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Berlin.Table
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Das Late-Night-Briefing aus der Hauptstadt
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#529
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20. März 2025
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Talk of the Town
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Vom Lautsprecher zum Brückenbauer: Alexander Dobrindt im Gespräch mit Lars Klingbeil
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Schlüsselfigur für Schwarz-Rot: Warum Alexander Dobrindt so wichtig ist
von
Peter Fahrenholz und Maximilian Stascheit
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Viele haben Alexander Dobrindt in den vergangenen Tagen neu kennengelernt. Vor allem der CSU-Landesgruppenchef war es, der in den Gesprächen mit Britta Haßelmann und Katharina Dröge den tiefen Graben überbrücken half, den die CSU mit ihrem Grünen-Bashing über Monate aufgerissen hatte. Einen Graben, den Markus Söder mit seiner Rede beim politischen Aschermittwoch noch vergrößerte, obwohl die Not der schwarz-roten Koalition in spe längst offenkundig war.
Bislang galt Dobrindt selbst als holzschnittartiger Lautsprecher. Doch während Söder in Passau noch einmal polterte, werkelte Dobrindt in Berlin hinter verschlossenen Türen am großen Schulden-Paket mit den Grünen – und damit am Fundament für die neue Bundesregierung. Dass Dobrindt nach der Wahl rhetorisch abrüstete und mit großem Verhandlungsgeschick Kompromisse schmiedete, überraschte nicht nur Grüne und Sozialdemokraten.
Auch in der Union schauen viele erstaunt bis verwundert auf die Wandlung des ehemaligen Verkehrsministers. Personen, die auf höchster Ebene in die Verhandlungen eingebunden sind, berichten, dass Dobrindt es gewesen sei, der auch Pannen von Kanzlerkandidat Friedrich Merz im Umgang mit der Fraktionsspitze der Grünen ausbügelte. Spätestens seitdem gilt er als einer, dem ein wichtiges Ministerium nicht zu verweigern wäre. Zumal sein Verhältnis zu Merz schon seit längerem vertrauensvoll und eng ist. Damit gleicht er auch aus, was trotz aller öffentlichen Bekundungen an Misstrauen zwischen Merz und Söder geblieben ist.
In der CSU hat Dobrindt seine Position ebenfalls noch einmal verbessert. Er habe seine Sache bei den Verhandlungen mit den Grünen “sehr gut gemacht”, attestiert ihm zum Beispiel Klaus Holetschek, Vorsitzender der Münchner CSU-Landtagsfraktion. Und Peter Ramsauer, selbst zwischen 2005 und 2009 CSU-Landesgruppenchef, bescheinigt Dobrindt, er sei bei den Sondierungsgesprächen “sehr geschickt aufgetreten”. Selbstverständlich sind derlei parteiinterne Lobeshymnen nicht. Denn Dobrindt gehört in der CSU zu den unbeliebteren Politikern. Er gilt vielen als Machtmensch mit manchmal unangenehmen Umgangsformen. Politisch hängt ihm seine unglückliche Zeit als Verkehrsminister nach. Auch wenn sein Nachfolger Andreas Scheuer ein noch schlechteres Bild abgab – der Entwurf für die später gescheiterte PKW-Maut stammt aus Dobrindts Ministerzeit.
Zu CSU-Chef Markus Söder hat Dobrindt erst allmählich ein entspanntes Verhältnis entwickelt. In der Amtszeit von Horst Seehofer als CSU-Chef gehörte er zu denen, die einen weiteren Aufstieg Söders unbedingt verhindern wollten. Doch Dobrindt wechselte geschickt die Seiten. Er verstehe sich darauf, sich dem jeweiligen Chef anzupassen, heißt es bei seinen Kritikern. Inzwischen haben Söder und Dobrindt ein Verhältnis zum gegenseitigen Nutzen. Söder preist seinen Berliner Statthalter bei jeder Gelegenheit. Sein Vorteil: Indem er Dobrindt stark redete, konnte Söder eine Debatte darüber ersticken, warum er nicht selbst die Liste für die Bundestagswahl anführte und als Minister nach Berlin wechselt. Dobrindt seinerseits profitiert kurioserweise von seiner relativen Unbeliebtheit in der CSU. Dadurch muss Söder nicht befürchten, dass ihm in Dobrindt ein echter und also wirklich gefährlicher Rivale erwachsen könnte.
Lange galt es als ausgemacht, dass Dobrindt nach einem Wahlsieg ein wichtiges Ministerium übernimmt. Das könnte womöglich das Finanzministerium sein, aber auch Inneres oder Verteidigung. Söder selbst hat das in Gremiensitzungen offen angekündigt, schließlich fehlt es der CSU an politischen Schwergewichten für die Schlüsselressorts. Doch ob das auch so kommen wird, ist mittlerweile ungewiss. Dobrindt kann sich auch vorstellen, Landesgruppenchef zu bleiben.
