Table.Briefing: Berlin

Das Late-Night-Memo für die Hauptstadt

Das Late-Night-Memo für die Hauptstadt

  • Momente des Jahres:
  • Ein unvergessliches Bild
  • Abfuhr für Baerbock
  • Schockierendes Urteil für die Regierung
  • Söder und Aiwanger in Erding
  • Habecks denkwürdige Rede
  • Özdemirs Klöckner-Augenblick
  • Ernüchterung im Sahel
  • Ende einer Fraktion
  • Selfies mit dem Ausgestoßenen
  • Der unsichtbare Hubertus Heil
  • Der Triumph von Sonneberg
  • Jahresrückblicke unserer Tables
Liebe Leserin, lieber Leser,

wir begrüßen Sie zum Berlin.Table, dem Late-Night-Memo für die Hauptstadt.

Heute schreiben wir an dieser Stelle nicht über Heizungsgesetze, Bauernproteste oder die großen Krisen in der Welt. Heute sagen wir Danke. Und zwar Ihnen, unseren Leserinnen und Lesern. Seit einem Jahr bemühen wir uns von hier aus, Sie mit Analysen und News aus der Hauptstadt und aus der Welt unserer Tables zu versorgen. Und wir freuen uns, dass Sie uns in großer Zahl treu sind. Das ist ein großes Geschenk für uns.

Zum Jahresfinale liefern wir Ihnen einen besonderen Blick auf das zu Ende gehende 2023: Wir erinnern an Momente, die für uns in besonderer Weise für dieses Jahr stehen. Hinzu kommen außergewöhnliche Jahresrückblicke unserer Tables. Auch die können wir nur empfehlen.

Über die Feiertage machen wir Pause. Unsere nächste Ausgabe erhalten Sie am Abend des 1. Januar 2024, pünktlich zum Start ins neue Jahr.

Wir vom Berlin.Table-Team wünschen Ihnen ruhige und fröhliche Feiertage! 

Heute haben Okan Bellikli, Stefan Braun, Annette Bruhns, Peter Fahrenholz, Damir Fras, Franziska Klemenz, Horand Knaup, Malte Kreutzfeldt, Daniel Schmidthäussler und Vera Weidenbach mitgewirkt.

Wir freuen uns über Ihr Interesse.

P.S.: Weil wir eine neue Homepage haben, ist es zum Lesen unserer Analysen und Interviews künftig nötig, sich mit einem Password anzumelden. Das müssen Sie einmal vergeben, ansonsten ändert sich nichts. Wir danken Ihnen sehr für Ihr Verständnis.  

Moment des Jahres: Ein unvergessliches Bild

Margot Friedländer und Frank-Walter Steinmeier

Moment des Jahres: Ein unvergessliches Bild. Am 7. Oktober überfallen Hamas-Terroristen Israel, töten mehr als 1.200 Menschen und verschleppen Hunderte. Seither hat sich vieles verändert, auch für Deutschland. Vier Wochen nach den abscheulichen Massakern empfängt der Bundespräsident Juden und Muslime, Palästinenser und Israelis, die angesichts heftiger Demonstrationen und einer Zunahme antisemitischer Übergriffe mühsam für Verständigung und Zusammenhalt kämpfen. Mit dabei ist auch Margot Friedländer, eine 102 Jahre alte Holocaust-Überlebende. Frank-Walter Steinmeier nimmt sie zur Begrüßung in die Arme. Das Bild wird unvergessen bleiben.

  • Bundespräsident

Moment des Jahres: Abfuhr für Baerbock

Annalena Baerbock und die südafrikanische Außenministerin Naledi Pandor

Moment des Jahres: Abfuhr für Baerbock. Ende Juni reist Außenministerin Annalena Baerbock nach Südafrika. Sie will die Kontakte stärken und das Land zur Solidarität im Ukraine-Krieg gewinnen. In den letzten Jahren waren diese Besuche fast Heimspiele. Das starke Deutschland und das Schwellenland Südafrika – es gab viele gemeinsame Interessen. Doch als Baerbock nochmal für eine klare Stellungnahme gegen den russischen Angriffskrieg wirbt, antwortet ihre Amtskollegin Naledi Pandor selbstbewusst: “Ihr habt uns im UN-Sicherheit vor die Alternative gestellt: friss oder stirb. Und das machen wir nicht mehr mit.” Es ist ein kurzer Satz, aber eine klare Botschaft: Stellt euch darauf ein – wir sind selbstbewusster als ihr denkt.

