sozialdemokratie noch die Kompetenzen und den Willen hat, diesen Entwicklungen etwas entgegenzusetzen“. Viele vermeintliche Erfolge seien am Leben der Menschen vorbeigegangen. Das Aufstiegsversprechen der SPD, so der Leitantrag, „braucht dringend ein Update für das 21. Jahrhundert“. Der Antrag ist auch ein Appell an die Parteiführung in Berlin, die versprochene Analyse der Bundestagswahl zu beschleunigen. Inzwischen wurde zwar eine Kommission mit knapp zwei Dutzend Mitgliedern einberufen, mit fundierten Erkenntnissen bis zum Parteitag Ende Juni ist indes kaum zu rechnen. Horand Knaup
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AfD-Einstufung I: Verfassungsrechtler sieht geringe Chancen für Klage. Florian Meinel, Professor für Staatstheorie, Politische Wissenschaften und Vergleichendes Staatsrecht an der Georg-August-Universität Göttingen, hält die angekündigte Klage der AfD gegen die Entscheidung des Verfassungsschutzes, die Partei als gesichert rechtsextremistisch einzustufen, für „eher aussichtslos“. Der Verfassungsschutz habe sich bei seiner Entscheidung eng an den Vorgaben des Oberverwaltungsgerichts NRW und den Kriterien des Bundesverfassungsgerichts für die Verfassungsfeindlichkeit der zweiten NPD-Entscheidung orientiert. „Insofern glaube ich, ohne das Gutachten im Einzelnen zu kennen, dass die Rechtssicherheit dieser Entscheidung sehr hoch ist“, sagt der Verfassungsrechtler im Interview mit Table.Briefings.

Rechtliche Wirkung habe die Hochstufung erst einmal nicht, da der Verfassungsschutz keine Befugnisse einschränken könne. Zudem folge aus dem sogenannten Parteienprivileg, dass unterhalb der Schwelle vom Parteienverbot keine Sanktionen verhängt werden dürften. Die Hochstufung habe also keinen Einfluss etwa auf die Frage, ob die AfD künftig Ausschussvorsitzende stelle. „Jetzt muss man sich sehr genau überlegen, wie es mit diesem Parteienprivileg bei einer anerkanntermaßen verfassungsfeindlichen Partei weitergehen muss“, so Meinel. Für die öffentliche Wahrnehmung der AfD hätten die Entscheidungen des Verfassungsschutzes an Bedeutung verloren: „Der Igitt-Effekt dieser Maßnahmen scheint verpufft zu sein.“ Was Meinel zum Zeitpunkt der Entscheidung – am vorletzten Arbeitstag der Ampelregierung – sagt und wie er die Chancen für ein Parteienverbot einschätzt, lesen Sie im Interview des Berlin.Table. Helene Bubrowski
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AfD-Einstufung II: Roderich Kiesewetter fordert Bundeswehr-Überprüfungen. Der CDU-Politiker hält eine Mitgliedschaft in einer als rechtsextrem eingestuften Partei für unvereinbar mit dem Beruf als Soldat oder Beamter bei der Bundeswehr. „Wenn jemand offen rechtsextremistisch und verfassungswidrig ist, dann sollte er kein Staatsdiener sein“, sagt Kiesewetter Table.Briefings. Die Bundeswehr müsse rasch prüfen, ob Soldaten und Beamte, die der AfD angehörten, weiter Zugang zu sicherheitsrelevanten Informationen bekommen sollten. „Eventuell müssen Sicherheitsüberprüfungen entzogen werden, da wir es auf Dauer nicht dulden können, dass Verfassungsfeinde Zugang zu Verschlusssachen haben.“ Viele Verteidigungspolitiker in der AfD wie Rüdiger Lucassen, Gerold Otten, Jan Nolte oder Hannes Gnauck waren selbst Offizier bei der Bundeswehr. Warum Experten aber davor warnen, von der AfD auf die gesamte Bundeswehr zu schließen, lesen Sie im Security.Table. Lisa-Martina Klein
Digitalministerium: Wildbergers Amtseinführung findet im BMI statt. Der designierte Digitalminister Karsten Wildberger wird sein Büro vorübergehend in den Räumen der zwei Digital-Abteilungen im Innenministerium an der Englischen Straße beziehen, die in das neue Ministerium überführt werden. Auch die Amtseinführung soll dort stattfinden – organisiert vom BMDV. „Die Ministerien, die kraft Organisationserlass Zuständigkeiten an das Bundesministerium für Digitalisierung und Staatsmodernisierung (BMDS) abgeben müssen, sorgen in der Aufbauphase des neuen Ministeriums bereits jetzt in enger Abstimmung für die Arbeitsfähigkeit des BMDS“, sagte ein Sprecher des BMI Table.Briefings. Neben BMI und BMDV könnten auch BMF und BMWK Personal an das neue Ministerium abtreten. Leonard Schulz
Inklusion: Warum Deutschland seit Jahrzehnten hinterherhinkt. Union und SPD wollen sich im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention dafür einsetzen, dass Menschen mit Behinderungen „ihr Recht auf volle, wirksame und gleichberechtigte Teilhabe verwirklichen können“. Entsprechende Ziele standen seit Inkrafttreten der Konvention 2009 in jedem Koalitionsvertrag, wurden bis heute aber nicht umfassend umgesetzt. Auch das vor gut 30 Jahren im Grundgesetz verankerte Benachteiligungsverbot besteht nur auf dem Papier.
 