Ramsauer hat ihm dazu nach der Wahl sogar ausdrücklich geraten. Er habe ihn gefragt, wer denn bei einem Wechsel ins Kabinett an seiner Stelle im Koalitionsausschuss sitzen werde, erzählt Ramsauer Table Briefings. Auch das habe Dobrindt offenbar ins Grübeln gebracht. Tatsächlich ist der Job als Landesgruppenchef für einen CSU-Bundespolitiker der schönste, den es geben kann: Man ist bei allen wichtigen Gesprächen dabei, muss aber für nichts endgültig den Kopf hinhalten. Kein Wunder, dass sich viele Landesgruppenchefs wie Ramsauer, Michael Glos oder Hans-Peter Friedrich lange gesträubt haben, Minister zu werden.
Welche Rolle Söder sich für Dobrindt wünscht, ist unklar. Einerseits hätte er bei einem dessen Wechsel ins Kabinett die Möglichkeit, einen treuen Gefolgsmann als Landesgruppenchef zu installieren. Andererseits kann Söder auch kein Interesse daran haben, dass ein als schwach eingeschätzter Landesgruppenchef im politischen Alltag vom weit größeren CDU-Teil der Fraktion und der SPD ausmanövriert wird. Der CSU-Landesgruppe wiederum muss daran gelegen sein, dass Söder keinen Aufpasser auf den Chefposten hievt, den er von München aus fernsteuern kann.
Dobrindt selbst soll heftig schwanken. Mehr Macht und Einfluss hätte er als Landesgruppenchef – außer, die CSU erhielte den Zugriff aufs Finanzministerium. Aber was immer aus Dobrindt wird – er ist eine Schlüsselfigur für eine künftige schwarz-rote Koalition. Wie sagte es erst vor wenigen Tagen ein führender Christdemokrat: “Dobrindt ist eine zentrale Figur. Er kann alles zerstören und er kann alles heilen.” 2013 gehörte er zu den Verhinderern von Schwarz-Grün; 2025 heilt er Pannen und Fehler, die auf andere zurückgehen.
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News
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Ex-RKI-Präsident: Wieler hält Laborthese für wahrscheinlich. Der frühere Präsident des Robert-Koch-Instituts, Lothar Wieler, hält die These, dass der Ursprung der Corona-Pandemie ein Laborunfall in Wuhan war, für wahrscheinlich. “Nach dem jetzigen Kenntnisstand halte ich die These, dass das Virus im Labor generiert wurde und durch einen Unfall in die Umwelt gelangte, für die wahrscheinlichere”, sagte Wieler im Podcast Table.Today. Endgültige Sicherheit für einen Laborursprung oder eine natürliche Übertragung von Tieren könne aber nur die vollständige Offenlegung aller Daten durch chinesische Wissenschaftler und Behörden bringen.
Auf eine kommende Pandemie ist Deutschland heute nicht besser vorbereitet fürchtet Wieler. “Ich habe meine Zweifel”, sagte der Professor für Digital Global Public Health am Hasso-Plattner-Institut in Potsdam. Er gehe davon aus, dass zum Beispiel der Pandemieplan aktualisiert wurde, aber eine medizinische Reserve für die Bevölkerung, etwa mit Masken und Schutzausrüstung, gebe es bis heute nicht. “Es gab einen Beschluss für eine solche nationale Pandemiereserve , aber sie ist bisher nicht umgesetzt worden. Das ist für mich ein Beleg, dass wir noch nicht ausreichend gelernt haben aus der Pandemie.” Rückblickend sieht Wieler manche politische Entscheidung kritisch, etwa die flächendeckenden Schulschließungen in der zweiten Welle. Insgesamt sei Deutschland aber gut durch die Pandemie gekommen. Das gesamte, etwa einstündige Gespräch mit dem Ex-RKI-Chef hören Sie am Samstag ab 6 Uhr hier. Michael Bröcker
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Denn Pharma als Schlüsselindustrie sorgt für Wachstum und krisenfeste Arbeitsplätze am Standort. Wie das künftig noch besser gelingen kann? Wenn Politik und Industrie in den gemeinsamen Dialog gehen! Die forschenden Pharma-Unternehmen stehen bereit. Mehr beim vfa erfahren.