  • Annalena Baerbock
  • Diplomatie
  • Schwellenland
  • Südafrika

Presseschau von morgen

Super-League + Kohlekraftwerke + Kretschmann

Taz: Die Monopole von Fifa und Uefa wackeln. Im Streit um eine von Spitzenclubs aus Spanien, Italien und Großbritannien initiierte Super League hat der Europäische Gerichtshof entschieden, dass die Fußballverbände ihre marktbeherrschende Stellung missbrauchen. Super-League-Macher Bernd Reichart verspricht nun freien Fußball für freie Fans, weltweit. Andreas Rüttenauer hält dies für “PR-Gewäsch” (“Geld bleibt am Ball”). Kollege Christian Rath weist darauf hin, dass das letzte Wort noch nicht gesprochen sei. Ein Urteil des Handelsgerichts in Madrid steht noch aus. (“Uefa gegen Super League 1:1”, Seite 3)

Translation missing.

Welt: Bundesnetzagentur hält Kohlekraftwerke am Netz. Die BNetzA hat mehreren Kraftwerksbetreibern untersagt, insgesamt 26 Kohleblöcke vor dem 31. März 2031 stillzulegen. Die Behörde gab mit ihrer Entscheidung den Anträgen von Stromnetzbetreibern statt, die argumentiert hatten, die Anlagen seien auch nach 2030 noch “systemrelevant”. Sie würden als Reserven benötigt. Wie Daniel Wetzel schreibt, hat offenbar die Behörde Zweifel daran, dass es bis dahin ausreichend große, wasserstofffähige Gaskraftwerke gibt. (“Veto gegen den Kohleausstieg”)

FAZ: Mit schwerem Gerät. Die Polizei hat versucht, zwei junge Afghanen, die samt Familie in Schwerin im Kirchenasyl lebten, zwecks Abschiebung abzuholen. Die Familie hatte angeblich eine Zusage der GIZ für eine Aufnahme in Deutschland, schreibt Julian Staib; die Mutter soll eine Frauenrechtlerin sein. Weil sich das deutsche Visum verzögerte, die Bedrohung aber zunahm, sei die sechsköpfige Familie via Iran mit einem spanischen Visum nach Deutschland gelangt. Bischöfin, Kirchengemeinde und Flüchtlingshelfer sind entsetzt. (“Empörung über Bruch von Kirchenasyl in Schwerin”, Seite 4)

Tagesspiegel: Kretschmann kritisiert Lindner. Baden-Württembergs grüner Ministerpräsident Winfried Kretschmann staunt im Interview über Christian Lindner, der als Finanzminister zwar das 100-Milliarden-Euro-Paket für die Bundeswehr verfassungsrechtlich abgesichert habe, aber nicht den Klima- und Transformationsfonds. Lindner trage die Verantwortung für das entstandene Debakel. Kretschmann lobt die steigende CO₂-Bepreisung und sagt, warum er nichts mit Bazooka- und Doppelwumms-Sprüchen anfangen kann. (“Die Welt gerät aus den Fugen”, Seite 16)

Handelsblatt: Weg frei für CO₂-Speicherung. Die Grünen-Bundestagsfraktion will CCS (Carbon Capture and Storage) ermöglichen – aber nur für unvermeidbare Emissionen wie die der Zementindustrie, schreibt Klaus Stratmann. Laut UBA sind von 746 Millionen Tonnen Treibhausgasen im Jahr 43 Millionen unvermeidbar. Die Fraktion kommt damit Robert Habeck und der “Carbon-Management-Strategie” des BMWK entgegen. FDP und Teile der SPD würden CCS noch auf Gas-Back-up-Kraftwerke ausdehnen. (“Grüne akzeptieren CO₂-Speicherung”, Seite 14)

Moment des Jahres: Ein Urteil schockiert die Regierung

Vom Haushaltsurteil offensichtlich überrascht: das Führungstrio Robert Habeck, Olaf Scholz und Christian Lindner am 15. November im Kanzleramt.

