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Berlin.Table
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Das Late-Night-Briefing aus der Hauptstadt
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#523
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13. März 2025
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Talk of the Town
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Lars Klingbeil und Friedrich Merz haben nach der Debatte einiges zu besprechen
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Finanzpaket: Wer wen wie umwirbt, oder auch nicht
von
Stefan Braun, Horand Knaup und Maximilian Stascheit
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Der Bundestag hat am Donnerstag eine Debatte erlebt, wie es sie so sehr wahrscheinlich noch nie gegeben hat. Zum einen, weil über allem die Frage schwebte, ob das Bundesverfassungsgericht den von Union und SPD gewählten Weg überhaupt mitgeht. Zum anderen, weil der Wahrscheinlich-Bald-Kanzler Friedrich Merz am Rednerpult begründen musste, warum er plötzlich genau das tut, was der Noch-Kanzler und dessen Vize immer tun wollten, aber wegen des strikten Neins von Merz nicht tun konnten. Olaf Scholz und Robert Habeck wurden Zeugen einer Debatte, bei der sie wahlweise lächelten, staunten und sich insgeheim auch geärgert haben dürften, während Merz und Lars Klingbeil mal geschickt und mal sehr ungeschickt um eine grüne Fraktion warben, die noch immer vor allem erklärt, warum sie bei alledem eigentlich nicht mitmachen möchte.
Merz muss kämpfen – gegen ein drohendes Nein aus Karlsruhe und den Vorwurf des Betrugs. Er spricht von einer “nun wirklich in jeder Hinsicht besorgniserregenden Sicherheitslage” in Europa; deshalb würden alle jetzt anstehenden Entscheidungen keinen Aufschub mehr dulden. Merz muss die Dringlichkeit in grellsten Farben malen. Zugleich möchte er sich gegen den Vorwurf des Verrats und des Betrugs wehren. Er weiß, dass dieser Vorwurf nicht nur von politischen Gegnern, sondern auch von eigenen Anhängern erhoben wird. Also erinnert er daran, dass er schon im November Schulden für Investitionen nicht ausgeschlossen habe. Merz, sein engstes Umfeld und die ganze Fraktion wissen, wie sehr diese Kritik noch weh tun kann, vor allem dann, wenn dieses Hochrisiko-Vorhaben schiefgeht. Ob kurzfristig oder in den langfristigen Auswirkungen.
Um das schnelle Sterben des Projekts zu verhindern, muss er um die Grünen kämpfen. Und das tut er zunächst. So kündigt er an, dass man beim Thema Verteidigung die Forderung übernehme, den Sicherheitsbegriff auf Zivilschutz und Geheimdienste auszudehnen, also auch Investitionen dafür ab einem bestimmten Betrag von der Schuldenbremse ausnehmen werde. Und beim Thema Zukunftsinvestitionen werde man Investitionen in den Klimaschutz aufnehmen und eine Summe von bis zu 50 Milliarden für den KTF bereitstellen. Das klingt nach einem erheblichen Etappenerfolg für die Grünen. Einziges Problem: Merz hat all das nicht in persönlichen Gesprächen vorgeschlagen, sondern den Grünen auf den Tisch gelegt, nach dem Motto: Das ist es jetzt aber auch. Dass er offenbar gar nicht ahnt, wie blöd sich das für die Grünen anfühlen könnte, unterstreicht Merz noch, als er vom Manuskript abweicht, weil ihm viele Grüne weiter sehr kritisch zuhören. “Was wollen Sie denn noch”, ruft er ihnen entgegen, was nicht zugewandt klingt, sondern trotzig.
Trotzig passt freilich auch auf die Grünen. Co-Fraktionschefin Katharina Dröge spricht zwölf Minuten lang in scharfem Ton über Merz. Es entsteht schnell der Eindruck, dass sie nicht Bedingungen aufzählt, die doch noch zur Kooperation führen könnten, sondern alles nennt, was dagegenspricht. X-mal hätten die Grünen die Hand zu jenem Schritt ausgestreckt, den Merz jetzt von Ihnen verlange. Immer wieder habe er alles abgelehnt, was zur Zusammenarbeit hätte führen können. Nur weil er jetzt alles auf den Kopf stelle und plötzlich das Wort Klimaschutz in den Mund nehme, reiche das für ein Ja noch lange nicht aus. Auch den Zeitdruck, auf den sich Merz plötzlich berufe, könne sie bei den Investitionen nicht erkennen. Hat Merz seine Hand ungeschickt ausgestreckt, so zeigt Dröge allenfalls ihre Fingerspitzen.