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Globaler Klimaschutz: Zwischen Zukunfts- und Auslaufmodell. Während Union und SPD bei ihren Koalitionsverhandlungen auch um die Zukunft der deutschen Energiewende ringen, werden weltweit im Klimapoker die Karten neu gemischt: Nächste Woche bereiten Vertreter von etwa 30 Staaten auf Einladung der Bundesregierung beim “Petersberger Klimadialog” die nächste Klimakonferenz COP30 in Brasilien vor. Aber international tobt ein heftiger Streit um die Deutungshoheit über die Klimapolitik.
Beim “Berlin Energy Transition Dialogue” erklärten diese Woche die Fans der Erneuerbaren, deren Siegeszug sei nicht aufzuhalten. Gleichzeitig arbeitet die fossile Industrie am Gegenteil: Bei der Energiemesse “CERAweek” im texanischen Houston formulierte vergangene Woche US-Energieminister Chris Wright unter dem Beifall vieler Öl- und Gasmanager seine fossile Zukunftsvision: Erneuerbare spielten demnach im globalen Energiemix nur eine kleine Rolle, es dominierten Gas und Öl; die Senkung von CO₂-Emissionen sei physisch unmöglich und ein “unheimliches Ziel”, weil sie Armut zementiere.
Tatsächlich nehmen derzeit weltweit Unternehmen und Staaten ihre Klimaziele zurück: Vor allem europäische Energiefirmen wie BP, Shell, Equinor, Orstedt oder RWE kürzen Investitionen in Erneuerbare und schieben Klimaziele nach hinten. Nach einer Studie des Thinktanks Carbon Tracker sind die Öl- und Gaskonzerne weit davon entfernt, ihre Geschäftspolitik auf das Pariser Abkommen auszurichten. Auch Banken und Versicherungen ziehen sich teilweise auf politischen Druck in den USA in großem Umfang aus grünen Investments und Allianzen zu klimafreundlicher Finanzierung zurück.
Nicht zuletzt streichen wichtige Staaten ihre Klimaverpflichtungen, strecken ihre Ziele oder zeigen kaum erkennbare Fortschritte: Neben dem Feldzug der US-Regierung gegen den Klimaschutz hinkt auch China bei seinen Klimazielen hinterher. Die EU debattiert über eine Aufweichung der CO₂-Grenzwerte für Pkw und eine mögliche Verschiebung des geplanten Emissionshandels für den Verkehrs- und Gebäudesektor.
Dabei müssten vor allem die G20-Staaten mehr tun: Diese Länder, die sich kommenden Dienstag und Mittwoch im Auswärtigen Amt beim Petersberg-Dialog versammeln, sollten ihren jetzigen Ausbau der Stromerzeugung aus Wind, Sonne, Wasser, Biomasse und Erdwärme von derzeit knapp 600 Gigawatt auf 1.100 GW in den nächsten Jahren praktisch verdoppeln. Das fordert der Generalsekretär der internationalen Agentur für Erneuerbare “Irena”, Francesco La Camera, im Gespräch mit Table.Briefings. Nur dann könne die Welt ihr Ziel erreichen, bis 2030 die Erneuerbaren-Kapazität zu verdreifachen. La Camera wiederum ist in der Debatte um die Zukunft der Energiepolitik optimistisch, dass die Erneuerbaren sich durchsetzen: “Wir sind im Übergang weg von den Fossilen, die Märkte haben ihre Entscheidung getroffen.” Mehr dazu lesen Sie im Climate.Table. Bernhard Pötter
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GKV und PKV: Wie der Systemwettbewerb allen Versicherten zugutekommt. Das deutsche Gesundheitswesen ruht auf zwei Säulen: Der Privaten und der Gesetzlichen Krankenversicherung. Dieses duale System stärkt den Wettbewerb und die medizinische Versorgung und bietet damit auch unter schwierigen Bedingungen Vorteile für alle. Deswegen bleibt eine starke PKV unverzichtbar. (mehr auf pkv.de)
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Gesundheitspolitik: Schwarz-Rot plant mit mehr Geld und vielen Prüfaufträgen. In der Arbeitsgruppe Gesundheit und Pflege zeichnen sich bei den großen Themen Krankenhaus- und Pflegereform keine konkreten Ergebnisse ab. Nach Informationen von Table.Briefings aus Verhandlungskreisen wird das Kapitel stattdessen viele Prüfaufträge enthalten, etwa zu Nachbesserungen am Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz und zur Einführung einer Pflegevollversicherung. Für die von beiden Seiten gewollte Pflegereform wollen die Verhandler dem Vernehmen nach noch keine konkreten Eckpunkte in den Koalitionsvertrag schreiben, sondern stattdessen eine Expertenkommission einsetzen.