Moment des Jahres: Ein Urteil schockiert die Regierung. Mit dieser Entscheidung hatte in der Bundesregierung offenbar niemand ernsthaft gerechnet – und sich darum auch nicht darauf vorbereitet. Das Bundesverfassungsgericht verkündete am 15. November, dass die Übertragung von 60 Milliarden Euro ungenutzter Corona-Hilfen in den Klima- und Transformationsfonds rechtswidrig war und dass darüber hinaus generell mehrjährige Sondervermögen aufgrund einer Notlage unzulässig sind. Danach herrschte erstmal Schockstarre. Olaf Scholz, Robert Habeck und Christian Lindner traten zwar kurz vor die Presse, sagten aber wenig und beantworteten keine Fragen. Und während man sich über einen Nachtragshaushalt für 2023 mit erneutem Aussetzen der Schuldenbremse schnell einig war, wurde über den Haushalt 2024 vier Wochen lang verhandelt. Das Ergebnis, das allen Beteiligten schmerzhafte Entscheidungen zumutet, wurde aus den Fraktionen zum Teil gleich wieder infrage gestellt. Kein gutes Omen für die finalen Verhandlungen im Januar.

  • Bundesregierung
  • Bundesverfassungsgericht
  • Haushaltskrise

Moment des Jahres: Hubert Aiwanger in Erding

Wurde in Erding ausgepfiffen: Markus Söder

Moment des Jahres: Söder und Aiwanger in Erding. Der Tag, an dem die politischen Kräfteverhältnisse in Bayern in Bewegung geraten, lässt sich ziemlich genau benennen: Samstag, der 10. Juni in Erding. Bei einer Demonstration gegen das Heizungsgesetz, an der etwa 13.000 Menschen teilnahmen, darunter viele AfD-Sympathisanten, wurde Bayerns Ministerpräsident Markus Söder ausgebuht und ausgepfiffen. Sein Stellvertreter Hubert Aiwanger, Chef der Freien Wähler, erntete dagegen frenetischen Applaus, als er forderte, die große Mehrheit müsse sich die Demokratie zurückholen und “denen in Berlin sagen, ihr habt’s wohl den Arsch offen da oben”. Aiwangers Rede im AfD-Duktus hatte Folgen. Wenig später wurde durch eine Recherche der Süddeutschen Zeitung bekannt, dass Aiwanger in seiner Schulzeit mit einem antisemitischen Flugblatt im Schulranzen erwischt worden war. Nachdem Aiwanger zunächst alle Vorwürfe bestritten hatte, bekannte sich plötzlich sein Bruder als Verfasser der Hetzschrift. Aiwanger inszenierte sich danach im bayerischen Landtagswahlkampf als Opfer einer Medienkampagne und hatte damit Erfolg: Die Freien Wähler holten 15,8 Prozent.

  • Bayern
  • Hubert Aiwanger
  • Markus Söder

Moment des Jahres: Habecks denkwürdige Rede

Robert Habeck beim Parteitag in Karlsruhe

Moment des Jahres: Habecks denkwürdige Rede. Als die Grünen in Karlsruhe zu ihrem viertägigen Parteitag zusammenkommen, ist die Lage nicht gut. Wenige Tage zuvor hat das Bundesverfassungsgericht die Haushaltskonstruktion der Ampel für verfassungswidrig erklärt – ein Schlag ins Kontor, der nicht zuletzt auch die Investitionen für den klimaneutralen Umbau des Landes gefährdet. Mehrere Tage wirkt Robert Habeck frustriert und auch ein bisschen ratlos. Als er noch am ersten Abend ans Mikrofon tritt, wissen viele nicht, mit welcher Stimmung und Botschaft er antreten wird. Und dann hält er eine Rede, wie sie vor ihm nur Joschka Fischer auf Grünen-Parteitagen halten konnte. Für eine Reform der Schuldenbremse und mit einer Botschaft, die man als Europe first hätte überschreiben können. Habeck streichelt die Seele der Grünen nicht, er nimmt sie in die Verantwortung, jetzt nicht alten Reflexen nachzugeben. Es ist ein denkwürdiger Abend, an dessen Ende die Partei sich hinter ihn stellt, obwohl er wenig verspricht und viel verlangt. 