Nur Britta Haßelmann lässt ein Fensterchen Rest-Chance erkennen. Zum einen fordert sie, dass Bundeskanzler Olaf Scholz endlich seine Blockade für die längst geplanten drei Milliarden Ukraine-Soforthilfe aufgebe – was aus Sicht der SPD erfüllbar sein dürfte. Zum anderen sagt sie nicht Nein zu den Zugeständnissen von Merz; zeigt aber, wie sauer sie ist über das mangelnde Taktgefühl des CDU-Chefs. Wenn Merz Vertrauen aufbauen wolle, dann dürfe er es nicht über die Medien und auch nicht öffentlich übers Plenum versuchen. Eine Zustimmung der Grünen sei vollkommen unsicher und an diesem Tag auch nicht nähergekommen. Bei Haßelmann klingt es wie: Wenn Sie von uns etwas wollen, reißen Sie sich endlich zusammen. Viel zugewandter und werbender versucht es SPD-Fraktionschef Lars Klingbeil mit den Grünen. Er spricht von einem “berechtigten Anliegen der Grünen”, der Klimaschutz werde Berücksichtigung finden, “mit festen finanziellen Zusagen”. Und er spricht eine weitere “feste Zusage” aus: dass die Grünen bei der Ausgestaltung des Sondervermögens eingebunden werden. Mehr inhaltliche Beteiligung ist einer Oppositionsfraktion von einer mutmaßlichen Regierung selten zugestanden worden. Und für die übrigen offenen Fragen sagt Klingbeil zu: “Wir kriegen da eine gemeinsame Lösung hin.” Eher mahnend versucht es Noch-Arbeitsminister Hubertus Heil. Trotz mancher Narben sei jetzt nicht die Zeit, im Wahlkampf zu verharren. Es gehe “nicht um eine kleinkarierte parteipolitische Münze”. Es sei “die Zeit, Kompromisse zu schmieden.”
Um die FDP kümmert sich fürs Erste niemand mehr. Obwohl die Liberalen ebenfalls einen eigenen Gesetzentwurf eingebracht haben und Fraktionschef Christian Dürr Merz und Klingbeil vorschlug, in den nächsten Tagen noch nach einer gemeinsamen Lösung zu suchen, gaben sich weder Union noch SPD ansatzweise Mühe, auf die Liberalen zuzugehen. Christian Lindner trat mit demselben Sound ans Rednerpult, den man aus seiner Zeit als Finanzminister kennt. Und auch Dürr, der in den nächsten Tagen möglicherweise als Lindners Nachfolger nominiert wird, machte keine Anstalten, nach der Wahlniederlage einen anderen Ton anzuschlagen. | |
Anhörung: KTF-Kläger hält Koalitionsplan für verfassungsgemäß. Für die Sachverständigenanhörung im Haushaltsausschuss, die im Anschluss an die Bundestagssitzung stattfand, hatte die Unionsfraktion einen Experten eingeladen, dessen Wort in dieser Frage durchaus Gewicht haben dürfte: Hanno Kube, Rechtsprofessor aus Heidelberg, hatte die Klageschrift der CDU/CSU gegen den Nachtragshaushalt 2021 verfasst, in dem Corona-Gelder in den Klima- und Transformationsfonds (KTF) übertragen worden waren. Diesen hatte das Bundesverfassungsgericht im November 2023 für unzulässig erklärt und damit das Ende der Ampel-Koalition eingeleitet. Doch anders als damals, als Kube den Versuch, die Schuldenbremse zu umgehen, von Anfang an für unzulässig hielt, sieht er bei den aktuellen Plänen von Union und SPD kein Problem.
Sowohl sachlich als auch vom Verfahren her sei das Vorgehen nicht zu beanstanden, schreibt der Jurist in seiner Stellungnahme für den Ausschuss. Die vorgesehenen Ausnahmen von der Schuldenbremse seien mit der Verfassung und den EU-Fiskalregeln vereinbar. Auch die Entscheidung durch den alten Bundestag hält Kube für rechtlich zulässig, und die Dauer des Verfahrens sei vertretbar. Im Vergleich zum Gebäudeenergiegesetz, bei dem das Verfassungsgericht eine zu kurze Frist bemängelt hatte, sei die geplante Grundgesetzänderung mit 13 Seiten deutlich weniger komplex und das Verfahren somit verfassungskonform.