Kritik kommt von den Grünen, auch an der Ampel. Die letzte Koalition habe trotz ambitionierter Versprechen zu wenig gemacht, sagte die Grünen-Fachpolitikerin Corinna Rüffer Table.Briefings. Gründe waren aus ihrer Sicht „die Krisen der letzten Jahre und eine angespannte Haushaltslage, aber auch mangelnder politischer Wille der Koalitionspartner und der Einfluss starker Lobbyinteressen“. Für den 5. Mai ist anlässlich eines jährlichen europäischen Protesttags eine Demonstration von Sozialverbänden in Berlin geplant. Wilfried Oellers, zuständiger Beauftragter der Unionsfraktion, kündigte in einer Mitteilung dazu einen „Neustart“ in Sachen Inklusion an. Was zentrale Baustellen sind und was ein im Juni in Kraft tretendes Gesetz ändern soll, lesen Sie in der Analyse des Berlin.Table. Okan Bellikli
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Marine: Jan van Aken warnt vor erhöhter Präsenz in der Taiwan-Straße. Nachdem zuletzt Stimmen laut geworden waren, die mehr deutsche Präsenz in den Gewässern rund um Taiwan befürworten, sagte der Parteivorsitzende der Linken im Interview mitTable.Briefings: „Dann müssen wir uns auch daran gewöhnen, dass chinesische U-Boote bald vor Helgoland proben.“ Die Pläne seien eine unnötige Provokation. „Ich sehe nicht, dass irgendein europäisches Land Einfluss auf die Situation um Taiwan hat.“ Van Aken empfiehlt der neuen Bundesregierung stattdessen, der chinesischen Regierung „tragfähige Lösungen“ in der Taiwan-Frage anzubieten. Wie er den Status von Taiwan bewertet, lesen Sie im China.Table. Leonardo Pape
Table.Today Podcast
Nicole Büttner, KI-Expertin aus der Start-up-Branche, soll nach dem Wunsch des designierten FDP-Vorsitzenden Christian Dürr die neue Generalsekretärin der Partei werden. Die Chefin des Start-up-Verbands, Verena Pausder, nennt Büttner eine „grandiose Frau, eine erfolgreiche Unternehmerin und eine echte Macherin“. In ihrem ersten Interview nach der Nominierung spricht Büttner mit Maximilian Stascheit über die inhaltliche Neuausrichtung der FDP und warum sie den Sprung in die Politik wagt. Das Gespräch hören Sie ab 6 Uhr hier.
Table.Documents
Abschlussbericht des BMI zu Asylverfahren in Drittstaaten
Heads
Joshua Kroeker ist Gründer und Analyst der Geopolitik- und Sicherheitsberatungsfirma Reaktion Group Consulting. Seit Russlands Angriff auf die gesamte Ukraine bietet er sicherheitspolitische Analysen von beiden Seiten der Front. Seine Kunden sind Nichtregierungsorganisationen, westliche Unternehmen und auch diplomatische Vertretungen, da es vielen westlichen Diplomatinnen und Diplomaten in der Ukraine aus Sicherheitsgründen nicht erlaubt ist, sich selbst ein Bild von der Situation an der Front zu machen. Wie Kroeker sein Netzwerk in Russland und der Ukraine aufgebaut hat, lesen Sie im Security Table.
 