  • Die Grünen
  • Robert Habeck
Translation missing.

Moment des Jahres: Özdemirs Klöckner-Augenblick

Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) neben Bauernpräsident Joachim Rukwied stellt sich Buhrufen bei der Trecker-Demo am 18. Dezember vor dem Brandenburger Tor.

Moment des Jahres: Özdemirs Klöckner-Augenblick. Wiederholt wurde seine CDU-Vorgängerin Julia Klöckner bei der alljährlichen “Wir haben es satt”-Demo für ihre Versäumnisse bei der Agrarwende ausgebuht. Nun muss der grüne Landwirtschaftsminister Cem Özdemir erleben, wie es sich anfühlt, wenn Tausende Bäuerinnen und Bauern ihm “Hau ab” zurufen. Ihnen soll eine aus grüner Sicht umweltschädliche Subvention gestrichen werden: die Agrardiesel-Beihilfen. Plus die Kfz-Steuer-Vergünstigung für ihre Fahrzeuge. “Ich weiß, dass Sie nach harter Arbeit jetzt eigentlich mal durchatmen wollten”, sagt Özdemir, “ich weiß, dass jetzt stattdessen Existenzängste um sich greifen. Und deshalb werde ich mich mit aller Kraft dafür einsetzen, dass das nicht so kommen kann.” Seine Worte beruhigen die Menge nicht. Viele rufen “Neuwahlen, Neuwahlen!” Und der Bauernpräsident neben Özdemir kündigt schonmal neue Proteste an, “in einer Art und Weise, wie es das Land noch nicht erlebt hat”.

  • Agrarwende
  • Cem Özdemir
  • Deutscher Bauernverband
  • Landwirtschaft

Moment des Jahres: Ernüchterung im Sahel

Boris Pistorius und Svenja Schulze: Ernüchternde Bilanz im Sahel

Moment des Jahres: Ernüchterung im Sahel. Es ist eine Premiere, als Boris Pistorius und Svenja Schulze Anfang April im nigrischen Niamey eintreffen. Zum ersten Mal sind ein deutscher Verteidigungsminister und seine BMZ-Kollegin gemeinsam unterwegs. Nicht zufällig im fragilen Sahel, dem die Deutschen seit Jahren zu neuer Stabilität verhelfen wollen. In einem Lagerhaus des World Food Programme, zwischen Kisten mit Palmöl und Getreidesäcken, stellen sie sich den Medien. Der Verteidigungsminister spricht vom “Stabilitätsanker Niger” und vom “Drehkreuz in der Sahelzone”, die Entwicklungsministerin verheißt Arbeitsplätze und Perspektiven für die Region, an denen man gemeinsam arbeiten wolle. Nur Wochen später übernehmen Obristen in Niamey die Macht, im Nachbarland Mali sind die Deutschen ohnehin bereits auf dem Rückzug. So schön das alles klang im Lagerhaus – es hat nicht lange gehalten.

  • Afrika
  • Boris Pistorius
  • Sahel
  • Svenja Schulze

Jahresrückblicke unserer Tables

Africa.Table: Dienstreisen über Dienstreisen. Über mangelndes Interesse Deutschlands konnten sich die afrikanischen Staaten 2023 nicht beschweren. Fast die Hälfte aller Bundesminister reisten auf den Kontinent. Was das bundespolitisches Afrika-Jahr sonst noch prägt, lesen Sie hier.

Agrifood.Table: Schwache Bilanz. Die Agrar- und Ernährungspolitik in Deutschland und in der Europäischen Union war zwar ereignisreich. Weichen für die Transformation des Sektors wurden jedoch im Jahr 2023 kaum gestellt. Mehr dazu lesen Sie hier.

Bildung.Table: Alarmierende Ergebnisse. Pisa und weitere Studien haben gezeigt, dass 25 bis 30 Prozent der Schüler in Deutschland die Mindestkompetenzen in Deutsch und Mathematik verfügen. Das macht deutlich, wie wichtig das Startchancen-Programm ist – doch das ist noch immer nicht beschlossen. Was bei der Bildung 2023 sonst noch wichtig war, lesen Sie hier.