Widerspruch kam von Ulrich Vosgerau. Der von der AfD als Sachverständiger benannte Jurist argumentiert in seiner Stellungnahme, dass die Entscheidung durch den alten Bundestag rechtlich unzulässig sein dürfte. Sobald der neue Bundestag zusammentreten dürfe, was nach der Verkündung des amtlichen Endergebnisses an diesem Freitag der Fall ist, sei dieser stärker legitimiert als der alte, argumentiert Vosgerau. Auch bei der Beratungsfrist vertritt er eine abweichende Ansicht: Entscheidend sei nicht die Komplexität des eigentlichen Gesetzestextes, sondern die Möglichkeit der Abgeordneten, sich ein Urteil über die weitreichenden Folgen der Grundgesetzänderung zu bilden. Malte Kreutzfeldt
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Deutschland muss #Praxenland bleiben
Die Patientinnen und Patienten in diesem Land wollen ihre Praxen nicht verlieren. Das Land braucht die ambulante Gesundheitsversorgung. Ohne sie geht es nicht! Es ist höchste Zeit, die Praxen zu stärken. Durch Entbudgetierung, Entbürokratisierung – und ein Bekenntnis zu den Praxen. Mehr unter: Praxenland.de
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News
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Politikstil à la Trump? Herfried Münkler kritisiert Merz. Der Politikwissenschaftler und preisgekrönte Buchautor wirft dem CDU-Kanzlerkandidaten im Table.Today Podcast vor, nach dem Anschlag von Aschaffenburg in den gleichen Gestus wie Donald Trump verfallen zu sein. “Er hat damals angekündigt, er werde am ersten Tag seiner Kanzlerschaft dies und das und jenes tun.” Friedrich Merz habe offenbar geglaubt, er könne eine Kopie von Trump sein, so Münkler. “Jetzt aber kann man sehen, dass ein paar Abgeordnete der Grünen die Handbremse ziehen und im Zweifel sogar eine Vollbremsung durchsetzen können.” Da zeige sich, dass das deutsche politische System auch Leute domestiziere, “die in den Gestus von Trump verfallen.”
Münkler hätte eine frühere Reform der Schuldenbremse für glaubwürdiger gehalten. Merz lese die aktuelle Weltlage zwar richtig und ziehe daraus auch die nötigen Konsequenzen. Aber es wäre besser gewesen, wenn er diese Einsicht schon ein paar Monate früher gehabt und mit Rot und Grün “eine Veränderung, Qualifizierung, Flexibilisierung der Schuldenbremse durchgesetzt hätte”. Nun sei man in eine Situation geraten, “die ein bisschen nach Wählertäuschung und Wortbruch riecht”. Merz könne schlecht erzählen, ihm sei das alles erst am Tag nach der Wahl aufgefallen. Würden Merz und seine Unterstützer das trotzdem tun, “dann wäre das ein Eingeständnis, dass sie die ganze Zeit im Tiefschlaf gewesen sind”. Man müsse deshalb schon fragen: Ist Friedrich Merz den Aufgaben eines deutschen Regierungschefs, die auf ihn zukommen und die sehr viel höher sein werden als die in der Ära Merkel und vermutlich auch in der Ära Scholz, gewachsen? “Da bin ich ein bisschen zurückhaltend.” Stefan Braun
Das ganze Gespräch mit Herfried Münkler über Trump, die Machtkämpfe auf der Welt und Angst als gefährliche Triebfeder für Politik hören Sie am Samstag ab 6 Uhr hier.
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Forschung ist Deutschlands beste Medizin.
Denn Pharma als Innovationstreiber sichert eine moderne Versorgung und ein zukunftsfestes Gesundheitssystem. Wie das künftig noch besser gelingen kann? Wenn Politik und Industrie in den gemeinsamen Dialog gehen! Die forschenden Pharma-Unternehmen stehen bereit. Mehr beim vfa erfahren.
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SPD-Fraktionschef in NRW: “Wir haben uns zu lange ausgeruht”. Für eine Begrenzung von Vorschriften und eine neue Verantwortungskultur im Land wirbt der SPD-Fraktionsvorsitzende im nordrhein-westfälischen Landtag, Jochen Ott. Zu häufig seien Prozesse so angelegt, “dass sich alle gegenseitig absichern”, sagte er im Interview mit Table.Briefings. Allerdings, die Übernahme von Verantwortung könne man “nicht in Sonntagsreden beschreiben, sondern eine Regierung muss das im konkreten Handeln vorleben und die nötigen Freiräume dafür schaffen”. Ott plädiert für eine neue Taktzahl bei der fälligen Erneuerung des Landes. Die deutsche Gesellschaft habe sich “an vielen Stellen auf Errungenschaften ausgeruht”. Die Infrastruktur sei verschlissen worden, es gebe zu viele “verkrustete Systeme”. Der Fraktionschef: “Wir haben an zu vielen Stellen keine kritischen Fragen mehr gestellt.” Allerdings hätten maßgeblich auch Wählerinnen und Wähler dafür gesorgt, “dass es gemächlich und ruhig weitergeht”.