Andreas Goergen, Amtschef bei Staatsministerin Claudia Roth, wird seinen Stuhl noch in dieser Woche räumen. Das hat das künftige Kanzleramt entschieden. Roth-Nachfolger Wolfram Weimer hatte zuvor im Stern noch von „großartigen Mitarbeitern“ in seiner neuen Behörde gesprochen. Wer auf Goergen folgt, soll am Dienstag bekanntgegeben werden. Als gesichert gilt, dass es eine CDU-Personalie wird. Auch Johannes Dimroth, 50, promovierter Jurist und stellvertretender Leiter des Bundespresseamtes, soll zeitnah gehen. Sein Abgang kommt unerwartet, er gilt als erfahren und kompetent. Dimroth war schon unter Thomas de Maizière während der Flüchtlingswelle 2015 Sprecher des Innenministeriums.
 
André Denk soll die Leitung der Europäischen Verteidigungsagentur übernehmen und wäre damit der erste Militär an der Spitze der Agentur. Der deutsche Generalmajor war bisher Vize-Chef der EDA und übernimmt von Jiri Šedivy. Der Behörde soll in Zukunft bei Europas Verteidigung eine wichtigere Rolle zukommen. Warum er in Berlin bislang eher kritisch gesehen wurde, lesen Sie im Security.Table.
Best of Table
Europe.Table: Kommission will Hemmnisse im Binnenmarkt beseitigen. Dazu gehört unter anderem die Anerkennung beruflicher Qualifikationen, wie aus dem Entwurf für die Kommunikation der neuen Strategie hervorgeht, der Table.Briefings exklusiv vorliegt. Welche weiteren Themen fokussiert werden sollen, lesen Sie hier.
 
Europe.Table: Wie man einen Handelskrieg übersteht. In ihrem Standpunkt argumentieren drei Experten vom Jacques Delors Centre, der Bertelsmann Stiftung und dem Centre for European Reform, dass Europa den Sturm mit einer gut abgestimmten Dosis praktischer Solidarität überstehen kann. Was sie genau vorschlagen, lesen Sie hier.
 
China.Table: Berliner Zeitung öffnet sich für die chinesische Regierung. Unter dem Deckmantel eines journalistischen Austauschs verbreitet das Blatt staatliche Narrative ohne journalistische Distanz, kritisiert China-Experte Ralph Weber von der Universität Basel. Wie groß die Nähe Blattes zur chinesischen Propaganda ist, lesen Sie hier.
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Must-Reads
SZ: Internationale Rechte eilt der AfD zur Hilfe. Die FPÖ, Viktor Orbán sowie Elon Musk und der US-amerikanische Außenminister haben die Einstufung der AfD als rechtsextrem scharf kritisiert. Die AfD nutzt die internationalen Stimmen, um den Verfassungsschutz zu diskreditieren. Unter einem Post von Marco Rubio auf X verteidigte das deutsche Außenministerium das Modell der wehrhaften Demokratie. („Das internationale Netzwerk eilt zu Hilfe“)
 
FAZ: Wie Merz Patrick Schnieder überraschend zum neuen Verkehrsminister berufen hat. Schnieder galt bislang als sachlicher und unauffälliger Abgeordneter und hatte mit dem Amt nicht gerechnet. Die Entscheidung wurde nur im engsten Kreis vorbereitet und folgt der Tradition, Ministerposten oft überraschend und ohne Rücksicht auf parteiinterne Proporze zu vergeben. Dies solle Führungsstärke demonstrieren und zeige, dass politische Karrieren häufig von Loyalität und Verlässlichkeit abhängen. („Interessant wird es, wenn der Parteichef kein Stichwort nennt“)
 
Spiegel: Ampel laut Studie „erfolgreich gescheitert“. Eine Bertelsmann-Studie bescheinigt der Ampelkoalition zwar, mehr Vorhaben als Vorgängerregierungen umgesetzt, aber nur etwas mehr als die Hälfte der eigenen Versprechen tatsächlich erfüllt zu haben. Frühere Regierungen hatten prozentual mehr geschafft, aber auch deutlich weniger Vorhaben versprochen. Der neue Koalitionsvertrag gilt wieder als weniger ambitioniert. („‘Erfolgreich gescheitert’ – so sehen Forschende die Regierung der Ampel“)
 
SZ: Asylverfahren in Drittstaaten möglich, aber aufwendig und teuer. Noch-Innenministerin Nancy Faeser hält die Pläne der Union, Asylverfahren in Drittstaaten auszulagern, für möglich, aber kaum umsetzbar. Der am Sonntag veröffentlichte Bericht attestiert erhebliche rechtliche Probleme und hohe Kosten. Laut Faeser bestehe die Gefahr, dass solche Pläne wie im Falle Großbritanniens und Ruanda „krachend scheitern“. („‘Erhebliche praktische Hürden'“)
 
Nicht überlesen!
 