Die Finanznot im Gesundheitssystem wollen die Koalitionäre offenbar mit mehr Geld aus dem regulären Haushalt bekämpfen. Im Gespräch ist unter anderem ein Inflationsausgleich für die Kliniklandschaft in Höhe von 3,5 Milliarden Euro. Außerdem gibt es dem Vernehmen nach Bereitschaft, Steuergelder in den Transformationsfonds für die Klinikreform zu stecken, um die gesetzliche Krankenversicherung zu entlasten. Diese Finanzierungspläne stehen allerdings unter dem Vorbehalt, dass die Gruppe der Chef-Verhandler diese nach dem Ende der AG-Phase absegnet. Maximilian Stascheit
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Warum wir eine Molekülwende brauchen
Der Energiebedarf wird in Deutschland nur zu rund 20 % durch Strom gedeckt. Fast 80 % leisten Moleküle wie Öl & Gas. Diese Moleküle müssen künftig CO2-neutral werden, denn sie werden künftig weiterhin in großer Menge benötigt – auch als Grundstoffe für die Chemie. Wie kann das gelingen? Hier erfahren Sie mehr!
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Bundestag: AfD hofft nicht mehr auf einen Vizepräsidenten. Trotz einer mehr als doppelt so großen Fraktion und daraus resultierenden Ansprüchen rechnet man an der AfD-Spitze nicht damit, einen Vizepräsidenten im 21. Bundestag zu stellen. Auch vom angekündigten Besuch der wahrscheinlich nächsten Bundestagspräsidentin Julia Klöckner bei der Fraktion erhofft man sich wenig. “Da wird sie ja keinerlei Zugeständnisse machen können”, sagte der Sprecher von Alice Weidel, Daniel Tapp, Table.Briefings. Denn das habe Merz bereits ausgeschlossen. “Das wird von Klöckner ein rein formaler Besuch sein. Die Erwartungen beschränken sich darauf, dass sie eine faire Amtsführung anstreben wird.”
Klöckner und die AfD stimmen sich noch über den Besuch ab. Zur Fraktionssitzung am Dienstagmorgen zu kommen, hat Klöckner nach AfD-Angaben abgesagt, weil im Zuge der konstituierenden Sitzung Termine wie ihr Kirchgang anstehen. Dass sie die Fraktion noch vor der Sitzung besuchen will, löst eine Mischung aus Häme und verhaltener Freude aus. Bedingungen werde man kaum stellen, heißt es. Es gebe keine Gründe für Klöckner, sich darauf einzulassen. Der Satzung zufolge hat jede Fraktion Anspruch auf einen Posten im Präsidium. Der AfD gelang es noch nie, die erforderliche Mehrheit der MdB-Stimmen für einen ihrer Kandidaten zu bekommen. Franziska Klemenz
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Außenpolitik: Russland erklärt DGAP zur “unerwünschten Organisation”. Moskau geht gegen die Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) vor: Wie der Direktor des Thinktanks, Thomas Kleine-Brockhoff, am Donnerstag mitteilte, wurde die DGAP wie rund 200 Organisationen andere zuvor als “unerwünscht” erklärt. Die Entscheidung richte sich vor allem gegen potenzielle Kooperationspartner in Russland und solle den internationalen wissenschaftlichen Austausch weiter einschränken. “Wir prüfen derzeit die möglichen Auswirkungen dieser Entscheidung, sowohl auf die Institution als auch auf unsere Mitglieder”, erklärte Kleine-Brockhoff. Fest stehe aber, dass sich die DGAP weiterhin für eine starke europäische Außen- und Sicherheitspolitik einsetzen werde. Malte Kreutzfeldt
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EU-Gipfel: Kallas muss Ukraine-Ambitionen zurückfahren. Ein realistischer Plan sei es, fünf Milliarden Euro für Munition zu mobilisieren, sagte die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas in Brüssel. Davor hatten sich Frankreich, Spanien und Italien wegen ihrer Haushaltsdefizite gegen das ehrgeizigere Ziel gewehrt, neben Munition auch Raketen- und Drohnenabwehrsysteme im Wert von bis zu 40 Milliarden Euro zu finanzieren sowie zwei Brigaden auszubilden. Die entsprechenden Beiträge der “Koalition der Willigen” wären nämlich an die Größe der Wirtschaft der Länder gekoppelt worden.
Aus Südeuropa kam auch Kritik am Ursula von der Leyens ReArm Europe-Plan. Der Name ist Spanien und Italien zu kriegerisch, weshalb er nun zu Readiness 2030 geändert werden soll. Die EU-Kommission will Kredite in Höhe von 150 Milliarden Euro an die Mitgliedstaaten vergeben, um gemeinsame Verteidigungsprojekte zu unterstützen. Vorgesehen ist auch, dass die Mitgliedstaaten die sogenannte nationale Ausweichklausel des Stabilitätspaktes aktivieren und so zusätzliche 1,5 Prozent ihrer Wirtschaftsleistung für Rüstungsvorhaben ausgeben können.