Entscheidend für eine neue Akzeptanz von Politik seien Problemlösungskompetenz und ein funktionierender Staat. “Und die Leute erwarten von Politik”, so Ott, “dass sie die Probleme löst, und sie erwarten das zurecht.” Dazu gehörten verlässliche Kitas und Schulen, ein funktionierender Nahverkehr, schnellere Fortschritte in der Digitalisierung, aber auch die Aufenthaltsqualität in öffentlichen Räumen: “Wenn ich zu einem Bahnhof komme und einfach zu viel Verwahrlosung wahrnehme, dann geht das einher mit dem Gefühl, der Staat funktioniert nicht.” Dem müsse Politik einerseits mit Ordnungsrecht, andererseits mit sozialen Angeboten begegnen. Wie sich der Pädagoge Ott die Kitas und Schulen der Zukunft vorstellt, hören Sie ab 6 Uhr im Table.Today Podcast oder lesen Sie ohne Zugangsbeschränkung im Interview. Horand Knaup
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PKV: Stabile Säule in einer alternden Gesellschaft. Privatversicherte sorgen für ihre im Alter steigenden Gesundheitskosten selbst vor. Über 340 Milliarden Euro haben sie dafür in der PKV zurückgelegt. Das ist gut für das ganze Gesundheitssystem, denn damit ist ein wichtiger Teil der medizinischen Versorgung auch in der Zukunft stabil finanziert. (mehr auf pkv.de)
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Linke: Bremer Wirtschaftssenatorin würde im Bundesrat für Sondervermögen stimmen. Im Interview mit Table.Briefings sagte Kristina Vogt, dass sie einer Aussetzung der Schuldenbremse im Bundesrat zustimmen würde, selbst wenn dies auch für die Aufrüstung gelten würde. Nach der “bizarren” Pressekonferenz im Weißen Haus stehe Europa vor einer Zäsur. “Wir müssen uns in Europa neu aufstellen. Es steht außer Frage, dass man sich auf nichts mehr verlassen kann, und zwar auf lange Zeit”, sagte Vogt. In der Frage der Aufrüstung müsse aber das Kleingedruckte stimmen. Damit widerspricht Vogt der Linie der Bundespartei, die lieber mit dem neuen Bundestag eine umfassende Reform oder Abschaffung der Schuldenbremse durchbringen würde.
Im Bundestagsplenum beklagte Heidi Reichinnek, Friedrich Merz werfe den Linken einen “Blankoscheck für Aufrüstung” vor die Füße, dem sie niemals zustimmen würden. Neben den zwei Klagen ist eine Blockierung des Vorhabens im Bundesrat ein womöglich letzter Hebel der Linken, um sich gegen das Sondervermögen zu wehren. Da das BSW angekündigt hat, nicht dafür zu stimmen, und die Freien Wähler ebenfalls eine Ablehnung erwägen, wären die Stimmen der Bundesländer mit linker Regierungsbeteiligung für eine nötige Zweidrittelmehrheit von 46 Stimmen womöglich entscheidend. Dann käme es auf die jeweils drei Stimmen aus Bremen und Mecklenburg-Vorpommern an. Eine Ablehnung käme dann aber nur zustande, wenn die Linken in den Ländern der Linie der Parteispitze folgten. Vogt befürwortete die Aussetzung der Schuldenbremse der Länder. Die derzeit diskutierten 0,35 Prozent des BIP wären 137 Millionen Euro für Bremen, die sie “eine deutliche Entlastung” nannte. Was der Raumfahrtstandort Bremen mit ihrer Entscheidung zu tun hat, lesen Sie im ESG.Table. Leonard Schulz, Alex Veit
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Warum wir eine Molekülwende brauchen
Der Energiebedarf wird in Deutschland nur zu rund 20 % durch Strom gedeckt. Den Rest leisten Moleküle wie Öl & Gas. Diese Moleküle müssen künftig CO2-neutral werden, denn sie werden künftig weiterhin in großer Menge benötigt – auch als Grundstoffe für die Chemie. Wie kann das gelingen?
Hier erfahren Sie mehr!