Taz: Merz’ schwieriger Umgang mit seinem Großvater.
Als die taz vor über 20 Jahren erstmals berichtete, dass der Großvater von Friedrich Merz, der bis 1937 Bürgermeister in Brilon war, Mitglied der NSDAP und der SA war, hat der CDU-Politiker das zunächst bestritten und gegen die Zeitung geklagt. Später räumte er die Tatsache ein, relativierte sie aber mit den Worten, dass sein Großvater in den Nationalsozialismus „hereingeraten“ sei. Kurz vor seiner Wahl zum Kanzler wollte er sich gegenüber der Zeitung nicht zum Thema äußern. („Friedrich und sein Nazi-Opa“)
Schlagzeilen von morgen
SZ: Härtere Gangart gegen die AfD
FAZ: Debatte über Ausschluss von AfD-Mitgliedern aus Staatsdienst
Tagesspiegel: Geht der AfD bald das Geld aus?
Handelsblatt: Buffetts Vermächtnis
Sächsische Zeitung: Zahl der Wohnungslosen hat sich in Sachsen fast verdoppelt
Meistgelesenes von heute
Zeit Online: Fast die Hälfte der Deutschen laut Umfrage für AfD-Verbot
Spiegel: Serbiens Präsident Vučić muss USA-Besuch vorzeitig abbrechen
Taz: USA und AfD – „Getarnte Tyrannei“
Handelsblatt: Rentenberater – „40 Prozent der Bescheide sind falsch“
NZZ: Die Zahl der Autismusfälle hat sich in den vergangenen Jahren vervielfacht. Woran liegt das?
Interviews von morgen

Deutschlandfunk
 
6:50 Uhr: Heiko Teggatz, Deutsche Polizeigewerkschaft: Wie realistisch sind härtere Grenzkontrollen?
7:15 Uhr: Thomas Fischer, ehemaliger Richter am BGH: Wie stehen die Chancen für ein AfD-Verbot?
8:10 Uhr: Michael Vassiliadis, Vorsitzender der Gewerkschaft IGBCE: Neue Regierung – Was muss die SPD liefern?
 
Das Erste
 
6:10 Uhr/7:35 Uhr: Michael Spörke, Sozialverband Deutschland: Barrierefreiheit in Deutschland
7:15 Uhr: Roderich Kiesewetter, MdB (CDU): Kommt jetzt ein AfD-Verbotsverfahren?
8:35 Uhr: Ricarda Lang, MdB (Grüne): Kommt jetzt ein AfD-Verbotsverfahren?

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Table.Forum Regierungsagenda. Lesen Sie den ganzen Beitrag von Christian Hartmann hier.
Time.Table

Highlights der Woche
 
Am Montag um 12 Uhr unterzeichnen CDU, CSU und SPD ihren Koalitionsvertrag.
 
Am Montag kommen SPD (17:30 Uhr) und CDU/CSU (16 Uhr) jeweils zu ihren Bundesfraktionssitzungen zusammen. Die Sozialdemokraten benennen in diesem Rahmen ihre designierten Ministerinnen und Minister; die Union wählt ihren neuen Fraktionschef und Ersten Parlamentarischen Geschäftsführer.
 
Abends um 21 Uhr findet der Große Zapfenstreich zu Ehren des scheidenden Bundeskanzlers Olaf Scholz auf dem Ehrenhof des Verteidigungsministeriums statt.
 
Am Dienstag wählt der Bundestag den neuen Bundeskanzler, die Sitzung beginnt 9 Uhr. Zuvor treten SPD und CDU/CSU um 8 Uhr in ihren Fraktionen zusammen. Nach Ernennung durch Frank-Walter Steinmeier um 10:30 Uhr wird der voraussichtlich zukünftige Bundeskanzler Friedrich Merz seinen Amtseid vor dem Bundestag ablegen. Ab 12:30 Uhr erfolgt die Ernennung und die Vereidigung des Bundeskabinetts. Das Ende des Plenums ist für 14 Uhr angesetzt. 
 