China.Table: Gipfeltreffen und verschwundene Minister. Berlin stellt seine China-Strategie vor, Brüssel zeigt klare Kante gegen Peking und zwei Minister verschwinden. Was das Jahr 2023 neben dem Nachspiel der Corona-Pandemie und einem Xi-Biden-Treffen für China-Beobachter sonst noch bereithielt, lesen Sie hier.

Climate.Table: Ein entscheidendes Jahr. Hitzerekorde, Einstieg in den fossilen Ausstieg, Erfolge der Erneuerbaren, Debatten um Finanzierung prägten das Klimajahr 2024. Mehr zu den positiven und negativen Höhepunkten lesen Sie hier.

ESG.Table: Komplexe Transformation. Die Politik hat im Jahr 2023 den Umbau der Wirtschaft maßgeblich gestaltet. Gleichzeitig vollzieht sich die sozial-ökologische Transformation aber viel zu langsam, wenn die Menschheit die SDGs erreichen will. Mehr über die Ergeignesse des Jahres lesen Sie hier.

Europe.Table: Probleme häufen sich. Der Konsens beim Green Deal bröckelt, die Energiekrise wirkt nach, zum AI Act ist das letzte Wort noch nicht gesprochen – einen Überblick über die wichtigsten Themen, die 2023 aus europäischer Sicht geprägt haben, lesen Sie hier.

Research.Table: Große Erfolge lassen auf sich warten. Als “Chancen-Ministerin” wollte sich Bettina Stark-Watzinger in diesem Jahr profilieren. Doch Experten sehen bei den BMBF-Strategien zu Wasserstoff und Kernfusion weiteren Nachholbedarf. Was sonst noch los war in diesem Jahr, lesen Sie hier.

Security.Table: Spannungen und Strategien. Von der Vereidigung Boris Pistorius’, über die Waffenlieferungen an die Ukraine bis zum Krieg in Nahost: Der Jahresrückblick zeigt, welche sicherheitspolitischen Entscheidungen 2023 prägten und welche Konflikte die Welt formten. Den kompletten Überblick lesen Sie hier.

Moment des Jahres: Ende einer Fraktion

Dietmar Bartsch am 14. November: Die Auflösung der Linken-Bundestagsfraktion ist beschlossen.

Moment des Jahres: Ende einer Fraktion. Am 14. November kommt für die Linken-Bundestagsfraktion alles zusammen: die persönliche Niederlage ihres Vorsitzenden, das Ende einer Ära und gleichzeitig ein Neuanfang. Nach der Sitzung der nach 10 Austritten verbliebenen 28 Abgeordneten verkündet ihr Noch-Fraktionsvorsitzender Dietmar Bartsch die Auflösung der Fraktion. Am 6. Dezember ist Ende nach 18 Jahren im Deutschen Bundestag. In den parteiinternen Querelen mit Sahra Wagenknecht war Bartsch lange als Schlichter aufgetreten – zu lange, wie ihm einige vorwerfen. An diesem Tag ist seine Strategie endgültig gescheitert. Bartsch verheimlicht seine Enttäuschung darüber nicht. Gleichzeitig wirken er und andere Abgeordnete auch erleichtert. Und Bartsch schafft es sogar, Zuversicht zu verbreiten: “Lieber einig mit 28 als zerstritten mit 38” ist seine Losung des Tages.

  • Die Linke
  • Dietmar Bartsch
  • Sahra Wagenknecht

Moment des Jahres: Selfies mit dem Ausgestoßenen

Der Ausgestoßene: Thomas Kemmerich auf dem FDP-Bundesparteitag am 21. April 2023

Moment des Jahres: Selfies mit dem Ausgestoßenen. Beim Bundesparteitag der FDP im April stand er für einen Moment im Mittelpunkt: Thomas Kemmerich, der Kurzzeit-Ministerpräsident, der sich mit den Stimmen der AfD wählen ließ und zugleich der zweite Ministerpräsident in der Geschichte der Partei nach Reinhold Maier 1952/1953 wurde. Als Kemmerich die Eventlocation “STATION Berlin” betritt, richten sich alle Augen auf ihn. Während die meisten den Blick sofort wieder abwenden, bemühen sich einige wenige sogleich um Selfies mit dem Ausgestoßenen – demonstrativ unter den Augen der rund um Christian Linder versammelten Parteiführung. 28 Tage lang war Kemmerich 2020 Ministerpräsident von Thüringen, um den Preis, dass sein Landesverband vom Bund fallen gelassen wird. An seiner Person zeigt sich, wie gespalten die Liberalen sind; eine Spaltung, die am Jahresende mit der Mitgliederbefragung zum Verbleib in der Ampel ihren vorläufigen Höhepunkt findet. Kemmerich wird nicht lange überlegen, wo er sein Kreuz macht.