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Verfassungsgericht: BSW scheitert mit Klagen auf sofortige Neuauszählung. Das Bundesverfassungsgericht hat die Eil-Anträge des BSW zurückgewiesen. Der Zweite Senat verweist in seinen Begründungen darauf, dass zunächst ein Amtliches Endergebnis festgestellt, gegebenenfalls eine Wahlprüfungsbeschwerde eingelegt und ein Wahlprüfungsverfahren durchgeführt werden müsse, ehe der Klageweg offenstehe. Vorher bestehe keine Eilbedürftigkeit, es entstünden keine “unzumutbaren Nachteile”, so das Gericht. Sahra Wagenknecht kritisierte das Verfahren dennoch: “Es kann nicht sein, dass, wenn es bei der Auszählung zu offensichtlichen Fehlern gekommen ist, eine Partei keinen direkten Anspruch auf Überprüfung des Wahlergebnisses hat”, heißt es in ihrer Stellungnahme. Sven Siebert
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Klimapolitik: Gutachten hält Abschwächung der Ziele für kaum zulässig. Klimaschutzmaßnahmen dürfen von der Politik nicht einfach zurückgenommen oder abgeschwächt werden. Zu diesem Urteil kommt nach Informationen von Table.Briefings ein Gutachten, mit dem die Klima-Union die eher konservativen Rechtsprofessoren Christian Callies und Gregor Kirchhof beauftragt hatte. Das ergebe sich aus dem sogenannten normativen Verschlechterungsverbot. Wenn durch die Lockerung von Vorgaben Schutzpflichten aus dem Grundgesetz verletzt werden, sei dies nur mit überzeugenden wissenschaftlichen oder rechtlichen Gründen zulässig. Das Gutachten wird am Freitag in der Bundespressekonferenz vorgestellt; am Donnerstag wurden bereits einzelne Bundestagsabgeordnete über die Inhalte informiert. Malte Kreutzfeldt
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R21: Regierung sollte nationales Klimaziel aufgeben. Der konservativ-liberale Thinktank R21 hat die neue Bundesregierung aufgefordert, den Beamtenapparat zu reduzieren, Strukturreformen umzusetzen und das nationale Klimaziel zu verschieben. “Damit Deutschland aus der Stagnation herausfindet und in der Welt wieder eine ernstzunehmende Stimme wird, muss es im Inneren radikal umdenken”, heißt es in einem Positionspapier des Geschäftsführers Martin Hagen (FDP-Chef in Bayern) und des Beirats-Vorsitzenden Martin Wiesmann (Aufsichtsrats-Chef LEG Immobilien). Der Staat müsse aus der “Überforderungsfalle” heraus. “Das erfordert keine Kettensäge, sondern den Mut, Kompetenzen zu bündeln, Behörden zu verkleinern oder zu schließen, Hierarchien zu straffen, Verbeamtung auf hoheitliche Aufgaben zu beschränken, die Finanzierung grüner und linker Vorfeldorganisationen zu beenden, Ministerien zu verschlanken und ihre Anzahl zu reduzieren.”
Der Think-Tank, der vom CDU-nahen Historiker Andreas Rödder und von Ex-Familienministerin Kristina Schröder geleitet wird, kritisiert in dem Papier eine “aktionistische, kleinteilige und dirigistische Wirtschaftspolitik” in den vergangenen Jahren. Schwarz-Rot solle künftig Reformen wie eine längere Lebensarbeitszeit und die Wiedereinführung des Nachhaltigkeitsfaktors im Rentensystem angehen. Die bisherige Klimapolitik sei unbezahlbar, das nationale Klimaziel 2045 sei “gut gemeint”, aber “systemwidrig und schädlich”. Michael Bröcker
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Table.Today Podcast
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Er war von 2011 bis 2021 wirtschaftspolitischer Berater von Angela Merkel. Er verhandelte unter anderem mit Xi Jinping, Donald Trump und Emmanuel Macron, er bereitete die G-7 und G-20-Gipfel vor und war der Mitautor des Investitionsschutzabkommens mit China. Inzwischen ist der Ökonom Lars-Hendrik Röller wieder Professor an der Berliner Privat-Universität ESMT und initiierte dort den international anerkannten Berlin Global Dialogue. Im Podcast-Gespräch blickt er auf die aktuellen Koalitionsverhandlungen und berichtet über seine Verhandlungen mit Donald Trump in dessen erster Amtszeit. Den Podcast hören Sie ab 6 Uhr hier.
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Die Verwaltung ist der Garant der Demokratie. Sie zu schützen, ist die Pflicht aller Verwaltungsmitarbeitenden. Strukturell sind dafür alle Möglichkeiten gegeben, auch wenn die Gegner der Demokratie immer stärker werden. Was es jetzt braucht, ist eine Staatsreform, die einen kulturellen Wandel in der Verwaltung schafft. Was es braucht, ist eine aktive Generation “Demokratische Verwaltung”.
Lesen Sie hier: Kulturelle Staatsreform: Ein Weckruf zur pro-demokratischen Haltung
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Table.Documents
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Änderungsantrag der Unions- und SPD-Fraktion zur Einrichtung des Infrastruktur-Sondervermögens
Aufruf von Claudia Major, Christian Mölling, Carlo Masala und weiteren Wissenschaftlern: “Einigt euch!”