Unklar ist, ob auch die beiden südeuropäischen Länder diese Klausel nutzen werden. Einerseits, weil sie die Bedrohungslage als weniger akut ansehen. Aber auch, weil die Kredite auf den Schuldenstand angerechnet würden und mit der Aktivierung der Klausel die Zinsen steigen könnten. Griechenlands Premierminister Kyriakos Mitsotakis fordert neben Krediten auch Zuschüsse: “Ich denke, wir müssen ernsthaft über gemeinsame Schulden reden”. Mehr Details lesen im Europe.Table. Stephan Israel
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Wohnungslosigkeit: Nationaler Aktionsplan in der Schwebe. Das vorzeitige Ende der Legislaturperiode und die Unklarheit darüber, wie es mit dem Bauministerium weitergeht, haben auch Auswirkungen auf den Kampf gegen Obdach- und Wohnungslosigkeit. Zum im April 2024 beschlossenen nationalen Aktionsplan gehört ein “Nationales Forum”, in dem unter anderem Bund, Länder und kommunale Spitzenverbände sitzen. Anfang 2025 legte es ein Jahresprogramm mit gut 30 Punkten vor, das schon lange im Raum stehende Probleme adressiert. Dazu gehörte etwa die Ausschreibung eines Konzepts zum Datenaustausch zwischen Unternehmen und Beratungsstellen, um bei drohendem Wohnungsverlust aktiv werden zu können.
Sie sollte nach Verabschiedung des Haushalts für 2025 erfolgen. Dieser lässt allerdings weiter auf sich warten. Auch die drei Facharbeitsgruppen standen zwischenzeitlich auf der Kippe, da die Finanzierung der Trägerschaft durch zwei Fachorganisationen bis Ende 2024 befristet war. Inzwischen hat das BMWSB selbst die Organisation übernommen. Ende März und Anfang April finden die nächsten Treffen der Gruppen statt, eine traf sich bereits am Mittwoch. Als zentral gilt die Erarbeitung von bundesweiten Standards für Notunterkünfte; entsprechende Empfehlungen verzögern sich und sollen intern nun im Juni vorliegen. Wann sie dann veröffentlicht werden, ist unbekannt. Okan Bellikli
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Gesetzgebung: Wenig Zeit für Beratung und Begutachtung. In der ersten Hälfte der auslaufenden Legislaturperiode haben in gut einem Drittel aller Fälle die öffentliche Anhörung, die Beschlussempfehlung im federführenden Ausschuss und die abschließende Beratung im Plenum in derselben Woche stattgefunden. Das zeigt eine Untersuchung von Mehr Demokratie e.V. In fast 90 Prozent der Fälle lagen maximal zwei Tage zwischen der Beschlussempfehlung im Ausschuss und der finalen Beratung. Rund 48 Tage vergingen im Schnitt zwischen der Einbringung in den Bundestag und der zweiten/dritten Lesung.
Auch Änderungen wurden oft sehr spät vorgenommen. Eine Untersuchung von 43 Änderungsanträgen zwischen Januar 2023 und Mitte April 2024 zeigte, dass sie in zwei Dritteln der Fälle frühestens zwei Tage vor der abschließenden Ausschusssitzung vorlagen. Die Organisation schlägt vor, für Änderungsanträge in der Geschäftsordnung des Bundestages eine Mindestfrist von zwei Wochen vor der Abstimmung über die Beschlussempfehlung festzusetzen. Anhörungen sollten nicht in derselben Woche wie die abschließende Beratung stattfinden und der Prozess rund um den Eingang von Stellungnahmen in die ministerielle Gesetzesvorbereitung transparenter sein. Okan Belliklii