  • FDP
  • Thomas Kemmerich
  • Thüringen

Morgeninterviews am 22. Dezember

Deutschlandfunk

6:50 Uhr: Roderich Kiesewetter, MdB (CDU): Ukrainekrieg – Perspektiven

7:15 Uhr: Rasmus Andresen, MdEP (Grüne): EU-Asylrecht

8:10 Uhr: Christoph Meyer, MdB (FDP): Stabilitätspakt

Das Erste

6:35 Uhr: Julia Chenusha, Deutsch-Ukrainischer Verein: Kriegsmüdigkeit in der Ukraine

7:05 Uhr: Elke Büdenbender, Schirmherrin Unicef Deutschland: Arbeit des UN-Kinderhilfswerks und Unicef-Foto des Jahres 2023

8:05 Uhr: Falko Droßmann, MdB (SPD), Mitglied Verteidigungsausschuss: Deutschlands Hilfe für die Ukraine

Moment des Jahres: Als Hubertus Heil unsichtbar wurde

Im Hintergrund: Hubertus Heil neben Christian Lindner und Lisa Paus in der Bundespressekonferenz

Moment des Jahres: Der unsichtbare Hubertus Heil. Es war eines der umstrittensten Gesetze des Jahres, und die Präsentation war mit Spannung erwartet worden: Nach monatelangem Streit um die Kindergrundsicherung hatten sich Lisa Paus (Grüne) und Christian Lindner (FDP) geeinigt ­- hieß es zumindest. Bei der Kompromissfindung wie auch bei der Verkündung der Beschlüsse Ende August war auch Hubertus Heil (SPD) dabei. Gemeinhin gilt der Bundessozialminister nicht als öffentlichkeitsscheu. Doch an diesem Tag interessierte die Hauptstadtpresse nur eines: Hat nun Paus gewonnen oder war es Lindner? Keine einzige Frage richtete sich an Heil, er meldete sich, von seinem Eingangsstatement abgesehen, erst zum Ende der Pressekonferenz zu Wort. Es gehe nicht darum, ob sich der Finanzminister oder die Familienministerin durchgesetzt hätten, sagte Heil. Gewonnen hätten vielmehr “die Kinder in Deutschland”: Eine Aussage, die seither nicht nur von Fachleuten, sondern auch von Teilen der Koalition bezweifelt wird. Zumal die Mehrzahl der Betroffenen kaum mehr bekommen soll als heute.

  • Kindergrundsicherung
  • Sozialpolitik

Moment des Jahres: Der Triumph von Sonneberg

Am 25. Juni hat Sonneberg Robert Sesselmann zum ersten AfD-Landrat gewählt. Björn Höcke, Tino Chrupalla, Jörg Urban und weitere dem früheren “Flügel” Nahestehende feiern den Erfolg.

Moment des Jahres: Der Triumph von Sonneberg. Das Jahr 2023 entwickelt sich für die AfD zum erfolgreichsten ihrer zehnjährigen Geschichte. Höhepunkt ist die Landratswahl im thüringischen Sonneberg: Robert Sesselmann setzt sich am 25. Juni gegen die CDU-Konkurrenz durch. Landeschef Björn Höcke und Bundessprecher Tino Chrupalla feiern den Sieg von Thüringen. Er wird nicht der einzige bleiben: Im sachsen-anhaltinischen Raguhn-Jeßnitz gewinnt ein AfD-Mann die Bürgermeisterwahl, im sächsischen Pirna setzt sich ein von der AfD unterstützter Kandidat in der OB-Wahl durch. Die Ergebnisse zementieren die Vormachtstellung der Ostverbände in der AfD – ausgerechnet in Sachsen und Sachsen-Anhalt stufte der Verfassungsschutz die Partei 2023 als gesichert rechtsextremistisch ein; in Thüringen war es schon 2021 so weit. Bei der AfD fiebert man dem Wahljahr 2024 entgegen.