Jahresbericht des Bundesverfassungsgerichts
Positionspapier der Denkfabrik R21
Empfehlungen des ZEW zu europäischer Wirtschaftspolitik für die Koalitionsverhandlungen
Diskussionspapier der Leopoldina: Demografischen Wandel und Altern gestalten
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Heads
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Lucia Schanbacher hat am Donnerstag gleichzeitig ihre erste und ihre letzte Rede im Bundestag gehalten. Die 35-jährige SPD-Politikerin aus Stuttgart war erst im Januar in das Parlament gekommen – als Nachrückerin für Takis Mehmet Ali. In den beiden regulären Sitzungswochen im Januar und Februar war sie nicht als Rednerin aufgestellt worden, und weil sie es bei der Neuwahl nicht erneut in den Bundestag schaffte, hatte sie sich schon damit abgefunden, in ihrer kurzen Amtszeit nie am Pult des Parlaments gestanden zu haben. In der heutigen Sondersitzung zur Änderung des Grundgesetzes teilte ihre Fraktion ihr dann aber doch fünf Minuten Redezeit zu – und diese nutzte sie für einen flammenden Appell an die Grünen, dem Sondervermögen zuzustimmen. “Verlieren Sie sich nicht im Klein-Klein von Spiegelstrichen”, rief sie. Notwendig sei ein “Signal der Geschlossenheit für unsere Demokratie”. Malte Kreutzfeldt
Kerstin Wolter soll neben Maximilian Schirmer Teil der neuen Doppelspitze der Berliner Linken werden. Beim Parteitag in Mai wollen die beiden gemeinsam kandidieren. Die scheidende Ko-Vorsitzende Franziska Brychcy wolle sich ganz auf ihr Mandat im Abgeordnetenhaus konzentrieren. Wolter war bislang Bezirksvorsitzende in Friedrichshain-Kreuzberg, wo der Linkenkandidat Pascal Meiser erstmals das Direktmandat errang, das seit 2002 stets die Grünen gewonnen hatten. Die Linke wurde bei der Bundestagswahl stärkste Kraft in der Hauptstadt und zählt dort mittlerweile 14.000 Mitglieder. Leonard Schulz
Anna Aeikens wurde für die CDU erstmals in den Bundestag gewählt. Die 27-jährige Agrarökonomin will in ihrer ländlichen Heimatregion, der Magdeburger Börde in Sachsen-Anhalt, die AfD zurückdrängen. Denn die lag bei der Bundestagswahl in Aeikens’ Wahlkreis vorne. Was sich in der Bundespolitik für den ländlichen Raum aus ihrer Sicht ändern muss, lesen Sie im Agrifood.Table.
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Best of Table
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Europe.Table: Was die Kommission im Weißbuch vorschlagen wird. Die EU-Kommission will die Fähigkeitslücken in der Verteidigung mit europäischen Flagship-Projekten schließen und bietet sich als zentrale Beschaffungsstelle an. Welche Vorhaben außerdem aus dem Entwurf des Weißbuchs der Kommission hervorgehen, lesen Sie hier.
Security.Table: Russland ist für eine Feuerpause – aber… Wladimir Putin hat seine grundsätzliche Bereitschaft zu einer Feuerpause in der Ukraine signalisiert. Doch wann und wie sie umgesetzt werden soll, darauf ging er nicht ein. Welche das waren und wie Donald Trump darauf nach seinem Treffen mit Nato-Generalsekretär Mark Rutte reagiert, lesen Sie hier.
Security.Table: Generalmajor Stahl für Nationalen Sicherheitsrat. Die Stärkung der deutschen Verteidigung ist in aller Munde, unzählige sicherheitspolitische Akteure äußern sich dazu. Weshalb es umso dringlicher ist, dass diese sich besser koordinieren, erklärt der Präsident der Bundesakademie für Sicherheit (Baks), Generalmajor Wolf-Jürgen Stahl. Seinen Standpunkt lesen Sie hier.
Security.Table: Französischer Abgeordneter warnt Berlin vor Russland. Weshalb sich Deutschland Alleingänge in der Verteidigungspolitik nicht länger leisten kann, erklärt der Parlamentarier Charles Sitzenstuhl. Das ganze Gespräch, entstanden in Kooperation mit dem Berlin Pulse der Körber-Stiftung, lesen Sie hier.
ESG.Table: Nur auf Resilienz zu setzen, könnte Nachhaltigkeit schaden. Kreislaufwirtschaft spielt für die EU derzeit eine wichtige Rolle, da sie Wettbewerbsfähigkeit, Resilienz und Rohstoffunabhängigkeit sichern könnte. Warum ein alleiniger Fokus auf diese Themen wichtige Nachhaltigkeitsaspekte der Circular Economy vernachlässigen würde, lesen Sie hier.