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Investitionen in Europa: Chinas Fokus verschiebt sich. Die angehende Bundesregierung muss einen neuen Umgang mit chinesischen Investitionen finden. Deren Profil hat sich verschoben, weg von Firmenübernahmen sowie dem Einstieg in Infrastruktur und hin zu neuen Produktionsstätten vor allem im Bereich Elektromobilität. Doch die politische Diskussion hinkt den neuen Realitäten hinterher. “Dass man Investitionen von chinesischen Unternehmen an Bedingungen knüpft, da steht Europa noch ganz am Anfang”, sagt der Analyst Max Zenglein vom Berliner Thinktank Merics. Denkbar sind unter anderem Forderungen nach Technologietransfers Richtung Europa und Joint-Venture-Pflichten für chinesische Investoren. Wie Europa mit der neuen Schwerpunktsetzung chinesischer Investitionen umgehen sollte, lesen Sie im China.Table. Leonardo Pape
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Rechtsextremismus unter Schülern: Bildung allein schützt nicht, warnt Steffen Mau. Schulen können nicht immer ausgleichen, was im Elternhaus passiert, sagt Soziologe Steffen Mau im Interview. Vor allem Schulen in Ostdeutschland stünden vor großen Herausforderungen, wenn es rechtsextreme Tendenzen unter den Schülerinnen und Schülern gibt, so Mau. Aus Angst vor zu starker Politisierung würden Auseinandersetzungen gerne mal “unter den Teppich” gekehrt. Dabei sollten Schulen soziale Lernorte sein, wo demokratische Praxis gelebt und Persönlichkeitsbildung gefördert wird. Warum nach Ansicht von Mau ausgerechnet die USA ein Vorbild sein könnten, wenn es darum geht, die Situation um die Situation in Ostdeutschland zu verbessern, lesen Sie im Interview des Bildung.Table. Bettina Gabbe
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Schulen: Geplante Richtlinie könnte Bauprojekte verteuern. Vor allem die verschärften Brandschutzvorgaben würden die Baukosten für Schulen erheblich erhöhen, warnt der Hauptverband der Deutschen Holzindustrie (HDH) in einer Stellungnahme, die Table.Briefings exklusiv vorliegt. Auch der Deutsche Städte- und Gemeindebund fürchtet eine starke Belastung für die Kommunen. Kostengünstige und klimafreundliche Bauweisen wie das serielle Bauen oder das Bauen mit Holz sollten nicht “unnötig erschwert werden dürfen”. Trotzdem spiegele der Entwurf dem Verband zufolge an vielen Stellen Konzepte moderner Schulen wider. Mehr zur neuen Richtlinie lesen Sie im Bildung.Table. Vera Kraft
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Wasser: Klimawandel und Mikroplastik bereiten Probleme. “Deutschland war reich an Wasser, aber das ändert sich gerade schnell”, sagt die Politologin Petra Dobner von der Universität Halle. Sie lobt die deutsche Wasser-Infrastruktur zwar als vorbildlich. Doch der Klimawandel bringe neue Herausforderungen. Sorgen bereiten außerdem Verunreinigungen mit Ewigkeitschemikalien und Mikroplastik, die bislang kaum geklärt werden. Technisch sei es zwar möglich, aber teuer. “Wir können das nicht auf einen Schlag flächendeckend für ganz Deutschland machen”, sagt Dobner im Interview des EGS.Table.
Aber es gibt technische Fortschritte. Das Leipziger Start-up “Microbubbles” hat ein Verfahren entwickelt, mit dem Mikroplastik kostengünstig und flexibel einsetzbar aus dem Wasser gefiltert werden soll. Man könne “weit über 90 Prozent” der winzigen Partikel entfernen, sagt der Unternehmer Roland Damann unter Verweis auf entsprechende Tests. Warum die Neuerfindung auch ohne teure Chemie funktioniert, lesen Sie im ESG.Table. Caspar Dohmen, Anna Gauto
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Table.Today Podcast
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Helene Bubrowski und Michael Bröcker diskutieren über den Aufstand der Frauen in Union und SPD und analysieren mit dem Deutschlandfunk-Moderator Korbinian Frenzel, ob die neue große Koalition eine neue Debattenkultur in diesem Land bringen könnte. Außerdem hat der Arzt und Moderator Eckhart von Hirschhausen einen kleinen Gastauftritt. Den Podcast hören Sie ab ab 6 Uhr hier.