  • AfD
  • Thüringen

Heads

Security.Table: Daniel Benjamin – der Präsident der American Academy in Berlin sagt, Deutschland müsse in Europa mehr Führung übernehmen.

Africa.Table: Davido – der Afrobeat-Sänger prägt die internationale Musikbranche wie nur wenige afrikanische Künstler.

Geburtstage

Freitag, 22. Dezember

Daniela Kluckert, MdB (FDP), Parlamentarische Staatssekretärin im BMDV, 43 / Ingrid Nestle, MdB (Grüne), 46 / Brian Nickholz, MdB (SPD), 34 / Frank Schäffler, MdB (FDP), 55 / Christian Schreider, MdB (SPD), 52

Samstag, 23. Dezember

Kai Klose, hessischer Minister für Soziales und Integration (Grüne), 50 / Stefan Rouenhoff, MdB (CDU), 45 / Gerald Ullrich, MdB (FDP), 61

Sonntag, 24. Dezember

Peter Hauk, baden-württembergischer Ernährungsminister (CDU), 63 / Katrin Lange, brandenburgische Finanzministerin (SPD), 52 / Andreas Rimkus, MdB (SPD), 61

Montag, 25. Dezember

Peter Beyer, MdB (CDU), 53 / Anna Kassautzki, MdB (SPD), 30 / Thomas Steffen, Staatssekretär im BMG, 63

Dienstag, 26. Dezember

Jürgen Barke, saarländischer Wirtschaftsminister (SPD), 61 / Matthias Gastel, MdB (Grüne), 53 / Kai Gehring, MdB (Grüne), 46 / Bettina Hagedorn, MdB (SPD), 68 / Dirk-Ulrich Mende, MdB (SPD), 66

Mittwoch, 27. Dezember

Ali Al-Dailami, MdB (Gruppe BSW), 42 / Silke Launert, MdB (CDU), 47

Donnerstag, 28. Dezember

Katina Schubert, ehemalige Landesvorsitzende der Berliner Linken, 62

Freitag, 29. Dezember

Judith Pirscher, Staatssekretärin im Bildungsministerium (FDP), 57

Samstag, 30. Dezember

Monika Heinold, schleswig-holsteinische Finanzministerin (Grüne), 65 / Laura Hopmann, Mitglied des CDU-Bundesvorstands, 35 / Michael Kruse, MdB (FDP), 40 / Matthias Mieves, MdB (SPD), 38 / Jan Nolte, MdB (AfD), 35

Sonntag, 31. Dezember

Susanne Henckel, Staatssekretärin im Ministerium für Digitales und Verkehr, 59 / Kordula Schulz-Asche, MdB (Grüne), 67

Montag, 01. Januar

Florian Stegmann, Chef der Staatskanzlei im baden-württembergischen Staatsministerium, 53 / Markus Töns, Mdb (SPD), 60 / Axel Wintermeyer, Chef der hessischen Staatskanzlei (CDU), 64

Nachttisch

Unser Tipp führt Sie heute zu den Cartoons des Jahres. Heiko Sakurai veröffentlicht regelmäßig in verschiedenen Zeitungen Karikaturen zur Bundespolitik. Ein beliebtes Motiv 2023 waren Streitigkeiten innerhalb der Ampel-Koalition, das Thema hat es schließlich auch auf das Cover des Buches geschafft. Eine kurzweilige Sammlung zum Schmunzeln.

Heiko Sakurai: Endlich Ruhe! | Schaltzeit Verlag

Das war’s für heute. Das nächste Late-Night-Memo erhalten Sie am Neujahrsabend.

Und noch eine Korrektur: Im gestrigen Berlin.Table war der Link zum Jahresrückblick über das “Ab und Auf des Friedrich Merz” leider fehlerhaft. Lesen können Sie ihn hier.

Good night and good luck!

Der Berlin.Table ist das Late-Night-Memo für die Table.Media-Community.

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Berlin.Table Redaktion

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