ESG.Table: Rat für Nachhaltige Entwicklung nimmt Klimageld-Alternativen in den Fokus. Dazu zählt vor allem die Stärkung von Bürgern durch eine Weiterentwicklung vorhandener Instrumente wie Wohngeld oder Entfernungspauschale. Was laut einer Studie des Rates die Politik machen könnte, lesen Sie hier.
Africa.Table: Deutsche Unternehmer im Südlichen Afrika sind zuversichtlich. Das Geschäftsklima im Süden des Kontinents verbessert sich, obwohl einige Hindernisse bestehen bleiben. Zu diesem Ergebnis kommt eine Umfrage der AHK Südliches Afrika. Wie AHK-Chef und BMW-Südafrika-CEO Peter van Binsbergen sich den Optimismus erklärt, lesen Sie hier.
Bildung.Table: Immer mehr Jugendliche brechen ihre Ausbildung ab. Die Quote der Vertragsauflösungen in der dualen Ausbildung ist auf einem neuen Höchststand. Manche wechseln nur den Beruf oder den Betrieb, aber das Risiko, ungelernt zu bleiben, steigt. Warum Hilfe möglichst früh ansetzen sollte, lesen Sie hier.
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Must-Reads
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Merkur: Bayerische Landräte für Sondervermögen. 71 bayerische Landräte – darunter 13 von den Freien Wählern – unterstützen den Vorschlag von Union und SPD für das 500-Milliarden-Sondervermögen und fordern die Freien Wähler auf, dieses nicht im Bundesrat zu blockieren. Unter den Unterstützern ist auch Regensburgs Landrätin Tanja Schweiger, die Lebensgefährtin von Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger. (“Landräte schlaten sich in Debatte um Schuldenpläne ein”)
Capital: Bund und Bayern klagen gegen Schweizer Firma. Das Bundesgesundheitsministerium und das bayerische Gesundheitsministerium haben sich in der Schweiz einem Ermittlungsverfahren wegen Wuchers gegen die Firma Emix Tradining angeschlossen. Dort hatten sie während der Corona-Pandemie Schutzmasken eingekauft und dafür deutlich höhere Preise bezahlt als bei anderen Firmen. Nun wollen sie sich einen Teil der Kosten zurückzahlen lassen. (“Lauterbach will Geld von Schweizer Masken-Millionären zurückholen”)
Economist: 26 Staaten hängen an US-Gesundheitshilfe. Der Thinktank Centre for Global Development hat 26 Länder ermittelt, die aufgrund ihrer Abhängigkeit von US-Hilfe in Verbindung mit niedrigem Einkommensniveau und hohem Risiko, ihren finanziellen Verpflichtungen nicht nachzukommen, am stärksten betroffen sind. Der Economist zeigt eindrucksvolle Grafiken. In Afghanistan beispielsweise entspricht die US-Gesundheitshilfe fast 350 Prozent der Gesundheitsausgaben der Regierung. (“Which countries are most vulnerable to Donald Trump’s aid cuts?”)
Handelsblatt: Zahl der Pharma-Patente bricht ein. Laut einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft meldet Deutschlands Pharmaindustrie immer weniger Patente an. Die Zahl sank von 1436 Patenten im Jahr 2000 auf 849 im Jahr 2021. China hat hingegen deutlich aufgeholt. “Deutschland läuft Gefahr, den Anschluss in der Forschung und Entwicklung zu verlieren”, sagt Studienautorin Jasmina Kirchhoff. (“Weniger Patente aus Deutschland”)
Tagesspiegel: Die ewige Esken. Es zeichnet sich ab, dass Saskia Esken erneut als SPD-Chefin kandidieren könnte. Ihr Sprecher sagte, sie werde sich zu gegebener Zeit äußern, verneinte also nicht. Ein SPD-Regierungsmitglied sagte: “Saskia saß noch nie so fest im Sattel wie jetzt.” Gegen die Vorstellung rührt sich schon jetzt Widerstand. Ein anderer “führender Sozialdemokrat” fordere, Lars Klingbeil müsse sie abhalten. (“Wie sich die umstrittene SPD-Chefin im Amt hält”)
ZEIT: Bilden Sie Ihr eigenes Kabinett! Mit einem Online-Tool können die Nutzer Kanzler spielen und aus einer Liste von CDU-, CSU- und SPD-Politikerin ihre eigene Bundesregierung zusammensetzen. Dazu wird im Artikel angezeigt, wer von den Nutzern am häufigsten auf welchen Posten gesetzt wurde. (“Spielen Sie Kanzler”)
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Schlagzeilen von morgen
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Meistgelesenes von heute
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Interviews von morgen
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Deutschlandfunk
6:50 Uhr: Moritz Schularick, Kiel Institut für Weltwirtschaft: Aufrüstung
7:15 Uhr: Stefan Keuter, stellvertretender AfD-Fraktionsvorsitzender: Waffenruhe in der Ukraine?