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Table.Documents
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Monitoringbericht des Nationalen Diskriminierungs- und Rassismusmonitors
Diskussionspapier von Mehr Demokratie e.V. zur Gesetzgebung im Bundestag
Analyse des WZB zu kommunalen Kooperationen mit der AfD
Jahresarbeitsprogramm 2025 zum Nationalen Aktionsplan gegen Wohnungslosigkeit
Appell von 77 Völkerrechtlern: Haftbefehl gegen Netanjahu beachten
Analyse aus der Zeitschrift für Soziologie: Menschen im Amt. Verletzbarkeit in der politischen Kommunikation der Gegenwart
Kostenloses Buch von Forschenden der Universität Leipzig: Von Lügenpresse und abgehobenen Eliten. Journalismus- und Demokratievertrauen in Sachsen
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Heads
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Kirsty Coventry ist die erste Präsidentin des Internationalen Olympischen Komitees – und die erste IOC-Spitze, die nicht aus Europa oder den USA stammt. Die zweifache Olympiasiegerin im Schwimmen aus Simbabwe setzte sich überraschend im ersten Wahlgang durch. Die 41-jährige Mutter galt als erste Wahl des nach 12 Jahren aus dem Amt scheidenden Thomas Bach. (Sportschau)
Tammo Diemer ist Geschäftsführer der Bundesfinanzagentur und damit zuständig dafür, das für das geplante Sondervermögen nötige Geld auf den Finanzmärkten zu besorgen, indem die Agentur dort Staatsanleihen platziert. (SZ)
Stefan von Raumer ist seit Februar Präsident des Deutschen Anwaltsvereins und sagt: In dieser angespannten Lage brauche es mehr denn je eine funktionsfähige Anwaltschaft für die gesamte Bandbreite: vom Rechtsschutz für den Bürger in der Fläche bis zur Wahrung europäischen und internationalen Rechts. (FAZ)
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Best of Table
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China.Table: Wie kommunistisch Xi wirklich tickt. Seit seinem Amtsantritt als Parteivorsitzender lässt Xi Jinping schon Schulkinder marxistische Lehren pauken. Ob seine Rhetorik ernstzunehmen ist oder nur Fassade, lesen Sie hier.
Bildung.Table: KMK will Gremienzahl drastisch reduzieren. Die Kultusministerkonferenz hat sich einer umfassenden Strukturreform unterzogen. Die Ergebnisse wurden an diesem Donnerstag auf der Bildungsministerkonferenz vorgestellt. Was jetzt neu ist und wie die Länder darauf reagieren, lesen Sie hier.
Security.Table: Trump und der Nahost-Konflikt. Die israelische Bodenoffensive im Gazastreifen könnte dieses Mal eine umfassende Besatzung der Enklave durch das israelische Militär bedeuten. Welche wichtige Rolle US-Präsident Donald Trump dabei spielt, lesen Sie hier.
Agrifood.Table: Warum Zölle auf US-Orangensaft wohl folgenlos bleiben. Die Preise für Orangensaft sind drastisch gestiegen. Nun sollen Strafmaßnahmen gegen US-Importe den Saft zusätzlich verteuern. Warum die Auswirkungen aber kaum spürbar sein dürften, lesen Sie hier.
Africa.Table: Bayer investiert gut 30 Millionen Euro in Sambia. Mit einer am Mittwoch eröffneten Maissaatgut-Anlage will der Konzern die Produktionskapazität verdreifachen. Warum Bayer auf den Kontinent setzt, lesen Sie hier.
ESG.Table: Die Produktion von Wasserstoff verbraucht viel Süßwasser. Aber über knappe Wasservorräte in potenziellen Exportländern werde bisher kaum gesprochen, schreibt die Umweltingenieurin Katrin Lammers in einem Standpunkt. Wie Konflikte um das kostbare Nass vermieden werden könnten, lesen Sie hier.
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Must-Reads
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Tagesschau: General von Nato-Posten abgezogen. Der Deutsche soll nachlässig mit Dokumenten umgegangen sein, die als Verschlusssachen eingestuft waren. Das Bundesamt für den Militärischen Abschirmdienst prüft den Vorgang, das BMVg äußert sich nicht. (“Deutscher NATO-General musste Posten räumen”)
SZ: Reul drängt auf Vorratsdatenspeicherung. Angesichts der 16 Todesopfer aus Anschlägen in den letzten neun Monaten hat NRW-Innenminister Herbert Reul seine Forderung nach mehr Befugnissen im Kampf gegen Verbrechen unterstrichen. “Unsere deutsche Datenschutzverliebtheit ist ein Nachteil, den Terroristen und Kriminelle gern ausnutzen”, sagt der CDU-Mann. (“‘Ich kann das nicht mehr verantworten, weder bei Kindesmissbrauch noch beim Terrorismus’”)
Tagesspiegel: Laschet mit Baerbock in Syrien. Bei der Wiedereröffnung der deutschen Botschaft in Damaskus wurde Annalena Baerbock von Armin Laschet begleitet. Beide wurden von Übergangspräsident Ahmed al-Scharaa empfangen. (“Nach 13 Jahren zurück”)
MDR: Kompromiss zwischen CDU und Linken. In Thüringen haben sich Regierung und der kleinere Teil der Opposition auf einen Haushalt geeinigt. Geld für von CDU, BSW und SPD geplante Abschiebehaft-Plätze ist anders als geplant nicht enthalten, weil die Linke das nicht wollte. Laut CDU könnten sie eventuell über den Bund finanziert werden. (“Beitragsfreies Kitajahr, aber keine Abschiebehaft”)
FAZ: Was in den Kennedy-Akten steht. Die von Donald Trump freigegebenen Dokumente scheinen die These von einem CIA-Mordkomplott gegen John F. Kennedy zu stützen, schreibt Christiane Heil. Gleichzeitig würden manche Historiker vor voreiligen Schlüssen warnen. (“War es doch der Geheimdienst?”)