Am Mittwoch reist der designierte Bundeskanzler für diplomatische Gespräche nach Paris und Warschau.
 
Am Donnerstag jährt sich zum 80. Mal das Ende des Zweiten Weltkrieges und der Tag der Befreiung Deutschlands vom Nationalsozialismus. Die diesjährige Gedenkstunde des Bundestages steht im Zeichen der Auschwitz-Befreiung. Frank-Walter Steinmeier und Roman Schwarzman werden in diesem Rahmen vor dem Parlament sprechen.
 
Am Freitag ist Europatag und der 75. Jahrestag der Schuman-Erklärung.
 
Am Freitag und Samstag findet der Bundesparteitag der Linken in Chemnitz statt.
 
5. Mai
 
Festakt: 100 Jahre Deutsches Museum München. Mit Frank-Walter Steinmeier. Museumsinsel München, 11 Uhr
 
Arbeit: Cansel Kiziltepe und Katja Karger stellen die Ergebnisse der Befragung Gute Arbeit in Berlin 2024 vor. Senatsverwaltung für Arbeit und Soziales, 10 Uhr
 
Preisverleihung: Die deutsche Menschenrechtlerin und Aktivistin Marie von Manteuffel wird mit dem Preis Frauen Europas ausgezeichnet. Europäisches Haus, 17:30 Uhr. Weitere Informationen  
 
Global Solutions Summit: Zum Thema Bridging Divides: New Pathways for Global Prosperity. Mit Jörg Kukies. ESMT Berlin, bis 7. Mai. Weitere Informationen
 
Meeresnaturschutz: Nationale Meereskonferenz. Mit Steffi Lemke, Peter Thomson und Costas Kadis. WECC Berlin, bis 7. Mai. Weitere Informationen
 
Verteidigung: Deutsches Forum Sicherheitspolitik. Mit Elina Valtonen.
Bundesakademie für Sicherheitspolitik, bis 7. Mai. Weitere Informationen

Geburtstage von morgen
Helmut Kulitz, Botschafter in der Mongolei, 65
Frank Junge, MdB (SPD), 58
Nachttisch
Unser Tipp führt Sie heute zu einem Weltbestseller. Die Säulen der Erde von Ken Follett wurde in viele Sprachen übersetzt, als Brett- und Computerspiel umgesetzt und verfilmt. Mittlerweile gibt es den Mittelalter-Roman sogar als mehrteilige Graphic Novel. Der zweite Band erschien Ende April. Im Mittelpunkt steht der für die damalige Zeit ein monumentales Projekt darstellende Bau einer Kathedrale, eingerahmt von Konflikten zwischen Adligen, Geistlichen und einfachen Menschen. Okan Bellikli
 
Didier Alcante/Steven Dupré: Die Säulen der Erde | Lübbe
Das war’s für heute. Good night and good luck!

Heute haben Okan Bellikli, Michael Bröcker, Helene Bubrowski, Lisa-Martina Klein, Horand Knaup, Malte Kreutzfeldt, Nicola Kuhrt, Carli Bess Kutschera, Marit Niederhausen, Leonardo Pape, Leonard Schulz und Maximilian Stascheit mitgewirkt. 

Der Berlin.Table ist das Late-Night-Briefing für die Table.Media-Community. Wenn Ihnen der Berlin.Table gefällt, empfehlen Sie uns bitte weiter. Wenn Ihnen diese Mail weitergeleitet wurde: Hier können Sie sich kostenlos anmelden.
Berlin.Table Redaktion
Stefan Braun Stefan Braun
Okan Bellikli Okan Bellikli
Michael Bröcker Michael Bröcker
Helene Bubrowski Helene Bubrowski
Peter Fahrenholz Peter Fahrenholz
Damir Fras Damir Fras
Franziska Klemenz Franziska Klemenz
Horand Knaup Horand Knaup
Malte Kreutzfeldt Malte Kreutzfeldt
Leonard Schulz
Sven Siebert Sven Siebert
Maximilian Stascheit Maximilian Stascheit
Julian-Heissler Julian Heissler

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