8:10 Uhr: Peer Steinbrück, Ex-Bundesfinanzminister (SPD): Zukunftspolitik
Das Erste
6:05 Uhr/7:15 Uhr/8:35 Uhr: Jens Baas, Vorstandsvorsitzender Techniker-Krankenkasse: Reformideen Gesundheitssystem
6:35 Uhr/8:15 Uhr: Andreas Heinemann-Grüder, Politikwissenschaftler: Waffenruhe in der Ukraine?
rbb24-Inforadio
6:05 Uhr: Susanne Feldkötter, stellvertretende Landesbezirksleiterin von ver.di Berlin-Brandenburg: Tarifkämpfe in Zeiten leerer Kassen
6:25 Uhr: Sina Schönbrunn, MdL Brandenburg (SPD): Corona-Enquete Kommission im Brandenburger Landtag konstituiert sich
9:05 Uhr: Lothar Blaschke, Verband Deutscher Grundstücksnutzer (VDGN): Haus in Rangsdorf – von der Zwangsversteigerung bis zum BGH
phoenix
9:05 Uhr: Rüdiger von Fritsch, ehemaliger deutscher Botschafter in Russland: Waffenruhe in der Ukraine?
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Time.Table
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14. März
Bundespressekonferenz I: Kerstin Claus, Tamara Luding und Matthias Katsch sprechen über staatliche Verantwortung bei sexuellem Missbrauch. 10 Uhr
Bundespressekonferenz II: Thomas Heilmann stellt das Gutachten zu rechtlichen Verpflichtungen der neuen Bundesregierung beim Klimaschutz vor. 12:30 Uhr
Corona: Diskussionsveranstaltung über die gesellschaftlichen Nachwirkungen und Lehren aus der Coronapandemie. Mit Frank-Walter Steinmeier. Schloss Bellevue, 10 Uhr. Livestream
Migration: Veröffentlichung der Studie des Sachverständigenrats Integration und Migration zur politischen Partizipation junger Menschen mit Zuwanderungsgeschichte. Mit Reem Alabali-Radovan. bUm – Raum für die engagierte Zivilgesellschaft, 13:30 Uhr
Wirtschaft: Spitzengespräch der deutschen Wirtschaft mit Olaf Scholz anlässlich der Internationalen Handwerksmesse in München. 10 Uhr
Gewerkschaft: Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen vom 14. bis 16. März. Potsdam, Kongresshotel Am Templiner See
15. März
Gedenkveranstaltung: Festakt 500 Jahre Zwölf Artikel zum Gedenken an die Bauernaufstände von 1525 mit Frank-Walter Steinmeier und Markus Söder. Memmingen, Kirche St. Martin, 11 Uhr
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Geburtstage von morgen
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14. März
Boris Pistorius, Bundesverteidigungsminister (SPD), 65
Florian Hahn, MdB (CSU), 51
15. März
Annette Klein, Botschafterin in Estland, 63
Hester Somsen, Botschafterin der Niederlande in Deutschland, 53
Maik Keller, Brigadegeneral des Heeres der Bundeswehr, 53
Thorsten Rudolph, MdB (SPD), 51
Christian Petry, MdB (SPD), 60
16. März
Susanne Baumann, Staatssekretärin des AA, 60
Roman Poseck, hessischer Minister für Inneres und Sicherheit (CDU), 55
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Nachttisch
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Unser Tipp führt Sie heute in das Berlin des Jahres 1945. Dort und anderswo fielen dem Fanatismus von Adolf Hitler noch kurz vor Kriegsende viele Menschen zum Opfer, weil er Rückzüge und Verhandlungen ablehnte. Auch andere, weniger bekannte Aspekte der Zeit beleuchtet diese Graphic Novel. Durchschnittlich starben ihr zufolge am Ende des Krieges 30.000 Menschen am Tag. Okan Bellikli
Jean-Pierre Pécau, Senad Mavric, Filip Andronik, Jean Verney: Die letzten 100 Tage von Hitler | Knesebeck
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Das war’s für heute. Good night and good luck!
Heute haben Okan Bellikli, Stefan Braun, Michael Bröcker, Helene Bubrowski, Damir Fras, Franziska Klemenz, Horand Knaup, Malte Kreutzfeldt, Carli Bess Kutschera, Leonard Schulz, Sven Siebert, Maximilian Stascheit und Alex Veit mitgewirkt.
Der Berlin.Table ist das Late-Night-Briefing für die Table.Media-Community. Wenn Ihnen der Berlin.Table gefällt, empfehlen Sie uns bitte weiter. Wenn Ihnen diese Mail weitergeleitet wurde: Hier können Sie sich kostenlos anmelden.
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Berlin.Table Redaktion
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