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Schlagzeilen von morgen
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Meistgelesenes von heute
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Interviews von morgen
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Deutschlandfunk
6:50 Uhr: Johannes Herber, Geschäftsführer von Athleten Deutschland: IOC-Nachfolge
7:15 Uhr: Mario Voigt, Ministerpräsident von Thüringen (CDU): Finanzpaket im Bundesrat
8:10 Uhr: Fabian Schön, Generalsekretär der Bundesschülerkonferenz: Handyverbot an Schulen?
ZDF
8:05 Uhr: Stephan Pusch, Landrat im Kreis Heinsberg (CDU): Fünf Jahre Corona
8:15 Uhr: Anke Rehlinger, Ministerpräsidentin des Saarlands (SPD): Finanzpaket im Bundesrat
rbb24-Inforadio
7:05 Uhr: Robert Crumbach, stellvertretender Ministerpräsident Brandenburgs (BSW): Finanzpaket im Bundesrat
9:05 Uhr: Gino Ebell, Brückenexperte: Sperrung der Berliner Ringbahnbrücke auf der A100
n-tv Frühstart
Freitag, 8 Uhr: Michael Kretschmer, Ministerpräsident von Sachsen (CDU): Schuldenpaket im Bundesrat und Koalitionsverhandlungen
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Time.Table
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21. März
Bundesrat: Abstimmung über die Grundgesetz-Änderung zum Sondervermögen und zur Lockerung der Schuldenbremse. Ab 9:30 Uhr
FAZ-Kongress: Zukunft gestalten – Gespräche mit Friedrich Merz, Dorothee Bär und Cem Özdemir. Frankfurt am Main, 9 Uhr. Programm
Ehrung: Annalena Baerbock zeichnet Jan Ilhan Kizilhan mit dem Bundesverdienstkreuz aus. Landesvertretung von Baden-Württemberg, 14:30 Uhr
22. März
Parteien: Landesparteig der FDP Berlin. Hotel Berlin, 10 Uhr
Demokratie: Vortrag und Diskussion zum Thema Wehrhafte Demokratie oder demokratisch in den Abgrund? Albert Schulz, 1933 und heute. Mit Joachim Gauck. Rathaus Rostock, 10:30 Uhr
Königsbronner Gespräche: 12. Ausgabe der Gesprächsreihe zum Thema Die Vereinigten Staaten nach den Präsidentschaftswahlen. Mit Anne Applebaum, Bruno Kahl, Christoph Heusgen und Ben Hodges. Königsbronn, 10 Uhr
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Geburtstage von morgen
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21. März
Peter Woeste, Botschafter in El Salvador, 67
22. März
Ralph Edelhäußer, MdB (CSU), 52
Maximilian Mörseburg, MdB (CDU), 33
Simone Oldenburg, stellvertretende Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern (Linke), 56
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Nachttisch
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Unser Tipp führt Sie heute nach Amsterdam. Die vor 80 Jahren im KZ Bergen-Belsen gestorbene Anne Frank schrieb in ihrem Versteck nicht nur das berühmte Tagebuch. In vielen Kurzgeschichten, die sie im Tagebuch “meine Füller-Kinder” nannte, ließ sie ihrer Fantasie freien Lauf. Für diesen Band wurden sie von rund 50 Illustratorinnen und Illustratoren bebildert, das Vorwort stammt von Malala Yousafzai. Okan Bellikli
Anne Frank: Füller-Kinder | Jacoby & Stuart
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Das war’s für heute. Good night and good luck!
Heute haben Okan Bellikli, Stefan Braun, Michael Bröcker, Caspar Dohmen, Peter Fahrenholz, Damir Fras, Bettina Gabbe, Anna Gauto, Stephan Israel, Franziska Klemenz, Vera Kraft, Malte Kreutzfeldt, Carli Bess Kutschera, Leonardo Pape, Bernhard Pötter, Leonard Schulz und Maximilian Stascheit mitgewirkt.
Der Berlin.Table ist das Late-Night-Briefing für die Table.Media-Community. Wenn Ihnen der Berlin.Table gefällt, empfehlen Sie uns bitte weiter. Wenn Ihnen diese Mail weitergeleitet wurde: Hier können Sie sich kostenlos anmelden.
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Berlin.Table Redaktion
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